Google
This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world’s books discoverable online.
It has survived long enough for the copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to copyright or whose legal copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that’s often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book’s long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use of the files We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google’s system: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google “watermark” you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can’t offer guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book’s appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google’s mission is to organize the world’s information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world’s books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the full text of this book on the web
alkttp: //books . google. com/|
Google
Uber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Biicher dieser Welt online verfiigbar gemacht werden sollen, sorgfaltig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht iiberdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei — eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books .google.comldurchsuchen.
y
% 5
4
ES % eS “
2 % &
3 gl
4,
m Ss
2 Wy,
3 be
7, ” XS Y
ae ot MILLEN
Zeischrift
fur die
alttestamentliche Wissenschaft.
Herausgegeben
von
Dr. Bernhard Stade,
ordentlichem Professor der Theologie zu Giefsen.
Mit Unterstützung der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
1881.
Erster Jahrgang.
—ss> —
Giefsen,
J. Ricker sche Buchhaudlung.
1881.
Inhalt
Stade, Deuterozacharja. Eine kritische Studie. 1. Theil
Hollenberg, Zur Textkritik des Buches Josua und des
Buches der Richter
Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift
des Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi
Stade, Lea und Rahel . .
Meyer, Kritik der Beriohte über die Eroberung Palletinas.
Stade, Nachwort zu vorstehendem Aufsatse . .
Harkavy, Mittheilungen aus Petersburger Handschriften
Hoffmann, sur Geschichte des syrischen Bibeltextes
Stade, Bemerkungen über das Buch Micha
Bibliographie . . . . . . . .
Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. Der Sprachgebrauch
des hexateuchischen Elohisten . . . .
Dersolbe, über die Abfassungszeit der Psalmen
Derenbourg, zur Psalmenerklärung
Hoffmann, Lexikalisches
Stade, zur Entstehungsgeschichte des vordeuteronomischen
Richterbuches
Derselbe, zur phönicischen Epigraphik
Derselbe, IEVE ddwvası .
Derselbe, wo entstanden die Sagen über den Ursprung dor
Hebräer .
Bibliographie
Die Verantwortung fiir den Inhalt der in diese Zeitschrift aufye-
nommenen Aufrätze tragen soweit nicht ausdrücklich das Gegentheil
bemerkt ist, allein die Verfasser derselben.
Der Herausgeber.
Deuterozacharja.
Eine kritische Studie.
Vom Herausgeber.
Unter den Aufstellungen der a. t. Kritik hat wohl kaum
eine solche Verbreitung gefunden !), als die Meinung Za.
cc. 9—14 ?) seien nicht von dem Zerubbabel und Josua
!) Man kann die Sachlage nicht besser characterisiren als mit den
Worten Bleeks, welcher unter allen Vertheidigern der kritischen
. Aufstellungen den Kernpunkt der gegnerischen Beweisführung am
, besten durchschaut und allein denselben, wenngleich mit unsureichen-
den Mitteln und ungeeigneter Methode, zu widerlegen versucht hat.
| Er bekennt im Eingange seiner Abhandlung über das Zeitalter von
| ZU 9-14 (Studien und Kritiken, 1852, 8.248 f.), „dals er von jeher, seit
er sch zum Behufe seiner Vorlesungen genauer mit diesem Buche be-
schäftigt habe, der Ansicht gewesen sei und sie für eins der sichersten
Ergebnisse der Kritik über das A. T. gehalten habe, dafs die sechs
letzten Capitel nicht demselben Verfasser angehören können, wie die
vorhergehenden, sondern einem früheren und zwar theilweise bedeu-
tend früheren Zeitalter, und dafs sie ohne diese Annahme und bei der
Voraussetzung des nachexilischen Zeitalters sich auf natürliche Weise
gar nicht verstehen lassen.“ Diese Aeulserung ist geradezu typisch für
die Aufstellungen der neueren Kritik.
*) Ich wähle dafür den Ausdruck Deuterozacharja, einmal, weil
derselbe an der ziemlich allgemein adoptirten Bezeichnung Deuterojesaias
seine Empfehlung und Analogie findet, dann, weil bei ihm die Meinung,
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 1
9 (Stade, Denterosacharja. Einleitendes.
unterstützenden Propheten Zacharja verfalst worden, dessen :
Weissagungsbuch uns Za. c. 1—8 vorliegt, sondern das —
Werk eines oder zweier vorexilischer Propheten ').
Umgekehrt hat es immer der neueren Apologetik als
ein Hauptziel vorgeschwebt, die Herkunft dieses Abschnittes
von dem nachexilischen Propheten Zacharja zu beweisen.
Zwar hat es bisher an Widerspruch gegen die Mei-
nungen dieser beiden Richtungen nicht gefehlt ®.. Der-
selbe ist jedoch immer in verschwindender Minorität ge-
blieben und meistens gänzlich überhört worden. Das Er-
scheinen von Ben. Gilb, Flügge’s *) anonymer Schrift
ward für die gedeihliche Weiterentwickelung der in Deutsch-
land bereits vorhandenen Ansätze zu einer richtigeren Lö-
sung dieser Frage verhingnifsvoll, wie dieselbe auch in
ihrem grofsen kritischen Ungeschick und hochgradigen
dafs etwa diese Capitel an zwei Verfasser zu vertheilen seien, von
vornherein ausgeschlossen ist. Die gegen ihn sprechenden Bedenken
sind mir nicht verborgen, sie wiegen aber die Vortheile eines kursen
Ausdruckes nicht auf, welcher schliefslich nicht mifsverstanden werden
kann.
!) Es wird um so mehr gestattet sein für die Einzelheiten auf
von Orteuberg’s Zusammenstellung in „die Bestandtheile des Buches
Zacharja.“ Gotha. 1859. 8. 1 ff. und A. Köhler’s Uebersicht in den
„Nachezilischen Propheten“ Bd. 8 8. 297 ff. zu verweisen, als seitdem
über den betreffenden Gegenstand wenig von Belang veröffentlicht
worden ist.
*) C. P. W. Gramberg, kritische Geschichte der Religionsideen
des A. T. Bd. 2. Berlin 1880. 8. 520 ff W. Vatke, die biblische
Theologie I, 1. Berlin 1885. 8. 568. A. Geiger, Urschrift und
Uebersetzungen der Bibel. Breslau 1857. 8. 55 ff. J. Wellhausen
in Götting., Gelehrt. Anzeigen 1877. 8. 185. Geschichte Israels Bd. L
Berlin 1878. 8.420. 8. auch Gielener Ludwigstagprogramm vom J. 1880
8. 19, wo aus Versehen B. Duhm mitgenannt worden ist. Aus 8.
222 ff. des Buches von B. Duhm, die Theologie der Propheten u. s. w.
Bonn 1875 geht deutlich hervor, dals dieser Gelehrte die Aufstellungen
der Kritik auch über Za. 12—14 theilt.
*) Die Weissagungen, welche den Schriften des Propheten Zacharias
beygebogen sind, übersetst und kritisch erläutert. Hamburg 1784.
Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 3
Mangel an Congenialität mit den prophetischen Gedanken
für die weitere kritische Behandlung dieser Weissagung
von ominöser Vorbedeutung ward.
Der Verf. hat die Ueberzeugung gewonnen, dals so-
wohl die Meinung der Kritik als die der Tradition über
die Herkunft dieser Capitel eine irrige ist. Die Kritik ist
vollständig im Irrthume, wenn sie dieselben für vorexilisch
halt. Unter den im A. T. befindlichen nachexilischen
Schriftstücken nichthistorischen Characters verräth keins
: die nachexilische Entstehung so deutlich als die Schrift
| Deuterozacharjas. Ohne Zweifel ist es den Apologeten
| gelungen, das Unrecht der Kritiker in diesem Punkte zu
' eweisen. Namentlich Hengstenberg’s !) Nachweis,
x dafs Deuterozacharja durchweg von älterem prophetischen
2 Schriftthum, namentlich aber von Jeremias und Ezechiel,
sbhängig ist, ist von der Kritik niemals widerlegt, nur von
Bleek *) zu widerlegen versucht worden.
2 Freilich waren es wesentlich die grofse Ungeschicklichkeit
der kritischen Aufstellung und die von Oberfliéchlichkeit
nicht frei zu sprechende Methode der Untersuchung der
Kritiker, welche den Vertheidigern der Tradition diesen Sieg
‘) Beiträge zur Einleitung ins A. T. Bd. 1. Berlin 1881. 8. 867 ff.
Christologie des A.T. Theil 2. Abth. 1. Berlin 1882. 8.90 ff. 2. Aufl.
. Th 8. Abth. 1. Berlin 1856. 8. 827 f. F. B. Köster, meletemata
i critica et exegetica in Zacharjae partem posteriorem, c. IX.—XIV.
Göttingen 1818. 8. 189 hatte diesen Punkt zwar angedeutet, jedoch
ohne ihn genauer zu untersuchen.
*) Studien und Kritiken, a.a.O. 8. 816 ff. Mancherlei Schwächen
der Hengstenberg"'schen Aufstellungen machen diese Nichtbertick-
sichtigung derselben durch die Kritiker begreiflich, wiewohl sie die-
selbe nicht entschuldigen können. Es lag z.B. nahe, dafs man Heng-
stonberg's Nachweis nach der Meinung taxirte, es werde dem Pro-
pheten befohlen die 80 Silberlinge ins Haus Gottes zum Töpfer d. h.
ins Thal Hinnom zu werfen und es werde dies gesagt, um auf Jer. 18. 19
ansuspielen. Christologie III., 1°. 8. 456 ff.
1*
4 Stade, Deuterozacharja. Einleitendos.
ermöglichten. Die Kritiker haben bei Bestimmung der Abs;
fassungszeit dieser Capitel viel zu grolses Gewicht |
Einzelheiten der Darstellung und der Einkleidung der pro¥'
phetischen Gedanken gelegt, sie haben es fast ganz ver
säumt, die letzteren selbst zu untersuchen und auf ihreStel-,
lung innerhalb der prophetischen Entwickelung zu prüfen, #
Indem die Apologeten sich dieser Aufgabe, wenngleich #
weder in dem nöthigen Umfange, noch auch mit der ein
sicheres Resultat versprechenden Methode, unterzogen, ver-
mochten sie freilich die nachexilische Abfassung zu be
weisen, sie vermochten aber nicht denjenigen Platz inner
halb der a. t. Religionsgeschichte zu finden, an welchen
Deuterozacharja gehört. Es war ihnen ja auch von vorn-
herein nicht hierum, sondern um Widerlegung der kritischen
Position, um den Erweis der Wahrheit der Tradition zu
thun. Daher folgen ihre Argumente lediglich denen der
Gegner. Mit dem Erweise nachexilischer Abfassung glauben
sie auch die Authentie erwiesen zu haben. Die bereits von
Eichhorn’), wenn man von dem über Tempel und Re-
ligionswesen Bemerkten absieht, richtig geschilderte Ver-
schiedenheit der Darstellung Deuterozacharjas von der Za-
charjas ist in ihren Untersuchungen niemals zum vollen
Rechte gekommen.
So verfehlten denn beide Richtungen, da die eine sich
ein unrichtiges Ziel der Untersuchung steckte, die andere
1) Einleitung ins A. T. 4. Aufl. Göttingen 1824. Bd. 4. 8. 442 fl.
In der 1. Auflage hatte sich Eichhorn trotsdem für die Authentie
entschieden. Die 2. Auflage, Leipzig 1787, wiederholt den betreffenden
Paragraphen, wiewohl sich Eichhorn 8. 826 Anm. unter dem Ein-
drucke der F liigge'schen Schrift der Entscheidung für die Nicht-
authentie suneigt. 9, 1—8 möchte er auf die Siege Alexanders be-
ziehen. Bei 9,9—10,18 läfst auch er sich durch die Erwähnung Assurs
und Aegyptens, Israels und Judas täuschen. c. 14 möchte er in die _
Zeit der Zerstörung des Tempels setzen. In der 8. Auflage, Leipzig '
1808, 8. 862 ff., wiederholt er die Aufstellungen der zweiten.
BE
Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 5
em richtigen Ziele sich auf irreführenden Wegen zu nähern
shte, die Wahrheit. Der Verlauf des ganzen Streites
er kann darüber belehren, dafs wissenschaftliche Unter-
chungen, bei welchen die Blicke der Untersuchenden so
inzlich von den Gründen der Gegenpartei hingenommen
erden, den sie weder rechts noch links abzuschweifen ver-
ögen, niemals zu reinlichen Resultaten führen können.
Richten sich nun die Ausführungen des Verf. sowohl
gen die Resultate der Kritik als gegen die der Apolo-
etik, so wird es nöthig sein, zunächst Stellung zu nehmen
egenüber den principiellen Voraussetzungen, von welchen
as diese beiden Richtungen die Herkunft einer a. t. Weis-
ıgung herkömmlicher Weise beurtheilen. Es wird das
m kürzesten dadurch geschehen können, dafs der Verf. die
igenen kurz skizzirt. Ich verkenne hierbei nicht, dafs meine
\usführungen nur für denjenigen volle Beweiskraft haben
rerden, welcher von gleichen Voraussetzungen über das
Wesen und die Entwickelung der hebräischen Prophetie
usgeht. Um so mehr wird verlangt werden dürfen, dafs von
Anfang an über diesen Punkt kein Zweifel gelassen werde.
Aus den Ansichten des Verf. über das Wesen he-
räischer Prophetie folgt für denselben zunächst, was zu
merken auch heut zu Tage noch nicht überflüssig ist,
las eine Weissagung nur einerlei Sinn haben kann d. h.
1ur das enthalten kann, was der Prophet mit ihr zu sagen
wabsichtigte.e Man darf nicht scheiden zwischen einem
om Propheten und einem von Gott mit der Weissagung
wabsichtigten Sinne. Keine Weissagung hat einen andern
inn als denjenigen, welchen sie nach ihrem Wortverstande
nd den Gesetzen menschlichen Denkens haben kann. Mit
er Ermittelung ihres Wortverstandes ist das exegetische
eschäft beendigt, nur mit diesem operirt die biblische
heologie.
Zweitens : bei der Untersuchung eines prophetischen
ückes ist die Frage zunächst gänzlich auszuschlielsen,
6 Stade. Deut-rozacharja. Einleitendes.
ob dasselbe seine Erfüllung gehabt habe d. h. eingetroffen .
sei !). Versteht man unter Weissagung soviel wie pre
phetisches Wort, so sind für den Verf. Weissagung u
Erfüllung überhaupt keine sich genau entsprechenden Gege
sätze. Er lehnt aber überhaupt jene dem herkömmlich«
Begriffe von Weissagung widersprechende Gleichsetsung
ab. Nur ein Theil der Gedankenwelt der prophetische
Bewegung findet in dem Begriffe Weissagung Platz, welche
eine Erfüllung im Sinne von Eintreffen gegenüberstehii
Die Propheten geben Gottes Willen, geben Gottes Ge
danken über die Gegenwart, sie geben ihren Zeitgenossen
Weisung. Aber insofern ihr Auftreten den Zweck hat se
verhüten, dafs die Gegenwart in eine Zukunft auslaufe,
welche dem Gnadenplane Gottes mit seinem Volke wider
spricht, spitzt sich naturgemäls die Weisung der Propheten
zu einer Weissagung im engeren Sinne, einer Verheifsung
oder Drohung zu. Indem der Prophet den Schleier von
der Zukunft hebt, beleuchtet er greller als es durch irgend
eine Unterweisung geschehen kann die Thaten der Gegen-
wart, zeigt er sieauch dem blödesten Auge in ihrer wahren
Gestalt, warnt er am eindringlichsten vor dem zum Ab-
grunde führenden Wege, entflammt er die guten Geister
des Volkes zu unentwegter, durch kein Unglück zu beu-
gender Ausdauer.
Hieraus ergibt sich des weiteren, dafs jeder. prophe-
tische Ausspruch über die Zukunft bedingter Natur ist,
mag das nun vom Propheten ausgesprochen sein, vgl.z. B.
Jer. 7,5 ff. 26,4 ff., oder nicht. Mit der gesammten Wei-
sung hat auch die Weissagung bestimmte Voraussetzungen.
Und zwar einmal bestimmte Verhältnisse der Gegenwart
1) Nur in diesem engern Sinne nehme ich hier das Wort Erfül-
lung. Deun insofern die a.t. Gedankenwelt für mich in der n. t. ihre
nothwendige Vollendung gefunden hat, fand für mich jedes prophe-
tische Wort seine Erfüllung.
Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 17
nd eine die Weiterentwickelung desselben bedingende be-
timmte Haltung der Zeitgenossen, dann aber auch eine
estimmte prophetische Erfahrung !). Die letztere wächst
sturgemäfs mit der Dauer der prophetischen Wirksamkeit,
die Haltung der Zeitgenossen kann sich sehr rasch und in
sehr unerwarteter Weise ändern und damit kann die Weiter-
entwickelung der Verhältnisse der Gegenwart einen sehr
unerwarteten Verlauf nehmen. Daher ist sowohl möglich,
dafs Propheten zu verschiedenen Zeiten einander wider-
sprechende Behauptungen geben, als auch, dafs einzelne
Weissagungen unerfüllt bleiben, wiedenn bestimmte Weis-
sagungen nicht erfüllt worden sind, z. B. Hos. 1, 5. Jes.
10, 28 ff. Jer. 46,13 ff.
Es ist daher der Umstand, dafs eine Weissagung nicht
eingetroffen sei, kein Grund gegen dieselbe, am allerwenigsten
ein Grund, der sich als exegetisches Argument gegen eine
bestimmte Auffassung derselben verwerthen liefse. Wir
schen aus ihm nichts weiter, als dafs sich nach dem Aus-
spfuche der Weissagung die Verhältnisse geändert haben,
an deren Bestehen dieselbe anknitipfte. Es ist das auch
die Auffassung der Propheten gewesen, wie Jer. 18, 7—10
beseugt.
Aber von secundärer Bedeutung ist dennoch bei jeder
Untersuchung eines prophetischen Schriftstückes die Frage,
ob die in ihm enthaltenen Weissagungen eingetroffen seien.
Die uns im Canon erhaltenen prophetischen Stücke
stellen für den Verf. eine im Ganzen gradlinig verlaufende
Entwickelung der prophetischen Bewegung dar, neben
ı) Für Weiteres genügt es, auf die trefflichen Ausführungen Ber-
thesu’s in seinem Aufsatze „die a. t. Weissagung von Israels Beichs-
kerrlichkeit in seinem Lande“ in den Jahrbüchern für Deutsche Theologie
3d. 4. Gotha 1869. 8. 884 ff. zu verweisen.
8 Stade, Deuterozacharja. Einleitendes.
welcher es jedoch noch andersartige gab. Nur indirecte
Zeugnisse über jene von dieser gradlinigen Entwickelung-
abweichenden Phasen der prophetischen Bewegung sind uns
erhalten. Denn derselben zuwiderlaufende prophetische
Schriftstücke mufsten von der Ueberlieferung in immer |
steigendem Malse ausgeschlossen werden, wie dies ja auch
auf anderen Gebieten religiöser Entwickelung beobachtet
werden kann. Aber wasuns in einem besonders drastischen
und belehrenden Beispiele 1 Kö. 22 aus den Zeiten des
alten israelitischen Prophetenthums berichtet wird, gilt auch
von der Bewegung der schriftstellernden Propheten. In
sehr verschiedene, einander oftmals widersprechende Ge-
dankenreihen lief zuweilen die prophetische Bewegung aus
je nach der Tiefe der Einsicht und der Kraft der religiösen
Idee in den einzelnen Propheten, und, was zu beachten
besonders nöthig ist, je nach dem gröfseren oder gerin-
gerem Einflusse älterer Propheten auf dieselben. Die falschen.
Propheten, über deren Wirken die uns erhaltenen Pro-
pheten so oft klagen, werden für uns im Wesentlichen als
Repräsentanten abweichender prophetischer Richtungen
gelten müssen. Es ist bereite von anderer Seite darauf
aufmerksam gemacht worden, dafs sich dies besonders
deutlich bei den Jer. 7 und 26 bekämpften Propheten zeigt.
Dieselben verkünden Gedanken, welche in den Kreis der
prophetischen Gedanken des Jesaias gehören. Ihr Unrecht
besteht darin, dafs sie die Zeichen der Zeit nicht zu deuten
und aus ihnen nicht zu lernen wissen, dafs Gottes Plan
mit seinem Volke jetzt ein anderer ist, als er damals war.
Für die Weiterüberlieferung eines prophetischen Schrift-
stückes war nun sicher von jeher die Frage mit ent-
scheidend, ob dasselbe seine Erfüllung gefunden habe.
Denn eben danach, ob eine gegebene Drohung oder Ver-
heifsung eingetroffen sei, bemafs man nach dem zwar nicht
den prophetischen wohl aber den volksthümlichen An-
schauungen entsprechenden Canon Dt. 18, 22, ob eine
Stade, Deuterozacharja. LEinleitendes. 9
eissagung von Gott sei oder nicht’). Von den Jer.
4. 14, 13. 26. 27. 28. 29 erwähnten, von Jeremias be-
mpften, Weissagungen ist daher begreiflicher Weise keine
sige auf uns gekommen.
Nicht überall aber war die Sachlage so klar. Oefters
ritt wohl das Gewicht eines prophetischen Namens gegen
e aus der Nichterfüllung der Weissagung zu entnehmen-
m Gründe. Hier nun war das Feld, auf welchem durch
eberarbeitung abgeholfen werden konnte. Dafür, dafs
ies wirklich geschehen ist, haben wir eben im Buch Za-
harja im Abschnitte 6, 9—15 ein classisches Beispiel.
Venn dort Zacharja in Serubbabel den geweissagten MD¥
rönt ?), so fällt dieses Stück hierdurch aus der Analogie
') Es ist gewifs nicht richtig, wenn Bertheau a. a. O. 8. 852
en angegebenen, durchaus allgemein gehaltenen Canon, auf Heils-
erheifsungen einschränkt. Auch Jer. 18,7 ff. zeugt dagegen. Es geht
ber auch nicht an, ihn mit Riehm, sur Characteristik der messia-
schen Weissagung in Stud. u. Krit. 1865, 8. 489 auf bestimmt ausge-
prochene Weissagungen einzuschränken. Auch Jona 8, 4 ist eine solche.
a tritt dieser Canon in ausgesprochenen und zwar beabsichtigten
legensatz zu der Lehre der Propheten. Er vermochte gegen die letztere
urchsudringen, denn er entsprach den volksthümlichen Anschauungen
ber das Wesen der prophetischen Weissagungen zur Zeit der schrift-
iellernden Propheten, wie dies aus Jes. 5,19. Jer. 17,14. 15. Ez. 12,21 ff.
ervorgeht. Reden die Propheten, deren Weissagungen nicht eintreffen,
ach altisraelitischer Vorstellung von der Gottheit bethört, so reden
ie jetzt 03m- Wenn Jer. 28,8 f. seinen Worten 18,7 ff. widerspricht,
» bedenke man, dafs letsteres eine allgemeine Erörterung, ersteres ein
rymentum ad hominem enthält. Man kann nicht besser iiberzeugen,
ls wenn man sich auf den Standpunkt des zu Ueberzeugenden stellt.
ie Kraft der Ueberzeugung hebt im Einzelfalle leicht über die allge-
eine Regel hinaus. Dafs Jer. 28 überarbeitet ist, ist hierbei irrelevant.
*) Dieser längst von H. Ewald nachgewiesene Zusammenhang der
elle wird immer wieder verkannt, selbst noch von H. Schultz, Alt-
tamentliche Theologie, 2. Aufl. Frankfurt 1878. 8. 745. Dafs davon
s richtige Verständnifs der Entwickelung der messianischen Idee
ht unabhängig ist, bedarf keines Nachweise. Hitzig beurtheilt
Bedeutung des ursprünglichen Inhaltes der Stelle für die letztere
10 Stade, Deuterozacharja. Einleitendes.
der gesammten uns im A. T. erhaltenen Prophetie heraus.
Eben deshalb ward es umgedeutet und aus ihm der Anstofs
entfernt, dafs Zacharja in Serubbabel die Erscheinung des
geweissagten myy erblickt habe. Insofern nun die Schick-
sale einer prophetischen Weissagung von ihrer Erfüllung
oder Nichterfüllung mitabhängen, ist diese Frage aller-
dings von einiger Bedeutung für die Beurtheilung der uns
erhaltenen Weissagungen.
Andererseits ermiglicht es aber gerade jener Umstand,
dafs uns in den im A. T. erhaltenen prophetischen Schriften
im Wesentlichen Erzeugnisse einer gradlinig verlaufenden
Geistesrichtung vorliegen, den einzelnen Schriften ein be-
stimmtes Zeitalter anzuweisen. Es wird dasselbe je nach
der Stellung zu bemessen sein, welche dieselben in jener
Entwickelung einnehmen. Naturgemäfs werden die Ge
danken jüngerer Schriften abhängig sein von denen älterer,
mögen letztere nun Gemeingut der religiösen Ueberzeu-
gung geworden oder durch die Kenntnifs der älteren Lite-
ratur dem jüngeren Propheten vermittelt worden sein. Je
mehr eine geistige Bewegung in ein festes Bett geräth, je
mehr sie sich ihrem Ende nähert, desto mehr werden die
jüngeren Träger derselben von ihren Vorgängern abhängig
sein. Wollen wir daher ein prophetisches Schriftstück auf
sein Zeitalter prüfen, so haben wir vor allem das Ver-
hältnifs zu untersuchen, in welchem seine Gedanken zu
denen der übrigen stehen.
Hierbei ist unser Augenmerk besonders darauf zu
richten, ob etwa in dem betreffenden Schriftstücke einzelne
Gedanken in Isolirung sich finden, welche in einem andern
ganz richtig, zieht aber daraus den irrigen Schlufs, dafs derselbe eben
deshalb ein anderer gewesen sein müsse. Für Ewald’s Auffassung
entscheidet aufser Sinn und Zusammenhang der ganzen Stelle eine
Vergleichung des vierten Nachtgesichtes. v. 18 ist für das zweite
WOI-Iy mit LXX dx dekcaw aörov zu lesen yp dy.
Stade, Deuterozacharja. Einleitendes. 11
in enger Verkntipfung mit dem übrigen Gedankeninhalte
auftreten. Da, wo ein Gedanke sich als nothwendiges
Glied der Kette der übrigen Gedanken einfügt, wird seine
ursprüngliche Stelle sein. Findet er sich daneben isolirt,
so wird er in den meisten Fällen entlehnt sein. Ich sage
absichtlich : in den meisten Fällen. Denn in der That
findet sich vereinzelt das Auftreten prophetischer Gedanken,
welche sich mit den übrigen desselben Propheten nicht zu
einem Systeme susammenschliefsen, oder es kreuzen sich
wohl gar verschiedene Gedankenreihen. Dann wird aber
der die Disharmonie verursachende Gedanke nur dann als
Eigenthum und Erzeugnifs des betreffenden Propheten an-
erkannt werden können, wenn derselbe bestimmte gleichzeitige
Ereignisse oder Bewegungen zur Voraussetzung hat, an ihnen
erwachsen ist. Und das gilt ja überhaupt von den Ge-
danken der Propheten. Soweit sie ihnen eigen sind, sind sie
durchweg abhängig von der geschichtlichen Situation, haben
diese zur naturgemälsen Voraussetzung. Begegnet uns also
en Gedanke losgelöst von seinen naturgemäfsen Voraus-
setzungen, begegnet er uns in ungewohnter Umgebung,
ohne dafs sein Vorkommen an dieser Stelle durch den ge-
schichtlichen Hintergrund gerechtfertigt wird, so ist er als
von dem Propheten älterem Schriftthum entlehnt zu er-
achten. Dies um so sicherer, je unversehrter der Gedanken-
gang des betreffenden Propheten bleibt, wenn man jenen
Gedanken streicht.
Ein solcher auf Entlehnung aus älterem Schriftthum
beruhender Gedanke hat aber bei Bestimmung der Ab-
fassungszeit nur insofern Bedeutung, als er uns verräth,
dafs das betreffende Schriftstück erst nach einem andern
entstanden sein kann. Sein Inhalt mufs bei Bestimmung
der Abfassungszeit aulser Ansatz bleiben. Es ist das
ebenso selbstverständlich, als es bisher bei Untersuchung
prophetischer Schriftstücke meist aufser Acht gelassen worden
ist. Grade für unsere Frage ward dies verhängnilsvoll.
12 Stade, Deuterosacharja. Einleitendes.
Eine methodische Untersuchung des Verhältnisses der Ge- :
danken Deuterozacharja’s zu denen der übrigen Propheten
würde dieKritik vor dem eingeschlagenen Irrwege bewahrt
haben. Aus bestimmten Erwähnungen einzelner historisch
zu fixirender Dinge kann man überhaupt nur dann etwas
schliefsen, wenn man den Zusammenhang, in welchem die
Erwähnung geschieht, zuvor begriffen hat. Dieser Auf-
gabe ist die Kritik bei Bestimmung der Abfassungszeit
Deuterozacharjas nicht gerecht geworden. Sie ist mit
ziemlicher Oberflächlichkeit an den Einzelheiten haften ge-
blieben ohne deren Zusammenhang begriffen zu haben.
Schon der Umstand, dafs das historische Colorit einer
Stelle auf Nachahmung älterer Muster beruhen kann, hätte
vor dieser Oberflächlichkeit warnen sollen. Der herkömm-
liche kritische Ansatz der Abfassungszeit von Za. c. 9-14
ruht auf einer kritiklosen Zusammenstellung unverstan-
dener Einzelheiten.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dafs
der Verf. sich mit dem Leser erst über den Inhalt von
Za. c. 9—14 auseinandersetzen mufs, ehe er daran gehen
kann, die Abfassungszeit zu bestimmen. Dies wird in aller
Kürze in Form einer Inhaltsangabe !) geschehen können.
Ausgedehnter exegetischer Beweisführungen bedarf es da-
bei nicht. Denn die exegetischen Möglichkeiten sind be-
reits von Vertretern der verschiedenen Richtungen in
scharfsinniger Weise erwogen worden. Nur auf den Text
der LXX werden wir in höherem Maafse, als es bisher
meist geschehen ist *), zur Feststellung des ursprünglichen
') Eine solche ist um so nöthiger, als die in den Einleitungs-
werken gegebenen Uebersichten und Analysen vielfach die nöthige
Exactheit vermissen lassen.
*) Nur Klostermann in der Besprechung von Bredenkamp's
Commentar in Schürer’s Theologischer Literaturzeitung Bd. IV.
Leipzig 1879. 8. 561 ff. hat dies richtig erkannt und an mehreren Bei-
spielen mit Geschick und Glück als nöthig erwiesen. Wir werden auf
seine Emendationen noch zurückkommen müssen.
lens
Stade, Deuterosacharja. Einleitendes. 13
33 recurriren müssen, da der massoretische mehrfach
ädigt ist, einigemale auch auf falscher Deutung der
ünglichen Consonantenlesart beruht. An diese In-
angabe wird sich eine Untersuchung darüber schliefsen
‚en, in welchem Verhältnisse dieser Inhalt zu dem der
zen prophetischen Schriften steht. Schon hier wird
ergeben, ob die von uns gemachte Voraussetzung, dals
c. 9—14 das Werk eines Schriftstellers sind, möglich
der ob ihr bestimmte Hindernisse entgegen stehen.
allem aber wird sie uns zugleich den Weg zur Auf-
ıng und reinlichen Bestimmung derjenigen zeitgeschicht-
ın Voraussetzungen ebnen, an welche diese Prophetie
nüpft ist. Wir werden dann versuchen können, ob be-
mte Anhaltspunkte, wie sie uns einerseits die Ge-
chte der innerjüdischen Entwickelung, andererseits die
ere Geschichte des Volkes darbieten, es uns etwa er-
lichen, die Abfassungszeit dieses Schriftstückes genauer
ixiren. Ferner wird, soweit der Verlauf der bis dahin
ihrten Untersuchung diese Frage nicht löst, zu unter-
en sein, ob der Abschnitt Za. c. 9—14 wirklich als Werk
s Mannes angesehen werden muls, wie in dieser Unter-
1ung von Anfang an vorausgesetzt werden wird. End-
aber werden wir die Frage aufzuwerfen haben, wie
am, dafs die Schrift Za. 9—14 in dem Zwölfpropheten-
he ihre Stelle am Schlusse der Weissagungen Za-
ja’s, des Zeitgenossen Serubbabels und Josuas, fand.
Der Verf. bekennt von vornherein, dafs er nicht im
ıde ist, alle Räthsel zu lösen, welche der Inhalt dieses
ressanten Schriftstückes bietet. Allein die weitere
ersuchung wird lehren, dafs hieran lediglich der Um-
d die Schuld trägt, dafs wir über die Zeit, in welcher
ntstand, äulserst schlecht unterrichtet sind. Dann aber
| sie, wie der Verf. hofft, zeigen, dafs dieser Umstand
r genauen Bestimmung der Abfassungszeit kein un-
windliches Hindernifs in den Weg legt.
14 Stade, Deuterosacharja.
L Analyse des Inhaltes von Za. c. 9—14.
c. 9 hat die Ueberschrift xiyp. Dieselbe kehrt in
c.9—14 nurnoch c. 12,1 wieder. Sonach, scheint es, haben
wir zu vermuthen, dafs die 9, 1 gegebene Ueberschrift sich
auf c.9—11, die 12,1 gegebene sich auf c.12—14 bezieht.
Dieser Schlufs ist jedoch hinfällig. Auf das xgp von
12, 1 folgt nämlich Suni: by Yı°157 entsprechend dem 9,1
auf xp folgenden 7 air] an. Nun beschäftigt
sich aber die Weissagung c. 12, wie auch c. 14, gar nicht
mit Israel, sondern mit Jerusalem, Juda und den Heiden,
wie denn auch das Wort Syn) in c. 12—14 gar nicht
vorkommt. Hiernach ist zu schliefsen, dafs die Ueber-
schrift c. 12, 1 dem Verf. fremd ist. Sie ward von einem
Späteren der Ueberschrift c.9, 1 nachgebildet. Und zwar
rechnete derselbe 177m yıx2 ” 137 mit zur Ueberschrift,
was, wie die Structur von 9, 1 beweist, ein Mifsverstäudnils
ist. Es beginnt sonach ursprünglich c. 12, 1 mit Yo)
«.9,1 mit "gq. Die Ueberschrift xiyp c. 9, 1 gehört
ursprünglich zu dem ganzen Schriftstücke c. 9—14.
Wir beginnen also das Schriftstück mit Y'ız7. Das
selbe ') ergeht wider das Land Hadrach und senkt sich
*) Bo ist der massoretische Text su übersetsen und so fafste ihn
schon der Vorf. der Ucberschrift von 12, 1. Die Richtigkeit denselben
unterliegt jedoch gewichtigen Bedenken. ‘2 in yıyp schliofst sich an
Yıoayı schlecht an, man erwartet Sy. Bunt palat {pp besser
als Aussage über Jahve als über sein Wort. Endlich schliefst sich auch
DHT O9) v.2 schlecht an v. 1" an. Man wird vielleicht besser ¥'-93
als ursprüngliche Ueberschrift fassen, nach welcher ein das Orakel be
ginnendes +”) ausgefallen ist. Also : „Wort Jahves. Jahve wohnt ir
Hadrakhs Lande und lafıt sich nieder in Damaseus,“ nämlich indem 61
beide für sein Volk erobert. Trgm umschreibt os, wie auch NYT Oy
Analyse des Inhalts von Za. co. 9—14. 15
nieder auf Damascus. Jahve hat ein Absehen auf alle
Menschen und alle Stämme Israels. Auch gegen Hamath,
das benachbarte (LXX 2» tol delotg avrng 1. S20 oder
moar), das kluge Sidon, das reiche Tyrus, welches sich
eine Veste gebaut hat, wendet er sich. Gott schlägt Tyrus’
Seemacht !), die Stadt selbst aber gibt er dem Feuer
Preis. v. 1—4.
Immer weiter südwärts wendet sich das Unheil. Es
trifft die philistäischen Städte. Askalon, Gaza, Ekron er-
schrecken. In Gasa geht das Königthum unter, Askalon
wird zerstört. In Asdod wohnt der Mamzer. Der Hoch-
muth der Philister wird gebrochen. Er *) (der Mamzer)
bekehrt sich zu Jahve und tritt zu Juda in das Verhältnils
riehtig durch psy yD WD DNA. v. 1°, welchen freilich
schon LXX in der Fassung des mass. Textes lasen, würde dann mit
Klostermann (in Schirer’s theologischer Literaturzeitung,
a =. 0. 8. 566) zu ba wong 52} DR "IY vb hergestellt
werden können. nen on schlösse sich so treffend an. Dieser Aen-
derung steht nur der eine Umstand entgegen, dafs man die Nen-
nung von Israel an dieser Stelle neben Aram nicht recht begreift,
während Israel und Heiden dem Verf. geläufige Gegensätze sind. Allein
es kann Jes. 17, 1—8 eingewirkt haben. AYION, schliefst sich dann
genügend an. Und mit den Folgenden nebst Aram bildet es den su
Israel gehörigen Gegensats.
*) Wegen des vorausgehenden ix wv? PW) Wy? AF
läge es nahe um im Sinne von „Vermögen, Reichthum“ zu nehmen.
Es. 28, 8. 4 Trg. aN wo om. Ebenso Ped. Es ist dies jedoch
wegen 73 nicht räthlich. 8. weiteres im folgenden Abschnitte.
*) Die Suffixe in YOU YS» Ty py ‚v9 wie auch na v. 7 be-
sichen sich, wie die parallele Stellung von np y beweist, nicht auf
die mit one ] iy IN kurz vorher genannten Philister im All-
gemeinen, sondern auf den dereinst in Asdod wohnenden Mamzer, durch
dessen Vorhandensein der Hochmuth der Philister gebrochen wird.
Siche weiteres im folgenden Abschnitte.
16 Stade, Deuterosacharja.
eines Gaustammes '), Ekron in ein Verhiltnifs wie dereinst
die Jebusiter. v. 5—7.
Jahve aber lagert sich (nach Vernichtung dieser Reiche
in seinem Lande Halt machend) als Schutzwache ?) um
sein Heiligthum, so dafs kein Zwingherr mehr dorthin
kommt. v. 8.
Mit v. 9 setzt eine neue Gedankenreihe ein. Es wird
uns die Befreiung des Volkes Gottes vom Joche der Heiden,
die Ueberwindung der letzteren durch den gottgesandten
Messias geschildert. Nach einer Eigenthümlichkeit jedoch,
die wir an Deuterozacharja noch mehrfach beobachten
werden, wird dies nicht nach seinem wirklichen Verlaufe
unter genauer Berücksichtigung der zeitlichen Aufein-
anderfolge der zu erzählenden Einzelheiten berichtet. Viel-
mehr tritt sofort das Endergebnifs der zu erzählenden Er-
eignisse in einem Bilde vor den Geist des Propheten. Erst
später führt er dann aus, auf welchem Wege Gott dieses
Endergebnifs herbeiführt.
Jerusalem soll laut jubeln, denn sein König zieht in
die Hauptstadt ein als Sieger °. Trotzdem ist er de-
müthig *) und reitet auf einem Eselsfüllen. Es ist das ein
1) Das collectiv gebrauchte 2 verlangt für AND vielmehr
ON?
*) Lies statt 23H (=Nay-1) nach LXX dydornua 1239 1 Be.
14,12 (8. jedoch Wellhausen s. Stelle); vgl. auch Jes. 29,8, wo-
nach Ewald nye: Wall (Trg. nunn“ NWS) lesen will.
*) PPD pray di. durch den von Gott verliehenen Sieg (yyy/)
als aa erwiesen.
*) Die von Hengstenberg, Kliefoth u.A. aus y gesogenen
Schlüsse sind hinfällig, da die Plurale Dwy und ONY ohne Zweifel
promiscue gebraucht werden (vgl. unser ahnen und ahnden). Als König
kommt ihm, wiewohl er König der OY ist, my zu vgl. y 45, 5: Insofern
sind LXX noaöc, Trg. yy mit ihren Uebersetzungen im Rechte.
Analyse des Inhalts von Za. c. 9. 17
Zeichen davon, wie er diesen Sieg auffafst. Er !) wird ihn
nämlich zur Abschaffung des Krieges benutzen. Die Kriegs-
werkzeuge werden vernichtet. Trotsdem erkennen ihn die
Heiden an. Er vermittelt den letzteren Frieden *) and herrscht
vom todten Meere bis zum Mittelmeere, vom Euphrat bis
sa den Grenzen des Landes °). v. 9. 10.
Die noch in der Verbannung befindlichen Glieder des
Bundesvolkes (die Gefangenen der Hoffnung) werden be-
frat *). Sie kehren heim und doppelt wird ihnen vergolten
_ für jeden Tag ihres Exiles (LXX 12° : xad avr) ws
. apbgas xagotxeolas cov dırlä avrarodaom 001, TH = TWO)
- wil. 12.
- Jetzt erst erfahren wir Näheres über den Kampf,
‚. welcher zur Befreiung der Gefangenen führen soll. Es
‚ wird derselbe Kampf sein, als dessen Folge der v. 9. 10
x beschriebene siegreiche Einzug des Messias gedacht ist.
a Bist ein Kampf der Söhne Zions gegen die Söhne der
Griechen ®). Gott selbst erscheint, um gegen seine Feinde
) LXX é£oloSgevces nism) besser als 797) des mass. Textes.
9) Nämlich bei Gott, der eben erst Reiche der Heiden zerstört hat.
9,1—7. vgl. Esth. 10, 8.
*) Der Umfang des Reiches des Messias entspricht also dem Um-
fange der Länder, welche Jahve durch seinen Kriegesug in Besitz ge-
nommen hat. Es sind die idealen Grenzen des heiligen Landes. Nu.
1; 89, 7—13. Bi 1, 81. Darüber hinaus bleiben die Heiden im Besitze
.. der ihrigen. Nur werden sie gedemüthigt und sur Anerkenntnifs Jahres
und des Messias gezwungen; die heidnische Weltmacht wird vernichtet.
Das künftig aufsurichtende Gottesreich besteht also aus Israel in seinen
idealen Grensen als Kern und den sich daran anschliefsenden Heiden-
ländern.
‘) rip) des mass. Textes wird durch das Folgende gegen LXX
d£axlorsıLas als das Richtige ausgewiesen.
_ NM LEX mm. Date pp nur dieses an unserer Stelle bedeuten
kann, ist im Giefsner Ludwigstagprogramm von 1880 erwiesen worden.
Wir werden im weiteren Verlaufe der Untersuchung auf diesen Punkt
sarickkommen müssen.
Zeitschrift f. &. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 2
HM Hm
18 Stade, Deuterozacharja.
zu kämpfen. Sein Volk ist die Waffe in seiner Hand '),
Der Prophet zerlegt die Zionskinder in Juda und Ephraim,
wiewohl wir erst c. 10 über Ephraims Heimkehr das Nähere
erfahren. Plötzlich verläfst der Prophet das Bild und schil-
dert, wie Gott über den streitenden Zionssöhnen *) erscheint.
Die Schilderung der Theophanie entlehnt auch hier die
Farben von der Schilderung des Gewitters. Der Herr er-
scheint in den Gewitterstiirmen des Südens. Der Blits
ist jedoch nicht sein Pfeil, sondern von ihm gehen seine
Pfeile wie Blitze aus; und der Donner erscheint hier von
dem sonst Ueblichen abweichend nicht als Gottes Stimme,
sondern wird dem Posaunenstofse gleichgestellt, mit welchem
ein irdischer Feldherr das Signal zum Beginne der Schlacht
gibt. Jahve der Heerschaaren deckt die Zionssöhne mit
dem Schild, so dafs sie ihre Feinde überwinden *) und sie
wie Schleudersteine unter die Fülse treten, ihr Blut wie
Wein trinken, voll werden wie die Opferschale *), wie die
Ecken des Altares. So hilft ihnen Jahve jenes Tages,
!) Auf diese besieht sich opoy v. 14, wie seine Wiederaufnahms
in v. 15 beweist.
*) LXX xal pyiagijcw oe Tayo für mir) setst das Bild
vortrefflich fort. Doch ist dieser Gebrauch von wz) sonst nicht su be
legen. Auch gibt die L. A. des massoretischen Textes den gleichen
Sinn.
s) Klostermann am a. a. O. 8. 564 verlangt mit Recht statt
RN (LXX xal xarazydcovow adrods, Trg. podem) N und
für 197 (Nach A, in 8. Correctur; a. auch Field, Hexapla II, 8. Oxford
1870, 8. 1024.) ON}. Doch glaube ich nicht, dafs es räthlich ist statt
WI) su lesen WHR) se sie (die Schleudersteine) trefen fehl. Gans
abgesehen davon, dafs hier pyy5 in sehr bedenklicher, auch durch
Hos. 9, 2. Hab. 8, 17 nicht su belegender, Bedeutung vorausgesetst
ist, führt xal xatazdcovow adrotc Ev Aldoıs ogerddyvng auf
Yop Ward DW)
*) In der man das Blut des Opferthieres auffängt und aus der man
den Altar besprengt, nicht der pin von Nu.7, an welchen Trgm denkt.
Analyse des Inhalts von Za. co. 9. 10. 19
(weidet) wie eine Heerde sein Volk !), denn Diademsteine
erheben sich über seinem Lande. v. 13—16.
Herrlich und schön ist es?) dann. Getreide erzeugt
(die Kraft der) Jünglinge, Most (die Schöne der) Jung-
frauen. Möge daher das Volk sich um Regen an Jahve
wenden (der diesen Segen der Fruchtbarkeit in der mes-
sianischen Zeit dem Lande verleihen wird). Die Teraphim
aber redeten Trug und die Weissager schauten Lügen-
(gesichte), die Träume °) reden Eitles und trösten mit
) wy ote) v. 168 steht jetst susammenhangslos. Das Folgende
läfst erwarten, dafs hier nicht nur die Rettung der Zionskinder, son-
dern auch ihre weitere Leitung durch Gott beschrieben werde. In Folge
dieser Leitung prangt das Land im Schmucke der Fruchtbarkeit. Das
Object der Leitung hätten wir in fgy, die Art der Leitung wäre mit
Rts> a. NED) angegeben. Es wird also etwas wie 57) ausgefallen
sein. Klostermann a. a. O. 8. 566 will für {yy lesen Ny:
Allein abgesehen davon, dafs Stellen wie wy 77, 21. 78, 52. 80,2 diese
Aenderung widerrathen, bekommen wir mit ihr eine nichtssagende
Vergleichung, denn die Zionskinder sind die Heerde selbst. Auch wird
fey durch ing Ww geschützt, dessen Suffix nur auf das Volk gehn
kann.
*) Die Suffixe in {319 und fH. v. 17> gehen wie das in in| WwW
v. 16 auf das Volk.
5, Kliefoth, Köhler, Bredenkamp sind vollständig im Rechte,
wenn sie als Subject zu den Worten )3F)° 527 MIT Nw His
10, 2 aus dem Vorhergehenden ergänzen ONO Pit. Die Worte nism
igi) müssen von jedem semitischen Ohr als Genetivverbindung auf-
gefafst werden. Man kann beim Hören und Lesen unmöglich darauf
verfallen, dafs hier „der Abwechslung halber“ einmal das Object den
Artikel trage (Hitzig). Ergänzt man aber Ong pi so befremdet,
dafs von diesen so viel ausgesagt wird, während die DON 80 kurs
hinweg kommen. Ferner hat Hitzig mit Recht hervorgehoben, dafs
man statt 33°) vielmehr erwarten mülste 379, und dafs sie ander-
wärts nicht Träume sondern Oop sagen. Auch fällt überhaupt das
Träumen nicht unter den Begriff des OP Sop- Die Mehrzah] der
Ausleger tibersetst nun, wie wenn der Artikel vor NY fehlte und vor
90 Stade, Deuterozacharja.
Nichtigem. Deshalb sind sie (das Volk) fortgewandert wie
eine Schafheerde, sind im Unglücke, denn sie sind ohne
Hirten '). 9, 17—10, 2.
Mit 10, 3 springt der Verf. plötzlich zu einer Beschrei-
bung derjenigen Vorfälle über, welche sich an das Er
scheinen Gottes unter seinem Volke 9, 8 anknüpfen, die
Besiegung der Javansöhne und den Anbruch der messis-
nischen Zeit ermöglichen. Denn nur hier läfst sich das
jetzt Folgende eingliedern, wenn anders der Verf. sich eine
reinliche, die zeitliche Aufeinanderfolge der verschiedenen
ison stände, wie man ihn denn wegen des parallelen artikellosen
on vor NYY überhaupt gar nicht erwartet. Es ist das der su erwar-
tende Sinn, er entspricht Stellen wie Jer. 27, 9. 28,8, wo auch die
Worte der oO» und die eigenen non einander gegenübergestellt
werden, er liegt aber nicht in den hebräischen Worten. Dieselben
sind zu corrigiren. Man setse den Artikel vor non und streiche
ihn vor NY. Der Fehler entstand dadurch, dafs ein Abschreiber beide
Worte als ‘Genetivverbindung auffafste. Wenn LXX tibersetsen r&
évinvian wevdn &AdAovv, so ist das allerdings kein Beweis dafür, dafs
der alexandrinische Text noch in der von uns vorausgesetsten Weise
las — wird doch durch éAddovy, nagexddovy die hebräische Vorlage frei
und swar falsch wiedergegeben. Allein diese Uebersetzung darf viel-
leicht als Zeugnifs für die damalige exegetische Tradition aufgefalst
werden. Es werden also in unserer Stelle als Arten genannt, den
Schleier von der Zukunft zu heben : 1) die Teraphim, 2) die Wahr-
sager, 8) die eigenen Träume befragen. Die beiden ersteren befragte
man früher (Ma) 1m) die eigenen Träume befragt man noch jetst
ART: pony)-
1) zal éxaxdOnoav dıdrı odx iv taocc. LXX. Bie L also yyy
für yy. und NES für Ty NH wird durch die weiter unten nach-
suweisende Besichung auf Es. 84, 6. 8 ausgeschlossen. Da der Pro-
phet mit v. 2 von nis. an deutlich auf Verhältnisse der Gegen-
wart anspielt, so hat man wohl anzunehmen, dafs der mit ‘yyy y5eey
gegebene Rath für die Gegenwart nicht für die dereinst eintretende
messianische Zeit gegeben ist. Zudem ist es selbstverständlich, dafs
man sich dann nuran Jahve wendet. Der Verf. erlaubt sich hier aller-
dings eine Abschweifung und hat damit den Auslegern Noth gemacht
Analyse des Inhalts von Za. co. 10. 91
Ereignisse auseinanderhaltende, Vorstellung von dem An-
bruche der messianischen Zeit gemacht hat. Es ist aber
peychologisch begreiflich, weshalb das Folgende von ihm
gerade hier gebracht wird. Vorbedingung des Eintrittes
der messianischen Zeit ist, dafs Israel die rechten Oberen
erhält, dafs also der Zustand der Hirtenlosigkeit beseitigt
wird, welchen er 10, 2 seinen Zeitgenossen als Strafe des
Abfalles ihrer Väter vorgehalten hatte. Der Verf. weissagt
also auch hier nicht der zeitlichen Aufeinanderfolge des
von ihm Erwartenden entsprechend. Er verliert abermals
den Faden der Erzählung und knüpft einen neuen an.
Und abermals tritt ihm das zu Erzählende in einem
Bilde vor die Seele. Er schaut den unter seinem Volke
erschienenen Gott, welcher ihm verkündet, dafs sein Zorn
gegen die Hirten d. h. die Leiter des Volkes entbrannt
sei und dafs er die Böcke heimsuchen wolle. Gott wird
die Hirten und Böcke von seiner Heerde, dem Hause Juda,
entfernen und letzteres mit Kampfesmuth erfüllen. Er gibt
ihm neue Obrigkeit ') nach seinem Herzen *?). Hierauf
ziehen die Judäer muthig in den Streit und überwinden die
auf Rossen Reitenden. So stärkt Gott das Haus Juda und
hilft Ephraim, indem er letzteres zurückführt °). Da wird
*) Hier erwartet man die Erwähmung des Meessiaskönig, welcher
doch nach 9, 9 die Spitze dieser neuen Obrigkeit bilden sollte. Er
wird aber auch 9, 18 ff. vermifst. Meint vielleicht der Verf., dals er
sich erst im Endkampfe mit den Söhnen der Griechen als solcher aus-
weist ?
*) Gegen die am besten von Hengstenberg, Christologie III,
1°, 8. 398 vertheidigte alte Auffassung, wonach das Suffix in pp v. 4
nicht auf Gott sondern auf das Volk zu beziehen ist, so dals damit den
Hirten die neuen einheimischen Oberen entgegengesetst werden,
vgl. Köhler’s Ausführungen zur Stelle. Trots Jer. 80, 21. 51, 26
entscheidet der Zusammenhang dagegen.
*) Für die Unform pyyiny/{n) v. 6 ist selbstverständlich nach
v. 10 oma zu lesen.
22 Btade, Deuterosacharja,
auch Ephraim wie ein Held und freut sich vor Jahve.
v. 3-1.
Auf welche Weise Ephraims Befreiung und Zurück-
führung erfolgt, das erfahren wir, nachdem die Erwähnung der
Thatsache vorausgeschickt worden ist, abermals erst aus
dem Folgenden 10, 8—12. Gott ruft das in fernen Landen
zerstreute Ephraim herbei, nachdem er es unter den Hei-
denvölkern sich in wunderbarer Weise hat mehren lassen *).
Nachdem sie den ihnen von Gott gegebenen Kindersegen
grofs gezogen haben *), ziehen sie unter Gottes wunder
barem Schutze heim aus Assur und Aegypten, besiedeln
Gilead und Libanon, so dals ihnen der Platz nicht reicht ?).
Da zieht es über das Meer nach Tyrus und es werden
vertrocknen alle Tiefen des Niles‘), es wird gedemüthigt
1) DUTTINY v. 9 ich ode vie ous erklärt sich nach Hos. 3,25. Was
man säet, zerstreut man ja freilich. Doch nicht, damit os verloren
‚gehe, sondern damit es keime, aufgehe und Frucht trage. Es empfiehlt
sich daher durchaus nicht, mit Ewald und Stähelin den Bat
conditional su fassen. Zu dom Gedanken vgl. Jer. 81,27. Schon Trym
mifsversteht denselben und bexieht Qy yx wider die Grammatik suf
die Vergangenheit : wmny ‘32 UMIIIT RDI
*) Für yyy L nach LXX yy
®) Trgm ‚richtig : wd poo’ why LXX xal of uh dxorerpy
&§ adröv oft el; ist gerathen. Da pry so weit zurück steht,
kann die 8. Pers. Maso. Bing. als allgemeinste Form stehen. Dies gegen
Köhler.
*) Man wird gut thun, mit Klostermann a a. O. 8. 566 für
TTY su lesen mfg. Weil die Eirmlantenschaaren nicht alle im alten
Gebiete des Nordreiches Plats finden, occupiren die zuletzt heimkeh-
renden Tyrus, welches ja nach 9, 4 von Jahve in Besits genommen ist.
Es ist das Beitensttick su 9, 6. 7, wonach Asdod und Ekron von Ju-
dern bewohnt werdensollen. Entscheidend hierfür ist, dafs Subject von “ray
nur Ephraim nicht Jahve sein kann. Freilich befremdet daneben
DY] OY] IM. Man erwartet ein Seitensttick zu : eu sicht durch das
Meer nach Tyrus und nach 9, 4 würde als Subject von iTpi} Gott an-
sanehmen röthlich sein. Wie man ans den Worten durch eine Aen-
derung ein Beitenstück su My O89 Dy) gewinnen kann, weils ich
DR
Analyse des Inhalts von Za. o. 10. 23
der Hochmuth Assur’s und von Aegypten weicht das Köd-
nigsscepter. Sie werden stark durch Jahve und rühmen
- sch (LXX. Warm) seines Namens.
| Haben wir nun das 10, 2 ff. Geweissagte richtig ein-
gegliedert, so wird diese Demüthigung Aegyptens und
: Assyriens entweder mit der 9, 13 geweissagten Ueberwin-
dung der Griechenkinder identisch sein, oder die letztere
wird sich an die erstere anschliefsen. Ist letzteres der Fall,
: so hat Deuterozacharja wahrscheinlich gemeint, dafs das in
- seine Heimath zurückgekehrte Volk Gottes einen letzten
t Ansturm der heidnischen Weltmacht, hier der Griechen-
söhne, zu überstehen hat, bevor die messianische Zeit eintritt.
Der zeitliche Verlauf der in c. 9. 10 geweissagten Er-
cignisse wäre dann dieser : Gott nimmt das ganze Land,
welches sein Volk in den Zeiten seiner grifsten Ausdeh-
nung besessen hat, nebst Aramäa und den phönicisch-phi-
bstäischen Küstenländern in einem Kriegszuge in Besitz,
welcher von Aramäa aus südwestwärtssich erstreckt. 9, 1—8.
In Juda angelangt befreit er sein Volk Juda von seinen
Oberen und setzt eine neue Obrigkeit ein, unter deren
Führung Juda seine heidnischen Feinde überwindet. 10, 3—6.
Ephraim aber führt Gott, nachdem er es auf wunderbare
Weise gemehrt, heim. Es besiedelt sein ganzes früheres
Land nebst Tyrus. Assyrien und Aegypten werden gedemü-
tigt. 10, 6—12. Hierauf erfolgt die endgültige Besie-
gung der Weltmacht 9, 13 ff., die Befreiung aller gefan-
genen Glieder des Bundesvolkes 9, 11. 12, der Einzug des
siegreichen Meseiaskönigs in Jerusalem und der Anbruch
des messianischen Friedensreiches. |
nicht. Ich vermuthe vielmehr, dafs sie eine in den Text gedrungene
Glosse eines Lesers sind, welcher auf 9, 4 verweisen wollte und daher
die Worte ug OD mim an den Rand schrieb. oS) scheint aus
“u verschrieben zu sein. Die Worte stören das Gleichmafs des
‘ Verses, welcher jetst aus fünf Gliedern besteht, während nur vier zu
erwarten sind.
24 Stade, Deuterozacharja.
Ist jedoch die Demüthigung Assurs und Aegyptens f
identisch mit der 9, 13 ff. geweissagten Besiegung der -
van
Griechensöhne — und hierfür könnte sprechen, dafs 9,11.122
mit letzterer gleichfalls eine Befreiung der Gefangenen
verknüpft wird — so haben wir ein gleiches Zukunftsbild
wie yw 68, 21ff. Dort wird zunächst die Heimführung der
Exulanten aus Basan und von den Tiefen des Meeres her
d. h. aus den Ländern der Seleukiden und Ptolemäer, dann
v. 24 die Niederwerfung des heidnischen Feindes durch
Israel erwarte. Das erste geschieht, damit das zweite
möglich werde.
Ausgeschlossen jedoch ist die Annahme, dafs etwa.
9, 1—10, 2 und 10, 3—12 parallele Weissagungen über die
Wiederherstellung des Volkes seien. Denn wenn 9, 13
Ephraim als Waffe in Gottes Hand erwähnt wird, so setst
das seine Heimkehr und Wiedervereinigung mit den Brü-
dern vom Hause Juda voraus, was uns erst c. 10 erzählt.
Eine weitere Bestätigung für die von uns vertretene An-
sicht ergibt sich bei unserer Auffassung von 10, 11.
Mit c. 11 setzteineneue Weissagung ein, und zwar eine
Weissagung von wesentlich anderem Inhalte, als wir c. 9. 10
trafen. Ihr Anfang ist nicht markirt. Es war nicht nöthig,
da über den mit 10, 12 stattfindenden Schlufs kein Zweifel
sein kann. Doch ist das die Veranlassung gewesen, dafs
derjenige, welcher 12, 1 die Ueberschrift Seti ">y “37 x
zugesetzt hat, dies an unserer Stelle unterlassen hat. Wir
werden weiter bemerken, dafs auch 14, 1 aus diesem Grunde
ohne Ueberschrift geblieben ist.
Auch in c. 11 wird eine Heimsuchung des Volkes durch
Gott beschrieben. Auch hier wird sie zunächst als ein
vom Norden her sich über das Land ergiefsendes Kriegs-
wetter beschrieben. Auch hier ist Gottes Absicht mit
seinem Volke bei der Heimsuchung eine freundliche, sein
Vorhaben mit den Heiden aber ist ein anderes. Will er
c. 9 sein Reich in Besitz nehmen, so erregt er c. 11 einen
Analyse des Inhalts von Za. c. 11. 25
Krieg aller Heiden gegen einander. Sein Volk soll hier-
vor bewahrt werden. Er stellt es deshalb unter besondere
Leitung. Allein es verschmäht diese und verfällt daher
dem Strafgerichte.
Auch Za. 11, 1-3 ') tritt das zu Weissagende dem
Verf. sofort in einem Bilde vor die Seele. Ein kriegerisches
Ungewitter hat die Landschaften im Norden und Osten *)
des Landes verwüstet, die Hohen und Mächtigen sind ge-
fallen, darum herrscht allgemeine Trauer. Im Bilde erscheinen
die Grofsen und Mächtigen als die Cedern des Libanons
und Eichen Basans, als Hirten, als Junglöwen aus den
Jordanniederungen. Wie 9, 9 die heilige Stadt aufgefordert
wird, wegen des Einzuges ihres Königs zu jubeln, so hier der
Libauon, seine Thore zu öffnen, damit das Feuer seine
Cedern verzehre. Die Cypresse soll über den Fall der
Ceder weinen ®), die Eichen Basans über die Zerstörung
des undurchdringlichen Waldes. Lautes Klagen der Hirten
erschallt, weil ihre Pracht zerstört ist, lautes Brüllen der
Junglöwen, weil des Jordans Pracht verwüstet ist.
Vor solchem Unheil hat nun Jahve sein Volk ver-
geblich bewahren wollen. Wir erfahren das Nähere über
. %) Es sollte nicht erst bewiesen zu werden brauchen, dafs Za. 11, 1—8
kein selbständiges Orakel ist, wie, seitdem Flügge die Untersuchung
in Deutschland auf falsche Wege geleitet hat, vielfach angenommen
worden ist (Knobel, Bleek, Ortenberg). Für die Zugehörigkeit
dieser Verse zu 11, 4 ff. ist entscheidend eine Vergleichung von 11, 8
einerseits mit Jer. 12, 5, von 11, 4 andererseits mit Jer. 12, 8, wovon
weiter unten noch die Rede sein wird.
*) Es mufs die Auffassung als möglich anerkannt werden, dafs
11, 1—8 das über das Volk nach 11, 16 ff. hereinbrechende Unheil in
einem Bilde darstellen, so dafs die Libanoncedern, Basaneichen, die Löwen
der Jordanaue nur Bild der Grofsen des Volkes sind, welche bei jenem
Unglücke umkommen. Doch möchte die parallele Stellung von 9, 1 ff.
die oben vertretene Auffassung empfehlen.
8) TINY DAR 7) v.2 ist zu streichen. Es ist ein inden Text
gerathenes Glossem zu 8.
26 Stade. Deuterosacharja..
diesen Rathschlufs Gottes und seine Vereitelung 11, 4 ff.
Und zwar wird uns die Erzählung eingekleidet in die Form
eines Berichtes tiber eine dem Propheten befohlene und
von ihm ausgeführte symbolische Handlung. Wir haben
hier nicht die Erzählung: eines wirklichen Vorfalles, sondern
lediglich eine rhetorische Wendung, eine Art Allegorie
vor uns, in welcher der Gedanke zum Ausdruck kommt,
dals das Volk die hesondere göttliche Leitung verschmäht
und daher dem Unglücke überlassen wird. Allegorisch
drückt dies der Verf. folgendermalsen aus. Er erhält den
Auftrag, Gottes Heerde zu weiden. Es ist eine Heerde
der Schlachtung, welche von ihren Käufern ohne Ver-
schuldung getödtet, von ihren Verkäufern zur Bereicherung
ausgebeutet, von ihren Hirten nicht geschont wird. Er
erhält diesen Auftrag, weil Jahve einen Krieg aller Völker
unter einander erregen will. Geschildert wird dieser Krieg als
ein Preisgeben dieser Völker in die Hand ihrer Könige
und Hirten'). Die Könige lassen also die Völker sich in
Kriegen aufreiben, welche nur im Interesse der Herrscher,
nicht in dem der Völker geführt werden. Sie verwüsten
dabei die Erde, ohne dafs Jahve aus ihrer Hand rettet.
11, 4—6.
So weidet denn der Prophet als Stellvertreter Gottes
die Heerde der Schlachtung für die Kanander *) der
') Für yıy) v. 6 lies wegen ino vielmehr yy.
*) Für Nyt) spy 12> lies, da 9) keinen Sinn gibt, yx)
ean LXX. elo thy Xavacvitey. Aus gleichem Grunde ist v. 11 statt
wy 2 zu lesen wy, LXX ot Xavavaloı. Die Kananker der Heerde
sind dieselben schlechten Oberen, welche nach 10, 8 von Gott hinweg-
gefegt werden sollen; dieselben, welche nach 11, 5 ihr Volk verkaufen
und es unter Lug und Trug, Bedrlickung und Gewaltthat zu ihrer Be-
reicherung ausbeuten Es sind dieselben, welche den Propheten mit
80 Silberlingen ablohnen. Kananäer heifsen sie nach dem Vorgange
von Hos. 12, 8, weil sie sich hierdurch des Namens der Israeliten un-
würdig gemacht haben.
Analyse des Inhalts von Ze. o. 11. 7 QT
leerde. Dafs das Thun des Propheten, wie wir behauptet
ıben, hier lediglich Abbild der Hirtenthätigkeit Gottes
t, welcher das Volk durch die kommenden schlimmen
aiten hindurch leiten will, ergibt eine Vergleichung von v. 6
nit v. 10. Nach v. 6 erregte Gott den Krieg unter den
/öikern, nach v. 10 schliefst aber der Prophet ein Ab-
commen mit den Völkern, Israel nicht anzugreifen. Es ist
tr das Verständnils der Weissagungen Deuterozacharjas
richtig, diese Bedeutung des Thuns des Propheten festzu-
alten. Diese besondere Leitung, unter welche Gott sein
folk genommen hat, ist nur ein anderer Ausdruck für
as, was 10, 3.4 geweissagt worden war. Es ist ja selbst-
erstindlich, dafs Gott sein Regiment durch von ihm ein-
esetste und nach seinem Willen regirende Autoritäten
usüben läfst '),, Hieraus ergibt sich aber weiter 1) dafs
ach c. 11, 1—17. 13, 7—9 das von Deuterozacharja 10, 5 ff.
teweissagte nicht eingetreten ist. Das Volk geht der
ort in Aussicht gestellten messianischen Hoffnungen ver-
tig. 2) Dafs der historische Standpunkt, von welchem
us Deuterozacharja c. 11 weissagt, ein anderer ist, als
erjenige, von welchem er in c. 9. 10 ausgeht. Ein Theil
er in den beiden ersten Capiteln in Aussicht genommenen
xwartungen hat sich als trügerisch erwiesen.
Der Prophet führt als Hirt zwei Hirtenstäbe, von
reichen er den einen Huld, den andern Verbindung nennt.
x entfernt die drei Hirten in einem Monate ?). Dann
ber wird er der Heerde überdrüssig und diese seiner. Er
) Vergleiche die Umschreibung des Targums von "ya v. 7 :
py Sy KONTO mm
*) Nicht beliebige drei, sondern die drei bekannten. Die Worte
od räthselhaft. Am besten bezieht man sie noch auf die Vernichtung
r drei Weltreiche, welche das Gottesreich bisher anzubrechen ver-
dert haben. Wie px pm) hierbei zu deuten sei, ist mir freilich
nkel. Siehe weiteres hiertiber unten.
28 Stade, Deuterozacharja.
spricht : ich mag euch nicht ferner weiden, was stirbt mag |
sterben, was umkommt umkommen, und was übrig bleibt, :
einander gegenseitig aufzehren. 11, 7. 8. Hierauf nimmt '
der Prophet den Stab Huld und zerbricht ihn zum Zeichen,
dafs das von ihm mit den Völkern geschlossene Abkommen
(Israel nicht anzugreifen) aufgehoben sei. Es ward auf-
gehoben und hieran erkannten diejenigen Kananäer der
Heerde, welche auf den Propheten geachtet hatten, dafs
es ein Wort Jahves sei. Hierauf fordert der Prophet von
den Kananiern seinen Hirtenlohn. Sie geben ihm 30 Sil-
berlinge. Auf Befehl Gottes wirft der Prophet diesen
schnöden Lohn in den Tempelschatz !). Hierauf zerbricht
er auch den Stab Verbindung um die Bruderschaft zwischen
Juda und Israel aufzuheben d. h. Gottes Volk geht nicht
nur des Schutzes verlustig, welchen Gott ihm hatte ge
währen wollen, sondern verscherzt auch die dereinstige Wie-
dervereinigung Israels und Judas, sowie diejenigen messia-
nischen Hoffnungen, welche sich hieran knüpfen, wovon
der Verf. c. 9. 10 geweissagt hatte. 11, 9—15.
Das weitere Schicksal des Volkes erzählt der Prophet
abermals in Form einer symbolischen Handlung oder ge
nauer in einer zweiten Allegorie, in welcher er wiederum
als symbolische Figur auftritt. Ist er früher Abbild des
sein Volk leitenden Herrn gewesen, so tritt er jetzt als
Abbild des schlechten Hirten auf, welchen Gott der Heerde
zur Strafe für ihren Undank setzt. Gott befiehlt ihm, das
Geräthe eines thörichten Hirten zu nehmen. Denn einen
solchen setzt er ein im Lande; dem Umkommenden wird
derselbe nicht nachgehen, das Versprengte nicht aufsuchen,
das Gebrochene nicht heilen, das Gesunde nicht ernähren,
1 syyn~ one 9 p> 1. syen-dy ven vergleiche Mal. 8, 10
yian mp. Die aramaisirende Schreibung mit % wird schon durch die
LXX belegt.
hen
Analyse des Inhalts von Za co. 11. 18, 7—9. 2
s Fleisch des Fetten verzehren und die Klauen der Heerde
alten. Gegen ihn ergeht der Fluch : Wehe, thörichter
irt, welcher die Heerde im Stich läfst. Dürre !) (komme)
ber seinen Arm und sein rechtes Auge, trocken soll
erden sein Arm und sein rechtes Auge erlöschen. 11,
b—17. |
Mit c. 11 verbindet Ewald mit Recht c. 13, 7—9.
er 11, 17 gegen den schlechten Hirten ausgesprochene
uch ist kein passender Abschluß von c. 11. Wir müssen
of Grund der 11, 6 ff. ausgesprochenen Gedanken zu
ren erwarten, dafs die Heerde nun dem Unheile verfällt.
etsteres aber kann nicht in der üblen Behandlung ge-
mden werden, welche dieselbe nach 11, 16 durch den
shlechten Hirten erleidet. Als Gott die Heerde unter
esondere Leitung stellte, so war sein Absehen darauf ge-
chtet, dafs dieselbe nicht unter dem in der Heidenwelt
ıtbrannten Kampfe leide. Verwirft es diese Leitung, so
t die natürliche Folge, dal es in diese Kämpfe hinein-
issen wird. Die üble Behandlung durch den Hirten
ınn höchstens Mittel zum Zweck sein. Nun erfahren wir
ıs schliefsliche Schicksal der Heerde 13, 7—9. Gottes
chwert soll den Hirten treffen, die Heerde soll sich zer-
reuen. Zwei Drittel derselben werden in den Gefahren
nkommen. Aber auch das übrig bleibende Drittel mufs
schmals durch ein Unglück geläutert werden. Der als-
ınn bleibende Rest wird Gottes Volk sein. Diese Verse
3, 7—9 bilden einen normalen, 11, 17 in zu erwartender
Veise fortsetzenden Schlufs einer messianischen W eissagung.
ügt man sie nicht hinter 11, 17 ein, so.ist c. 11 eine
essianische Weissagung ohne Schlufs, was um so we-
ger erwartet werden kann, als jede der drei übrigen
ı Für av. 17:1. Jr. Die Nothwendigkeit dieser Punktation
ibt sich aus der v. 17% folgenden Erläuterung
30 Stade, Deuterosacharja.
Weissagungen c. 9. 10; c. 12, 1—13, 6; c. 14 ihren nor-
malen Schlufs hat.
Zu dem gleichen Resultate kommen wir, wenn wir die |
Umgebung näher ansehen, in welcher 13, 7—9 vorkommt.
An 12, 1—13,6 lälst es sich nicht anfügen. c.12, 10—13, 6,
die Bekehrung und Bufse der leitenden Kreise des Volkes,
bildet hier einen der übrigen Weissagung vollkommen
homogenen Schlufs. Von einem Hirten weils der Abschnitt
gar nichts, geschweige dafs er uns über irgend einen An-
lafs berichtete, aus welchem die Drohung 13, 7 ergehen
könnte. Ebenso wenig aber können wir 13, 7—9 anc. 14
anlehnen. Der in 13, 7—9 bedrohte Hirt fehlt in c. 14
und c. 14, 1 setzt überhaupt eine neue Weissagung ein ').
1) o. 14, 1 steht themaartig der nach c. 12 am Wenigsten su er-
‘ wartende Gedanke als Hauptgedanke voran. Diese Weissagung ent-
behrt daher durchaus nicht, wie Hitzig urtheilt, eines Ausgangs- und
Stitspunktes. Wenn Hitzig bemerkt und Köhler dem beitritt, man
begreife nicht, wie 18, 7—9 von 11, 17, wohin es oberflächlich ange-
sohen passe, hierher habe verschlagen werden können, so ist das völlig
richtig, gibt jedoch keinen Grund gegen die Vereinigung beider Ab-
schnitte ab. Denn es ist so manches, dessen Genesis man nicht be-
greift. Hofmann und Köhler schließen daraus, dafs die Tödtung
eines solchen schlechten Hirten, wie ihn 11, 16 beschreibt, eine Wohl-
that für die Heerde sei, während die Folgen der Tödtung des 18, 7 er-
wähnten Hırten sowie seine Beseichnung als XYOY 13 letzteren als
gottwohlgefälligen guten Hirten auswiesen, auf eine Verschiedenheit
beider Hirten. Letsteres wäre allerdings eine Instanz gegen die Ver-
einigung beider Abschnitte. Allein der Schlufs ruht auf nicht su-
treffenden Voraussetzungen. Auch das Regiment eines schlechten Köd-
nigs kann das Volk vor Beschädigungen durch äufsere Feinde be-
wahren. Wegfall aller autoritativen Gewalten (die Heerde zerstreut
sich) ist schlimmer als ein schlechtes Regiment, ist das schlimmste
Unglück, welches ein Volk treffen kann, die rechte Vorbedingung dafür,
dafs es seinen Feinden Preis gegeben werde. Und die Tödtung des
schlechten Hirten mufs nicht nur ihren Zweck, sondern auch ihren
Grund haben. Da jede Königsgewalt von Gott ist, der schlechte Hirt
noch dasu von Gott zur Strafe eingesetzt ist 11, 16, so ist gar kein
Grund vorhanden, demselben das Prädicat YOY DY 18, 7 zu be-
streiten.
Analyse des Inhalts von Za. o. 11. 18, 7—9. 31
Will man c. 13, 7—9 nicht mit c. 11 verbinden, so bleibt
nur übrig, es für ein selbständiges Orakel zu halten. Das
ist aber nicht möglich, da 13, 7 nothwendig eine Verschul-
dung des bedrohten Hirten zur Voraussetzung hat, wor-
über nur in c. 11 uns etwas berichtet wird.
Bedarf nun auf der einen Seite c. 11 eines Schlusses,
welcher nur in c. 13, 7—9 gefunden werden kann, auf der
andern c. 18, 7—9 eines Anfanges, welcher nur in c. 11
stecken kann, so würde das allein schon ein völlig genügender
Beweis sein für die Nothwendigkeit beide Abschnitte mit
einander zu vereinigen. Allein noch drei andere Gründe
fordern dieselbe gebieterisch.
Einmal hat bereits Ortenberg ') mit Recht darauf
aufmerksam gemacht, dafs 11, 16 und 13, 7 einander ent-
sprechen wie Ez. 34, 4 und 62). Wenn nun zwischen
11, 16 und 13, 7 noch 11, 17 steht und 13, 7 sich nicht
genau mit Ez. 34, 5 deckt, so erklärt sich das aus dem
Umstande, dafs der Verf. einen Jer. 50, 37. 38 nachgebil-
deten Gedanken einschaltet. Nun entspricht aber Jer. 50, 38
dem Verse 11, 17, dagegen Jer. 50, 37 dem Verse 13, 7.
Dies ist der zweite Grund für die Zusammengehirigkeit
von 11, 17 und 13, 7. Endlich aber gehört 13, 7—9 vor
c. 12 wie Ez. 37, das neue Israel, vor Es. 38. 39, der
Ueberwindung der Heiden steht.
%)a.a 0.8.58 ff.
*) Ze. 11, 16. Denn siehe ich stelle einen Hirten im Lande auf,
der dem Umkommenden nicht nachgeht, das irre gehende nicht aufsucht,
das Gebrochene nicht heilt, das Gesunde nicht versorgt, das Fleisch der
Fetten ifst und seine Klauen spaltet. 18, 7 Schwert... ... schlag
den Hirten, dafs sich die Schafe serstreuen. Ez. 84, 4. 5. Das Kranke
kräftigtet ihr nicht und das Leidende heiltet ihr nicht und das Ge-
brochene verbandet ihr nicht; das Versprengte führtet ihr nicht heim,
das Umkommende suchte ihe nicht ..... ‚da serstreuten sic sich,
weil kein Hirte war.
39 Stade, Deuterosacharja.
Die Abneigung der meisten Exegeten gegen diese von
uns hiermit als nothwendig erwiesene Vereinigung von
c. 11 und c. 13, 7—9 erklärt sich aus falscher Auffassung
des messianischen Inhaltes beider Abschnitte. Man findet
. in dem guten Hirten von c. 11 den Messias, in dem Tod des
schlechten Hirten von 13, 7—9, welcher eben deshalb ein
guter sein muls, den Tod des Messias geweissagt. Das
Suffix von yo 18, 7 besticht auf den ersten Blick für
diese Auffassung. Allein wir sahen schon, wieso der von
Gott über seine Heerde eingesetzte Hirt sehr wohl als
‘YOY 23 beseichnet, und sonach auch WY genannt wer-
den kann. Völlig dagegen entscheidend ist jedoch der
Grund, dafs der Tod des c. 11 vorgeführten guten Hirten
auf die Heerde gar nicht die Wirkung des Zerstreuens
haben kann. Denn dieselbe ist ja gar nicht mehr in seiner
Hand, sondern in die des thörichten übergegangen. Ebenso
kann schon um deswillen von einer Beziehung des guten
Hirten von c. 11 auf den Messias keine Rede sein, weil
seine Hirtenthätigkeit der Vergangenheit angehört. Die
Weissagung setzt erst mit 11, 15 ein, 11, 4—14 berichtet
die historischen Voraussetzungen dieser Weissagung. Der
als guter Hirt auftretende Prophet ist Stellvertreter Gottes,
nicht Abbild eines Kommenden.
c. 12, 1—13, 6 bilden eine Weissagung. Auch hier
tritt nach kurzer Einleitung : „Ausspruch Jahve’s !), welcher
den Himmel spannte und die Erde gründete und den Geist
des Menschen in seinem Innern schuf, v. 1,* themaartig
der Gedanke, in welchem die Weissagung gipfelt, mit
v. 2.3 voran : „Gott macht Jerusalem zum Taumelbecken ?)
für alle Völker ringsum und auch Juda wird Jerusalem
1) Ueber den Anfang von 12, 1 vgl. 8. 14.
2) Trg. 19 1p RD- Oder auch „zur Taumelschwelle*. LXX
robdvon wecdeviyeve, worüber weiter unten zu handeln ist.
nie. un.
LS el ot wees
PET) 2 20
Analyse von c. 12. 33
, mit belagern® !) Jenes Tages wird Jerusalem zum Hebestein
für alle Völker, wer ihn hebt ritzt sich. Alle Völker der
Erde versammeln sich wider Jerusalem. Im weitern er-
fahren wir nun nicht, was diesen Zug der Heidenwelt ver-
anlafst hat und auch nicht, welchen Verlauf er bis zu der
von Gott veranlafsten Wendung hat. Sondern wir hören
N) Nur diesen Sinn können nach Mafsgabe der von v. 4 an folgen-
den Ausführungen die Worte ey) An) N02 IT amp ON
haben. Trgm umschreibt richtig: T} NYY NT MIT MIT FR
oben MIMD PO ye: (Ebenso su 14,14.) Hitzig wird dem Folgenden
nicht gerecht, wenn er a ee) übersetzt : für Juda Nur für die
Heiden wird Jerusalem sum 5y 1p, nichtauch für Juda. Köhler’s Auf-
fsssung : „und auch um Juda wird (Belagerung). sein bei der Belage-
rung von Jerusalem“ scheitert daran 1) dafs die Hauptsache (Belage-
rang) ergänst werden mufs Es ist das um so mehr zu betonen, als
der von Köhler eingelegte Gedanke, Juda werde um Jerusalems
Mauern gelagert von den Heiden mit belagert werden, ein so seltsamer
und auffallender ist, dafs er wohl deutlich auszusprechen gewesen
wäre, 2) dafs man nach hebräischem Sprachgebrauche vielmehr ein
oT oy iyp> MM) NS MM ON erwarten würde, 8) dafe der
Zusammenhang deutlich Juda nicht als belagert sondern als in gleicher
Lage mit den Heiden befindlich, also als belagernd ausweist. Köhler
wird durch seine Annahme, dals das vor Jerusalems Mauern susammen-
gedrängte Juda bereits siegreich mit den Heiden kämpft, während Je-
rusalem noch von den letzteren bedrängt wird, zu der weiteren ge-
nöthigt, dafs Juda an einer Seite der Mauern Jerusalems zusammen-
gedrängt sei. Aufserdem aber verträgt sich dieselbe nicht mit v. 4
und v. 6. Nach v. 4 schlägt Gott alle Rosse mit Scheuheit und Blind-
beit und deren Reiter mit Wahnsinn. Alle Heiden werden somit von
Gottes Eingreifen betroffen. Ihre Wehrlosigkeit reist die Judäer zum
Abfall und Ueberfall. Wenn die m “pide ferner v. 6 mit dem in
Hols gestellten Feuerbecken verglichen werden, so müssen sie sich
mitten im Heeré der Heiden befunden haben. Michaelis, Rosen-
müller, Ewald gewinnen nun diesen von uns vorausgesetsten Sinn
in dem Passus 'ıy a5 y Oj) indem sie by als das der Obliegen-
heit, des Zwanges fassen. Noch näher liegt es vielleicht mit Geiger,
a. a. O 8. 58 dieses by zu streichen. Es könnte eingeschoben worden
sein, um den anstölsigen Gedauken zu beseitigen, dafs Juda die heilige
Stadt als Bundesgenosse der Heiden belagern wird.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang |. 1881. 3
34 Stade, Deuterosacharja.
sofort, auf welche Weise es Gott bewirkt, dafs Jerusalem
zum 5y7 ng für alle Völker wird. Jahve schlägt jenes
Tages die Rosse der Jerusalem belagernden Heiden mit
Scheuheit und Blindheit und deren Reiter mit Wahnsinn,
über dem Hause Juda aber öffnet er seine Augen"). Da
sprechen die Gaufürsten (Aeltesten) Judas : „möchte sch
doch den Bewohnern Jerusalems genügen (helfen) können *)
durch Jahve der Heerschaaren, ihren Gott.” Gott macht
sie wie ein Feuerbecken bei Holz und wie eine brennende
Fackel bei Garbenhaufen. Sie fressen nach rechts und
nach links alle Völker ringsum, so dafs Jerusalem an seiner
Stelle bleibt. So hilft Jahve den Zelten Judas zunächst,
auf dafs sich nicht das Haus Davids und die Einwohner
Jerusalems allzusehr über Juda erheben. 12, 4-7.
Jenes Tages überschildet Jahve die Bewohner Jeru-
salems und es wird der Strauchelnde unter ihnen wie David
und das Haus Davids wie Gott und wie der Engel Jahves
vor ihnen. Jenes Tages sucht Gott alle Heiden zu ver-
nichten, welche wider Jerusalem ausgezogen sind. Aber
über das Haus Davids und die Bewohner Jerusalems gielst
er aus den Geist der Gnade und des Flehens. Da blicken
sie auf den ®), welchen sie durchbohrt haben und trauern
') Die also früher, während Gott den Zug der Heiden zuliefs, ge-
Br waren. 1 Kö. 8, 29. Neh. 1, 6.
*) a % myor v. 5 1. nach LXX ebgyoouer davrolg rods
xatroıxovvrag ’IepgovaaAnı =) ar } PINZON: Auch Trgm MINEN
ea) PN zeugt für diese L. A. Die Worte des jüdischen An-
führers sind gleichsam die Parole, mit welcher sie für die heilige Stadt
in den Streit ziehen.
8) Der Durchbohrte ist es also, um dessen willen sie um Gnade flehen
und von Gott mit dem Geist der Gnade und des Flehens begnadigt
werden. Sie haben durch seine Tödtung eine Blutschuld auf sich ge-
laden und bedürfen der Entsühnung, welche ihnen dadurch wird,
dafs Gott die Quelle 13, 1 aufthut. Ueber die Nothwendigkeit ar in
YON zu ändern, sollte man nicht nöthig haben ein Wort verlieren su
BE
Analyse des Inhalts von c. 14. 35
+ über ihn, wie man über den Eingeborenen klagt, bitterlich
‚ih!
wie über den Erstgeborenen. Die Klage wird so grofs wie
die Klage Hadadrimmons in der Ebene Megiddo. Und
swar erheben die einzelnen Geschlechter die Klage je für
sich, nämlich das Haus Davids allein und seine Frauen
allein, das Haus Nathans allein und seine Frauen allein,
das Haus Levi allein und seine Frauen allein, das simeitische
Geschlecht allein und seine Frauen allein und so auch die
übrigen Geschlechter. 12, 8—14.
Jenes Tages eröffnet Gott für das Haus Davids und
: die Bewohner Jerusalems eine Quelle zur Entsündigung
und Reinigung '). Jenes Tages wird Gott aus dem Lande
ausrotten die Namen der Götzen, so dafs man sie nicht
mehr erwähnt, und die Propheten und wird den Geist der
Unreinigkeit aus dem Lande hinwegschaffen. Wenn einer
ferner noch als Prophet aufzutreten wagt, so schlagen ihn
Vater und Mutter. Jenes Tages schämen sich die Pro-
pheten ihrer Gesichte und ziehen nicht mehr den Haar-
mantel an. Keiner will mehr ein Prophet sein. Lieber
gibt er sich für einen seit seiner Jugend das Land be-
bauenden Ackersclaven aus. Und zeigt man einem solchen
seine Wunden, so erwidert er, also sei er im Hause seiner
Lieben (Angehörigen) geschlagen worden. 13, 1—6.
müssen. Ewald, Propheten 2°. 8. 57. Z. 25 ff. trifft den Nagel auf
den Kopf. Nur war es nicht geschmackvoll, sich auf Handschriften
des massoretischen Textes zu berufen.
t) Die Quelle ist m (. ME) Ar) eigentlich gegen Sünde
und Unreinigkeit, vgl. y 68, 21 mingin Mp9. Bie ist also ein grofses
Dey YQ und 9 vel. Trgm. QOPI) KNYAK "DD IT XDD
KENNT KAW. Die von der Massora geforderte Punktation newrd
(vgl. Massora magna ed. 8. Fronsdorff. 8. 62 und Michaelis in
der Halleschen Bibel sur St.) beruht auf der irrigen Voraussetzung,
dafs das erste von zwei eng verbundenen Worten in der Verbindungs-
form stehen könne. Es ist hier wie anderwärts die Hauptform herzu-
stellen.
3%
36 Stade, Deuterosacharja.
c. 14 ist eine Doublette su c. 12, 1—14. 13, 1-4
Auch diese Weissagung erzählt uns von einer Belagerung
Jerusalems durch die Heiden, in deren Heere sich Juda als
Bundesgenosse befindet. Auch sie berichtet die wunder-
bare Rettung der Stadt durch Gottes Einschreiten und die
Ueberwindung der Heiden. Nach ihr wird jedoch Jer-
salem erobert und gezüchtigt, bevor Gott eingreift. Mit
seinem Einschreiten bricht der grofse Tag Jahves an, bei
der Ueberwindung der Heiden tritt Judas Antheil gegen-
über der Darstellung in c. 12 zurück. Mit Ueberwindung
der Heiden beginnt Gottes Reich; zu ihm bekehren sich
auch die Heiden.
Unter diesen vom Inhalte von c. 12 abweichenden
Gedanken ist der auffallendste, dafs Jerusalem erobert wird.
Nach 12, 1—14. 13, 1—6 erwartet man ihn nicht. Er wird
daher, nach einer auch bei älteren Propheten sich finden-
den Manier, an die Spitze der ganzen Weissagung gestellt
14, 1: „Siehe ein Tag kommt Jahve, da wird in dir deine
Beute vertheilt.* Von v. 2 an erzählt dann der Prophet
den Hergang gemäls der Aufeinanderfolge der einzelnen
Ereignisse. Jahve sammelt alle Heiden gegen Jerusalem.
Sie erobern die Stadt, plündern die Häuser, schänden die
Frauen, deportiren die Hälfte seiner Bewohner. Um den
Rest zu retten erscheint Jahve zum Streite wider die Heiden.
Seine Fülse treten auf den Oclberg'). Da spaltet sich
dieser unter ihnen. Indem die Hälfte des Berges nach
Norden die andere nach Süden zurückweicht bildet sich
ein weites von Westen nach Osten verlaufendes Thal, ir
welches die noch übrigen Bewohner Jerusalems fliehen
') Der Zusats Dam Day NH~OY ge zeigt, dafs Deutero
zacharja kein Jerusalemer ist. Die Rolle, welche nach c. 12 und 1:
die Juden von Judäa spielen, wie namentlich 12, 7 ff., weisen darau
hin, dafs er vielmehr ein Judäer vom Lande war.
=? = 2 .-
ee A EEE ef —
BE
Analyse des Inhalts von c. 14. 37
Hierauf schreitet Jahve begleitet von allen Heiligen zum
Kampfe 14, 2—5.
Nun erfahren wir aber zunächst den weiteren Verlauf
dieses Kampfes noch nicht. Vielmehr schildert der Verf.
zuvor v. 6. 7 diesen Tag als einen lichtlosen !); nicht Tag
noch Nacht ist es, erst gegen Abend wird es hell. Dann
erzählt er weiter v. 8—11 die beglückenden Folgen, welche
der Tag Jahves für das heilige Land haben wird. Leben-
dige, immer fliefsende Wasser werden von Jerusalem aus-
gehen und zur Hälfte ins todte, zur Hälfte ins mittellän-
dische Meer fliesen. Jenes Tages wird Jahve König sein
über das ganze Land *), jenes Tages wird Jahve einer
sein und sein Name einer. Das ganze Land wird sich vor
Jerusalem zu einer Ebene wandeln, Jerusalem aber an
seiner hohen Stelle sitzen bleiben und in alter Ausdehnung
wieder aufgebaut werden. In ihm wird man wohnen, kein
Bann wird mehr sein und Jerusalem wird sicher sitzen.
Nun erst erfahren wir den Hergang der vor Eintritt
dieser seligen Zustände erfolgenden Ueberwindung der
Heidenwelt in 14, 12—15. Der Bericht schiebt sich der-
gestalt zwischen die Schilderung der mit Anbruch des
In PROD? Np" liegt eine offenbare Verderbnifs vor. LXX
zal wy xal xdyoc. Trg. phy (1. Ny) “Wy Ped. Ipeyo bee
weisen auf eine Lesart wie )'e@P) An) welcher ja auch das Kerf
entspricht. Allein man begreift hier die Erwähnung von Kälte und
Hagel nicht, erwartet vielmehr, dafs erwähnt werde, dafs auch die
Berne nicht scheinen. Es soll ja weder Tag noch Nacht sein. Diesen
Sinn gewinnt man durch die Punctation (ARP?) PREP’ nM: Allein
darin fehlt 1) die Copula vor MID Aufserdem stöfst man sich 2) an
der Incongruens von Subject und Prädicat.
*) In Anbetracht der Auslegung, welche v. 9 in v. 16 ff. erfährt,
könnte man sich versucht fühlen, Yan mit Erde su übersetzen.
Allein der Zusammenhang zeigt, dafs hier vorerst nur von denjenigen
Veränderungen die Rede ist, welche der Anbruch des Gottesreiches
im heiligen Lande sur Folge hat.
38 Stade, Deuterozacharja.
Gottesreiches eintretenden Veränderungen ein, dafs er die
Schilderung der im Lande eintretenden von der Schilde-
rung der in der Heidenwelt eintretenden trennt. Es ist
das, nachdem der Verf. in v.8 den naturgemiifsen Faden
der Erzählung hat fallen lassen, nun nöthig geworden.
Denn die Ueberwindung der zur Zerstörung der heiligen
Stadt ausgezogenen Heiden muls erzählt werden, ehe ihre
Aufnahme in das Gottesreich berichtet werden kann.
So wird denn eine Seuche die Heidenvölker, welche soeben
Jerusalem erobert haben, plagen. Bei lebendigem Leibe
verfaulen ihnen die Glieder. Ein Gottesschrecken wird
unter sie fahren, so dafs einer die Hand wider den andern
erhebt. Auch Juda wird in !) Jerusalem kämpfen und die
Schätze aller Völker ringsum sammeln ?), Gold und Silber
und Gewänder in Menge. Auch das im Lager der Heiden
befindliche Vieh wird von einer Seuche befallen und ver-
nichtet werden.
Jetzt wendet sich der Verf. zur Beschreibung der-
jenigen Wirkungen, welche der Anbruch des Gottesreiches
auf die Heiden ausübt. Doch erhalten wir keine ausführ-
liche Schilderung. Nur einzelne Züge werden uns vorge-
führt. Von den Kindern der Zerstreuung schweigt der Verf.
zunächst in auffallender Weise. Er scheint vorauszusetzen,
dafs sie inzwischen in das heilige Land zurückgekehrt sind.
Von denjenigen Heiden aber, welche von jener Plage ver-
schont worden sind, weissagt er, dafs sie jährlich nach
Jerusalem pilgern, um den König Jahve der Heerschaaren
anzubeten und das Laubhüttenfest zu feiern. Sie erkennen
also gleichfalls das Königthum Jahves an, bekehren sich
zu ihm und ordnen ihr Leben nach seinen Geboten. Dafs
sie gerade zum Laubhüttenfeste pilgern bedeutet, dafs sie
1) v. 14 Ody 5, 8. hierliber die Ausführungen Köhler ’s.
2) Für MON] Y- 14 1. FDR) zal ovvdkeı, vgl. zu 12, 2.-
Analyse des Inhalts von o. 14. 39
m ihre Länder schmückenden Erntesegen von Jahve her-
iten. Wer aber von den Geschlechtern der Erde nicht
sch Jerusalem pilgert, dessen Land wird keinen Regen
md damit auch nicht den messianischen Erntesegen) er-
alten '). Den möglicherweise zu machenden Einwand,
als man aber auf diese Weise die Aegypter nicht zur
ährlichen Pilgerreise nach Jerusalem werde zwingen können,
la die Fruchtbarkeit ihres Landes nicht vom Regen ab-
linge, schneidet der Verf. mit der Weissagung ab, dafs
lie Aegypter, im Falle sie die Pilgerfahrt unterlassen
ollten, von Gott zur Strafe mit jener Plage geschlagen
werden sollen *), welche die Jerusalem belagernden Heiden
befallen wird.
Die ganz ausnchmende Heiligkeit aber, welche unter
der Gottesherrschaft das neue Jerusalem durchdringen soll,
schildert zum Schlusse seiner Weissagung der Verf. dahin,
dafs jenes Tages auch die Rosse Jahve heilig sein und auf
') Des Regens bedürfen die Länder der Heiden im Gegensatze zu
Jerusalem und Juda, welche jene immerfliefsende von Jerusalem aus-
gehende Quelle fruchtbar macht.
*) Die Lesart omby xD) v. 18, bei welcher Hy) ergänst zu
rerden pflegt, gibt keinen Sinn, denn Aegypten, welches Regen weder
at noch braucht, kann nicht mit Entziehung desselben gestraft werden.
Jafs hier der Prophet an die das Steigen des Niles veranlassenden tro-
ischen Regengüsse gedacht oder auch nur von denselben etwas ge-
rafst habe, ist mehr als unwahrscheinlich. Dagegen ergibt sich, dafs
nsere Stelle verdorben ist, auch daraus noch, dafs das Folgende pq
. 18 sich nicht anschliefst. Man begreift überhaupt nicht, wozu
och von einer Plage die Rede ist, wenn doch auch Aegypten in
leicher Weise durch Entziehung des Regens gestraft werden soll.
XX, Ped. sind im Rechte, wenn sie xb nicht lesen und Hy mit
„rn verbinden. Das Eindringen der Negation ist dadurch ver-
ulafst worden, dafs man den Fortschritt der Gedanken nicht begriff
od meinte, es solle an Aegypten nur exemplificirt werden. Trgm
Ift sich durch die Paraphrase yın 11799 DI 019") PO" 179 ND)
pop 53 m MOT RAND.
u
40 Stade, Deuterozacharja.
ihren Schellen die Aufschrift „Jahve heilig“ tragen werden, —
Die Kochtöpfe im Tempel werden so heilig sein, wie
Opferschalen auf dem Altare. Alle Kochtöpfe in
salem und Juda !) werden Jahve der Heerschaaren
sein. Die Opfernden werden von ihnen nehmen und
ihnen kochen und wird jenes Tages kein Kananier
sein im Tempel Jahves d. h. keiner, welcher durch V
schacherung von neuen, ungebrauchten Gefälsen an
zum Tempel Kommenden sich bereichert.
Wir haben hiermit einen Ueberblick über den Ge
dankeninhalt von Za. 9—14 gewonnen. Allein wir können
doch noch nicht zu einer Untersuchung darüber fortschreiten,
auf welche Zeit derselbe zu deuten ist. Es wird nach des
8.10 ff. entwickelten Grundsätzen erst zu untersuchen sein,
was von diesem Inhalte mit Deuterozacharja neu auftritt
und was er etwa mit andern Propheten theilt. Nur dam
erste wird zur Bestimmung seiner Zeit direct benuts&
werden können. Indirect aber wird auch die Ermittelung-
der Deuterozacharja nicht eigenthümlichen, etwa von anderrm
i)
1) Man beachte, wie sich hier Juda in einem ganz Gufserlicheam
Zuge an Jerusalem anhängt. Trotzdem Deuterozacharja 12, 7 gegamm
die Ueberhebung der Jerusalemer über Juda polemisirt, kann er sie
doch von dem Zuge der Zeit, Juda als heilige Stadt der ganzen Glam-
bensgemeinschaft auf eine von Juda nicht zu erreichende. Höhe sua
heben, nicht frei machen. Auch ihm, dem Nichtjerusalemer, ist Juda
nur die Umgebung der Reichshauptstadt, welche an Bedeutung ver-
liert, sobald jene zum Mittelpunkte der Welt wird. Schon hier sei
darauf hingewiesen, dafs Juda in dem messianischen Zukunftsbilde von
c. 12—14 keine rechte Rolle spielt. Erscheint es erst als Schweif im
Gefolge der Heiden, so jetzt in dem Jerusalems. Dals es Jerusalem
hilft und die Beute der Heiden erbeutet, ist alles was ihm sur Aus
zeichnung gesagt wird. Der Helfer Jerusalems aber wird an inner
licher Bedeutung wie auch äufserlich 14, 10 von letzterem durchaus
überragt. Aus ihm werden dabei die Gitzen und Propheten ausge
Jerusalem.
rottet 13, 2 ff. Auch bei unserem Verf. dient Juda nur als Folie für %
”
Das Verhältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 41
Propheten entlehnten, Gedanken für die letztere Aufgabe
von gröfstem Werthe sein, da sie uns vielleicht den Be-
weis liefern kann, dafs Deuterozacharja jünger als bestimmte
andere Propheten ist !).
I. Untersuchung des Verhältnisses, in welchem
der Inhalt Deuterozacharjas zu der übrigen
a. t. Weissagung steht.
A. c. 9. 10.
Wir stellen das Resultat unserer Untersuchung als
These voran : Der gesammte Habitus der Weissagung
Za. 9.10 ist im Allgemeinen nachezechielisch, im Besonderen
nachexilisch.
Wir mufsten es auf S. 23 f. unentschieden lassen, in
welchem Verhältnisse die Besiegung der Söhne der Griechen
9, 13 zu der Demüthigung Assurs und Aegyptens 10, 11
steht. Mögen nun beide Verse ein und dasselbe Ereignils
weissagen, oder mag, was uns wahrscheinlicher war, die
Ueberwindung der Griechensöhne später fallen als die Assurs
und Aegyptens und einen letzten vergeblichen Ansturm der
*) Der Gedankenumfang der Weissagungen Deuterozacharjas deckt
sich, vielmehr mit dem der jüdischen Apocalyptik als mit dem der
Prophetie. Besonders frappant ist die Aehnlichkeit mit Or ac. Sibyll.
IN, 652—794, vgl. Schtirer, neutestamentliche Zeitgeschichte. Lpzg.
1874. 8. 567 f. Es genügt diesen Punkt hier zu streifen. Er ist bei
Bestimmung der Abfassungszeit zwar nicht zu übersehen, aber doch
nicht von entscheidender Bedeutung. Es gilt zudem zunächst den
terminus zu finden, post quem Deuterozacharja geschrieben haben muls.
Auf die mannigfachen Berührungen zwischen ihm und nachexilischem,
selbst spät jüdischem Schriftthume werden wir in Abschnitt 8 noch
zurückkommen.
42 Stade, Deuterozacharja.
Heidenwelt vorstellen, so haben wir hier jedenfalls einen §
nachezechielischen Zug. Denn wenn nach 9, 12 nicht nur #
Juda sondern auch Ephraim eine Waffe in Jahves Hand §
zur Ueberwindung der Griechensthne ist, so ergibt sich,
dafs die endgültige Ueberwindung der Weltmacht erst nach ¢
der Heimkehr Ephraims geschieht. Gott erscheint erst in;
seinem Lande, nimmt es in Besitz und bewirkt Ephraims ;
Heimkehr. Letztere vermittelt die Besiegung. In der vor-
ezechielischen Weissagung ist es gerade umgekehrt. Die :
endgültige Ueberwindung der Feinde Judas ermöglicht die
Heimkehr der Zerstreuten !). Indem Gott den das zuge
billigte Maafs überschreitenden Feind in die Hände seines
Volkes gibt oder selbst gegen ihn einschreitet, bricht un-
mittelbar die messianische Zeit an. Keinerlei vermittelnde
Ereignisse schieben sich dazwischen *). Ja in der vorjere-
mianischen Weissagung spielt die Heimführung Ephraims
überhaupt keine Rolle. In Stellen wie Mi. 4,6. Nah. 2, 1—3.
Zeph., 3, 8—20 ist kaum an sie gedacht. Für die Judäer
bis auf Josia fällt, wie die Erzählung 2 Kö. 23 beweist,
die Katastrophe des Nordreiches vom Jahre 722 durchaus
nicht unter den Gesichtspunkt einer Zerstreuung der Nord-
‘stimme und Hinwegtilgung derselben aus ihrem Lande,
sondern unter den eines Unterganges des nationalen König-
thumes und des Verlustes der Selbständigkeit. Nur ein
Theil des Volkes ist ja überhaupt weggeführt worden, ein
weit grifserer in den assyrischen Kriegen umgekommen,
ein grofser aber im Lande sitzen geblieben. Diese sind
immer noch die alten Stämme, nur dafs über sie ein assy-
rischer Vasall als König herrscht. Diese Anschauungen er-
leiden erst eine Aenderung infolge der deuteronomischen Be-
wegung und, wiewohl die Einwirkungdieses zweiten Umstandes
ee a DE ln. m.
') Mi. 4, 6 ff Nah. 2, 1—8. Zeph. 8, 8—20.
*) Vgl. Jes. 9, 1 ff. 10, 5—11, 16. 30, 27 ff. 81, 4—9. 88, 1 ff. 87.
80—35. Micha 5, 2—14. Nah. 2, 1—8.
Das Verbältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 43
kleiner ist, infolge der’ sich verbreitenden Ueberzeugung,
dafs auch Judas Untergang vor der Thür steht. Gleiches
Unglück pflegt auch sonst Entfremdete wieder zu ver-
anen !). Jetzt rückt der Untergang des nationalen König-
thums, die Deportation der besten Stände des Volkes unter
den Gesichtspunkt einer Strafe für den Bruch des mit
Gott geschlossenen Bundes, einer Strafe, welche auch Juda
treffen wird, da es sich nicht bekehrt. Jetzt ist kein
Grund mehr vorhanden, hochmüthig auf den von Gott ge-
straften Joseph herabzusehen. Und die Verheilsung der
Propheten, dafs Gott sein Volk dennoch retten wird, wenn
es sich bekehrt, gilt jetst auch diesem. Wie allen
Stämmen die göttlichen Verheifsungen zu Theil geworden
and, wie Gott ganz Israel aus Aegypten geführt, alle
Stämme seinem Knechte David zum Reiche übergeben
hat, so wird er auch sie alle heimführen, mit ihnen einen
neuen Bund schliefsen, auf dafs sie alle in Zion ihren
Mittelpunkt haben und Davids Haus über sie herrsche.
Daher treten für Jeremia das Haus Israel und das
Haus Juda beständig in Parallele 3, 8. 5, 11. 7, 15. 13, 11.
23,1—8; ja es beginnt Israel überhaupt bei ihm erst eine Rolle
zu spielen. Er ist der erste, welcher mit dürren Worten
Ephraims Heimkehr und Wiederherstellung verkündet3, 11 ff.
(23, 8); und wiesehr diese Gestaltung des jeremianischen Zu-
kunftsbildes abhingig ist von den deuteronomischen Ideen
lehren diejenigen Stellen, an welchen er am ausführlichsten
davon handelt : c. 11, 1—11. c. 30. 31. c. 33, 6 ff.
Ist also schon aus der grofsen Rolle, welche Ephraims
Heimführung in Za. c. 9. 10 spielt, ganz im Gegensatze
zu der landläufigen Kritik zu schliefsen, dafs dieser Ab-
schnitt der Prophetie der assyrischen Zeit, überhaupt der
!) Zu voller Wirkung kam dieser Umstand erst, nachdem auch
Juda exilirt und damit Joseph gleichgestellt worden war.
44 Stade, Deuterosacharja.
vorjeremianischen nicht angehören kann, so ist noch leichter
zu zeigen, dafs die Vorstellung von einem nach Ephraims
Heimführung d. h. nach Wiederherstellung des gesammten
Bundesvolkes erfochtenen Siege über die Heiden, durch
welchen erst das messianische Reich endgültig begründet
wird, erst mit Ezechiel aufgetreten ist.
In jenen oben erwähnten Weissagungen Jeremias fällt
mit der Wiederherstellung Ephraims und Judas der An-
bruch der neuen Zeit zusammen. Diese Weissagungen sind
vor der Katastrophe Jerusalems und des Tempels gehalten
worden. Ganz anders aber urtheilt über diesen Punkt
Ezechiel in den nach dieser letzteren geschriebenen Theilen
seines Buches. Verzeiht nach Jeremia (31, 15—22) Gott
Ephraim, weil es zur Einsicht seiner Sünden gekommen
ist und sie reuig bekennt, so spitzt Ezechiel in seiner Aus-
führung von der Schöpfung des neuen Israels durch Gott
_c. 33—39 den jeremianischen Gedanken, dafs Gott seinem
Volke liebevoll entgegenkommen werde, dahin zu, dafs er
sein Volk, wiewohl es dies durch keine Herzensänderung
verdient hat, der Gewalt der Feinde entreifsen, ihm sein
Land zurückgeben, ihm die Sünden verzeihen und ein neues
reines Herz verleihen werde. Nicht um des Volkes willen
geschieht es also, vielmehr um Gottes selbst willen, dessen
Namen seit Jerusalems und des Tempels Zerstörung unter
den Heiden mifsachtet ist). Um die Heiden von seiner
Macht zu überzeugen, wendet er die Geschicke des Volkes.
Aber damit, dafs Israel wieder in seinem Lande wohnt,
hat für Ezechiel Gott den Heiden noch nicht den unwider-
leglichen Beweis geführt, dafs Jerusalem und der Tempel
nur um deswillen in den Staub gesunken sind, weil Jahve
dies als Strafe für die Sünden seines Volkes verhängt hat.
Dafs Jahve selbst Israel in die Hand der Feinde gab,
werden die Heiden erst recht erkennen, nachdem Gott die
!) Vgl. Smend's Ausführungen zu Ez. 38—39.
Des Verkältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 45
gen die heilige Stadt anstiirmenden Schaaren Gogs ver-
htet haben wird. Durch Gogs Ansturm ist von neuem
s Volk in die Gefahr des Unterganges versetzt worden,
e zur Zeit seiner Bewältigung durch die Chaldäer. Und
rar ist die Grefahr des Unterganges viel grölser, denn
cht das einzelne Volk der Chaldäer sondern Völker von
len Enden der Erde her haben sich aufgemacht, um
ider Gottes Volk zu streiten. Vermag Gott in dieser
hlimmsten Gefahr sein Volk zu retten, so ist damit er-
esen, dals er es auch in der kleineren Gefahr, welcher
| einst erlegen ist, hätte retten können, wenn er gewollt
itte. Damit ist Gottes geschädigte Ehre aufs glänzendste
ieder hergestellt.
Der Umstand, dafs Ezechiel nach Israels Wiederher-
tllang einen endgültigen Sieg über die Heidenwelt er-
artet, erklärt sich sonach lediglich aus der Stellung,
reiche Ezechiel zu der Katastrophe Jerusalems und des
‘anpels einnimmt. Sie ist abhängig von dem ihn beherr-
chenden und daher auch c. 39 schliefsenden Gedanken,
als Gottes Ehre dadurch geschädigt worden ist und durch
nen glänzenden Erweis seiner Macht wiederhergestellt
erden mufs. Diese Voraussetzungen fehlen bei Deutero-
wharja gänzlich. Nichts konnte ihn hindern, die Heim-
thr Ephraims als Folge der Besiegung der Griechensöhne
ıfzufassen. Indem er sich in so äufserlicher Weise ohne
ırch einen inneren Grund gezwungen zu sein in der Auf-
nanderfolge seiner Erwartungen an Ezechiel anschliefst,
weist er seine Abhängigkeit von letzterem.
Weiter aber mufs zwischen Ezechiel und Deutero-
charja das Exil liegen. Für Ezechiel handelt es sich um
Tiederherstellung des Hauses Israel unter einem Könige
ırch gemeinsame Zurückführung und Vereinigung Judas
id Josephs. Beide haben genau das gleiche Geschick,
ie sie jetzt im gleichen Unglücke schmachten. Für Deu-
rozacharja aber handelt es sich um Befreiung Ephraims
46 Stade, Deuterosacharje.
durch Juda. Juda sitzt also im Lande und zwar nicht
noch im Lande, sondern wieder im Lande, da die Weis-
sagung, wie eben bewiesen, jünger als Ezechiel ist.
Sonach erweist schon eine allgemeine Vergleichung
des Inhaltes von Za. 9. 10, dafs dieser Abschnitt nicht
nur nachezechielisch, sondern auch nachexilisch ist. Noch
präcisere Resultate gewährt eine Vergleichung der ein-
zelnen Theile dieses Abschnittes mit den übrigen prophe-
tischen Schriften. Sie lehrt nicht nur, dafs Deuterozacharja
in c. 9. 10 bestimmte jeremianische und ezechielische W eis-
sagungen wieder aufnimmt, sondern zeigt, dafs er im Ge-
danken und noch weit mehr im Ausdrucke fast Vers für
Vers von älteren Propheten abhängig ist. Diese Capitel
sind eine Mosaik, in welcher bestimmt nachweisbare ältere
Stellen die in den Mörtel eingelassenen Steine bilden.
Losgerissen aus ihrer Umgebung und in eine neue, viel.
fach nicht naturgemifse gebracht, zeugen sie überall laut
und lebhaft gegen den, welcher aus alten Trümmern einen
Neubau schichtete.
Den Manipulationen des Verf. werden wir am sichersten
folgen, wenn wir c. 9. 10 in kleinere Abschnitte zerlegen.
Es wird das die Untersuchung wesentlich erleichtern.
a. © 9, 1—8.
Diesen Abschnitt baute der Verf. auf Grund der Stelle
Am. 1, in deren Darstellung er jedoch Entlehnungen aus
verschiedenen andern Stellen der Propheten einflocht. Am. 1
wie hier beginnt die Weissagung mit einer Bedrohung der
Stadt und des Landes Damaskus. Aber während Amos
keine geographische Ordnung einhält, vielmehr auf Da-
maskus folgen läfst Philistäa, dann Tyros, hierauf Edom,
Ammon und in c. 2 weiter Moab, Juda, Israel, schweigt
Deuterozacharja von Edom, Ammon, Moab, Israel ganz,
läfst auf Damaskus zunächst Hamath, dann Sidon und
Das Verbältn. Deuterosacharjas s. d. übrigen a. t. Weissagung. 47
Tyros und hierauf erst Philistiia folgen. Auch ist insofern
der Inhalt von Za. 9, 1—8 ein anderer, als den genannten
Ländern nicht nur Kriegsunglück angedroht, sondern zugleich
ihre Besitznahme durch Jahve angekündigt wird. Damit
hängt zusammen, dafs Juda nicht bedroht wird, sondern
die Verheilsung besondern göttlichen Schutzes empfängt.
Sonach erwartet Deuterozacharja einen Kriegszug, welcher
von Nordosten herginbricht, während Amos den Nach-
barvölkern Israels wie diesem selbst Gottes Zorn ankündigt,
ohne an einen bestimmten Kriegszug zu denken, welcher
sie etwa gleichzeitig verwüstete.
Deuterozacharja bringt aber nicht nur die bei Amos
entlehnte Scenerie in anderm Zusammenhange und anderer
Anordnung, er ändert auch die von letzterem ausge-
ß enen Drohungen im Einzelnen ab. Am. 1, 9. 10
sagt :
Also sprach Jahve : ob der drei Sünden von Tyros
Und ob der vier will ich es nicht zurücknehmen,
Weil sie auslieferten eine vollzählige Gefangenenschaar an Edom
Und des Bruderbundes nicht gedachten,
So will ich Feuer senden an Tyros’ Mauer,
Dafs es seine Paläste fresse.
Dagegen lesen wir Za. 9, 2 —4:
Tyros und Sidon, denn es ist sehr weise,
Und es baute sich Tyros eine Burg,
Und häufte sich Silber wie Staub
Und Gold wie Gassenkoth.
Siehe der Herr wird sie einnehmen lassen.
Auf dem Meere schlägt er ihre Macht (5979).
Sie aber wird mit Feuer verbrannt werden.
Doch ist dasjenige, was Deuterozacharja abweichend
von Amos über Tyros und Sidon verkündet, durchaus
nicht ganz sein geistiges Eigenthum. Er ist nicht von
selbst auf diese Züge der Beschreibung verfallen. Viel-
mehr characterisirt er beide auf Grund der Schilderung,
welche er Ez. 28 von Tyros fand. Zu der Hervorhebung
48 Stade, Deuterosacharja.
der Weisheit und des Reichthums von Tyros ward er an- }
geregt durch v. 3. 4 jenes Abschnittes :
Siehe, du bist weiser als Daniel,
Nichts Verborgenes entgeht Dir.
Durch deine Weisheit und Klugheit erwarbst du dir Vermögen (9),
Erwarbst Gold und Silber in deinen Schatshäusern
Durch deiner Weisheit Fülle, durch deinen Handel machtest du großs
dein Vermögen (5179),
Da blähte sich dein Herz ob deines Vermögens.
Wenn jedoch Deuterozacharja dem nach Ez. 28, 3. 4
als weise beschriebenen Tyros androht, dafs seine Macht
auf dem Meere geschlagen werden soll, so hat ihm hierba
die Drohung Ez. 28, 8 vorgeschwebt :
Und du stirbst den Tod Erschlagener im Herzen des Meeres.
Er gebraucht dabei das ihm durch Ez. 28, 3. 4 an die
Hand gegebene Yırj, welches dort Vermögen bedeutet, in
der Bedeutung Macht, ohne Zweifel um bei dem mit Ez. 28
vertrauten Leser den Eindruck eines Wortspieles hervor-
zurufen.
Auch, dafs er abweichend von Amos Sidon an Tyros
angegliedert hat, war ihm durch Ez. 28, 20-23 an die
Hand gegeben. Aber während Ezechiel eine besondere
Drohung gegen Sidon ausstöfst, nennt Deuterozacharja das-
selbe nur beiläufig mit; ja es wird nicht einmal das zu
behaupten sein, dafs er das von Tyros Ausgesagte mit auf
Sidon bezogen haben wolle. Vielleicht darf man daraus
schliefsen, dafs Sidon zu seiner Zeit eine sehr bescheidene,
hinter der von Tyros erheblich zurückstehende Rolle spielte,
So bleibt denn, da die Verzehrung durch Feuer stehende
Drohung bei Amos ist, als geistiges Eigenthum Deutero-
zacharjas an diesem Abschnitte nur übrig einmal de
Grundgedanke, dafs Gott diese Heidenländer in Besits
nimmt, dann der Vergleich der von Tyros gesammelten
Schätze mit Staub und Gassenkoth, endlich aber der Aus-
druck 9 is is Jam, welcher zugleich eine Paronomasie
| ——
Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 9. 49
(ex) und einen Doppelsinn (isn 1. Veste, 2. Belage-
rung) enthält.
Desto genauer hält sich nun Deuterozacharja bei der
Bedrohung Philistäas v. 5—7 an die Grundstelle bei Am.
1, 6-8. Eigenthümlich ist ihm die Verknüpfung mit dem
vorhergehenden, nämlich der Gedanke v. b*, dafs Philistäa
ob des über Phönicien gekommenen Unwetters, welches
sich jetzt weiter südwärts zu wälzen droht, erschrickt !).
Können wir ihm nun auch den Ausdruck dieses Gedankens
vom Wortspiele x) opwe xım an bis auf jf py) als
Eigenthum zuerkennen, so wird doch bei 939 WRN?
eine Reminiscenz an Jes. 20, 5 vorliegen. Denn ein 920
Ekrons ist vorher nirgends genannt worden, auch nach
Lage der Sache eine derartige Nennung nicht zu erwarten.
Weiter aber stellen v. 5°—7 nur eine eigenthtimliche Um-
bildung und Neuanordnung der Gedanken von Am. I, 7. 8
vor. Eine Gegenüberstellung beider Stellen belehrt sofort
über das hierbei von Deuterozacharja eingeschlagene Ver-
fahren.
Am. 1, 7. 8. Za. 9, 6°—7.
mu npina we mar mye dy IH
OHR TOR,
az a A en 8 Topp
IPPY RY 037 yoin Mapa TPP 27
DMB ad AN)
b
") Geringes Gewicht lege ich darauf, dafs sowohl Amos als Deutero-
racharja von den Städten der philistäischen Pentapolis nur die vier :
Gasa, Asdod, Askalon, Ekron aufzählt, von Gath aber schweigt. Da
auch Zeph. 3, 4. Jer. 25, 20 also verfahren, so könnte man daraus
schliefsen, dafs Gath damals nicht mehr oder doch nicht mehr als
philistäische Stadt bestand. Bei der Natur des Verhältnisses, welches
zwischen Deuterozacharja und der tbrigen a. t. Weissagung besteht,
ist es mir jedoch nicht zweifelhaft, dafs er Gath nur deshalb nicht
nennt, weil er es an jenen Stellen nicht vorfand.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 4
50 . Stade, Deuterosacharja.
Mp oy My How ren 797 THO
ern
DAYS ONY NT WORD RNTTOE WPT]
noRa MEN
Beide Stellen beginnen mit Gaza, schliefsen mit Ekron.
Dagegen hat Deuterozacharja die Reihenfolge Asdod, As-
kalon vertauscht. Ebenso hat er das von Amos über die
einzelnen Städte Ausgesagte je auf andere übertragen.
Seine Weissagung YY 799 2 ist aus DIY main (TEN)
open bei Amos geflossen ') und eben deshalb, was zu
beachten wichtig ist, für die Bestimmung der Abfassungs-
zeit des Orakels werthlos *). Umgekehrt droht Deutero-
zacharja das Am. 1, 7 der Stadt Gaza Angedrohte seiner-
seits v. 6* der Stadt Askalon. Für Asdod findet sich bei
beiden die gleiche Drohung, denn das : „es soll der Mamser
in Asdod wohnen“ ist nur die Positive der Negative bei
Amos : „ich will die Bewohner aus Asdod ausrotten.* Dem
von Amos gleichfalls bedrohten Ekron jedoch wird vom
Verf. keine Drohung zugerufen, vielmehr ihm freundliche
Aufnahme in Juda verheifsen. Dieses auf den ersten Blick
sehr befremdliche Verhiltnifs aber erklärt sich völlig aus
dem Umstande, dafs der Verf. den Schlufs der Drohung
ı) Vgl. auch Am. 2, 2. 8.
*) Es ist daher durchaus unnöthig, sich mit Köhler, Nach-
exilische Propheten, 8. 8. 29 Anm. darauf zu berufen, dafs Hogesias
von Magnesia (Arrian ed. Dibner 2, 8. 142) in derSchilderung der Er-
oberung Gazas durchAlexander erzählt, Leonnatos und Philotas hätten den
Baordevc Gazas gefangen genommen. Abgesehen davon, dafs dem die
übrigen Nachrichten auf's Bestimmteste widersprechen und jenes Baccievc
aus einer Verderbnifs der Stelle erklärt werden kann, s. Droysen, J.G.,
Geschichte des Hellenismus I, 1*8. 298, ist Hegesias ein höchst bedenklicher
Zeuge. Ueber seinen Leumund als Historiker vgl. A. Gellius, attische
Nächte, 9, 4. Droysen, a. a. O. 8. 801.
ee en
Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 9. 51
des Amos ovny/p Mey TDN) in noch näherzu erläuternder
Weise umdentet.
Es ist diese Umdeutung der Drohung des Amos, und
wir stofsen hier abermals auf eine sich immer wieder-
holende Eigenthümlichkeit der Schriftstellerei unsers Ver-
fassers, abhängig von dem Einflusse anderer Schriftsteller,
und zwar zunächst von Jer. 25, 20 mırnm ype ny)
ap med na) py hay. In den Gedanken des Verf.
hat sich dem O'MYIH mw? des Amos der IWR NY
des Jeremias untergeschoben. Doch das betrifft nur das
Aeufserliche. Ihm eigen ist die der Meinung des Amos wie
Jeremias widersprechende Umbiegung des Gedankens, dafs
der Rest von Asdod nicht ausgerottet wird, sondern ein Jahve
heiliger Rest sein soll. Dies besagen die Worte "2
urd ammo. Sonach überträgt Deuterozacharja auf jene
Philister dasjenige, was die ältern Propheten, insonderheit
Jesaias, von dem das Gericht Jahves bestehenden Reste
Israels erwarten. Für ihn kommen nicht die Philister
überhaupt um, sondern es gehen nur einzelne ihrer Städte
sa Grunde und damit auch ihr Hochmuth. Dies aber
drückt er mit dem bei Amos vorgefundenen Mm aus.
‚ In Uebrigen beginnt er wie Amos mit Yıiayim so seiner-
. mits mit 479M), stellt aber 277 an das Ende. Dafs er
als Bedingung dafür, dals die im Gerichte behaltenen Be-
wohner Asdods, welchen er am Schlusse die Ekroniten bei-
geellt, eine Gott heilige nm werden sollen, ihre Bekeh-
rung hinstellt, ist selbstverstiindlich. Characteristisch aber
ist es für den Verf., daß er an ihrem Götzenopferfleisch
Anstofs nimmt und nicht die Asdodäer selbst, sondern den
dort künftig wohnenden Mamzer in die Gemeinde kommen
läßst ').
ı) Nach dem vorliegenden Befunde ist Hengstenberg völlig im
Unrechte, wenn er Christologie 8, 1° 8. 846 behauptet : „Zacharja
4*
52 Stade, Deuterosacharja.
Weshalb Deuterozacharja eine Verheifsung für Jude!
bringt, sahen wir bereits. Wenn er aber Gott sich als
schützenden Wall um Jerusalem lagern lälst, so spielt ®.
an auf die Weissagung Jes. 29, 3 may Toy WD mp
ayo 7'2y. Was dereinst zur Zuchtigung der Stadt verheifsen
wurde, erfüllt sich dann zu ihrem Heile. Seine nächste Ans
logie aber hat dieser von Deuterozacharja hier ausge-
sprochene Heilsgedanke an der exilischen und nachexilischen
Weissagung. Jes. 52, 1 : Denn nicht mehr werden ferner
: Umbeschnittene und Unreine dich betreten. Joel 4, 17:
Jerusalem aber wird haslig sein und Fremde nicht mehr in
dasselbe dringen. Aber auch zu diesen Gedankenreihen hat
Ezechiel den Anstofs gegeben, vgl.44,9 : So spricht Herr
Jahve : kein Fremder unbeschnittenen Herzens und wnbe-
schnittenen Fleisches soll mehr in mein Heiligthum kommen
u. & W.
b. 9, 9—10, 2.
In diesem Abschnitte verhält sich der Verf. wesentlich
selbständiger als im vorhergehenden. Doch verräth sich
auch hier an zahlreichen Stellen Bezugnahme auf jeremis-
nische, ezechielische und deuterojesajanische Ideen. Ds
neben sind Anspielungen auf Micha, sowie auf Stellen de
Pentateuches und des Samuelisbuches glaubhaft zu machen.
Wesentlich beeinflufst worden ist zunächst der Verf.
durch den Abschnitt Jes. 61—63. Auch seine Aufgabe ist
es ja : Gefangenen Freilassung anzukündigen und Gebwr-
denen Kerkersöffnung, ein Gnadenjahr von Jahve ansukin-
digen und einen Rachetag von unserm Gotte, alle Traurige
zu trösten, zu reichen Zions Traurigen, zu geben einen
Oe
schliefst sich hier zunächst an Jeremias an, das letzte Glied in der
prophetischen Kette, in das er einzugreifen hatte.“
Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. c.9. 63
Kopfschmuck statt der Asche, Freudenöl statt Trauer, Ruhmes-
mküllung statt matten Geistes u. 8. w. Jes. 61, 1—3 vgl.
wach 42, 7. Nach seiner Methode stellt auch hier Deutero-
mcharja den Schluß und Gipfel seiner Weissagung mit
%, 9 voran. Er hat ihn geformt nach Jes. 62, 11 ox
a Aer mF Wy-ma>. Doch ist der Gedanke selbst Wie-
deraufmahme der jeremianischen Weissagung vom Mmpy
8, 5. 6 : Siehe Tage kommen, Ausspruch Jahves, YWionT
O2: RR TRIN OPYD Nyy aig aye eA pas mag TP
nah py been pm yyy Nur bringt Deuterozacharja
dadurch einen neuen Zug hinzu, dafs er den Messias als
pag durch den von ihm mit Gottes Hülfe über den Feind
erfochtenen Sieg erwiesen werden läfst. Die Veranlassung
sa dieser Umbiegung war vielleicht Reminiscenz an die
beiden Stellen Jes. 61, 10 yoy as Syn vera yyrpon
md 45, 21 pins EN
Dafs dieser messianische König aber ‘yy sein und auf
enem Esel reiten soll, halte ich im Hinblick auf 12, 7 für
ane recht bezeichnende Umbiegung der Weissagungen
Jer. 17, 25. 22, 4, dafs, wenn Davids Haus auf Gottes
Gebot hört, durch die Thore des königlichen Palastes
Davids Nachkommen beständig einziehen sollen sm Wagen
fahrend und zu Rols.
Dieser König ist, wie der eben besprochene Zug be-
weist, ein Friedenskönig. Er rottet daher in seinem Volke
die Kriegswerkzeuge aus, v. 10, deren es ja nach endgül-
tiger Ueberwindung der Heidenwelt nicht mehr bedarf.
Der Gedanke, daß in der messianischen Zeit die Werk-
seuge des Krieges überflüssig werden, ist ein alter. Er
findet sich schon bei einem der älteren Propheten der
assyrischen Zeit, an dessen Wort sowohl Jesaias als auch
Micha ein Orakel angeknüpft haben, Jes. 2, 4. Mi. 4, 1,
ferner Mi. 5, 9. Bei der durchgängigen Abhängigkeit
Deuterozacharjas von älteren Propheten wird man mit der
Meinung wohl nicht fehlgreifen, dals sein : „er wird
o-4 Stade, Deuterozacharja.
ausrotten die Wagen aus Ephraim und die Rosse aus Jeru- —
salem* auf einer Reminiscenz an jenes Wort Michas be |
ruht : „ich will ausrotten deine Rosse aus deiner Mitte und
deine Wagen vernichten.“ Wihrend aber Micha 5, 10 fort
fährt : „ich rotte aus die Städte deines Landes und reife ~.
ein alle deine Festungen“, so bietet dafür Deuterozacharja
einen andern Zug. Er fährt fort : es wird der Kriegsbogen
ausgerottet werden. Hat auch dieses Wort an jener oben-
genannten Stelle eines alten Propheten inhaltlich seinen
Vorgang, so wird man doch hier eine Beeinflussung De-
terozacharjas durch dieselbe nicht anzunehmen haben.
Denn derselbe deutet Michas Wort in einer auf seine Zeit
passenden Weise um. Da sein Volk aufser Jerusalem
keine festen Städte mehr hat, so mufs er es ebenso durch
etwas anderes ersetzen wie er Michas Wort von der Ab-
schaffung der Abgötterei und Zauberei weglassen mufs, da
diese Züge bei der nachezechielischen Gestalt seiner mes-
sianischen Erwartungen an diese Stelle nicht passen. Die-
selben wären vielmehr bei dem 10, 3 Geweissagten mit zu
bringen gewesen. Die Worte verrathen sich aber auch
durch die Form als Eigenthum Deuterozacharjas. Er ge
braucht einmal vom Bogen m3) mit Rücksicht auf das
vorausgehende M2", dann aber ist ihm der Ausdruck
mondo hwp eigenthümlich. Er findet sich aufser hier nur noch
10, 4. Es sieht fast danach aus, als habe der Verf. dar
. tiber reflectirt, dafs ja keine Veranlassung sei, den Jagdbogen
mit auszurotten.
Auch weiterhin noch verrathen sich die Worte De-
terozacharjas als Wiederaufnahme und Umdeutung der
Weissagung Michas. Denn die Weissagung, dafs der Me-
siaskönig den Heiden den Frieden vermitteln werde, ist
nur die erfreuliche Kehrseite der Drohung Michas 5, 14:
„ich übe in Zorn und Grimm Rache an den Völkern,
welche nicht hörten.“ Es ist nicht nöthig, dafs Israel über
ee
Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 9. 55
die Heiden falle wie der Thau oder der Junglöwe in die
Hürde, Mi. 5, 6—8, da sie sich freiwillig fügen ').
v. 11. 12 weissagt Deuterozacharja den im Auslande
befindlichen Gefangenen die Erlösung aus der Gefangen-
schaft um des Bundeshlutes willen. Er spielt an auf die
Stelle des Bundesbuches Ex. 24,3—8. In der Darstellung
der Gefangenschaft als einer Grube ohne Wasser kann
man eine Reminiscenz aus Jer. 38, 6 oder Gen. 37, 24
eblicken. Doch liegt es näher, an deuterojesajanische
Stellen wie 42, 7.22.61,1 zu denken. Denn dals sich Deu-
terosacharja hier im Gedankepkreise Deuterojesaias be-
wegt, ersehn wir aus der v. 12 den Gefangenen gegebenen
Verheifsung, dals ihnen jeder Tag der Gefangenschaft
doppelt gelohnt werden soll. Dieselbe hat zum Vorbilde
Jes. 61, 7 : „statt der Schande wird euch Doppeltes und
satt der Beschimpfung jubeln sie ob ihres Theiles, darum
werden ste Doppeltes in ihrem Lande in Besitz nehmen,
wige Freude wird ihnen sein.“ Verkiindet doch jener
Prophet gleich im Anfange seines Buches, dafs Jerusalem
Doppeltes für seine nun gebülsten Sünden empfängt 40, 2.
v. 14 ist interessant, weil in ihm zwei Vorstellungen
sussmmengeflossen sind. Nach der alten Sitte, den Ein-
bruch eines Feindes in das Land durch aufgestellte Paniere
und Posaunenschall zu melden, erscheinen beide häufig als
Signal der bevorstehenden Wendung oder des anbrechen-
den Strafgerichtes. Am. 3, 6. Jes. 18, 3. Hos. 5, 8. 8, 1.
Jer. 4, 5. 19. 21. 6, 1. 17. 51, 27. Ez. 33, 3. 4. Joel 2, 1.
Der Tag Jahves ist der "Pd Di‘ Zeph. 1,16. Wenn Gott
die Diaspora aus Assyrien und Aegypten sammelt, so wird
m die grofse Posaune gestofsen Jes. 27, 13. Ebenso
verbreitet ist die Vorstellung, dafs Gott mit Gebrüll zum
2) Die Worte YR “DON TY MD OY OD kehren wieder in
dem späten wy 72, 8. Ich vermag keinen Grund su finden, welcher
die Priorität von w 72, 8 erwiese.
56 Stade, Deuterozacharja.
Gerichte erscheint : Am. 1, 2. vgl. 3, 8. Hos. 11, 10:
Jes. 17, 13. 30, 30. 33, 3. 50, 2. Jer. 25, 30. Joel 2, 11. 4, 16,
wy 2,51). Sie geht zurück auf die alte, mythologische
Vorstellung, dafs der Donner Gottes Stimme, die Blitse
die von ihm nach seinen Feinden geschleuderten Pfeile
Jer. 10, 13. 51, 16. » 18, 8—16. 29, 3 ff. 77, 18 f. Hiob
37, 2 oder Speere sein Hab. 3, 10. 11. Verräth sich nun
schon dadurch der Verf. als Nachahmer, dafs er von Gott
Pfeile wie Blitze ausgehen läfst, so weiter durch die Ver-
schmelzung beider Bilder, so dafs nun der Donner als Po-
saunenschall erscheint. Zu letzterem konnte er dadurch
veranlafst werden, dafs Posaunenschall das Signal zum Be-
ginne der Schlacht gibt 1 Sa. 13, 3. 2 Sa. 2, 28. 18, 16.
(20, 1.22) und Jahve hier sein Volk zum Siege führt. Auch
Zeph. 1, 16. Jes. 27, 13 konnten ihm den Posaunenschall
an die Hand geben. Doch glaube ich, dafs der nächste
Grund zur Verschmelzung beider Bilder in einer Einwir-
kung der Stelle Ex. 19, 16—19 zu suchen ist. Dort
finden sich die beiden hier verschmolzenen Bilder getrennt
neben einander. Wie damals also Jahve über seinem am
Berge Sinai stehenden Volkeerschienen ist unter Donner und
Blitz, dichter Wolke und starkem Posaunenschall, so win
er nochmals über ihm erscheinen, um es zur Ueberwin-
dung der heidnischen Weltmacht zu führen. Daraus aber,
dafs dem Verf. die Erscheinung Jahves am Sinai vorge
schwebt hat, erklärt sich weiter, dafs er Gott auch hier
mn nnyo> einherschreiten lifst. Ri. 5, 4 f. Dt. 33, 2°).
In v. 15 befremdet nicht nur, dafs die siegreichen
Israeliten das Blut ihrer Feinde trinken sollen, sondern
dafs sie von ihm voll werden sollen wie die Opferschale,
wie die Ecken des Altares. Der letztere Vergleich erklärt
!) Weiteres s. de Isaise vaticiniis Aethiopicis, 8. 80 ff.
*) Dieser Sachverhalt zeugt gegen LXX éy odip dneuing adrou
Te rt 7,
Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 10. 57
sich nur daraus, dafs Deuterozacharja hier nach dem Vor-
bilde älterer Propheten Jes. 34,6. Zeph. 1,7. Jer. 46, 10.
Es. 21, 15 ff. 39, 17 ff. die Niederlage, welche. Gott unter
den Feinden anrichtet, als ein Opfer ansieht. Während
Es. 39, 17 ff. die Vögel des Himmels als Gäste zu Gottes
grofsem Opfer geladen werden, sind hier die Israeliten die
Gäste. Darin aber, dafs der Gedanke des Opfers nicht ausge-
sprochen, sondern nur auf ihn angespielt wird, verräth sich
Deuterozacharja deutlich als Nachahmer. v. 15 ist eben
nur für den voll verständlich, welchem aus den betreffenden
Stellen der Propheten die Darstellung des Gerichtes über
die Heiden unter dem Bilde eines Opfers geläufig ist.
Eigenthümlich ist dagegen dem Verf. der Vergleich
der von Israel niedergetretenen Feinde mit Schleuder-
steinen. Damit hängt zusammen, dafs v. 16 die Israeliten
mit Kronensteinen verglichen werden, während sie Jes. 62, 3
mit einer prächtigen Krone und einem königlichen Kopf-
bund vergleicht. Wenn er vorher Gottes Verhiltnifs zu
ihnen mit dem des Hirten zur Heerde vergleicht, so ist
das vielleicht schon mit veranlafst durch c. 10. 11, wo
dieser Vergleich weiter durchgeführt wird. Es ist ein alter
Vergleich Gen. 49, 24 Nachdem er jedoch durch Jer.
c. 23, Ez. c. 34, Deuterojesaias (40, 11. 63, 13 ff.) und den
exilischen Propheten, welcher Micha 7, 14 spricht, geläufig
geworden ist, wird er ein stehender Vergleich der nach-
exilischen Dichter ').
Auch in 9,17 und 10, 1 entfernt sich Deuterozacharja
nicht wesentlich von den Gedanken der tibrigen Propheten.
Der a. t. Weissagung ist die Hoffnung geläufig, dals Gott
in der messianischen Zeit das heilige Land mit besonderer
Fruchtbarkeit schmücken werde. Am. 9, 13. Hos. 2, 23 ff.
Jes. 4, 2. 30, 23. Jer. 31, 12 ff. Ez. 34, 26. 27. 36, 29 ff.
!) Hierüber wird noch weiter unten zu reden sein.
58 Stade, Deuterosacharja.
Joel 4, 10, wie andererseits in der prophetisch-gesetali
Ermahnung der Erntesegen als Lohn der Gesetzeserfül-
lung verheifsen wird : Dt. 11, 14 f. Mit letsterer 8
aber auch mit Jes. 30, 23. Jer. 31, 12 ff. Ez. 34, 26 f,, be =:
rührt sich unsere Stelle auch im Ausdrucke. Eigenthümlieh :
ist ihr die Verheilsung, dafs die vegetabilische Frucht-
barkeit des Landes im Israel der messianischen Zeit Manner
kraft und Frauenschöne erzeugen werde. Es ist eine rich
tige und sinnig empfundene Consequenz der prophetischen
Erwartung von der Fruchtbarkeit des Landes in der me-
sianischen Zeit. Sie erinnert aber, und deshalb gehe ich -
auf diesen Zug näher ein, an Stellen nachexilischer, wahr-
scheinlich aus den Zeiten der milden Ptolemäerherrschaft
herrührender Psalmen, wie py 127, 3 ff. 128, 3. 144, 12,
aus welchen die Freude über die Jugendkraft des heran-
wachsenden Geschlechtes hervortönt und in welchen da
Geschenk einer gesunden und kräftigen Nachkommenschaft
als ein besonderer Gottessegen empfunden wird. Namentlich
wp 144, 12 ist unserer Stelle verwandt. Dem Gedanke
nach, denn auch dort erscheint die Frauenschöne neben
der Manneskraft im Preise des heranwachsenden Ge
schlechtes, aber auch der Form nach : es sind die beiden
einzigen Stellen des A.T., in welchen sich das aramäische
Fremdwort nim findet.
Besonders auffällig ist die Abhängigkeit Deutero-
zacharjas von älterem Schriftthum in 10, 2. Dals die
Israeliten, statt auf die Worte der Propheten zu hören,
sich über Gottes Willen und die Geheimnisse der Zukunft
lieber bei falschen Propheten und in der Weise der Heiden
bei Zauberern, Todtenbeschwörern u. s. w. zu unterrichten
suchen, ist eine alte Klage der Propheten : Jes. 2, 6. 8, 19.
57, 3. Jer. 7, 4. 14, 13. 23, 25 ff. 27, 9. 29, 8 f. Es. 13, 9.
22, 28. Mi. 3, 6 f. 5, 11. Am meisten berührt sich unsere
Stelle mit Jer. 29, 8 f. Diese hat Deuterozacharja mög-
licherweise vorgeschwebt. Sicher aber daneben 1 Sa. 15, 23.
In jener Erzählung von Sauls Verwerfung durch Samuel
sus Anlafs der Verschonung des Amalekiterkinigs Agag,
deren literarisches Verhältnife zu den übrigen. Traditions-
schichten unlängst Wellhausen in seiner trefflichen Ana-
lyse der Bücher Samuelis !) richtig skizzirt hat, werden
v. 23 dem Seher die Worte in den Mund gelegt : ‘9
WOT OPEN Im "m Dop"namn. An dieser Stelle ist, wie
Wellhausen richtig gesehen hat, DOM WM nur euphe-
mistische Umschreibung von DM 1ER, welche zu den
stehenden Einrichtungen des altisraelitischen vorprophe-
tischen Cultus gehörten *). Das drastische Urtheil, welches
ususgesprochen in der Wortverdrehung OM PW über
') Bleek, Einleitung i. d. A. T. Berlin 1878. 4. Aufl. 8. 215 f.
*) Beiläufig sei bemerkt, dafs auch Hos. 8, 4 TION 7230 2}
DOM Einrichtungen der Jahveverehrung und nicht der heidnischen
Gottesverehrung sind. Freilich ist das eine Jahveverehrung, welche
Hesea dem Heidenthume gleich achtet. Es entspricht der Zustand des
Volkes Israel, welches ohne König, Beamten, Opfer u. s. w. viele Tage
ütsen soll, genau dem Zustande des ehebrecherischen Weibes des Pro-
pbeten, welches der letztere zurückgekauft hat. Dasselbe soll sitzen
viele Tage und entbehren 1) den Umgang seiner Buhlen, 2) den seines
alten Ehemannes, welcher sich seiner zwar erbarmt aber es noch nicht
wieder in die Rechte einer Ehegattin eingesetzt hat. Sonach mulfs
auch von Israel irgendwie gesagt sein, dafs es Jahve, seinem Ehe-
msnne, nichts sein wird. Darin, dafs es der frühern staatlichen Ord-
nung entbehrt, kann das nicht stecken. Denn die Königswahl war für
Hosea ein Abfall des Volkes gleich wie der heidnische Cult 8, 4. 9, 9.
15. 10, 9. 18, 10. Es kann das Fehlen von König und Beamten so-
nsch nur dem Nichtverkehren des zurückgekauften Weibes mit seinen
Buhlen gleichgesetzt werden. Wir können daher das dem moe UN 29)
Entsprechende nur in dem Feblen von Opfern, Malsteinen, Ephod
und Teraphim finden. Diesen seinen Jahvecultus, welchen der Pro-
phet ja freilich dem heidnischen gleich werthet, wird es entbehren.
Usberhaupt kommt das Ephod allein wie in Verbindung mit Teraphim
our als Einrichtung des altisraelitischen Cultus vor. Und dafs auch
die 939 eine solche war, lehrt die Väter- und Stammsage. Dals
alles dies auch Einrichtungen der kananäischen Gottesverehrung waren,
ist freilich a priori gewils, aber für unsere Frage nebensächlich,
Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 59
60 Stade, Deuterozacharja.
die Befragung des Ephod oder des Ephod und der Teraphim
steckt, spricht der Verf. direct aus, wenn er aus jenen
Worten den Satz bildet 1x 117709 mn'). Das vorausgehende
“WO Dpn-nnwm ‘> aber bildet er zu pp nn OOM um.
Für dieses Verhiltnifs beider Stellen dürfte zeugen, dafs nur
in ihnen eine solche Zusammenstellung der O9" und des
Oop sich findet.
Nun verräth sich aber der Epigone darin deutlich, dafs
er Dwpip und OMIM gleich setzt, während nach älterer
Vorstellung nur die die OP"M befragenden Personen den
DwpiD gleich gestellt werden können. Es ist die einzige
Stelle, an welcher im A. T. die Teraphim als redend er-
scheinen, nur hier und Ez. 21, 26 erscheinen sie überhaupt
als Orakel gebend. Aber Ezechiel zeigt deutlich, dafs er
noch bessere Kunde über dieses Orakel hat. Er redet von
DPm3 Sew. Sie sind an dem betreffenden Orte ein von
einem Heiden denutztes Orakel. Als solches kann jedes
Götzenbild, ja schliefslich jede Quisquilie *) benutzt werden.
Der Israelit aber fragt in alten Zeiten nicht die Teraphim
sondern Jahve und erfährt Gottes Willen durch das her-
beigebrachte Ephod. Und dieAntwort gibt Jahve durch den das
Ephod (bezw. die Urim und Tummim) befragenden Priester,
nicht geben sie die Teraphim. Darin dafs Deuterozacharja
sagt 1337 O'My] verräth er sich als Epigone, welcher für
seine Vorstellungen von altisraelitischer Gottesverehrung
auf die Lectüre und die trüb fliefsende Ueberlieferung an-
gewiesen war.
*) Auf den Plural 3737 lege ich kein Gewicht. Aus Hos. 8, 4
sicht man nur, dals von DOM kein grammatischer Singular gebildet
werden konnte.
*) Man denke an die oniayxvoozonla, #xatooxonla, böpouavrele,
xooxıvouavrela, puvllouavrela der Alten oder an die läppischen
Orakel, welche sich als Scherze aber wohl auch als wirklicher Aber-
glaube bis auf unsere Tage in unserm Volke erhalten haben.
Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. c. 10. 61
Weit entfernt also ein Anzeichen vorexilischer Ab-
fassung zu sein, wie die Kritiker behaupten, ist diese
Erwähnung der Teraphim wegen ihrer absonderlichen Art,
welche die Kritiker nicht beachtet haben, als Beweis für
eine recht späte Abfassung ') dieser Stelle in Anspruch
su nehmen Und zwar würde sie als solcher anzu-
sehen sein, auch wenn die hier behauptete Abhängigkeit
von 1 Sa. 15, 23 sich nicht erweisen liefse.
Keinerlei Zweifel aber lälst uns Deuterozacharja über
sein Zeitalter, wenn er weiter erzählt, Israel sei, weil es
sich in der Vergangenheit nicht an Gott gewandt, sondern
auf DON, Oop, Mw verlassen habe, wie Schafe fort-
gewandert (3 13 'YO)) und befinde sich noch im Elende
(ay), weil es keinen Hirten habe. Zudem ist Deutero-
sscharja hier abhängig von Ez. 34, 4 ff., wo es von Israel
1) Bei diesem Sachverhalte bedarf es keinerlei Nachweises, dafs
noch in nachexilischer Zeit Zauberei u. s. w. unter den Juden vor-
gekommen sei. Hengstenberg, Christol. III, 1*. 8. 626 verweist
auf Actor. 8, 9. 18, 6. Jos. Archaeol. 20, 6. 6. Bell. Jud. 2, 12. 28.
Im Exile selbst ist dieselbe sicher noch im Schwange gewesen. Jer.
4,8 ff. Jes. 65, 8—5. Lev. 17—26 kennt noch das Verbot sich an
finie und wy zu wenden. Lev. 20, 6. 19, 81. Der Priestercodex
kat keins, woraus man auf ein totales Zurticktreten dieser Richtungen
schliefsen darf. Maafsregeln, wie das von Nehemia durchgesetzte Ver-
bot, fremde Weiber zu ehelichen, schnitten neue Infection ab. Dals
solche Regungen aber noch in nachexilischer Zeit vorhanden waren,
lehrt Malachi’s Klage 8, 5 über die OıDgiyn. Treffen wir nun in n. t.
Zeit, wie schon früher, solche Erscheinungen, so wird behauptet werden
dürfen, dafs unter dem Einflusse des Hellenismus und der im Gefolge
desselben auftretenden Theokrasie auch dieser Aberglaube wieder hier
und da unter Judäern Wurzel geschlagen hat. Wie sehr s. B. die grie-
chische Eroberung des Orients zur Verbreitung der chaldäischen Magier bei-
getragen hat, ist ja bekannt. Aber auch Abgötterei muls in Juda unter
dem Einflusse des Hellenismus wieder Platz gegriffen haben. Nur so
erklären sich die Mafsregeln des Antiochus Epiphanes, nur so die
Wucht der Reaction gegen den Hellenismus. Bei diesem Sachverhalte
kann daher auch 13, 2949 990° x) PINTO DIayP Ming MAN IDN
nicht als Grund für vorexilische Abfassung ins Feld geführt werden.
62 Stade, Deuterosacharja.
heifst : myn oan mywM und v. 8 : Gottes jy sei von
den Thieren des Feldes gepltindert und gefressen worden
myn pep. Ein besonderer Nachweis der Entlehnung wird
hier gespart werden können, weil nachher der Beweis zu
erbringen ist, dafs die folgenden Abschnitte c. 10, 3—12.
11, 1—17. 13, 7—9 in ausgedehntester Weise auf Ez. 34
zurückgehen. Hieraus begreift sich zugleich, dafs v.2 ein
recht passender Uebergang zur folgenden Weissagung ist.
©. © 10, 8—12.
c. 10, 3-12 ist eine Weissagung, welche die Weis-
sagungen Jer. 23, 1—8 und Ez. 34 wieder aufnimmt, jedoch
so, dafs sie die Grundgedanken dieser mit Gedanken und
Wendungen anderer Propheten verquickt. Es ist ein Ge-
webe messianischer Erwartungen, in welchen jene genannten
beiden Weissagungen die Kette, Gedanken aus dem Buche
Jesaias, aus Hosea und Micha den Einschlag bilden.
Durch keinen Gedanken tritt Jeremis so sehr in
Widerspruch mit der genannten prophetischen Entwicke-
lung seit Jesaias, als mit der von ihm laut verkündeten
Ueberzeugung, dafs Jerusalem und Juda dem Untergange
durch die Chaldäer zueile. Dieser Gedanke setzt mit ihm
neu ein'). Es ist einer seiner Grundgedanken, welchen
den darüber zum grofsen Theil entrüsteten Zeitgenossen
einzuprägen er nicht müde wird. Damit steht die Stellung
im Zusammenhange, welche Jeremia dem Hause David
gegenüber einnimmt ?).. Er droht diesem den Untergang,
1) Er entspringt der rechten Erkenntnifs der Lage seines Volkes.
Ob ihn Uria aus Kirjat jfarim, Jeremias Zeitgenosse, spontan erfalst
hat oder von Jeremia darin abhängig gewesen ist, geht aus Jer. 26, 20
nicht hervor. Nur allgemein spricht ihn Micha 8, 12 aus, bei ihm
wechselt er zudem mit ganz andern Vorstellungen von dem End-
geschicke Zions. Auch steht er dort als rhetorische Antithese.
*) Man vgl. im Gegensatz dazu Jes. 8, 1 ff. |
Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 63
die Beseitigung von der Herrschaft. Auf die Drohreden
gegen die schlechten Nachfolger des Josia c. 22 folgt
c. 23, 1—8 ein das gegenwärtig an der Regierung befind-
liche königliche Haus bedrohender Weheruf. Es erscheint
in ihm unter dem Bilde schlechter Hirten '), welche die
ihnen anvertraute Heerde ins Elend geführt und zerstreut
haben. Sie haben nicht nach ihr gesehen (DD), deshalb
wird Jahve nach ihnen sehen. Er wird nach ihrer Ent-
fernung den Rest der Heerde sammeln aus den Ländern,
wohin sie zerstreut worden sind, und sie in das Land zu-
rückführen, damit sie dort fruchtbar sind und sich mehren.
Dann gibt er ihnen neue Hirten, welche sie weiden. David
aber erweckt er einen gerechten Sprofs (mpy), welcher als
König über Israel herrscht. In jenen Tagen wird Juda
gerettet werden und Israel sicher wohnen. Man sagt dann
nicht mehr : „beim Leben Jahves der Israel aus Aegypten
heraufführte*, sondern : „beim Leben Jahves, welcher den
Samen des Hauses Israel aus dem Nordlande zurückführte
und aus allen Ländern, wohin ich sie verstofsen, dals sie
in ihrem Lande wohnen.“
Man sieht sofort, dafs sich der Inhalt von Za. 10, 3—12
in den wesentlichsten Punkten mit dieser Weissagung Jer.
23, 1—8 deckt. Einzelne Abweichungen von derselben
erklären sich, wie weiter unten nachzuweisen sein wird,
daraus, dafs Deuterozacharja daneben deren, Wiederauf-
nahme durch Ez. c. 34 vorlag. Ezechiel deutet das Bild
von der Heerde weiter aus und schildert sowohl das Be-
nehmen der früheren Hirten gegen die Heerde, als das
Verhalten der einzelnen Glieder der Heerde zu einander.
Ezechiel hat die Bestrafung und Entfernung der schlechten
Hirten, welche Jeremia androht, bereits erlebt. Hierdurch
t) Wie denn auch sonst Jeremia Könige und Machthaber als
Hirten, ihre Völker als Heerden zu bezeichnen liebt. 2, 8. 8, 15. 6, 3.
10, 21. 22, 22. Vgl auch 18, 17 Israel Jahves Heerde.
64 Stade, Deuterosacharja.
kömmt ein von Jeremias Schilderung abweichender Za
in seine Darstellung. In sehr bemerkbarer Weise unte
scheidet er sich aber weiter dadurch von Jeremias, dafs e
Gott nicht nur die Heerde zurückführen, sondern sie ih
auch auf den Bergen des heiligen Landes weiden läfi
Erst später verlautet, dafs sein Knecht David das thu
und als x‘) in der Mitte der Heerde weilen werde. Di
Idee des König-Messias beginnt eben bei Ezechiel zu ver
bleichen.
Insofern nun für den Verf. die Hirten wie für Jeremis
am Ruder sind, während Ezechiel auf ihre bereits er-
folgte Entfernung zurückhlickt, war es nur naturgemäls,
dafs er sich mehr an den (Gedankengang des Je
remias als an den Ezechiels hielt. Er beginnt v. 3 mit
‘aN mn OY n~dy so auf das oıyın-by Jer. 23, 2 zurück.
greifend 1), Aber wenn er fortfährt SPOR oepayn-by, m
sieht man deutlich, wie hier einzelne Züge aus der Weir
sagung Ez. 34 einzufliefsen beginnen. Zwar Men hat @
noch aus Jeremias, welcher den Hirten droht :
er ION; und zwar zeugt sowohl das Object bei
J eremias, als der Umstand, dafs bei letzterem He durch
vorausgehendes Ink OPH N) veranlalst worden ist, fü
die Priorität Jeremias. Dagegen ist aımy aus Ezechie
entlehnt, nach welchem v. 17 Gott richten wird ny) rig y:
omaya O72. Während jedoch bei Ezechiel die Böck:
und Widder, welche die übrigen Schafe stofsen, ihnen da
gute Futter wegfressen, das klare Wasser wegtrinken u. s. w.
die Mächtigen und Vornehmen der exilischen Gemeind
') Schon darin verräth sich Deuterozacharja als Nachahmer, da!
er sich in ganz abrupter Weise nur an die Hirten wendet, so an di
aus Jeremias und Ezechiel wohl bekannten in scheinbar dunkler Red
anspielend. Jer. 28, 1 beginnt : „O Hirten, welche die Schafe mem
Weide verderben u.s w.“ und Ex. 84, 1 : „Menschensohn, weissage wid
Jeraels Hirten.“
sda
Das Verbältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 65
und, setzt Deuterozacharja die Drmay und D'Y gleich.
E versteht darunter im Allgemeinen soviel wie Obrigkeit,
wie dies der folgende Vers deutlich beweist ').
Die besondere Situation, aus welcher heraus Deutero-
sıcharja im Gegensatze zu seinen Vorbildern Jeremias und
Bsechiel schreibt, verräth sich deutlich in der Fassung von
vr. 3°. Der Verf. fährt fort : „denn Jahve der Heere sucht
ham seine Heerde, das Haus Juda, und macht es wie ein
Prachtrof[s im Streite.* Der Zusammenhang mit Jeremias
ist hier nur noch durch BB angedeutet. Dagegen kann
er die v. 3 bei Jeremias folgende Verheilsung von der
Sammlung der Heerde so wenig brauchen wie deren Aequi-
valent bei Ezechiel 34, 12. Denn die Heerde, das Haus
Juda, ist nicht erst zu sammeln. Es ist bereits als ge-
ordnetes Ganzes vorhanden, es steht nur unter gottwidriger
Leitung. Es bedarf nur der Beseitigung dieser, nur der
Aufrichtung eines gottwohlgefälligen Regimentes. Dann
hat es um seine Freiheit zu kämpfen und kann auch
Ephraim befreien.
Da sonach Juda sich zu seiner Zeit in einer wesentlich
anderen Situation befindet als zu den Zeiten des Jeremias
und Ezechiel, da für Deuterozacharja die Einsetzung einer
neuen Obrigkeitnur die Befreiung Judas von fremdem Joche
und Ephraims aus der Gefangenschaft vermittelt, nicht
aber den Anbruch der messianischen Zeit bedeutet, so
mufs Deuterozacharja sich im Folgenden von der Dar-
stellung Jeremias und Ezechiels emancipiren. Er verfährt
jedoch auch bei der nun folgenden Beschreibung der Ein-
setzung des neuen Regimentes und des Kriegszuges Judas
f) Wie sehr an dieser Stelle jede Untersuchung fehl greift, welche
nieht Jer. 28, 1 und Es. 84, 17 sum Ausgangspunkte nimmt, zeigen
die Erörterungen der Exegeten su IYmy-
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 5
66 Stade, Deuterosacharja.
gegen die Heiden nicht selbständig, sondern lehnt sich |
such hier überall an ältere Muster an.
Wenn Deuterozacharja in v. 4 betont, dafs jede ante
ritative Gewalt von Gott (app) eingesetzt werden solle,
so verheifst er den vollen Gegensatz zu jenem Zustande, -
über welchen Hosea 8, 4 in Gottes Namen klagt: on
en Mn PN. Und wenn er weiter weissagt, dafs die '
Judäer wie Helden werden sollen, welche im Gassenkoth '
stampfen im Streite, so wird dies, da es keine Art de :
Helden ist, im Streite im Gassenkoth zu stampfen, ent
begreiflich, wenn man weils, dafs der Verf. hier an eine
Weissagung des Mi. 7, 10 redenden exilischen Prophete |
anknüpft. Dort wird verheifsen, dafs die Feindin der Ge .
meinde wie Gassenkoth zertreten werden soll. Sonach ist '
Gassenkoth nichts als eine Bezeichnung der niedergeschls |
genen Feinde.
Diese selben heifsen nun am Schlusse von v. 5 die uf
Rossen Reitenden. Der Verf. redet absichtlich scheinbar
dunkel. Jeder mit Ezechiels Weissagungen Vertraute ver
steht den Ausdruck sofort. Denn Ezechiel hat demselben
die symbolische Beziehung auf die Weltmächte aufge
drückt !). Der Verf. aber gebraucht diesen Ausdruck als
courante Münze.
Nach 8. 45 f. haben wir in v. 5. 6 Deu jas
geistiges Eigenthum anzuerkennen. Ebendort wie auch
S. 63 ff. ist bereits besprochen worden, in welchem Verhält-
nisse dasselbe zu den verwandten Gedanken Jeremias und
‘) Am. 2, 15 begegnet uns der Ausdruck ng] 355 noch in der
Bedeutung : Kriegemann su Pferd. Wenn Hos. 14, 4 sagt : we
wollen nicht auf Rossen reiten, so heifst das, wir wollen uns nicht
durch von Aegypten gelieferte Kriegsmittel zu helfen suchen. Ebenso
Jes. 80, 16. 81, 1. Dagegen beschreibt Es. 88, 15 die in Gogs Heer
streitenden Völker als alle auf Rossen reitend. Ebenso bezeichnet e
28, 6. 12. 28 die Buhlen Israels als ra} =} 'e) a7
£+
Des Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 10. 67
schiels steht. Doch vermag er auch diese seine eigenen
danken nicht auszudrücken, ohne dafs ihm Remi-
cenzen sus älteren Propheten einfliefsen. omiagym v. 6
d 10 ist aus der Grundstelle Jer. 23, 3 geflossen;
yee) aus Hos. 2,23. An Hosea wird er dadurch erinnert,
fs er die Fassung Jeremias und Ezechiels (34, 12. 13)
fgab, wonach die Exulanten aus allen Ländern heim-
hren, wohin Gott sie zerstreut hat, und dafür die Exu-
ıten aus Assur und Aegypten heimkehren läfst ').
Mit v. 8 gibt Deuterozacharja, soweit dies nach
m oben Ausgeführten möglich ist, Jer. 23, 3 genau
ieder. %97 5 07) umschreibt jeremianisches 134) 119
icht jedoch findet sich in dieser Grundstelle etwas dem
zyert entsprechendes. Es liegt hier eine Anspielung auf
es. 7, 18 vor. Jetzt wird Jahve auch herbeilocken von
an Flüssen Aegyptens und aus dem Lande Assur, jedoch
icht Verwüster seines Landes, sondern sein eigenes Volk,
essen er sich wieder erbarmen will.
Nach v. 9 soll sich Ephraim vor der Heimkehr im
xile wunderbar mehren. Es gleicht einer dort von Gott
usgestreuten Saat, welche aufgeht und reiche Frucht
rigt. Also wendet Gott die Strafe des Exiles zum Heile.
a diesem Bilde regte ihn wohl der Ausdruck Jeremias
23,8) an, dafs Gott ‘in yfoy yo OND PIE 827.
Joch ist es ihm nicht eigenthümlich. Auch Jeremias hat
s, wenn er 31, 27 weissagt : „Siehe Tage kommen —
ipricht Jahve — da besäe ich das Haus Israel und das
Haus Juda mit Samen von Menschen und Samen von Vieh.*
Er gebraucht es aber, wie die Form beweist, nach dem
Vorgange von Hos. 2,25. Natürlich hat er es der Situation
f) Diese zwei alten Weltmächte hatten sich, wie wir weiter unten
eben werden, zu Deuterozacharjas Zeit in neuer verjüngter Gestalt er-
oben. In ihren Ländern wohnten zahlreiche Glieder des Bundes-
olkes als Exulanten.
5*
68 Stade, Deuterosacharja.
entsprechend umgebogen. Denn bei Hosea und Jeremias
siet Gott die Saat im Lande — hier mufs sie unter den
Heiden gesäet werden. Uebrigens ist es nur eine Abart
des bei den Propheten allgemein verbreiteten Gedankens
von der wunderbaren Mehrung des Volkes Israel in der
messianischen Zeit *).
Auch durch v. 10* werden wir an hoseanische Ge-
danken erinnert. Aufser an Hos. 11, 11 aber auch an
Jes. 27, 12. 13. v. 10° dagegen erinnert an diejenige Ge-
staltung der messianischen Hoffnung, welche sich Mi. 7,
14. 15. Ob. 19. 20 zeigt. Die Schlufsworte ond ayor on
entstammen der Stelle Jos. 17, 16. v. 11 von WI an
erinnert an Jes. 11, 15.
B. CG. 11, 1-17. 18, 7—9.
Kaum an einer anderen Stelle verräth sich die eigen-
thümliche Manier Deuterozacharjas, auf Grund älterer
Weissagungen eine neue auszuarbeiten, so deutlich, wie
in c. 11, 1-3. Zu Grunde liegt, wie bereits Hengsten-
berg in allem Wesentlichen richtig erkannt hat, die Stelle
Jer. 25, 34—38. Dort heifst es :
DY] or) (84)
137 TM WHEN pyn
rap) Opp non "2
Yan 32 O20)
DW OL am) (85)
+ Ja IAD TEWOS
1) Hos. 2, 2. Jes. 9, 2. Mi. 2, 12. 4, 6 f. Jer. 81, 8. Ex. 86, 10 ff.
*) Das die Zeile unförmlich anschwellende und jeder Erklärung
spottende op nisions ist nach LXX su streichen. Es ist vielleicht
nur aus verwischtem 1555 Om5p)) entstanden und neben der Cor-
rectur stehen geblieben.
si “as sa
Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a.t Weissagung. o. 11. 69
CI MpYE rp (86)
peed vr Ho
: DAY OR 1) TT 19
Dior miny nem, (87)
2 eng I ID
pP 7922 ary (88)
: Mp? DR NO 7
Den v. v. 34und 35 des massoretischen Textes bilden-
m sechs Zeilen des Jeremias stellt Deuterozacharja auch
inerseits sechs Zeilen gegenüber. Doch setzt er an die
elle der Hirten, welche Jeremias zu weinen auffordert,
e Cypressen (des Libanon) und die Eichen Basans, und
iederholt dem entsprechend die Aufforderung zum Weinen.
e weinen aber darüber, dafs andere Baumriesen gefällt
orden sind. Der Libanon selbst wird aufgefordert seine
hore zu Öffnen, damit das Feuer seine Cedern verzehre.
lle diese Züge hat Deuterozacharja bei Jeremias nicht
rgefunden. Doch sind sie deshalb nicht als originell an-
sehen. Sie indie von Jeremias entlehnte Form zu füllen
ar dem Verf. durch zahlreiche andere Stellen an die Hand
egeben, in welchen die Cedern Libanons, die Eichen
asans als Bild der Grofsen und Mächtigen erscheinen,
'ofür Jeremias in der Grundstelle das Bild der Hirten ge-
raucht hatte. Jes. 2, 13. 10, 34. 37, 24. Ez. 17, 3. 31, 3.
n andern hinwiederum wird in kühner Prosopopoie ge-
childert, wie Libanon, Basan u. s. w. von Gottes Gerichte
etroffen werden. Nah. 1,4. Jes.29, 17. (vgl.14, 8.) Das
ma wee Dann könnte durch Ri. 9, 15 wen bon)
ax veranlafst sein.
“In v. 3 hingegen schliefst sich der Verf. viel enger
ı seine Vorlage an, jedoch so, dafs er die beiden Zeilen
Oya npyy Sip
NST Ie M9)
einer zusammenzieht :
ows nbd Sip
10 Stade, Deuterosacharja. .
Dafs er aber nicht aus der ersten Zeile mpyy sonden
aus der zweiten n5% beibehält, mag dadurch veranlaft
worden sein, dals Jer. 25, 34 mit 34x beginnt, was ®'
v. 2° verwandt hatte. Doch lifst er INS “p34 nicht gam >
fallen, sondern verflicht es in die folgende Zeile, indeme;
statt OM yop 7’) des Jeremias sagt OMT Te MAY af
Statt des weggelassenen zweiten Ausrufes N I" ny”
bringt er aufserdem einen zweiten in OYYP? NY Sip nach
Die Wahl von Ov")? mag aber ist durch das Jer. 20, 3} ?
folgende 120 973 31¥ veranlafst worden. Die dort weite *
folgende Begründung 1995 ayıR np 9» ersetzt Deuter >
zacharja durch yym fin? TW 13. Auch das letztere it ?
aber eine jeremianische Redensart : 12, 5. 49, 19 (auch 1
50, 44). Sie ist aus 12, 5 dem Verf. in die Feder ge ®
flossen und zwar trotzdem hier der Löwe nur angedeutet,
49, 19. 50, 44 aber genannt ist. Denn wenn er v. 4 fort-
fährt AWN INS Ny) Tx 3, so ward der Ausdruck
MYT] IW veranlafst durch Jer. 12, 3 : mins 839 Com
myan o> ogapm. Es wird also hier ein Bild, welches wir
bei Jeremias entstehen sehen, von Deuterozacharja als fest
ausgeprägtes verwerthet'). Zugleich begreifen wir nun
aber auch, weshalb gerade hier Jer. 25, 34—38 vorgeschoben
und mit Jer. 12, 3—5 verflochten wurde. Es ward das
veranlafst durch die Worte Jer. 25, 34° : opp’ Ron 9
rap.
Sonach ist m INB derjenige Begriff, auf welchen
es Deuterozacharja von 11, 1 an ankommt. Es ist aber
nun c. 11, 1—17. 13, 7—9 eine auf dem gleichen Grunde
wie c. 10 erwachsene Weissagung. Hatte in c. 10 Deu-
terozacharja sich enger an Jer. 23 als an Ez. 34 ange
schlossen, so bringt er jetzt eine Reihe von Zügen aus
Ez. 34 nach, welche er c. 10 nicht hatte verwerthen können.
!) Man sieht hieraus, wie sehr diejenigen Kritiker im Unrechte
sind, welche 11, 1—8 für eine besondere Weissagung halten.
Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. c. 11. 71
Es ist c. 11, 4—17. 13, 7—9 eine Ausdeutung und Anwen-
dung desjenigen, was wir Ez. 34, 2—10 lesen. Auch die
schriftstellerische Manier ist die gleiche wie bisher : die
Vorstellungen der Grundstelle werden in ausgedehntem
Maalse mit denen anderer versetzt und auf diese Weise
wie durch Hinzuthun eigener Gedanken wird das Ganze:
den Zeitverhältnissen angepalst.
Es ist der Prophet, welcher v.4 den Auftrag bekommt,
die Heerde der Schlachtung zu weiden, und sie nach v. 7
a. E. weidet. Was er dabei den Schafen gethan, wird
uns nicht berichtet. Aber sicher denkt der Verf. an das
Gegentheil dessen, was nach v. 17 der schlechte Hirt den
Schafen thut. Letzteres ist aber zugleich das Gegentheil
dessen, was Gott nach Ez. 34, 15 ff. den Schafen thun wird,
wenn er dereinst die Hut seiner Heerde übernimmt. Sahen
wir nun schon 8. 26 f., dafs hier der Prophet nur Stellver-
treter Gottes ist, so wird weiter zu schliefsen sein, dals
nach Deuterozacharjas Meinung Gott die Weissagung Ez.
34, 15 ff. an seinem Volke hat erfüllen wollen, aber durch
das Benehmen seines Volkes daran verhindert worden ist.
Ist ferner der gute Hirt als Vertreter Gottes thätig, so
werden die drei Hirten, welche der Prophet in einem Mo-
nate (?) beseitigt, nicht schlechte Hirten im Allgemeinen,
sondern die dem Gottesreiche widerstrebenden Weltreiche
sein !).
In v. 5 begründet Deuterozacharja, weshalb er v. 4
Israel die Heerde der Schlachtung genannt hat. Es sind
Schafe, welche thre Käufer schlachten. Hiermit gibt er
den Ez. 34, 3 erhobenen Vorwurf wieder : „Das Fett elst
thr und in die Wolle kleidet thr euch, das Fetste schlachtet
thr.“ Hierbei aber verschulden sich die Käufer der Heerde
5) Man denkt dann am besten an die drei einander ablösenden
Weltreiche der Assyrer, Babylonier, Perser.
72 Stade, Deuterozacharja
nicht. Hiermit spielt Deuterozacharja an auf Jer. 50, 6 f,
wonach Jsrael eine irrende Heerde ist; alle die es finde; 3 _
verzehren es und seine Feinde sprechen : wir werden
nicht verschulden'). Dafs die Feinde Israels aber =
nicht verschulden, dies kommt hier daher, dafs sie
die Käufer der Heerde sind. Sie haben dieselbe va?”
ihren Herren (O'y4) verkauft (17'150) erhalten. Letztes -
hinwiederum denken, wenn sie die Heerde preisgeba:
„Gepriesen ist Jahve, wenn ich nur reich werde”. Hie
spielt der Verf. an auf Hos. 12, 9 : Ephraim sprach, ba
ich doch reich geworden, habe Vermögen mir erworben. (b
all des von mir Erworbenen trifft mich keine Schuld, welche
zu bülsen wäre” Eben wegen dieser nur auf Erwerb und
Bereicherung ausgehenden Gesinnung nennt Deuterozacharjs
die Leiter der Heerde Kanander v.7 und 11. Auch hierin
hat er Vorgänger. Hos. 12, 8 heilst Ephraim geradesa
Kanaan. ,Kanaan hält trügerische Wage, zu betrügen licht
es.“ Und Zeph. 1,11 nennt die sich mit Geld schleppenden -
vı> OY. Da vorher eine Anspielung auf Hos. 12, 9 sich
vorfand, so wird der Verf. dabei an die erstere Stelle ge-
dacht haben.
Der zeitgeschichtlichen Situation mufs es angehören,
dafs Deuterozacharja einen im Interesse der Könige ge
führten Krieg aller Völker untereinander erwartet, welchem
Israel infolge besonderer göttlicher Gnadenveranstaltung
enthoben sein soll v. 6, jedoch schliefslich, weil es Gottes
Regiment verschmäht, verfällt v. 10. Dagegen war ihm
das von Gott angewandte Mittel der Bewahrung, der Ab-
schluls eines Vertrages mit den Völkern, durch Ez. 34, 26:
„ich will für sie einen Friedensbund schliefsen* an die
Hand gegeben. Ob Deuterozacharja dabei zugleich Hos.
2, 20 vor Augen hatte, welche Stelle diesem Worte Ezechiels
1) Umgekehrt Jer. 2, 8.
Das Verhältn. Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. ©. 11. 73
zu Grunde liegt, kann unbestochen bleiben. Jedenfalls
verräth sich aber die Entlehnung auch darin, dafs das Bild
nicht festgehalten wird. Während bei Hosea und Ezechiel
das Bündnis mit den wilden Thieren geschlossen wird,
so geschieht es hier mit den Völkern selbst, deren Bild
bei jenen die wilden Thiere sind.
Als Eigenthum wird man dem Verf. zuerkennen dürfen
das Bild von den beiden symbolischen Stäben, mit welchen
die Heerde geweidet wird '., Das gleiche gilt selbstver-
ständlich von der gegenseitigen Verwerfung von Hirt und
Heerde, von dem Begehren des Hirten, seinen Lohn zu
- empfangen und von seiner Ablohnung. Es sind das nur
weitere Ausdeutungen des Bildes vom Hirten.
Dagegen zieht der Verf. v. 9 in den Worten : „was
stirbt, mag sterben, und was umkommt, umkommen“ das-
jenige kurz zusammen, was Ez. 34, 4 über die Thätigkeit
der schlechten Hirten berichtet : „die Schwachen habt thr
nicht gestärkt und das Kranke nicht geheilt, und das Ver-
wundete nicht verbunden, und das Versprengte nicht zurück-
gebracht und das Verlorene nicht gesucht“ Er drückt
sich aber hier so kurz aus, weil er diesen, mit einer kleinen
Modification Ez. 34, 15 wiederholten Gedanken, nochmals
v. 16 in die Beschreibung des schlechten Hirten verwebt.
Dort aber sagt er, sich viel enger an Ezechiel anschliefsend :
‚nach dem, was zu Grunde gehen will, sieht er nicht, das
Verirrte sucht er nicht, das Verwundete heilt er nicht, und
das Gesunde erhält er nicht, und das Fleisch des Fetten
ist er und thre Klauen spaltet er.“ Mit dem: „das Fleisch
des Fetten i/st er“ hat er dem Sinne nach Ez.34,3 : „die
Feten schlachtet thr* nachgetragen. Dagegen darf man
vielleicht in pH 17091 eine Anspielung auf Ez. 34, 4
JWR On OMT erblicken. Wenn Deuterozacharja aber
v. 9 hinzufügt : „eins fresse das Fleisch des andern“ so
!) Ueber ihre Bedeutung s. 8. 28.
14 Stade, Deuterosacharja.
drückt er damit unter einem andern Bilde den Sinn des!
Ez. 34, 17 f. den Böcken gemachten Vorwurfes aus. 4
Dafs der Verf. dem guten Hirten 30 Sekel Silber ak :
Hirtenlohn spenden lälst, v. 12, pflegt man ngch Ex. 21,8:
zu erklären. Dagegen scheint ihm bei der Formulirung |
des göttlichen Befehles, nochmals seinem Volke als Abbi
eines (schlechten) Hirten zu dienen, v. 15, die Stel
Hos. 3, 1 vorgeschwebt zu haben. Dem dort sich finder
den Befehle TYıx-3x 77 Ty entspricht genau der hier an
den Propheten ergehende : myn 93 aber Ti.
Das Verhiltnifs, in welchem einerseits 11, 16 und 13,7
zu Ez, 34, 4. 5, andererseits 11, 17 und 13, 7 su Jer. 50),
37. 38 stehen, ist bereits S. 31 besprochen worden. Auch
sonst ist in 13, 7—9 Anlehnung an ältere Muster sichtbar.
Die Anrede an Gottes Schwert erinnert an Jer. 47, 6, das
Nu mom an Ex. 34, 5, die OYıyS, gegen welche Gott
seine Hand erhebt, an Jer. 14, 3. Der Gedanke, dals in
dem Gerichte, welches über die letzteren ergehen soll,
zwei Drittel umkommen werden, das dritte Drittel aber
nach nochmals erfolgter Läuterung Gottes Volk bilden
soll, ist nur eine Variation des schon von den älteren
Propheten vertretenen, besonders aber Jesaias geläufigen
Gedankens, dafs nur ein Theil des Volkes im Gerichte
behalten, dann aber der Stamm eines neuen, in Gottes
Wegen wandelnden Volkes werden soll. Die Form von
13, 8 f. erinnert am meisten an Ez. 5, 12 : „Ein. Drittd
von dir soll an der Seuche sterben und durch Hunger um-
kommen in deiner Mitte und das (andere) Drittel soll durchs
Schwert fallen rings um dich und das (leiste) Drittel will
ich in alle Winde serstreuen und das Schwert hinter thu
her ziehen.“ In den letzten Worten dieser Stelle findet
sich auch bereits der 13, 9 ausgeführte Gedanke ange
deutet. In einem andern Bilde weissagt Jes. 6, 13 das
Gleiche. Dagegen schliefst sich das von Deuterozacharjı
gebrauchte Bild vielmehr an Jes. 1, 25 an. Vielleicht is
Das Verbältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 12, 7—9. 75
gar das Sy * Ying durch das poy m Np wy) letzterer
Stelle veranlafst worden.
Dieser Gedanke, dafs Israel durch ein läuterndes
Strafgericht hindurch gehen müsse, um der Segnungen
' der messianischen Zeit theilhaftig werden zu können, ist
nun ein Gedanke der vor Jerusalems Zerstörung weissagen-
den Propheten. Diese erblicken in dem Ansturm der As
syrer, Scythen, Chaldäer dieses kommende Gericht. Be-
gegnet uns dagegen der Gedanke wie hier bei einem Pro-
pheten, dessen Weissagungen durchaus nachezechielischen
Character an sich tragen, so erscheint er losgerissen von
seinen naturgemiifsen Voraussetzungen. Eben damit ist
er aber als nicht original, als entlehnt ausgewiesen.
Ebenso müssen wir in Myx 90) v. 9 eine Reminiscenz
sus einem älteren Propheten, nämlich aus Hos. 2, 22—25
erblicken, mit welcher Stelle Deuterozacharja schon 10, 6
(s. 8. 67) Bekanntschaft gezeigt hatte. Denn der Schlufs
von v.9 : „und sch spreche mein Volk istes und es spricht :
Jakve mein Gott“ erinnert an Hos. 2, 25° : „und ich sage
su Nichtmeinvolk : mein Volk bist du, und es wird sagen :
mein Gott“. Dafs aber auf Seiten Deuterozacharjas wirklich
eine Entlehnung vorliegt, verräth sich darin, dafs er mit
diesem Schlusse aus seinem Bilde fällt. Letzterem ent-
sprechend wäre etwa zu sagen gewesen : „ich allein werde
es weiden,“ oder : „mein Hirt wird es weiden®. Dals
Israel früher nicht Gottes Volk, Jahve nicht Israels Gott
gewesen sei, haben wir 11, 1—17. 13, 7—9 nirgends gehört.
C. © 12, 1—14, CG. 18, 1—6. © 14.
Wir haben bereits S. 41 ff. gesehen, dafs die Besie-
gung der 7 ‘32 durch das unter Gottes Anführung käm-
. pfende, in seiner Heimath wieder vereinigte Gesammtisrael
; in der Weissagung Deuterozacharjas dieselbe Stelle ein-
' nimmt, wie bei Ezechiel die Ueberwindung Gogs und
16 Stade, Deuterosacharja.
seiner Vilkerschaaren. Dasselbe ist nun auch von de
c. 12 und c. 14 geweissagten Besiegung der gegen Je}
salem ausgezogenen Heiden zu behaupten. Es sind dies ?
Capitel im Wesentlichen eine Wiederaufnahme der Wee |
sagungen Ezechiels c. 38. 39 und wir sahen bereits 8. 31,
dafs c. 12 ebenso auf 13, 9 folgt wie Ex. c. 38 auf c. 31,
die Weissagung vom neuen Israel. Hieraus folgt aber
weiter — selbstverständlich unter der von uns bis jetzt
festgehaltenen Voraussetzung, dafs Za. c. c. 9—14 eine
Verfasser haben — dafs c. c. 12, 1—16. 13, 1—6. 14. nw
eine, von 9, 13 in der Detaillirung der Züge abweichende,
Ausmalung desselben Grundgedankens sind. Aber auch
diese verräth sich Ezechiel gegenüber sofort dadurch als
secundär, dafs der Zug der Völker eines naturgemälsen
Anknüpfungspunktes entbehrt. Bei Deuterozacharja wird
er durch nichts gefordert, er dientnicht zur Rechtfertigung
Gottes, wiewohl zu seiner Verherrlichung, aber weit mehr
zur Prüfung und Läuterung Jerusalems und zur Bekeh-
rung der Heiden. Es ist ein vom Verf. fertig vorgefun-
denes, nur abweichend ausgeschmücktes und ausgemaltes,
sowie einem andern Zusammenhange eingegliedertes, apo-
kalyptisches Zukunftsbild.
Auch in diesen beiden Abschnitten bleibt Deutero-
zacharja seiner schriftstellerischen Manier getreu. Mit dem
aus Ezechiel entlehnten Grundgedanken, daß alle Völker
zu Hauf kommen, um die heilige Stadt zu vernichten,
hierbei jedoch durch Gottes Einschreiten unter allerhand
Wundern umkommen, verquickt er nicht nur individuelle
Hoffnungen, welche aus den Zeitverhältnissen zu erklären
sein werden, sondern daneben auch Ideen und einzelne
Züge der Darstellung, welche er andern Propheten ent-
lehnt hat.
Dieses Verhiltnifs ist sofort aus 12, 1—3 ersichtlich.
Dafs Jerusalem den zu seiner Vertilgung herbei geeilten
Völkern zum Sy. 9D werde, ist ein Bild, welches Ez. 38 sich
Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. co. 12. 77
nicht findet. Es ist vom Verf. jedoch auch nicht frei er-
funden, sondern gebildet mit Rücksicht auf das viel ge-
brauchte Bild vom göttlichen Zornbecher Jer. 25, 15. 49, 12.
51, 7. Ha. 2, 16. Thre. 4, 21. p 75, 9. Es. 23, 31-34.
Jes. 51, 17—22. Und zwar scheint Deuterozacharja be-
sonders die letztere Stelle vor Augen gehabt zu haben.
Deuterojesaias knüpft in ihr!) an die vorhergenannte Weis-
sagung Eizechiels an, welcher Juda zugerufen hatte : „Auf
dem Wege deiner Schwester gingst du, so gebe ich ihren
Becher in deine Hand, den Becher deiner Schwester
sollst du trinken, den tiefen und weiten... .... . , den Becher
der ODede und Verödung, den Becher deiner Schwester Sa-
marten.“ An diese Strafverheilsung knüpft Deuterojesaias,
das Ende der Strafe weissagend, an. Jerusalem liegt ohn-
mächtig am Boden, denn es hat aus der Hand Jahves den
ren of nyap (d. i. der weite, tiefe Becher Ezechiels)
nehmen und ihn trinken müssen. Die Weissagung Ezechiels
hat sich also erfüllt. Aber nun nimmt Gott den Becher
aus der Hand des am Boden liegenden Jerusalems, welches
denselben nicht weiter trinken soll, und gibt ihn in die
Hand seiner Dränger. So bedroht auch Deuterozacharja
Jerusalems Feinde. Allein er weicht dadurch von seiner
Vorlage ab, dafs er nicht aus der Hand Jerusalems den
Zornbecher in die der Feinde übergehen, sondern Jerusalem
selbst für die letzteren zum 5y7 "> werden läfst. Hat er
unter 0 eine Schale verstanden, so mag diese Wahl da-
durch veranlalst sein, dafs alle Völker trinken sollen. Das
Bild ist freilich unappetitlich, wo nicht thierisch, aber Deu-
terozacharja zuzutrauen. Hat er aber, was mir wahr-
scheinlicher ist, }Q in der Bedeutung Schwelle gefalst, so
hat er dem gebräuchlichen Bilde von dem Taumelbecher
ein verwandtes untergeschoben.
T) Dieser Sachverhalt wird namentlich durch eine Vergleichung
von Jes. 51, 17 mit Es. 28, 84 nahe gelegt.
18 Stade, Deuterozacharja.
Dafür nun, dafs Deuterozacharja beim Schreiben von
12, 1—3 wirklich die Stelle Jes. 61, 17 ff. vorgeschwebt
hat, wird man die Berührungen geltend machen dürfen,
welche sich zwischen den einleitenden Worten 12, 1 und
Jes. 51, 13 finden. Von dort her stammt die Bezeichnung
Jahves als pox 9 Dioy M9. Während ihn aber Deutero-
jesaias vorher 7’%Yy nennt, hat der Verf. letzteres, weil er
eine solche Anrede nicht brauchen kann, umgesetst in
Dp2 OFAN 5%). Vielleicht hat ihn hierbei Jes. 42, 5
geleitet. Dort heilst Jahve : o7 MN O'NW Na. Dann
aber führt Deuterojesaias fort : mm (roy opb map) Kb
my ODI
Von der Darstellung Ezechiels c. 38 f. weicht der
Verf. darin etwas ab, dals er nicht nur im Allgemeinen
weissagt, dafs die gegen Jerusalem herangezogenen Völker-
schaaren auf Israels Bergen umkommen werden, sondern
ganz bestimmt erwartet, dafs sie bei dem Versuche, Jeru-
salem zu erobern, scheitern und zu Grunde gehen. Doch
hatte Deuterosacharja für diese Erwartung an Mi. 4, 11 ff.
einen Vorgänger. Eigenthümlich ist ihm sonach nur die
Vorstellung, dafs Juda im Heere der Heiden mit gegen
Jerusalem streiten mufs.
Von 12,4 an beginnt Deuterozacharja. sich etwas freier
zu bewegen. Wir werden darin ein Anzeichen dafür er-
blicken dürfen, dafs er hier zur Besprechung von Dingen
gelangt ist, welche ihn ganz besonders bewegen. Gerade
aus dem jetzt Folgenden werden wir daher die sichersten
Schlüsse auf das Zeitalter Deuterozacharjas ziehen dürfen.
Zwar schliefst sich Deuterozacharja auch noch im Weitern
an Ezechiel an. Doch durchbricht er dessen Gedanken-
gang nicht nur durch Entlehnungen aus andern Propheten,
sondern auch durch Einschaltung ganz selbständiger, in
ausführlicher Darstellung entwickelter Zukunftsbilder.
Aufser Ezechiel ist es wesentlich Joels Weissagung vom
Tage des Herrn, an welchem die zur Vernichtung Jerusalems
Das Verhiltn. Deuterosscharjas zur a. t. Weissagung. 0.12. 79
herbeigeströmten Heiden im Thale Josaphat vernichtet
werden, welche ihn beeinflufst. Doch werden wir auch
noch manche Entlehnung aus andern Propheten auffinden.
Das Eingreifen Gottes zu Gunsten seiner Stadt,
weiches sowohl c. 12 als c. 14 berichtet, wird in c. 12 in
anfacherer Weise beschrieben als in c. 14. Nach 12, 4
whligt Jahve die Rosse der Heiden — letztere sind so-
uch auch hier wie 11, 5 die auf Rossen Reitenden — mit
(ten und jiny, die Reiter mit jpg). Und zwar bildet
dee Verf. einen aus vier — sehr ungleichen — Zeilen be-
stehenden Vers. Z. 1. 2. 4 desselben enthalten je ein
wiches. Nomen auf ji, Z. 3 nicht. Zugleich entspricht :
‚ih will öffnen meine Augen über dem Hause Juda“ nicht
recht der 4. Zeile : „und alle Rosse der Heiden will ich
nit Blindheit schlagen“. Schon das erweckt den Verdacht,
| dafs hier vielleicht eine aus drei Zeilen bestehende Vorlage
m eine vierte Zeile erweitert sein könnte. In Wirklichkeit
athält nun diese Vorlage, welche sich Dt. 28, 28 findet,
mr eine Zeile, in derselben jedoch jene drei Nomina auf
f Deuterosacharja benutzte diese drei Nomina, um auf
Grund jedes derselben eine Verszeile zu bilden. Die feh-
lade vierte mufste er frei ergänzen und that dies in der
vorliegenden Weise, da ihm kein viertes synonymes Nomen
auf )i zur Hand war.
Infolge dieses Eingreifens Gottes zu Gunsten Jeru-
salems verlassen die Judäer die Sache ihrer Bundesgenossen
und fallen über dieselben plötzlich her. Das Resultat ist,
dafs Jerusalem unerobert an seiner Stelle sitzen bleibt,
wie auch nach c. 14, welche Weissagung Jerusalem zeit-
weilig erobert werden läfst, das Schlufsresultat v. 11 den-
noch lautet : 935 O24 maw». Beide Stellen ruhen auf
Joel 4, 20 m x17 oben wn obiy) nam.
Eigenthtmlich ist Deuterozacharja der Inhalt von
12, 6. 7; eigenthümlich auch der Vergleich, dafs nach Er-
rettung Jerusalems das Haus Davids wie Gott und wie
80 Stade, Deuterozacharja
der Engel Jahves vor ihnen sein werde. Letzterer Ve:
gleich zieht den andern herbei, dafs der 5y/>y wie Dani
sein werde. Einfacher liegt dieser Gedanke Joel 4, #
vor : „der Schwache spricht ein Held bin ıch.“ Dafs abe
der Engel Jahves vor den Gläubigen zum Schutze gegen
deren Feinde kämpfe, oder sich um sie lagere, ist gleich
falls eine aus nachexilischem Schriftthume zu belegende
Meinung » 34, 8. 36, 5. 6.
12, 9 fafst kurz zusammen, was Ez. 39, 4—-24 mit be
haglicher Breite erzählt wird. Die neue Wendung, welche '
mit der messianischen Zeit eintreten soll, kann nur dam
Dauer haben, wenn kein neuer Anlals zu göttlichen Straf-
gerichten gegeben wird. Es müssen daher nicht nur die
alten Sünden entweder durch Vergebung oder durch Be
strafung der Sünder gesühnt werden, sondern es mul
weiter durch eine besondere Gnadenveranstaltung Gottes
ein neues Verfallen in Sünde unmöglich gemacht werden.
Daher verheifst denn Ez. 36, 25—28 für die Zeit der Zu
rückführung Israels beides : „Ich sprenge auf euch reine
Wasser, dals ihr rein werdet, von allen euren Flecken
und allem euren Schandwesen reinige ich euch, und gebe
euch ein neues Here und einen neuen Geist lege ich in euer
Inneres u. s. w. Und nach Ez. 39, 29 folgt auf die Be
siegung Gogs die Ausgiefsung des Geistes Gottes.
Im Allgemeinen schliefst sich nun Deuterozacharja an
diesen Gedankengang Ezechiels an und nicht an den Joels,
welcher 3, 1 die Ausgiefsung des Geistes Gottes beim An-
bruche des Tages Jahves erwartet, und ihr die Rolle zu-
schreibt, das Volk Israel zum Bestehen dieses Tages ge
schickt zu machen, während er am Ende seiner Schilde-
rung des Tages Jahves 4, 21 eine Tilgung der noch nicht
gebüfsten Schuld (durch Bestrafung der Sünder) voraus-
sagt. Dals der Verf. diesen Gedankengang nicht einschlägt,
kann bei dem Schreiber von 13, 2—6 nicht Wunder nehmen.
Joel 3, 1 mufste diesem durchaus unsympathisch sein.
Das Verbältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 12. 8]
Deuterozacharja biegt aber nun Ezechiels Gedanken
Grund eines ihn besonders bewegenden Vorfalls aus
unmittelbaren Vergangenheit um und bezieht das von
jenem allgemein Ausgesagte auf ein bestimmtes Ereignils
wad bestimmte Personen. Es ist daher in seiner Beschrei-
bbung der Ausgielsung des Geistes eine ganz besondere rm,
welche Gott ausgiefst, eine OAH) m MN und dieselbe
wird nicht über Juda (bezw. Israel) sondern über das Haus
Davids und die Bewohner Jerusalems ausgegossen. Dieser
Geist bewirkt also, dafs man Gnade erhält und um sie
kittet, und nur die Genannten haben Veranlassung, um
dieselbe zu bitten. Juda ist schon im Stande der Gnade,
thm ist schon geholfen, wie sich ja schon in dem Ezechiels
wie Joels Gedanken durchaus fremden Zuge, dafs Gott
Juda zum Werkzeuge seiner Pläne wählt, der Umstand
verräth, dafs es bereits im Gnadenstande ist. Davids
Haus aber und Jerusalems Bewohner bedürfen der Gnade
wegen einer von ihnen begangenen Blutthat. Es bewirkt
nun die aan mm, daß sie für dieselbe in der 12, 10—14
beschriebenen Weise Bufse thun. Diese Schilderung ist
Deuterozacharjas unbestreitbares Eigenthum und wenn
irgendwo, wird man hier Indicien für die Bestimmung der
Abfassungszeit von Za. 9—14 zu finden erwarten dürfen.
Nach erfolgter Bulse vergibt Gott den Davididen und
Jerusalemern ihre Schuld. Der Verf. läfst sie also nicht
wie Es. 36, 24-28 mit dem Wasser der Sühne besprengt
. ears sondern verheifst 13, 1, dafs ihnen ein Quell in
Jerusalem aufgethan werden soll Hierin ist er abhängig
von der Es. 47, 1 ff. ausgesprochenen, Joel 4, 18 wieder
i sufgenommenen , Erwartung, dafs in der messianischen
Zet eine wunderbare, das Land befruchtende Quelle im
Tempel entspringen solle. Die gleiche Vorstellung ver-
vebt Deuterozacharja nochmals 14, 8 in seine Darstellung.
Und swar schliefst er sich dort enger an Ezechiel (und
Joel) an. Dort ist es eine Sommers und Winters strömende
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 6
a ET 17 = 2 ss
82 Stade, Deuterosacharja.
und von Jerusalem aus zur Hälfte ins todte sur Half
ins Mittelmeer flielsende Quelle. Es ist jedoch leicht s
beweisen, dafs diese Erwartung nur Es.47 ursprünglich i
während ihr Vorkommen bei Joel und Deuterozachar
auf Entlehnung beruht. Denn bei diesen ist die Vorstellu
von ihren natürlichen Voraussetzungen losgelöst und std
— es gilt das namentlich von Joel 4, 18. Za. 14, 8 — voll
isolirt unter den. übrigen messianischen Erwartungen. D
Tempelquelle Ez. 47 ist ein an richtiger Stelle stehend
Glied in der Kette ezechielischer Erwartungen von d
Neugestaltung aller Verhältnisse im Lande. Der Ke
punkt dieser Erwartungen ist, dafs Jahve künftig inmitt
seines Volkes im Tempel wohnen soll. Wie vom Temp
aus die religiösen und sittlichen Lebensmächte über d
Volk strömen, so von diesem auch der Segen der Fruch
barkeit. Die Quelle, welche von jeher auf dem Temp
berge entsprungen ist und wohl von jeher als heilig g
golten hat, wird dann zu einem unüberschreitbaren Strom
welcher die Ostmark fruchtbar und das todte Meer gesu
macht. Dagegen geht die Quelle Joel 4, 18. zwar no
vom Tempel aus. Allein sie ist nur ein einzelner Zu
welcher in der Beschreibung der Fruchtbarkeit des Land
neben andern erscheint. Weshalb sie bei Joel vom Temy
ausgeht, was doch bei Ezechiel selbstverständlich ist, «
fahren wir so wenig, als weshalb sie ins Akasienthal flief
Ja sie steht so isolirt, dafs man Joel 4, 18° streich
könnte, ohne dafs eine Spur davon zurückbleiben wür
dals hier einst eine weitere messianische Erwartung g
standen habe. Noch deutlicher aber verräth sich die Eı
lehnung Za. 13, 2. 14, 8. An letzterer Stelle geht sie ı
nächst nicht vom Tempel sondern von Jerusalem aus. D
neue Tempel ist eben längst erbaut, aber die Tempelque
die alte geblieben. Dann aber dient die erwartete Que
nicht mehr dem speciellen Zwecke, die Ostmark fruchtt
und das todte Meer gesund zu machen. Sondern :
Das Verhältn. Deuterosscharjas sur a. t. Weissagung. co. 14 83
Hälfte nach Osten zur Hälfte nach Westen fliefsend ver-
leiht sie dem ganzen Lande Fruchtbarkeit. Man würde
Ze. 14, 8 streichen können, ohne dafs man etwas vermissen
würde, Beweis genug, dals Deuterozacharja von dieser
wunderbaren Quelle weissagt, nicht weil ihn seine eigenen
Vorstellungen darauf führen, sondern weil diese Erwartung
sa dem festen Bestande der messianischen Erwartungen
seiner Zeit gehörte. Vollends aber verräth sich der Epi-
gone in der midraschartigen Auslegung der ezechielischen
Weissagung, welche Deuterozacharja 13, 2 gibt. Jene
Tempelquelle ist hier ein grofses Sühnwasser geworden,
an TYP OD und meygn w') für die Davididen, Leviten und
anderen Jerusalemer.
Vielfach irregeführt hat Deuterozacharja die Kritiker,
wenn er 13, 2 fortfährt : „ick vernichte die Namen der
Götzen aus dem Lande und nicht gedenkt man ihrer mehr.“
Die Namen der Götzen zu vernichten ist recht gezwungen,
wohl aber erklärt sich die Wahl des Ausdruckes, wenn
dem Schreiber Hos. 2, 19 vorschwebte : „ich well ent-
fernen die Namen der Baale aus ihrem Munde und nicht
erwähnt man sie ferner mit thren Namen.“ Es ist ferner
zu beachten, dafs an die Beseitigung des Götzendienstes
angeschlossen wird die Beseitigung der Prophetie — und
zwar der Prophetie überhaupt, nicht blos der falachen *).
Denn Deuterozacharja richtet sich dabei nach den Dt. 13,
6—12. 18, 20 über Götzendienst und falsche Prophetie
gegebenen Bestimmungen. Und zwar lälst er gegen die
sich als Propheten Aufthuenden die eigenen Angehörigen
ebenso verfahren, wie es in der ersteren Stelle für den
1) Nu. 8, 7. 19, 4. 18. 20—22.
*) Bo umschreiben schon LXX Trgm. Pes. Allein trotz MNNR)
TRENT ist, wie das Folgende ausweist, vom Weissagen tiberhaupt
die Rede.
6*
84 Stade, Deuterosacharje.
Fall der Verführung zum Götzendienst befohlen ist. Aus
diesem Verhältnisse läfst sich wohl entnehmen, dafs sur
Zeit des Verf. allerdings im Lande Götzendienst vorhanden
war, aber kaum Gefahr, dafs ihm Isracliten verfielen.
Endlich wird man, da Deuterozacharja noch mehrfach
Bekanntschaft mit Joels Buch verräth, annehmen dürfen,
dafs er sich durch 13, 3 ff. in bewulsten Gegensatz zu
Joel 3, 1 setzt.
In c. 14, dessen Eingang an Jes. 13, 9 erinnert, weicht
der Verf. vielfach sowohl von Ezechiel als von Joel ab.
Und zwar ist die nächste Veranlassung hierzu, dafs er ab-
weichend von beiden sowie abweichend von den Erwar-
tungen, welche er selbst in c. 12 ausgesprochen hat, hier
eine vorübergehende Eroberung Jerusalems durch die Heiden
in Aussicht nimmt. Dies zieht sofort dahin seine Con-
sequenzen, dafs nun Jahve nicht wie bei Joel 4, 16 von
Zion aus seinem Volke zu Hülfe kommen kann. Die Ver-
heifsung jener Stelle, dafs Jahve seinem Volke eine Veste
und Zuflucht sein werde, muls daher umgedeutet werden.
Die Jerusalemer müssen durch eine wunderbare Veran-
staltung Gottes aulserhalb Jerusalems ihre Rettung finden.
Beiden Anforderungen genügt der Verf.,, indem er Gott
seinen Fuls auf den Oelberg setzen lälst, so dafs letaterer
sich spaltet und so ein die fliehenden Jerusalemer aufneh-
mendes und schützendes Thal bildet. Ob ihn bei dieser
Umdeutung die Meinung Joels geleitet hat, das Gericht
der Heiden werde im Thale Josaphat stattfinden, ob er
etwa meint, die Heiden würden vom eroberten Jerusalem
aus die in das wunderbare Thal fliehenden Israeliten ver-
folgen und hierbei im Thale Josaphat von Gottes Straf-
gericht ereilt werden, wird sich nicht entscheiden lassen.
Weiter aber schliefst sich der Verf. darin an Joel 4,
14—16 an und entfernt sich von den Vorstellungen Ezechiels,
dafs das den Öelberg spaltende Erdbeben den Tag
Jahves selbst beginnt und bereits ein Mittel der Rettung
En _
Das Verhältn. Deuterosscharjas zur a. t. Weissagung. ©. 14. 85
st. Es. 38, 18-20 hingegen erfolgt das Erdbeben sofort,
obald Gogs Heer das Land betritt. Es ist eine Zorn-
wfserung des über die Betretung seines Eigenthumes er-
mimmten Landesgottes, eine Drohung gerichtet an die es
yetretenden Feinde.
Die Flucht der Jerusalemer in das durch jenes Erd-
yeben gebildete Thal vergleicht Deuterozacharja 14, 5 mit
ler Flucht der Jerusalemer vor jenem grofsen Erdbeben
m den Tagen Ussias. Auch dieser Zug hat die Kritiker
m denkwürdiger Weise irregeführt. Gerade er aber zeigt
deutlich die gelehrte, an älteres Schriftthum anknüpfende
Manier des Verf. Er ist lediglich Reminiscenz aus Am. 1, 1,
veranlafst durch die Schilderung des Einschreitens Gottes
sam Gericht Am. 1, 2. Sehr bezeichnender Weise läfst
er Jerobeam von Israel weg. Mit Jahve aber läfst er alle
Haligen d. h. die Engelheere erscheinen. Es ist das ein
Zug, der ihm aus Dt. 33, 2 geläufig sein mufste.
In der Beschreibung der meteorischen Vorgänge 14,
6.7, welche den Tag Jahves auszeichnen, entfernt sich
Deuterozacharja nicht wesentlich von den ihm vorliegenden
Weissagungen der Propheten. Während die Vorstellungen
des Jesaias von den am Tage des Herrn am Himmel ein-
tretenden Veränderungen sich durch eine gewisse Selbstän-
digkeit der dichterischen Erfindung auszeichnen '), erwarten
die übrigen Propheten Verfinsterung von Sonne, Mond
und Sternen — deutlich im Anschlusse an volksthümliche
Vorstellungen über Sonnen- und Mondfinsternisse. Am.
5, 18. 8, 9. Zeph. 1, 15. Jes. 13, 9 f. 24,23. Es ist gerade
die letztere Stelle :
Dean schämt sich der Mond und erblalst die Sonne,
Dean Kinig ward Jahve der Heerschaaren auf dem Zionsberg und in
Jerusalem.
1) Jes. 80, 26 : „Und es wird das Licht des Mondes wie das Licht
der Sonne sein und das Licht der Sonne siebenfach.“ 84, 4 : „Da
86 Stade, Deuterozacharja.
welche dem Verf. vorschwebt. Hierauf weist die Wieder-
kehr des Gedankens von Jes. 24, 23? in v. 9. Die dem
Verf. von Jes. 24—27 eigenthümliche und sich aus dem
Zusammenhang der ganzen Stelle erklärende Vorstellung,
dafs sich Sonne und Mond schämen, bildet er zu ni
peop’ um, um sich den Vorstellungen der anderen pro-
phetischen Stellen zu accommodiren. Ihm eigen ist, dafs er
den Tag nochmals näher als einen Tag der Dämmerung
beschreibt, an welchem es erst Abends hell wird. Der
Widerspruch gegen den natürlichen Verlauf der Dinge ist
hierdurch noch gesteigert worden. Auch hierin verräth
sich der nachahmende Epigone.
Ueber 14, 8 ist bereits 8. 81 ff. gehandelt worden.
Nur darauf ist noch hinzuweisen, dals durch die Eintragung
dieses messianischen Zuges Deuterozacharja die Jes. 24, 23
enthaltenen beiden Gedanken von einander getrennt hat.
Jes. 24, 23* kehrte wieder 14, 6. 7, dagegen 23° folgt,
wie wir sehen, erst 14, 9.
Es sind jedoch noch andere prophetische Gedanken,
welche den Verf. bei der Gestaltung von 14, 9 beeinflufst
haben. Jahve wird nicht nur König über das ganze Land,
er wird auch einer sein und sein Name einer. : Damit ist
einmal der Ausschlufs jeder andern Gottesverehrung aus-
gesprochen, es ist aber auch zweitens hierdurch die Mei-
nung ausgeschlossen, dafs etwa die Heiden Jahve unter
anderm Namen dienen. Deuterozacharja spricht sich hier
gegen eine Vorstellung von der Gottesverehrung der Heiden
aus, wie sie Malachi 1, 11 ff. dem Volke Israel zur Be-
schämung vorgetragen hatte, indem er ihm zuruft : „Denn
vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Niedergange ist mein
Name grols unter den Heiden, und überall opfert und
bringt man meinem Namen dar und zwar reine Gaben, denn
gusammengerollt, “
Das Verbältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c. 14. 87
grols ist mein Name unter den Heiden.“ Es wird um so
zaehr angezeigt sein, in der Stelle 14, 9 einen beabsich-
tigten Widerspruch gegen Malachis Doctrin zu finden, als
such Malachi in jener Stelle das Königthum Jahves ver-
kundet; 1, 14 : „Denn ein grolser König bin ich, spricht
dJakve der Heerschaaren, und mein Name ist gefürchtet
unter den Heiden.“
Auf die Beschreibung des Tages Jahves folgte nicht,
wie das naturgemäß gewesen wire, die Verkündigung,
dafs Jahve König wird über sein Land, sondern die Weis-
sagung von der wunderbaren Quelle. So folgt auch jetzt
auf die Verkündigung, dafs Jahve König wird tiber sein
Land, nicht, wie naturgemils gewesen wäre, die Verheilsung,
dafs auch die Heiden sich König Jahve unterwerfen, welche
wir vielmehr erst v. 16 ff. lesen, sondern zunächst aber-
mals einige isolirte messianische Erwartungen, v. 10. 11,
und dann die noch rückständige Erzählung von der Ver-
nchtung der gegen Jerusalem ausgesogenen Heiden.
vy. 12—15 *). |
Die erste der eingeschalteten messianischen Erwar-
tungen v. 10, dafs das ganze Land sich zu einer Ebene
wandeln soll, über welche Jerusalem hoch emporragt, ist
nur eine Umbiegung des alten messianischen Gedankens,
welchen wir Jes. 2, 2. Mi. 4, 1 lesen. Auch sie ist aus
ihrem naturgemälsen Zusammenhange herausgerissen. Denn
diese Erhabenheit Jerusalems entspricht der religiösen Be-
deutung, welche dereinst Jerusalem für alle Völker haben
soll Daher folgt denn auch in jener alten Weissagung
sofort die Verkündigung, dafs alle Heiden nach Jerusalem
pilgern sollen, deren Aequivalent Deuterozacharja erst
v.16 ff. bringt. Damit steht im Zusammenhange, dals es
') Der grelle Contrast dieser Flickarbeit eines Epigonen mit der
Entwickelung selbständiger prophetischer Gedanken erhellt deutlich
aus einer Vergleichung des parallelen Abschnittes Zeph. 8, 8—20.
88 Stade, Deuterozacharja.
sich für ihn hier nur darum handelt, daß Jerusalem the F
das Land Juda emporragt. Auch die Beschreibung de ?
dereinstigen Ausdehnung und Sicherheit Jerusalems sind *
Einzelzüge der messianischen Erwartung, welche ursprüng- f
lich nicht in diesen Zusammenhang gehören. Bei dem !
ersten hat wahrscheinlich Jer. 31, 38 ff. Modell gestanden,
der zweite ist allgemein verbreitet. |
Auch die Vorstellung v. 11, dafs künftig kein Bam :
mehr sein solle, ist nicht originell. Sie enthält eine An
spielung auf die Worte älterer Propheten und wird erst
als solcherecht verständlich. Jeremias verkündete dereinst
im 4. Jahre Jojakims dem Volke Judas, dafs Gott, wel
sie nun 23 Jahre lang die ihnen durch den Propheten
übermittelten Befehle Gottes mifsachtet und die Mahnungen
der Propheten zurückgewiesen hätten, die Völker des Nor-
dens in ihr Land führen werde, „und ich banne ste und
mache sie zum Entsetzen und zum Gesische und zu ewigen
Einöden.* An dieses Wort des Jeremias knüpft Deutero-
jesaias 43, 28 wieder an, wenn er verktindet, Jacob sei
wegen seines Abfalles dem Banne preisgegeben worden.
Und wenn Elia vor Anbruch des Tages Jahves erscheint
und die Herzen der Väter den Söhnen und der Söhne
Herz den Vätern wieder zuwendet, so geschieht es, „da-
mit ich nicht komme und strafe das Land mit dem Banne.*
Also nicht um jeden Bann handelt es sich, sondern um
diesen, von welchen die Propheten Gottes geredet haben,
um jenen Bann, welchem das Volk schon einmal erlegen ist.
Auch in der Beschreibung der Vernichtung der Heiden
arbeitet Deuterozacharja mit entlehntem Gute. Sie geht
zurück auf Ez. 38, 21. 22. Und zwar ist die ekelhafte
Beschreibung von v. 12 Ausdeutung von Ez. 38, 22:
„Ich rechte mit thm durch Seuche und durch Blut“, wäh-
rend v. 13 das Wort Ez. 38, 21 ausführt : „des einen
Schwert wird gegen den andern sein.“
Bu bil .M. 971°
wr
=
Das Verhältn. Deuterozacharjas zur a. t. Weissagung. c 14. 89
Wir sahen schon, dafs den v. 16—19 gegebenen Aus-
fahrungen so alte Erwartungen wie Jes. 2, 2 ff. Mi. 4, 1 ff.
sa Grunde liegen. Hier sind dieselben jedoch aus dem
leraelitischen ins Jüdische übertragen worden. Die Völker
pilgern nicht nach Jerusalem, um sich belehren zu lassen,
sondern um das Laubhüttenfest zu feiern. Sie sind zu
Proselyten und Gliedern des Bundesvolkes geworden. Im
Ausdrucke des Gedankens schliefst sich Deuterozacharja
hier zunächst an Deuterojesaias an, welcher seine Weis-
sagung mit dem Gedanken schliefst, dafs alles Fleisch
Jahve huldigen wird. An die Stelle von Neumond und
Sebbat aber, an welchen nach Deuterojesaias alle Völker
kommen, um anzubeten, setzt Deuterozacharja das Laub-
hüttenfest. Dieses feiern alle Völker mit. Wie eng der
Verf. sich aber an seine Vorbilder anschliefst, lehrt gerade
hier eine Vergleichung beider Stellen besonders deutlich :
Jes. 66, 28: My Rn DR N Tr TR Wp my
“OR 297 MinpY?
Zu 14 16: 8 7a) N a MIR a an PM
I) MINDY
In den Zusammenhang deuterojesajanischer Gedanken
verwebt der Verf. weiter den diesen durchaus fremden
Zug, dals diejenigen Heiden, welche nicht nach Jeru-
salem pilgern, dadurch gestraft werden sollen, dafs ihrem
Lande die Fruchtbarkeit entzogen wird. Die Erwähnung
Aegyptens aber ist wohl nicht aus einem Einfluls von
Joel 4, 18 f., sondern in der Weise wie 8. 39 zu erklären.
Auch die Schlufsverse 20. 21 sind durchaus angeregt
durch ältere prophetische Gedanken. Dafs Jerusalem in
der messianischen Zeit von einer ganz besonderen Heilig-
kat sein soll, ist ein Jeremias geläufiger Gedanke. Nach
Jer. 3, 16 wird man der Lade nicht mehr gedenken, weil
=: ganz Jerusalem Jahves Thron ist. Und seine Weissagung
: vom künftigen Ausbau der Stadt schliefst er 31, 40 mit
|
der Verheifsung, dafs nicht nur das neugebaute Jerusalem,
90 Stade, Deuterosacharje.
sondern auch das ganse Thal mit den Aesern und der
Fettasche u. s. w. dem Jahve heilig sein solle. Nach Deu-
terojesaias ist das erlöste Juda ein heiliges und priester-
liches Volk Jes. 61, 6. 62, 12. 66, 12. Am Schlusse seines
Buches aber weissagt er 66, 20 : „und es dringen eure
Brüder aus allen Heiden Opfergabe für Jahve auf Rossen
und auf Wagen und auf Bänften und auf Maulthieren
und auf Dromedaren nach seinem heiligen Berge gen Jeru-
salem, spricht Jahve, gleichwie die Kinder Israel in reinem
Gefälse Opfergabe nach dem Hause Jahves bringen.“ Joel
aber sagt, gleichfalls gegen den Schlufs seines Weissagungs-
buches, 4, 17 kürzer : „Jerusalem wird heilig sein und
Fremde werden nicht dahin kommen.“
Sind sogar die sonst dem Kriegsdienste gewidmeten
Rosse heilig, ‚wie erst die Bewohner Jerusalems! Und
sind deren Kochtöpfe so heilig wie die Opferschalen, so
wird lauter reine Gabe gebracht werden. Und kömmt
nach Joel kein Fremder mehr in die heilige Stadt, so
treibt Deuterozacharja auch diese Erwartung auf die Spitze,
wenn er versichert, dafs kein Kananier d. h. kein schachern-
der, sich am Tempeldienste bereichernder Israelit mehr im
Tempel sein werde. Die Erinnerung an Zeph. 1, 8—11
mag ihn hierbei geleitet haben, wie möglicherweise der Um-
stand, dafs auf den Schellen der Rosse Y’') wp stehen soll,
durch Ez. 28, 36 veranlalst worden ist.
Versuchen wir zum Schlusse die Deuterozacharja
eigenthümlichen Erwartungen zu einem Gesammtbilde zu
vereinigen. Als Grundgedanken des Verf. werden wir an-
sehen dürfen, dafs Gott die dereinst von den Propheten
gegebenen aber noch nicht erfüllten Weissagungen jetzt
erfüllen werde. Daher knüpft er aller Orten an diese
alten Weissagungen an. Und nur so erklärt es sich, dafs
er für die Zeit der Erfüllung derselben das Ende der Pro-
phetie erwartet. Denn dann bedarf es keiner Prophetie
weiter. Gott hat, was er von Hoffnungen seinem Volke
Das Verhältn. Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. 91
dereinst erfüllen wird, längst durch den Mund seiner
Knechte, der Propheten verkündet. Darüber hinaus gibt
ee keine Zukunftshoffnungen. Wer solche bringt, wer mit
diesem im Widerspruch stehende Gedanken verkündet,
redet ne’ 12, 3. Die Reihe der Propheten ist abgeschlossen.
Wer sich noch Prophet. zu nennen wagt, bezeugt eben
damit, dafs er nicht von Gottes Geist, sondern von der
msi] MI 12, 2 getrieben wird. Deuterozacharja selbst
will er gar kein Prophet sein !).
Die von Gott dereinst gesandten Propheten hatten
geweissagt, dafs Gott in der Zukunft Juda und Ephraim
sus dem Exile zurückführen und beide unter dem Scepter
eines in Gottes Wegen wandelnden Davididen vereinigen,
sie in Glück und Frieden im heiligen Lande wohnen lassen
werde. Ezechiel erwartet nach der Herstellung des neuen
Israels einen nochmaligen Ansturm der Heidenwelt. Indem
Gott diesen bricht, verherrlicht er sich an seinem Volke
und überzeugt die Heiden, dafs er sein Volk dereinst nur
wegen der Sünden desselben preisgegeben hat.
Erst einiges von diesen Weissagungen hat sich nun
bisher erfüllt. Allerdings ist Juda wieder heimgekehrt,
aber die Brüder vom Hause Joseph sind noch in der Ver-
bannung und aus Juda sind aufs Neue viele Tausende in
fremde Länder geschleppt worden oder freiwillig dorthin
gewandert. Kein König aus Davids Geschlecht herrscht
über Gottes Volk, wie die Propheten es geweissagt hatten,
sondern Herren aufser Jahve (Jes. 26, 13) beherrschen es.
Die von den Propheten geweissagte Ausdehnung des
Volkes über das ganze heilige Land ist nicht eingetreten.
Dafs das Volk die Grenzen der Herrschaft Davids wieder
haben werde, ist ein unerreichbares Ideal geblieben, aber
auch ein unvergessenes. Statt dafs Israel, wie für die Zeit
1) Wellhausen, Geschichte Israels I, 8. 420.
92 Stade, Deuterozacharja.
nach der Zurtickftithrung verheifsen worden war, siegreich‘
und gefürchtet unter den Heiden sitzt, wird es von diese
geknechtet und zertreten. Seine eigenen Oberen beutes
es frevelhaft aus und verkaufen es den Feinden. Wohl ist
der Tempel wieder aufgerichtet worden und beständig
raucht das Opferblut. Aber die Tempelquelle ist ein stil
fliefsendes, sanftes Wasser geblieben und nicht zu einem
unüberschreitbaren Strome geworden, welcher Leben und
Fruchtbarkeit in die dürren Gefilde des Landes trägt und
die grauenhafte Oede des todten Salzmeeres in ein Bild
fröhlicher Lebensfülle wandelt. Und noch deutet maa
nicht mit dem Dichter von » 46!) den Strom auf dem
Tempel selbst, von welchem reiche Segnungen über die
Gottesstadt ausströmen, überall hin Gnade und Heil ver
mittelnd. Wohl sind die Mauern der Stadt wieder auf-
gebaut worden, aber nicht haben sie zu hindern vermocht,
dafs unlängst ein Zwingherr dort eingedrungen ist. Grolsen
Ruhm und grofses Ansehen genielst die Gottesstadt im
Volke, aber wenig merkt man davon, dafs Gottes Geist
wirklich in ihr seine Wohnung aufgeschlagen habe. Vor-
nehm und verächtlich sehen die Familien aus Davids Ge
schlecht und aus dem Geblüte der Priester, ja verächtlich
sieht jeder Jerusalemer auf die aufserhalb der heiligen
Stadt wohnenden Judäer herab. Und mit Gewaltthätigkeit,
nicht mit Gerechtigkeit und Liebe, sind sie noch unlängst
in einem besonders schlimmen Falle für ihre eigenen In-
teressen eingetreten.
Jener grofse Völkersturm endlich, welcher von den in
geheimnilsvolles Dunkel gehüllten Gegenden des Nordens
aus losbrechend ein letztes Mal die heilige Stadt umtoben
sollte, ist nocht nicht erfolgt. Aber jetzt scheint es, wird
*) p 46, 5 : Ein Strom, dessen Bäche erfreuen die Gottesstadt, ist
die heilige Wohnung des Höchsten.
Das Verhältnifs Deuterosacharjas zur a. t. Weissagung. 93 |
ott ihn herbeiführen. Jetzt hofft der Verf. werden die
eh rückständigen Hoffnungen der Propheten sich er-
Ben.
Die gesammte Summe dieser in ihrer Erfüllung noch
ckständigen Weissagungen nun führt Deuterozacharja
nächst in dem grofsen Zukunftsbilde vor, welches jetzt
9 und 10 des Buches Zacharja bildet. Es ist noch zu
warten, dafs Gott das ganze heilige Land in seinen idealen
rensen in Besitz nehme — denn noch besitzen es eben
exrn aulser Jahre. Eben jetzt scheint es, wird sich dies
ı Zusammenhange mit einem von Nordosten her zu er-
artenden Kriegssturme vollziehen. Diese Besitsergreifung
ss heiligen Landes durch Gott bedingt zunächst die Be-
sung Judas von der Fremdherrschaft und die Ausdeh-
ung der Judäer über die ihrem Lande benachbarten, jetzt
ndeen Völkern gehörigen Territorien, welche innerhalb
er idealen Grenzen des Reiches Israel liegen. Das unter
lott wohlgefälligen Führern kämpfende Juda ermöglicht
urch die Besiegung seiner Feinde die Befreiung Ephraims.
n großser Volkszahl kehrt Ephraim heim, besiedelt nicht
ur sein eigenes Land, sondern verbreitet sich wie Juda
ber die angrenzenden Territorien. Noch einen letzten
ampf hat das wieder vereinte Bundesvolk mit der dem
ache Gottes feindselig gesinnten Weltmacht zu bestehen.
ber Gott hilft ihm diese — die Söhne der Griechen —
. überwinden. Aus dem Kampfe zieht der von den Pro-
ıeten geweissagte ideale König heim als Sieger und hält
inen Einzug in der Gottesstadt als Friedensftirst. Er
herrscht — ohne der Kriegswaffen zu bedürfen — das
nze heilige Land in der Ausdehnung des Reiches Davids.
en Heiden aber vermittelt er den Frieden.
Alles andere, was wir c. 11—14 lesen, verhält sich zu
9. 10 wie der Theil zum Ganzen und findet in dem Ge-
nmtbilde c. 9. 10 irgendwo seinen Platz. Die in c. 11—14
thaltenen Weissagungen sind einzelne, in der Detaillirung
94 Stade, Deuterosscharje.
abweichende Ztige aus jenem Gesammtbilde, es sind Nach-
träge, Supplemente, bestimmt einzelne hinfällig gewordene
Ausführungen von c. 9. 10 zu ersetsen. Und zwar kommt
c. 11, 1—17. 13, 7—9 im Umfange der in ihm enthaltenen
Erwsrtungen c. 9. 10 ziemlich nah. Was in ihm fehlt,
findet sich c. 12, 1—14. 13, 1—6 und c. 14. Es sind die
letztern nur je ein Supplement zu einem einzelnen Theile
von c. 9. 10, c. 11, 1—17. 13, 7—9 aber das pessimistische
Gegenstück zu den optimistisch gehaltenen cc. 9. 10, oder
wie Ewald nicht untreffend sagt, die dunkle Sette der
Zukunft.
Hinfillig aber werden Weissagungen, wie wir in der
Einleitung sahen, dadurch, dafs Bedingungen sum Wegfall
kommen, an welche jene geknüpft sind. Sonach müssen
zwischen c. 9. 10 einerseits und c. 11—14 andererseits Er-
eignisse liegen, welche Deuterozacharja davon überzeugten,
dafs nunmehr bestimmte Zukunftserwartungen ihre Berech-
tigung verloren hätten, dafs nunmehr an deren Stelle andere
getreten seien. Sonach würde ein zeitlicher Abstand
zwischen der Conception von c. 9. 10 einerseits und
c. 11—14 andererseits anzunehmen sein. Oder aber es
wird die Meinung Platz greifen müssen — und bei der
engen Verbindung, welche zwischen c. 10 und 11 besteht,
wird sie vielleicht mancher vorzuziehen geneigt sein — dals
Deuterozacharja- seinen Zeitgenossen dadurch zum Bewulst-
sein bringt, was sie von Zukunftshoffnungen durch ihr Thun
verscherzt haben, dafs er ihnen in c. 9. 10 die ganze
Summe deren vorträgt, welche ohne ihr gottwidriges Thun
zu erwarten gewesen wären.
Was aber nun den Eintritt der c. 9. 10 geschilderten
Hoffnungen zu einem Theile verhindert hat, das erfahren
wir aus c. 11, 1—17. 13, 7—9. Allerdings erfolgt jener
9, 1—8 vorausgesehene Sturm von Nordosten her 11, 1 ff.
In seinem Gefolge scheint es, werde Juda die 10, 3. 4 ver-
heifsene Neuordnung aller seiner Verhältnisse erhalten
|
Das Verhältnifs Deuterosacharjas sur a. t. Weissagung. 96
11, 4—8. Aber diese Hoffnung triigt. Das Volk weist
die ihm von Gott gebotene Hand zurück, mag nicht die
ihm von Gott gegebenen Autoritäten, zieht die alten vor,
welche es verkaufen und sich an ihm bereichern. Ob hier-
mit die 12, 10 den leitenden Kreisen zur Last gelegte That,
nach Deuterozacharjas Meinung wohl ein Justizmord, in
Verbindung su bringen ist, wird sich bei unserer durch-
aus ktimmerlichen Kenntnifs von jenen Zeiten niemals er-
mitteln lassen. Mir ist es wahrscheinlich, wie ich mir es
auch hieraus erkläre, dals der 9, 9 verheifsene persön-
liche Messias in der Schilderung der messianischen Zeit
c. 12 und c. 14 gänzlich fehlt '). So unterbleibt denn die
10, 6 ff. verheifsene Heimführung Ephraims 11, 14. Assurs
und Aegyptens Hochmuth wird nicht gebrochen, wie 10, 12
in Aussicht gestellt hatte, und nicht besiegt unter Gottes
Führung das geeinte Bundesvolk die Griechensöhne, ge-
schweige dafs aus diesem Kampfe der siegreiche Messias-
könig heim zöge. Vielmehr vermittelt sich der Anbruch
der messianischen Zeit ganz anders. Durch das tiefste Elend,
durch noch gröfsere Erniedrigung mufs Juda zu ihr hin-
durch. Die schlechten Oberen quälen und mifsbrauchen
das Volk, bis Gott sie durch ein Strafgericht hinwegrafft,
in welchem zwei Drittel des Volkes umkommen. Das letzte
Drittel mufs durch ein neues grofses Gericht hindurch ;
was in diesem übrig bleibt, wird Gottes Volk 11, 15—17.
13, 79.
Als dieses letzte Strafgericht von 13, 7—9 ist der Zug
der Völker gegen Jerusalem anzusehen, welcher c. 12, 1—14.
13, 1—6 und c. 14 geweissagt wird. Mit knapper Noth
entrinnt die heilige Stadt dem Untergange. Nur dadurch
wird sie gerettet, dafs Gott für-sie zum Streite wider die
Heiden erscheint, und die von den Jerusalemern so
‘) Freilich schliefsen sich die Betonung des Königthums Jahve
und die Erwartung eines messianischen Königs nicht aus, wie Psalt.
Salom. 17, 1. 5 zeigt.
96 Stade, Deuterosacharja.
verachteten Judier sich, ermuthigt durch Gottes Einschreiten,
wider die Heiden erheben, welchen sie Heeresdienst wider
Jerusalem haben leisten müssen.
Aus dem über c. 12, 1—14. 13, 1-6 und c. 14 Ge |
sagten ergibt sich zugleich, dafs diese beiden Weissagungen '
in ähnlicher Weise sich zu einander verhalten, wie c.9. 10
und .c. 11, 1—17. 13, 7—9. In der ersten ist das Bild von *
der Zukunft mehr mit hellen, in der zweiten mehr mit
dunklen Farben gemalt. Diese symmetrische Disposition
des Abschnittes Za. 9-14 ist einer der besten Beweise
für seine Herkunft von einem Verf. Aber auch wenn die
erstere nicht vorhanden wäre, würde bei dem Ergebnils
dieser unserer Untersuchung das Nebeneinanderbestehen -
optimistischer und pessimistischer Zukunftserw
weit davon entfernt sein, einen Gegengrund zu bilden. Deu-
terozacharja fand eben beides in der älteren Weissagung vor.
Freilich werden wir bei dergrofsen Verbreitung, welche
die Meinung gefunden hat, dals der Abschnitt Za. 9—14
von zwei Verfassern herrühre, auf den Ungrund derselben
nochmals ex professo zurückzukommen gut thun. ‚Aber es
wird bei dieser Sachlage in aller Kürze geschehen können.
Ferner aber hat die bisherige Untersuchung uns bereits
den vollgültigen Beweis geliefert, dafs wir in Za. c. 9—14
ein nachexilisches Product, ein Buch jünger als Joel vor
uns haben. Wenn wir in einer weiteren Untersuchung
alle diejenigen Momente zusammenfassen, welche sowohl aus
der innerjüdischen als der äufseren Geschichte für die nach-
exilische Abfassung geltend gemacht werdenkönnen, so ver-
anlafst uns dazu weniger das Bedürfnifs, für unser bisheriges
Resultat weitere Bestätigung zu finden, — es wird dieselbe,
deren es gar nicht mehr bedarf, freilich im reichsten Malse
erhalten — als vielmehr die Erwartung, es möchte ge
lingen, die Abfassungszeit noch genauer zu bestimmen,
als es bisher geschehen konnte.
(Fortsetsung folgt im nächsten Heft.)
Zur Textkritik des Buches Josua und des Buches
der Richter
von Joh. Hollenberg,
Gymnasial-Oberlehrer in Mors.
Im Folgenden möchte ich die Aufmerksamkeit auf
einige theils wichtige, theils unwichtige Lesarten der LXX
im B. Josua und im B. d. Richter lenken, welche mir bei
Stadien zur Gruppirung der Handschriften des Holmes-
Parsons’schen Apparates aufgestolsen sind.
1. Jos. V, 11 fehlt in dem Bericht über das von den
Israeliten zu Gilgal gefeierte Passah in der LXX nınoo
nmioorn, ebenso in V. 12 .nımon. Zugesetzt finden wir es
in beiden Versen in Syrohex. mit Asteriskus, am Rande
einmal in VII 85, als Lesart der Aoırol gibt es beide mal X.
Vollständig in den Text aufgenommen hat es in V.11 die
Handschriftenklasse 44 74 76 84 106 134; ferner 19 108
Compl. In V. 12 haben es an derselben Stelle wie im
Hebr. (hinter ro parva) nur 19 108 Compl., an anderer
Stelle (zwischen nuepg und égé¢dexe) die Handschr. 64 75,
welche zwar eigenartig sind, aber in nächster Verwandt-
schaft mit 44 76 u.s. w. stehen. Dieser Sachverhalt macht
es unzweifelhaft, dafs die Worte in beiden Versen in der
LXX ursprünglich fehlten; denn die sie enthaltenden HH.
sind diejenigen, welche im B. Jos. fast überall die Lücken
nach den übrigen Uebersetzungen ausfüllen. Dafs der
Uebersetzer etwa an dem Ausdruck wegen seiner Nicht-
übereinstimmung mit navn money Lev. 23, 11 Anstofs
genommen, ist schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil
man beide Ausdrücke ohne genauere kritische Analyse
leicht identificiren konnte. Also standen beide Worte nicht
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 7
98 Hollenberg, sur Textkritik
in der hebräischen Vorlage des Uebersetsers. Schon
Hupfeld ') hat nachgewiesen, dafs die im mas. T. voll-
zogene Gleichstellung von fawn nwmp mit moon MIrmD
falsch sei und gegen den Sinn von Lev. 23 verstofse;
auch Wellhausen *) hält sie für eine spätere Ausdeu-
tung. Aus der LXX aber sehen wir, dafs diese auf Grund
von Lev. 23, 11 ff. gemachte falsche Ausdeutung eine
ziemlich späte ist und dafs es fernerhin an jeder Berech-
tigung fehlt, unsere Worte zur Erklärung von Lev. 23
heranzuziehen.
2. Jos. IX, 27 owanım) OVY Son mn OYS yey? on
mm ownsy mm naw) mp5. Hier will „bis auf diesen
Tag* nicht recht zum Vorhergehenden passen. Die LXX
macht hinter my maw einen Punkt und fährt dann fort:
dıa tovro Lyevorro of xaroıxoüvres FaBawy §&vdoxoxot
xad edpopegor tot Pvoraornolov (andere HH. tq Oveie-
ornelo) tov Seov *), dann folgt erst das masor. fm¢ ric
onueoov nuéoac. Es läfst sich nicht leugnen, dafs letzteres
so besser mit dem Vorhergehenden zusammenstimmt.
Also ist vor MM OVNI einzuschieben wor Nya) ‘sw WM
mm mand Dosen OY. Der Grund der Weglassung
ist das Ueberspringen des Abschreibers vom ersten sum
zweiten mm maw. Interessant ist dabei, dafs in dem
Mehr der LXX sich may) nicht wiederholt findet, nur
54 74 76 84 106 134 haben auch hier xzaoy ty Owwayoryü.
Getilgt ist das Mehr der LXX in einer Anzahl von HH;
von den sonst mit Vatic. übereinstimmenden fehlt es nur
!) Commentatio, qua festorum memoriae apud rer. hebr. scriptores etc.
(appendix comment. de prim. ac vera fest. ap. Hebr. rat.) Hal. 1865
p- 1—8.
*) Jahrb. f. d. Th. XXII 482.
®) Dieses Mehr der LXX habe ich leider in meiner „Charakteristik
der alex. Ueb. des B. Jos. Moers 1876“ tibersehen, worauf mich
Kuenen aufmerksam machte.
des Buches Josua und des Buches der Richter. 99
n 209 236 Cat. Nic., aufserdem in 19 108 Cpl., ferner in
II 29 58 59 82. — Syrohex. und 121 haben es sub obelo.
Wenn diese Lesart der LXX richtig ist, wird es tibrigens
noch wahrscheinlicher, dafs die Worte mim OYAy ursprüng-
lich den Vers geschlossen haben.
3. Jos. XV, 60. Es ist fast allgemein anerkannt, dafs
swischen 59 und 60 sich in der LXX ein ursprünglicher
Bestandtheil des hebr. T., eine Gruppe von 11 Städten er-
halten hat’). Man pflegt in den Comment. die Formen
der Ed. Rom., des Cod. Alex. (III bei Holmes) und des
Hieronymus nebeneinander zu stellen, um aus ihnen die
hebr. Formen zu gewinnen. Wir haben aber noch eine
dritte Gestalt dieser Namen in den HH. 44 74 76 84 106
1%; 54 75, mit welchen Syrohex. sum Theil übereinstimmt.
Für das Sayme des Vatic. bieten sie Soywe, für Aurav
Arc mit den meisten HH., für Koviov, wofür auch
Kovdoz und Koviou vorkommt, Koday. Für Tarau (Ta-
yaa?), wofür auch Tara, Tarausı, Tausı, Taye, finden
wr hier Tavay, für Emßrs (das falsche Owfnc der Ed. Rom.
ist völlig zu beseitigen), was jedenfalls in Vat. und 55
(woßns) nur Schreibfehler für das Zwerg fast aller andern
HH. ist, bieten sie I'wens; für Taieu (Tarsıu, Talleıu,
Tedd) Taiciu und T'alasıu, bei letzteren ist a nur ver-
ksen fir 2. Für Ocn0, womit Vatic. ganz allein steht,
säigen sie mit den meisten Bacio (einzelne andere Br797P),
für Maworo (Mavayo) haben sie theils Mavay (44 54 75
106 Syroh.), theils Ma»vay (74 76 84 134). Wir werden
N), Neubauer, la géographie du Talmud 8. 128 Anm. sagt : Bi
notre mémoire nous est fidéle, ces villes se trouvent énumérées dans
un fragment biblique (msc.) de la bibliothöque impériale de St. Péters-
bourg. Wenn ein hebr. Manuscript gemeint ist, so ist die Angabe
nicht sehr wahrscheinlich, da die Städte schon zu Hieronymus Zeiten
im Hebr. nicht mehr standen, aber die Sache wäre doch einer Nach-
keschung werth.
78
100 Hollenberg, sur Textkritik
demnach zu den ganz unzweifelhaften Namen „Pr, mK !
= ond ns, 00°Y hinzufügen können 11), OND OD"), Os |
wv. Da Eoßrns und I'weng sich leicht auf Zoprx zu
rückführen lassen, so wird dies die Originalform sein.
Am unklarsten bleiben auch ferner Taraus (Taway) und
Mavoyo (Mavay), doch ist Tavay schon wegen seiner
Aehnlichkeit mit Mavay keine sehr vertrauenerweckende
Form ®). |
4. Jos. XIX, 30. Von den Grenzen Assers kann man
sich bekanntlich nur eine höchst mangelhafte Vorstellung
machen, da die meisten dort genannten Ortschaften trots
der Identificationen der Commentare unbekannt sind. Ge
wöhnlich wird ganz willkürlich angenommen, die zuletst
genannten Städte Sm) pox Mwy seien außerhalb der vor-
her bezeichneten Grenzen im äufsersten Norden zu suchen.
Aber schwerlich reichte Asser so weit nach Norden, dafs
z. B. Aphaca auf dem Libanon zu ihm gerechnet werden
konnte. Nun lesen wir im Vatic. am Schluß von V. 29
und in V. 30 für ‘wn name San xaı aroieß (1. ax Disp)
xat exyocop xat apxoß (Ed. Rom. Apxöß) xat apex xat pacer.
Mit «pxoß, welches Myy entspricht, steht Vat. ganz allein;
es ist wohl unter Einwirkung von &x060ß oder noch wahr-
scheinlicher durch ein statt gaav an den Rand geschrie-
benes gayoP verderbt. Die Hdschr. III XI; 15 18 64
128; 29 56 58 82 121 (Ald.); 19 108 und Syroh., welche
meist die Namen nach dem hebr. Text corrigiren, lesen
Auuc. Um so mehr ist zu beachten, dafs die sonst im
wesentlichen den vatic. Text darstellenden HH. (16 52 53
‘) Für Kopeu findet sich keine Variante, nur 57 hat Kapaıy, ent-
sprechend dem Caraem des Hieronymus. |
®) Bei de Lagarde, V.T. ab Orig. rec. fragm. apud Syros serv. qu,
welches Werk mir leider erst bei der Correktur vorlag, lauten die syr.
Formen der 9 letzten Städte : Orwp D’ND SONO ap DON WH
“pro Yarn D-
des Buches Josua und des Buches der Richter. 101
57 77 85 131 144 236 237 Cat. Nic.) sämmtlich Axxo
lesen und dafs die oben genannte Klasse 44 74 76 84 134
Axxme *), die verwandten 54 75 verderbt Axxaf haben.
Also ist 799 ein alter Schreibfehler für jap. Dies wird
freilich sonst i2y geschrieben, vielleicht verursachte die hier
vorkommende Schreibung mit 7 die Entstehung der Ver-
derbnifs in der Mas. Die Vermuthung, dafs irgend ein
gelehrter Leser hier Axxo durch Conjectur eingeschoben,
ist schon deshalb zurückzuweisen, weil solche Namen-Cor-
recturen nur nach dem hebr. Text gemacht wurden. Das
Einzige, was in den vorhergehenden Versen wirklich klar
hervortritt, ist der Zug der Grenzlinie von Norden nach
Süden (Sidon, Tyrus, Achsib), hieran schliefst sich also
Akko aufs schönste an. 5 und » zeigt allerdings in den
späteren Formen der aramäischen Schrift, welche unmittelbar
der Quadratschrift vorangehen, keine besondere Aehn-
lichkeit, um so mehr in den früheren Entwicklungsstadien.
Auffallend ist, dafs in Jud. I, 31 die Städte "39 pox und
xm ebenso bei 238 stehen, wenn man hier für barı mit
LXX 35n liest ®).
5. Jud. I, 11 und 14 bestätigt die LXX die Richtig-
keit der Lesarten der Parallelstellen im B. Josua XV, 15.
18 5ym für ym und mw für mais und zeigt, dals 7
durch den Einflufs von 95% in V. 10, non aus der Ver-
doppelung des 7 von mm entstanden ist. Die Uebersetzung
des B. d. Ri. ist im Unterschiede von der des B. Jos.
1) Auch Jud. I, 81 haben viele HH. für Axyw Axywoe (X XI
64 84 121 [Ald.] 106 184), wie öfter an auf w endigende Namen _ an-
gehängt wird, cf. Egew Jud. I, 31 mit Egewe in vielen HH.
*) Schon Reland (Pal. ex mon. sacr. ill. 1714 Tom. II p. 584)
bemerkt, wie ich nachträglich sehe, unter Acco : Inter urbes Ascheri-
ticas Jos. 19, 25 etc. nulla fit mentio urbis hoc nomine : verum in
Graeca versione video pro nomine urbis yy, quod commate 30 legitur
post Ecdippam, scriptum 49768, et in aliis codicibus Axwu (bier war
Reland mangelhaft unterrichtet), quae non multum abeunt ab 4xxw.
102 Hollenberg, sur Textkritik
streng wörtlich, so dafs man auch in Kleinigkeiten sichere
Schlüsse auf ihr Original machen kann. Auch ist die
Uebersetzung des Textes von der Uebersetzung im Jos.
völlig verschieden und zeigt in keinem andern Punkte
einen nachträglichen Einflufs der Parallelstellen, welcher su
der Ansicht berechtigen könnte, dafs der Text der LXX
hier nach Jos. XV geändert sei.
6. Jud. I, 16 haben am Schlufs des Verses alle HH.,
welche sonst den vaticanischen Text darstellen [16 52 u. a. w.,
auch 30 44 76 !)] hinter weta tot Acot noch Aualııe. Ob-
gleich die Mas. hier den auffallenden Ausdruck hat : die
Keniter ... . zogen hinauf mit den Söhnen Judas ....
und wohnten bet (mit) dem Volke, wofür man „bei ihnen*®
oder „bei den Söhnen Judas“ erwartet, wage ich doch
nicht recht, diese Lesart von 16 52 ff. für ursprünglich
zu halten. Man mülste dann annehmen, dals die LXX
ursprünglich gelautet habe peta Auadnx = pyayne und
tov Aaot Dublette sei.. Einen guten Sinn gäbe diese L.
wohl, da ja in der That die Keniter ihre Sitze bei den
Amalekitern hatten cf. I Sam. 15, 6. Danach könnte
freilich die LXX auch corrigirt sein.
7. Jud. I, 36. Nachdem der Verf. von Jud. I darge-
legt, dafs verschiedene Stämme nicht ihr ganzes Gebiet in
Besitz nehmen konnten und speciell vom Stamme Dan er-
wähnt hat, dafs die Amoriter ihn bedrängt hätten, dafs
das Haus Josephs sie jedoch tributpflichtig gemacht habe,
heifst es im letzten Verse :
: Moyo) ybono o'apy nbyon monn Dian
Mit dieser Notiz haben die Ausleger nichts anfangen kinnen
und zum Theil die abenteuerlichsten Erklärungen ersonnen *).
1) 4476 gehen im B. Jud. sum Theil mit dem Vat.
*) Nur Studer das B. d. Ri. 8. 58—57 hebt die Schwierigkeit
der Stelle gebtihrend hervor und kommt su dem Resultat, dafs die
des Buches Josua und des Buches der Richter. 103
Dazu gehört auch die, dafs mbyp hier die Richtung nach
Norden bezeichnen könne, während doch der Zusammen-
hang mit völliger Klarheit nach Süden weist. Aber freilich
wohnten nach V. 34 35 die Amoriter im Norden der an-
gegebenen Punkte. Dies Dilemma löst auch der Vat.
nicht. Seine Uebers. stimmt genau mit der Mas. : xal
Td dgcov tov Auoppalov axd zig avaßaosıng Axpaßlv dxö
tig xeroas xal éxavo. Dagegen bietet eine Anzahl von
HH. bei Parsons folgende Lesart (kleinere orthographische
Verschiedenheiten und Schreibfehler übergehe ich hierbei) :
xal tO Sgeoyv tov Auoppalov 6 Idovualos éxavw Axpapplv
axo (éxt) tig xerpas xal éxavo. Diese L. findet sich in
54 59 751); 19 108; III Syroh. (mit 6 ’Id. sub obelo)
56 (?). Ferner in 84 106 134, nur haben letztere die Du-
blette éxavmw tig avaBacems, während doch éxavm schon
open ausdrückt. Es läge hier nun ja die Vermuthung
sehr nahe, dafs „der Edomiter* hier einem gelehrten Leser,
der Petra als edomitische Stadt kannte, seinen Ursprung
verdankte; diese Vermuthung würde jedoch nur aus einer
oberflächlichen Betrachtung der Stelle hervorgehen und
unzutreffend sein. Denn dafs wir in Cod. 54 u. s. w. die
ursprüngliche LXX mälsige Lesart haben und nicht im
Vat., zeigt schon allein das dxavo Axpaßplv für nbyon
o'apy. Dies ist falsch und eben deshalb ursprünglich
(cf. auch 8, 12; 4, 15). Wir sehen noch genau das all-
mähliche Eindringen der Mas. in den LXX-Text. Die
unklare und sum Theil erwiesen unrichtige Notiz entstellt oder von
unwissender Hand an den Rand geschrieben in den Text gerathen sei.
*) Man darf diese eigenthümliche Klasse, deren T. auch Theo-
doret hatte, nicht deshalb ignoriren, weil bei Holmes ihr kein Uncial-
codex angehört. Es ist das zufällig, wiedenn Tischendorf in Monum.
sacra inedita Nova collectio Vol. I 1855 Fragmente eines Uncial-
oodex veröffentlicht hat, welcher dieser Klasse angehört. Fritzsche
nennt ihn in seinem Lib. Jud. (1867) Nr. 7, de Lagarde K.
104 Hollenberg, sur Textkritik
HH. 84 106 134 enthalten schon die Dublette éxavm tic
avaBacews, haben aber dabei 6 Tovyatog erhalten; X XI;
15 18 64 128; 29 71 82 121 (Ald.) haben die Dublette
ohne 6 Id. und endlich hat der Vat. und seine Verwandten
genau unsern hebr. Text *). Wir haben also, um den rich-
tigen Text zu gewinnen, hinter “nxn nach der LXX
rn einzuschieben und zu übersetzen : „und die Grenze
der Amoriter bilden die Edomiter vom Aufstieg der Skor-
pione, von Petra an und weiter nach Büden.* Möglich
wäre es auch, dals 'oxr erst an Stelle des ursprünglichen
warn in deft Text eingedrungen wäre (in Folge der Er-
wähnung der Amoriter in V. 34 35); dann schlösse das
Kapitel mit der Bemerkung : das Gebiet der Edomiter
aber erstreckt sich u. 8. w.
8. Jud. X, 1 heifet ee : ywind spose nme Oph
: wer ere NT mor win Sewer. Die LXX falst
yw" als xargadéAgpov avrot, während es jetzt üblich ist,
das Wort als einen Eigennamen zu fassen, der ja aller-
dings auch sonst vorkommt. Die HH. 44 76 84 106 134;
1) Das Verhältnifs der HH. im B. d. Ri. ist überhaupt ein sehr
eigenthümliches und vom B. Jos. verschiedenes. Während der Vat.
dort vom Einflufs der Mas. verhältnifsmäßsig wenig berührt ist, liegt
die Sache im B. d. Ri. nicht selten so, dafs andere Klassen von HH.
das urspr. LXX mäfsige und zugleich Falsche erhalten haben. So
haben Jud. I, 22 nur 54 59 75 84 184 (mrg. 85); 19 108; IH 58
Euseb , die gewils falsche, aber nur aus einem schlechten hebr. T. er-
klärliche Lesart Jovdac (449M) für My) erhalten; ebenso in Jud. II,
81 nur die HH. 44 54 75 84 106 184; X 15 64; 29 58; 19, 108 mit
halber Dublette, III 56 63 mit vollständiger Dublette das urspr- &xröc
udozor für P37 sp5y erhalten; cf. auch Jud. XVII, 8 für 1335
zaru fLovag = 9995 und so an vielen anderen Stellen. Trotzdem
stimme ich nicht dem Urtheil Grabe's in der epistola ad Millium zu,
sondern halte den Vat. iın allgemeinen für urspriinglicher, die andern
für gräcisirt. Doch muls ich mir den Beweis für einen andérn Ort
vorbehalten, da diese Frage einen ziemlich grofsen Apparat erfordert.
cf. Field, Hexaplorum quae supersunt I pg. 899.
des Buches Josua und des Buches der Richter. 105
54 59 75 haben vor zarpad. einen dem mas. T. fremden
Eigennamen Kagye oder Kapıs (am Rande von X ver-
schrieben Kagxe) = mi (cf. 2 Kin. 25, 23; Jer. 40, 8,
wo auch in 2 HH. Kaoxe verschrieben ist). Wo sollte
dieser Name herkommen, wenn er nicht in der hebr. Vor-
lage der LXX gestanden hätte? Es wäre also dann zu
übersetzen „und es stand auf (nach andern Op" nämlich
Jahve) nach Abimelech Israel zu erretten Thola, der Sohn
Puahs, des Sohnes Kareachs, seines Oheims (nämlich Abi-
melechs), ein Issascharit. Freilich war Abimelech aus dem
Stamme Manasse, eine Schwierigkeit, die wohl in 54 59 75
84 106 134 den Ausfall des avy Icoayap verursacht hat.
Aber man ist ja nicht genöthigt, 17 streng als Vaterbruder
zu fassen; es läfst sich annehmen, dafs Kareach der Halb-
bruder Gideons, oder der Bruder seiner Frau, oder der
Mann seiner Schwester gewesen ist.
Nachricht von einer unbekannten Handschrift
des Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi
von Friedrich Baethgen in Kiel.
Der Text des Psalterium iuxta Hebraeos Hieronymi
ist in Handschriften und Ausgaben von zwei entgegen-
gesetzten Seiten her corrumpirt worden : durch Eindringen
von Lesarten aus der Vulgata und durch Correctur nach
dem masoretischen Text. Die erste von diesen beiden
Corruptionsquellen ist deutlich erkennbar in den von de La-
garde !) mit W und Z bezeichneten Handschriften, aber
*) Psalterium iuxta Hebrasos Hieronymi e recognitione Pauli
de Lagarde. Lipsiae 1874.
106 Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift
auch in R, einer Handschrift, welche dem Amiatinus (U)
äulserst nahe verwandt ist; die beliebte unbedingte Bevor-
zugung von U ist somit keineswegs begründet. Unter den
Ausgaben zeigt besonders die um 1473 von Günther Zainer
veranstaltete (vy) den Einflufs der Vulgata, wie denn über-
haupt der Text dieser Ausgabe mit dem von WZ nahe
verwandt ist (Lagarde p. IV. V.). Als Beispiele solcher
Correcturen mögen folgende Stellen dienen.
1, 4 Ende y + a facie terre. 8, 1 y in fine RUWZ
in finem für victori, und ähnlich die entsprechenden Stellen.
8, 8 yWZ pecora campi für animalia agri. 26, 4 WZ
iniqua gerentibus für superbis. 30, 10 xWZ descendo
für descendero. 38, 8 WZ anima mea impleta est für
lumbi mei impleti sunt (nach Pealterium Romanum).
119, 22 RUWZ exquisivi für custodivi. v. 48 RUWZ
levavi für levabo u. v. a. Insbesondere sid die Ueber-
schriften der einzelnen Psalmen bei RU durchgehends nach
der Vulgata umgeändert.
Eine von entgegengesetzter Seite ausgehende Cor-
ruption des Hieronymianischen Textes hat de Lagarde in
den von ihm mit S bezeichneten Scholien nachgewiesen.
Solche von einem des Hebräischen Kundigen herrührende
Randbemerkungen sind bereits bei RUWZ theilweise in
den Text selbst eingedrungen. Im besonderen aber finden
sich Correcturen nach dem masoretischen Text in den
Ausgaben gguf8') und unter diesen wieder in hervor-
ragender Weise bei wf. Vgl. 2, 6 Bu&p montem sanctum
meum gegen yABCDGRUW (suum). 8, 3 Bugp adver-
sarios tuos gegen y GRUWZ (meos). 9, 9 lassen Busp
terrae hinter orbem aus. 50, 23 Busp qui ordinat viaın
gegen BGRUW (qui ordinate ambulat). Die letetere Ueber-
seteung geht auf Symmachus zurück und ist dadurch als
1) Die Bedeutung der Siglen bei de Lagarde.
des Psalterium iuxta Hebracos Hieronymi. 4107
urepringlich gesichert. Dasselbe gilt von 20, 6, wo Bu de-
ducemus lesen für ducemus (al. docemus) choros bet y&
BDGRUWZ at. (Symmachus : taypata taypara dtaote-
Lotuew nach Fields Conjectur).
Die Qdellen, auf welche Sys sich stützten, stehen
mir nicht zu Gebote, so dafs ich den stricten Beweis für
die Behauptung, dafs die Herausgeber ihren Text nach
dem Hebräer zugestutzt haben, nicht führen kann; wohl
aber läfst sich diese Behauptung bis zur höchsten Wahr-
scheinlichkeit erheben.
Was zunächst von der Sorgfalt des Erasmus (9) bei
Texteseditionen zu halten sei, ist bekannt genug. Eine
Anzahl beliebig herausgegriffener singulärer Lesarten bei
g zeigen auch hier die Willkür des Herausgebers deutlich
genug. Prooem. p. 2. 1. 20 sephar tallim 9 ON "00
mit hebräischen Buchstaben ; 5 begnügte sich doch mit sepher
thehilim. 12, 6 a gemitu. 14, 1 abominabiles facti sunt
okne et. 26,7 ut audiam (nach der Conjectur yo) vocem
laudis für ut clara voce praedicem laudem. 31, 18 quoniam
für quia. vgl. 5, 1. 6, 1. 23, 1. 24, 1. al. 958 psalmus
für canticum. — Hieraus ergibt sich, dafs g und der ihm
verwandte & besonders wo sie allein stehen von keinem
oder sehr geringem Werth für die Kritik sind. Anders
scheint es mit fu zu stehen, über deren Zusammengehirig-
keit zu vergleichen Lagarde p.V. 2,6 ist orditus sum Au
UZ? ohne Zweifel die ursprüngliche Lesart (nach Aqutla
bduacayıp vgl. das Scholion bei Field). Ebenso 8,1 canti-
cum BuG gegen psalmus ySpRSUWZ. Allein in den
meisten Fällen, wo fu allein stehen, beruht ihre Lesart
dennoch auf Correctur nach dem masoretischen Text. Es
ergibt sich dies aus Folgendem. Hieronymus stellt in der
Epist. 135 ad Sunn. et Fret. (angeführt bei de Wette-
Schrader Einleitung) folgenden Grundsatz auf. Non debemus
sic verbum de verbo exprimere ut dum syllabas sequimur
perdamus intellegentiam. Es bezieht sich dies offenbar
108 Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift
darauf, dafs er die im Hebräischen nicht ausgedrtickte
Copula in seiner Uebersetzung durch Formen von esse
wiedergibt ; dafs er aus dem Zusammenhang Pronomina
ergänzt; dafs er bei Asyndetis die Conjunction hinzufügt,
Vergleiche durch eingeschobenes quasi mildert u. dgl
Alles dies fehlt bei Au vgl. z. B. im Apparat bei de La-
garde 26, 10. 27, 9. 31, 4. 5. 36, 9. 38, 12. 39, 13 al.
18, 29 haben fu sprachwidrig tenebram meam gegen tene-
bras meas der Uebrigen, um den Singular Sn auszu-
drücken u. dgl. Sind also Bu nach dem Hebräer cor-
rigirt, so ist natürlich dadurch nicht ausgeschlossen, dafs
auch bei ihnen vereinzelt eine Lesart der Vulgata den ur-
sprünglichen Text verdrängt hat, so 11, 1 sicut passer für
ut avis. 51, 14 salutaris tui für Jesu tui.
Bei dieser Lage der Dinge scheint bei der Herstellung
des Hieronymianischen Textes der Fall in die Scylla der
Vulgata fast unvermeidlich zu sein, wenn man die Charybdis
des „sciolus iudaicus® -vermeiden will. Glücklicher Weise
ist jedoch ein Codex von de Lagarde ans Licht gezogen,
der von beiden Arten absichtlicher Corruption frei ge-
blieben ist; es ist dies der um 872 geschriebene von de
Lagarde mit G bezeichnete Codex sancti Galli 19. de La-
garde hat dieser Handschrift und der mit ihr nahe ver-
wandten Ausgabe von 1496 (xy) daher die erste Stelle bei
seiner Recognition eingeräumt, und an einer ganzen Reihe
von Stellen stützt G oder xG allein die hergestellte Textes-
gestaltung. Eine Handschrift, welche nun ihrerseits die
Spuren naher Verwandtschaft mit G an sich trägt, darf
aus den oben angeführten Gründen Anspruch auf Interesse
erheben. Es ist dies die wie es scheint de Lagarde unbe-
kannt gebliebene Handschrift der Hamburger Stadtbiblio-
thek 4° Nr. 92 mit der Verweisung Cod. man. theol. Vol. I.
pag. 121).
1) In der handschriftlichen Beschreibung des Manuscriptes, die
sich auf der Bibliothek befindet und mir vorlag, ist nicht angegeben,
des Psalterium iuxta Hebracos Hieronymi. 109
Höhe 21 Cm. Breite 17 Cm. 1219 beschriebene
Seiten (sic) und 25 unbeschriebene (später angebundene).
Enthält das alte und neue Testament nebst den Apocryphen
und dem alphabetisch geordneten Onomasticon. Geschrieben
von Einer Hand auf Pergament in Minusceln des 13. Jahr-
hunderte. Dafs die Vorlage des Schreibers ziemlich viel
älter war, scheint sich daraus zu ergeben, dafs die Um-
‘ schrift der griechischen Worte in dem dem Psalter voraus-
geschickten Prooemium auf griechische Unzialschrift zu-
| rückgeht. Vgl tenoito tenoito (= IS'ENOITO TENOITO).
nenictiomencoc (= TEHICT2MENQC) antigiaonicon toic
alacypoycin (=ANTIBIAONIKON TOIC AIACYPOYCIN).
Das Psalterium steht auf Seite 490--548 der Hand-
schrift. Anfang : Prologus ieron[imi] super psalt. quod
ipse transtulit ex hebreo.
Ich führe nun zunächst eine Anzahl von Stellen an,
in welchen de Lagarde’s Recognition sich allein auf G oder
| auf G und Einen andern Zeugen stützt, der dann in Klam-
' mern angegeben ist, und an denen der Hamburger Psalter,
den ich mit I’ bezeichne, ebenso liest. 1, 3 arbor trans-
plantata ... que (D). 4,2 invocantem (exaudi me). 6, 7
lectulum (x). 7, 9 iudicat (zy). 8, 9 vias aquarum (D).
9, 6 increpuisti (y). 9, 17 sonitu sempiterno (y). 11, 6
; plait (x). 12, 2 salva me (D). 13, 6 quia. 14, 5 ibi
timebunt formidinem (D). 17, 12 quasi leonis. 18, 25
restituet (ohne et). 21, 4 prevenies. 22, 12 recedas. 27,2
cam. 27,6 exaltabit (x). 30, 11 adiutor meus (y). 31, 14
cogitarent (xy). 31, 20 quia (D). 32,8 doceam (D). 33, 4
" quia (8). 35,2 michi (x). 35, 23 dominus. 41, 2 salvabit (y).
_ 42,7 memet. 42,16 tuum domine (D). 44, 24 proiecisti (x).
45, 11 domum (x). 50, 20 adversum, zwei Mal. 59, 1
occideret eum (xy). 60, 2 III. 63, 2 conficiente. 68, 2
dafs das Psalterium das von Hieronymus aus dem Hebräischen über-
setzte ist.
110 Baethgen, Nachricht von einer unbekannten Handschrift
dispergantur (x). 74, 6 scalpturas (y). 87, 4 sciente
me (B). 97, 5 orbis terrae. 102, 8 quasi. 104, 18 ericiis
Noch deutlicher tritt aber die Verwandtschaft von G
und J’ an den Stellen hervor, an welchen eine singulän
Lesart von G bei de Lagarde nicht aufgenommen ist, be
sonders da, wo sie auf einem offenbaren Fehler beruht,
und wo I’ dann wieder ebenso liest. Ich führe folgende
Stellen an.
9,27 ageneratione. 12, 9 filii. 16,4 libabo. G mer
alii non litabo. I’ tm Context : sequentium. al. non litabo,
non libabo. 16, 8 domino. 18, 37 dilatabis + me. 26, %
hierusalem (für Israhel). 28,1 fehlt das zweite te. 30,15
fehlt me. 31, 12 quia (für qui). 31, 20 fehlt es. 32, §
chamo. 32,10 fehlt autem. 33, 2 decacordo. 33, 6 fehl
eius. 38, 15 corde (für ore; auchD). 44, 6 ante (für in
te). 44, 23 tota die zum Folgenden gezogen. 45,9 smyrra
45, 10 fehlt tua. 48, 3 montis. 48, 14 separata. 49, 8
redimetur (für redimet vir). 49, 21 comparabit se. 50,7
fekls Israhel, 50, 16 fehlt ut. 51, 20 in bona voluntat
tua. 53, 5! fehlt non. 64, 3 fehlt tua. 65, 12 robo
rabuntur. 66, 7 in. semet ipso. 68, 5 et cantate (G),
69, 5 rapuebar. 69, 8 quapropter (ohne te). 71,6 Anfang
fehlt a. 73, 8 calumniam calumniam. 74, 17 fehlt ter
minos. 76, 11 meror. idid. reliquus. 81, 4 plangite: 89,11
in brachio fortitudo. 89, 51 fehlt tuorum. 103, 4 viam,
104, 10 inter medios fontes. 106, 1 fehlt alleluia. 108, 9
rex. 108, 11 et (G'). 136, 25 pacem. 138, 14 et tame
141, 7 more (für in ore). 143, 6 animam meam. 145, 12
adam (G?).
Einige dieser Lesarten sind so eigenthümliche Fehler
(vgl. 16, 4. 44, 6. 45, 9. 49, 8. 65, 12. 69, 5. 71, 6. 73, 8&
81, 4. 89, 11. 103, 4. 136, 25. 141, 7), dafs man auf die
Vermuthung kommt, I’ sei eine directe Abschrift von G.
Diese Annahme wird nun aber doch dadurch unmöglich
gemacht, dafs sich bei I’ nicht allein singuläre Lesarten
des Psalterium iuxta Hebracos Hieronymi. 111
fnden, sondern dafs I’ doch auch hin und wieder mit
anderen Zeugen gegen G stimmt. Die folgenden Stellen
sind willkürlich herausgegriffen und machen natürlich keinen
Anspruch auf Vollständigkeit.
Singuläre Lesarten. 2,6 ad regem meum. 2,12 dum
für cum. 5,11 cogitationibus für consiliis. «did. et expelle
eos. 9, 3 nomini domini altissimi. 9, 5 iusticie mee. 9, 15
landationes. 9, 16 comprehensus für captus. 22, 8 sub-
sannaverunt. 20, 17—19 fehlen die Worte multiplicatae
sunt dis quia v..19. (Der Schreiber irrte von multiplicatae
sant v. 17 auf multiplicati sunt v. 19 ad). 27, 4 hance.
31, 8 tribulationes in dorso anime mee. 38, 4 fehlt meis.
39, 7—12 fehlt. 42, 15 ipsa educet me. 46, 10 concadet.
50, 6 et adnuntiabit (ohne caeli wie G). 58, 3 fehlt in
corde. 74, 6 tunc. sd. dolatores. 138, 5 ut cantent.
Wichtiger sind solche Stellen, an denen J’ mit anderen
Zeugen gegen G stimmt. 8, 6 minuisti wie x. 22, 30
pingues mit BuspyRWZ gegen xG principes. 25, 20 qm
= quoniam mis ByugWZ gegen EG quia. 31, 3 fehlt
ad me mit RW. 38, 14 non aperiens os suum mit @ gegen
SABCDGRWZ. 45, 14 fascis mit go (G von jüngerer
Hand). 50,5 meum mit BuspRW gegen G mecum. 50,15
Ende am Rande -+- semper mit RW*. 561, 6 coram mit
BuspRW gegen G contra. 62, 1 eruditio mit Buép gegen
GW erudito. 54, 3 salvum me fac mi y statt salva me.
65, 20 humiliabit gegen G humiliavit. 68, 15 dum mit
„quatuor codices Gallorum* für cum. 73, 20 sompnium
gegen G somnum. 106, 31 scinifes gegen G scynifes. 108, 9
Galaad mit Bugs—@RWZ gegen G Galaath.
Allerdings sind diese Abweichungen bei weitem nicht
so zahlreich und significant wie die Uebereinstimmungen
mit G; dennoch verbieten sie die Annahme I sei ein di-
recter Abkömmling von G. Wie sich das Verhältnifs
zwischen beiden genauer gestaltet, vermag ich zur Zeit
nicht anzugeben, da ich die Handschrift nur wenige Tage
112 Lea und Rahel.
in dem wenige Stunden geöffneten Lesezimmer der Ham-
burger Bibliothek benutzen konnte. Wenn J” etwa auf
eine Schwesterhandschrift von G zurückgehen sollte, se
würde der Werth natürlich höher anzuschlagen sein als bei
directer Descendenz.
Zum Schlufs gebe ich für die ersten acht Psalmen die
Abweichungen zwischen "und de Lagarde’s Recognition.
Die verhältnifsmäfsig geringe Zahl derselben bestätigt in
überraschender Weise den Werth dieser einzigen wissen-
schaftlichen Ausgabe des psalterium iuxta Hebraeos. Blofse
orthographische Abweichungen sind aufser Acht gelassen.
2, 6 ad regem meum. 2, 12 dum. 3,2 quid multipl
3, 3 Ende ist semper vom Mintator ausgelassen, aber die
Lücke ist vorhanden; ebenso 4, 3. 3, 6 et vigilavi. 3, 9
et super. 4, 5 tacete ohne et. 5, 6 qui operantur. 5,8
in domum tuam. 5, 11 cogitationibus für consiliis. «did.
et expelle eos. 6, 11 fehlt mei. 17, 3 eripiat für erust,
7, 17 caput suum... verticem ipsius . . . iniquitas eiw,
8, 6 minuisti.
Lea und Rahel.
Seitdem H. Ewald die Gestalten der Vitersage, zwar
noch vielfach tastend und mit nicht immer gleichmäfsiger
Methode aber in allem wesentlichen mit richtigem Blicke,
auf alte stammgeschichtliche Verhältnisse zu deuten ver-
sucht hat, bricht sich immer mehr die Ueberzeugung Bahn,
dafs wir in den Jacobssöhnen nicht historische Personen,
sondern Heroos eponymi der einzelnen Stämme zu finden
haben. Man gewöhnt sich allmählig an die Einsicht, dalı
die Zwölfzahl derselben etwas durchaus künstliches ist
' Lea und Rabel. 113
= wad sucht in der Gruppirung der einzelnen Jacobskinder
QO . Aufschlüsse über eine jenseits der geschichtlichen Erinne-
= rung liegende Entwicklung des Volkes. Was von physi-
=: -mythologischen oder etymologisch-mythologischen
. Erklärungen dem entgegengesetzt worden ist, hat bislang
= zieht den Beifall der Fachgenossen gefunden. Das ziemlich
== allgemeine Urtheil derselben scheint dagegen entschieden
= m haben.
-- ind nun die Jacobskinder aus den zu einer bestimmten
=. Zeit vorhandenen Stämmen abgeleitet, erklärt sich, dafs
m=. gerade sie und nicht andere Stämme, Clans u. s. w. als
e® Jsoobskinder erscheinen aus bestimmten geschichtlichen
-* Verhältnissen und aus eben diesen ihre Reihenfolge und
+ Btellang in der Familie, so drängt sich die Frage auf,
“ was aber bedeuten die beiden Mütter, auf welche im letzten
-- Grande alle Jacobskinder zurückgeführt werden? Diels
= um so mehr als auf flacher Hand liegt, welche geschicht-
- lichen Verhältnisse durch die Zutheilung der einzelnen
Stämme zu Lea oder Rahel bzw. zu deren Mägden zum
Ausdrucke gelangen. Ewald!) meinte, man habe unter
Lea den älteren von Abraham und Isaak her in Kanaan
schon sefshaften Bestandtheil, unter Rahel den mit dem
Zuge Jacob’s nach Kanaan gekommenen Theil des he-
bräischen Volkes zu begreifen. Es ist dies nicht ganz
richtig. Zwar trifft zu, dafs die Sage damit zwei Schichten
israelitischer Stämme unterscheidet. Aber in der Zuthei-
lang zu Lea oder Rahel wird lediglich zum Ausdrucke
kommen, ob der betreffende Theil früher oder später in
das Westjordanland gekommen ist. Die Stellung Judas
einerseits, die der Josephkinder andererseits lehrt dies un-
wiederleglich. Dieselbelehrt bekanntlich noch etwas anderes,
nämlich dafs die Sage von den Jacobskindern erst nach
t) Geschichte des V. I. I®. 8. 584.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 8
114 Lea und Rahel.
Theilung des Reiches die Gestalt erhalten haben kann, in
welcher sie uns vorliegt.
Der Umstand nun, dafs unter den Stämmen Israels
zwei gar nicht Söhne, sondern Enkel Jacobs sind, zum
Zeichen, dafs sie erst zu geschlossenen Hauptstämmen
geworden sind, als die anderen es längst schon waren, er-
laubt auch andere Glieder der Familie als die Söhne Jacobs
auf hebräische Stämme zu deuten. Und dies wird mit Lea
und Rahel geschehen miissen.
Wir halten uns so nicht nur innerhalb des genea-
logischen Sprachgebrauches, in welchem eine Heirath die
Verschmelzung zweierStämme bedeutet, sondern gewinnen
auch einen von unserem sonstigen Wissen über jene dunklen
Zeiten vollständig bestätigten Einblick in die alten Stammes-
verhältnisse wie in deren Darstellung durch die Sage.
Als Frau erscheint in der genealogischen Darstellungs-
weise der schwächere, in einen stärkeren Stamm aufgehende
Bestandtheil; als stärkerer Stamm also in unserem Falle
Jacob, nach welchem ja eben deshalb das ganze Volk be-
nannt wird. Istder schwächere Bestandtheil ein immerhin
berühmter und ansehnlicher Stamm, so erscheint er als
Eheweib, andernfalls als Kebse.
Wie Jokt&n, Jetür, Jidl&ph, Joseph, J&ktn
Gen. 46, 16, Je’a% 36, 18, JiXbak 25, 2, Jephunne
u. 8. w., so werden wir auch Jacob als Stammnamen be-
trachten dürfen. In historischer Zeit war er als solcher
bereits verschollen.
Benjamin, früher ein Unterstamm des Hauses Joseph,
welcher erst im Westjordanlande auf einer Neurodung an
der Südostgrenze des josephidischen Gebietes zu einem
selbständigen Stamme erwuchs, erscheint als jüngster Sohn
Jacob’s, jüngster Bruder Joseph’s, erst im Lande der Ver-
heifsung geboren — Ephraim und Manasse, welche sich
Les und Rahel. 116
noch später sonderten !), gar als Joseph's Söhne. Umgekehrt
sind diejenigen Stämme, welche in historischer Zeit bereits
verschollen oder nur noch in Trümmern vorhanden waren,
Ruben, Simeon, Levi, die ältesten der Jacobskinder. Die
Mütter aller werden daher als in vorhistorischer Zeit ein-
mal vorhanden ‚gewesene Unterstämme des Hauses Jacob
zu gelten haben, und zwar genauer als solche, welche
bereits vor Ruben, Simeon, verschollen waren, sich aufge-
löst hatten oder sonst wie zu Grunde gegangen waren.
Die Namen stimmen hierzu auf’s beste. mb ist die
Wildkuh *), 5rm das Schaf, sie gehören wie nyow (pam)
za jenen Stammnamen, welche von Thieren entlehnt sind,
von welchen A. Dillmann in seinem Commentare zur
Genesis unter den Horiterstämmen von Gen. 36 eine ganze |
Anzahl nachgewiesen hat und deren Verbreitung W. Ro-
bertson Smith in seiner scharfsinnigen und interessanten
Abhandlung Animal worship and animal tribes among the
Arabs and tn the Old Testament *) weiter verfolgt hat.
Es sind vorzugsweise Namen von Unterstämmen.
Aber noch nach einer anderen Seite hin fällt von hier
aus Licht. Es ist in neuerer Zeit viel tiber die Entstehung
des Namens n5 gestritten worden. Der Ableitung von Mb,
nach welcher die Leviten die Clienten des Heiligthums
waren, steht einmal das Zere der Form, dann der Umstand
1) Simei rechnet sich 2 Sa. 19, 21 noch zum AH) MD, zur Zeit
Salomos bildet dasselbe noch einen Verwaltungsbesirk 1 Kö. 11, 28,
aus welchem jedoch, wie tus dem wichtigen Document 1 Kd. 4, 7—19
su erschliefsen ist, Benjamin bereits ausgeschieden war.
2) G. Woetzstein, bei F. Delitzsch, d. Buch Hiob*. Lpag.
1876. 8 507 Anm.
s) Journal of Philology. Vol. IX, 8. 75 ff. Es sei erlaubt an
diesem Orte auf diese die wichtige Frage nach den ältesten religiösen
Vorstellungen der Semiten beleuchtende Abhandlung aufmerksam su
machen.
8*
116 Lea und Rahel.
entgegen, dafs dieser Stamm nach Gen. 49, 5—7 in vor-
historischer Zeit als weltlicher Stamm vorhanden gewesen
ist. Letztere Stelle macht es unmöglich, ihm eine andere
Herkunft als den übrigen Jacobskindern zuzuschreiben,
oder den späteren geistlichen Stamm Levi, welcher ja frei-
lich aus sehr verschiedenen Elementen zusammengewachsen
ist, gänzlich aus freien Anfängen entstehen zu lassen. Die
Reste des alten weltlichen boten ihm einen Krystallisations-
punkt'). Die plausibelste Etymologie von ‘> hat nach
meiner Ueberzeugung W ellhausen *) gegeben. Er meint,
dafs 5 vielleicht nur einfach das Gentile seiner Mutter
mud sei.
Weit entfernt, unserem obigen Resultat zu wider-
sprechen, stimmt diese Auffassung vollständig zu dem-
selben. Der Mosestamm mufs einstmals eine führende
Rolle gespielt haben; auch sonst gelten die priesterlichen
Geschlechter als die ältesten der Völker. Lea, das Weib
Jacobs, wird als ein älterer Stamm zu gelten haben als
seine Söhne Ruben und Simeon. Erscheint aber derselbe
Stamm das einemal in der Form 5 als Weib Jacobs,
das anderemal in der Form des Gentile "5 als einer seiner
ältesten Söhne, so ergibt sich, dafs man an verschiedenen
Orten und zu verschiedenen Zeiten die Verhältnisse dieses
Stammes verschieden aufgefafst, in verschiedener Weise in
der Sprache der genealogischen Geschichtedarstellung zum
Ausdrucke gebracht hat. Derjenige Sagenkreis, in welchem
von Haus aus Lea Jacobs Weib war, kannte selbstver-
ständlich nicht den dritten Jacobssohn Levi, der andere
von Haus aus nicht Lea als Jacobs Weib. Durch spätere
Combination entstand die jetzige Form der Genealogie.
Selbstverständlich gelten mir nach dem Obigen auch Zilpa
und Bilha, welche ich freilich nicht zu deuten weils, als
Namen verschollener Stämme. B. 8.
1) s. Lit. Centralbl. 1879, 8. 828.
*) Gesch. I, 8. 149.
117
Kritik der Berichte über die Eroberung
Palaestinas.
(Num. 20, 14 bis Jud. 2, 5).
Von Dr. Eduard Meyer in Leipsig.
Die Aufgabe des folgenden Aufsatzes ist, die einzelnen
Berichte über die Eroberung des trans- und cisjordanischen
Palaestina, welche in den geschichtlichen Abschnitten von
Num. 20, 14 bis Jud. 2, 5 mosaikartig durcheinander ge-
worfen sind, von einander zu sondern und auf ihre histo-
rische Glaubwürdigkeit zu prüfen. Ich bemerke jedoch,
dafs ich den knappen und fast überall mit völliger Sicher-
heit ausgeschiedenen Bericht des Priestercodex (Grund-
schrift, A, Q) nicht weiter berücksichtige. Die für den nach-
exilischen Ursprung desselben aufgestellten Beweise er-
scheinen mir unwiderlegbar, seine Erzählungen handgreiflich
entweder den älteren Geschichtswerken entlehnt, oder will-
kürliche Constructionen. Auf alle Fälle wülste ich nicht,
was eine Wiederaufnahme der Discussion bei der uns be-
schäftigenden Frage nützen könnte. Es handelt sich also
für uns nur um den Jahvisten und den Elohisten. Dafs
diese beiden Werke bereits vor der deuteronomistischen
Ueberarbeitung der gesammten historischen Literatur zu
einer Einheit verbunden waren, oder doch gleichzeitig mit
dieser zu einer solchen verbunden worden sind, lange ehe der
Priestercodex hinzukam, halte ich für sicher und werde
für den Bearbeiter nach Wellhausen’s Vorgang den
Namen Jehovist anwenden. Diese Frage ist jedoch für unsere
118 Meyer, Kritik der Berichte
Untersuchung ohne größsere Bedeutung; wer Dillmann’s
Anschauungen theilt, wird an Stelle des ,Jehovisten*
überall den „Schlufsredactor* einsetzen können.
1. Einen sicheren Ausgangspunkt bieten die beiden
völlig gleichartig gebauten Erzählungen Num. 20,
14—21 und 21, 21 ff. Von Qadesh aus schickt Moses
Gesandte an den König von Edom mit der Bitte um Ge-
währung freien Durchzugs ; die Kinder Israel wollten auf
der Königsstrafse ziehen, Felder und Weinberge nicht be-
treten, kein Wasser aus den Brunnen trinken u. s. w.
Aber Edom schlägt das Gesuch ab und rüstet zum Wider-
stand. „Da wandte sich Israel von ihm“. Genau die
gleiche Forderung ergeht 21, 22 f. an den Amoriterkönig
Sihon; seine Weigerung aber führt zum Kampf und zur
Eroberung seines Reichs „vom Asnon bis zum Jabboq und
den‘ Ammonitern.* Seine Städte, „Heshbon und ihre Téchter*
' werden erobert. Folgt die Angabe (v. 26) Sthon’s Reich
habe früher zu Moab gehört und als Beleg ein später aus-
führlich zu besprechendes Lied. „Und Israel wohnte im
Lande der Amoriter®.
Von diesen beiden Stücken aus läfst sich der weitere
Faden gewinnen. Vor dem Kampf mit Sthon bei Jahas be-
findet sich Israel in der Wüste südlich vom Arnon (21, 23);
mithin gehören hierher aus dem Routier 21, 10—20 die
gleichartig formulirten Verse 12—18*, wo der Marsch über das
Thal Zared an „das jenseitige (d. i. südliche) Ufer des Arnon,
der in der Wüste ist und an der Amoritergrenze entspringt“
und zum „Brunnen“ berichtet und durch abgerissene Lie-
derstücke aus dem „Buch der Kriege Jahve’s“ illustrirt
wird. Der Anfang der Stationenliste fehlt; ein Bruchstück
derselben liegt aber in Deut. 10, 6—9 vor, wie die Formel
wo) OWD beweist. Die letzteren Verse sind durch irgend
einen Zufall mitten in Mose’s Erzählung von der Gesetz-
gebung am Horeb gerathen, mit der sie nicht das mindeste
über die Eroberung Palaecstinas. 119
zu thun haben’). Sie berichten den Zug vom Brunnen
Bné Jaq&n über Mosera und Gudgoda nach den Bächen
von Jotbat *). An der zweiten Station stirbt Aharon und
sein Sohn El asar folgt ihm als Priester, an der’ vierten
„sondert Mose den Stamm der Leviten ab um die Lade
[des Bundes] Jahve’s zu tragen, um vor Jahve zu stehen
zu seiner Bedienung, und um in seinem Namen zu segnen
bis auf diesen Tag; daher hat Levi keinen Theil und Be-
sitz erhalten mit seinen Brüdern; Jahve ist sein Besitz,
wie er ?) ihm gesagt hat”. Warum dieser Abschnitt von
dem Schlufsredactor in Num. gestrichen ist, liegt auf der
Hand. Der Tod Aharons wird von ihm nach dem Priester-
codex erzählt 20, 22—29, der ihn nach Analogie von Mose’s
Tod auf den Berg Hor verlegt; und der Bericht über Ein-
setzung und Bestimmung der Leviten stand in zu starkem
Widerspruch mit Num. 3 ff., um aufgenommen zu werden. —
Zu beachten ist übrigens, dafs der Verfasser der Stationen-
liste Num. 33 in v. 30-33 die vier Namen Deut. 10, 6ff.
kennt, aber vor die Ankunft in Qadesh verlegt; sonst zeigt
er nur sehr selten Bertihrangspunkte mit der jehovistischen
Darstellung.
Die Stationen 21, 10, 11 (= 33, 43 f.) mit der For-
mulirung UM — ıyDN gehören dem Priestercodex an; tiber
v. 18°—20, wo im Widerspruch mit der Sihongeschichte
der Marsch bis zur Pisga in Moab geführt wird, s. u.
Auf die Verhandlungen mit Edom läfst unser Text
zunächst Aharons Tod auf dem Hor folgen 20, 22—29,
einen dem Priestercodex angehörigen Abschnitt, an den
1) Ebenso ist bekanntlich Deut. 4, 41—43 (Einsetzung der trans-
jordanischen Freistädte), eine dem Priestercodex angehörige und un-
mittelbar an Num. 85 anschliefsende Erzählung, sinnlos an den Schlufs
der ersten Einleitung des Deut. gerathen.
*) Versch. Varianten in Sam. und LXX.
) ox um ist natürlich Glosse und fehlt in LXX.
120 Meyer, Kritik der Berichte
21, 4° ssm“imp wer ankntipft. Dagegen setzt sich 20, NT
yoyo Su on unmittelbar fort in 21, 4 20) nom m
Ow ya Me „Israel wandte sich von Edom weg auf da!
Weg nach dem Schilfmeer, um das Land Edom x}
umgehen.* Es folgt eine Hungersnoth, Murren des Volks, |
Ziichtigung durch Schlangen, die Aufrichtung der au |
Reg. II, 18, 4 bekannten ehernen Schlange. Hier win :
sich die Liste der Stationen bis an den Arnon angeschlossen
haben.
Der Verfasser unserer Erzählung denkt sich also von
Arnon bis an den Jabboq ein Amoriterreich, im NO. von
‘Ammon 21, 241), im S. von Moab begrenzt. Der Arno
entspringt 21, 13 an ihrer Grenze und der Zusatz „denn
der Arnon ist die Grenze Moabs zwischen M. und den
Amoriter *)*, der ganz wie eine Glosse aussieht, gibt jeden-
falls die Meinung des Schriftstellers richtig wieder. Der
selbe nimmt offenbar an, dafs die Israeliten östlich um
Moab herumzogen, ohne sein Gebiet zu berühren; erst als
Sihon besiegt ist, wird Balaq besorgt und beruft den
Bileam. So wird denn auch Jud. 11, 17 f. berichtet: wie
Edom sei auch Moab vergeblich um Gewährung des Durch-
zugs gebeten worden, man habe sein Gebiet von Osten
(wow mmmp; so auch Num. 21, 11 umgehen müssen, vgl.
Deut. 2,9 ff.). Ob diese Darstellung auf Conjectur beruht oder
der Redactor des Pentateuchs den entsprechenden Abschnitt
gestrichen hat, läfst sich nicht mehr entscheiden. Jedenfalls
kehrt dieselbe geographische Anschauung auch Num. 22, 36
wieder: „es hörte Balaq, dafs Bile am angekommen sei und zog
ihm entgegen nach ‘Ar *) Moab, welches im Arnongebiet
') Für poy 99 5159 19 m bieten die LXX offenbar richtig
éte Tacho (MY) Bera vlov Auudy 2orı; die Bemerkung ist eine mit
21, 82 zusammenhängende Glosse.
*) >a S123 N 1D auch Jud. 11, 18.
*) Dals aby für “py zu lesen ist hat schon Knobel zu Num. 21,2
erkannt.
fiber die Eroberung Palaestinas 121
an der Grenze des (moab.) Gebiets liegt 1)*. Dieser Vers
gehört zu der ersten der beiden Versionen der Bileam-
geschichte v. 9—20, 21, 36>, nach der Bileam mit den
Fürsten Moabs zu Balaq kommt und die unzweifelhaft
dem Elohisten entnommen ist *).
Zwischem dem Kampf mit Sthon und der Bile amge-
schichte steht noch 21, 32—35 die Besiegung des Amoriters
von Jaezer und des ‘Og von Bashan. Wellhausen ®)
bemerkt mit Recht, dafs diese Verse späterer Zusatz sind.
Von der Besiegung der „zwei Amoriterkönige* ist zwar
sonst oft genug die Rede (auch Deut. 3), aber Num. 22, 2%)
hört Balaq nur von der Besiegung „des Amoriters“ und
auch Jos. 24, 8. Jud. 11, 22 f. wird “Og völlig übergangen.
2. Der so gewonnene Bericht gehört sicher dem Elo-
histen, nicht dem Jahvisten ®) an. Dies beweist das Vor-
kommen von Aharon Deut. 10, 6, während dieser dem Jah-
visten unbekannt ist, der Gottesname Dinbx 21, 5 — dafs
sonst M¥T im Text steht ist bekanntlich kein Gegen-
argument; ferner der nachgewiesene Zusammenhang mit
Num. 22, 36. Sodann werden unsere Geschichten gerade
in elohistischen Partien immer wieder erwähnt. Jos. 2, 10.
9, 10 sind allerdings deuteronomistisch überarbeitet, aber
nicht Jos. 24, 8 f., wo die Besiegung des „transjordanischen
Amoriters* neben der Vereitelung des Fluches Bile ams
erwähnt wird. Den letzten Zweifel hebt die Thatsache,
1) Etwas anderes kann doch mip WR TWIN by) by “WS
Sox] nicht bedeuten.
*) 8. Wellhausen, Jahrb. D. Theol. XXI, 578 ff.
*) A. a. O. 8. 578.
*%) Num. 22, 1 gehört bekanntlich dem Priestercodex, in v. 8 ff.
sind die verschiedenen Versionen untereinander gemengt.
5) Wie Wellhausen annimmt, wegen der singularischen Be-
handlung der Völkernamen DAX (30,18) und yQN; indessen letzteres
gebraucht gerade der Elohist immer als Singular.
192 Meyer, Kritik der Berichte
dals der Völkername Amoriter ausschlielslich dem 1
histen!), wie Kanaanaeer ausschlielslich dem Jakvü
angehört. Beide Namen decken sich nach Begriff und |
fang vollständig und bezeichnen die gesammte vorisraelitü
Bevölkerung Palaestinas.
Dies bedarf eines längeren Nachweise. Bekannt!
enthält das Buch Josua keine jahvistischen Bestandth
(über die Ausnahmen s. u.), sondern geht abgesehen ı
den Stücken, die der deuter. Bearbeitung oder dem Priesi
codex angehören, ausschliefslich auf den Elohisten zurück
Hier findet sich aberals Name der Landesbewohner dur
weg) nur ‘DN gebraucht. Jos. 10, 5. 6 ziehen „ı
(fünf) Könige der Amoriter, die im Gebirge wohne
gegen Israel; 24, 15 läfst Josua das Volk wählen, ob
dem Jahve oder den Göttern, welchen seine Vorfahren j
seite des Euphrat und in Aegypten dienten, oder „(
Göttern des Amoriters in deren Lande sie wohnen“ dia
wolle. Wie Sthon 24,8 „der König der transjordaniscl
Am.* genannt wird (ebenso Deut. 3, 8. 4, 47 =J
2, 10. 9, 10), redet Josua 24, 12 von der Vertreibung ı
„zwölf *) Amoriter-Kinige*. Dieselbe Auffassung kehrt
') Dies bemerkt auch Wellhausen a. a.O. 8. 602; die Ident
von OX und 197955 hat ganz neuerdings Steinthal, Ztschr. f. Vall
psych. XII, 8. 267 erkannt.
*) Für unsere Untersuchung ist es gleichgültig, dafs die Kan
mit Jericho und ‘Ai und die Verhandlungen mit Gibe‘on in zwei '
sionen vorliegen. Nur bei der letzteren Erzählung kann die Fi
überhaupt aufgeworfen werden, ob die eine Version, welche statt Jc
den 5x ws wr handeln lälst (9,6. 7 cet.), nicht vielleicht jahvist
ist; und diese nennt die Bewohner Chivviter (LXX XYoppaloı Y
die jüngere, jedenfalls elohistische, einfach py) I.
*) In Jos. 5, 1 55) mr gem Ty. Wwe ms Don
om by “wR YYIN 155x ist der zweite Theil natürlich Interpolat
„die Könige der Am. jenseits (westlich) des Jordan nach dem Meere
lassen für „Kan. Könige am Meere“ keinen Platz mehr; die Besiel
der letzteren auf Phönikien (LXX) ist exegetische Ausflucht.
*) LXX dwdexa für yy, es. Wellhausen, a. a. O. 8. 596.
über die Eroberung Palacstinas. 123
Deuteronomium wieder, das ja auch sonst immer mit dem
Elohisten übereinstimmt, nur den eloh. Dekalog kennt,
den Berg der Gesetzgebung durchweg Horeb, nicht wie
der Jahvist Sinai nennt !. Wenn ich nichts übersehen
habe, kommt "939 im Deut. nur 1,7 (wahrscheinlich inter-
polirt) und 11, 30 vor, sonst immer "px; und 1, 20 bezeichnet
Moses Qadesh (in der Wüste) als an der Südgrenze des
„Amoritergebiets, das Jahve uns gegeben hat“ gelegen.
Denselben Sprachgebrauch finden wir bei dem deuterono-
mistischen Bearbeiter der geschichtlichen Bücher, z. B.
Gen. 15, 16; Jud. 1, 34 ff. 6, 10. 10,8 im scharfen Gegen-
satz zu dem sonstigen ‘y29; Sam. I, 7, 14, wo sogar die
Philister unter on begriffen werden, u. a. In dem
ganz späten Capitel Gen. 14 wird v. 13 aus dem Haine
Mamre ein Amoriter dieses Namens gemacht. „Amoriter“
bezeichnet somit genau was wir „Kanaaniter“ zu nennen
pflegen. Da auch Amos 2, 9 f. Amoriter sagt, scheint
dies allgemeiner Sprachgebrauch des Nordreichs gewesen
zu sein, wie Horeb für Sinai.
Beim Jahvisten wie im Richterbuche finden wir da-
gegen durchweg 923; so Gen. 12, 6 pIN3 IN YYIDM, wo-
für 13, 7 OM "1m steht wie Gen. 34, 30 und in den viel-
Jeicht interpolirten Versen Jud. 1, 4. 5 (s. u.); ferner
*) Die gewöhnliche Annahme, dafs die Verfasser des Deut. schon
das aus Jahvist und Elohist zusammengesetzte Wort (Jehovist) benutzt
hätten, erscheint mir sehr fraglich. Sicher jahvistisch ist wohl nur
Datan und Abiram 11, 6, die auch dem selbständigen Werke entnommen
sein können. Sonst herrschen nicht nur durchaus die elohistischen An-
schauungen, sondern die im jehovistischen Texte durch die Vermen-
gung der beiden Berichte verwirrten Erzählungen scheinen hier noch
in einfacher Fassung vorgelegen zu haben; s. die nächste Anm. —
Wenn das Deut. die Zerschmetterung der Tafeln und Anfertigung neuer
kennt, so scheint mir auch der Elohist schon so erzählt zu haben.
Auch um dieser Frage willen ist eine Detailuntersuchung der Gesetz-
gebungsgeschichte dringend erforderlich.
124 Meyer, Kritik der Berichte
Gen. 10, 18 f. 24, 3. 37. In der jahvistischen Version de
Gesandschaftsgeschichte Num. 13.14 berichten die Gesandten
13,29 „ Amaleq wohnt im Negeb und der Kan. wohntam Meere
und am Jordan“, entsprechend dem Befehl des Moses v. 17 :
„zieht nun hinauf ins Negeb und dann ins Gebirge.* Damitist
das Land ausgefüllt; denn vom Meer zum Jordan sind nur
zehn Meilen. Ganz sinnlos ist daher hier eingeschoben :
„und der Chetiter (!) und Jebusiter und Amoriter wohnt
(! sing.) im Gebirge“. Von diesen Völkern ist denn nachher
auch nirgends mehr die Rede; 14, 26. 43. 45 heifsen die
Bewohner ‘Amal. und Kan. !).
Die an dieser Stelle eingeschobenen Namen beruhen
auf der Anschauung von den „sieben Völkern“ Kana ans.
Die älteste Stelle, an der dieselben vorkommen, wäre falls
dies Capitel alt ist*), Deut. 20, 17: „bannen sollst du sie, den
Chetiter, Amoriter, Kana aniter, Perizziter, Chivviter, Jebu-
siter Girgashiter fehlt, wie Dir Jahve befahl“; dann folgt
Deut. 7,1: , Wenn Jahve Dich in das Land etc. führen und
zahlreiche Völker vor Dir austreiben wird, den Chet.
Girg. Am. Kan. Per. Chivv. Jeb., sieben Völker, grölser
und stärker als Du*. Diese Liste ist historisch sinnlos.
Amor. und Kan. sind identisch ; Jebusiter sind ausschliels-
lich die Bewohner von Jerusalem (Jud. 1, 21 = Jos. 15, 63.
Sam. II, 5, 6), also ein rein localer Name. Chivviter
heifsen in dem älteren der beiden Berichte Jos. 9 (8. 0.)
die Bewohner von Gibeon, die an der weit älteren Stelle
Sam. II 21, 2 einfach "oa m? „ein Rest der Amoriter*
genannt werden. Ferner heilst Gen. 34, 2 Sichem ein
Chivvite [ob jahv.? v. 30 werden die Eingeborenen 9%
„9 genannt], während der Elohist ihn nach 48, 22
“ox nannte. Auch Nr ist also wahrscheinlich ein
ft) Weiteres s. u. 8. 189 ff. — Nach dem Jahv. kommen die Kund-
schafter nach Hebron, nach dem El. in das Thal Eshkol. Deut.
1, 22 ff. kennt nur die letstere Version und nennt die Einwohner
Amoriter.
®) Vgl. Wellhausen a. a. O. XXII, 468 f.
über die Eroberung Palaestinas. 125
ia localer Name !). Ueber Perizsiter („Dorfbewohner“ ?)
i Girgashiter [„Vertriebene“ ? ?)] wissen wir gar nichts.
le Chetiter aber gehören nach den genau übereinstim-
enden Angaben der ägyptischen Inschriften des 15—13.
wits. und der historischen Bücher der Hebräer (Sam. II,
‚6. Reg. L 10, 29. I, 7, 6°), ebenso Gen. 10] aus-
hliefslich an den Libanon, nach Koelesyrien im engeren
ane, nicht in das von den Hebräern besetzte Land. Dafs
r Verfasser des Deuteronomiums von den Verhältnissen
r Urzeit nichts mehr wulste, ist sehr begreiflich ; ebenso,
fs man diese zwar wohlklingenden aber inbaltsleeren
unen sei es sämmtlich sei es mit Auswahl in maiorem
aeli gloriam an zahlreichen Stellen des Hexateuchs ein-
gte. Die Stellen — wenn ich nichts übersehen habe,
ıd es Gen. 10, 16 f. 15, 19 ff. (die umfangreichste und
yernste Liste). Exod. 3, 8. 17. 13, 5 (v. 11 steht in der
schen Formel nur 933). 23, 28. 28 = 33, 2. 34, 11.
ım. 13, 28. Jos. 9, 1 (dem Inhalt nach = 10, 5). 11, 3.
‚8. 24, 11. Jud. 3, 5 — geben sich denn auch durch-
g deutlich als Interpolationen zu erkennen, oder gehören
n spätesten Partien des jehovistisch-deuteronomistischen
eschichtswerks an 4).
Dafs man diesen Thatbestand verkannt hat und allge-
ein (aulser Steinthal) die Amoriter für ein von N.
*) (Falls man sie nicht mit Ewald, G. V.I. I, 8. 841 vom Wohnen
fey benannt sein läfst. B. 8.)
*) Vielleicht von pj: Redslob, Alttest. Namen der Bevölkerung
s Israclitenstaats 8. 108.
*) 8. Wellhausen, d. Text d. Bücher Sam. 8. 217 f. Bekannt-
b ist os reine Willkür — die aber Aegyptologen wie Chabas (voyage
m égyptien) (und viele a. t. Theologen. B. 8.) irre geleitet hat —
an die Geshichtserzählung des Priestercodex die Chetiter in der
kiarchenzeit zu Bewohnern Palaestinas, speciell Hebrons, gemacht
. — .Auch Jos. 1, 4 (Deuteron.) tritt die richtige Anschauung noch
vor.
*) Ein gleiches gilt natürlich von der Formel yy) 3571 ND! yu:
126 Meyer, Kritik der Berichte
erobernd in Kana an eingedrungenes Volk hält, liegt aufser
an Num. 21, 26, worüber unten, an den Stellen Jos. 13, 4
und Jud. 1, 34 ff. — Jos. 13, 2—6, eine äufserst corrupte
Aufzählung der von den Hebräern nicht unterworfenen
Stämme, ist dem Kerne nach identisch mit Jud. 3, 3, wo
„die fünf Fürstenthümer der Philister und alle Kana anäer,
Sidonier, Chetiter !), die am Libanon vom Gb. Baal Her-
mon bis nach Hamat hin sitzen“ aufgezählt werden. Jos.
13 folgen auf die Philister (incl. Geziriter *) und‘Avviter®)] —
„das ganze Land Kanaan [von Gaza an ?] 4), die Sidonier
bis nach Apheq, der Grenze der Amoriter, das Gebiet von
Byblos, und das ganze Libanongebiet im Osten von Baal-
Gad bis nach Hamat hin“. Interpolirt ist die Stelle jeden-
falle, und wenn sie überhaupt verwerthet werden darf, ist
nach dem früheren klar, dafs Apheq (im 8.O. von Byblos)
als Nord-, nicht etwa als Südgrenze der Amoriter, d. i.
Kana ans, bezeichnet werden soll. — In Jud. 1, 34 ff. „es
drängten die Amoriter die Söhne Dans ins Gebirge u. s. w.
und das Gebiet der Am. reicht von der Skorpionenhöhle,
von Sela aufwärts (byo1)“ scheinen die Am. von den
vorher immer genannten Kana aniern als ein besonderes
Volk geschieden zu werden. Indessen die Verse geben
sich durch ihre von dem gleichmifsigen Bau der voran-
gehenden Abschnitte völlig abweichende Form deutlich als
späteren Zusatz zu erkennen 5). Auch ist die letzte Be-
merkung ja offenbar unvollständig und nicht hierher gehörig.
') Wie Jos. 11, 8 (Vat. Xerralovg) setzt Wellhausen d. Text
d. Büch. Sam. 8. 218 auch hier richtig wry für npj ein.
») 73, LXX Teoıel für sy} wie Sam. I, 27,8 s. Wellhausen,
a. a. O. 8. 189.
*) 1o'MD [Oly scheint übrigens Interpolation.
*) Für das unsinnige OyTyb AW DAY) YIN PW 4D bieten
die LXX xal ndoy yy Xavady Evarılov (var. And und drrevavrlor)
Tdlns xal ol Zudavıoı, was indessen auch nicht richtig sein wird.
5) (Vgl auch 8. 102 ff. B. 8.)
über die Eroberung Palaestinas. 127
- Die ägyptischen Inschriften bestätigen unser Resultat
dig. Kanäna d. i. 1933 scheinen sie nur als einen
an der palästinensischen Grenze zu kennen.
grofse Harris-papyrus erwähnt Kanänas als „Festung
Landes Zahi® (entspricht dem Umfange nach
«wa dem griechischen Zvupla), von Seti I heilst es „er
['wernichtete die Shasu (denen etwa die ‘Amalegiter und
® Midianiter entsprechen) von der Feste von Zal (an der
F ag. Grenze) bis nach Kanäna® !). Dagegen als Name für
Land und Bevölkerung von Kanaan im weitesten Sinne
wird immer Amir d. i. "ON gebraucht. Ramses III be-
siegt Rebu (Libyer) und Amar und bringt ihre Fürsten
gefangen nach Theben. Dapur (für 37 oder. man er-
klärt) heifst „die Stadt welche s. Maj. im Lande von
Amäur einnahm®, betreffs Qedesh, der Hauptstadt der
Cheta = om am Orontes, wird gesagt : „Auszug des
Pharao (Seti I) zu erobern das Land von Qedesh in dem
Amärflande]® *). Die letztere Angabe stimmt vollkommen
damit, dafs in dem jahvistischen Abschnitt der Völkertafel
Gen. 10, 15 Chet Bruder des Stdon und Sohn Kana ans
heifst, und dafs in Laodikea am Libanon (Umm el‘ Awämtd)
in unmittelbarer Nähe des alten Qedesh noch unter den
Seleuciden phönicisch gesprochen wird. Die Chetiter, d.h.
die Bewohner der eigentlichen xoAn Zvpla „bis nach
Hamat zu® sind eben Amoriter oder Kana anäer, und werden
daher auch im A. T. von den Aramäern in Damaskus
und dem nördlichen (Euphrat-) Lande durchweg geschieden °).
') Lepsius, Denkm. III, 126. Brugsch, Gesch. Aeg. 8. 460.
9, Dimichen, Hist. Inschr. I, Taf. 28. Lepsius, Denkm. III,
16. Rosellini, mon. stor. pl. 58. Im allgemeinen vgl. Brugsch,
Geogr. Inschr. II, 21 ff.
*) Zu beachten ist auch, dafs der Name der Astarta d. i. ANY,
den die Aegypter gewils den Cheta entlehnten, kansanäische, nicht
ısmäische Form zeigt Andererseits haben die Eigennamen der Cheta
'" (susammengestellt bei Chabas voyage 829) meist ein sehr unsemitisches
Gepräge.
128 Meyer, Kritik der Berichte
3. Kehren wir jetzt zu unserem Bericht zurück. Deut-
lich tritt in demselben die Tendenz hervor, die Zustände
der späteren Zeit zu erklären und zu rechtfertigen, in
welchem Sinne er denn auch in der antiquarischen Dis-
cussion Jud. 11 verwerthet wird. Wie bekannt, erstreckte
sich das Gebiet Israels ideell, und in den Zeiten der gröfsten
Macht auch factisch, bis an den Arnon. Daher ist hier
die „Grenze der Amoriter*, hier beginnt das von Jahve
den Israeliten verheifsene Land; daher wird Edom um-
gangen und von Moab und ‘Ammon (21, 24) so wenig
wie möglich geredet. Der Verfasser der ersten Einleitung
zum Deuteronomium bringt die Tendenz seiner Vorlage nur
deutlicher zum Ausdruck, wenn er die Erzählung dahin
abändert, dafs Edom den Durchzug gewährt und Jahve
den Krieg mit Moab und “Ammon als „Söhnen Lot’s*
streng verbietet, dagegen den Angriff auf den Amoriter
Sthon freigibt '). Unsere Geschichte gehört insofern in
dieselbe Kategorie, wie die von der Festsetzung der Grenze
zwischen Israel und Aram durch Jakob und Laban Gen. 31
und der Vertrag zwischen Abimelech und Isaak oder
Abraham Gen. 21, 26, nur dafs dies Volkssagen sind,
während jenes bewulste Geschichtsconstruction ist.
Indessen die Wirklichkeit stimmte schlecht zu dieser
Schilderung. Gerade die Gegenden, welche die Erzählung
und das Lied als Reich Sthons bezeichnen, sind recht
eigentlich moabitisch, wenn auch zeitweilig von den Israe-
liten erobert. Daibon ?) ist der Sitz des Königthums,
Médeba, Baal Meon, Qirjatain, “Aroer, Heshbon selbst
gelten dem Mesha wie dem Jesaia (c. 15 f.) und Jeremia
1) Vgl. noch Deut. 28. Bekanntlich sind im sam. Pentateuch die
entsprechenden Stücke aus Deut. 2 in Num. eingelegt. — Deut. 2, 8>
(23-9). 10—12. 20—328 gehören wie 8, 9. 11. 18° —14su einem
späten und völlig werthlosen antiquarischen Commentar.
*) Da Meshs > schreibt, ist mit LXX Aa:ıßov zu sprechen.
über die Eroberung Palaestinas. 129
(c. 48) als moabitische Städte; Baal Peör, der auf dem
Gipfel des Pisga [= Peor, Num. 21, 20. 23, 28 ')] verehrt
wird, ist ein moabitischer Gott Num. 25, 2 f.*). Die
Bile amgeschichte ist wohl in der jahvistischen Darstellung,
nach der Israel mitten im moabitischen Lande lagert, aber
kaum in der elohistischen am Platze, nach der Israel längst
über Moabs Gebiet hinaus ist und keine Neigung zeigt,
seinen „Bruderstamm“® anzugreifen. Zwar bleibt der Elohist
sich getreu, indem er den Balaq dem Bileam nach ‘Ar
Moab am Arnon an die Grenze seines Reichs entgegen-
kommen läfst, aber wenn wir uns die dann folgenden
Weissagungen doch wohl wie beim Jahv. auf den Bergen
nördlich vom Arnon gesprochen denken müssen, so sind
Balaq und Bileam über die Grenze gegangen.
Trotz der elohistischen Darstellung denken sich denn
auch das Deuteronomium wie der Priestercodex (SN N127y)
Moab als Schauplatz der letzten Thaten des Mose; und
die eben entwickelten Bedenken haben die Einfügung von
v. 26 in unseren Text veranlafst. Nachdem die Verhand-
lungen mit Sthön, die Schlacht, die Eroberung Heshbon’s
und der übrigen Amoriterstädte berichtet sind, heifst es :
„Heshbon ist nämlich die Stadt des Amoriterkönigs Sthon ;
dieser aber hatte mit dem früheren (!pwain) König von
Moab Krieg geführt und ihm sein ganzes Land bis an den
Arnon *) entrissen“. Es liegt auf der Hand, dafs dieser
N) Der Jahvist, dem auch 21,20 angehört, sagt JOH nach 28, 14;
ob aber yh 28,28 elohistisch oder interpolirt ist, ist wohl nicht zu
entscheiden ; das Deut. sagt Pisga.
%) 25, 1>—5 wird wohl dem Jahvisten angehören, da der Elohist
sonst seinen Anschauungen widersprechen würde; Deut. 23, 5 f. Jos.
24, 9 f. wird diese Erzählung übergangen. V. 1* dagegen „1
Owws Sew? ist sicher elohistisch, da Jos. 2, 1. 8, 1 der Aufbruch
von Shittim aus erfolgt. Vgl. noch Micha 6, 5.
*) Far rn ty im hat LXX dnd Aoors Ewe Apvar, a. i. wahr-
scheinlich Wy; auch Deut. 2, 9. 18. 29 steht Agojo für ap (nur
Num. 21, 15 gibt Ho). Geographisch sind beide Orte unmöglich und
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jalırgang 1. 1881. 9
130 Meyor, Kritik der Berichte
nachhinkende Vers eine Interpolation ist, welche die ge-
graphischen Schwierigkeiten heben soll ').
Freilich scheint v. 26 nur den Inhalt des folgende
Liedes kurz wiederzugeben. Aber die gangbare Auffassung
und Uebersetzung desselben ist so unwahrscheinlich und
gezwungen wie nur möglich. Danach soll zunächst
v. 27—30 Sthons Sieg über Moab verherrlicht werde,
v. 31 dann plötzlich (mit ) consec.!) zu Israels Sieg über
Sihon übergehen. Der letztere Vers lautet im mas. Text
waTD Ty Por MED Ty DON PT IW Jar "OR DM:
man übersetzt „doch wir waren hoch (von einem angeb-
lichen O'Y = angeblich Ok = OF; Gesen. thes. 626 wo-
möglich noch sinnloser „et iaculati sumus*, von m7), He-
bon ging unter bis Dibon, wir verwüsteten (von Onw) bis
Nophach (unbekannt), Feuer [gerieth] an Medeba* (Knobel).
Eine andere Lesung mit völlig verständigem Sinn bieten
die LXX : xal to oxégua avrav axodetrat Eoeßov ng
daıßoov, xal al yuvalxes [avrar) Erı xpoce§éxaveay xe
xt Moap ®) d. i. ınp) THY an ja TW pawn ar OFT
oxo Sy wes nur ist für Moab gewils Médeba beizubehalten ‘),
Aufserdem ist v. 29 ImO ‘TDN ob deutlich eine Glosse,
die den Parallelismus stört und den übrigen Versen völlig
widerspricht. Nunergibtsich ein klarer und einfacher Sinn :
“Ar ist jedenfalls Dittographie von 2y. Nach v. 24 wird ursprünglich
pan dagestanden haben.
!) Jud. 11 scheint diesen Vers noch nicht su kennen, da sons
wohl erwähnt werden würde, dafs Sibén die Moabiter verdrängt habe
vgl. v. 21 gm] yun 2277) “ON.
*) Der Punkt zeigt, dafs "\zu streichen ist. Bam. liest (Hiph.?) opy
Nato Sy we.
*) Ebenso die Itala, cod. Ashburnham. London 1868 : et sema
eorum periit Sedesbon et mulieres insuper exusserunt super Moab. Di
Vulgata übersetzt : iugum ipsorum disperiit ab Hesebon usque Dibos
lassi pervenerunt in Nophe et usque Medeba. Vgl. Vercelloni var. lee
vulg. zu der Stelle.
“) Will man an der Verbindung von 4)p mit dem Perf. Anstol
nehmen, so bleibt nur übrig, eine tiefer greifende Corruption ann
nehmen und durch Conjectur zu helfen.
über die Eroberung Palaestinas. 131
„Kommt nach Heshbon — aufgebaut und befestigt werde die Stadt
des Sibon!
Denn Feuer ging aus von Heebbod — eine Flamme von der Burg
Sibons;
Sie frafs die Btädte *) Moabe — die Bewohner der Höhen des Arnon.
Wehe Dir Moab — vernichtet bist Du, Volk des Kemosh.
Es gab hin seine Sthnae zu Flüchtlingen — seine Töchter su Gefangenen ;
Ihr ®) Geschlecht ist vernichtet von Heshbon bis Daibon — ja die
Weiber legen Feuer an Médeba.*
Sthon ist König von Moab, der in Heshbon residirt. Er
wird besiegt, seine Städte verbrannt, offenbar von den
Israeliten, die dies Triumphlied anstimmen. „Von Heshbon
bis Daibon“ zeigt deutlich, dafs der Angriff von Norden
kam. Mit einem Wort, das Lied bezieht sich auf die lang-
wierigen Kämpfe, die Nordisrael mit Moab geführt hat,
und aus denen wir die Mesha episode genauer kennen.
Eine Bestätigung erhält unsere Auffassung dadurch,
dafs in dem Zusatze zu Jeremias Prophezeiungen gegen
Moab 48, 4547 (fehlt in LXX) unsere Verse (mit Num.
24, 17 verbunden) mit geringen Abweichungen direct auf
Moab bezogen werden; sogar das „Haus Sthons“ ®) kehrt
hier wieder. V. 46 „Wehe Dir Moab! Kemosh Volk ist
untergegangen, denn Deine Söhne sind gefangen, Deine
Töchter im Gefängnifs“ scheint zu zeigen, dafs der Ver-
fasser den Zusatz jmo Nox bpb noch nicht kannte.
Knobel’s Vermuthung, dafs auch die 21, 14 f. 17 f.
angeführten, für uns freilich fast völlig unverständlichen
Bruchstücke demselben Liede angehören, ist gewils richtig.
Diese stammen aber aus dem „Buche der Kriege Jahves*
d. h. der Nationalkriege, worunter wir uns eine etwa um
') Mas. Sy Samar. und LXX sy, fu. Richtiger ist wohl vy
Sn su lesen, im Gegensatz zu den Einwohnern 14x MD2 'Dy2-
*) Dafs hier (—3°)) Moab pluralisch construirt wird, vorher (qn)
isch, kann natürlich keinen Anstofs erregen.
Für 3% v. 45 ist natürlich ‘ a) zu lesen.
*) Für po pap D map oe
139 Moyer, Kritik der Berichte
850—800 entstandene Liedersammlung zu denken haba
Zur Zeit des Elohisten war der Sinn des Liedes längst
vergessen; er bezieht es auf die mosaische Zeit, wis
er Jos. 10, 13 den Vers des "Ww "DD — nach Sam. IL
1, 18 gleichfalls ein Liederbuch — : „da stand die Sonne i»
mitten des Himmels, nicht eilte sie zu gehen einen ganzes
Tag“ u. s. w. ins Triviale umgedeutet und willkürlich saf
Josua bezogen hat. Ebenso scheint er für Bile ams Sega
Num. 24 ältere Lieder benutzt zu haben. 2
Der einzige Bestandtheil des elohistischen Berichts, dee .
auf Ueberlieferung zurückgeht, ist somit die Bile amge-
schichte. Dieselbe wird bekanntlich auch vom Jahvistea
erzählt, und wenn, wiemir erwiesen scheint und sich später
noch weiter ergeben wird, dieser bei weitem der ältere der
beiden Schriftsteller ist, so hat der Elohist sie ihm ent-
lehnt und nur nach seinen Gesichtspunkten bearbeitet :
an eine selbständige Version kann bei den vielen Berth-
rungspunkten im Detail auf keinen Fall gedacht werden.
4. Wir kommen jetzt zum Jahvisten. Sicher gehört
ihm Num. 21, 1—3. Ob vorher von einem Durchzug durch
Edom die Rede war, wissen wir nicht. Jetzt ist Israd
auf dem Marsche nach Südjudäa. „Da hörte der Ka
na aniter, der König von ‘Arad im Negeb, dafs Israel auf
dem Wege nach Atarfm herankomme, und er griff es an
und machte Gefangene. Da gelobte Israel dem Jahve,
wenn Du dies Volk in meine Hand gibst, will ich seine
Städte zerstören (omrm). Und Jahve hörte die Stimme
Israels und gab ihm den Kanaaniten, und es bannte sie
und ihre Städte und nannte den Namen des Ortes Horma
„Zerstörung“.* Nach Jud. 1, 17 ziehen Juda und Simeon
gegen den Kana aniten von Spat, bannen ihn, und nennen -
die Stadt Horma. nos wird hier auf einer Verschreibung ©
beruhen; denn in v. 16 ist ny ganz ungehörig hineinge :'
rathen (s u.8.137,4), wird also ursprünglich als Correctur zu h
moy am Rande gestanden haben. Dann ist wohl dieser |
über die Eroberung Palsestinas. 133
Bericht als Erfüllung des Gelübdes zu betrachten und
Num. 21, 3 entweder zu streichen oder als Vorausnahme
des später noch einmal zu erzählenden zu betrachten. Eine
Dublette derselben Erzählung ist dagegen Num. 14, 39—45,
der Abschlufs der Kundschaftererzählung. Israel zieht
gegen Jahve’s und Mose’s Willen gegen die ‘Amalegiter
und Kanaaniter, aber diese „besiegten sie und schlugen
sie bis nach Horma (Mor 9)“. Hier ist die Nieder-
lage Israels theologisch motivirt. Auch das Deuteronomium
1, 43 f. kennt die Geschichte und nennt die Feinde mwN
Mi Wo 23991; vielleicht ist es nicht zu gewagt, dies für
die — dann aus 13, 29 entnommenen — jahvistischen
Völkernamen 14, 43. 45 xy 372 301 9y39m ‘prpyN ein-
zusetzen !) und die Erzählung für den Elohisten in An-
spruch zu nehmen.
Die Kämpfe bei “Arad-Horma müssen auch beim Jah-
visten das Verlassen des directen Weges nach Palaestina
veranlafst haben; denn auch hier folgt jetzt die Bile am-
geschichte, die aber in Moab, nicht jenseits seiner Grenzen
spielt. Bileam schaut von 5y3 mw (22, 41) und später
vom Gipfel der Pisga (23, 14) auf das Lager des Volks.
Demnach wird die Stationenliste 21, 19 f., welche aus der
Wüste über Mattana Nahaliel Bamot (= 5y3 nm») in das
„Thal im Gefilde Moab |am| Gipfel der Pisga, welche auf
die Wüste herabschaut® *) führt, dem Jahvisten angehören.
5. „Erwähnenswerth ist, dafs seit dem Segen Bile ams
der Jahvist plötzlich abbricht. Nur in Num. 25, 1—5
(s. o. S. 129,2) und Deut. 34 könnte man vielleicht einige
Spuren dieses herrlichen Geschichtswerks finden wollen“ ®).
Allerdings für die Geschichte Josua’s konnte der Jahvist
1) Der Singular sy (LXX 5 &yxa9ıjuevog) weist deutlich auf
eine Interpolation hin; ebenso 14, 25 pP ya awy)-
*) Für now ist mit LXX wie Num. 23, 18 ‘wy zu lesen.
*) Wellhausen, Jahrbb. f. D. Theol. XXI, 585.
134 Meyer, Kritik der Berichte
nicht verwerthet werden, da er diesen gar nicht kennt. Abe
ebensowenig kann er sein Geschichtswerk etwa mit Moses},
Tod geschlossen haben : Patriarchengeschichte und Exodus ;.
erfordern die Eroberung des gelobten Landes als nothwa |
dige Ergänzung. Nun finden sich auch in dem jehovisti |
schen Theile des Buches Josua Bestandtheile, die weder !
dem Elohisten angehören können, noch wie der zweite Be -
richt über Jericho und ‘Ai seinen Anschauungen sehr nahe :
stehen, die daher auch Knobel für „die zweite Urkunde
des Jehov.* in Anspruch genummen hat. Bekanntlich
sind von der jehovistischen Beschreibung der Landesver-
theilung nur wenige Bruchstücke, vor allem über Joseph,
erhalten. Hier heifst es Jos. 17, 11 : „Aufserdem gehörte
zu Manasse im Gebiet von Isashar und Asher : Bet-She-
an, Jibfam, Dor, En-Dor], Tanak, Megiddo nebst den
zugehörigen Gebieten (MMyai)* !). Diese Angabe ist un-
sinnig, denn die betreffenden Orte bilden nicht etwa an-
zelne von Manasse entfernte Enklaven, sondern einen in
ziemlich gerader Linie vom Meere am Tabor vorbei zum
Jordan sich ziehenden Landstrich, der an das Gebiet von
Manasse unmittelbar angrenzt. Es heifst weiter : „die
Söhne Manasse’s vermochten aber nicht diese Städte sa
erobern, sondern. der Kana anite wohnte in diesem Gebiete;
und als Israel stark ward, machte es ihn tributpflichtig,
aber vertrieb ihn nicht.“ Dieser Abschnitt zusammen mit
der Städteliste ist wörtlich aus Jud. 1, 27 entlehnt, wo er
in gutem Zusammenhang steht; v. 11 ist demnach nur
eingelegt um diesen Bericht mit der geographischen Ver-
theilung, welche diese Städte an Asher und Isashar wies,
scheinbar zu vermitteln *). Ebenso ist die Geschichte von
f
') Was noon nwow (tars. 195°) mb „die drei Districte*) am
Schlufs des Verses bedeute, wufsten schon die LXX nicht. y
fehlt Jud. 1 und bei LXX, die auch sonst kleine Abweichungen bieten.
*) Die gleiche Tendenz verfolgt auch Jos. 16, 9 : „zu Ephraim
gehören auch die mitten in Manasse für Ephraim abgesonderten Btädte®:
über die Eroberung Palaestinas. 135
Walebs Ansiedelung Jos. 15, 13—19 aus Jud. 1, 20 [10).
15 entlehnt und der Deuteronomist hat eine Einleitung
14, 6—15 dazu geschrieben. Jos. 15, 63 stammt aus
1, 21; 16, 10 aus 1, 29; ebenso die eisernen Wagen
17, 16. 18 aus Jud. 1, 19; Jos. 13, 2—6 wahrscheinlich
am Jud. 3, 3 (#.0.); Jos. 19, 47 aus Jud. 18.
Schon hiernach scheint mir völlig sicher, dafs Jud. 1
{mit 2, 1—5] dem Jahvisten angehört. Weitere Beweise
sollen sogleich folgen. Zunächst mufs der Text gesäubert
werden, der sehr stark interpolirt ist. v. 1* gehört wie
3, 1-—5* dem Schlufsredactor. v. 5 wiederholt v. 4, v. 7>
setst voraus, dafs Jerusalem erobert war, was v. 21 aus-
drücklich negirt wird, v.8 ist Folgerung aus 7> im Wider-
spruch mit 21. In der Adonibezeqgeschichte, die übrigens
vielleicht einen ächten Kern enthält, fällt aufserdem noch
der Gebrauch von ovmde auf; in v. 4 ist on sicher aus
v. 5 interpolirt und die Zahl von 10000 Gefallenen min-
destens verdächtig; das übrige, d. i. ne mm yn nm Syn
ma ODN Oma YyION, wird durch v. 22 gestützt. v. 10
ist Variante von v. 20 und letzterer nach Ausweis’ von
Jos. 15, 13 f. an seine Stelle zu setzen, als Einleitung zu
11-15. V. 18 ist eine ganz späte und sinnlose Interpolation.
V. 19. 21. schliefsen unmittelbar an v. 9an. Dals v. 34-36
unächt sind, ist schon ausgeführt. Was übrig bleibt, ist
eine durchaus einheitliche, wenn auch vielleicht an manchen
Stellen verkürzte Darstellung, die an historischem Werth
alles was im Hexateuch erzählt wird weit übertrifft und
geradezu den Ausgangspunkt der jüdischen Geschichte
bildet *).
denn der Priestercodex rechnet z. B. Sichem zu Manasse (Jos. 17, 2),
während es nach allen älteren Angaben ephraimitisch ist.
) Wie Jud. 1, 1—2, 5 und co. 17—21 in das grolse einheitlich
überarbeitete deuteronomistische Geschichtswerk, das Gen. 2, 4b bis
Joma 34, 88 (nach Ausscheidung des Priestercodex), Jud. 2, [6—9],
136 Meyer, Kritik der Berichte
Der Eingang des Berichts mufs ergänzt werden; dafs
wir ein Recht haben an die jahvistische Erzählung anzu-
knüpfen, soll gleich weiter bewiesen werden. Mose’s Tod
auf dem Gipfel des Pisga in Moab hat der Jahvist un-
zweifelhaft erzählt; Stücke in Deut. 34 dürften ihm ange-
hören '). Dann geht das Volk über den Jordan, erobert
Jericho „die Palmenstadt* Jud. 1,16; der mm x59 nimmt
seinen Wohnsitz zu Gilgal 2, 1. Wenn die ältere Version
der Gibe ongeschichte (s. 0.) jahvistisch ist, mufs sie auch
hierher gehören, da Israel in derselben noch geschlossen
auftritt. Dieselbe beruht übrigens bekanntlich auf einer
Antedatirung viel späterer Ereignisse, s. Reg. I, 9, 20.
Sam. II, 21,2. Jetzt aber zerfällt das Volk sofort in seine
einzelnen Bestandtheile. „Und es fragten die Söhne Israels
bei Jahve an : Wer von uns soll den Anfang machen
gegen den Kanaaniter hinauf zu ziehen? Und Jahve
sprach : Juda soll hinaufziehen; siehe ich gebe das Land
in seine Hand. Und Juda sprach zu Simeon seinem Bru-
der : ziehe mit mir in mein Loos zum Kampf gegen den
Kana aniter, dann will auch ich mit Dir in Dein Loos
ziehen. Und Simeon ging mit ihm. Und es zog Juda
hinauf und Jahve gab den -Kana aniter in seine Hand und
sie schlugen ihn bei Bezeq (folgt vielleicht der Kern der
Adonibezeqgeschichte). Und dann zogen die Söhne Juda
zum Kriege gegen den Kan. im Gebirge im Negeb und
in der Küstenebene *); und Jahve war mit Juda ‘und er
eroberte das Gebirge; aber die Bewohner der Ebene
konnten sie nicht verjagen, da sie eiserne Wagen hatten.
Und (auch) den Jebusiter in Jerusalem verjagten die Söhne
10—16, 81. Sam. I. II. Reg. I. II. umfalst, hineingerathen ist, ist be-
kanntlich völlig räthselhaft.
*) OMAN Wp Deut. 34, 8 neben ri scheint jahvistisch nach
Jud. 1, 16 (3, 18).
*) Dieser Vers ist vielleicht auch interpolirt ; vgl. auch Jos. 10,40(Deut.).
oe rere
über die Eroberung Palaestinas. 137
Juda !) nicht, und er wohnte unter ihnen in Jer. bis auf
den heutigen Tag. Und sie gaben dem Kaleb Hebron
wie Moses gesagt hatte — und Hebron hiefs früher Qirjat-
‘Arba — und Kaleb verjagte von da die drei Söhne
des Riesen, den Sheshai Ahiman und Talmai *)*. Folgt
die Eroberung von Debir — früher Qirjat-Sepher — durch
‘Otniel den Sohn des Qenaz, der Kalebs Tochter “Aksa
erhält. „Und Qain®), der Schwager Mose’s, zog hinauf
von der Palmenstadt mit den Söhnen Juda in die Wüste
Juda, welche im Negeb *) liegt und er kam und wohnte
mit dem Volke®). Und es ging Juda mit Simeon, seinem
Bruder, und sie schlugen den Kana aniter in ‘Arad *) und
bannten ihn, und er nannte den Namen der Stadt Horma. —
Und auch das Haus Josephs zog hinauf nach Bet-el
und Jahve war mit ihnen.* Sie erobern Bet-el — das
früher Luz hiefs 7) — durch Verrath; der Verräther baut
Luz im Lande der Chetiter. „Und Manasse unterwarf
‘) Natürlich ist nach Jos. 15, 63 AAW YD für pod 2 (sic!)
einzusetsen. Letzteres kann Correctur sein, ersteres nicht, da es mit
den späteren Anschauungen im Widerspruch steht. — Uebrigens liefse
sich der Vers auch hinter v. 16 oder 17 versetzen.
®) Nach Jos. 15, 14 aus v. 10 und 20 reconstruirt.
*) Nur so kann für yyy—ıyy 177) gelesen werden. LXX fügen
theils Jethro (aus Exod 18, eloh.) theils Hobab (Num. 10, 29, welche
Quelle?) ein, mithin stand keiner der beiden Namen im Text (vgl.
Studer su d. Stelle). Auch Jud. 4, 11 NPD Mo) PM] am
lo nn a9 ya] ist das Eingeklammerte sicher Interpolation.
Unsere Stelle erfordert nothwendig den Namen des Stammvaters, wie
bei Kaleb und Qenaz, nicht das Gentilicium; und dafs er ursprünglich
da stand, zeigen die folgenden Singulare 9y 45.
*) Unser Text fügt nach 3993 Wx ATT 279 sinnlos 77
ein; wie schon bemerkt ist dies Correctur zu MHy im folgenden Verse
und an falscher Stelle in den Text gerathen.
5) Oder wohlrichtiger „unter“ Amaleq“, s. Hollenberg oben 8. 102.
*) s. o. 8. 132. Da unser Vers wegen v. 3 unzweifelhaft ächt ist,
ergibt sich, dafs oben mit Recht Num 21, 3 angezweifelt oder als Hin-
weis auf diese Stelle gedeutet wurde.
?) Es ist sehr bezeichnend, dafs der Elohist Jos. 16, 2 aus Luz
ome Bet-ol benachbarte Stadt gemacht hat.
138 Meyer, Kritik der Berichte
nicht Bet-Shean“ u. s. w. Gleiche Angaben folgen über
Ephraim, Zebulon, Asher, Naphtali. Wenn der judäisehe
‘Erzähler die gileaditischen Stämme überhaupt berück-
sichtigt hat, was zweifelhaft erscheinen kann, so wird dies
wahrscheinlich vor dem Jordantibergang geschehen sein,
wie beim Elohisten. Den Abschlufs bildet : „Und der
Mal’ak Jahve zog von Gilgal nach Betel'); und dort
opferte man dem Jahve*.
Jeder Zug des so hergestellten Berichts ist nun jah-
vistisch : die Bevorzugung J uda’s, die Unbekanntschaft
mit Josua, )yy5m, die Befragung Jahve’s 1, 1; der “wo
mm 2, 1°) Ja wenn Exod. 23, 20. 23 (vgl. 981) 32, 3.
33, 1. 2° jahvistisch sind ®), wo Jahve verspricht, seinen
Mal’ak dem Volke mitzugeben, so würde Jud. 2, 1 direct
auf diese Stellen zurückgreifen. Zu Grunde liegt hier be-
kanntlich die uralte Vorstellung, dals Jahve seinen Wohn-
sitz auf dem Berge Horeb oder Sinai oder allgemeiner in
dem Wüstengebirge Setr habe, wie die griechischen Götter
auf dem Olymp *). Daher ist er in Kanaan nicht per-
sönlich oder nur vorübergehend anwesend : hier weilt sein
Vertreter, der Y'ı wöo. Eine genauere Untersuchung über
die Quelle der angeführten Stellen würde indessen zu weit
führen ; sind sie jahvistisch, so zeigt der Elohist auch hier
wieder seinen späteren Ursprung dadurch, dafs er die naive
Vorstellung ins theologische umsetzt : Jahve zieht nach
ihm nicht persönlich mit nach Kanaan zur Strafe für das
goldene Kalb (Exod. 33, 3°).
1) s. Wellhausen in Bleek’s Einleitung 4. Aufl., 8. 188.
*) Vgl. Wellhausen, Gesch. Isr. I, 8. 855. 368.
s) So Wellhausen, wie ich glaube mit Recht; Dillmann weist
88, 1 f. an B, v. 8 an C; die Vorstellung des Wop soll C aus B ent-
lehnt haben.
*) Lied der Debora, Jud. 5, 4, im Segen Mose’s Deut. 88, 2 nach-
geahmt. Ferner Reg.I, 19. Exod. 8 (eloh.).
tiber die Eroberung Palacstinas. 139
Sehr deutlich ist auch die Berührung zwischen Jud.
1, 20 = 10 und der jahvistischen Kundschaftergeschichte,
die erst durch den Bericht in Jud. 1 ins rechte Licht ge-
stellt wird. Es ist nöthig, die Analyse von Num. 13. 14
etwas schärfer als bisher durchzuführen '). Sicher jahvistisch
ist v. 29%) und folglich auch 17° und 22 (3) 28°. Mithin
gehört 23. 24. 26°. 27. 32°. 33 dem Elohisten; dort gehen
die Kundschafter nach Hebron, hier zum Traubenbach,
dort treffen sie ,Riesenkinder* poyn r'%, hier „Giganten,
Söhne Riese’s* poy 33 O9; Jud. 1 stimmt auch sprach-
lich genau zum Jahvisten *). V.20 bereitet v. 23. 27 vor,
ebenso schliefst 32° an 31; auch 30 wird wegen ANN DYN
elohistisch sein. V. 18. 19 sind aus beiden Berichten ge-
mischt; #71 Hyon mH in 18 ist die Frage, welche 32° be-
antwortet wird, also elohistisch, 19 mit 20 unvertriglich,
also jahvistisch. Dann gehört auch 28* dem Jahvisten an.
Seine Erzählung lautete dann folgendermalsen : „[Moses
schickt Kaleb und andere Kundschafter (?) aus] und sprach
zu ihnen : zieht jetzt hinauf in den Negeb und dann ins
Gebirge, um zu sehen, wie das Land beschaffen ist und
ob seine Bewohner stark und zahlreich sind u. s. w. Und
sie zogen ins Negeb und kamen nach Hebron; dort waren
Ahtman Sheshai und Talmai, die drei Riesenkinder; gebaut
ist Hebron 7 Jahre vor Zoan in Aegypten)... [und
sie kehrten zurück und sprachen : ]... Stark ist das
1) Die sum Priestercodex gehörigen Bestandtheile hat schon Ndl-
deke, Unters. 75 ff. sicher ausgeschieden.
%) 8. o. 8. 124.
*) pyr 32 steht Jud. 1, 20; Jos. 15, 14 daneben payn yn».
Jos. 11, 21 ff. werden dann ein Volk der ‘Anagqiten opsy daraus,
das auch Jerem. 47, 5 (LXX) kennt. Deut. 1, 28. 9, 2 sagt D’PIy 2-
Ebenso wird aus den 4H 57 17'S: Sam. II, 21, 16 ff. das Gen. 14 leib-
haftig auftretende Volk der m>9~%H7. — Der Priestercodex macht‘ Anaq
sum Sohn des Arb&# 1! Jos. 21, 11 vgl. 14, 15. 15, 18.
*) Wenn dies nicht Glosse ist.
140 Meyer, Kritik der Berichte
Volk das im Lande wohnt und die Städte sind befestigt
und sehr grofs; ‘Amaleq wohnt im Negeb und der Kana-
“aniter am Meer und am Jordan; und auch Riesenkinder
haben wir dort gesehen“ '), Weitere Spuren des Jahvisten
vermag ich nicht zu finden. Das Gespräch zwischen Jahve
und Mose 14, 11—25 ist sicher nicht jahvistisch; denn
v. 14 bezieht sich auf die elohistische nicht die jahvistische
Darstellung der Gesetzgebung, das Motiv v. 12. 15 ff. ist
aus Exod. 32, 9 ff. entlehnt, v. 18 = Exod. 34,6 f. Elo-
histisch ist es freilich auch schwerlich, da diesem v. 30—32
(= Deut. 1, 39) angehört; mithin sind die Verse eine
spätere Composition. Jedenfalls hat nach Jad. 1, 20*) Moses,
nicht Jahve (Num. 14, 24) dem Kaleb Hebron versprochen.
In der That pafst nun auch das Motiv von dem Klein-
muth des Volks und seiner Angst vor den Riesen swar
sehr gut für ein theologisch angehauchtes Werk wie das
des Elohisten, aber schlecht zu der frischen und kriftigen
Auffassung des Jahvisten. Hat derselbe aber nichts von
diesen Dingen erzählt, so fallt fiir thn auch der vierzig-
jährige Aufenthalt in der Wüsteweg®). Bei ihm mufs viel-
mehr auf die Aussendung der Kundschafter unmittelbar
der Aufbruch zur Eroberung gefolgt sein. In den Marsch
durch die Wüste fällt die Rebellion des Datan und Abtram ®);
dann folgt der vereitelte Angriff auf “Arad 5), der Zug
nach Moab, der Uebergang über den Jordan. Die Kund-
schaftergeschichte aber hat gar keinen anderen Zweck, als
zu motiviren, weshalb Kaleb in Hebron angesiedelt ist;
Jud. 1, 20 ist also ihre nothwendige Ergänzung. Kaleb
1) So wird wohl umzustellen sein. — *) Beseichnend ist die Variante
Jos. 15, 18 yerıyb sy HdR für mon 27 oa) Jud. 1, 20. —
5) Die Anschauung von demselben ist jedenfalls alt : Amos 5, 25;
der Elohist benutzt die Kundschaftergeschichte um ihn theologisch zu
motiviren. — *) Ueber die jahvistische Darstellung s. Wellhausen,
Jahrbb. f. D. Theol. XXI, 8. 572 ff. — °) So erklärt sich auch, wie
der Kampf bei Horma in theologischer Umgestaltung 14,45 unmittelbar
an die Kundschaftergeschichte angeschlossen werden konnte.
rr “or SEES EERE
über die Eroberung Palaestinas. 141
erhält Hebron natürlich weil er die Kundschaft übernommen
hat, nicht weil er standhaft geblieben ist. |
Die elohistische Erzählung — die auch Deut. im Aus-
mg vorliegt — verräth deutlich ihre völlige Abhängigkeit
vom Jahvisten. Kaleb wird beibehalten, aber für Hebron
der „Iraubenbach“ Eshkol eingesetzt. Die Kundschafter
und natürlich zwölf; die meisten fürchten sich vor den
Riesen, nur Kaleb bleibt treu, zum Lohn dafür soll er
allein seine Generation überleben, während selbst Moses
vor der Eroberung sterben und das Regiment dem Josua
übergeben mufs (Deut. 1, 37 f.). Der Priestercodex be-
rechnet dann aus Jos. 24, 29, dafs auch dieser schon in
Aegypten geboren war, fügt ihn daher den Kundschaftern
bei, und läfst ihn neben Kaleb beharrlich bleiben.
6. Ueberblicken wir jetzt die jahvistische Geschichte
der Eroberung Kana ans im Zusammenhang, so tritt vor
allem hervor, dafs ihr eigentlich sagenhafte Bestandtheile
und ausführlichere Erzählungen so gut wie ganz fehlen.
‘In unsere Darstellungsweise übertragen enthält dieselbe
lediglich eine Schilderung der zu Anfang der Königszeit
bestehenden Zustände Das heifst mit anderen Worten :
eine Tradition. über die Geschichte der Eroberung gibt er
nicht; der Verfasser füllt die Lücke zwischen dem Abschlufs
der mythischen Zeit (Exodus) und den Anfängen halb-
sagenhafter historischer Erinnerungen, die im Buche der
Richter gesammelt sind, nothdürftig aus durch eine auf die
späteren Zustände gegründete und durch einige etymo-
logische (Horma; die beiden Lüz) und genealogische (Kaleb,
‘Othniel u. s. w.) Combinationen ausgeschmückte Recon-
struction. Ein paar judäische Localsagen (die Riesen, Aksa,
Adonibezeq) kommen hinzu; die einzige ausführliche Erzäh-
lung, die großartig concipirte Bile amepisode, ist dagegen weit
eher eine freigeschaffene Dichtung als eine Sage; historische
Thatsachen wird wohl Niemand in ihr suchen. Nur ein Punkt in
dem ganzen Bericht mufs auf Tradition beruhen und seinem
Kerne nach historisch sein : dafs das Volk bei Jericho
142 Meyer, Kritik der Berichte
über den Jordan ging !) und dies die erste Stadt war, die
erobert wurde. Von allem weiteren hat weder Sage noch
Geschichte eine Spur bewahrt. Ein vollständiges Analogon
dazu bietet die griechische Tradition, die zwar den Einfall
der Dorer in den Peloponnes als Abschlufs der mythischen
Epoche kennt, aber weder Sagen an denselben angeknüpft
noch historische Nachrichten über den Gang der Erobe-
rung bewahrt hat : was die Späteren davon ersählen, be-
ruht bekanntlich auf verhältnifsmälsig später Erfindung
nicht peloponnesischer Dichter.
Die Dürftigkeit des jahvistischen Berichts, die unge-
schminkte Art seiner Darstellung macht ihn für uns um
so werthvoller. Namentlich Jud. 1 verdient weit grölsere
Beachtung, als ihm bisher zu Theil geworden : die gang-
bare auf den grundfalschen Angaben des Buches Josua
beruhende Auffassung der Stämme, der Vertheilung des
Landes, des Verhältnifses zwischen Hebriiern und Kana a-
nitern, wird durch ihn völlig über den Haufen geworfen.
Hier hebe ich nur hervor, dafs, den Verhältnissen der Zeit ’
des Verfassers entsprechend, die Zweitheilung swischen
Juda und Joseph d. i. dem Süd- und dem Nordreich, deut-
lich hervortritt. An Judaschliefsen sich die kleinen Stämme
Simeon, Kaleb, Qenaz, Qain an, an Joseph die Nordstämme
und das Nationalheiligthum zu Bet-el in Ephraim *). Ben-
jamin ®), Dan, Isashar (Levi) dagegen werden ganz tiber-
gangen. In die Genealogie sind dieselben allerdings, wie
der Segen Jakobs beweist, schon recht früh als gleich-
1) Auch QO Dy bedeutet nach Redslob’s höchst wahrschein-
licher Erklärung (alttest. Namen der Bevölkerung 8. 18) „die über
den Jordan Gekommenen“ oder „Transjordanischen*. [8. auch mein
Lehrbuch der hebr. Grammatik. Leipzig 1879, 8. 1 $1? Anm.3. Als ich
jenen Sats schrieb, kannte ich Redslob’s Ausführungen nicht. B. 8.]
*) Der Priestercodex erklärt Jos. 18, 22 Bet-el für benjaminitisch!
s) [Falls es nicht stillschweigend unter das RDY ms subsumirt
wird, vgl. 28a. 19, 21. B. 8]
über die Eroberung Palaestinas. 143
berechtigte Söhne Israels aufgenommen worden, um die
Zwölfsahl zu completiren. Aber historisch stehen sie mit
den grofsen Stämmen Juda, Joseph, Gil'ad (= Gad) und
den Nordstämmen keineswegs auf gleicher Linie, sondern
eher mit den zahlreichen Unterabtheilungen von Juda oder
. höchstens mit Ephraim und Manasse.
7. Auf dem gewissermafsen naiven Standpunkt, den
der Jahvist einnimmt, bleibt keine Geschichtsschreibung
stehen; wie sie an den Mythen und Sagen so lange herum-
arbeitet, bis sie zu einer zusammenhängenden, mit fester
Chronologie ausgestatteten pragmatischen Geschichte werden,
so sucht sie auch durch Combination und freie Erfindung
die Lücken der Ueberlieferung auszufüllen. Am verderb-
lichsten für die Erkenntnifs des wirklichen Kerns wirkt
dieser Procefa da, wo, wie überall im alten Orient, ein
theologisches System mehr und mehr die Herrschaft ge-
wiont. Durchaus auf diesem Standpunkt steht der Elohist,
den eine weite Kluft, etwa dem Abstand zwischen Ephoros
und Herodot vergleichbar, vom Jahvisten trennt !). In
den früheren Partien konnte er sich umgestaltend und er-
weiternd doch wesentlich an diesen halten; aber an die
Stelle von Jud. 1 hat er das Buch Josua gesetzt, und hier
wo er am freiesten arbeitet, lälst sich auch seine Eigenart
am deutlichsten erkennen. Neues Material hat er zu dem
jahvistischen nur wenig hinzugefügt : den auf ephraimi-
tischer Tradition beruhenden Führer Josua ?), der hier
zum eigentlichen Nationalhelden gemacht wird und z. B.
1) Natürlich ist auch der Jahvist von einer einfachen Wiedergabe
der Volkssagen weit entfernt; diese sind vielmehr, wie s. B. das fest-
stehende genealogische Schema beweist, schon lange vor ihm bearbeitet
und umgestaltet worden.
*) Josua verhält sich zu Ephraim wie Kaleb zu Juda. Denn da
er sich nach Jos. 19, 50. 24, 80 (= Jud. 2, 9) in Tamnat-Heres (so
Jud. 2, 9 und Vatic. Jos. 19, 50 [Bauapxraens]) für MID Fon) an-
siedelt, wird er ursprünglich Geschlechts- oder Stammname sein,
144 Meyer, Kritik der Berichte
auch die Beschneidung einführt (Jos. 5, 2. 3. 9), die nach
dem Jahvisten auf Moses (Exod. 4, 24) zurückgeht; das
mifsverstandene Liederbruchstück Jos. 10, 13; und viel-
leicht die Gibe onerzählung. Alles andere, das Detail der
Eroberung Jerichos, der Kampf gegen “Ai, gegen Adoni-
sedeq und seine Bundesgenossen, und gegen die nörd
lichen Amoriter, trägt deutlich den Stempel freier und
recht dürftiger Erfindung und zeigt schon eine bedenk-
liche Hinneigung zu der wollüstigen Grausamkeit, in der
der deuteronomistische Bearbeiter des Buches Josua schwelgt.
Das theologische Ideal ist schon völlig und breit durch-
geführt. Neben den weltlichen Führern stehen Hohepriester
(Aharon und Elazar), das Volk handelt einmüthig und
geschlossen, die Amoriter werden, wenn auch noch nicht
sämmtlich (13, 1. 18, 3 ff. vgl. 24, 15), wie beim deut. Be-
arbeiter und im Priestercodex, so doch grölstentheils aus-
gerottet oder unterworfen, den einzelnen Stämmen wird
ein fest abgegrenztes, ja schriftlich aufgezeichnetes Gebiet
zugewiesen, und das Ganze schliefst mit der feierlichen
Verpflichtung des Volks, Jahve allein zu dienen, nach
einer langen Rede Josua’s, die in Wirklichkeit natürlich
an die Zeitgenossen des Verfassers gerichtet ist.
Diese Schilderung verlangt nothwendig eine Fortsetzung,
welche zeigt, wie es gekommen ist, dals der ideale Zustand
nicht bestehen blieb '). Die starke Betonung der frei-
willigen Verpflichtung des Volks (24, 22 : „Ihr selbst seid
Zeugen, dafs ihr selbst Jahve gewählt habt ihm zu dienen ;
und das Volk sprach : wir sind Zeugen“) und die vorher-
*) Man wende nicht ein, dafs ja auch der Priestercodex mit Josua
abschliefse. Die Verfasser desselben sind durch die politische Vernich-
tung der Nation von der Vergangenheit völlig losgerissen und haben
lediglich den Zweck. ihre „Gemeinde“ wiederherzustellen; der Elohist
aber will reformiren. Er steht mitten im historischen Leben der Nation
und bedarf nothwendig einer Vermittelung zwischen dem theologischen
Ideal und den factisch bestehenden Verhältnissen.
tiber die Eroberung Palaestinas. 145
mehenden Worte Josua’s v. 19 f.: „Ihr werdet nicht im
Stande sein Jahve zu dienen, denn er ist ein heiliger, ein
sifersüchtiger Gott, der Euren Abfall und Eure Sünden
sicht vergeben wird ; wenn Ihr ihn verlalst und den Göttern
der Fremde dient, wird er Euch mit Bösem vergelten und
Euch vertilgen, anstatt dafs er Euch bisher Wohlthaten
erwies® weisen besonders gebieterisch auf eine Fortsetzung
hin. Und diese liegt deutlich vor in Jud. 2, 22 = 3, 4.
2, 23°. 3, 1°. 5. 6, Versen, die mit den vorhergehenden
in gar keinem Zusammenhang stehen. Der Inhalt ist :
ahve hat einige Völker übrig gelassen, um die Israeliten
su versuchen und zu erfahren, ob sie seinen Geboten Folge
kisten werden. Sie aber schliefsen Mischehen mit den
Eingeborenen und dienen ihren Göttern.“ Damit ist der
Uebergang zu den factischen Zuständen wie die Motivirung
für das Elend der Richterzeit gewonnen.
Meine Ueberzeugung ist, dafs wie der Elohist so auch
der Jahvist mindestens noch die Richterzeit behandelt hat,
aber nach ganz anderen Gesichtspunkten. Ihm gehören
Jad. 2, 23». 3, 1°. 2 und wohl auch die Völkerliste in v. 3
(s. 0.) : „Jahve vertrieb die Kana aniter nicht en Eile, nur
damit die Geschlechter der Söhne Israels die Kriegführung
Kanaans lernten, die sie früher nicht gekannt hatten.“
Diese Auffassung, welcher die des Bundesbuchs Exod.
23, 29 f. zunächst steht, ist die passendste Einleitung zur
Geschichte der Heldenzeit Israels und steht in voller Ueber-
einstimmung mit dem Geiste, in welchem diejenigen Ge-
schichten des Richterbuchs, welche seinen ursprünglichen
Kern bilden, erzählt sind.
Dies weiter zu verfolgen ist nicht unsere Aufgabe.
Für die Geschichte ist das Resultat unserer Untersuchung,
dafs von historisch verwerthbaren Nachrichten über die
Eroberung Palaestinas, geschweige denn tiber die älteren
Zustände des Landes, nicht die Rede sein kann. Erst bei
len Kämpfen, welche die Hebräer sn Kanaan geführt
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 10
146 Nachwort des Herausgebers
haben, weniger mit den älteren Einwohnern (Debora), mit
denen sie vielmehr meist in Frieden lebten, als mit den
nachdringenden Wüstenstämmen, die ihr Beispiel nach-
zuahmen suchten, beginnen die ältesten historischen Er-
innerungen des Volks.
Nachwort des Herausgebers.
Wenn der Herausgeber sich erlaubt, der scharfsinnigen
Studie unseres geehrten Herrn Mitarbeiters einige Worte
hinzuzufügen, so geschieht es nicht, um in eine Discussion
über die Einzelheiten seiner Quellenscheidung einzutreten.
Er unterläfst diefs um so mehr, als er die Schlufsresultate des
Verf. über J uud E für unumstößlich hält. Allein er
glaubt, dafs es demselben eine nicht unerwünschte Bestäti-
gung für die Richtigkeit seiner Resultate ist, zu erfahren,
dafs der Herausgeber von jeher in seinen Vorlesungen über
die Geschichte des V. I. betont hat, dafs die hebräische
Geschichtschreibung keinerlei historisch verwerthbare Er-
innerung über die Eroberung des Landes enthält, und von
jeher das alte Lied Nu. 21, 28—30 unter Streichung der
aus v, 27 entnommenen Naht prro “x 3502 v. 29 als
israelitische Parallele zu M&is Z. 4 ff. erklärt hat.
Den Schlufssatz der vorstehenden Abhandlung vertritt
der Herausgeber nicht nur vollständig, sondern es ist ihm
sogar zweifelhaft, ob die Sage mit Recht Jericho als erste
Eroberung der Kinder Israels im Westjordanlande auf-
fafst. Der Umstand, dafs in Ri. 1 als erste Eroberung
Josephs Laz, als erste Eroberung der Israeliten überhaupt
aber die des judäischen Gebietes erscheint, schliefst diese
Annahme zwar nicht aus, aber sie wird widerrathen durch die
Entstehungsgeschichte des Stammes Benjamin. In der
'
su Meyer, die Berichte über die Eroberung Palaestinas. 147
Vätersage schimmert noch deutlich durch, dafs er sich erst
im Westjordanlande gebildet hat, wie dies 8. 113 ange-
deutet worden ist. Von Joseph ausgehend hat sich Ben-
jemin d. h. der Südliche eines grofsen Theiles der kana-
näischen Territorien bemächtigt, welche dereinst Joseph
von dem um Bethlehem wohnenden israelitischen Stamme
Juda und den sich an diesen anschliefsenden judäisch-edo-
mitisch-arabischen Mischstämmen trennten. Allein ein
großer Theil dieses Gebietes : Beeroth, Hakkephira, Gibeon,
Jebus und vielleicht auch Kérjath Jearim Jos. 9, 17 blieb
kananäisch bis zum Beginne der Königszeit. Zu diesem
enst kananäischen Gebiete gehörte wohl auch Jericho.
Ich halte es für möglich, dafs die Sagen von der Erobe-
rang Jerichos und des gleichfalls im Gebiete Benjamins
gelegenen Ai aus einer Umdeutung der Erinnerungen an
jene Festsetzung josephidischer Clans südlich vom alten
Gebiete Josephs entstanden sind, welche zur Bildung des
Stammes Benjamin führte. Bei derselben kann der jose-
phidische Clan Josua sehr wohl eine besondere Rolle ge-
gielt haben. Es ist ferner auch möglich, dafs die Sage
den Beitritt der Gibeoniten zu dem Verbande der Kinder
Iwaels richtig als Folge der Eroberung Jerichos und Ais
ssieht. Die Eroberung dieser Städte kann deshalb zeitlich
immerhin erheblich früher fallen. Sie wird den Beginn
ron Bewegungen bezeichnen, als deren letste Ausläufer
man die uns verschwiegenen Ereignisse ansehen kann,
welche zu dem tragischen Untergange der Sauliden 2 Sa.
4, 2 ff. c. 21 führen. Uebrigens ist daran zu erinnern,
lafs Städte wie Penuel, Mahanaim, Jabes als ältester Besitz
ler Kinder Israel weit besser bezeugt sind, als die dem
tebiete Benjamins gegenüberliegenden gaditischen Städte.
be spielen in der ältesten Zeit schon eine bedeutende
olle, jene gar keine. Und die Meinung, dals Gilgal das
ste Standlager auf transjordanischem Gebiete gewesen
10*
148 Nachwort des Herausgebers
sei, würde sich aus einem Rückschlusse aus den zur Zeit
Sauls bestehenden Verhältnissen völlig erklären.
Mag man aber nun den Uebergang der Hebrier ins
Westjordanland bei Jericho oder weiter nördlich erfolgen
lassen, so steht jedenfalls fest, dafs die ersten Schaaren
der Hebräer auf friedlichem Wege, durch Vertrag mit dea
kananäischen Ureinwohnern, in den Besitz westjordanischen
Landes gekommen sein werden. Bildeten auch die kans-
näischen Städte keinen festen politischen Verband, so waren
sie doch ohne Zweifel stark genug, um ein gewaltsames
Eindringen in das Westjordanland abzuwehren, oder eine
schon eingedrungene Schaar, selbst wenn sie etwa durch
Verrath oder Handstreich bereits in den Besitz einer Stadt ge-
kommen war, wieder über den Jordan zurückzuwerfen, wie
es später die Israeliten den ihnen nachdringenden Wiüsten-
völkern gegenüber gewesen sind. Alle Vortheile, welche eine
höhere Cultur und die Ueberlegenheit der Zahl gewähren,
waren ja auf ihrer Seite. Aus Aeulserungen wie Jos. 17, 16.
Ri. 1, 19. 3, 1. 2. schimmert zudem noch deutlich durch,
dafs die Kananäer den Israeliten ursprünglich durch ihre
bessere kriegerische Organisation überlegen waren.
Dagegen begreift sich sehr wohl, dafs die Kananie
kraft eines Vertrages einzelnen israelitischen Geschlechtern
die Ansiedelung im Westjordanlande gestatteten. Schickte
vielleicht früher diehebräischen d. i. transjordanischen Stämme
ihre junge Manneskraft auf Raub und Plünderung the
den Jordan in das kananäische Culturland — wodurch js
später die Wüstenvölker den Israeliten so lästig fielen —
so konnten die Kananäer hoffen, durch Ansiedelung solcher
Elemente dieser Plage ledig zu werden. Die Kananie
haben im Allgemeinen nur die Ebenen und Thäler dicht
besiedelt. Daneben haben sie freilich auch einige durch
ihre günstige Lage sich auszeichnende Plateaus und Berge
besiedelt und befestigt. Aber zwischen ihren Siedelungen
lag noch reichlicher Wald, welcher der Rodung harrte und
150 Harkavy, Mittheilangen
kananäischen Urbevölkerung Herr des gröfsten Theiles
seines späteren Besitzes geworden war, so erklärt sich dies
daraus, dafs es bei aller Verwandtschaft seiner religiösen Ideen
mit denen der Kananäer Dank seiner vom Sinai stammenden
Religion religiös und sittlich höher stand als die Urbevél-
kerung und mit gänzlich unverbrauchter Kraft an seine Auf-
gabe herantrat. So kam es, dafs Israel sich allmählich als
adliges Herrenvolk (DW 9) fühlen lernte, welchem die
Urbevölkerung trotz grifserer Cultur zu dienen bestimmt
war. Gen. 9, 26. B. 8.
Mittheilungen aus Petersburger Handschriften.
Einleitendes. Die zweite, im Jahre 1876 von der
Petersburger Kaiserl. Oeffentl. Bibliothek erworbene Samn-
lung Firkowitsch enthält gar vieles für die bibl. Wissen-
schaft Werthvolles, sei es an alten, in Babylonien, Syria
und Aegypten geschriebenen Bibelcodd. nebst der Rand-
und Schlufsmassora, sei es an exegetischen, in arabische
Sprache abgefafsten Werken von rabbinischen und karäischen
Autoren. Die Einen wie die Anderen sind in die Bibliothek
in der gröfsten Unordnung gekommen; so sind s. B. in
einem Haufen von Blättern, die der Sammler mit eine
Nummer bezeichnete, disjecta membra aus verschiedene
(manchmal mehr als 10) Codd. zusammengestoppelt; ebenso
sind umgekehrt manche Blätter aus einem und demselben
Cod. auf mehrere NN. vertheilt. Die exegetischen Hand-
schriften sind noch dazu gar oft mit Fragmenten aus gans
anderen Werken vermischt, und da die Einen wie die
Anderen akephala und ateleuta sind, so wird die Arbeit
der Vereinigung des Zusammengehörigen und des Aus-
a a
aus Petersburger Handschriften. 151
cheidens des Fremdartigen dadurch sehr erschwert, umso-
nehr, da es sich hier zumeist um bisher unbekannte, sonst
urgends vorhandene Werke (Unica) handelt. Es ist dem-
nach leicht begreiflich, dafs die Sichtung und die Beschrei-
bung einer solchen, aus mehreren Hunderttausenden Blät-
tern und Fragmenten bestehenden Sammlung nicht von
anem, noch dazu anderweitig viel Beschäftigten, schnell
su Stande gebracht werden können. Diels diene auch zur
Erklärung des fragmentarischen Charakters folgender Mit-
theilungen aus unseren Handschriften. Es folgt hier zu-
nächst ein Verzeichnifs der Werke über biblische Exegese
und hebräische Sprachwissenschaft, von denen ich bisher
mehr oder weniger Kenntnifs genommen habe, oder die
ich excerpirte, und zwar ursprünglich blofs zum eigenen
Gebrauche.
A. Rabbinische Autoren. «. Exegese.
Saadiah Gaon (892—942). Von diesem, von Ibn-
Esra mit Recht Dip 533 OND WN betitelten, Rector
der Akademie in Sora, hat sich bis jetzt bei uns Folgen-
des in diese Rubrik Gehörendes aufgefunden. a) Bruch-
stück seines Commentars zur Genesis (Abschn. mw rn);
vielleicht aber nicht ihm, sondern Ibn-Chofni gehörend,
vgl. meine Bemerkung in Berliner’s Magazin (V, 1878,
p. 183). b) Einen bedeutenden Theil seines Commentars
sum Exodus (von Cap. 25 an) fand ich noch im Spät-
sommer 1874 in Tschufut-Kale und theilte verschiedene
Excerpte daraus mit in einigen hebräischen Zeitschriften.
Diese Hachr. war seitdem in Paris bei Herrn Joseph Deren-
bourg, der dieselbe zum Behuf einer Publication copirte. Vor
iniger Zeit fand ich noch ein Fragment aus einer anderen
Ischr., blos aus vier kleinen Blättchen bestehend (zu Exod.
ap. 3), und beeilte mich, eine Abschrift davon Herrn
Jerenbourg zuzuschicken. Ich erkannte es als saadianisch
152 Harkavy, Mittkeilungen
an der Erklärung des roba (III, 2), wie dieselbe vom
Karäer Jephet (bei Munk u. Pinsker, Lickute II, 71-9)
und in seiner eigenen Erklärung der 70 Wörter vorkommt, ©
nämlich durch den Vergleich mit einem Ausdruck in der
Mischna. Dunasch (Kritik, ed. Schröter, p. 54, Nr. 108)
will es gleich 5152 betrachten, wogegen Ibn-Exzra (Sephat
Jether, ed. Lippmann, p. 31° Nr. 140, wo der Herausgeber
in seinem Commentar nicht wulste, dafs Saadiah die von
ihm angeführte Mischna gebrauchte, um gerade das Gegen-
en wot) Einspruch erhebt. Uebrigens sagt hier
Saadiah ausdrücklich, dafs er so etwas wie die Erklärung
der 70 Wörter zu verfassen gedenke (WH M392 lu,
MPS! 3 Lgive pty ON 3 Kan] KL a Led JE payer
hung bo 3 la! 0,535 Lila, LE wot, RS 3) Neu-
lich fand ich noch ein weit gröfseres, aus 67 Bl. bestehendes,
Bruchstück zu Exod. cap. 9—12, welche wahrscheinlich
mit den eben erwähnten 4 Bl. aus einem und demselben
Cod. stammen. c) Ein Theil vom Commentar zu den letzten
Capp. des Deuteron. ist von dem Abschreiber, wie er selbst
in der Aufschrift meldet, mit dem Comment. des Ibn-Chofhi
zusammengewürfelt.. d) Ein grofses Bruchstück (79 Bl)
von seinem Commentar, oder vielmehr von seinem Glossen,
zu Samuel, Könige, Jesaia, Jeremia und Jesekiel, wovon
ich die Hälfte ungefähr schon abgeschrieben habe. Die Hachr.
enthielt auch die Glossen zu Josua und Richter, denn am
Schlusse von Sam. liest man st all ws At PR. 2%
Drabn It 932. e) Mehrere Fragm. (aus 9 verschiedenen
Hschr.) vom Commentar zu den Psalmen, die ich noch
nicht näher untersuchte; f) Verschiedene Citate aus seinen
verloren gegangenen exegetischen und sprachwissenschaft-
lichen Schriften habe ich aus den Schriften seiner Nach-
folger gesammelt. Auch werden sich vielleicht mehrere
andere exegetische Fragmente, die noch nicht gehörig unter-
sucht sind, als dem Saadiah angehörig erweisen.
Samuel Ibn-Chofni (st. 1034). Von diesem Gaon,
Schwiegervater des Haja Gaon, besitzen wir : a) das oben
sd
aus Petersburger Handschriften. 153
erwähnte Bruchstück zum Abschn. mw “Mm, dessen Autor-
schaft übrigens zweifelhaft ist. b) einen fast vollständigen
Commentar zu den drei letzten Abschnitten der Genesis
(mm, wm, ppd), wo ich, unter anderem, auch seine Genea-
legie gefunden habe; s. Magazin von Berliner V, 5/—8;
mane „Studien und Mittheilungen* III, 7u. 10. c) Einiges
aus seinem Commentar zu den letzten zwei Abschnitten
von Deuteron. befindet sich, wie oben erwähnt, zusammen
mit dem saadianischen Commentar. d) Mehrere Citate aus
seinen exegetischen Werken habe ich in den Schriften der
Nachfolger gefunden ; ebenso werden sich wohl einige unter
den anonymen Fragmenten als ihm gehörig herausstellen,
wie mir dies für eines zu Exod. und eiu anderes zu Numeri
sehr wahrscheinlich ist.
Noch einen dritten Gaon will ich hier erwähnen, näm-
ich Aharon (arabisch hieß er : Chalaf) Ibn-Sar-
dschado, Zeitgenossen und Nebenbuhler des Saadiah. Bis
jetzt waren nur ein paar Citate von ihm bei Ibn-Ezra (zu
Gen. 34, 30. 49, 6; zu Exod. ed. Reggio p. 113; zu Levit.
18, 6) bekannt. Ich habe zwar bis jetzt seinen eigent-
lichen Commentar zum Pentat. auch noch nicht auffinden
können; es ist mir aber gelungen, Bruchstücke daraus in
der Originalsprache bei Ibn-Balam und bei Tanchum von
Jerusalem (im „ar! WLS) zu entdecken.
Jehuda Ibn-Bal&m (um 1070-1090). Von seinen
sehr wichtigen Schriften besitzen wir : a) Fragmente vom
> ai us, wie der Commentar zum Pentat. vom Autor
itelt wird. b) Commentar zu den Prophetae prior. et
posteriores, fast vollständig. c) Bruchstücke zu den Psalmen
und d) zu Kohelet.
Ali Ibn-Israil (aus der zweiten Hälfte des XI. Jahr-
hunderts). Von diesem bis jetzt ganz unbekannten Autor,
der in Babylonien oder Persien gelebt zu haben scheint,
besitzen wir einen ausführlichen Commentar zum 1. Buche
Samuel, in welchem er öfters gegen die Karäer polemisirt.
154 Harkavy, Mittheilungen
Tanchum al-Maqdisi (oder Jeruschalmi, im
XIII. Jahrh.). Von seinem .\.Jj! WS, welches die Er-
klirung der ganzen Bibel enthielt, besitzen wir : a) Ein
bedeutendes Fragment zu Deuteron. (Noch Goldsiher, .
Stud. über Tanchum p. 8, Anm. 1, leugnete die Existens
des Comment. zum Pentat.), wo Saadiah, Ibn-Chofni, Ibn-
Sardschado und andere häufig citirt werden, b) zu Josus,
c) zu Könige, d) zu Jesaia, e) zu den Psalmen und f) zu
Hiob, zweifelhaft ob ihm gehörend. Seine Werke, ebenso
wie die Ibn-Baläm’s, sind eine unerschöpfliche Fundgrube
für die ältere exegetische und grammatische Literatur.
Von mehreren offenbar alten Werken und Fragmenten,
deren Verfasser noch unbekannt sind, will ich vorläufig
nicht sprechen, da es doch sehr möglich ist, dafs ich im
Verlauf meiner Arbeit die Namen der Autoren entdecken
werde. Ebenso will ich jetzt nicht von den vielen Citaten
aus verloren gegangenen Schrifter (wie z. B. die Isaak
Ibn-Giath’s und Mose Dachaktila’s, beide aus dem
XI. Jahrh.) handeln.
ß. Sprachwissenschaftliche Werke.
Saadiah. Auch hier stofsen wir zuerst auf diesen
klangvollen Namen in der jüdischen Literatur des X. Jahr-
nk
hunderts. Von ihm befindet sich in unserer Sammlung: :
a) Die genaue Abschrift eines aus sechs Blättchen bestehen-
den Fragments (das Ms. selbst ist in Kahira) von der
arabischen und hebräischen Vorrede zum Agron (U)
betitelten Werke, wo die hebr. Radices, nach der Vorrede
zu schliefsen, nach ihren Anfängen und Enden (nach Art
der Reim-Wbb.) geordnet waren. Dieses Werk enthielt
auch Grammatisches, wie aus Dunasch’ Kritik (p. 56,
Nr. 169), den Responsen der Schüler Menahem’s (ed. Stern
p. 40) und Ibn-Ezras Mosnajim (am Anf.) erhellt. Der
hebr. Theil ist fehlerhaft (nach einer anderen Copie) edirt
in der hebr. Ztschr. Lebanon }y25n, VIL, 275-6) und
ve Eee lk
ı
aus Petersburger Handschriften. 156
in Geiger’s Jüd. Zechr. (X, 256—262); mehrere Erklä-
rungen und Berichtigungen gab ich in der hebr. Zschr.
ı! Karmel (won II, 666-668). Das arabische Frag-
‚| ment ist noch unedirt, und werde ich dasselbe in dieser
| Zechr. veröffentlichen. b) Eine kurzgefafste Grammatik
| m unserer Sammlung, die ebenfalls Saadiah zugeschrieben
| wird, harrt noch der Bestätigung bei näherer Untersuchung.
Haja Gaon (st. 1038). Das hebräische und chal-
däische Wörterbuch des letzten Rectors der talmudischen
Akademie in Pumbeditha (Babylonien), das öfters von
Ibn-Dschan&h, Ibn-BalAm u. A. unter dem Titel
ga Was angeführt wird (Ibn-Ezra im Mosnajim nennt
es hebr. MORENO, Abraham Bukrat bbı9 ‘p), war im
Alterthum sehr geschätst. Das Bruchstück daraus (von
xt bis ox, 20 theils beschädigte Bl.) unserer Sammlung
seigt, dals obzwar der Verfasser von der Triliteralität noch
nicht wufste, das Werk dennoch werthvoll ist in vielen
Beziehungen, und namentlich wichtig ist es für talmudische
Lexicographie.
Samuel Ibn-Nagdilah (992—1065) und sein
Gegner Abulwalid Ibn-Dschan&h. Von dem erst-
genannten Vezir in Granada befindet sich bei uns das zweite
Cap. des ersten Theiles seiner 36 J} J5U.,, einer polemischen
Schrift gegen Ibn-Dschanäh zur Vertheidigung der gram-
matischen Ansichten des Chajudsch. Ich habe das Bruch-
stück den Herren Derenbourg mitgetheilt, die es in der
Einleitung zu der vortrefflichen Ausgabe der Opuscules
d’Ibn Djan&h (Paris 1880 p. LIX seq.) veröffentlichten.
Auch habe ich eine beträchtliche Anzahl von Citaten aus
den genannten Resail, wie auch aus dem Hauptwerke
des Ibn-Nagdilah, dem Lisi 3! L&S (bei Ibn-Ezra Mosnajim
Wyn "5D genannt), in den Werken der Nachfolger ge-
sammelt. Unser Fragm. aus der Replik Ibn-Dschanäh’s
auf die Resail (gen. „Al Us), ebenso wie anderes,
diesen Gelehrtenstreit Betreffendes, wurde ebenfalls von den
Herren Derenbourg (ebendas. p. XLIX seq.) abgedruckt.
156 Harkavy, Mittheilungen
Isaak (arabisch : Abu Ibrahim) Ibn-Jaschüsch
(aus der zweiten Hälfte des XI. Jahrh.). Wir besitzen :
ein grammat. Werk, welches 3 Loi} WLS betitelt ist und
nach verschiedenen Merkmalen mit dem von Ibn-Ezra er- :
wähnten O'DY137 Wo identisch ist.
Ibrahim Ibn-Barun (Ende des XI. und Anf. des
XII. Jahrh.). Von diesem Verfasser besitzen wir das sehr
wichtige grammatische und lexicalische Werk &jl,l} Ws,
welches sehr reich ist an Citaten, nicht nur von jüdischen,
sondern auch von muhammedanischen Autoren, da unser
Verfasser öfters auch die arabische Grammatik zum Ver-.
gleich anführt.
Da hier vorläufig nur die ältere Literatur in Betracht
kommt, so wollen wir nun von den rabbinischen zu den
karäischen Autoren und Werken übergehen.
B. Karäische Autoren. y. Exegese.
Abu-Nasr Jusuf Ibn-Barhun (wahrscheinlich
identisch mit dem bei Pinsker I, 25 genannten Joseph b.
Abraham Albasri? yıan). Wir besitzen einen bedeuten-
den Theil seines Pentateuch-Commentars, der nicht nur
wegen seiner frühen Zeit (VIII. oder IX. Jahrh.), sondern
auch an und für sich sehr interessant ist; vgl. mein FOND
ow I, N. 6, p. 91.
Abu-Jakab JtsufIbn-N th (wahrscheinlich iden-
tisch mit dem ebenfalls dem VIII. oder IX. Jahrh. ange-
hörenden Joseph b. Noah bei Pinsker I, 25. If, 73—74.) Auch
von ihm befindet sich bei uns ein Commentar zum Pentat.,
und ein Epigraph vom Schreiber des Cod. versichert, dafs
wir nur das Compendium, von dem bekannten Abulfara-
radsch Harfin verfertigt, vor uns haben, obwohl auch in
dieser Gestalt das Werk keineswegs kurz genannt werden
kann.
Abu-Jüsuf Jaküb Alkirkisäni, Zeitgenosse des
Saadiah und einer der Häupter des Karaismus (schrieb
aus Petersburger Handschriften. 157
937). Sein ‚1,53 WLS, von dem wir mehrere defecte
Hschr. besitzen, aus denen vielleicht das ganze Werk sich
zusammenstellen lassen wird, besteht aus zwei Theilen, von
denen der letzte, Lästa2L UT betitelt, einen sehr ausführ-
lichen Pentat. Commentar enthält, der erste aber, der als
Einleitung zu jenem dient, spricht ausführlich über die
Geschichte der jüdischen Secten, bei welcher Gelegenheit
er auch gegen das Christenthum polemisirt, über die Inter-
pretationsregeln der Bücher Mose, die Differenzpunkte
zwischen Karäern und Rabbaniten u. dgl.m., worauf ein voll-
ständiges karäisches Gesetzbuch (<3!,2J! L&S) folgt.
David ben Boas, der Fürst (xy) genannt; er
soll Nachkomme des Stifters der Karäersecte in der fünften
Generation (Anan, Saul, Joschija, Jehoschafat
ud Boas, der Vater des Dav.) gewesen sein. In seinem,
bei uns befindlichen Commentare zu Levit. und zur letzten
Hälfte des Deuteron., wird öfters gegen Saadiah heftig
polemisirt, und zwar wird er nie beim Namen, sondern
immer ,>,J$ 169 genannt. Der Verfasser scheint sein Zeit-
genosse gewesen zu Bein.
Salomo ben Jerucham (oder arab. Ibn-Ruheim),
jüngerer Zeitgenosse des Saadiah und heftiger Gegner des-
selben. Von ihm haben wir Theile des Comment. zu den
Psalmen (der sich auch in der ersten Sammlung Firko-
witsch befindet), zu den Sprüchen und zum Buche Esther.
Sahlben Mazliach, genannt Abfis-Sari, einer der
grölsten Eiferer gegen die Rabbaniten überhaupt und gegen
seinen älteren Zeitgenossen Saadiah insbesondere. Ein Theil
seines Commentars zu Deuteron. hat sich bei uns erhalten.
Jephet (arab. Hasan) ben Ali (aus dem Ende des
X. Jahrh.), der gröfste und fruchtbarste karäische Exeget.
Wir besitzen seine Werke in einer reichen Fülle von
ganzen Heschr., defecten und Fragmenten, aus denen sich
wohl, nach genauer Untersuchung, sein Commentar zur
ganzen Bibel herstellen lassen wird.
168 Harkavy, Mittheilungen
Levi ben Jephet, Sohn des Vorhergehenden. Ba
uns befindet sich ein bedeutender Theil seines Comment, |
zur Genesis; die Autorschaft desselben ist mir übrigens |
noch zweifelhaft.
Abül-Faradsch Furgen (abbrev. 58, hebräisch
Jeschua ben Jehuda), Schüler des berühmten Jüsuf
al-Bagtr oder Joseph ha-Ro6, und selbst ebenfalls einer der
wichtigsten karäischen Gelehrten. Sein Pentat.-Commentar
wird häufig von Ibn-Esra citirt (Gen. 28, 12. Exod. 3,
2, 13. 4, 4. 6, 3, 13. 7, 3, 12 u. s. w.) und wir besitsen
bedeutende Bruchstücke dieses Werkes.
SahlIbnFadhl at-Tusteri (hebr. Jaschar ben
Chesed), aus dem XI. oder XII. Jahrh., hinterliefs eben-
falls einen Pentat.-Comment., von dem bei uns verschiedene
Theile sich vorfinden.
Abél-Faradsch Harfn (aus dem XI. Jahrh.) ver
falste einen bist! „ & zur Bibel, wo alle schwierigen
Wörter, manchmal auch ganze Sätze, erklärt werden; von
ihm haben sich mehrere Theile, die möglicherweise da
ganze Werk enthalten, bei uns erhalten. Ebenso besitze
wir mehr oder weniger bedeutende Bruchstücke von da
Commentaren des Ali Ibn Suleim4n (XIL oder XII
Jahrh.) und des Joseph Ibn Küdschak (XIII. Jahrh.?)
zum Pentat., des Samuel Ibn-Mansfir (XIV. Jahrh ?)
und des Samuel Magribi (Maarabi, XV. Jahrh.) su da
Propheten u. dgl. m.
6. Sprachwissenschaftliche Werke.
Als besonders wichtig auf diesem Gebiete erscheinen
die Werke kaäsll WES und Jul OLS von dem oben-
erwähnten Abt4l-Faradsch Harfn aus Jerusalem,
dessen Lob auch von Mose Ibn-Ezra (in seinem 8 ol Ws)
verkündet wird. Der Vergleich des Hebräischen mit dem
Arabischen wird hier mit besonderer Vorliebe, manchmal
sogar übertrieben, behandelt. Ein »w Ww! „AS betiteltes
aus Petersburger Handschriften. 159
/örterbuch von einem gewissen Salomo ben Mebo-
ach, eine Grammatik von einem al} &,9 (hebr. Nethanel),
eide zweifelhaft ob Karäer oder Rabbaniten, und mehrere
ndere Wörterbücher, Glossare und grammatische Schriften
efinden sich in unserer Sammlung und harren noch einer
iheren Untersuchung.
Die hier gegebene kurse Uebersieht eines Theiles der
Firk. wurde nach einem von mir in Tschufut-
“ale im J. 1874 angefertigten Verzeichnisse, in welches einige
päter hinsugekommene Bemerkungen eingetragen worden
ind, dargestellt. Das Nähere wird wohl am besten durch
\uszüge aus den Werken selbst, zu. denen wir nun über-
‘shen wollen, beleuchtet werden.
A. Harkavy.
(Fortsetsung folgt.)
Zur Geschichte des syrischen Bibeltextes.
Dafs die monophysitische Ueberlieferung des Bibel-
xtes und seiner Aussprache, wie sie in den Marginalien
ee von Wiseman besprochenen Codd. des Vaticans und
en ähnlichen des britischen Museums vorliegt, aus Klöstern
m Häb'ör& in Mesopotamien hervorgegangen ist, darauf
chien die Lage des Klosters Qargaft'ä bei der Stadt
fag*dal (Migdel) unweit Réé ainä zu deuten. ».2. D.M.G.
2, 745. Eine Bestätigung dieser Bestimmung bietet eine
tlosse des Cod. Huntingdonianus in Bar Bahlül’s Lexikon,
ie ich nach Larsow’s Abschrift hersetse :
taltadaien Jasnjo un . com du] 2 Loajo Hu
ei al ie Dis Be in;o wlan
am Ian AU te) belo om has tod 127+?
wo ‚am Bas fica .|Zaltedate? \Lodmdun „slo |Zaaalo
» GSS janet, Joa fac jac Zul ao fa] No bola
160 Hoffmann, sur Geschichte des syrischen Bibeltextes.
om Sit Ploeg om As Las om fom waiwete? fio ond
on yaasso Soyo Puzo lon yon} (1. wey oder wan)
ha} da (1. eins) las ade .ddadsrte
@ hope Da Npd2)
„Santä und Tüb'änä waren zwei anerkannte und be-
rühmte Ueberlieferer der Testamente in der Stadt
Rés ainä. Santä wohnte in einem der dortigen Klöster;
der andere, ein gewisser ehrwürdiger Greis, dessen Keusch-
heit und dessen Genauigkeit der Ueberlieferung wohl be-
zeugt sind, hatte den Namen Tüb'änä. Ueberall wo da-
her am Rande des Blattes ein Versglied (= Wort) steht,
dem ein .» tibergeschrieben ist, gehört es demjenigen an,
was jener Greis (Santä) am Tüb"änä verändert hat. Sofern
(dieser) irgend eine Lesart überliefert hatte und jener
sie verschieden überlieferte, wurden defswegen diese (Vers-
glieder) überschrieben, damit dieser Umstand bekannt würde.®
So dürfte dieser Text indessen noch nicht fehlerlos
sein. Der Name Santa ist mir sonst unbekannt; vielleicht
lautete er Saniitios (Sanütä) oder Sanbata. Auch wird
dieser Magerjänä oder seine Sigle in den Maselm&nit*ahss.,
so viel bis jetzt bekannt, nicht erwähnt, während Tüb’änä
häufig vorkommt. Ich kenne jetzt eine Stelle, aus der
hervorgeht, dafs dieser Leser nicht immer dem Pöälttä-text
folgt : Er las Rim. VII, 8 we Aus statt wie jene
Zon ae : xmpls yap vouov Auaprla vexpa. Vgl. Rich,
Catal. 8. 66s.
Kiel, December 1880.
G. Hoffmann.
161
Bemerkungen über das Buch Micha.
Vom Herausgeber.
Dafs nicht der gesammte Inhalt des Buches Micha
dem Propheten Micha herrühre, welcher in den Tagen
Ahaz und Hiskia weissagte, ist schon länger vermuthet
len. Ewald!) spricht ihm cc. 6.7 unbedingt ab und
uptet aufserdem von 2, 12. 18 *), dafs entweder Micha
it oder ein anderer alter Leser diese Worte eines der
)heten, welche Micha bekämpfte, zuerst nur an den
d geschrieben habe, des Beispiels wegen : der Zusam-
hang verlange sie nicht nothwendig, sie störten dazu
Bau der Wenden. Gegen diese Auffassung Ewald’s
2, 12. 13 hat bereits Hitzig mit Recht geltend ge-
nt, dafs diese Verse eine „den wahren Propheten ge-
schaftliche Idee“ enthielten, d. h. innerhalb der im
", erhaltenen prophetischen Entwickelung liegen, s. 8.
Ewald’s Auffassung von c. 6.7 hat Wellhausen °)
n verbessert, dafs zwischen Mi. 6, 1—16. 7, 1-6 und
ff. zu unterscheiden sei. 7, 7 ff. sei durchaus nicht
setzung von 7, 6, vielmehr sei mit 7, 6 der Faden ab-
hnitten. 7, 1-6 enthalte eine schmerzliche Klage
s über die Verderbtheit seiner Söhne — verschwunden
aus dem Lande Fromme, der Richter richtet für Be-
ung —, das Zion aber, welches 7, 7 ff. redet, sei
r Feindin, der heidnischen Weltmacht, bereits erlegen.
ıerrsche zwischen Mi. 7, 7 ff. und Jes. 40—66 die
ng,
| Die Propheten des A. B.* Bd. 1. 8. 601. 525 ff. Gesch. d. V. L
716. Anm. 1.
Die Propheten a. a. O. 8. 512.
Bleek, Einl. i. A. T.* 8. 425 f. Anm.
ehrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 11
162 Stade, Bemerkungen
auffallendste Verwandtschaft. Zwischen 7, 6 und 7,7 ff. ”
klaffe etwa ein Jahrhundert. In der That haben wir nicht :
ganz cc. 6. 7 sondern nur 6, 1—16, 7, 1—6 im die Periode
des Manasse zu setzen, vgl. namentlich 6, 7, aus welche
uns sonst leider kein einziges prophetisches Schriftstück
überliefert worden ist. Der ursprüngliche Schluls dieser
Weissagung ward im Exile durch 7,7 ff. ersetzt. Aufser-
dem hat Wellhausen mit Recht darauf aufmerksam ge-
macht, dafs 4, 9. 10 in vollem Widerspruche zu 4, ll ff |
stehen.
Die folgenden Bemerkungen beabsichtigen nun zu er
weisen, dafs das Buch Micha erst nach dem Exile seine jetzige
Gestalt erhalten hat, und dafs dem unter Ahas und Hiskia
wirkenden Propheten Micha nur c. c. 1—3 nach Ausschal-
tung von 2, 12. 13 beigelegt werden können.
1. Zunächst ist Ewald’s Meinung über 2, 12. 13 da-
hin zu präcisiren, dafs diese Verse eine exilische oder nach-
exilische Einschaltung sind. Für das richtige Verständnils
von c. 1 ff. ist es wichtig, festzuhalten, daß die 1, 2 fl.
beschriebene Erscheinung Jahves zum Gerichte erfolgt,
um gegen die Sünden Israels Zeugnils abzulegen. Aut
die Beschreibung des Strafgerichtes, welches Samarien und
Juda verwüstet, folgt daher naturgemäfs die Beschreibung
der Stinden des Volkes Gottes, welche die Ursache dieses
Gerichtes sind. Diese steht c. 2. 3. Erkennt man diese
Anlage des ganzen Abschnittes, so wird man weiter ein-
sehen, dafs die von den meisten Auslegern beliebte Tren-
nung von c. 2 und 3 nicht richtig ist.
Die das Gericht veranlassenden Sünden werden in
Kürze dahin beschrieben, dafs die Grofsen und Mächtigen
das Volk schamlos ausbeuten. Ihr Sinnen und Trachten
geht nur auf Bereicherung, für Geld beugen sie das Recht.
Gar sehr sind ihnen die Mahnungen des Propheten im
Wege. Sie wünschen sich Propheten nach ihrem Herzen
und finden dieseauch. Darum wird um ihretwillen Zion zer-
stört werden 3, 12. c. 1—3 bilden also eine Weissagung.
ann
über das Buch Micha. 163
Es herrscht nun in c. 2. 3 eine planmäfsige Disposition
der Gedanken, welche durch 2, 12. 13 gestört wird. Wir
haben 2, 1. 2 die erste Beschreibung des Treibens jener
Grofsen, gegen welche daher 2, 3-5 ein Gericht ergeht.
Gegen diese Verkündigung aber eifern sie, sie fassen das
ewige Predigen des Propheten als einen ihnen angethanen
Schimpf auf v. 6. Diese Auffassung des göttlichen Wortes
verweist ihnen der Prophet v. 7.
Parallel mit 2, 1.2 folgt in v.8—10 ein neuer, zweiter
Zug aus dem gewaltthätigen und scheinheiligen Treiben
jener Volksbedrücker und hierauf — der Gedanke des
Gerichtes, welcher den Verf. in der ersten Wende von c.1
her noch beherrscht hatte, tritt hier zurück — genau v. 6
entsprechend eine Schilderung der Stellung jener zum Pro-
pheten : „wenn einer von Wein und Meth weissagen wollte,
das wäre ihr Mann,“ 2, 11.
Wir erwarten nun auf Grund der Gedankengliederung
von v. 1—7, dafs jetzt der Prophet Stellung zu diesem
Treiben nimmt. Das geschieht aber nicht in 2, 12. 13,
wohl aber 3, 1. Der Prophet verweist den Grofsen jenes
Treiben, weil sie als Richter Israels die Pflicht haben, das
Recht zu kennen. |
Kuenen ‘) hat nun gegen Ewald’s Auffassung ein-
gewandt, "ww 3, 1 könne keine Antithese bilden, weil das
Pronomen nicht ausgedrückt sei. In der That fährt Micha
3, 8 mit me Ode fort. Allein hier handelt es sich vor-
nächst noch um eine blofse Auseinandersetzung mit jenen
Grofsen und ihrer Stellung zur Prophetie. Das Pronomen
ist defshalb hier so wenig wie 2, 7 von Nöthen.
Man beachte überhaupt die durchgehende Steigerung
der Gedanken in c. 2. 3. Dieselbe zeigt sich zunächst in
der Beschreibung des Treibens der Gegner des Propheten.
2, 1. 2 sinnen sie ständig auf Uebelthaten, gieren nach
*) Hist. krit. Ondersook 2. 8. 850. Anm. 1.
11*
164 Stade, Bemerkungen
Feldern, reifsen Häuser an sich, drücken die Leute. v. 8—10 *
aber reifsen sie hülflosen Maroden die Kleider vom Leibe,
wer
vertreiben hülflose Weiber und Kinder. In 3, 2 werden °
sie gar als wahre Leuteschinder beschrieben. Dieselbe
Steigerung zeigt sich in der Beschreibung ihrer Stellung :
zum Propheten : v. 6 weisen sie die Mahnungen desselben
als lästig zurück, v. 11 wird ihnen vorgehalten, dafs ihr
Wunsch dahin gehe, zu Propheten Gesinnungsgenossen zu
haben. Und 3, 5—7 treten solche denn auch wirklich auf
offener Scene auf. Erst jetzt ist es an der Zeit, dals sich
diesen der Prophet mit einem: „ich aber” gegenüberstellt.
Schon hieraus ergibt sich, dafs c. 3 die gleiche Dis
position der Gedanken zeigt wie c. 2. Es entsprechen sich
8, 2—4 und 2, 1-5. 8-10; 3,5—7 und 2,6. 11; 3,8 und
2, 7. 8,1. Hierauf folgt die zusammenfassende Schlufs-
apostrophe an die Grofsen 3, 9—11 und die Verkündigung,
dafs um ihrer Sünden willen Jerusalem zerstört werden
solle 3, 12.
Die Tradition nun, welche die Weissagungen Mi. 1—3
von dem unter Hiskia weissagenden Propheten Micha von
Moreschet herleitet, erhält eine ganz einzigartige Bezeu-
gung durch Jer. 26, 17 ff. Dann aber dient ihr zur Be
stitigung der Umstand, dafs die Gedanken von c. 1—3
sich durch Vergleichung mit jesajanischen Stellen als der
prophetischen Gedankenwelt jener Zeit zugehörig nach-
weisen lassen. Man vgl. 1,2—4 mit Jes. 2, 12 ff., 3, 13 ff,
5, 16. 26. 30, 27; 1, 5—8 mit Jes. 1, 11 ff, 16. 20 f., 2, 8.
20. 17, Tf., 28, 7 f., 30, 22, 31, 7; 1, 9—17 mit Jes. 8, 5 ff,
28, 14; 2, 1—5, 3, 14 mit Jes. 1, 10. 17. 23. 3, 14 ff,
5, 8. 29, 20 f.; 2, 6 ff, 3, 5 ff. mit Jes. 3, 12. 9, 15. 28,
5—13. 30, 9 ff.
Dagegen hat schon Hitzig herausgefunden, dafs die
messianische Weissagung 2, 12. 13 sich zunächst berührt
mit Jer. 31, 8, Jes. 52, 12. Keine einzige messianische
Weissagung aus Jesaias’ Zeit zeigt gleiche Züge. 2, 12.13
isd
fiber das Buch Micha. 165
zt voraus, dafs Israel sich in der Zerstreuung, im Exile
indet. Es muls erst zu einer Heerde gesammelt werden,
vor es unter Gottes Führung den Weg zur Heimath an-
tt. Hiermit aber ist im Zusammenhang mit dem S. 41
merkten bewiesen, dafs diese Verse frühestens aus der
it des Exiles stammen können.
Aber weshalb schaltete ein Späterer, etwa ein in Deu-
‚ojesaias’ Gedankenkreise Lebender, diese Verse ein?
} könnte dadurch veranlafst worden sein, dafs er das
8-10 Gertigte auf Greuelthaten bezog, welche an flüch-
ren Bewohnern des Nordreiches verübt wurden. Doch
nnen auch ohne dies die Worte : „von meinen Kindern
hmt thr meinen Schmuck auf immer“ v. 9 die Veran-
sung gewesen sein. Dem Treiben jener, welche israeli-
che Kinder durch Vertreibung aus Jahves Lande dem
Stzendienst in die Arme treiben, wird Gottes Wille ent-
gengesetzt, den Rest Israels aus allen Heiden zu sammeln.
2. Nach der Erzählung Jer. 26, 17 ff. ist es durchaus
wahrscheinlich, dafs Micha den Eindruck seiner Weis-
gung 3, 12 durch solche vom reinen Gegentheil abge-
hwächt hat, wie sie sich c. 4. 5 finden. Der Inhalt
tsterer Capitel stimmt ferner eben so schlecht zu den
leissagungen Jesaias, als der von c. 1—3 nach Ausschei-
ing von 2, 12. 13 sich mit denselben deckt. Nur kehrt
1—4 im Buche Jesaias mit bekannten Abweichungen
2 ff. wieder. Dafs dieses Stück nun nicht von Micha
ammt, ist jetzt so ziemlich anerkannt. Gewöhnlich leitet
an es von einem älteren Propheten der assyrischen Periode
' und auch ich habe dies SS. 87. 89 arglos gethan.
itzig hat an Joel diesen älteren Propheten nachzuweisen
rsucht. In der That zeigt dies Stück auch die auf-
lendste Verwandtschaft mit den Ideen Joels, genauer der
n Ezechiels Ideen lebenden Epigonen, deren einen wir
Deuterozacharja oben nachgewiesen haben, gar keine
t denen der Prophetie der assyrischen Zeit. Die vielen
166 Stade, Bemerkungen
Völker, welche nach Jerusalem ansubeten kommen, finden
sich zuerst Jes. 66, 23, dann Za. 14, 16—19. Die Stel-
lung, welche Jerusalem hier einnimmt, ist durchaus die
gleiche wie Za. 12—14, eine ganz andere als Mi. 1—3.
Der Gedanke, dafs Jerusalem auch äufserlich erhaben sein
soll, ist die Vergröberung des jesajanischen Gedankens
von Jerusalems innerer Bedeutung. Ja die letstere hat Ge-
danken wie Jer. 31, 40. Jes. 61, 6. 62, 12. 66, 12 zur Vor-
bedingung, ist jünger wie diese. Das Wallen der Völker
hat seine weitere Parallele an Jes. 60. Aber während
Jes. 60, 10 alles natürlich vorgeht, erfolgt hier ein Wunder.
Das ist secundär. Es scheint, das Jes.60 Geweissagte ist
längst erfüllt. Die sentimental angehauchte Weissagung
endlich vom Sitzen unter dem eigenen Feigenbaume hat
ihre nächste Analogie an nachdeuteronomischen Aeulse-
rungen wie 2Kö. 18, 31. Lev. 26, 3-5. 10. Dt. 28, 1 ff.
‚Untersuchen wir nun, bevor wir über die Herkunft
von 4, 1—4 uns äulsern, das Folgende. 4, 5 ist eine sehr
ungeschickte Anknüpfung. v. 1—4 ist noch nicht einge-
troffen. Noch verehrt jedes der fremden Völker seinen
eigenen Gott. Da dem so ist (19), so soll Israel etst recht
den seinigen verehren. Die Verbindung : „em Namen Elo-
hims wandeln” ist beispiellos. Sie ward durch v. 2 ver-
anlafst. Diese Anknüpfung in v.5 begreift sich nur, wenn
v 6 und der damit eng zusammenhängende v. 7 nicht vom
Verf. von v. 1—4 herrühren. Ihr Verf. kann sowohl der
Schreiber von v. 5 als ein Prophet älter als er sein, nicht
aber Micha. Denn sie tragen nicht den Charakter der
Prophetie der assyrischen Zeit. Sie erinnern, wie bereits
Hitzig gesehen hat, durch das in ihnen gebrauchte Bild
an 2, 12. 13, aufserdem an Zeph. 3, 14 f. Ez. 34, 16. Sie
können sehr wohl von einem Epigonen auf Grund der
beiden letzteren Stellen verfafst worden sein. Vgl. zu dem
Gedanken von Jahve’s Königthum auf Zion 8. 87.
fiber dss Buch Michs. 167
Wenn aber v. 8 sum Heerdenthum, sum Ophel der
Tochter Zion, die frühere Herrschaft, eine Königsherrschaft
der Tochter Zion zurückkehren soll, so erklärt sich diese
Form der Weissagung am besten aus der Abstammung
dieser Weissagung aus exilischer oder nachexilischer Zeit.
Dagegen könnte man annehmen, dafs v. 9 wegen der
Frage : „ist kein König in dir“ aus vorexilischer Zeit
stamme. Aber diese Annahme wird dadurch widerrathen,
dafs v. 10 aufs engste mit v. 9 verknüpft ist. Wenn
asterer den Eintritt der messianischen Zeit von der Rück-
kehr aus dem babylonischen Exile abhängig macht —
ack Babel” zu streichen, wire trivial, — so kann er
frühestens in die Zeit des Deuterojesaias gesetzt werden.
Es kann ihn aber auch sehr wohl ein Epigone verfalst
haben, welcher von der Voraussctzung ausging, dafs c. 4
Micha spreche. Denn zwischen Michas Zeit und dem noch
unerfüllten 4, 11 konnte das babylonische. Exil vermilst
werden. v. 10 ist jedenfalls ein vatscınium ex eventu.
Dagegen bildet nun der Abschnitt 4, 11—5, 3 eine
völlig zusammenhängende Weissagung. Dieselbe wider-
spricht den vorausgehenden v. 8—10 eben so sehr, als sie
su v. 1-4 stimmt, was von den Auslegern bislang tiber-
sehen worden ist. Jetzt ist Jerusalem von vielen Völkern
belagert, welche über dasselbe.zu triumphiren hoffen.
Gottes Rathschlufs geht jedoch vielmehr dahin, dieselben
durch Zion vernichten zu lassen. Jerusalem soll sich gegen
die Belagerung rüsten, es wird eine Beschimpfung seines
Richters erleben müssen. Aber aus Bethlehem, dem kleinen,
wird ihm ein Herrscher erstehen, dessen Ursprünge in das
Alterthum zurückgehen. Bis dieser geboren worden ist,
wird Israel preisgegeben werden. Dann aber wird der
Rest seiner Brüder zu den Kindern Israels zurückkehren.
Der Messias ersteht und weidet in Jahves Kraft, jene
aber siedeln, denn er ist grofs bis zu den Enden der Erde.
168 Stade, Bemerkungen
Mit nny) 4, 11 wird ein Gegensatz eingeführt, und
zwar der Gegensatz, in welchem die Gegenwart oder nächste
Zukunft zu dem 4, 1—4 für die Endzeit Geweissagten
steht. v. 11 schliefst sich direct an v. 4 an und setzt der
Herrlichkeit der Endzeit die Drangsal entgegen, durch
welche hindurch Israel zu jener gelangen wird.
4, 11ff. wird schon durch den Begriff der vielen Völker
mit 4, 1—4 zusammengehalten. Die vielen Völker, welche
Jerusalem bedrängen, verweisen unsere Weissagung nach
dem 8. 44 ff. Ausgeführten in die nachezechielische Zeit.
Ez. 38.39. Joel 4. Za. 12.14. Es sind natürlich dieselben,
welche nach ihrer Ueberwindung in Jerusalem anbeten.
v. 1—4. Jes. 66. Za. 14, 16 ff. In vorexilischer Zeit handelt
es sich immer um ein bestimmtes Volk, welches Jerusalem
bedroht.
Auch die Beschreibung des Messias 5, 1—3 palst nicht
zu den Erwartungen der assyrischen Zeit. Freilich erwartet
auch Jesaias ein Reis aus Isais Stamme, allein überall
knüpft sich bei ihm die messianische Zeit in allen einzelnen
Zügen direct an die Gegenwart, sie ist die glänzende Kebr-
seite der vom Propheten getadelten Zustände der jetzigen
davidischen Herrschaft. Hier aber fehlen alle bestimmten,
greifbaren Züge. Die Umrisse der 5, 3 gegebenen Be
schreibung der Regierung des Messias sind durchaus un-
bestimmt. 5, 2. 3 passen am besten in die nachexilische
Zeit.
Die Fortsetzung nun von v. 3 : „denn jetzt ist er grofe
bie zu den Enden der Erde“ bildet nicht v. 4, sondem
v.6—8. Hier treten wieder die „vielen Völker“ auf. 5, 4.5
widersprechen durchweg dem Vorhergehenden. Stellt das
Volk sieben Hirten und acht gesalbte Leute d. h. eine
neue Obrigkeit auf, welche Assur schlagen, sobald er das
heilige Land betritt, und Nimrods Land mit dem Schwert
verwüsten, so vermittelt sich der Anbruch der messianisches
hierdurch, also anders als nach 5, 1—3.
tiber das Buch Micha. 169
Dieser Schwierigkeit kann man nun allerdings durch die
nnahme entgehen, dafs v. 6—8 nicht den Anbruch, son-
wm ein Ereignifs aus dem Verlaufe der messianischen Zeit
schreiben, die Abwendung einer nochmaligen grolsen
efahr von Jerusalem. Die von diesem zurückgeschlagenen
dlker erscheinen nochmals im Lande und werden durch
ie Heerführer des messianischen Königs endgültig besiegt
nd bis in ihr Land verfolgt.
Diese Auffassung wird jedoch widerrathen, einmal
urch die Einleitung : „und diels wird der Friede sein“,
rs naturgemäls als Bericht über die Anbahnung des
lelles gefafst wird, dann aber durch die Nennung nur
ines Volkes, der Assyrer. Wer sie aber annimmt, ist
hne Zweifel dann genöthigt, die gesammte Weissagung
tr nachezechielisch zu halten, wie 8. 41 f. nachgewiesen
rorden ist.
Ich glaube nun in 5, 4. 5 einen Einschub, und zwar
regen “TTV ‘>, xD’ 9 derselben Hand erkennen zu sollen,
relche 4, 5 ‘Wy °> geschrieben hat, ja von welcher überhaupt
‚5-10 eingeschaltet, wo nicht verfalst worden ist. Die
inschaltung ist von der Voraussetzung aus gemacht worden,
als die Weissagung 4, 1—4. 11—14, 5, 1—3 eine Weis-
ıgung Michas von Moreschet sei, welcher dann zwar deh
m Ende der Tage zu erwartenden Ansturm der heid-
ischen Völker, nicht aber das bereits abgelaufene Exil
nd die erst noch zu beseitigende Fremdherrschaft geweis-
agt haben würde. Diesem Mangel half jener Epigone
urch seine Einschaltung ab.
Allein jene also überarbeitete nachexilische W eissagung
at nicht blofs 4, 14. 11—14. 5, 1—3 umfalst, ihr gehört
uch 5, 6-8 an. Die vielen Völker kehren hier wieder.
‚benso gehört v. 9—14 zu dieser Weissagung, deren Schlufs
iese Verse bilden. Die Beschreibung von der Wegschaf-
ıng der Zauberei und heidnischen Gottesverehrung könnte
thon in die Zeit des Micha passen. Allein sowohl der
170 Stade, Bemerkungen
Eingang, welcher ganz dem Eingange der übrigen Stro-
phen entspricht, als der Schlufs : sch nehme in Zorn und —
Grimm Rache an den Völkern, welche nicht hörten, räth
9—14 mit 4, 14. 11—14. 5, 1-3. 6—8 zu einem Ganzen
zu verbinden. Es ist die nothwendige Erginsung von
4, 1-4, beide gehören mit 5, 6—8 zu einem und dem-
selben Gedankenkreis.
Wir haben somit an Mi. 4, 1—4. 11—14. 5, 1—3.
6—14 die Weissagung eines Epigonen nachgewiesen, welche
nicht nur in ihren Ideen, sondern sogar in ihrer Form,
man beachte die Voranstellung von 4, 1—4, sich aufs
engste mit der Weissagung Deuterozacharjas berührt und
wie diese von den S. 90 ff. geschilderten Voraussetzungen
ausgeht. Der Grund, aus welchem jener Epigone seine
Ausführungen hinter 3, 12 einschaltete, war ohne Zweifel
dieser, dafs er an der Einseitigkeit des Inhalts von c. 1—3
einen nicht unberechtigten Anstofs nahm. Auf die Weis-
sagung vom Gerichte, von der Zerstörung Jerusalems folgt
nicht, wie dies nach Analogie der jesajanischen Weis-
sagung erwartet werden mufste, die lichte Kehrseite der-
selben, die Weissagung vom Anbruche der messianischen
Zeit. Hierdurch widersprach Micha in einer Weise der
vorexilischen Prophetie, welche auch an Nahum und Ha-
bakuk kein völliges Analogon hat. Die S. 8 dargelegten
Gesichtspunkte konnten dazu rathen, Michas Weissagung
vom Canon auszuschliefsen. Allein dafür war sie durch
Jer. 26 viel zu gut bezeugt. So ward denn der Anstols
durch Ergänzung des Vermilsten behoben. Die gewählte
Disposition der Gedanken aber erklärt sich daraus, dafs
c. 4 von vornherein als Antithese zu 3, 12 gedacht ist.
Nachdem nun diese nachexilische Weissagung den
Weissagungen Michas hinzugefügt worden war — und
ohne dieselben hat sie nach dem Obigen niemals existirt —
nahm ein Späterer, von der Voraussetzung ihrer Herkunft
von Micha ausgehend, die oben beschriebene Umarbeitung
tiber das Buch Micha. 171°
mit ihr vor. Durch Einschaltung neuer Weissagungen
glich er sie mit dem Geschichtsverlaufe und der Entwicke-
lung der Weissagung aus.
3. Das durch diese Untersuchung gewonnene Resultat
ist wichtig einmal für die Frage nach dem Abschlusse des
Prophetencanons, dann für die Gewinnung correcter Vor-
stellungen von der Entwickelung der messianischen Idee.
In der Geschichte der letzteren hat Micha von Moreschet,
der Zeitgenosse Jesaias, künftig keine Rolle mehr zu
spielen. Seine prophetische Theologie erweist sich als in.
bemerkenswerther Weise einseitig. Auf die Zeit aber, in
welcher, und auf die Personen, durch welche der Abschlufs
des Prophetencanons erfolgt ist, wirft dieselbe wie die ihr
vorhergegangene über Deuterozacharja helles Licht. Die-
selben bestätigen, dafs die Sammlung und Canonisirung
des Prophetencanons zeitlich um über ein Jahrhundert
später als die Canonisirung der Thora zu setzen ist, was
sich ja schon um deswillen empfiehlt, weil die Canonisirung
des Prophetencanons die der Thora zur Voraussetzung hat.
Sie zeigen weiter, dals die Schriften der Propheten nicht
allmählich durch Vereinigung der damals noch vorhandenen
Reste zu der uns vorliegenden Sammlung zusammen-
gewachsen sind, dafs vielmehr die letztere nach bestimmten
Principien veranstaltet worden ist, um deren Willen einzelne
Reste der prophetischen Vergangenheit einer Umarbeitung
oder doch Bearbeitung unterworfen wurden. Es ist das
weder von einer Hand noch auf einmal geschehen. Es hat
zu seiner Durchführung und Geltendmachung Zeit ge-
braucht. Und haben wir vielleicht auch nicht das Recht
hier von einer Schule zu reden, so ist es doch jedenfalls
ein Kreis geistesverwandter, von denselben theologischen
Voraussetzungen ausgehender, Schriftgelehrter gewesen,
welche diese Bearbeitungen vorrahmen und die jetzige
Sammlung prophetischer Schriften veranstalteten. Und
zwar gingen diese Epigonen, wie dies 8. 90 ff. bemerkt
172 Bibliographie.
worden ist, von der Voraussetzung aus, dals die Weis-
sagungen, welche Gott seinem Volke hatte verkünden
lassen, abgeschlossen seien. Denn nur unter dieser konnten
sie den Gedanken einer Sammlung der Prophetenschriften
fassen, wie sie ja auch inhaltlich zu dem schon Vorhandenen
nichts neues hinzubringen, sich selbst nicht für Propheten
ansehen.
Das Resultat dieser Untersuchung widerspricht direct
gewissen Fabeln und Mythen von dem Abschlusse des
Prophetencanons, welche bis heute in den Vorlesungen und
Büchern über die Einleitung ins A. T. vorgetragen sa
werden pflegen. Vielleicht findet es aber gerade hierin
eine kleine Empfehlung.
Bibliographie.
1. Bibelausgaben. Uebersetzungen. Ezxegese. Geschichte
der Exegese. Einleitung.
Liber Psalmorum, textum masoreticum accuratissime expressit, e fontibus
Masorae varie illustravit notis criticis confirmavit 8. Baer. Pree
fatus est edendi operis adjutor Franc. Delitzsch. Lipsiac ex officm
B. Tauchnitz. 1880. 160 8. 8°.
Liber Proverbiorum, textum masoreticum accuratissime expressit, ¢ font. -
Mas. codicumque varie illust., expositionem de legibus dagessationis
adjecit 8. Baer. Praofat. est edendi op. adjutor Franc. Delitzsch.
Lipsiae ex officina B. Tauchnitz. 1880. XVI. 68 8. 8°.
Testamentum, vetus, Graece juxta LXX interpretes ed. Const de
Tischendorf. Ed. VI. Prolegomena recognovit, collationem oodicis
Vaticani et Sinaitici adjecit Eberhard Nestle. 2 tmi Lipsiae 18%.
LXXXI. 684. 803 8. 8°.
Vollers, K. A., das Dodekapropheton der Alexandriner. 1. Hälfte.
Naim, Ambakfim, Sophonias, Angaios, Zacharias, Malachias. Berlin
1880. IV. 808. 8°.
Scholz, Ant., die alexandrinische Uebersetzung des Buches Jesaias.
Eine Rectoratsrede. Würzburg 1880. 47 8. 8°.
Pentateuchi versio latina antiquissima e cod. Lugd. Version latine du
Pentateuque antérieure & St. Jéréme, publide etc. per Ulysse Ro-
bert. Paris 1880. CXLIV. 841 8. 4°.
174 Bibliographie.
Murray, Thom. Chalm., lectures on the origin and growth of the
. New-York 1880. VIII. 819 8. 8°.
Teube, Emil, Praktische Auslegung der Psalmen. 6 Hefte. Brom-
1880.
Driver, 8. R., A commentary on the book of Proverbs attributed to
Abraham ibn Esra. Ed. from a MB. in the Bodleian Library. Ox-
. ford 1880.
Clarke, H. J., the hook of Job. London 1880. 210 8. 8°.
Cox, 8., a commen on the book of Job. With an translation.
London 1880. 552 8. 8°.
Studer, G. L., das Buch Hiob f. Geistliche und bildete Laien
tibersetst und kritisch erläutert. Bremen 1881. 2383 8. 8°.
Grimm, W., über die Stelle Koh. 8, 11> s. Zeitschr. f. wissenseh.
Theol. 28, 8. 274 ff.
Raleigh, A, the book of Esther. London 1880. 250 8. 8°.
Nestle, E, Bemerkungen s. d. Esra-Propheten. 4 Esra 6, 51. 9, Mt.
a. Zeitschr. f. wiss. Theol. 23, 8. 358 f.
Delitzsch, Frans, Pentateuch kritische Studien I. 2 s. Zeitschr. f.
kirchl. Wiss. u. kirchl. Leben I, 8. 8 ff.
Egli, sur Textkritik von Gen. 28. s. Hilgenfeld’s Zeitschr. £ wie
heol. 28. 8. 844 ff. Ä
Hochstädter, die mosaische Völkertafel u. d. griechischen u. ria
Geschichtsschreiber. s. Jüd. Literaturbl. 1880. 48. B. 170 f.
Hoffmann, D, die neueste Hypothese über d. pentat. Priesterood. IL :
Die Ausstattung d. Clerus. s. Mag. f. Wissensch. d. Judenth. 1880, |
8. 8. 187 ff. 4 8. 287 ff.
Jülicher, A, die Quellen von Exodus I—VII, 7. Ein Beitrag mr
Hexateuchfrage. Dissertation. Halle 1880. 848. 8°.
Kuenen, A., Bijdragen tot de critick van Pentateuch en Josua VI.
Dina en Sichem. Gen. 84 VII Manna en Kwakkelen Ex. 16.
8. Theol. Tijdschr. 1880 Mai. 8. 267 ff.
Marti, K., die Spuren d. sogenannten Grundschrift d. Hexsteuchsi.d.
vorexil. Propheten (Schlufs). s. Jahrb. f. prot. Theol. 1880, 8. 806 ff.
Steinthal, H., die ersählenden Stücke im 5 Buche oo s. Zischr.
f. Volkerpsych. u. Sprachwissensch. XI, 8. 8. 197 ff.
Valoton, Jeo Pe P., Deuteronomium II, IV s. Studien VI, 2.8 8. 1882.
4. 8. 308
Lohr, sur über die Echtheit von Jesaias 40—60. Ein realkrit,
Beitrag. eft Berlin. Wiegandt u. Grieben. 8%. 51 8.
Studer, G. sur Textkritik des Jesaja s. Jahrbücher f. protest. Theol
1881. Heft 1. 8. 160 fl.
Cornill, Carl Hnrch., Jeremia und seine Zeit. Heidelberg 188.
Sammlung von Vorträgen. Heraugpegeh. von W. Frommel und
Friedr. Pfaff IV, 7. 8. 253 bis 8. 290.
Zimmer, K, Aramaismi Jeremiani. Pars I. Dissert. Halle. 1880.
88 8
Stade, B. de populo Javan parergon patrio sermone conscriptum.
Giefsen 1880. 20 8. 4°.
Port, D., de profet Amos, s. Theol. Tijdschr. Märs 1880. 8. 114 £
Graets, HL, Die Auslegung des y 86. s. Monatsschr. f. Gesch. und
Wissensch. d. Judenth. Dec. 1880. 8. 529 ff.
—, Der Wechsel von 5yqy> und dyyy. Ebenda. Mars 1880. 8. 97 £
Bacthgen, F., kritische Noten zu einigen Stellen d. Pealmentextes.
s, Stud. u. Krit. 1880, 4, 8. 751 ff.
Bibliographie. 175
Derenbourg, J., études bibliques. Réflexions détachés war le livre de
Job. s. Revue des des Juives. Paris 1880, I, 8. 1 ff.
Doret, M., une hypothöse sur l'idde mére du livre de Job. s. Ber.
de théol. eee philon 1880 Mai. 8. 209 ff.
Meyer, R, Ex libro Chronicorum quaecumque ad eruendam terii
historiam et illustrandam ejus usum sacrum orum
titulis cacterisque additamentis significatum proficere possunt colli-
efnn. W. über einige das Buch Tobi betrell “lo Fragen. tachr.
rimm, u obit en s.Z
f. wiss. Theol. 24, 8. 88 ff.
Davidson, 8., the canon of the Bible : its formation, ‚history. and
fluctuations. 8. ed. London 1880. 292 8. 8°,
Vigouroux, F. Manuel biblique. Ancien Testament. T. 1. Intro-
Faction érale. P ue. 2. ed. Paris 1881. 5723 8. 8°.
Riehm, E. C. Aug., Handwörterbuch d. biblischen Alterthums für
bildete Bibelleser. Bielefeld. 12. u. 18. Lief. 0 1067—1248.)
Bchaff, P., a dictionary of the bible, including biography, netaral
> geography, gopogrephy etc. With 12 colored maps. P
1880.
Kihn, Hreh., Theodor v von Mopsuestia u. Junilius Africanus als Exe-
get, Nobe Nebst einer v..d. letzteren Instituta regularia
Frobur i Br. order 1880 XIII, 528 8.° 8°.
Junilii Aicani institute regularia divinae legis, ex ampliore libro qui
inseribitur, Theodor von Mopsuestia u. Junilius Africanus als Exe-
eee i Br in usum m praclectionum publicarum ed. Henr. Kihn. Frei-
2. Hebr. Grammatik, Lexicographie und Verwandtes.
> iS gH pli cy ale oF ules, At. Opuscales
re traités ar Walid een Ibn Djanah de Cordoue,
texte arabe publié avec une traduction francaise par Joseph Deren-
it, et Hartwig Derenbourg. Paris 1880. . 400 8. 8°.
Bickell, @., Metrices biblicae regulae exemplis illustratac. Acc. supple-
mentam metrices biblicae. Oenip. 1879. 8°.
Dersetbs, Die hebräische Metrik I, s. L. D. M. G. 84 (1880).
7 .
Dankowics, 8. und Grünwald, M., Noch einmal 8.
Jad. Litbl. 88. 89. 8. 152 pr nw
Davies, B., A Hebrew and Chaldee lexicon to the Old Testament. 8. ed.
London 1880. 778 8.
Derenbourg, Hartw., les noms de personnes dans l’ancien testament
et dans les inscriptions Himyarites. s. Revue des Etudes Juives,
Paris 1880. I, 8. 56 ff.
Deutsch, J, Etwas sur Etymologie des Wortes omy. 8. Jtid. Litbl.
50, 8. 198*—199e.
Gesenius, W., Hebrew grammar, translated by B. Davis from Rö-
digers ed., revised et enlarged on basis of latest ed. of E. Kautssch
from other recent authorities, by E.C. Mitchell. Andover. 1880.
Gietmann, Gerhard, De re metrica Hebraeorum. Freiburg i. Br.
1880. IV. 185 8. 8°.
Grats, H., die Verwechselung von | MAR und nny, s. Monatsschr. f,
Gesch. u. Wissensch. d. Judenth.. Febr. 1880. 8. 49 ff.
176 Bibliographie.
Grünwald, M., Zur Geschichte der Massora s. Zeitschr. f. wissensch.
Theol. 24, 8. 88 ff.
Hersfeld, zur massor. Punktation, s. Jüd. Litbl. 14. 15. 8. 55 £.
Lagarde, P. de, Orientalia, Heft 2. (Erklärung hebräischer Wörter. —
Ueber den Hebräer Ephraims von Edessa.) Gd 1880. 648. 4°.
Lowy, I sur Deutung d. Partikel my. s. Jüd. Litbl. 1880, 83.
1 .
Schefftel, 8. B., Bemerkungen zur Massora auf Onkelos s. Jid
Litbl. 51, 8. 202 f.
Te cogent, M., Thesaurus synonymorum lingu. hebr. Padova 1880.
TB 8°.
3. Religionsgeschichte. Biblische Theologie. Archäologie.
Transactions of the Society of Biblical Archaeology III, 1. London 1880.
Revue de l’histoire des religions. Publiée sous la direction de Vernes
1. année. to. 1. 2 Paris 1880. 8°.
Bachi, F., Imesi dell’ anno ebraico, con brevi nosioni di archeologis
_ biblica. Torino 1880. 231 8. 8°.
Bouche-Leclercq, A, Histoire de la divination dans l'antiquité.
T. 2. Les sacerdoces divinatoires; devins, chresmologues, sibylles,
oracles des dieux. Paris 1880. 418 8. 8°.
Brodie, F., the Revelation viewed by the light of Old Testament
Scriptures etc. London 1880. 284 8. 8”.
Clermont-Ganneau, l’imagerie phénicienne et la mythologie ioono-
logique chec les Grecs. 1. ptie. Paris 1880. XXXIX. 156 8.
Cop b, W. H., the meaning of yh). 8. Bibliotheca sacra. Jan. 1880.
. 184 ff.
Darmesteter, Jam., Cabires, Bené Elohim et Dioscures s. Mém. de
la Soc. de linguistique de Paris 1880 t. IV. fase. U.
de Harles, C., Des Origines du Zoroastrisme (6. et 6. article). ı
Journal Asiatique. 7. ser. t. XV, 8. 171 ff. t. XVI, 8. 105 ff.
de Jong, P., Over de met ab, ach ens. samengestelde Hebreeuwschs
Eigennamen (Overgedruckt uit de Verslagen en Mededeelingen der
Koninklijke Akademie van Wetenschappen, Afdeeling Letterkunde,
2. Reeks, Deel X). Amsterdam 1880. 15 8. 8°.
Delitssch, Fr., Messianic prophecies, lectures. Translated from the
manuscript by 8. J. Curtiss. Edinburgh 1880. 120 8. 8°.
de Visser, J. Th., De Daemonologie van het Oude Testament. Utrecht .
1880. X. 177 8. 8°
Fenton, I; Early Hebrew life, a study in sociology. London 188.
120 8. 8°.
Goldsiher, J., Endogamy and polygamy among the Arabe s. the
Academy 10. July 1880. 8. 26.
Derselbe, le culte des Saints chez les Musulmans. s. Revue de I'i-
storie des religions. 1. année. to. 2. Nr. 6. 8. 257 ff.
Grill, J., über Bedeutung u. Ursprung d. Nasiräergelübdes. s. Jahrb.
£. prot. Theol. 1880, 8. 645 ff.
Haberland, K., die Sitte des Steinwerfens und der Bild von
Steinhaufen. s. Ztechr. f. Völkerpsych. u. Sprachwissensch. 8,
8. 289 ff.
Hight-Steward, C.F. W., Origine delle religione israelitica, romans
et cristiana. Parma 1880.
(Fortsetzung folgt.)
177
Zur Hexateuchkritik.
Der Sprachgebrauch des hexateuchischen Elohisten.
Von FE. Giesebrecht.
Methode und Ziel der Untersuchung.
In seiner Schrift de sermone Eloh. Pent. hat Ryssel
das Thema, dessen Behandlung die folgenden Blätter unter-
nehmen wollen, bereits bearbeitet. Wenn wir uns zu einer
nochmaligen Besprechung des elohistischen Sprachgebrauchs
anschicken, so soll damit Ryssel der Dank für seine
erste Arbeit auf diesem Gebiet nicht geschmälert werden.
Tabellen über den Sprachgebrauch, sonderlich das Lexicon
des Elohisten sind ja in den verschiedenen Commentaren
und Einleitungsschriften zahlreich zu finden, denselben aber
einmal vom Standpunkt der Sprachgeschichte aus darzu-
stellen, dazu sind nur hin und wieder zerstreute Versuche
gemacht worden. Ryssel hat sich an eine systematische
Behandlung dieser Aufgabe zum ersten Male gemacht und
"über eine Reihe wichtiger Punkte durch seine Unter-
suchungen volles Licht verbreitet.
Trotzdem glaubt die folgende Arbeit recht gut neben
der Ryssel’schen bestehen zu können : die ersten Schritte
auf dem wenig betretenen Boden sind, wie uns scheinen
will, nicht ohne Straucheln und Fallen gethan worden, es
dürfte sich daher der Mühe verlohnen, weitere Nachfolger
auf diesem Arbeitsgebiet vor den gefährlichen Stellen zu
warnen und ihnen einen möglichst geraden und leicht be-
gänglichen Weg zu zeigen.
Der Hauptfehler des Ryssel’schen Buches liegt nach
meiner Ansicht in der Methode. Dafs hier falsch gegriffen
ist, mufs man um so mehr beklagen, als bei Erscheinen
von Ryssel’s Schrift bereits auf die richtige Methode hin-
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jalırgang 1. 1881. 12
178 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
gewiesen war; Wellhausen hatte sie gezeigt. Gewinnt
man bei der Lectüre des Ryssel’schen Buches mehr und
mehr den Eindruck, dafs hier Alles auf künstlichen, js
z. Th. unrichtigen Annahmen basirt ist, so einfach ergeben
sich die Resultate, so klar und verständlich erscheinen sie,
wenn man jenen von Ryssel verschmähten Wegweiser be-
nutzt. Ich hatte gehofft, mir schliefslich durch die Gran-
matik noch die Waffen gegen die Graf’sche Hypothese
schaffen zu können und deswegen Ryssel’s Buch zur Hand
genommen, aber wie bald mufste ich mich davon tiber-
zeugen, dafs hier keine Beweise für ein hohes Alter des
Elohisten zu gewinnen waren, dagegen die späte A bfassungs-
zeit des Buches fast auf jeder Seite sich neu bestätigte;
wie mufste ich (so sehr ich mich in ihr Inneres. hinein-
versetzen konnte) diejenigen Theologen bedauern, welche
wegen der leichteren Vereinbarkeit der Ryssel’schen Re-
sultate mit der traditionellen Anschauung denselben vor
den Graf’schen den Vorzug geben zu müssen glaubten.
Warum der Gott der Offenbarung nothwendig zugleich
ein WNNOD SN sein müsse, ist an sich so verständlich und
kürzlich wieder in so weitblickender und überzeugender
Weise dargethan worden, dafs man nicht gut thut, seinen
Glauben auf so gebrechliche Fundamente wie das hohe
Alter von Gen. 1; 5; 17 u. 8. w. zu stellen.
Die obigen Bemerkungen über das Irreführende der
Ryssel’schen Methode seien hier nun kurz bewiesen. Die
Hauptfrage der jetzigen Pentateuchkritik ist folgende :
bildet der Elohist die älteste oder jüngste Quelle des von
Genesis bis Josua verarbeiteten Quellenmaterials, d. h., da
nach ziemlich allgemeiner Annahme der Jehovist in der Zeit
von 900-700 und das Deuteronomium nicht lange vor
621 entstanden sind : ist der Elohist vor 900 oder nach
620 anzusetzen? Hiernach wire, da die Grenze nach
unten ungefähr durch das Jahr 450 gebildet wird, die Auf-
gabe gewesen, zu untersuchen : gestattet oder verbiete!
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 179
die Sprache des Elohisten, seine Entstehung in den Zeit-
raum von 620—450 zu verlegen? War seine Ansetzung
in diesem Zeitraum unmöglich, dann konnte man fragen,
ob er noch älter als der Jehovist sein könne, und wenn
hierauf ebenfalls verneinende Antwort erfolgte, mochten
die vermittelnden Ansichten geprüft werden, welche ihn
aus der Arbeit eines Jahrtausends allmählich hervorwachsen
lassen, oder ihn zwischen Deuteron. und den Jehov. stellen
u. s. w. Hiernach mag man beurtheilen, ob eine Schrift
wirklich geeignet ist, auf die Hauptfrage der Pentateuch-
kritik Antwort zu geben, welche folgende zwei Probleme
zu untersuchen sich zur Aufgabe macht : a) quaenam
sint notse sermonis tempore exilium subsequente usi-
tati? b) num certa harum notarum vestigia reperiantur
in libro Elohistae? Es ist ja allerdings auch werthvoll su
wissen, ob resp. wie weit die eloh. Sprache mit der nach-
exilischen übereinstimmt, es wird aber eine reine Neben-
frage auf diese Weise behandelt. Wenn auch der Elohist
hier und da mit Esra identificirt wurde, so ist doch evident,
dafs die Graf’sche Hypothese mit dieser Identification
keineswegs steht und fällt : kein Grafianer ist gehindert,
die Abfassungszeit des Elohisten in die letzten Decennien
des Exils zu verlegen. — Doch folgen wir Ryssel weiter.
Nach dem eben Bemerkten hatte er sich vorgenommen,
zu untersuchen, ob der Elohist zwischen 536 und 450 ver-
fafst sein könnte. Jedermann muls es infolge dessen selbst-
verständlich dünken, dafs er die in jenem Zeitraum ent-
standenen Schriften zunächst zu Rathe zieht, um sich über
die notae der damaligen Sprache zu informiren : nämlich
die Bücher Haggai, Sacharjah, Maleachi. Statt dessen
consultirt er die Memoiren des Esra und Nehemia, soweit
sie uns in den nach ihnen genannten Büchern aufbewahrt
sind, d. h. Schriften, welche sicher nach 450 verfafst und
uns nur in einem gröfseren Werke überliefert sind, dessen
Entstehungszeit in den Anfang der griechischen Herrschaft
12*
180 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
fällt. Wenn man, über diese Kritik befremdet, nach ihren
Gründen forscht, so wird zunächst ein Argument ange-
führt, das gar nicht aus der Sache gewonnen ist, sondern
auf einer ganz abstracten und darum unmöglichen Thei-
lung der hebräischen Literaturgeschichte beruht. R. rechnet
nämlich drei Perioden der hebräischen Sprachgeschichte :
die erste reicht bis zum Ende des 8. Jahrhunderts, die
zweite bis zum Ende des Exils, die dritte enthält als erste
Zeugnisse die Memoiren des Esra und Nehemia, also
Schriften aus dem Ende des 5. Jahrhunderts. Ueber die
genannten drei kleinen Propheten wird bemerkt, dafs die-
selben, obwohl der nachexilischen Zeit angehörig, doch
nicht mit den eigentlichen Schriften der dritten Periode
zusammengestellt werden könnten, sondern vielmehr als
letzte Ausläufer der zweiten Periode anzusehen seien. Aber,
lag denn nicht ein anderer Schlufs bei Weitem näher?
Gehören die ersten Schriften der dritten Periode der
zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts an, und bieten die vor
diesen entstandenen nachexilischen Bücher noch die Sprache
der zweiten Periode — so lassen wir naturgemäls diese
sich bis 450 erstrecken und fragen nun : stimmt der
Sprachgebrauch des Elöhisten mit dem der zweiten Periode,
resp. mit den exilischen Büchern dieser Zeit überein?
Doch R. begegnet uns mit seinem zweiten Grunde : „Die
erwähnten nachexilischen Propheten nämlich sollen theils
von ihren Vätern her noch reineres Hebräisch verstanden
haben, theils durch die Lectüre der älteren Propheten-
literatur vor gröberen, zu ihrer Zeit in der Umgangssprache
gewöhnlichen Verstifsen bewahrt geblieben sein.” Abge-
sehen nun davon, dafs die Vorstellung von dem Charakter
der damaligen Umgangssprache immer wieder auf dem
unter Umständen falschen Vorurtheil beruht, dafs die Me-
moiren des Esra und Nehemia, eine wirkliche Quelle für
die Sprache von 536—450 bilden — kann denn ein Grafianer
sich nicht auf dieselbe Weise erklären, warum der mit
182 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
getreten. Bei der Kleinheit der alttestamentlichen Lite-
ratur, bei der grifstentheils unsicheren Datirung der ein-
zelnen Schriften müssen schon eine Reihe deutlich sprechen-
der sprachlicher Erscheinungen mit Gründen der sach-
lichen Kritik zusammentreffen, um uns zu ermächtigen,
eine Schrift mit Bestimmtheit einem kurzen, nach oben und
unten scharf abgegrenzten Zeitraum zuzusprechen. Ungemein
gewagt müssen hiernach die Ryssel’schen Resultate er-
scheinen. Denn die mühsam erkämpfte, jetzt fast allgemein
zugestandene Einheit des elohistischen Buches wird von
ihm nach seinen sprachlichen Untersuchungen wieder auf-
gegeben und die disjecta membra Elohistae sodann in alle
Perioden der hebräischen Literaturgeschichte vertheilt ').
Die bedeutenden Schwierigkeiten, von denen diese Annahme
gedrückt wird, sind dabei nicht genügend gewürdigt worden.
Es würde ganz aufserhalb des Plans dieser Besprechung
liegen, dieselben hier bis ins Einzelnste zu wiederholen,
wir müssen uns mit einer blofsen Hinweisung darauf be-
gnügen.
Aus dem bisher Beobachteten ziehen wir folgende Lehre:
1) Man muls sich hüten, die Abfassungszeit des Elo-
histen möglichst präcis bestimmen zu wollen : je kleiner
der Zeitraum ist, mit dessen sprachlichen Eigenthümlich-
keiten wir diejenigen des Elohisten vergleichen, je weniger
Literatur er enthält, um so unsicherer werden unsere Re-
sultate sein, um so weniger Nutzen wird unsere Unter-
suchung abwerfen. Je gröfser wir aber unsere Grundlage
legen, je weiter jener Zeitraum ist, je klarer und leichter
er sich gegen andere sprachgeschichtliche Perioden absondert,
!) Es ist leicht zu sehen, wie grundverschieden hiervon die An-
nahme ist, der Elobist sei das Werk „einer ganzen Schule“. Oder
kann man im Ernst Mose, Aron, Samuel u. s. w. als Häupter der-
selben „Schule“ ansehen, der ein Esra und die anderen Sopherim an-
gehörten ?
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 183
um so bestimmter werden wir am Schlufs es aussprechen
können, ob der Elohist in demselben abgefafst sein kann
oder nicht. — Ist nun die Hauptfrage der Pentateuch-
kritik augenblicklich : soll man den Elohisten für nach-
deuteronomisch halten, und ist der terminus ad quem durch
das Jahr 450 fixirt, so scheint sich der in Rede stehende
Zeitraum auf die Zeit 620-450 zu bestimmen. Offenbar
kommen wir durch diesen Ansatz mit dem eben entwickelten
Princip nicht in Widerspruch : der Zeitraum ist ziemlich
grofs, er umfalst beinahe 20) Jahre und enthält eine Fülle
von Literatur : Jeremia, Sephanja, Habakuk, Ezechiel,
Deuterojesaia und andere unächte jesaianische Stücke,
Threni, die nachexilischen Propheten. Aufserdem müssen
wir ihm diejenigen Stellen der historischen Bücher, welche
die Hand des Redactors zeigen, überweisen und endlich
Hiob, Proverbien und einige Psalmen. Aber einen Uebel-
stand bringt diese Ausscheidung des Zeitraums von 620
bis 450 mit sich, diese Theilung der Literatur in vor- und
nachdeuteronomische durchkreuzt sich unangenehm mit
einer anderen, durch natürliche Verhältnisse gegebenen.
Das Deuteronom. ist nämlich seiner geschichtlichen Stel-
lung wegen ganz ungeeignet, als Grenze der älteren Lite-
ratur nach unten betrachtet zu werden : seine Composition
ist bis jetzt nicht sicher erkannt, einige Capp. am Anfang
und Schlufs des Buches fallen jedenfalls nach 620, vielleicht
in das Exil; ferner liegen zwischen ihm und den Pro-
pheten des 8. Jahrhunderts gewifs 50 Jahre, wenn nicht
noch eine längere Zeit, während ihm Jeremia und seine
Zeitgenossen bedeutend näher stehen. Es scheint sich daher
mehr zu empfehlen, den mit dem Elohisten zu vergleichen-
den Zeitraum mit der (z. B. auch von Ryss. angenommenen)
zweiten Periode der Sprachgeschichte zu identificiren und
demnach die Frage noch allgemeiner dahin zu formuliren :
verbieten die sprachlichen Eigenthümlichkeiten des Elo-
histen denselben in die Zeit von 700-450, also die mittlere
184 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
Zeit der hebräischen Literatur, zu verlegen, oder nöthigen
sie zu dieser Annahme? Den Einwurf, dafs bei dieser
Fragestellung von dem Hauptproblem zu einer reinen
Nebensache zurückgelenkt werde, würden wir nicht be
fürchten oder wenigstens nicht fürchten. Denn steht es
durch die sprachliche Kritik fest, dafs der Elohist der
alten Literatur bis zum Ende des 8. Jahrhunderts nicht
angehören kann, dann ist er auch aus sachlichen Gründen
nachdeuteronomisch, gerade so sicher, wie er wenn nach-
deuteronomisch auch nachezechielisch ist. Die Einrede,
dafs die logische Aufeinanderfolge Deuteronom., Ezechiel,
Elohist noch nicht dieselbe geschichtliche Reihenfolge be-
dingt, ist deswegen so durchaus unstatthaft, weil es sich
in unserem Falle nicht um Kathedertheorieen jener Schrift-
steller handelt, sondern weil ihre Anschauungen z. B. über
das Verhiltnifs der Priester und Leviten immer die Wirk-
lichkeit voraussetzen und abspiegeln. So lange man e
nicht einmal versucht hat, in der Zeit von Jesaia bis
Ezechiel geschichtliche Ankntipfungspunkte für die Ideen
des Elohisten nachzuweisen, solange ist auch mit dem Nach-
weis, dafs der Elohist der Zeit nach 700 zuzuschreiben ist,
ein wesentlicher Stützpunkt für die Graf’sche Hypothee
gewonnen. — Aber einmal zugegeben, jener Einwurf sei
stringent, wir können ja unsere Untersuchung so einrichten,
dafs wir nach Erledigung der allgemeineren Frage, ob der
Elohist der zweiten Periode der Sprachgeschichte angehöre,
noch speciell seine Uebereinstimmung mit den nachdeutero-
nomischen Schriftstellern untersuchen.
2) Welches sind nun die Kriterien, nach denen wir
entscheiden ? Es istunnöthig, hier nochmals auf die Formen-
lehre einzugehen und alle erst in späterer Sprache auf-
tauchenden Nominal- und Verbalformen aufs neue m-
sammenzutragen. Wir verweisen hierfür den Leser auf
Ryssel S. 38 ff. Jedermann erkennt hier übrigens leicht,
dafs nicht nur notae der nachexilischen Zeit aufgeführt
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 185
sondern auch die zweite Periode der Sprachgeschichte her-
angezogen ist. Weiter aber macht man die Bemerkung,
dafs auf diesem Felde keine durchschlagenden Resultate
zu gewinnen waren. Die meisten von Ryss. als spät be-
zeichneten Formen finden sich auch in der alten Literatur :
Ryss. hat unterlassen, auf das Verhiltnifs der Frequenz
dieser Worte in den verschiedenen alttestamentlichen
Büchern aufmerksam zu machen. In Betreff‘ der Syntax
und ihrer Behandlung von Seiten Ryssels werden wir uns
weiter unten noch mit ıhm auseinandersetzen — dagegen
wird vom Lexikon jetzt sofort die Rede sein müssen. Un-
streitig ist nichts charakteristischer für den Elohisten als
sein Wörtervorrath und die Art wie er aenselben verwendet.
Durch sein Lexikon unterscheidet er sich so bedeutend
vom Jehovisten, dafs über die ihm zuzuweisenden Stücke
selten Streit ist, während diese Einigkeit in Betreff der
Scheidung von J und E öfters sehr vermifet wird. Er hat
eine geschlossene Zahl von Vocabeln, welche stehend wieder
auftauchen, in einer Reihe fester Wendungen, die gern aus
denselben Worten bestehen, bewegt sich seine Rede
vorwärts. Eine Untersuchung des sermo Elohisticus hätte
sich daher auch mit diesem Theil der elohistischen Sprache
beschäftigen müssen. Dies hat Ryss. so gut wie ganz
unterlassen. Eine einheitliche Betrachtung der wohlbe-
kannten elohistischen Vocabeln sucht man vergebens —
zerstreute Bemerkungen, meist sehr wenig eingehend, sind
in den Anmerkungen gegeben, aber auch nicht der leiseste
Versuch wird gemacht, dem elohistischen Lexikon eine
Stellung in der Sprachgeschichte anzuweisen. Wenn Ryss.
das Seinige damit gethan zu haben glaubt, dafs er einige
von Wellhausen als Aramaismen in Anspruch genommene
Vocabeln für das hebräische rettet und dagegen in den
mittleren Büchern des Pentateuchs eine Reihe von Aramaismen
nachweist, so konnte er freilich hierzu leicht durch Well-
hausen veranlafst werden. Denn dieser hatte sich in
186 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
seiner Beurtheilung des eloh. Lexikons zu einseitig darauf
gerichtet, die aramaisirende Färbung desselben zu erhärten.
So hatte Ryssel mit seiner Behauptung, dafs mp7 nicht
nothwendig eine aramäische Bildung sei, sondern ebenso
gut als echt. hebräisch angesehen werden könne, jenem
gegenüber Recht, so mögen 573 und sm von ihm mit
Grund dem hebräischen Sprachschatze zugewiesen sein.
Dennoch aber hätte es sich der Mühe verlohnt, auf Well-
hausen’s Weg in der Art weiter fortzuschreiten, dafs ge-
fragt wurde, welchem Theile der hebräischen Sprach-
geschichte gehören die Vocabeln des Elohisten (gleichgiltig
ob Aramaismen oder nicht) eigentlich an. Diese Arbeit
hätte um so mehr in Angriff genommen werden sollen,
als die Ausbeute der Untersuchung über die Formenbildung
des Elohisten offenbar keine sehr bedeutende gewesen war.
In diesem Punkte beabsichtigen wir daher vor Allem die
Ryssel’sche Arbeit zu ergänzen : aus zerstreuten Notizen,
die ich mir bei Ausarbeitung von Vorlesungen über die
Genesis und Einleitung in das A. T. in Betreff des elo-
histischen Lexikons gemacht hatte, gewann ich die Ueber-
zeugung, dals man auf diesem Wege zu einer klareren
Erkenntnifs über die Stellung des Elohisten in. der hebräi-
schen Sprachgeschichte kommen werde, ja ich fafste die
Hoffnung, dafs das bisher noch recht dunkle und wenig
angebaute Feld der Geschichte des Hebräischen durch
Untersuchung des Wortschatzes der einzelnen Bücher
wesentlich aufgehellt und unserem Verständnifs näher
‘gebracht werden könne.
Ich denke nichts Unnützes zu thun, wenn ich zunächst
eine Tabelle folgen lasse, aus welcher das Vorkommen der
elohistischen Wörter in den anderen Büchern des A.T. er-
sehen werden kann. Die Anordnung derselben ist aus dem
oben über die Methode dieser Arbeit bemerkten verständlich.
Unter der „ersten Periode“. sind alle aus der Zeit vor 700
stammenden Schriften aufgeführt. Die zweite Periode,
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 187
das 7.und 6. Jahrhundert, ist in den beiden folgenden Ru-
briken vertreten, Jeremia ist der Uebersicht halber dem
1. Jahrhundert zuertheilt. Unter der Rubrik „Exil? sind
such diejenigen Stellen, welche dem Redactor der Königs-
bücher u. s. w. zugewiesen werden müssen, sowie die
nschexilischen Propheten eingetragen. Dagegen habe ich
die Stellen, welche nach meiner Ansicht von dem Redactor
des Hexateuch oder Diaskeuasten stammen, nicht mit den
nachexilischen zusammengestellt, sondern in eine besondere
Spalte aufgenommen, so dafs wer nicht an den Hexateuch-
redactor glaubt, sie leicht herausfindet. Wenn eine Stelle
mir verderbt zu sein schien, ist sie mit einem Fragezeichen
versehen worden.
Hinter die Tabelle stelle ich zunächst einige Bemer-
kungen, welche mich wegen der Auslassung dieses oder
jenes Wortes verantworten, oder die Art, wie ich andere
Vocabeln behandelt habe, rechtfertigen sollen. Hieran
schliefst sich zuerst eine allgemeine Betrachtung über die
Tabelle und der Versuch, aus ihr über die Abfassungszeit
des Elohisten Folgerungen zu ziehen. Dieser wird endlich
durch Behandlung einzelner Erscheinungen gerechtfertigt,
wobei auf die von Ryssel geltend gemachten Spuren des
höchsten Alters der elohistischen Genesispartieen beson-
ders eingegangen ist. Am Ende gebe ich eine kurze Be-
sprechung über das Verhältnifs zwischen Ezechiel und dem
Elohisten.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
188
Or "98 ‘oor +
9% ‘SI ‘OH :
81 ‘tq
61 ‘ss vor 68 ‘sz weg g GI ‘ya op 02 ‘9 won Ac abs
IT ‘pg ‘sor yea 7 ‘10¢ z ‘T ug ELk
vu g 'sofjnoq
[sm gt yruoıyy Tear g jorgoosz ir
vımogoNn “wis 6 ‘or ‘sof; = gg ‘BOM I] Tmy “JOG wu gt LICkiG
201 ‘Sd
‘soforezneg
Ol‘ge ‘2 zo ge ‘Ie 9 “8g moet
jem ı wog) qem z qo wroq yyorm NOLL
[ear y ruoıq],
jem y jorqoory
qosrqurere [ear T gor L‘¥% sep] & ‘68 “AOI "82 ‘3 xq ydın NCU
[BM 01 jormoosy 6 ‘ZI ‘ser Tu L REAL
Z ‘Sq "woyoN ;
[em % “WoIGD 6T ‘SZ worjtwm HT jorqoozy 893 ‘9% "uoH| "eur Og “Fd HOE:
susjodyau0 NU, ULC zz 'sop ‘08 ‘ze 'umN
rt en ao} 8 ‘8 un » ye "ug 96 ‘Ly wog [NUN
‘or ‘6 ¥
won °Z ‘PZ ‘ao
8'06 ‘OL ‘Fz ‘va 6E MA OE “LZ “GZ
8 ‘28 Torgoozg] 08 “GI "nor [a 1 ug ANIL
“2
‘qosymery | “qosyyxoqoey qonowered "yosuzg ‘009 — 002 ‘spotzog "I | ergo
> WORX] ‘
co ° y 18 9 . ‘
vt “Brey, Lary ‘jo [var | moon 3 98 vr
é Gosrwurese & ‘28 ‘woH| [em I jorgpozg| Tem | "aorg zz ‘et ‘on GEL!
year y "morop mora
ya ‘82 ‘sor| [wor g [oryoomy, few | “Acrg wyoq yqorm LAL
sur ı qorg gr ‘9g ‘ary LAC
[vu g ‘mol0s
al qosTyurere 88 ‘Sq| [eu | ı0noq QL.Cu (Ga
u Tem 99 "wor Tem 7 “qoory rem gg Alla
3 uU =
: mu & orm wn 1 Ru
5 [eu I wor], 891 ‘gg “td Le
5 6IT ‘Sd Tem ı ‘yoory| [wart gory year 2 Alc.
uoqL
| “VOL “88 ‘Sd 08 ‘gg ‘s0 8 ‘EI ‘qoug [su g gory yea 6 (A
n Tem zg ‘sofgnog
3 Tea z “qoory
° 9 ‘Lg ‘sor 4
® yosyuese uw’ 9 ‘61 UN 8 8 ‘g ae = es ‘ze sor} og ‘gr “un Fels
a [eur | rgosopuw
= OI ‘Ig ‘sg
= tem g 68 ‘Bd wm ZI
S 87T POI Sd 01 ‘¥8 x) Tem g "goong| jew I ‘moror) 2g ‘y souy ueyeqos =
qosywuery) [wur | q0[eq0}H L '9 "uogiww 21 ‘sofjnog) Tem I ynoqg &9 vr ‘sor Ted ur CLN
goergmure 03 ‘et ao SLY
a g "dos LE ‘8d
gosmursse Qt ‘gt ‘Cow s| Tem I "Aoag wu g Sd
01 ‘OL ‘OH &
"eer “ONT ‘a2
‘Giesebrecht, sir Hexateuchkritik.
190
gı ‘68 ‘8d
[em g "wo
wa ı Wy
qosyzfs n ‘preqo} em 6 "woayg
you g [990%
[em Q 3uq
qoerymivis) jew 4g wog)
[war j ef 'woryy
gostgwers YON "207 “UEC
101
LUNN
wa ı yeor
g ‘89 ‘8d
usa
gospgusın qraorqg
qoeyqusry "yostTxogd®N
-JOne}uxog]
eg ‘Ol ‘xq| pw » ‘qoosy
Lt ‘t sfpeqo
es ‘yI ‘sor
[eu L ‘00
08 ‘OF ‘u
[ea ı 'sofyn
[em 7 'soßn
“10308 Pod
Gir ‘zt gqoıH
qor
[ear z -10¢
[var z “neg
‘009— 002
'opouog "I
pen 11 AT
vu gt OLA
$I ‘E "yorygl.adorıd -wou CALA
"Yor wioq yqora
CLL A -oewm sep
8 ‘9 “xq GILAL
wor 63 KAGLIU
at ‘TE ‘Tal rear og wo LAGL
[em y Lx!
y ‘ez “weg z
rem g sorly Tr ‘1 wog LAN
uesstqora
wtoq 3yoru [ed sep
r uog yrqdryy LAN
jem g LAU
FeıgoTd
191
<
2
yoewwers| jvw z "wog your | yosg| pear g “mows &61 ‘2 wyorm tea >» CCA
orsıwdosıd
. L ‘08 “XW
pen 70 usjspıaz = LIE
92 ‘69 ‘8d beo-mareartag :
ve: 6 'g yuw) orte “DN "9792 aH
se [wor mn ¥ ‘9% “qoory py = ALL:
yosryurers Teor g CUL! GALL:
wu z GLIAL:
jeu I “Gon |
mu g 'uoryg 6 ‘ol ‘Sem ı pear g QUAL
fee] you |
4099) 08 ‘Sd
| qosTyurere Teal g “YON é
te qq] [8H T "uoagg wu „ UC!
3 —n 18 ‘18 ‘St ON
4 pun und bls yes = OG
STAN pom OL rem or Ulu
3 [ear I rgowoje
qemu 1 ‘sen
tet Tear g1 y ‘g ‘sor, wur’ mw g “20
ii) pow LEL| poor g wong) yom» “vg uogl Temg Ie Ty] ww g moglay ar ‘tr “Soy I pou ı» LOL
yospgwers jeu g iui
88 LT ‘8d
ww g 901 7 FL sd Tem ı “AON
‘98 "88 ‘89 ‘8g Oz ‘gt ‘9's ‘TRH I jem ı sor) 321 ', ‘SOR A
Tear ı "uougg eg sor] my 3 08 a =e 8 GHA] =a “OT nel tem yor wo Alu
Er
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
192
|
[war gg uoıyg St ‘2 sor] 1 By WOH T, 869 ‘qoimang = Adi
Or ‘ee ‘Sq
(aopes a wir
Tvl ‘8g -nyung) Vor WON pon LON
{osrgurers jeu I ‘qoory [ea I qo Iydıa 'yory wıoq ec
SI ’z ‘Ta au
[orgoozg jew z {NL
vu g jorusgq
| wresor un | |
"OST ‘PIT “SOT ‘8d SI ‘02 ‘toy z 28 > 'yom ata
Tear ı wong 6t ‘e woH 1] yeu g mo) 218 ‘ez vor} eu z AARAU
[Tear ı gory peony Somegry AAU!
[war { ‘wor0r uosg] au
— Tear g 'uoeg
y ‘bE sor
yosıyursıa [eur z “qoory 9 ‘88 ‘td eg ‘92 ‘aor, add
qoergarare wr z GOL
[yo] = jem» ng eu gz Gl
TR 901 “Sd |
gospgarsse| TP I Teyoy ve ‘ya GOI eo g ACL, -dsor Ok,
rae G28. acd
pun» ‘21 xq CQ
qostyurers [vu >
[eur z sofynoq ıg ‘umy Accu
- —_
"yospyueıy | "yosmxogosn _qonowaoH "Yostxg ‘009—00 ‘epolted 'I qIy Ory
a
193
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
‘exonururur09
‘oxeouy = mens)
ug 8
est r
‘BT 50)
4 yomsıed 20po|
syospyurere|
yonyusıe
Tea 1 qpuoagg)
gt ‘9 Togoy]
your ı varz)
mn g 'moayn)
em | 'yoosz]
Tem g sofrnog]
Tem 1 yorqoong]
mw ¢ wofnog)
mem ı -aeqong!
& ‘92 ua z)
Tem 3 “qoorg|
08 ‘2 ua ı
Tem gI "qoorz]
ge sop|'ve'tı ‘1 'e ‘Sour
ye ‘wopliwar ¥s 1oryoozz]
8% U LT td]
Tem 1-206]
Tem g song]
Teor g sopl
mem ı orp]
wm g wog]
Tem r gorH]
Tem g op]
Tem | 'moq)
Teor g -z0¢|
eur 1 “aos
[eur famed]
reo ı sogl
ser ‘gr weg gz)
2 ‘ee “=a!
yar g GCL
erieraotmudddu 39
eu or All
uot
hora ung qyoma z
Keagosswp) mdın 2
fe "ee won non -
ns = dur Gt >
4
eng Ad Ad 8
per 9 dAau :
toa 3
laneq agora AGUS
gone nesorq EA 3
rem os tik
giesebrecht:
Giesebrooht, sur Hexateuchkritik.
_—,
195
IPs. 104,
68, 28
lchom. 1 mal
49. 68.72. 110]
3
: a m
fi Ff BET:
i i ¢ fis i é
Uli ie ibn
é
i
“1 age ä
1 F s_ 423 Er
a ifai Be a 4
pil Bieta fee o£ 6
Glesebreeht: sur
1%
youl & nd yeu 1 sor
gi sd put
qospyres® wu 1 -go(qO' gu I qorHl u09j078293 ad
gu 1 1° 1 ‘st ® gt ‘¥ ‘Vs “won
you 6 Wa st ‘sy OD pus' yeu 08 qOTH gg ‘ev TO year g Alıı
gp ‘td eu tT pean g “A08d poo 5 CAE
gs ‘ol
peasy ONT us aor en WAL
gt a6 ‘8 7 g ‘gz “ued 01V
gt ‘at wo] TU 1 ‘sonned — yondon Aci
qos 5 “AO pu » BAL
g ‘Lt ON 1%. fe!
197
Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
year g '[0yoy agi ‘or ‘Seq 1 é 8% ‘t Ta
[sw I ‘uorgg [eur z 'goosy u ı gomg| ges ‘ol 'umy u 6 ML
few Z gı weg | [sm g Gory
It VE 01 Vz OL jem ‘of . '
LOT ‘8d sm g ‘sofjnog) eur I ‘yn0q "18 ‘6g ‘ser [eur | Lig
qostyurere GOI ‘8d ge ‘2 xy) [eu ı ‘qoosy pa I 'noq [su gz ALA n Aid
z St ‘82 uy2
LITT WI [em I 'I00q 10a Juoru u 0
8 ‘GT "uorgg g org wohnoqg| em g op Worm ogert 4 A
[em g usd [eal g 'yoosg] yeu ı umye 01 ‘6 sogjwı ywU0y Ac
yosyusız sofyuoq ‘qoosy ru 6 Add
gg ‘8d Ad
[ear I or [vu y [td A
[vu I "uoayg [sw 01 ‘qoosy [wm 7 ‘aoıg u > Ada
198 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
Anmerkungen sur Tabelle.
“vier Dafs dieses Derivat von “yyx in der alten Literatur auch schon
vorkam, kann sus der Analogie von Tp Jes. 11, 8 nicht ge-
schlossen werden. Denn neben “375 pafst hier nur myp cf. auch
LXX xolım.
ıne Ein anderer eigenthümlicher Gebrauch dieses Verb. ist ebenfaly —
dem Elohisten mit der späten Literatur gemeinsam. jy Th _-
(vom Loos) erfalst aus einer Mehrheit Num. 81, 80, 47 und 1Chra, =~
24,°6. Der Jehovist sagt dafür 455 of. Knob. z. d. St .
“pa Dafs der Gebrauch dieses Verb. Lev. 18 und 27 Zeichen eine „u
späten, aramäisch gefärbten Sprache sei, hat Ryss. a. a. O. 8.71 !
nachgewiesen und ähnliches auch von mapa behauptet. Hierbei |
fallt nur auf, dafs an den aus dem Levit. angeführten Stellen dem L
Verb. die Bedeutung „discernere“ zugewiesen ist, und diese de |
durch von den anderen Stellen, als an denen “pa aliis notionibus |
gebraucht werde, getrennt worden sind. Mir scheint dies nicht ;—
begründet. 7p bedeutet Lev. 18 nicht unterscheiden, sondern =
beachten, sein Augenmerk auf etwas richten, was mit dem syrischen ı
„inguisivit, investigarit“ gut harmonirt. Auch Lev. 27 wird die L
Bedeutung ,unterscheiden“ erst durch die Construction mit
hervorgebracht cf. Mal. 8, 11. 2 Sam. 19, 86. Jon. 4, 11. 1 Beg.
8, 9, wo m) nach IN) pr ran in ähnlicher Weise die Bedeu-
tungen dieser Verba modificirt. Wie nahe endlich die Bedeutung
,castigatio“, welche nips Lev. 19 nach der Tradition zukommt,
mit dem Grundsinn „beachten, betrachten“ zusammenhängt, zeigt
die Vergleichung von 45. Der Stamm heifst daher im Grunde
überall dasselbe, und die Losreifsung der in der Tabelle ange-
führten Psalm- und Königsbücherstellen von den „aramaisirenden"
Leviticusstellen ist ganz willkürlich : sind diese als aramaisirend
später anzusetzen, dann ist dieselbe Annahme auch bei jenen notb-
wendig. Dals 2 Reg. 16, 15 der zweiten Periode der Sprachgeschichte
angehört, wird durch die Facta bestätigt, welche sie erzählt. Bie
durfte daher auch nicht von Ryss. 8. 72 zum Erweis für das Vor-
kommen von MD in allen Perioden der Sprachgeschichte ver-
wendet werden. Vielmehr hätte auch aus diesem Beispiel ersehen
werden können, wie prekär die Annahme von einer perantiquites
des Genesis-Elohisten ist.
An Da ich der Ueberzeugung bin, dafs der Elohist jünger ist, als
Lev. 17—26, so habe ich auch alle späten Vocabeln aus diesem
Codex als wichtig für die Zeitbestimmung des Priesteroodex mit
angeführt. Wenn sie im Elohisten sich nicht fanden, sind wie hier
ihre bestiglichen Stellen besonders angegeben.
eg - u .
Be MM ‘ le on RT OL EEE HE 2 la Sa mo. a
Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 199
"> Zu Ex. 84, 10 : Der Uebersicht wegen habe ich hier und an
anderen Stellen die deuteronomistischen Einschübe in JE mit
eingetragen.
Um neben der auffälligen Verwandtschaft zwischen dem Elo-
histen und Jos. 33 auch die späte Abfassungescit dieses Stückes
hervortreten zu lassen, habe ich das nicht elohistische Wort mit
in die Tabelle aufgenommen. Auf zwei andere Erscheinungen
spätester Art in Jos. 32 mache ich hier aufmerksam : on 23, 8
ist ein reiner Aramaismus, im hebräischen Text des A. T. nur
noch Kohel. 5, 18 und 3 Chron. 1, 11 f. of. D2) Eer. 6, 8. 7, 26.
Nicht anders ist das v. 23 vorkommende TR su beurtheilen. Es
ist cin hebraisirtes chald. Wort of. TID Ear. 4, 19.
Pi Ich konnte es nicht über mich gewinnen, das 9375) :9U/ND
1 Reg. 17, 1 unter >) mit anzuführen. Ueber die Gründe of.
Then. s. d. St.
m Kenner des elohistischen Lexicons werden unter } {my ver-
missen of. Ryss. a. a. O. 8. 73. Aber wenn es auch das fast ein-
stimmige Concert der eloh. Vocabeln nicht gestört hätte (Ex. 18,
20. 2Kön. 6, 10. Ezech. 10 mal, Kohel. 2 mal, Chron. u. Ps. 19),
so kann ich mich doch nicht überreden, dafs es Lev. 15, 81 im
ursprünglichen Text gestanden habe. Dafs freilich Dillmann
(Ex. u. Lev. Leipzig 1880) Recht hat DAMM V 357 dem gleichen
vw vorzuziehen, leuchtet ein cf. Ges. Thes. zu ym 2) u. 8),
aber was in aller Welt soll der Befehl : „ihr sollt die K. I. ab-
mahnen von ihrer Unreinigkeit, dafs sie nicht sterben in ihrer Un-
reinigkeit, wenn sie verunreinigen meine heil. Wohnung in ihrer .
Mitte“ im Zusammenhang dieser Stelle und an sich? Eine Er-
mahnung, sich vor Verunreinigungen in Acht zu nehmen kann
nicht gemeint sein, das ganze Cap. handelt von Lustrationen und
Reinigungsopfern, also lauter Handlungen, welche die Verunreini-
gung bereits voraussetzen. Ebenso deutlich ist diese in dem Zu-
"satz „dafs sie nicht sterben in ihrer Unreinigkeit“ etc. bereits als
vorhanden gedacht. Aber : eine Ermahnung, dafs sich die K. I,
wenn verunreinigt, entsündigen lassen, kann ebensowenig in diesen
Worten liegen. Einmal wegen des Contextes nicht, denn unser
Betz bildet die directe Fortsetzung des vorigen 117977 eb y 70>)
FOP ap, durch welchen der Erfolg eines Stindopfers ange-
geben wird. Sodann : man kann Jemanden von seinem bösen
Weg abmahnen Es. 8, 18, aber von seiner Verunreinigtheit un-
möglich, ebensowenig als man Jemanden von seiner Schuld ab-
mahnen kann. Nach meiner Ueberzeugung hat für OMI oder
200 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
DON OHR im Texte gestanden of. 16, 19 u.5. — Nebenbei sei b+- 1:
merkt, dafs auch Ex. 18, 20 das Wort auf einem Versehen beruhe f*
mufs. "17 heifst ermahnen und kommt nie mit einem doppelte |-
Accusativ vor, der nicht ohne eine starke Prignans gesetzt werde
könnte. Auch unter deu von Levy im targum. Wörterbuch bi
Tr “WN und ITIN angeführten Stellen findet sich das Verb,
nur wieder in der Uebersetzung von Ex. 18, 20 mit doppelten
Accusativ. Ferner palst die Aufforderung, die K. I. zu den thoroth
zu ermahnen,, gar nicht in den Zusammenhang dieser Stelle. Dis
„Lehren“ sind dem Volke nach gar nicht bekannt, das zweit
Versglied zeigt, dafs hier vielmehr die erste Belehrung des Volks
von Jethro dem Mose anbefohlen wird. Nach Deut. 83, 10, w
die [°36Hv'y und die SM als Object desselben erscheinen und
nach Ex. 4, 12, 15, wo wir es mit einem doppelten Accusatir
im Zusammenhang von JE. vorfinden, ist offenbar nur mn hier
an der Stelle. sym wurde zu AP Ay; of. Lev. 15, 81. Uebrigens
nöthigt nicht einmal das d:auaerveouac der LXX zu der Ar
nahme, dafs sie hier 77) las, denn sie übersetzt auch an anderen
Stellen : Ez. 16, 2. 20, 4 das dem 7) sinnverwandte yyy mit
jenem terminus.
Man Auch das Verbum or scheint nicht alt zu sein, Prov. Deut.
2 mal Chron. bieten es. Ob es 1 Reg. 8, 68 wirklich der Quelle
angehört, mufs sehr zweifelhaft erscheinen, auch die sonst nicht
vorkommenden O20 Gen. 14 erregen Bedenken, da das Cap.
stark tiberarbeitet ist.
myo Auch in der Bedeutung „Zaun“ nur Ezech. 46, 28 cf. das
gleichbedeutende "AM a. a. O. Dieses erscheint in der Wendung
„Reihe“ ebenfalls im Elohisten 11 mal, bei der Beschreibung des
Tempels 1 Reg. 6 f. 9 mal und in der Chronik 2 mal. Doch
scheint der Ausdruck ein terminus technicus gewesen zu sein und
ist deswegen nicht mit aufgeführt.
wa Die ältere Zeit scheint statt des Qal das Piel bevorzugt zu haben
cf. 2 Sam. 8, 11.
ap) erscheint in der ganzen Literatur und ist deswegen als zu wenig
bedeutungsvoll weggeblieben. Ob ihm auch schon in der alten
Literatur der Sinn ,verfluchen* zukam, mufs freilich zweifelhaft _
bleiben : es kommt so nur Lev. 24, 11, 16, Hiob 2 mal, Prov. i
2 mal vor. Jedenfalls sind die unter 55) von Gesen. im Thes.
angeführten Stellen aus dem Segen Bileam’s richtiger Jap zum
weisen. :
YI Andere Stellen, an welchen py als Bezeichnung eines freund
lichen Entgegenkommens erscheint : Jes. 47, 8. 64, 4 = schonen,
sind ebenfalls spät.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 201
vw in der Bedeutung ,distincte dixit“ ist sicher ein Aramaismus,
dagegen kann un ein echt hebräisches Wort sein.
my Die nowy Hos. 5, 2 oder Down Ps. 101, 8 und ws) Ps. 40, 5
sind von wiz abzuleiten und darum nicht mit angeführt.
naioyı Der Stamm spy ist schwerlich echt hebräisch, cf. xD und
was: er findet sich in Appellativen nur noch Jes. 2, 16 my
und WY Hiob 38, 86. Die zweite Stelle ist spät, die Schwierig-
keit der ersten bekannt. Nicht unmöglich wäre es. "Di, wenn
hier ursprünglich, als aramäisch-phönizisches!Fremdwort zu erklärep.
Anch an anderen Stellen, s. B. in der Aufsählung des Frauen-
putses C. 8 bietet Jesaia aramäische Ausdrücke, welche die Juden
von den sie umgebenden Culturvölkern angenommen haben müssen.
Uebrigens sind die 9D 0°35 Eechmunasar Z. 8 und 18 auch
nicht alt, über den Einflufs des Aram. auf das Phöniz. cf. Schrö-
der, Phin. Sprache, 8. 25 und das unten in Betreff des Buff. 77...
bemerkte. — Was endlich das nom. propr. 15j9 oder my 1 Sam.
19, 32 angeht, so erweckt schon die Form und die Analogie von
whe YH kein sehr grofses Vertrauen dazu, dafs hier ein alt-
bebräischer Name vorliegt, auch yyy Es. ist nicht alt. of. Olsh.
Hebr. Gramm. 8. 1446. Zudem dürfte mit Wellhausen, Text
der Bücher Sam. 8. 114 nach LXX %yy3 zu emendiren sein.
mw Tw Auch hier habe ich Deut. 88, 4 gestrichen. Wozu den Ballast
von verderbten Stellen mit sich herumschleppen — Niemandem
zum Nutzen?
Um die Tabelle richtig beurtheilen zu können, sei zu-
nächst bemerkt, dafs aus derselben alles bedeutungslose
Material weggeblieben ist, also diejenigen Stämme und ein-
zelnen Worte des Elohisten, die gar nichts charakteristisches
an sich tragen, solche nämlich, welche ziemlich gleichmäfsig
in allen Zeiten der hebräischen Literaturgeschichte ver-
treten sind. Dagegen sind vor Allem diejenigen Ausdrücke
berücksichtigt, welche für die Geschichte des Lexicons
wirklich von Interesse sind, sofern sie sich in einer be-
stimmten Literaturperiode besonders häufig finden. Hier-
bei sind sowohl nur einzelne Derivationen des Verbi resp.
Nominis in Frage gekommen, wenn sie irgend ein charak-
teristisches Merkmal darboten, als auch ganze Wortstämme,
202 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
auch wenn nur gewisse Formen derselben beim IN ee nt
vorkamen, falls sie nur von sprachgeschichtlicher Viet
keit waren, mit aufgeführt worden. Aufserdem sind w#
gelassen alle mehr stilistischen Eigenheiten, sofern
selben nicht wiederum ein bestimmtes, früheres oder späte»
Zeitalter kennzeichnen. Auf stilistischem Gebiete ist
die Nachahmung eines früheren durch einen späteren so leice—
möglich, dafs unter Umständen die Uebereinstimmumy
zweier Schriftsteller in diesem Punkte sehr irreführend seuz
kann. Aber auch gewisse Kunstausdrücke des Elohisten
glaubte ich aus der Tabelle weglassen zu sollen, z. B. Be
zeichnungen der Opfer und Opfergeriithe u. s. w. Dies
sind ja nicht in allen Büchern des A. T. zu erwarten, ihr
Fehlen in dieser oder jener Periode der Sprachgeschichte
kann also unter Umständen nur aufdem Stoff der betreffea-
den Literaturperiode beruhen. So kann z. B. die Ueber-
einstimmung des Eluhisten mit Ezechiel in einer Reihe
von termini technici des Cultus gar nichts für späten Ge
brauch derselben beweisen !).
Betrachten wir nach diesen nothwendigen Vorbemer-
kungen nun die Tabelle, so springt in die Augen, wie
wenig die ältere Literatur unter den angeführten Stellen
vertreten ist. Lassen wir einmal die Kritik ganz bei Seite,
nehmen wir die aufgeführten Stellen, wie sie sich uns
geben, so finden wir unter den aufgeführten Worten ein
einziges, das dem Elohisten allein mit der älteren Literatur
eigen ist, nämlich tmx). Andere, welche aufser dem Elo-
histen sich noch in der älteren Literatur vorfinden, wie
1) Dooh denken wir nicht, dafs uns Jemand des ungleichen Mafses
beschuldigen wird, wenn wir 2» nicht unter diese Ausdrücke rechnen
und es also in der Tabelle mit aufführen. Es ist ja offenbar nicht ein
specieller terminus wie etwa nb y u. a, sondern eine ganz allgemeine
Bezeichnung der Gabe wie 7pjy. Da dieses in der alten Literatur |
häufig ist, so wäre, wenn 12"jD damals bekannt gewesen wäre, sein
Vorkommen ebenfalls zu erwarten.
Giesebrecht, sur Hexatenchkritik. 203
MD, 83 Was, nbeion. sind auch in der spätesten noch
recht häufig, und die Verhältnisse liegen hier keines-
wegs so, dafs man annehmen mülste, sie seien in der
späteren Literatur reine Treibhauspflanzen, die gar nichts
mit der Volkssprache zu thun gehabt hätten. Auch kann
s. B. auf #29 und Mwnn als alte Vocabeln schon des-
wegen gar kein Werth gelegt werden, weil sie im J. Jahr-
hundert vorkommen, wenn sie auch im 6. (wahrscheinlich
sus reinem Zufall) fehlen. Was 219 und new anlangt,
welche im Alterthum vorkommen, dann im 7. Jahrhundert
fehlen, aber vom Exil und der Zeit nach dem Exil darge-
boten werden, so wird man, falls jene Stellen aus dem
Alterthum mit Recht angeführt sind, über das Nichtvor-
kommen im 7. Jahrhundert ähnlich urtheilen mtissen, wie
über. 923 und mbv/pp und ihre Abwesenheit im Exil. Man
sieht, die Ausbeute an wirklich alten Worten ist gleich
Null, die meisten Vocabeln des Elehisten, die auch in der
alten heiligen Literatur erscheinen, tragen gar kein be-
stimmtes Gepriige, sondern finden sich auch in den anderen
Denkmälern. Die Zahl der aufgeführten Worte oder Wort-
stämme, welche überhaupt vor dem 7. Jahrhundert vor-
kommen, beträgt, wenn die Ausbeute der folgenden Kritik
ganz aus den Augen gelassen wird und nur diejenigen
weggelassen werden, welche durch eclatante, allgemein an-
erkannte Textfehler- in der alten Literatur vorkommen, 28,
also noch nicht einmal ein Drittel aller aufgeführten Vo-
cabeln. Die folgende Kritik aber wird, wie ich denke,
nicht mit willkürlichen Mitteln diese Zahl bedeutend her-
abmindern. Aber selbst angenommen, alle meine Resultate
wären zu verwerfen, diese 28 Worte kämen wirklich vor
dem 7. Jahrhundert vor, so würden sie offenbar nach dem
oben bemerkten nicht halb so viel für die Abfassungszeit
des Elohisten beweisen, als 10 echte, unzweifelhafte Ara-
maismen. Hierzu kommt noch folgender, von selbst ein-
leuchtender Grund : Die scheinbar alten elohistischen Vo-
904 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
cabeln kommen in der Regel tn der alten Literatur gan}
sporadisch vor, während die jüngere Literatur sie in hella ¥
Haufen darzubieten pflegt. -
Diese Thatsache werde nun etwas genauer betrachte F
und an einzelnen Beispielen erläutert. — Eine der wick
tigsten Quellen für die älteste Gestalt der hebräischen
Sprache sind nach allgemeinem Urtheil aller Parteien die {'
Lieder, welche uns hier und da im Texte der historische
Bücher begegnen; ist der Elohist in der That einer de
ersten Schriftsteller des A. T., so werden wir erwarten
müssen, dals sich seine Sprache vor Allem mit der dieser f
Gesänge berührt. Doch wir sehen uns in dieser Erwar
tung sehr getäuscht : nur an einer Stelle im Segen Js
cobs und an drei aus dem Segen Bileams finden wir elo-
histische Vocabeln. Hierzu kommt, dafs es sich an dre
von diesen vier Stellen um eine Gottesbezeichnung : d ;
schaddai handelt, welche einmal in späteren Dichtungen :
auch nicht selten ist, sodann aber als Name wenig Auf- "
schlufs über den eigentlichen Sprachgebrauch der alten
Zeit giebt. Die vierte Stelle aber ist, wie fast allgemein
zugestanden, corrumpirt cf. die Bemerkungen zu 71. Da
wir noch Gelegenheit haben werden, eine gewisse Vorliebe
des Elohisten für poetischen Vocabelschatz zu beobachten,
so ist diese auffällige Abweichung seines Sprachgebrauches
von dem der älteren Lieder sehr bemerkenswerth. — Fassen
wir weiter das Verhältnifs der elohistischen Sprache zu
derjenigen der älteren Propheten bis Jesaia und Micha ins
Auge, so finden wir von den hunderten der in der Tabelle
aufgeführten Stellen, an denen sich die elohistischen Vo-
cabeln aus dem A. T. erheben lielsen : 12 aus Jes., Mich,
Hos. und Amos. Wie der Text an den genannten Stellen
beschaffen ist, davon wird weiter unten noch die Rede sein, |
jedenfalls giebt sich eine Reihe derselben als interpolirt und
ist auch schon von Anderen dafür erkannt worden. Da
gegen ändert sich dies Verhältnils wie mit einem Schlage,
Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 205
ald wir dem Exil nahe rücken : der Prophet Jeremia
schliefslich der Threni) bietet an 58 Stellen elohistische
‘tabeln. Selbst wenn man in Rechnung bringt, dafs der
fang jener vier Propheten nur ungefähr drei Viertel
ı dem Buch des Jeremia ausmacht, bleibt dies Verhält-
; im höchsten Grade auffallend. Dafse dasselbe sich
ht etwa daraus erklärt, dafs Jeremia als Priester das
histische, der grofsen Menge unzugängliche Gesetzbuch
ınte und von ihm unwillkürlich seine Sprache beein-
sen liefs, geht aus einer anderen Thatsache hervor. In
njenigen Gesetzbuch nämlich, das nach der traditionellen
schauung die Ideen des Priestercodex popularisirte, dem
uteronomium, dessen Umfang etwa demjenigen jener
r älteren Propheten gleichkommt, finden wir die in der
belle aufgeführten elohistischen Vocabeln an 29 Stellen,
o an so wenig, dals sie nur die Hälfte der aus Jeremia
thobenen ausmachen. Wie ganz anders mülste doch das
xicon des Deuteronomiums aussehen, wie anders müfste
h das Verhältnifs der elohistischen Vocabeln im Deu-
‘onomium und Jerem. zu einander stellen, wenn man
nehmen sollte, die gröfsere Häufigkeit elohistischer Worte
beiden Büchern gehe aus einer Kenntnifs des priester-
hen Gesetzes hervor! Bei dem Gesetzgeber sollten die
ıklänge an den Priestercodex so bedeutend geringer sein,
s bei dem Propheten! Gehen wir, um uns weiteren
off zur Beurtheilung zu gewinnen, auf die Schriftsteller
s Exils über. Da mehren sich die Stellen mit elohisti-
hen Worten in noch bemerkenswertherer Weise. Bei
wterojesaia finden wir nicht weniger als 72, also, da der-
be mit den übrigen prophetischen Stücken des Buches
saia, welche dem Exil angehören, zusammen noch nicht
mal die Hälfte des Umfangs von Jeremia’s Buch er-
ht, im Verhiiltnifs weit über 2 mal so viel Stellen, als
emia darbietet. Alle anderen lifst endlich Ezechiel mit
‚en 192 Stellen hinter sich zurück, obwohl das Ver-
206 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
hältnifs zwischen ihm und Deuterojesaia sich einigermalsen
ausgleicht, wenn man erwägt, dals sein Buch ungefähr
doppelt so grofs als das jenes Propheten ist. Endlich ist
von Wichtigkeit, dafs Hiob und Proverbien, die zusamma
noch nicht den Umfang des Propheten Jeremia erreichen,
an etwas über 80 Stellen elohistisches Sprachgut aufweisen,
dafs aber diese Prävalenz über Jeremia durch das im Bod
Hiob allein 30 mal vorkommende schaddai bedingt scheint. —
Aus den bisher betrachteten Thatsachen ergiebt sich dem-
nach eine allmählich immer mehr steigende Berührung der
prophetisch-poetischen Literatur mit dem Lexicon des Eic-
histen : in der alten Zeit fast gleich null, im 8. Jahrhundert
noch sehr mäfsig, erhebt sie sich im Deuteronomium za
einer Stärke, welche die der älteren Literatur fast um das
doppelte übertrifft, und steigt von da fortdauernd von Hiob,
Proverbien und Jeremia bis Deuterojesaia und Ezechiel ').
Wenden wir uns nun zu den geschichtlichen Büchern,
auch hier zunächst den einfachen Thatbestand ohne Kritik
constatirend. Das Richterbuch liefert an 11 ‘Stellen elo-
histische Worte, die Samuelisbücher nur an 6, die Königr-
bücher dagegen an 31, und an ungefähr ebenso vielen das
Buch des Jehovisten. Hiernach scheint das Verhaltnifs
der elohistischen Sprache zu derjenigen der älteren Pross
der Annahme einer früheren Entstehung des elohistischen
Buches bei weitem günstiger zu sein als ihr Verhältnifs su
den älteren Propheten. Aber von einem allzuschnellen
Urtheil mufs die Beobachtung abhalten, dafs die elohistischen
Worte in den angeführten Schriften so aufserordentlich
ungleich vertheilt sind. Warum in den Samuelisbtichern
so viel weniger Stellen mit elohistischen Vocabeln als in
den Königsbüchern? Und, da die Königsbücher von so
1) Die Psalmen sind hierbei ihrer unsicheren Datirung wegen st
nächst aus dem Spiel geblieben.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 207
iel späteren Gegenständen reden als die Bamuelisbücher,
a ihre Erzählungen sogar Gegenstände des Exils betreffen,
äbrend die Geschichte dieser Berichte mit David ab-
:hliefst, so bietet sich als einziger Erklärungsgrund wieder
ie Annahme, dafs dieSprache des Elohisten mehr gemein-
ımes mit derjenigen der späteren Zeit hatte, während sie
on derjenigen früherer Jahrhunderte beträchtlich diffe-
rte. Indessen man wendet uns ein, dafs ja der Jehovist,
essen Erzählung noch frühere Zeiten als die der Richter-
nd Samuelisbücher betreffe, in seinen Berührungen mit
em Elohisten gans auf der Stufe der Königsbücher stehe.
s könne also jenes Herabsinken der Zahl elohistischer
Vorte in Richter- und Samuelisbb. nur auf einem Zufall
eruhen. Man sieht : hier kann man nicht einfach addiren
hne Rücksicht auf Kritik, wir müssen vielmehr - einen
lick auf die Abfassungsseit jener Bücher werfen resp. auf
ie Art der Bearbeitung derselben von Seiten ihrer Ver-
wser oder Redactoren, um hieraus über die angeregte
rage ein Urtheil zu gewinnen. Da ist zunächst bekannt,
afs alle genannten Bücher, den Jehovisten nicht ausge-
ommen, sei es im Exil oder kurz vor dem Exil, jedenfalls
sch 621 in den jetzigen Zustand gekommen sind. Weiter
t völlig evident, dafs die Redactoren der betreffenden
ücher den überlieferten alten Quellenstoff sehr ungleich
erarbeitet haben. Am besten ist derselbe nach allge-
einem Urtheil in den Samuelisbüchern conservirt. Ganze
'artioen desselben, besonders am Ende des ersten und An-
ıng nebst Mitte des zweiten Buches, sind fast unverändert
rhalten worden. Dagegen hat der Redactor am Anfang
es ersten Buches in der Geschichte Samuels einige pro-
hetische Reden eingeflechten, die man sogleich am ganzen
onfall als abhängig vom Deuteronomium erkennt, und
userdem am Schlufs des zweiten Buches einige Lieder
geschoben, welche eine besonnene Kritik dem David
tht zusprechen kann. Dafs der Redactor auch sonst
208 Giesebrecht, zur Mexateuchkritik. -
ziemlich frei mit der Anbringung von Liedern schaltete,
zeigt das Lied der Hanna, bei dem von Echtheit gar nicht
die Rede sein kann. Sehr interessant und offenbar für
die oben ausgesprochene Vermuthung höchst günstig ist
es daher, dafs sich von 1Sam. 13 bis 2 Sam. 21 nur 2 von
den 6 Stellen finden, welche elohistische Vocabeln bieten,
dafs dagegen die anderen vier theils 1 Sam. 12 in einen
entschieden deuteron. Stücke !), theils 2 Sam. 22 und 3
in den eingeschobenen Liedern vorkommen. Ganz ähnlich
verhält es sich mit dem Richterbuch. Dafs auch hier der
Redactor zuweilen stark eingegriffen hat, kann Niemand
leugnen, und auch hier drängen sich die elohistischen Worte
meist in solchen, vom Redactor besonders abhängigen '
Stellen zusammen, von den 11 angeführten z. B. allein 6
in Cap. 20 und 21, ein siebentes begegnet im zweiten
Capitel, einer sicher redactionellen Stelle 2). Wie es mit
den übrigen 4 Stellen beschaffen, darüber siehe unten be
son naw my und mn, aber selbst angenommen, wir
hätten in ihnen gut überliefertes altes Quellenmaterial,
wäre es doch bei der traditionellen Annahme von dem Alter
des Elohisten kaum zu verstehen, dafs derselbe sich mit
den Quellen von Jud. und Sam. nur in 6 Stellen berührt.
Und wunderlicherweise machen wir bei den Königsbüchern
ganz dieselbe Beobachtung. Auch hier treten in denjenigen
Stücken, welche von der Ueberarbeitung des exilischen
Redactors am wenigsten beeinflulst worden sind, die elo-
histischen Worte gar nicht hervor. Von 1 Reg. 17 bis
2 Reg. 10 erstrecken sich die Geschichten von Elias und
Elisa, aus älteren Quellen erzählt, nur selten von deuterono-
mistischer Hand tingirt, und in dieser ganzen Partie begegnet
uns keine elohistische Vocabel, ebensowenig in den 4 ersten
') ef. auch Schrader, Lehrbuch der hist. crit. Einleitung in A.T.
8. 338.
*) cf. Schrader, a. a. O. 8. 328.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 909
Capp. des ersten Königsbuches, welche nur in Cap. 3 deuterono-
mistisches Gut enthalten. Dagegen sind die elohistischen An-
klänge in dem letzten Stück des zweiten Buches dichter gesäet,
nämlich vom 15. Cap.an. Aber diese Partie kann, schon wegen
der Zeit, die sie schildert, gar nicht vor dem 7. Jahr-
hundert verfalst sein, führt also wieder aus der älteren
Literatur heraus. Sodann ist auffällig, dafs auch hier die
elohistischen Vocabeln meist dicht beisammen stehen und
sich gewöhnlich in solchen Stücken finden, welche auch
eine nicht von Graf beeinflufste Kritik dem Redactor zu-
weist cf. 16, 10, 15 myam, met und js"); 18, 25
‘“ybap; 19, 6 nu; 20, 13, 18 Tan und mbwon *); 23, 13,
4 pipw*); 25, 2 "wy np). Allein steht nur 53p 15,
10 ®), dafs aber der Vers in den gewöhnlichen Wendungen
des Redactors gehalten ist, braucht kaum bemerkt zu
werden, auch I 16, 9 mit myn fällt unter dasselbe Ur-
theil. — Gehen wir auf die erste Hälfte des ersten Buches
ein, so braucht es für keinen, der den deuteronomistischen
Redefall kennt, bewiesen zu werden, dafs 11, 5, 7, 34 ppw
und av); 8,53 S13" gröfßseren Stücken angehören, welche
deuteronomistischer Herkunft sind, auch 5,4 711 will selbst
nirgend anders als im Exil geschrieben sein. Also auch
bei den Königsbüchern dieselbe Beobachtung, wie bei der
bis jetzt in Betracht gezogenen älteren Literatur : nur an
14 Stellen, die nicht sofort von dem Verdacht der redac-
1) Auch nach Schrader, a. a. O. 8. 868, ist diese Stelle stark
vom Deuteronomiker tingirt, seine Scheidung im einzelnen ist aber
unmöglich, of. Bleek-Wellhausen, Einl. 8. 257 ff.
*) cf. auch Schrader, a. a. O. 8. 858.
®) Will man mit Ewald Qobolam für einen Namen halten, so
würde, da der Stamm 555 im alten Hebräisch nicht nachweisbar ist,
derselbe für ein aus dem Aramäischen herübergenommenes nom. propr.
angesehen werden müssen, also auch einer wirklichen Bedeutung für
unseren Zweck entbehren.
Zeitschrift f. d. alttest. Wien. Jahrgang 1. 1881 14
210 Giesobrecht, sur Hexateuchkritik.
tionellen Bearbeitung getroffen werden !), bieten sie Be-
rührungen mit dem Elohisten. — Was endlich die 30 aus
dem Jehovisten angeführten Stellen anlangt, an denen wir
elohistische Vocabeln antreffen, so sind sie freilich nach
dem sonstigen Verhiltnifs zwischen dem Lexicon des Elo-
histen und demjenigen der alten Literatur recht dazu an-
gethan, unsere Verwunderung über den mirus concentus
!) Wir haben uns im Obigen begnügt, nur diejenigen Stellen aus-
sunehmen, welche aus offen zu Tage liegenden und, wie der Leser aus
der vielfachen Uebereinstimmung mit Schrader’s Analyse ersehen
kann, auch von Anderen anerkannten Gründen der späteren Literatur
zugewiesen werden müssen. In der That bieten die oben zunächst als
alt unangefochtenen Stellen keineswegs wirklich sicheres Quellenmaterial
dar. Der Uebersicht wegen stellen wir hier kurs die im folgenden
hier und da zerstreuten kritischen Bemerkungen über jene Stellen su-
sammen. 1) Es erregt Aufsehen, dafs diese 14 Stellen meist nicht ver-
einzelt auftreten, sondern gewöhnlich in grifseren Gruppen susammen-
stehen : 7, 14, 20. 8, 1, 5, 68. 9, 19, 28. 11, 15, 16. 12, 18, 20, einzeln
nur : 5, 80. 10, 15. Das führt offenbar auf den Gedanken, dafs sie
einer, hier und da in den Text eingreifenden, sei es zufügenden, sei os
umarbeitenden Hand ihre Entstehung verdanken. 2) Diese Beobach-
tung bestätigt sich dadurch, dafs wir, wie auf Verabredung, eine Reihe
dieser Worte in der LXX vermissen : 5, 30. 8, 1, 5. 12, 20. Diese
Auslassungen aus einer blofsen Flüchtigkeit des Uebersetsers zu er-
klären, geht nicht an, denn die Uebersetsung trägt sonst nicht den
Charakter der Eilfertigkeit. Wer z. B. das yy x) 8, 1 übersetzte,
hätte auch das ‘=y/m ‘Imm mir 8, 2 wiedergegeben, durch welches
der für einen Sp&teren unverständliche Ausdruck YYymın?] fy) erklärt
wurde. Ebenso wunderlich wäre es, wenn 5, 80 das Oy3 OW un-
übersetzt blieb, dagegen ‘5 ‘wy wiedergegeben wurde. Die elohisti-
schen Ausdrücke beruhen hier vielmehr auf Interpolation, die s. Th.
nicht ohne Absicht ausgeführt wurde. 3) Andere Stellen : 7, 20. 9,
19, 23 gehören grölseren oder kleineren Partieen an, welche ebenfalls
in der LXX fehlen, auch hier hat die LXX zweifellos den älteren
Text. 4) Das hierdurch erweckte, für die LXX günstige Vorurtheil
wird weiter durch 10, 15 bestätigt, wo die Königsbücher einen ganz
sinnlosen Sats bieten, während der Text der LXX gut in Ordnung ist
und zur Reconstruction des hebräischen Textes verwerthet werden kann.
(cf. zu dem oben Bemerkten auch Wellhausen a. a. O. 8. 281 ff.)
Werden hierdurch die elohistischen Worte in den Quellen der Königs-
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 211
zwischen Elohisten und Jehovisten zu erwecken, wie sie
das Erstaunen Ryssel’s erregt haben. Giebt man sich
aber Rechenschaft über das Verfahren der verschiedenen
Redactoren, durch deren Hände unser Pentateuch gegangen
ist, ehe er zu seiner jetzigen Gestalt kam, so verschwindet
dies Erstaunen völlig. Ryssel scheint ganz auf die An-
schauungen Astrucs zurückzugehen, indem er annimmt,
dafs da, wo sich charakteristische Eigenthümlichkeiten der
einen Quelle im Zusammenhang der anderen vorfinden,
dieselben an dieser Stelle ursprünglich und also auch der
zweiten Quelle eigenthümlich seien. So stand z. B. nach
Ryssel’s Ansicht auch nyıSın als ein ursprünglicher Be-
standtheil im Zusammenhang des Jehovisten. Wird dies
Princip durchgeführt, so hört offenbar‘ jede Möglichkeit
der Sonderung der Quellen auf, geht man bei einem Worte
wie mon To nicht mehr sicher, dann ist jeder Willkür
Thür und Thor geöffnet. Etwas ganz anderes ist es ja,
aus der Thatsache, dafs sich ATS u. ä. im jehovistischen
Zusammenhang findet, den Schlufs ziehen, dafs der Verf.
der jehovistischen Quelle den Elohisten gekannt und aus
ihm jenes Wort herübergenommen habe. Dies ist offenbar
die eine der zwei Möglichkeiten, wie man sich ein solches
Vorkommnifs erklären kann. Die andere Möglichkeit ist
anzunehmen, nicht durch den Verf. des Jehovisten, sondern
durch den Redactor des Hexateuch seien jene genuin elo-
histischen Ausdrücke in den Jehovisten hineingerathen.
Einer von diesen beiden Annahmen zu folgen ist wie es
uns scheint deswegen nothwendig, weil die elohistischen
bücher abermals um 9 vermindert, so bleiben uns nur 5 : nämlich
mp 7, 14. "un 8, 68. N 11, 15, 16. Oy 12, 18, aber auch diese
werden theils durch die bedenkliche Nähe von interpolirten resp. über-
arbeiteten Stellen verdächtig, theils erwecken sie deswegen Bedenken,
weil sie wie g} nur durch eine leichte Aenderung der Schreibung
aus sonst in den alten Quellen vorkommenden Worten verderben konnten.
14*
212 Gicsebrecht, sur Hexateuchkritik.
Worte im Jehovisten so vertheilt sind, dafs sie sich keine
wegs über alle Theile desselben gleichmälsig verbreiten, |
sondern bald hier bald da auftauchen und weil sie weiter |
häufig in kleineren, leicht abszugrensenden Stücken als
gröfsere Gruppen auftreten '). Weil aber endlich der Re
dactor durch die Art wie er an gewissen Stellen, z.B in
der Sündfluthgeschichte, mit dem Quellenmaterial verfahren
ist, zeigt, dals ihm eine so mechanische Zusammenftigung
der Quellen, wie sie der oben angeführte Vater der Pents-
teuchkritik annahm, fern gelegen hat, dafs er vielmehr
auch hier und da mit eigener Hand eine Harmonisirung
der einander widersprechenden Berichte versuchte etc., s0
scheint mir hierdurch die zweite der oben angeführten
Möglichkeiten hinreichend gerechtfertigt, um mit ihr die
Lösung des in Rede stehenden Problems zu versuchen.
Endlich sei hier darauf verwiesen, dafs die sachliche Kritik,
selbstverständlich Hand in Hand mit der sprachlichen, in
einer ganzen Zahl elohistisch gefärbter Jehovistenstellen
und umgekehrt Einfügungen spätester Art erkannt hat,
der Beweis dafür kann selbstverständlich nur im Einzelnen
geführt werden : bei Besprechung dieser oder jener der-
artigen Stelle werden unten die betreffenden Nachweisungen
von uns gegeben werden. Es wird sich dabei heraus-
stellen, dafs nur an verschwindend wenigen Stellen die
elohistischen Worte im Zusammenhang des Jehovisten
!) Ein verhängnifsvoller Fehler Ryssel’s scheint mir der su sein,
dafs er swischen den oben angegebenen beiden Möglichkeiten einen
Mittelweg suchte, indem er die ungefähre Gleichzeitigkeit des Elohiste: |
der Genesis und des Jehovisten annahm, denn anders wird man )
allerdings etwas nebelhaften Aussagen über die perantiquitas de |
eloh. Sprache nicht auffassen können. Er hat nämlich, wie wir noch
weiter unten su zeigen suchen werden, den tiefgreifenden Unterschied
zwischen der eloh. und jehov. Sprache, sonderlich in lexicalischer Be
sichung, als einen rein stilistischen aufgefafst, während derselbe nur
sus verschiedener Abfassungsseit begriffen werden kann.
214 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
exilischen Geschichtsbücher machen kaum die Hälfte dea
Umfangs der älteren aus, sollten daher die Bertührunge
beider mit dem Elohisten auch nurgleichstehen, so mülsten
die alten geschichtlichen Schriften 200 Stellen anfweite, |
an denen sich die elohistischen Worte antreffen lassen. |
Einen deutlicheren Beweis dafür, dafs der Elohist in li
calischer Beziehung mit den späten Schriften auf einer
Stufe steht, kann man nicht verlangen.
Fafst man aber das wahre Verhältnifs ins Auge, w
wird die späte Abfassung des Elohisten ungleich evidenter:
von den oben gerechneten 78 Stellen aus der alten Prosa
können ja nicht einmal 20 als wirklich gesichert gelten.
Hiernach erreichen die Berührungen des Elohisten mit
der alten Prosa noch nicht einmal ein Zehntheil von dem-
jenigen, was sie liefern müfsten, wenn sie denen mit
Chronik u. s. w. auch nur gleichkommen wollten.
Dafs diese Rechnung ungefähr das Richtige trifft, geht
auch aus den zahlreichen Aramaismen hervor, denen wir
beim Elohisten begegnen. Aus den unten angestellten
Einzeluntersuchungen ergiebt sich, dafs wir deren nicht
weniger als 30 nachweisen können. Hierzu kommen we
nigstens noch 10, bei denen diese Annahme nahe liegt,
besonders wegen der Thatsache, dafs sich überhaupt der
artige Erscheinungen im Elohisten vorfinden. Denn ist
einmal erst eine grifsere Zahl von Aramaismen in einem
Buche sicher gestellt, so haben wir selbstverständlich auch
bei anderen, sonst im Hebräischen seltenen und nur in
späten Schriften vorkommenden Worten, die sich im Aram.
finden, die höchste Wahrscheinlichkeit dafür, dafs zu ihrem
Auftauchen in der Literatur aram. Einflufs mitgewirkt hat.
Etwas über 10 von diesen aramaisirenden Vocabeln finden
sich sonst im hebräischen Text des A. T. nicht wieder,
einige von ihnen im bibl. Chaldäisch, ein Zeichen davon,
dafs der Elohist nicht zu den frühesten, vom Aram. be
3
1
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 915
einflufsten Schriften gehörte, die meisten theilt er jedoch
mit der exilischen und nachexilischen Literatur.
Als ein fernerer bedeutungsvoller Umstand ist hervor-
zuheben, dafs uns im Elohisten eine ganze Reihe poetischer
Ausdrücke begegnen. Diese Erscheinung finden wir auch
in einer anderen Reihe von Schriften nichtpoetischen In-
halts, nämlich bei den Geschichtschreibern des Exils. Die
Historiographie, welche damals aufkam, war ja nicht im
strengen Sinn objectiver Erforschung des Alterthums unter-
nommen, sondern führte dem Volk die grofsen Gottes-
thaten der Vergangenheit und die Sünden der Vorfahren
vor die Augen, um es zu vermahnen und zu ermuntern.
Sie setzte also neben den exilischen Propheten das Werk
der älteren prophetischen und gesetzgebenden Gottes-
männer fort. Daher war es natürlich, dafs sie sich in
ihrem Stil an diese älteren Vorbilder anlehnte, und so
wurden theils die geschichtlichen Begebenheiten selbst in
schwunghaftem, rhetorischem Ton erzählt, theils geradezu
Betrachtungen in dieselben eingeflochten, die ganz im Pre-
digtstil gehalten waren. Aus diesem Grunde erklärt sich
das häufigere Vorkommen poetisch-prophetischer Ausdrücke
im Stil der exilischen Historiographen, so dafs derselbe
sehr entschieden gegen die schlichte Erzählungsweise der
älteren Quellen absticht. Um nun auf den Elohisten zu-
rückzukommen, so werden wir unten den Nachweis ver-
suchen, dafs dessen Lexicon ungefähr 20 derartige, z. Th.
auch in den älteren Liedern, gewöhnlich aber bei den
Dichtern und Propheten des späteren Zeitalters sich findende
Ausdrücke enthält, welche uns theilweise auch von jenen
exilischen Geschichtschreibern dargeboten werden. Zum rich-
tigen Verständnifs dieser Thatsache ist noch hinzuzufügen,
dafs die wirklich alte Prosa diesen Ausdrücken ganz fremd
gegentibersteht. Man wird daher auch hier wieder auf die
Annahme geführt, dafs der Elohist, wenn auch selbst nicht
im Predigtstil schreibend, doch die Manier der Historio-
216 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
graphen des Exils befolgte, theilweise wohl in directe
Nachahmung derselben, sich der Ausdrücke eines gewählten,
poetischen Stils zu bedienen. Die Richtigkeit dieser Be :
obachtung wird ferner dadurch bestätigt, dals der Elohist |
eine sehr bedeutende Verwandtschaft mit den Psalmen
zeigt : von den in der Tabelle aufgeführten elohistischen
Vocabeln werden an 80 Psalmstellen Beispiele geboten.
Unter diesen Psalmen ist nach meiner Ueberzeugung keiner,
welcher die Grenze des 7. Jahrhunderts nach oben über
schritte, bei weitem die meisten sind auch von Anderen
als exilisch oder nachexilisch erkannt. Was für die Ve-
gleichung der Psalmensprache mit derjenigen des Elohisten
besonders bedeutungsvoll ist, scheint mir der Umstand zu
sein, dafs die Uebereinstimmung beider Schriften sich
durchaus nicht nur auf Worte beschränkt, welche die
Psalmendichter aus dem Elohisten entlehnt haben könnten,
z. B. wp pow, 1M u. s. w., sondern dafs auch eine Reihe
anderer Worte, die im Elohisten gar nicht besonders auf-
fällig postirt sind, z. B. rUx) NI, NI a8 PW Ip “Wh,
sich in den Psalmen wiederfinden. Die Berührung ist hier
sichtlich eine unwillkürliche, sie mufs darauf beruhen, dafs
die beiden Bücher ungefähr in derselben Zeit entstan-
den sind.
Was endlich die Uebereinstimmung des Elohisten mit
der spätesten nachexilischen Literatur : Cant., Rut., Koh
und Dan. angeht, so finden sich in der Tabelle 33 Stellen,
an denen sich eloh. Vocabeln in diesen Büchern bieten.
Da ihr Umfang nur mälsig über die Hälfte des Deutero-
nomiums hinausgeht, so ist die Verwandtschaft zwischen
ihnen und dem Elohisten um vieles bedeutender als die
Uebereinstimmung mit jenem Gesetzbuch.
Wir sehen : von allen Seiten bestätigt sich die exi-
lische Abfassung des Elohisten. Nicht nur der zweiten
Periode der Sprachgeschichte mufs er seinem Lexicon nach
angehören, sondern nach dem Deuteron. ist er anzusetzen.
218 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
fortgepflanzt worden sei? Abgesehen aber davon, dafs wir
gerade zwischen der eigentlich prophetischen Historiographie
des Exils und dem Elohisten eine Reihe interessanter Be. }:
rührungspunkte entdeckten, ungerechnet ferner, dafs jene, ::
der nicht prophetischen Historiographie ertheilten Epithets }
das Sachverhältnifs nicht gerade verdeutlichen, jene Hypo-
these Delitzsch’s, welche den Unterschied zwischen der }
eloh. Sprache und derjenigen der alten Geschichtsbücher :
als einen mehr stilistischen, als den Gegensatz sweier |
„schriftstellerischen Strömungen“ aufzufassen sucht, erscheint |
en sich unannehmbar. Vor allemdeswegen, weil sobald wir
das streitige Object, den Elohisten, aus unserer Betrach-
tung weglassen, der Unterschied zwischen jenen beiden
Geschichtsschreibungen sich nicht als ein solcher von Strö-
mungen, welche neben einander hergehen können, sondern
einfach als eine Differenz zweier Zeitalter ergiebt. Von
Jener nichtprophetischen historiographischen Strömung
wissen wir vom 7. Jahrhundert an bis zu den ersten
Anfängen der hebr. Literatur hinauf gar nichts, erst kurz
- vor dem Exil beginnt ihr Wortvorrath plötzlich in der
Literatur lebendig zu werden — aber auch hier vorzugs-
weise bei Propheten und Dichtern. Sodann ist zu beachten,
dals der Unterschied zwischen jehov. und eloh. Sprache
‚durchaus kein blofs stilistischer ist, auch keineswegs als
Gegensatz zweier theologischer Schulen angesehen werden
kann, welche für göttliche Dinge und was mit ihnen in
Zusammenhang steht verschiedene termini ausgeprägt
hatten. Vielmehr für die Gegenstände des gewöhnlichen
Lebens : für Besitz und Erwerb, für schreien und schluchzen,
für fürbitten und bundschliefsen, für zeugen und sterben,
für Fürst und Stamm, für auskundschaften und steinigen
werden grundverschiedene Bezeichnungen gebraucht. Und
dazu die auffallende Thatsache, dafs die eloh. Vocabeln
zum Theil Aramaismen sind oder dringend dem Verdachte
von Aramaismen unterliegen, sowie dafs eine Reihe aulser-
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 219
lexicalischer Erscheinungen im Eloh. der späten, exilischen
Sprache angehören — macht Delitzsch diese Thatsachen
auch nur einigermafsen verständlich durch seine Annahme ?
Indessen, es ist noch eine Hypothese zu besprechen,
welche wenigstens einen Theil des Elohisten für das Alter-
thum retten will. Ryssel giebt zwar zu, dafs in den
gesetzlichen Partieen des Elohisten sich eine solche Zahl
von Aramaismen und Zeichen später Abfassungszeit finden,
dafs man sie in das Exil verlegen müsse, die geschicht-
lichen Theile in Genesis und Exodus aber glaubt er für
alt halten zu können. Zunächst sei bemerkt, dals, was er
an Spuren höchsten Alterthums in ihnen nachzuweisen
sucht, weiter unten kritisirt werden wird. Es wird sich
da herausstellen, dafs dies Urtheil auf unzureichender In-
formation beruht. Weiter ist dem gegenüber darauf auf-
merksam zu machen, dafs Ryssel selbst in den geschicht-
lichen Partieen des Exodus vor Cap. 25 Aramaismen wie
Asay und "yn nachgewiesen hat, und dafs es dem gegen-
über inconsequent ist, Worte wie mx und px), die man,
wenn sie einige Capitel später vorkämen, für Aramaismen
erklären würde, hier anders zu beurtheilen. Sodann er-
lauben wir uns, auf folgenden Schatz elohistischer Vocabeln
der historischen Genesis- und Exoduspartieen hinzuweisen,
welche theils Aramaismen sind, jedenfalls aber nur in den
späteren und spätesten Büchern des A. T. sich finden :
AI DT, NAP} JW» 929; MP} 29, AN Hy, MEY MID.
maw (cf. unten), 77%, Mos Wy WI OUD pW, MIR
yi win} Max. Wie soll man die Uebereinstimmung der
späteren Zeit mit dem Elohisten in Bezug auf diese Worte
beurtheilen? Die Annahme, dals die exilischen Schrift-
steller sie aus der alten eloh. Sprache entlehnt hätten, ist
deswegen unmöglich, weil eine Reihe dieser Worte sich in
der Genesis und Exodus nur an äulserst wenigen Stellen
finden, man mülste geradezu glauben, die exilischen Schrift-
steller hätten dieselben mit der Absicht, sie sich anzu-
220 —C Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
eignen, aus dem Verborgenen hervorgesucht. Ja maa
müfste noch weiter gehen und sich zu der Meinung be
kennen, diese künstlich belebten eloh. Vocabeln hätte
dann die Fähigkeit gehabt, noch weitere Spröfslinge her-
vorzubringen, denn, im Elohisten nur in einer Derivation
auftretend, zeigen sie sich im Exil in einer ganzen Reihe |
verbaler und nominaler Derivate. Wodurch aber werden
diese Fragen einfacher und überzeugender beantwortet, als
durch den Gedanken der späten Abfassungszeit auch dieser
Partieen des Elohisten? Die Auseinanderreifsung des
Buches beruhte ja nur auf einer Hypothese, das natür-
lichere ist, die Einheit der gesetzlichen und historischen
Partieen anzuerkennen, also da auch diese spätes Sprach-
gut und Aramaismen aufweisen, sie ebenfalls in das Exil
zu versetzen. Hierzu kommt ein wichtiger, von Ryssel
gar nicht beachteter Umstand : in Bezug auf die Verwen-
dung des ‘3 und das me c. Suff., also in höchst signi-
ficanten exilischen Erscheinungen stimmt die Genesis gans
zu den gesetzlichen Stücken des Elohisten.
Wir gehen nunmehr dazu über, die einzelnen Erschei-
nungen des elohistischen Lexicons nach einander zu be-
sprechen und theilen die vorhandenen Vocabeln der Ueber-
sicht wegen in Aramaismen und echthebräische Worte,
doch wird sich zeigen, dals beide Kategorieen nicht streng
auseinandergehalten werden können.
I. Das Lexicon des Elohisten.
1) Aramatemen.
Zu dieser Classe hat Ryssel bereits werthvolle Be-
träge geliefert. Immerhin hätte ihnen 2% das Gefährt nicht
entzogen werden sollen, denn wenn wir dies Nomen noch
ee
229 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
demnach ganz selbstverstindlich den überlieferten Usus.
Aber Nu. 30, 14 finden wir als dem 17) 497m entgegen-
gesetzten Begriff das ‘3 opr, also wenn auch nicht wie es
nach gemeinem Sprachgebrauch heifsen mülste, ein „halten“
des Gelübdes, so doch ein ,bestitigen® desselben. Wie
sollen wir es nun erklären, dals von diesem scheinbar un-
verrückbaren Herkommen dennoch abgegangen wird an
zwei Stellen des Ezech. 16, 60, 62 und im Elohisten ? Diese
Uebereinstimmung aus einer Benutzung des elohistischen
Buches durch Ezechiel ableiten, würde nur eine Zurück-
schiebung der Frage bedeuten : es gälte dann wieder die
Entstehung des Sprachgebrauchs beim Elohisten zu er-
klären und dies würde, angesichts der Stelle Nu. 30, 14
doppelt schwierig sein. Fragen wir daher zunächst, wo-
durch kann Ezechiel dazu veranlafst sein, sich von dem
gewöhnlichen Sprachgebrauch zu emancipiren, so ist die
Antwort auf diese Frage im Hinblick auf die sonstigen
Aramaismen des Ezechiel durch die Thatsache gegeben,
dafs im aramäischen O1 resp. Mass die Feststellung, die
Abmachung bedeutet, und die Wendung xy» op Gen. 9
geradezu als Uebersetzung von nn Om erscheint !).
Offenbar ist nun, wenn man eine Nachahmung des Ezechiel
durch den Elohisten annimmt, auf alle Räthsel die Lösung
gefunden : jener von Ezech. herübergenommene Ausdruck
vermochte nicht den Sinn für den gewöhnlichen Gebrauch
dem Elohisten zu rauben, er hielt denselben in etwas mo-
dificirter Wendung Num. 30, 14 fest. Von diesem ara-
maisirenden Gebrauch des Priestercodex ist endlich auch
die Wendung des späten Psalms 78,5 abhängig : m OY
nmpy ayn. Schliefslich sei noch bemerkt, dafs an ein hohes
Alterthum gerade dieser Redensart und an einen zeitlichen
1) Die Verantwortung für die syr. ‘ad Sons] trägt freilich, soweit
ich sehen kann, die Peschita an den Stellen, wo sie AD orpn tiber-
setst, allein.
a
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 293
Jorzug derselben vor der jehovistischen M73 M75 deshalb
gar nicht gedacht werden kann, weil diese sich bei weitem
miher an den sinnlichen, concreten Vorgang bei der
Bundesschliefsung und an die Grundbedeutung von n3
Yun schneiden hält, während jene m3 bereits in ganz
abgeblafster, abgegriffener Bedeutung denkt. Von diesem
Gesichtspunkt aus werden wir nun auch im Stande sein,
das Vorkommen von 718 für Bedrückung richtig zu beur-
theilen — für das Aram. ist die Bedeutung fricare, commi-
nuere sicher gestellt, das Wort findet sich aufser dem Elo-
histen nur bei Esechiel — das spricht doch neben on
ro laut genug.
Was :139) angeht, so kann allerdings das Vorkommen
des Stammes 35) auch in der älteren Literatur beim JE,
bei Amos u. s. w. die Annahme bedenklich erscheinen
lassen, dasselbe als einen Aramaismus zu bezeichnen, ob-
wohl es immerhin bestehen bleibt, dafs die Form 199) in
der Bedeutung ,weiblich* nur bei Jer., dem Deuteron.
und im Aramäischen sich findet, jedenfalls fällt es unter
diejenigen Nomina, welche einer späten Literaturperiode
angehören. Bei 19} ist die Entscheidung, ob es allein dem
Eindringen des Aramäischen in das Hebräische seinen Ur-
sprung verdankt, noch schwieriger, denn schon die alte
Literatur bietet ein Nomina 7133 in der Bedeutung „mas“,
Von höchster Bedeutung aber ist es, dafs durch die An
wendung dieses Nomen sich nicht nur der Jehovist, cf. Ex.
23, 17. 34, 23, vom Elohisten, sondern auch die alte Lite-
ratur von der neueren unterscheidet. Denn im Deuteron.,
das allerdings 16, 16 das jehovistische Gesetz citirt und
%, 13 ebenfalls dem Jehovisten folgt, steht sich der Ge-
brauch dieses und jenes Nomen noch gleich, von Jeremias
ab aber finden wir WO} nicht mehr vor. Da Ri. 21 erst
spät seine jetzige Gestalt erhalten hat (cf. auch A7y) und
Jos. 4, 5, einem ganz überarbeiteten Stück angehirig,
inen sehr überfüllten Text zeigt, so bleibt aus der alteı
294 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
Literatur nur 1 Reg. 11, 15 f.") als Zeuge für “pr übrig,
also 2 Stellen gegen 20 die der späteren und spätesten
Zeit der Sprachgeschichte angehören!
Dagegen scheint mit gröfserer Sicherheit OF als ein
Aramaismus bezeichnet werden zu können : wenn wir vom
Elohisten absehen, ist das erste Buch, welches es bietet,
das Deuteron. Vorher herrscht in der ganzen alten Lite-
ratur das genuin hebräische 5pp,; dasselbe kommt 7 mal
beim Jehovisten Ex. 8, 22. 17, 4. 19, 13 21, 28, 29, 32.
Jos. 7,15 und an 7Stellen der historischen Bücher, welche
von dem Verdacht der deuteron. Ueberarbeitung gänzlich
frei gesprochen werden müssen, vor : 1 Sam. 30,6. 2 Sam.
16, 6, 13. 1Kön. 21, 10, 13 ff. Im Deuteronomium selbst
ringt der alte Sprachgebrach noch erfolgreich mit dem
neuen : 4 Stellen mit 9po 12, 11. 17, 5. 22, 21, 24 stehen
gegen eine mit OF. Von da an verschwindet 5po : eine
exilische Schrift Jes. 62, 10 bringt es noch einmal in der
auch durch Jes. 5, 2 vertretenen Bedeutung „von Steinen
säubern“. Ezechiel braucht 2 mal om, ebenso der
Redactor der Königsbücher 1 Reg. 12, 18 und die Chro-
nik (2 mal). Aufserdem erscheint der Stamm in 2 nach-
exilischen Namen oJ) 1Chron. 2, 4 f. und bp ay)Sach. 7,2,
in dem späten 68. Psalm v. 28 (Myr) und Prov. 26, 8
1) Ob an diesen Btellen I} Wirklich ursprünglich ist, wollen wir
bier dahingestellt sein lassen, unter keinen Umständen aber verdiente
die Vermuthung Wellhausen’s, dafs es an denjenigen Stellen der
älteren Literatur, wo wir os jetst finden, für das in früherer Zeit ge-
br&uchliche >) punktirt sei, die Zurtickweisung, welche ihr von
Ryssel 8. 78 Anm. widerfährt. Denn dafs man ursprünglich die
matres lectionis in Mitten der Worte nicht zu schreiben pflegte, dürfte
Ryssel nach Mesa und Eschmunasar schwerlich bezweifeln wollen,
und da man nach dem Exil nur noch 19} sprach, so lag die falsche
Aussprache und Schreibung des TQ] an weniger oft gelesenen Stellen
wie 1 Reg. 11, 15 f. sehr nahe.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 995
mom. Sein häufiger Gebrauch schon im biblischen und
dann im späteren Aramäisch ist bekannt.
Zur Vergleichung mit einem aramäischen Sprachge-
brauch veranlafst ferner das elohistische m sich festsetzen
in einem Lande, ein Gebrauch, der aufser Gen. 47, 25.
Num. 32, 30 nur noch Gen. 34 und Jos. 22, in zwei vom
Hexateuchredactor herrührenden späten Stücken vorkommt
und auch in der sonstigen Anwendung des Stammes mx
im Hebräischen nur eine einzige Analogie hat, die eben-
falls sehr spät herabführt. Ich meine die Verwendung des
Part. Pass. yrıy im intransitiven Sinne in dem, sonst wie
bekannt stark aramäisch tingirten Hohenliede. Mangeln
hierfür jegliche Erklärungsgründe aus dem hebräischen
Sprachgebiet, so ist uns das Räthsel sofort gelöst, wenn
wir das Aramiische vergleichen. Denn hier hat paul eben-
falls intransitive Bedeutung : den Jın mx im Hohen-
liede entspricht im Syrischen ') der Is pou] = = omnipotens.
Ebensowenig kann der aramäische Einfluls in einem Stamme
wie MDS verkannt werden. Gehen wir dem Gebrauch des
Verbi, dessen Nomen mynny sich wahrscheinlich zwar nicht
im Priestercodex selbst, aber doch in dem Codex Lev.
17—26 findet : C. 25, 23, 30, näher nach, so finden wir,
dafs dasselbe vor dem Ende des 7. Jahrhunderts nicht
auftaucht, dann aber sowohl in als nach dem Exil in der
Poesie in Geltung bleibt. Hiob und Klagelieder bieten es,
ferner die späten Psalmen : 69. 73. 88. 94. 101. 119. 143,
von früheren, aber wie leicht zu sehen ist, die Grenze der
zweiten Periode der Sprachgeschichte nach oben auch
nicht überschreitenden Psalmen : 54 und 18. Dagegen
haben wir gerade für seinen Begriff eine ganze Reihe von
echt hebräischen Ausdrücken, welche ebenfalls die Poesie
1) In Betreff weiterer Erscheinungen der Art im Syrischen cf.
Nöld. Syr. Gramm. Leipzig 1880. § 280. 8. 198.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jalırgang 1. 1881. 15
996 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
nicht verschmäht. Aufserordentlich heikel ist es, zu ent-
scheiden, ob das bekannte Kreuz der Etymologen Wy ‘pwy
ein echt hebräisches Wort sei, oder nicht. Der Elohist
bietet es 6 mal gegen einmaliges mılsy Mra Jos. 15, 51,
im Zusammenhange des Jehovisten dagegen finden wir nur
wy ne Gen. 32, 23. 37, 9 und dem entsprechend in den
älteren historischen Büchern 1 Reg. 6, 38. Im Deuteron.
und bei Ezechiel halten sich beide die Wagschale cf. Deut.
1, 2 f. Ez. 30, 20. 31, 1 gegen 26, 1. 40, 49, während bei
Jeremia 1, 3. 39, 2. 52, 5 'y ‘Mey überwiegt cf. 52, 1.
Der Redactor der Königsbücher sagt, wohl unter dem Ein-
flufs seiner älteren Quellen (cf. I 6, 38), lieber ‘y nr
U 9, 29. 23, 36. 24, 18 gegen II 25, 2. Die Chronik,
wiederum abhängig von den Königsbüchern, bietet doch
nur 2 mal ’y ane Il 36, 5, 11 gegen 5 maliges ‘y snwy
I 12, 13. 24, 12. 25, 18. 26, 14. 27, 14. Sacharjah endlich
hat nur ywwy 1, 7. Man sieht : der Elohist rangirt
hier ungefähr mit der Chronik : in dem Kampf, den das
unbestritten alte ‘y Ime mit ‘y ‘nwy von der Zeit des
Deuteron. ab, anfänglich mit unentschiedenem Erfolg,
führt, unterliegt es schliefslich fast ganz, und in diesem
Stadium finden wir die Sachlage beim Elohisten. Bei
einem Zahlwort ist dieses Resultat von besonderer Wich-
tigkeit ').
Auch yoy’ wird man für einen Aramaismus halten
müssen. Es findet sich aufserhexateuchisch nur Deut.,
Ezech. u. Ps. 105, über sein Vorkommen im Aram. cf.
Ges. Thes. bei pnw. Einmal bietet es sich im jehovistischen
!) Beachtenswerth erscheint bei den schwierigen Fragen, welche
dieses Wort zu beantworten giebt, eine mir von Prof. Wellhausen
mitgetheilte Vermuthung, dafs dasselbe von [dem assyrischen Zahlwort
für eins „istin“ cf. Menant Syllabaire Assyrien P. II 8. 880 abhänge.
Hätten die Israeliten dieses Wort von den Euphratsemiten angenommen,
dann wäre das späte Auftreten desselben in der hebräischen Literatur
mit einem Schlage erklärt. cf. auch Stade, hebr. Gramm. 8. 218.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 997
Zusammenhange Ex. 7, 28, bei Beschreibung der Frosch-
plage. Dals aber der Redactor den zweiten Theil des
Berichtes tiber die Plage aus dem Jehovisten wegliefs und
durch das entsprechende Stück aus dem Elohisten ersetzte,
sich also hier einen stärkeren Eingriff erlaubte, ist allge-
mein anerkannt. Unter diesen Umständen ist es geradezu
nothwendig, den Satz ‘Os We puw mit seinem gut elo-
histischen aber ganz unjehovistischen Ausdruck auf die
Rechnung des Redactors zu schreiben, besonders da der
Ausdruck : ich schlage dein Gebiet mit Fröschen, so dafs
wimmeln soll der Strom von Fröschen u. s. w. kein sehr
gelenker genannt werden kann.
Ohne Zweifel ist ferner 3% ein Aramaismus : seine
Häufigkeit im Chaldäischen und Syrischen ist bekannt, in
der vorexilischen Literatur tritt es niemals auf, so dals
auch Ryssel 8. 46 sich su der Bemerkung veranlafst
sieht : id nomen libri Elohistici proprium Ezechieli in
mentem venisse videtur. Da aber '"p gar kein specieller
Terminus ist, sondern eine ganz allgemeine Bezeichnung
für „Gabe“, „Darbringung“, so begreift man nicht, wie
Ezech. auf die Bildung dieses Ausdrucks gekommen sein
sollte. Er war vielmehr, nach der Art wie er ihn erwähnt
zu schließen, aus dem Aramäischen schon längst in der
Volkssprache eingebürgert.
Ebenso unzweifelhafte Aramaismen scheinen mir fx
und pe) zu sein. Was den Gebrauch von myx angeht,
so findet sich das Niph. und das Nomen dieses Stam-
mes vorzugsweise in exilischen und auch in nachexi-
lischen Stellen. Alle vorexilischen Schriften, die den
Stamm bieten Prov. 29, Hiob, Ps. 6, 31, 38, werden nur
vermuthungsweise in diese Zeit versetzt, können aber auch
wohl jünger sein, diesen stehen 14 exilische Stellen zur
Seite — endlich findet sich das Verbum auch bei Joel. Be-
kannt ist der häufige Gebrauch des Wortes im Aramäischen.
Da wir in der ganzen althebräischen Literatur keine Spur
15*
998 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
des Wortes auffinden, so ist hier die Annahme eines Ara-
Maismus sicher gestellt. Besonders wird dieselbe aber
durch die beiden anderen sinnverwandten Worte py und
px) unterstützt. Jenes isthäufig im Aramäischen vertreten,
sowohl im Chald. als Syr. und findet sich ebenfalls nur in
einer zur Noth vorexilischen Stelle : Ps. 12, sonst nur in
exilischen und nachexilischen Schriften : Ps. 79. 102. Jer.
51. Ezech. 3 mal, Mal. Ein Derivat davon mp Lev. 11,
Name eines Thieres, ist in derselben Eigenschaft im Ara-
mäischen vertreten, kommt dagegen, soweit ich sehen kann,
im Arabischen als solcher nicht vor. Ueber px) ziehe man
die Tabelle zu Rathe : auch hier dasselbe Ergebnifs cf.
auch pm), das sich im Hebräischen nur bei Hiob, dagegen
wieder im Aramäischen findet.
Von nnmivo und der hohen Wahrscheinlichkeit, dafs
auch der Stamm 2 aus dem Aram. in das Hebr. herüber-
genommen sei, ist bereits in den Anmerkungen zur Tabelle
ausführlicher die Rede gewesen. Sollte yD ein alter he-
bräischer Stamm sein, so ist er doch erst ziemlich spät,
und dann sehr wahrscheinlich durch das Aram. in die
Schriftsprache eingeführt worden — auch hier sind sichere
vorexilische Beispiele nur in einem Exemplar vorhanden :
Jer. 10, 9, da 2 Sam. 22, 43 das Wort ein Fehler ist, und
die Elihureden nur in resp. nach dem Exil entstanden sein
können.
Zum Schlufs stelle ich die Aramaismen, welche wir
Ryssel verdanken, kurz zusammen : 7nNI, AM, mim: “pa
ANT, MM, IOV) OOD O50 ODD) MD WD WH 979 ww,
AWD, May: May, Mee, muy Twp, 53p endlich noch Ir,
das ich bei ihm nicht gefunden habe, hinzufügend. Nimmt
man die 10 soeben besprochenen hinzu, so ergiebt sich
eine äußserst stattliche Zahl, dabei ist auf andere, weniger
sichere, wie 53% 11%» 930 (in freundlicher Gesinnung treffen),
pr PpD PM, AI 72% die alle auch von der aramäischen
Sprache geboten werden, gern Verzicht zu leisten.
230 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. -
Geschichtsschreibung bietet den Ausdruck nie. Ebenso-
wenig wendet sie das bombastische "y52y „ausgenommen®
an, vielmehr sprechen hier wieder 4 Stellen aus Deutero-
jesaia und der 18. Psalm für poetischen Charakter. Die
zwei noch übrigen Stellen, an denen es sich findet : Jes.
36, 10 und Jer. 44, 19, sind wiederum der schwungvollen,
auf hohem Kothurn daherschreitenden späteren Geschichts-
darstellung eigen. Jes. 36, 10 ist ganz nach dem Muster
der Rede des Assyrers. beim wirklichen Jesaia gebildet
cf. Jes. 10, 8—11. Was die andere Stelle anlangt, so kann
auch sie ihren poetischen Charakter nicht verleugnen :
Eigentlich reden die männlichen und weiblichen Exulanten
v. 15, aber der Darsteller wird von seinem Feuer so hin-
gerissen, dafs er die Weiber plötzlich derartig redend ein-
führt, als wären ihre Männer gar nicht mitanwesend. Man
vergleiche aufserdem das Ende des 17. Verses, den Paral-
lelismus der Glieder, die Paronomasie am Schlufs, die ge
naue Uebereinstimmung der Antwort Jeremia’s v. 21, die
ganz in dem vom Deuteron. abhängigen Stil der damaligen
Zeit gehalten ist, mit dem was v. 17 gesagt war u. s. v.
Stellen wir ein anderes, allerdings nicht bei Deuterojesais
vorkommendes Wort neben “yan, so wird dasselbe er
hellen. Num. 6, 9 lesen wir Oxnd yno2, Num. 36, 2
ymo> — das erste findet sich nur noch in hochpoetischen
Stücken : Jes. 29, 5. 30, 13; dieses tritt nur noch be
Hab. 2, 7 und in dem gewählten Stil der Prov. 6, 15 und
29, 1 hervor. Man betrachte die Stellen und den ganzen
Charakter der Ausdrücke, besonders des ersten genau und
noch in Stücken des Deuteronomisten : so C. 84, 9 cf. Wellhausen,
Jahrbb. XXI., 8. 555, so 82, 9 cf. Wellh. 8. 561, wie auch Dilla.
su 88, 8, 5 diese Worte als Zusätze des Bearbeiters beseichnet. Sie
finden sich nur noch Deut. 9, 6, 18. cf. 81, 27. 9, 26 und in eine
Reihe späterer vom Deuteron. abhängiger Stücke. Also auch hier ym
in der blühenden Prosa des Exils.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 231
frage sich — würde man diesen Ausdruck in den alten
einfachen Erzählungen sich denken können? Ja würde
man überhaupt auf den Gedanken kommen, er könne in
der Prosa gebraucht sein, wenn er nicht in den beiden
Stellen aus Num. vorkime? Wenn er sich hier findet, so
kann dies nur wie bei "y5an daher rühren, dafs ihn der
Elohist der künstlichen, predigenden Geschichtsdarstellung
entlehnte, wie wir sie nach dem Deuteron. im Exil öfters
treffen. — Eine ganz verwandte Erscheinung: ist ap
Gen. 23, 6. Nie bietet uns die alte Prosa dies Wort, wohl
aber liefern es ältere poetische Stücke, aus denen es dann
wie die vorigen von den paränetischen Geschichtsschreibern
des Exils entlehnt werden mochte. So finden wir es Ex.
15, 4 und in den echt jesaianischen Weissagungen 22, 7.
37, 24 !), einmal bei Jeremia 22,7 und 4 mal bei Ezechiel.
Auch nach dem Exil findet es sich, sogar im Plural :
Dan. 11, 15. — Unverkennbar ist weiter der poetische
Charakter des schon in alten Liedern gebrauchten Gottes-
namens : vaY 5x. Wo er beim Jehovisten vorkommt, ist
er rein poetisch : Gen. 49, 25. Num. 24, 4, 16, hierzu stimmt
sein häufiger Gebrauch im Buch Hiob. Besonders scheint
dies Buch dazu beigetragen zu haben, das Wort bei der
höheren exilischen Schriftstellerei in Aufnahme zu bringen :
die prophetische Sprache dieser Zeit wendet es an: Ezech.
2 mal, Jes. 13, 7. Joel, nicht minder aber die prosaische :
Rut 2 mal, der Elohist 5 mal und der Redactor des Hexa-
teuch Gen. 43, 14 im jehovistischen Zusammenhang.
Offenbar wäre es ein Verstols gegen alle gesunde Kritik,
1) Nachdenklich macht an dieser Stelle der Umstand, dafs die
Parallele in 2 Reg. 18—20, deren Text fast durchgängig, sonderlich
aber auch für die Weissagung 87, 22—82 der bessere ist, hier nicht
“PIQD sondern 4ipiny bietet. Da durch Jer., Esech. und Daniel
WIRD für die spätere Zeit gesichert ist, so legt es sich nahe, dafs wie
Jos. 87, 24 auch 22, 7 “fib das ursprüngliche war.
232 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
anzunehmen, der Ausdruck, der in der ganzen vorexilisches |
Prosa niemals vorkommt, sei an dieser Stelle im Jehovisten
ursprünglich — auch Dillm. weist ihn dem Bearbeiter sa.
Ist es nach den vorerwähnten zehn einigermalsen
schlagenden Beispielen noch nothwendig, ausführlich auch |
den poetischen Charakter folgender elohistischer Ausdrücke
darzuthun? 23 nur noch bei Jeremia und Jes. 34, 11;
wn Jes. Jer. Hiob, Deut. Deuterojes. (4 mal), Pseudojes.
(2 mal), Ps. 107 und in der exilischen Prosa I Sam. 1
(2 mal); "87 nur noch bei Hiob (4 mal) und Jes. 14;
mn im Lied Mosis und bei Jerem.; mp5p nur noch in
Deuterojes.; O70 Hiob, Thren., Ps. 55 und 119, Ezech.;
837 und Un Hiob, Ps. 33 und 141; pny Pe. 18, Hiob,
Deuterojes., cf. auch das Derivat D’priY, das nur an poet-
schen Stellen erscheint; 1 in 4 Psalmen, Deut., Jer,
Thren., Ezech., Jes. 14 und in ganz später Prosa an 5
Stellen. Bei nny, das oben als Aramaismus besprocha
wurde, trifft mit dieser Eigenschaft auch die eines poeti-
schen Wortes zusammen : Hiob, Threni und 10 Psalmen.
Auch Mx und px), besonders in den Nominibus, scheine
unter dieselbe Kategorie zu gehören ').
Nicht gerade dem poetischen Sprachgebrauch, aber
ebenfalls sicher einer von der alten Prosa durch eine breite
Kluft geschiedenen Literaturperiode gehört ferner das Ver-
bum m auskundschaften an. Die alte Bezeichnung für
seinen Begriff ist 531 : aufser dem jehovistischen Zusammen-
hang, der dies Verbum 14 mal bietet, kommt es nur in
unbestritten alten Stücken des Richterbuchs 18, 2, 14, 11,
der Samuelisbücher I 25, 4. II 10, 3. 15, 10. 19, 28, aufser-
dem Deut. 1, 24, das den Jehovisten citirt, und in der
Chronik 1 19, 3 der Parallelstelle zu II Sam. 10, 3 vor.
Also vom 7. Jahrhundert ab verschwindet es völlig und
!) Aa. wie “21, 3) verfluchen etc. sind an zu wenigen und nı
wonig significanten Stellen vertreten.
234 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
Ebensowenig läfst sich das yymy Ri. 1, 23 halten. Schon
an sich wäre der Ausdruck : und es kundschaftete das
Haus Joseph gegen Beth-El, oder es liefsen d. J. auskund-
schaften gegen B.-E., mindestens ungeschickt, sodann aber
sind nachher gar keine Kundschafter sondern Wächter er-
wähnt, die einen Mann ausB.-E., der sich durchschleichen
“will, auffangen, weiter setzt der vorangehende Vers, nach
welchem die J. bereits nach B.-E. hinaufgezogen sind,
bereits die Ankunft des Heeres vor B.-E. voraus. Endlich
aber, was das wichtigste ist, hat die LXX (Al. : xaz xag-
evaBadovy xat xareoxepavro eis BatOyd; Vat. : xat rap
evaBadov olxog Iogand xata BatOnd) statt des YTYM ein
vun gelesen. Dieses Verbum palst allein zu dem folgen-
den 3, denn es wird ganz gewöhnlich mit einer Präposition,
welche die feindselige Richtung gegen die belagerte Stadt
angiebt, verbunden cf. I Sam. 16, 17. U 11, 1. 16, 5
Jes. 39, 1. Es ist daher ohne Zweifel das 11M durch die
undeutliche Aussprache eines Dictirenden in den Context
gekommen und aus 13" verderbt. Wenden wir uns endlich
Num. 10, 33 zu, wo "m wie es scheint in einem jeho-
beigestanden haben, absetsend, Satrapen an ihre Stellen bringend und
dann ya) maeinb v. 26 schon wieder mit einem Heere sich Ahab
gegenüber stellend! Ob die Nachricht des 24. Verses auf einem wirk-
lichen Milsverständnifs des Redactors beruht, läfst sich jetzt nicht mehr
entscheiden, soviel dürfte jedoch aus obiger Betrachtung hervorgehen,
dafs der Vers einem stärkeren Eingriff des Redactors in seine Quellen
seinen Ursprung verdankt und demnach keine Bürgschaft dafür bieten
kann, dafs der Titel "MH wirklich in den alten Quellen vorkam. Hier
nach dürften die apodictischen Worte Schrader’s KAT 89 über
das Vorkommen des Worts in den ältesten Urkunden etwas zu modi-
ficiren sein. Selbst wenn übrigens Schrader an dieser Stelle den
Beweis für semitischen Ursprung des Wortes geliefert hätte, mülste das
selbe doch als ein assyrisches Fremdwort in der hebr. Literatur angesehen
werden. Und dies sollte bereits „in so alten Urkunden“ wie 1 Reg. 20
den Aramäern als Bezeichnung ihrer eigenen Baträpchen in den Mund
gelegt sein? An der Richtigkeit der Aufstellungen Schrader’s swei-
felt auch Delitzsch. Comm. s. Jes. 3. Aufl. 8. 878.
Giesebrecht, zur Hexateuchkritik 235
-vitischen Stück vorkommt. Bereits Wellhausen hat
Jabrbb. für d. Th. XXI S. 568 darauf aufmerksam ge-
macht, wie wenig die hier gegebene Aussage, dals die
lade des Bundes dem Heere drei Tagereisen weit voran-
=- gesogen sei, in den ganzen Context passe. Trotzdem
"oo mM FW
scheint dieses Stück bereits dem Jehovisten angehört zu
haben, denn Deut. 1, 33 weist mit seinem Dip» on) nnd
Bekanntschaft mit unserem Stücke auf. — Und doch ist
uns gerade durch das Deuteron. möglich, dem ursprüng-
ichen Inhalt der Numeristelle auf die Spur zu kommen.
Denn, betrachten wir die Worte des Deut. näher, so zeigt
sch, dafs dasselbe 1) von der Lade des Bundes gar nichts
weils, sondern vielmehr behauptet, Jahveh selbst sei in
der Feuer- und Rauchsäule den Israeliten vorangezogen,
| um ihnen am Tage den Ort für das Lager auszukund-
schaften und des Nachts ihnen zu leuchten. 2) Dals es
dabei keineswegs an ein Voranziehen Jahveh’s in der Weise
gedacht haben kann, dafs eine Strecke von 3 Tagereisen
zwischen ihm und dem Volke lag, denn dann würde der
Zweck, den er nach dem Deut. mit jenem Anführen des
‘Volks verfolgte, gar nicht erreicht worden sein. Dagegen
ast es wohl verständlich, wie ein Diaskeuast jene Stelle des
Deuteron., die von dem Auskundschaften der Lagerstätte
durch den den Zug des Heeres leitenden Jahveh handelte,
znit den Worten Mosis Num. 10, 36 'x maar” mag
so combiniren zu müssen meinte, dafs er annahm, die
Bundeslade sei dem Heere immer eine grölsere Strecke
worausgegangen, des Abends aber jedesmal zum Lager
surückgeschwebt, — von ihm stammt hiernach der 33. Vers
des Capitels. Wer aus allen diesen Differenzen und Diffe-
renschen besser herauszukommen versteht, dem werden
wir für jede Belehrung dankbar sein.
Ein weiteres, den Elohisten gegenüber dem Jehovisten
und der ganzen älteren Geschichtsschreibung auszeichnendes
Wort ist im in der Bedeutung erzeugen. Aber nicht
236 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
allein in dieser speciellen Bedeutung, sondern überhaupt
ist das Hiphil von 75° erst in der späteren Literatur nach-
zuweisen. Das Deut. und Jer. bieten es je zweimal, Hiob
und die Rede Jesaias II Reg. 20, 18, welche selbstver-
ständlich als eine freie Composition des Redactors der
Königsbücher angesehen werden mufs, da sie von dem
sonstigen Charakter der jesaianischen Reden nicht gerade
vortheilhaft absticht, und das Buch Hiob je einmal. Von
da an erscheint die Form häufiger in den exilischen und
nachexilischen Schriften, während 7%, vom Vater gesagt
in jener Zeit allmählich verschwindet. In den älteren
Büchern finden wir demnach im nur Ri. 11, 1. Wem
diese auffallende Thatsache schon unser Nachdenken her
ausfordert, so noclı mehr der Zusammenhang, in dem sie
uns entgegentritt. Es handelt sich um die Herkunft de
Jeftah, dieselbe wird folgendermafsen berichtet : und
Jeft. war der Sohn einer Hure und es erzeugte Gilad dea
Jeft. Es sieht beinahe so aus, als sei die zweite dieser
ganz unvermittelt nebeneinandergestellten Aussagen dasa
bestimmt, die erste zu corrigiren, die unehrliche Abkunft
des Helden zu einer ehrlichen zu stempeln — indels das
folgende belehrt uns, dafs dies nicht die Absicht des Ex
zählers gewesen sein kann. Nun könnte man sich dabei
beruhigen, dafs die Darstellungsweise etwas uneben se,
aber ein Blick auf die LXX zeigt, dafs wir hiermit dem
Erzähler Unrecht thun würden. Der Vatican. giebt 9
&yy&vunoe tH [alaad tov I, der Alex. xal Erexe OT.
tov I. Hiermit ist jedenfalls das 5 vor 95) gesichert,
durch welches das Verhältnils zwischen den beiden Eltern
des Helden hergestellt wird, das nach dem mas. Text ganz
in der Luft schwebt. Es scheint nach dem Vat. gelesen
werden zu müssen 1y)% nr, sprang ein Schreiber vom
ersten auf das zweite 5 über, so lag die Ergänzung des
53 Sy zu 53 7579) nahe genug. Endlich bleibt noch Gen.
40, 20 zu betrachten, wo uns das Hophal von "4 einzig
238 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
muelis bieten den Terminus nie : eine Thatsache, welche
offenbar die Annahme einer elohistisch gefärbten Inter-
polation an der eben angeführten Stelle wesentlich unter-
stützt. — Diejenigen Partieen der jehovistischen Geschichts-
erzählung, welche x’) anwenden, nämlich Gen. 34 und
Ex. 34, 31 enthalten aufser ihm noch eine solche Fülle
von elohistischen Worten, dafs in Betreff der Exodusstelle
schon Wellh. !) auf eine Mitwirkung des Elohisten ge
schlossen, Dillm. aber dieselbe vollständig diesem Schrift-
steller zugewiesen hat. Dafs Gen. 34 von der Hand des
R. oder eines Diaskeuasten in seinen jetzigen Zustand
gebracht ist, stand mir bereits fest ®), ehe Kuenen mit
seiner ausführlichen und gediegenen Begründung dieser
Annahme hervortrat *).
Die einzige Stelle, an welcher wir x) vor der Mitte
des 7. Jahrhunderts sicher nachweisen können, ist dem
jehovistischen Gesetzbuch angehörig, Ex. 22, 27 onde
INN 8 1Dy2 wn Yon x5. Wenn man hier vor jeder
Bearbeitung und Bereicherung des Gesetzes durch die
späteren Redactoren sicher wäre, so würde dies demnach
als die erste Spur von dem Vorkommen des Wortes in
der hebräischen Literatur betrachtet werden können, mög-
lich aber auch, dafs da dieser Würdename in der älteren
Zeit nicht gebräuchlich war, das Wort hier noch in seiner
appellativen Bedeutung „der hervorragende , der hoch-
stehende* angewendet worden ist.
Eine noch viel auffallendere Erscheinung bietet sich
uns in dem Gebrauch der beiden Bezeichnungen für
Stamm im Sinne des griechischen gvAn : DIY und AMY
Jenes ist der gewöhnliche vorexilische und, was wohl zu
1) cf. Jahrbb. XXI. 8. 566.
*) cf. Dillmann Exod. u. Levit. Leipzig 1880. 8. 858.
*) cf. Theol. Literaturzeitung 1880. Nr. 8. 8. 179.
*) of. Theol. Tijdschrift 1880. 8. 257.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 239
| beachten, auch exilische Ausdruck — selbst Ezechiel, der
&
4
doch den Elohisten nachgeahmt haben soll, bietet ihn
: stehend und ‘nie 90, das doch bei diesem Schriftsteller
: wnendlich häufig erscheiut. Erst nach der Publication des
elohistischen Gesetzes finden wir dagegen "Hp in häufiger
Anwendung beim Chroniker. In dieser späteren Zeit ist
es denn auch, wie die LXX ausweist, an einigen Stellen
in die ältere Literatur eingetragen worden. In Bezug auf
1 Reg. 8, 1 braucht dies nicht noch besonders nachge-
wiesen zu werden, aber auch Jos. 7, 18 kann diese An-
nahme keinem Zweifel unterliegen. Vorher ist immer, dem
jehovistischen Sprachgebrauch dieser Partie entsprechend,
vow für Stamm geschrieben, nun taucht plötzlich Oo auf,
und wie nach Verabredung fehlt dies Wort in der alexan-
drinischen Uebersetzung. Ueberhaupt lehrt die Verglei-
chung derselben, dafs wir die ganze ermtidende genea-
logische Auslassung, welche der hebräische Text an dieser
Stelle bietet, im wesentlichen einer im elohistisch-specifi-
eirenden Sinne die alten Angaben tiberarbeitenden Hand
zu danken haben. — Die beiden noch übrigen Stellen der
älteren Literatur, an denen wir Mp finden, brauchen nur
erwähnt zu werden, um Jedem der sich einmal mit ihnen
beschäftigt hat, die Erinnerung an eine gelinde Verzweiflung
zu erwecken, die sich seiner bei der Auslegung bemäch-
tigte, es sind 1 Reg. 7, 14 und Mich. 6, 9.
Was die erste anlangt, so bietet ja ihr Wortsinn keine
besondere Schwierigkeit, sie beginnt vielmehr erst eine
crux zu werden, wenn man ihre Angaben mit denen der
Chronik über Hiram vergleicht 2 Chron. 2,13. Die Discre-
panz zwischen beiden Stellen ist in der That bedeutender,
als es die Harmonisirungsversuche der meisten Ausleger
erscheinen lassen. Dieselben divergiren : 1) in Betreff des
Namens jenes Künstlers, den die Königsbücher Hiram, die
Chronik Huram Abi nennen. 2) In Betreff seiner Her-
kunft, indem die Chronik jeden Gedanken an seine israeli-
240 Giesebrecht , sur Hexateuchkritik.
tische Abstammung von Seiten des Vaters ausschliefst :
seine Mutter eine Israelitin, sein Vater ein Phönisier, die :
Königsbücher dagegen es als eine Möglichkeit erscheinen
lassen, ihn als echten Israeliten zu denken : seine Mutter
eine Wittwe vom Stamm Naphtali, sein Vater ein Phö-
nizier. 3) Welchem Stamm er resp. seine Mutter ange-
hörte, wird ebenfalls verschieden angegeben, nach den Kö-
nigsbüchern gehörte er dem Stamm Naphtali, nach der
Chronik dagegen dem Stamm Dan durch seine Mutter an.
Wie soll man sich diese Differenzen erklären? Wer jene
Stelle der Chronik im Zusammenhang durchliest, wird nicht
daran zweifeln können, dafs dem Chroniker für diese
Partie seiner Geschichte keine besonderen Quellen vor-
lagen, sondern dafs er sich hier wie gewöhnlich auf dem
Fahrwasser seiner eigenen phantasievollen Geschichtsdar-
stellung mit Anlehnung an die Königsbücher befindet. Das
Bekenntnifs des Huram zu Jahveh, der Himmel und Erde
gemacht hat, die übermäfsige Verherrlichung der Kunst-
fertigkeit des Huram Abi zeugen genugsam hierfür. Auch
mufs es als höchst unwahrscheinlich bezeichnet werden,
dafs es über den Tempelbau bessere und reichere Quellen
gab, als die uns in den Königsbüchern aufbewahrten —
für kaum einen anderen Theil der Geschichte seit dem
Tode Davids ist uns in ihnen so reicher historischer Stoff
gegeben. Ueber den Werth der in den beiden Schriften
uns gelieferten verschiedenen Nachrichten kann nur nach
derinneren Wahrscheinlichkeit derselben geurtheilt werden.
Und diese Wahrscheinlichkeit scheint mir nun in Bezug
auf eine der angeführten Discrepanzen für die grölsere
Treue der Chronik zu entscheiden : in Betreff des Namens
des Künstlers. Dafs nämlich die späteren Juden den Namen
a8 Onyı nicht mehr verstanden, zeigt die Vergleichung
der alexandrinischen Uebersetzung zu 2 Chron. 2, 13. Sie
übersetzt denselben yıpau toy xatega pov (Vat.) yecoau
tov naıda uov (Alex.). Man sieht : es lag für die späteren,
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 241
wien es nun Abschreiber oder Diaskeuasten, nichts näher,
is das ">" Of, wenn es in den Königsbüchern ursprüng-
ich stand, in OW! zu ändern, das ‘3K beseitigte man, weil
nan es nicht verstand. Dagegen läfst sich nicht denken,
rie die Chronik auf jene Aenderung des OW, wenn es in
en Königsbüchern sich vorfand, verfallen sein sollte. Von
jer aus fällt dann auch ein Licht auf die anderen Ver-
chiedenheiten. Steht es einmal fest, dafs mannigfache
\enderungen im Text der Königsbücher vorgenommen
rurden, so konnte aus der Abneigung heraus, einen Halb-
)hönizier als Erbauer des salomonischen Tempels denken
a müssen, auch jenes 05x neben MWe in den Königs-
jüchern eingeschoben werden, und demselben Bestreben
rerdankt dann wohl auch das 'D) NMDYD NW seine Ent-
tehung. Die Freude der Späteren am Einregistriren des
Einzelnen, besonders am Eingliedern der Einzelnen in die
Stämme Israels ist uns bereits zu Jos. 7, 18 entgegen-
getreten, was lag näher als das j7 nU2D durch 'D) moon
su erweitern, da Dan im Gebiet von Naphtali lag, und
man das Gebiet des Stammes Dan vielmehr in der nach
Jos. 19, 40-46 demselben angewiesenen Gegend suchte?
Dafs aber endlich, bei dem Bestreben das ‘0) moon durch
x auf Hiram selbst zu beziehen, das 77 Muay nicht stehen
bleiben konnte, leuchtet ein. — Bei der grofsen Schwierig-
keit dieser Stelle sind auch andere Erklärungen der vor-
handenen Abweichungen denkbar : soviel aber scheint mir
aus dem Charakter des Textes der Königsbücher hervor-
zugehen, dafs diese Stelle nicht mit Sicherheit für das
wirkliche Vorkommen des Wortes 99 in der älteren Lite-
ratur geltend gemacht werden kann. Nicht anders steht
es mit der vorhin schon angeführten Stelle aus dem Pro-
pheten Micha. Der Anfang des Verses ist jedenfalls stark
corrumpirt, die LXX haben gelesen oder gerathen : yum
ww xy; nicht minder bedenklich ist aber auch das Fol-
gende : höret Stamm 73" wı, gewöhnlich übersetzt mit
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 16
249 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
Beziehung des Suffixes an 73" auf "OM „und derjenige
welcher ihn (zur Versammlung) einberufen.* #99 wäre hier
ganz gegen seinen sonstigen Gebrauch als Femin. ange-
wendet, das w da, wo es eine ganz bestimmte Persönlich-
keit bezeichnete, nämlich den König, für “We gesetzt,
während doch die Form des Satzes für Jeden die Ueber
setzung als Interrogativ am nächsten legt, cf. LXX xa
tig xoounosı xo. Endlich wäre mon als Bezeichnung
für Stammesversammlung ohne weiteres angewendet. Die.
Uebersetzung Hitzig’s kann, so wenig sie befriedigt
neben der eben angeführten Auslegung noch recht woll |
bestehen. Ich wage keine Correctur des Textes, die LXX
giebt keinen vollen Aufschlufs über seine. ursprünglich |
Gestalt, und bei einer poetischen Stelle ist, sonderlich m
Hebräischen, der Gedankenfortschritt allzu unberechenbar.—
Man sieht : es bleibt, wenn der Elohist uralt ist, bei diesem
Worte keine andere Möglichkeit, als die Annahme, dafs es
in alter Zeit gebräuchlich war, dann Jahrhunderte lang
schlief, bis es durch den Priestercodex ans Tageslicht her-
vortrat; hierbei bliebe aufserdem noch zu erklären, warum
Priester, die nach der traditionellen Annahme den Priester-
codex kannten, wie der Deuteronomiker und Esechid,
dieses Wort nie benutzt hätten. — Wie viel natürlicher
ist auch hier wieder die Annahme, der Ausdruck "wp sei
erst im Exil in der übertragenen Bedeutung „Geschlecht!
Volksstamm angewendet! Seit der Zerstörung des nörd-
lichen Reiches war sicher Sache und Bezeichnung des
Stammes dem gewöhnlichen Bewulstsein und Leben immer
mehr abhanden gekommen. Der „Stamm“ Juda existirte
weder in der Vorstellung, noch in dem Munde des Volks,
sondern nur das Reich Juda, nur einzelne Prediger und
Poeten sprachen noch von den 3x1 >, so dals selbet
diese, früher praktische Bezeichnung einen archaistischen,
künstlichen Charakter erhielt. In dieser Zeit war, so will
mir bedünken, das Aufkommen eines Ausdrucks wie Mt
un eee
TE ia
m m .. engen a ee
Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 243
neben Ov möglich, natürlich in rein gelehrter, resp. theo-
logischer Anwendung.
Geht man von Mp und x) zu nbwinn über, so fällt
auch bei diesem Nomen die Thatsache ins Auge, dals seine
Anwendung in der späteren Literatur sehr viel häufiger
ist, als in der älteren Zeit. Nach der Mitte des 7. Jahr-
hunderts, also durchaus in der silbernen Zeit der Sprach-
geschichte erscheint es 12 mal, von Jeremias bis Daniel.
Dafs wir zu den Producten dieser Zeit auch 2 Kön. 20, 13
mit seiner Jesaiasparallele rechnen, bedarf wohl kaum der
Erwähnung, auch dafs 1 Kin. 9, 19 in eine späte Zeit ge-
hört, wird theils durch den Charakter jener Nachrichten,
theils durch ihr Fehlen in der LXX nahe gelegt. So
bleiben aus der älteren Literatur noch Jes. 22, 21 und
Mich. 4, 8 — also 2 Stellen gegen 12 z. Th. der spätesten
Literatur angehörig! Es ist immer dasselbe Lied bei den
elohistischen Vocabeln ’).
Ein weiteres Lieblingswort des Elohisten my fehlt
ebenso auffällig bei Ezechiel wie "Hp, während es die
f) Aber auch diese beiden Prophetenstellen scheinen mir nicht
sicher. Palst Jes. 22, 21 neben MIN, MINI: AMOY die mby/nn?
Besagt sie nicht eigentlich su viel als Bezeichnung der Amtsgewalt
des Sebnah? Auch Delitzsch bemerkt z. d. Stelle : ,an’pwypy sieht
man, wie nahe beigeordnet dem König das Amt ist, das Sebnah ver-
liert“, und die LXX übersetzt das Wort sehr zart aber eigentlich un-
richtig durch olxovouıa. Neben den oben angeführten Symbolen der
Herrschaft vermifst man offenbar den Stab, der denn auch gerade zur
Hand pa(st. Es scheint sich daher zu empfehlen, das ‘wp als eine
Corruption aus “nyodo anzusehen cf. Num. 21, 18. Dafs Mich. 4,9 f.
im Widerspruch zu v. 11 ff. stehen, darauf hat Wellhausen, Bleok
4. Aufl. 8. 426 Anm. bereits aufmerksam gemacht. Ebensowenig aber
kann, wenn diese Verse entfernt werden, v. 8 stehen bleiben. Er ist
nur zu begreifen als Versuch aus dem vorigen zu v. 9 f. überzuleiten,
zwischen v. 7 und v. 11 steht er ganz verloren. Sollte die LXX
mit ihrem 5499 für M55py Recht behalten, so würde hierdurch
diese Behauptung wesentlich gestützt. Man achte aber auch auf die
entsetslich hinkende und tautologische Ausdrucksweise dieses Verses.
16*
944 | Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
silberne Literaturperiode in einer grofsen Zahl von
darbietet : Ps. 1. 7. 22. 68. 74. 82. 86. 106. 111. Jer
Prov. In 1 Reg. 8, 5 fehlt es selbstverständlich
bei der LXX, sie bieten den älteren Terminus xac
Dies erweckt kein grofses Vertrauen dazu, dals da
an der einzigen Stelle aus den Samuelis- und Königsb
an der es sich sonst noch findet 1 Reg. 12, 20, au
nung der alten Quellen geschrieben werden kann.
der That zeigt der Bericht, den dies Capitel von der Tı
zwischen Juda und Israel liefert, ein so eigentht
Gesicht, macht einen so verworrenen Eindruck und
hier und da durch Zuthaten des Redactors bereichert ı
dafs man offenbar gar keine Garantie dafür hat, d
an dieser Stelle der alten Quellenerzählung angehi
ganz ähnlicher Weise taucht my auch im Rich
sofort da auf : Cap. 20 und 21, wo ein gröfserer .
des Redactors wegen des Inhalts und des sonstig
cabelschatzes der Partie statuirt werden muls. (c
das gut aramäische rorı rauben Ri. 21, 21, im ganz
nur noch in dem späten Ps. 10, 9 vorkommend.)
einzigemal, wo wir my sonst noch in der alte
finden, nämlich Ri. 14, 8, steht es nicht, wie ms
dem Elohisten annehmen sollte, von der israel
Volksversammlung, sondern von Thieren : es be
einen Bienenschwarm. Aufserdem kommt der Termi
mal in der älteren prophetischen Literatur vor : H«
„ich züchtige sie omy pnw“, die erste nicht v
Verdacht einer späteren Abfassung gedrückte St
welcher dieses Wort auf menschliche Versammlun
gewendet wird !). — Schliefslich sei noch bemerl
') Damit will ich jedoch nicht behaupten, dafs ich mich
bisher gegebenen und in der That nach dem Wortlaut d
einsig möglichen Auslegungen befriedigt fihle. Nach dem
lichen Sprachgebrauch von yoy und pi, nach der An
246 Giesebrocht, sur Hexateuchkritik
nellen Zusätzen zu den ursprünglichen Quellennachrichten
angehörig, welche selbst nirgends anders als im Exil ge
schrieben sein wollen (cf. 5, 4 Salomo herrschte über
Alles jenseits des Stromes), in Widerspruch zu anderen
Nachrichten der Königsbücher stehen und in der LXX
fehlen. — Auch bei diesem Worte bleibt also schließslich
eine Stelle aus älterer Zeit, welche gegen so viele Zeugen
eines späteren Vorkommens des Wortes auftritt, nämlich
Nu. 24, 19"), eine Stelle, die nach allgemeiner Annahme
corrumpirt ist. Zieht man das » von Spy’ zu “Mm hin-
über, so können die Consonanten offenbar ebensowohl
DTM als OFM gelesen werden. Ich ziehe das erste vor,
weil das 77% sonst nicht sicher in der älteren Literatur zu
belegen ist. Eine Sicherheit, das wird Jeder zugeben
müssen, gewährt also auch diese Stelle nicht für sein frühes
Vorhandensein. |
Aber auch mx ist ein spätes Wort. Nächst dem
Elohisten bietet es am häufigsten Ezechiel, dann Chronik,
Nehem., Ps. 2, den man schwerlich für alt halten kann *).
Der Eigenname pyr, von der LXX OyoLar ausgesprochen,
welcher sich Gen. 26, 26 im jehovistischen Zusammenhang
findet, wird seine jetzige Punktation erst durch Myr er-
halten haben, seine Nichtberücksichtigung an dieser Stelle
dürfte schwerlich auf Widerspruch stofsen. Was andere
Stellen im Jehovisten anlangt, an denen "m sich findet,
so ist in Bezug auf Jos. 22, 19 überzeugend nachgewiesen,
dafs wir es hier mit einem nachelohistischen Stück zu
thun haben. Num. 32, 5 dagegen ist von Kuenen nicht
in seine Betrachtung, welche v. 6—15 als späteren Einschub
beseitigt, hineingezogen worden, während er doch jeho-
1) Ri. 5, 18 braucht wohl kaum erwähnt zu werden.
*) Es war mir nicht möglich, mein Urtheil über die Abfassungs-
zeit der Psalmen in extenso zu beweisen, doch hoffe ich, dafs ich dazu
bald Gelegenheit finden werde.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 247
vistisches und elohistisches Sprachgut nebeneinander zeigt
und auch sonst ganz der Anschauung von der Sachlage
entspricht, welche man nach Kuenen bei dem Diaskeu-
asten voraussetzen muls.
Ob xD schaffen aus dem Aramäischen in das He-
bräische herübergenommen ist, oder ob sein Weg umge-
kehrt vom Hebräischen in das Aramäische gegangen ist,
wie Ryssel S. 73 annimmt, darüber läfst sich bis zum
jüngsten Tage disputiren. Aber was sich mit Bestimmtheit
ausmachen läfst, und worüber, wie wir hoffen, auch noch
einmal Einigkeit hergestellt werden wird, ist die That-
sache, dafs N13 in der angegebenen Bedeutung nicht beim
Jehovisten vorkommt, sondern nur in der sinnlichen, also
jedenfalls ursprünglicheren Bedeutung „fällen, schneiden,
ausroden* als Piel x19 Jos. 17, 15, 18. cf. Ezech. 21, 24.
23, 47. Daß nämlich der Ausdruck eed Wwe Gen. 6, 7
auf Gen. 1 und 5 zurückweist, kann keinem Zweifel unter-
liegen, auch Dillm. spricht davon, dafs „die Ausdrucks-
weise von A hier etwas durchklingt“, folglich gehört die
Stelle dem Redactor an, der die beiden Quellen zusammen-
fügte. Auch Ex. 34, 10 spricht der Redactor, und nicht
nur Wellh. sondern ebensogut Dillm. hat den Vers in
dieser Weise beurtheilt. So bemerken wir, da x3 in der
sonstigen Geschichtsschreibung vor dem Exil niemals er-
scheint, auch hier die schon oft constatirte Discrepanz
zwischen dem Elohisten und den alten Prosaikern. Da-
gegen erscheint das Wort seit dem Deuteron. (bei diesem
und Jerem., also im ganzen 7. Jahrhundert, nur 2 mal) in
der poetischen und prophetischen Literatur 32 mal. Diesen
32 Stellen der silbernen Literaturperiode stehen nun aus
den Propheten des 8. Jahrhunderts nur 2 Stellen gegen-
über. Also auch hier weist wieder die überwiegend grolse
Wabrscheinlichkeit den Elohisten mit seinen 12 Stellen
der späteren Literatur zu. Aufserdem ist leicht zu sehen,
dafs die beiden x13 des 8. Jahrhunderts Jes. 4, 5. Amos
248 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
4, 13, dieses einer Interpolation angehört, jenes in einer
stark corrumpirten Stelle vorkommt.
Dafs Ryssel, dersich sonst der Annahme von Inter
polationen oder späteren Aenderungen gegenüber so tugend-
haft stellt, da wo ihn eine solche Annahme mit seinen
Theorien über die Entstehungszeit elohistischer Stücke
nicht in Widerstreit setzt, dieselbe gern acceptirt, zeigen
z. B. seine Bemerkungen über das späte Vorkommen von
ney? S. 73 : die Stelle 2 Sam. 16, 13, zu welcher Well-
hausen im Text der Bb. Sam. S. 199 nachgewiesen hatte,
dafs noyb hier auf Corruption beruhen müsse, wird hier
gar nicht erwähnt, dagegen ist von seinem späten Auf-
tauchen die Rede. In der That ist auch dies Wort spit :
vor dem Exil kommt es nie vor, zuerst bei Ezechiel, dann
Chron., Neh., Kohel. und in einer Interpolation der Königs-
bücher I 7, 20.
Würdig reiht sich diesen späthebräischen Worten 572
an, auch hier hat Ryss. gegen spätes Zeitalter nichts ein-
zuwenden und läfst wie noyb den Vers Jos. 16, 9, einen
redactionellen, den Zusammenhung zwischen 16, 8 und
17, 1 unterbrechenden Zusatz zum Elohisten, als spiit pas-
siren. Er mufs in der That sehr spät sein cf. die LXX,
welche zeigt, dafs man hier noch in jüngster Zeit inter-
essante Bemerkungen nachtrug. Sonst kommt das Verbum
4 mal vor dem Exil und über 20 mal in und nach dem
Exil vor.
Ueber ein Wort wie man braucht man kaum beson-
ders zu sprechen, die einzige ältere Stelle, an welcher es
sich zu finden scheint, Jos. 22, 19, ist hoffentlich durch
unsere Tabelle genügend als ein vom Elohisten abhängiges
Stück gekennzeichnet, cf. auch das in den Anmerkungen
zur Tabelle unter x" Bemerkte. Die übrigen z. Th.
schon oben unter den wahrscheinlichen Aramaismen und
den poetischen Ausdrücken aufgeführten späthebräischen
Worte seien nochmals zusammengestellt : np me, YD:
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 249
ba u OTNID, 159s Bun. 713% Mw (cf. Anm. z. Tab.
er DD), nid, end (cf. Anm. z. Tab.), uhr, Ir
Im. urn (cf. 8. 209) mw mpde, ppp, Map) MT YD
PO, MD) Mpo pp. AM 99% 59%. Mo Mwy (cf. Anm.
Cab.), pnw, 729. wey. Da bei den meisten dieser Worte
h das spite Vorkommen in der Literatur auf den ersten
ck ergiebt, so kinnen wir eine genauere Betrachtung
es einzelnen hier unterlassen. Jedermann wird zugeben,
s ihre Zahl recht bedeutend ist und — zusammen-
alten mit der grofsen Menge von oben angegebenen
amaismen sowie mit dem was weiter unten über andere
achliche Eigenthümlichkeiten des Elohisten entwickelt
rden wird— den Gedanken einer frühen Abfassungszeit
ses Buches nicht aufkommen läfst.
Zum Schlufs sei noch zweier mehr stilistischen Wen-
ngen gedacht, welche der Elohist ebenfalls mit späten
hriftstellern theilt. 1) Die Pualform n3y findet sich nur
ch in den späten resp. spätesten Büchern : Jes. 53, 4.
. 119, 71. 132, 1. Hier hat es stets eine allgemeinere
deutung „sich abmühen“, Lev. 23, 29 steht es speciell
m Sichkasteien. 2) Die Pualform my, 3 mal bei Ezech.,
mal beim Elohisten.
II. Aufserlexicalisches.
Einige wichtige Erscheinungen, wenn auch nicht ge
de lexicalischer Art, bietet der elohistische Sprachgebrauch
dem Suffix %1.., der auffallenden Bevorzugung der
mm x für „ich“, und der Ersetzung des Verbalsuffixes
rch net mit Suffix, des Gebrauchs eines determinirten Ad-
tives bei undeterminirten Substantivis u. s. w.
250 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
Was das Suffix 1.- anlangt, so ist dasselbe von
Ryssel S. 86 als ein suffixum antiquissimum bezeichnet,
und aus seinem Vorkommen im Elohisten ein Schlufs auf
dessen hohes Alter gezogen worden. Der Beweis für das
hohe Alter dieses Suffixes ist jedoch nicht geliefert worden,
keine Thatsache aus der Sprachgeschichte ist zu diesem
Zweck angeführt. Nun wäre es ja wohl denkbar, dafs die
Form ehu = ihu noch ein Ueberbleibsel aus jener Zeit
darstellte, wo man auch ahu sprach ohne die Contraction
zu vollziehen. Nur ist es auch in diesem Falle mifslich,
die Form wegen des Mangels der Contraction für eine
alte zu halten, weil hier eine Contraction wie bei W1, gar
nicht möglich war. In jedem Fall war daher zunächst die
Anwendung der betreffenden Form zu constatiren. Hätte
Ryssel dies gethan, so würde er die überraschende Be-
obachtung gemacht haben, dafs dieselbe nur in Stücken
vorkommt, welche dem Exil nahe stehen : Nah. 1, 13
www ; Hiob 25, 3 wwe; Deut. und Ezech. Wy; Ri. 19, 24
wwy5%, ein Stück, in welchem schon mehrfach späte Er-
scheinungen constatirt worden sind. Eigenthümlich ist es
weiterhin, dals wir gerade in dieser Zeit bei dem Suffix
des Plurals ähnliche Erscheinungen finden : Wmws Prov.
9,18 cf. Olsh. § 135c; way Nah. 2, 4; "nm Hab. 3,2;
wen ibid. v. 11; winyp Ezech. 43,17. Es ist also die
Uebereinstimmung des Priestercodex und des Deuteron.
in Bezug auf die Form 305 heineswegs nothwendig ein
Beweis dafür, dafs diese feierlichere Aussprache eine von
Alters her durch den priesterlich-gesetzlichen Usus über-
lieferte war, vielmehr liegt die Annahme viel näher, dafs
der Deuteronomiker diese Form aus der gehobenen poeti-
schen Sprache seiner Zeit sich aneignete. Ob das häufigere
Auftreten von #7 - . in jener Zeit auf aramäischen Einflufs
zurückzuführen (dem allerdings wohl das Phönizische die
Aussprache des Suff. 3. Pers. mit e resp. i verdankt)
Giesebrecht, sur Hoxateuchkritik. 251
bleibe hier dahingestellt, nachzuweisen ist jedenfalls kein
Beispiel der betr. Form vor Nahum.
Höchst bemerkenswerth ist weiter der Gebrauch der
zwei verschiedenen Formen für ich : ‘338 und 5x. Bött-
cher hat in seiner Grammatik eine übersichtliche Zusam-
menstellung des Gebrauchs dieser zwei Pronomina gegeben
und bereits hier auf die nicht allein in diesem Capitel be-
merkbare auffallende Uebereinstimmung zwischen dem Elo-
histen und den nachexilischen Schriftstellern hingewiesen.
Ich lasse hier der Vollständigkeit halber seine Tabelle,
wenn auch zuweilen Fehler vorgekommen sind, von denen
ich einige corrigire, folgen.
Beginnen wir mit denjenigen Schriften, welche aner-
kanntermalsen in die Zeit nach der Zerstörung Jerusalems
fallen, so ergiebt sich :
1) Von den Ketubim brauchen 2) Von den Propheten
Yr IR DM
Thren. _— Ezechiel 188 1%)
Qoh. 29 — Deutjes 62 18
Ester 6 — Haggai 4 —
Eera 2 — Bach 1-8 8 —
Neb. 165 1 Mal. 5 1
Chron. 80 1°) Jona 5 2
Dan. 28 1 Pseudojes. 8 29
Die ebenfalls späten Proverbien stehen mit den anderen
Ketubim -ungefähr auf gleicher Stufe : sie bieten 7 mal
Ye gegen 2 maliges ‘33%, ebenso überwiegt das ‘x in den
Psalmen bei weitem : 13 maliges *) ‘3% steht gegen
1) Mit Recht macht Böttcher daraufaufmerksam, dafs das einzige
ww) in der Chronik I 17, 1 aus der Parallelstelle 2 Sam. 7, 2 her-
stammt.
*) Auch hier haben wir es, wie Böttcher ebenfalls bemerkt hat,
nur mit einer Lehnstelle 86, 28 cf. Jer. 30, 22 (Lev. 26, 12) su thun.
®) Hierbei sind C. 13. 27. 88 mit je einem sy und Cap. 21 mit
2 38 vertreten.
*) Demnach ist Böttcher's 12 zu verbessern, indessen sind auch
hier 2 Lebnstellen mit 15)x vorhanden: Ps. 81, 11 und 50, 7.
262 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
TOmaliges ‘ye. Sehen wir von den in der Anmerkung be-
zeichneten Lehnstellen ab, so ist die Vertheilung des
11 maligen ‘9 auf die einzelnen Bücher merkwürdig genug,
über die Hälfte aller Stellen (7) entfallen nämlich auf das
4. und 5. Buch, die 3 ersten Bücher liefern ‘D9 nur 4 mal:
22, 7. 39, 13. 46, 11. 75, 4. Von jenen 7 aber bietet uns
wieder ein einzelner Psalm, der 119., fast die Hälfte,
nämlich 3, neben 8 maligem ’%t; ein deutliches Zeichen, dafs
das häufigere Vorkommen von ‘33 in den letzten Büchern
mehr auf Zufälligkeiten und Geschmacksvorliebe beruht,
als dafs es eine wichtige Thatsache der Sprachgeschichte
wäre. In der That ist es aber nicht bedeutungslos, dafs
in den ersten 89 Psalmen sich nur 4mal ‘Dx findet, und
dafs es auch in zwei von diesen Psalmen nicht den An-
spruch darauf erheben kann, das prädominirende zu sein
(Ps. 39 und 75 findet sich noch je 2 mal 'w). Die Psalmen
unterscheiden sich hiernach keineswegs nennenswerth von
den anderen Ketubim, die bereits erwähnt wurden. —
Eine Ausnahmedagegen machen das Buch Hiob und das Buch
Ruth. Dieses hat prävalirendes ‘93x (7 mal) gegenüber
2 maligem 8, in jenem überwiegt zwar “x, kommt aber
doch nur an 2 mal so viel Fällen vor als 3x (28 gegen
14). Indessen von beiden Büchern ist es ja bekannt, dafs
sie künstlich archaisiren, sollte es sich also im weiteren
Verlauf der Untersuchung bestätigen, was bis jetzt einige
Wahrscheinlichkeit hat, dafs nämlich das x einer späteren
Periode der Sprachgeschichte angehört, dann würde
sich das häufigere Vorkommen von ‘338 in diesen beiden
Büchern aus einem Streben nach Archaismen erklären
lassen. So bietet ja auch Jona auf 5 9x 2 a3x, obgleich
er eine der spätesten pruphetischen Schriften sein mufs,
so fällt auch Deuterojesaia mit seinen 18 ‘39% in seiner
Umgebung auf.
Ein ganz anderes Bild bieten uns diejenigen Schriften,
welche, wenn auch im Exil redigirt, doch ältere Quellen
Giesebrecht, zur Hexateuchkritik. 953
in sich aufgenommen und verarbeitet haben. Hierzu sind
.gm rechnen die historischen Bücher und diejenigen Theile
. des Jehovisten, an denen wir die überarbeitende Hand des
Denuteronomisten wahrnehmen
Ir DIN IR DIN
Genesis 84 52 Richter 12 17 (Böttcher 15)
Exodus 14 33 Samuel 50 50
Nuameri — 7 Könige 44 9
Josus 4 9
Jehovist 52 90
Es liegt in der Natur der Sache, dafs bei einem Pronomen
micht mehr ins Einzelne nachgerechnet werden kann, an
~welchen Stellen die eine Form desselben auf die ältere
Quelle, die jüngere dagegen auf den späteren Redactor
surückgeführt werden muß. CGesetst m war die ältere
Form, die überwiegend von den früheren Quellenschriften
angewendet wurde, ‘3 dagegen zur Zeit des Redactors
das gewöhnliche, so lag es für diesen offenbar sehr nahe,
"wenn wir ihn uns nicht in der von A struc vorgezeichneten
Weise als reinen Compilator denken wollen, beim Ab-
schreiben und Verarbeiten der Quellen das I in IX zu
ändern. Hierbei braucht keineswegs die Absicht der Aen-
derung angenommen zu werden. Andererseits aber lag
ihm von den benutzten Quellen her 33x gewils häufig im
Ohre, und so konnte er wiederum bei Stücken, die er
selbst verfalste resp. freier componirte, oft zur Setzung
anes my veranlafst werden. Offenbar ist also in allen
historischen Schriften das Verhältnis, in dem der Ge-
brauch der zwei Formen des Pronomens zu einander steht,
das entscheidende. Da ist es nun von grofser Wichtigkeit,
dafs nach dem Verhältnifs des Alters der Quellen und der
Redaction der historischen Bücher das Verhältnils von IX
su „8 sich in den späteren Schriften immer günstiger für
x gestaltet. Stehen sich Genesis und Exodus soweit un-
= gefähr gleich, dafs “x etwas mehr als die Hälfte hinter
254 Giesebrecht, zur Hexateuchkritik.
xx zurückbleibt, ja liegt das Verhaltnifs im Buch Numeri
noch günstiger für das letztere '), cf. auch das Buch Josua,
so steigt ‘We im Richterbuch fast bis auf die gleiche Ziffer
mit ‘9%, erreicht dieselbe in den Büchern Samuelis und
dominirt endlich so gut wie ganz in den Königsbüchern.
' Dem einzelnen weiter nachzugehen ist unnöthig, nur
bei dem kleinen leicht übersehbaren Richterbuch können
wir nicht umhin, den Gebrauch der Formen im Einzelnen
einmal kurz vorzuführen. Es wird durch diesen Ueberblick
das oben Bemerkte auffallend bestätigt. Es findet sich
nämlich 39 in alten Stücken 14 mal *); in Stücken des
Ueberarbeiters 3 mal ®); x in alten Stücken 5 mal‘), in
Stücken des Ueberarbeiters 7 mal®); also "30" in den
Quellen fast 3 mal so oft als x, dies dagegen in neueren
Stücken über 2 mal so häufig als jenes.
Sehen wir nun von der Scheidung zwischen Quellen-
schriften und späterer Ueberarbeitung ab, so läfst sich
durch alle historischen Bücher die auffallende Thatsache
wahrnehmen, dafs am Anfang derselben das xt ganz be-
deutend über ‘ye prävalirt und gegen die Mitte und das
Ende hin demselben entweder gleich steht oder weniger
gebraucht wird.
Richt. We 19 I Sam. 93 9% IBem. min U
Cc. 1—7 6 8 i—11 10 8 1—8 8
9
C. 8-14 56. 4 12—20 10 10 9—16 7 16
C. 15—21 4 5 21—81 5 4 17—24 7 11
ı) Doch soll weder auf diese Thatsache, noch auf das im Buch
Josua obwaltende Verhältnifs zwischen beiden Formen grofser Werth
gelegt werden, der Umfang der betreffenden Stücke ist zu gering, und
das 8 malige Sy Jos. 14, 6—15 dürfte, wenu Kuenen Theol. Tijdschr.
1877 Recht hat, ein künstlicher Archaismus sein.
*) 6, 15, 18, 87. 7, 17, 18. 8, 5. 11, 9, 25, 87. 17, 9, 10 £.
*) 6, 8 11, 27. 19—21.
*) 9, 2. 18, 11. 16, 8. 16, 17. 17, 2]
8) 1. 2. 6, 10. 8, 28. 12, 2. 19—21.
256 Giesebrecht, sur Hexatsuchkritik. |
menschlich, dafs. die Abschreiber am Anfang eines Buches
noch sorgfältiger verfuhren als gegen den Schlufs desselben.
Um alle Instanzen hier noch einmal zusammensufassen :
Wir machen die Beobachtung, dafs in den sicher exilischen
und nachexilischen Schriften x ein erdrückendes Ueber-
gewicht über 3x ausübt. Nur bei wenigen Schriftstellern,
oft nur auf ein paar Capitel zusammengedrängt, begegnet
uns 9)®, die Annahme, dafs diese Anwendung auf einem
künstlichen Gebrauch beruht, wird durch diesen Wider-
spruch mit der sonstigen Regel nahe gelegt. Betrachten
wir die Schriften, welche, wenn auch im Exil componirt,
doch ältere Quellen in sich aufgenommen haben, so be-
merken wir, je älter die verarbeiteten Stoffe sind, ein um
so deutlicheres Hervortreten von ‘39%; je später die Quellen
und je stärker, wie in den Königsbüchern, die Eingriffe
des Redactors in den Stoff, um so energischer überwiegt
1x, so dafs es in den Königsbüchern fast allein vorkommt.
Aufserdem läfst sich noch nachrechnen, dafs in den ein-
zelnen Büchern an den, weniger von der Hand des Re-
dactors berührten Stellen ‘59% ganz bedeutend bevorzugt
wird. Endlich läfst sich aus der Art, wie der Gebrauch
von ‘398 und ‘3x abwechselt, schliefsen, dals das häufigere
Vorkommen der zweiten Form auf einer, sei es durch die
Hand der Redactoren oder der Abschreiber, oder beider
zugleich herbeigeführten Aenderung des ursprünglichen
wit besteht. Hieraus ist mit Sicherheit der Schlufs zu
ziehen : vor dem Exil, sonderlich in der älteren Literatur-
periode, hat der Gebrauch von ‘3% den von ‘38 bei weitem
überwogen.
Ein Blick auf die bisher noch nicht betrachteten Lite-
raturdenkmäler wird dies noch klarer ins Licht setzen.
Steht nämlich bei den historischen Büchern die Tradition
des Textes mit Recht nicht im besten Rufe, so dürfte diese
für das Gesetz sicherer verbürgt sein. Da ist es nun
höchst bemerkenswerth, dafs das Deuteron. in seinen alten
958 Giosebrecht, sur Hexateuchkritik.
Material ist ja, was Jes. und Mich. anlangt, viel su gering,
um aus ihm sichere Schlüsse ziehen zu können, auch wenn
man annimmt, was durch die sonstige Gestalt ihres Textes
nicht empfohlen wird, dafs die 4 x wirklich ursprünglich
seien. Das nur geringe Prävaliren des 9" bei Hosea aber
erklärt sich wohl aus seiner nordisraelitischen Herkunft.
Denn dafs auf diese gewisse Aramaismen surückzuführen
sind, die sich bei ihm finden, ist bekannt. Dafs aber das
häufigere Auftreten von ’% in der späteren Literatur und
die Verdrängung von ‘59% auf aramäischen Einfluls surtick-
geht, kann wohl keinem Zweifel unterliegen.
Wenden wir uns endlich dem Elohisten zu, so zeigt
derselbe auch in Beziehung auf dieses Wort ganz den
späten Sprachgebrauch, der am meisten dem der Chronik
und des Eizechiel entspricht. Er bietet nur ‘wt mit einer
einzigen Ausnahme Gen. 23, 4. Da wir nach der Analogie
des Deuteronomiums der Tradition des Textes in dem
allergröfsten Theile des Buches, dem Gesetslichen, einiger-
mafsen trauen können, so ist offenbar diese Thatsache von
nicht geringer Bedeutung : in einem Gesetzbuch, dessen
Judiische Abkunft unbezweifelt ist, und das vor dem Deu-
teronom. angesetzt werden mülste, würde sie in grofse
Schwierigkeiten verwickeln, die exilische resp. nachexilische
Abfassung der Schrift allein beantwortet alle Fragen mit
einem Schlage.
Ueber den Gebrauch der Accusativbezeichnung mex mit
dem Suffix und das Zurücktreten des Verbalsuffixes gegen
jene ') bemerkt Wellh. Gesch. Isr. 8. 402 „in mwas er-
scheint in Gen. 1 das einzige Verbalsuffix, übrigens immer
die Formen Mx Ons, ähnlich ist das Verhältnifs auch sonst
!) Schon Ewald hat das stärkere Hervortreten des mye dem
Accusativsuffix gegenüber beobachtet, cf. Lehrbuch der hebr. Sprache
5. Aufl. § 299d „AN für den Acousativ reifst immer mehr ein ohne
dringende Nothwendigkeit*.
Giesebrecht, sur Hoxateuchkritik. 259
im Priestercodex.* Diese Bemerkung dürfte nun freilich
einigermalsen eingeschränkt werden müssen, denn in der
_ That halten sich die beiden oben erwähnten Gebrauchs-
arten in den elohistischen Stücken der Genesis ziemlich
die Wagschale. Nur wenig überwiegt me (32 mal) über
das Suffix (25 mal). Erst im Exodus tritt eine grölsere
Verschiebung des Verhältnisses zu Gunsten des me c. Suff.
ein und zwar für C. 25—31 etwa in der Weise, dafs das
Niveau von Gen. 1 erreicht wird 53 gegen 13 — vorher
24 : 12. Vom Leviticus habe ich noch die ersten 6 Capp.
verglichen und hier das Verhiltnifs dem in der Genesis
ungefähr entsprechend gefunden 27 : 23. — Immerhin aber
sind auch diese Resultate schon bedeutungsvoll, denn in
auffälliger Weise differiren sie von dem Gebrauch, welchen
wir sonst in den ältesten und älteren Büchern antreffen.
Das Richterbuch liefert uns 143 mal Suffixa am Verbum
gegen 66 maligen Gebrauch von mec. Suffix. Noch gün-
stiger liegt das Verhältnils für das Suffix in den Büchern
Samuelis : 91 mal me gegen 363 maliges Suffix, I Reg.
1—6 bietet 10 mal mx und 29 Suffixa. Beim Propheten
Hosea treffen wir nur 4 mal mec. Suff., während das
Suffix erstaunlich abundirt (76 mal), bei Jesaia und Amos
ist die Prävalenz des Verbal-Suffixes zwar nicht so be.
deutend, immerhin aber vorhanden 59: 10; 26:7. Steigen
wir etwas tiefer herab, Cap. 5—10 des Deuteronoms her-
ausgreifend, so ist immer noch das Suffix das beliebtere
84 : 27, erst bei Ezechiel halten sie sich ungefähr das
Gleichgewicht : 265 Suff. gegen 206 mx. Dabei lassen sich
die Gründe, aus welchen die alte Sprache das Mx setzt, in
vielen der angegebenen Fälle noch angeben, eine einfache
Ersetzung des Suffixes am Verb. ohre irgend eine äulsere
Veranlassung ist nicht das gewöhnliche. Solche Gründe
können sein : 1) ein N corhortat. an der Verbalform Ri.
11, 13 (AMS Fawn 16, 26 cnx Fawn 13, 14 na 9 AYIA
2) beim Infinit. ein an demselben bereits vorhandenes
17*
260 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
Suffix, welches das Subj. ausdrückt 11, 35 Mme wees 14, 11
we DAN cf. Gen. 29, 19 f. 3) die Absicht, das betreffende
Suff. besonders auszuzeichnen. 14, 2, 3. 4) das Streben
nach Abwechselung, wenn mehrere Verba mit Suffixen
aufeinander folgen würden, 12, 6. 16, 31. 5) Wenn mehrere
Objecte zu einem Verbum treten, von denen nur das erste
ein pron. pers. ist, wird dieses gern um es den anderen
Objecten zu conformiren an Mx angehängt. 14, 15. 15, 6
Tax ma me ne Aw. 78. Wird durch diese, dem Richter-
buch entnommenen Beispiele die Zahl der Stellen, in denen
mec. Suff. einfach Vertreter des Suffixes ist, bedeutend
herabgemindert, so fällt das in diesem Buch obwaltende
Verhiltnifs zwischen beiden Gebrauchsarten noch mehr zu
Gunsten der Annahme Wellhausens in die Wagschale,
dafs der Gebrauch des blofsen Suffixes der ältere sei, da-
gegen sich allmählich im Laufe der Zeiten die Anwendung
des mx häufiger gestaltete. Von eigenthümlicher Bedeu-
tung ist hierfür, dafs wenn auch das Suffix in den drei
nachexilischen Propheten Haggai, Sach. und Mal. das me
um einiges weniger als in Ezechiel hinter sich zurückläfst
(33 : 24), doch Hagg. 2,17 die sonst ganz unerhörte Con-
struction sich findet, das px mit einem MX zu verbinden :
Ooms fe = DIYVN !). Diese Thatsache legt ein deutliches
Zeugnife dafür ab, wie nahe es dem späteren Sprachgeist
lag, die Beziehung zwischen einem wirklichen oder vir-
tuellen Verbum und seinem Accusat. durch die äufsere
Form des MX auszudrücken, wie wenig hierzu das Suffix
zu genügen begann. Zur Erhärtung dieser allgemein an-
erkannten Thatsache braucht hier kaum an die Verwen-
dung des 5 zur äufseren Bezeichnung des Accusat. erinnert
zu werden. Gliedert sich also auch durch diesen Ge-
brauch das Werk des Elohisten wieder in die späteren
Literaturproducte ein, so weist im Gegensatz hierzu der
*) Eine ähnliche Erscheinung bietet Ezech. 48, 17 SAN IWSD-
262 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
in dem angegebenen Sinne verwendet werden können.
Der eine : participium et apud Jehovistam et in Elohistae
historiis conjunctum cum genetivo casu objectum significante
sicut yw ‘xa Gen. 23, 10, 18. 9, 10. Ex. 1, 5 et apud
Jehovistam Gen. 34, 24. 46, 26. Sehen wir zunächst davon
ab, dafs sich die letzten beiden Stellen mit gutem Recht
dem Jehovisten absprechen lassen, um nur den Sprach-
gebrauch überhaupt zu constatiren. — Die Verbindung des
Particip. mit dem Genetiv findet sich allerdings im De-
boralied und anderen alten Liedern ziemlich häufig, aber
dafs die Poesie dieselbe öfter anwendet als die Prosa ist
sehr natürlich, denn sie ist die kürzere gegenüber der um-
ständlicheren Accusativ- oder Präpositionalconstruction ').
cf. Deut. 33, 11 yap dagegen 2 Sam. 18, 31 Ty DmPTn.
Es ist aber gar nicht richtig, dals die Construction des
Particips mit dem Genetiv das Characteristicum der alten
Sprache sei : auch beim Jehovisten finden wir die Con-
struction mit dem Accusat. z. B. Gen. 2, 11, 13. 4, 17
(nach der masoretischen Punctation), 25, 28. 27, 33. 42,
29, 30 neben der mit dem Genetiv : 3, 5. 4, 14,15. 20, 21
— der Elohist selbst wendet die accusativische Gen. 1, 11
bis 29. Lev. 25, 28, 30. Num. 14, 6 und die präpositionale
Construction Gen. 9, 18 an. In dem ziemlich alten Stück
2Sam. 9—20 findet sich sogar die Verbindung des Par-
ticips mit dem Accusativ häufiger als diejenige mit dem
Genetiv, und das Verhältnils stellt sich hier noch günstiger
für den Accusativ ?), wenn man bedenkt, dafs in Ausdrücken
wie "9 iz‘), jmdw) doe, o7n ON’ u. s w. das Particip voll-
kommen ein Nomen Substantivum ersetzt, cf. die Bezeich-
nungen der Gewerke wie ner) wn Gen. 4, 22. Weiter
1) Die Araber ziehen die Genetivverbindung als die kürzere auch
in der Prosa der Accusativconstruction vor. cf. Ewald Gramm. Ar.
8. 181.
*) of. Ewald. Lo. 8. 131. Not. 1.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 263
aber bietet die spätere Literatur eine Fülle von Beispielen
für den Gebrauch des Particips mit dem Genetiv : cf.
Jer. 46, 22. Es. 15, 6. 16, 27, 45. 22, 3. 27, 29. 30, 6.
32, 21. 33, 24. Sach. 8, 20 f. Hagg. 2, 22. Mal. 1, 6. 3, 3,
5, 6, 15, 16. Hiob 4, 19. 8, 13. 26, 5. Ps. 88, 6. 50, 6;
aufserdem Yyp ‘xy’ 2 Chron. 32, 32. wo Thren. 1, 4
Prov. 2, 19. oem ‘De Chron. Esr. Neh. rondo wy
ibid. Durch diesen unumstifslichen Beweis für das hohe
Alter der elohistischen Sprache wird also weiter nichts er-
härtet, als dafs der Elohist überhaupt hebräisch schrieb.
Das zweite Argument stützt sich auf die Behauptung,
dafs das Passivum in allen semitischen Sprachen ursprüng-
lich unpersönlich gebraucht worden sei. Daher sei es früher
allgemeine Sitte gewesen, das Passiv mit einem Object zu
verbinden, und wo jetzt noch wie z. B. im Elohisten eine
Construction des Passivs mit dem Accusativ seines virtuellen
Subjects begegne, sei dies für ein Zeichen besonders hohen
Alters anzusehen. Weder mir noch irgend einem mir zugäng-
lichen arabischen Grammatiker ist von einer solchen Con-
struction in der arabischen Sprache etwas bekannt, und da
das Arabische gewöhnlich als Typus der älteren und rei-
neren (Gestalt der Sprache angesehen wird, so dürfte dieser
Umstand immerhin schon ins Gewicht fallen !.. Recht
1) Dafs bei der Versetzung eines Activ’s mit 2 Objecten in das
Passiv das zweite Object im Accusativ stehen bleibt, ist etwas total
Verschiedenes. Hier ist von Unpersönlichkeit des Verbum gar nicht
die Rede. Wird Gus si) in Las er verwandelt, so ist das
Passiv nicht unpersönlich, sondern hat den vorher mit dem Suffix be-
zeichneten zum Subject. Es kann daher die Frage nur verwirren,
wenn Ryssel solche Constructionen im Hebräischen mit der in Frage
stehenden zusammenwirft s. B. Gen. 17, 11, denn was für ein Accu-
sativ hier N 93 AN ist, wird durch v. 24 und 27 ganz klar — hier-
nach ist auch v. 14 auszulegen. Ebensowenig gehört px dy) hier-
her, welches Ryssol ebenfalls 8. 80 Anm. 1 mithinein zieht, auch hier
ist der Accusativ beim Passiv nicht für das Subject gesetzt, sondern
solcher des zweiten Objects.
964 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
wünschenswerth aber wäre es gewesen, wenn Ryssel bei
dieser Gelegenheit, wo es sich um Entscheidung der Frage,
ob Aramaismen im Elohisten nachweisbar seien, wenigstens
an zweiter Stelle handelte, wenn auch nur ganz oberflächlich
berührt hätte, dafs diese Construction im Chaldäischen
ziemlich häufig ist, cf. die zahlreichen Beispiele aus den
Targg., welche Winer bibl. Chald. S. 113 anfthrt. Dafs
gerade dieser, verhältnifsmäfsig junge Dialect die in Rede
stehende Construction so häufig anwendet, ist doch eine
Thatsache, die gegen den Gedanken einer perantiquitas
derselben Protest einlegt. — Allerdings findet sich nun die
Construction des Passiv mit dem Accusativ schon in der
älteren Prosa z. B. Ex. 10, 8 11 DM AWD na Dem
my-5x; 21, 28 mia mee Sow nd; Gen. 4, 18 "pn TOM
rom; 27, 42 wy mar ma um; 2 Sam. 21, 11 rue m
W Ws; 1 Reg. 2, 21 wanna ym; 18, 13 “Wr ne WwW
‘wy, cf. Hos. 10, 6. Amos 4, 2. Es ist aber leicht zu
sehen, dafs es sich hier nicht um eine alte Construction
handelt : Ezechiel wendet sie viermal : 10, 17. 16, 4 f.
23, 29, Jeremia ebenso oft nämlich 35, 14. 36, 22. 38, 4.
60, 20 an; cf. aufserdem Prov. 16, Deut. 12, 22. 20, 8.
Hiob 22, 9. Ps. 87, 3. 72, 19 (Doxologie des zweiten Psalm-
buchs), 2 Reg. 18, 30. Jes. 21, 2. 14, 3 (?), 61, 3. 2 Chron.
26, 6. Befremdlich ist dagegen die grofse Häufigkeit
dieser Construction beim Elohisten : Gen. 17, 5. 21, 5.
Ex. 25, 26. 27, 7. Lev. 10, 18. 13, 65 f. Num. 7, 10. 26,
60, 62. 28, 17. 32,5 und zwar gerade in denjenigen Theilen,
die nach Ryssels eigener Meinung wegen ihres aramii-
schen Sprachgutes cf. S. 69 in die späteste Zeit der he-
bräischen Literaturgeschichte fallen, nämlich in allen hier
aus Exodus, Leviticus und Numeri angeführten Capiteln
mit Ausnahme von Num. 32. Oder nehmen wir, da in der
Schlufstabelle S. 92 der von Ryssel später angesetzten
Stücke des Elohisten Num. 28 und Lev. 13 fehlen, die 3
ihnen angehörenden Stellen aus, so werden dennoch die
266 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
wollte, ob diese Disposition eine normale war, so hitte er
sich freilich nicht mit der allgemeinen Wendung, dafs diese
Construction nonnunquam vorkäme, beruhigen dürfen, son-
dern die Geschichte der Sprache nach derselben ansehen
müssen. Dabei zeigt sich nämlich, dafs diese elohistische
Construction in der alten Prosa so gut wie ganz fehlt. Sie
findet sich zwar in den Samuelisbüchern 3 mal : 1 Sam.
12, 28. 19, 22. 25, 10, aber die erste Stelle rührt auch
nach Schrader’s Urtheil vom Deuteronomiker her '), die
zweite ist sicher corrumpirt,..mit Wellh. (Text der Bb.
Sam.) ist u in 137 zu verwandeln, in der dritten er-
setzt der Artikel vor dem Particip. das Relativpronomen :
„e8 giebt heutzutage viele Knechte, die sich von ihren
Herrn losgerissen haben“, der Text steht gar nicht auf
einer Linie mit den elohistischen. Als einzig sichere Stelle
aus der älteren Prosa bliebe also Gen. 41, 26, doch ist
auf dieselbe nicht viel Gewicht zu legen, da sie gleich
nachher die richtige Construction braucht. Vielmehr legt
es sich sehr nahe, hier an schlechte Tradition des Textes
zu denken *). Sehr wüst sieht es auch mit dem Text von
1) de Wotte-Schrader Einl. ind. A. T. 8. 888.
*) Ich nehme hier die Gelegenheit wahr, nochmals auf die starke
Ueberarbeitung des Textes der letsten Genesisstücke hinzuweisen. Zu
den bei by} bereits angeführten Zeichen späterer Redeweise füge
ich den hier oft auftretenden Gebrauch, das undeterminirte Adjectiv sum
determinirten Substantiv zu setzen. of. 48, 14 (cf. dagegen v. 29);
87, 2 (wie auf Verabredung stellen sich dann auch die elohistischen
Worte 137} und sf 5x ein); 42, 19 (cf. dagegen v. 88). Dafs diese
Erscheinung spät ist, geht aus Hagg. 1, 4. Ez. 10, 9. 84, 12. 89, 27.
Jer. 24, 2. Ps. 99, 8 hervor. 2 Sam. 6, 8 ist der Text nach Ewald
(krit. Gramm. 8. 626) und Wellh. a. a. O. corrumpirt; Gen. 29, 3.
Richt. 16, 5 f., 15 sind die Adjectiva Prädicate cf. auch Ewald a. a. O.;
dafs endlich die Demonstrativa Dx, 4}, 1}, Ni Gen. 82, 28. Ex. 10, 1.
Jos. 2, 20. 1 Reg. 10, 8. Ps. 12. 2 als per se determinirt gebraucht
werden hat mit der in Rede stehenden saloppen Redeweise gar nichts
zu thun. — of. aufserdem als Zeichen späterer Zeit in Gen. 87—50
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 267
Jes. 22, 24 aus, wo sich pn YD findet '). — Die übrigen
Zeugen fir das Vorkommen dieses Gebrauchs stammen alle
aus den späteren Jahrhunderten, besonders stark sind
Jerem. und Ezech. vertreten, also die uns bereits mehrfach
bekannt gewordenen Nachbarn des Elohisten : Jer. 17, 2.
27, 3. 38, 14. 46, 16. 60, 16. Ez. 2, 3. 8, 3. 9, 2. 14, 22.
32, 22, 24. Joel 2, 25. Sach. 4, 9. 11, 2. 14, 10. Ps. 62, 4.
104, 18. Neh. 3, 6. 9, 36.
Aus der oben bereits beleuchteten Meinung heraus und
ihr zu Liebe, dafs der Gebrauch des Passivs mit einem
Objectsaccusativ das Zeichen hohen Alters sei, hat Ryss.
an einer anderen Stelle den Elohisten mifsverstanden.
Gen. 17, 10 wird kein Unbefangener anders übersetzen
können als : „beschnitten werde alles Männliche“ und, so
viel ich weils, steht auch Ryss. mit seiner Behauptung,
dafs >} Object und nicht Subj. zu. Siem sei, ganz allein.
Dann fällt aber diese Stelle ganz mit denjenigen zusammen,
welche Ryss. kurz vorher 8. 65 aus Lev. 6, 7. Nu. 6, 5%).
Deut. 15, 2 als Zeugnisse für die Construction des Inf.
absol. mit einem Subj. angeführt hat. — Was das Alter
dieser Construction angeht, so habe ich als aufserpenta-
teuchische Beispiele für dieselbe nur solche aus der späteren
und spätesten Literatur auftreiben können, nämlich Ps.
17, 5. Job 40, 2. Prov. 17, 12. Qoh. 4, 2. Auffallend ist
lito Mundvorrath, sonst nur 2 Chron. 11, 28 of. Jer. 5, 8, ein reiner
Chaldaismus, und my: aufser beim Elohisten Ex. 84, 84. Lev. 8, 85.
10, 18. Nu. 8, 16. 87, 20 nur noch Ezech. 12, 7. 24, 18. 87, 7.
') Es ist übrigens leicht zu sehen, dafs hier die Setzung des Ar-
tikels auf anderen Gründen beruht, als an den elohist. Stellen, das Ad-
jectiv ist hier als Neutrum dem Substantiv im Genitiv nachgostellt =
Gefälse des Kleinen für Gefälse der Kleinheit.
*) Diese Stelle mufs wohl aus Versehen hier angeführt sein, denn
das Subj. beim Inf. ist hier nicht ausgedrückt. Uebrigens gestehe ich,
dafs meine Nachforschungen über diese Construction keine umfassenden
waren : in Betreff des Nichtvorkommens derselben beim Jehovisten
habe ich mich an Ryssel gehalten.
268 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
auch, dafs kein einziges aus der Prosa sich darunter be-
findet : wie so oft treffen wir den Elohisten hier wieder
im poetischen Fahrwasser.
Mit den anderen Spuren späteren Zeitalters, welche
Ryss. auf dem Felde der Syntax zu Tage gefördert hat,
können wir uns im Allgemeinen einverstanden erklären,
nur wäre das Resultat noch durchschlagender gewesen,
wenn alle Zeichen der späteren Sprache, gleichgiltig ob
dieselben der zweiten oder dritten Periode der Sprach-
geschichte angehörten, zur Geltung gekommen wären. Es
hätte auch nichts geschadet, wenn hier noch folgende Er-
scheinung Berücksichtigung gefunden hätte.
Wir bemerken an verschiedenen Stellen der elohistischen
Schrift eine ganz auffallende Häufung von Partikeln, be-
sonders der Fragepartikeln. So heifst es Nu. 17, 28 om
yw von, eine Ausdrucksweise, welche uns nur noch in
dem späten Buch Hiob begegnet : 6, 13 ‘3 my PR Din.
Ueber die Auffassung ist natürlich Streit : die Einen !) er-
theilen dem Onn dieselbe Bedeutung wie ox allein, die
Anderen *) fassen Ox = wahrlich nicht. Wie man nun
auch tiber diesen Punkt denke (mir scheint die Annahme
Schlottmann’s einfacher, und die Dillmann’ sche be-
sonders wegen des folgenden }'x sehr schwierig), bei beiden
Deutungen mufs eine starke Abschleifung der eigentlichen
Bedeutung der Partikeln angenommen werden, welche wie
das späte Buch Hiob zeigt, ein Aufkommen der Wendung
ONN in früher Zeit nicht begünstigt. Eine Vergleichung
von Gen. 17, 17 an Moe oryein-nan Mw OX mit dem
nachexilischen 94. Psalm, der ähnliche Häufung der Frage-
wörter zeigt, bestätigt das eben Bemerkte. — In ähnlicher
Weise erklärt sich Dillmann mit Recht Wendungen wie
Gen. 23, 13 ypu nn ON x und Lev. 5, 17 Yo) Ow
t) cf. Schlottmann Hiob 8. 248.
*) Dillmann Hiob 8. 59.
270 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
IIL Ezechiel und der Elohist.
DT ei Hm U
Der Verwandtschaft zwischen Esechiel und dem Elo- }
histen hat am Schlusse seines Buches 8. 87—89 Ryssel |
einige Worte gewidmet.
Die vielfachen Berührungspunkte zwischen Ezechiel
und dem Elohisten werden hier zugestanden, indessen dar-
aus erklärt, dafs Ezechiel den Elohisten nachgeahmt habe.
Die gegentheilige Ansicht, welche den Ezechiel zum Original
macht, widerlegt sich nach Ryssel’s Anschauung daraus,
dafs Ezechiel an Aramaismen und Eigenthümlichkeiten der
späteren Sprache sehr reich ist, während das Werk des
Elohisten sehr wenig Spuren späterer Abfassungszeit auf-
weise. Sodann wird der Versuch gemacht, aus dem Sprach
gebrauch der einzelnen Theile des Buches Ezechiel nach-
zuweisen, dafs Ezechiel für die verschiedenen Stücke des-
selben verschiedene Quellen benutzt habe. Hierbei laufen
nun freilich kleine Unrichtigkeiten mit unter, z. B. die Be-
hauptung : nomen Nv) apud Ezechielem non legitur nisi
inde a capite 44, was auf Nachahmung des Elohisten vor
allem in den letzten Partieen des Ezechiel weisen soll, denn
wiy) lesen wir schon vor Cap. 44 ff. 14 mal. Ebensowenig
richtig ist es, dafs Tyme nur wegen Nachahmung des Elo-
histen in Cap. 44 ff. bei Ezechiel erscheint, weil Ezech.
sonst dr) und ähnliches für ms anzuwenden liebe, denn
mom) kommt gerade im letzten Theil des Ezechiel 14 mal,
vorher aber nur ein einziges mal vor. Auch finden wir
vor dem 44. Cap. das auch beim Elohisten vorkommende
meno. Wenig Beifall dürfte weiter der Verf. mit seiner
Meinung ernten, dals }39 zur Zeit des Ezechiel das ge-
wöhnliche Wort für Fürst gewesen sei, und dals sein
Nichtvorhandensein beim Elohisten für eine frühe Ab-
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 971
fassungszeit desselben beweise. Denn aus der obigen Be-
sprechung über x’) geht hervor, dafs dies vielmehr zur
Zeit des Exils die gewöhnliche Bezeichnung für einen he-
bräischen Edlen war, 30 aber wurde erst längere Zeit nach
dem Exil bei Esra und Nehemia auf israelitische Fürsten
übertragen, von extlischen Schriftstellern aber, nämlich
Ezech. C. 23. Jerem. 51 und Deuterojes. nur von auslän-
dischen Fürsten gebraucht. Es mülste also vielmehr auf-
fallen, wenn ein fremdländischer Titel wie %9 von einem
jüdischen Schriftsteller den israelitischen Stammhäuptern
der mosaischen Zeit beigelegt worden wire. Unmöglich
ernst kann ferner Ryssel die Behauptung gemeint haben,
dafs weil die dem Elohisten und Ezechiel gemeinsamen
Worte sich nur in gewissen Theilen des Ezechiel, nicht
aber in seinem ganzen Buch verstreut fänden, eine Be-
nutzung des Ezechiel durch den Elohisten ausgeschlossen
sei, denn die Anm. 8. 88 widerlegt diese Behauptung auf
das glänzendste; O™NM WP Wo Wd 13 99 Wy 59: Oxy
kommen alle schon in den ersten Partieen des Ezechiel vor.
Dafs aber das Buch des Elohisten die Zeichen späterer
Schreibweise gar nicht an sich trage, können wir nach
allem bisher bemerkten Ryssel keineswegs zugeben, sein
hieraus abgeleitetes Argument wird nicht weiter geprüft
zu werden brauchen.
Gegen die Benutzung des Elohisten durch Ezechiel
fällt nun aber vor Allem die Thatsache ins Gewicht, dafs
diejenigen Ausdrücke, welche diesen beiden Schriftstellern
eigen sind, sich meist auch bei anderen, dem Exil nahe-
stehenden oder angehörenden Schriftstellern finden. Von
den in der Tabelle aufgeführten 90 Worten resp. Wort-
stämmen hat der Elohist mit Ezechiel 41 gemeinsam. Von
diesen finden sich nur 3, welche Ezechiel allein mit dem
Elohisten gemeinsam hat, Ago (abgesehen von Deut. 33)
7 und nm2 opm, wie oben dargethan sind die letzten
beiden Aramaismen, lassen also gar nicht daran denken,
272 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
dafs sie sich bei Ezechiel nur wegen Nachahmung der ur-
alten Gesetzessprache finden. Drei weitere : TO, iTHWD
und wp begegnen uns allerdings aufser bei Ezechiel nur
noch in Producten der nachexilischen Literatur : Chron.
Cant. Ps. 69, aber hier würde höchstens bei WW die Ver-
muthung gerechtfertigt sein, dafs es wegen Nachahmung
der Sprache des Elohisten sich in der Chronik fände, die
beiden anderen kommen zu selten in den Schriften des
Elohisten und Ezechiels vor, als dafs man an eine Her-
übernahme von Seiten der Späteren denken könnte.
So bleiben also noch 35 übrig, die sich sämmtlich
bereits vor Ezechiel, oder sicher nachweisbar wenigstens
neben Ezechiel in Literaturproducten aller Art vorfinden,
21 von ihnen, also bei weitem die gröfste Mehrzahl, sind
vor dem 7. Jahrhundert nicht nachweisbar, von weiteren
7 nämlich mime Moy) 15} PON yo nn mn läfst es sich
wenigstens sehr wahrscheinlich machen, dafs sie vor dem
7. Jahrhundert nicht erscheinen, die übrigen 7 bietet die
ältere Literatur nur höchst sporadisch. Man sieht hieraus,
wie sehr die vermeintliche Abhängigkeit des Ezechiel
vom Priestercodex durch die grofse Zahl von technischen
Ausdrücken, die sich wegen der Gleichheit ihrer Gegen-
stände unumgänglich bei beiden gemeinsam finden müssen,
gestützt wird. Da diese naturgemäls in diese Tabelle nicht
mit aufgenommen werden konnten, so erscheint die Gleich-
heit des Sprachgebrauchs nicht in dem auffallenden Grade
wie gewöhnlich. Natürlich soll hiermit nicht geleugnet
werden, dals zwischen beiden in Rede stehenden Schriften
ein Abhängigkeitsverhältnils stattfindet, nur das wollte ich
hier auf Grund der eben angeführten Thatsachen betonen :
die Aehnlichkeit des Sprachgebrauchs zwischen Ezechiel
und dem Elohisten läfst sich nicht nur erklären durch die
Annahme, dafs der eine Schriftsteller den anderen, viel-
leicht durch Jahrhunderte von ihm getrennten, benutzte,
sondern beruht darauf, dafs beide derselben Zeit der Sprach-
re, etw fi
Giesebreoht, sur Hexateuchkritik. 273
shichte angehören. — Was nun die nähere Bestimmung
Abhingigkeitsverhiltnisses anlangt, so wird Jeder, der
neuesten Verhandlungen hierüber mit einiger Aufmerk-
keit gefolgt ist, zugeben, dafs auf dem Wege der
ersuchung und Vergleichung einzelner Stellen so gut
nichts zu erreichen ist. Jeder bringt hier seine fertige
nung mit und findet dann auch selbstverständlich dafür
reise. Vor allem aber spielt das Geschmacksurtheil bei
wtigen Untersuchungen eine zu grofse Rolle. Sieht
daher von einzelnen Stellen ab und hält sich mehr
las Allgemeine, so ist folgendes auffallende zu bemerken.
Von den grofsen Schlagworten des Elohisten, die uns
ıdlich häufig in seinem Buch begegnen, und die Nie
d, der dasselbe wenn nicht mit der ausgesprochenen
och mit der unbewufsten Absicht es zu copiren durch-
zu übersehen vermochte, finden wir weder my noch
ı noch 931 noch :12p9 bei Ezechiel wieder, Gelegenheit
e er wohl gehabt, diese Ausdrücke zu gebrauchen.
nsowenig wendet er yu und My} an, die im Elohisten
t gerade selten und daher auch von den Späteren
| bemerkt sind. Was für ein wunderlicher Zufall aber
ste es gewesen sein, durch den er das nur einmal vor-
mende To und das eben so seltene mix, das nur
imalige "peo u. s. w. aus ihrer Verborgenheit hervor-
ıcht und seinem Stil einverleibt hätte! Und wenn er
nlings das elohistische Sp") braucht und ebenso “Ted
Himmelsgewiibes mit yy) bere verknäplt war, wee
A Pa 19 der Fall it, wehl schwerlich oo cues und zusfübeiich
Meecha f. 4 alsnnet. Wien. Bebrgung LM 123
914 Giesebrecht, sur Hexateuchkritik.
anwendet, so fehlt bei ihm wieder win, Wi. ATM, die doch |
im elohistischen Werke an exponirter Stelle standen und
nicht wohl übersehen werden konnten. Auffallend ist die
Berührung beider Schriften in Mine und man. Da diese
Worte im Elohisten sehr häufig, bei Esechiel dagegen
seltener, sonst aber fast gar nicht vorkommen, so könnte
man hier am ersten auf eine Benutzung des Elohisten
durch Ezech. schliefsen — indessen wird ein gerechter Be-
urtheiler es in Anschlag bringen, dafs sich mime auch bei
Ezechiel 14 mal findet, und dafs maw wenn auch nicht
ebenso häufig, so doch immerhin 4 mal von Ezech. geboten
wird. Bemerkenswerth ist immerhin, dafs sich das von
demselben Stamme abgeleitete 2 in Q ziemlich häufig,
später sehr selten, bei Ezechiel gar nicht findet — wenn
auch auf non selbstverständlich kein Gewicht gelegt
werden darf.
Zur näheren [llustrirang des Verhältnisses zwischen
Ezechiel und dem Elohisten ist es ferner nicht uninteressant,
einen Blick auf die Verhältnifszahlen zu werfen, die sich
bei Vergleichung des elohistischen Sprachgebrauchs mit
demjenigen anderer dem Exil nahestehender Schriftsteller
ergeben. Da fällt besonders auf, dafs mit kaum einem
anderen Schriftsteller aufser Ezechiel der Elohist sich so
nahe berührt, wie mit Jeremia. Hatten aus der obigen
Tabelle 41 Worte sich bei Ezechiel und dem Elohisten ge-
meinsam gefunden, so bietet Jerem. (einschliefslich der
Threni) 33 dar, die er mit dem Elohisten zusammen be-
sitzt, davon 2 mp) und pp den beiden allein eigen sind.
Offenbar ist der Unterschied bei weitem nicht so bedeu-
tend, wie man nach der gewöhnlichen Vorstellung über
die Abhängigkeit des Ezechiel vom Elohisten gemelnt
gestaltet worden sein. Dagegen gewinnt man erst, wenn man die an-
gezogene Stelle bei Betrachtung von Gen. 1 voraussetzt, ein klares
Bild von dem, was sich der Elohist unter dem yp dachte.
Giesebrecht, sur Hexateuchkritik. 975
hätte annehmen zu müssen. Noch auffallender ist die Ver-
wandtschaft des Elohisten mit Deuterojesaia, wenn man
erwägt, dals Deuterojesaia’s Umfang etwas mehr als ein
Drittel des Buches Ezechiels bildet : Von den aufgeführten
Worten theilen nämlich Deuterojes. und der Elohist 20,
beide allein haben ebenfalls 2 gemeinsam : 33 und mpbn,
rechnet man die in allen pseudojesaisnischen Stücken sich
+ findenden elohistischen Worte noch zu jenen hinzu, so er-
; hält man für die exilischen Stücke des jesaianischen Buches
25 mit dem Elohisten gemeinsame Worte d. h. die Ver-
wandtschaft zwischen Deuterojes. und dem Elohisten ist
verhältnifsmäfsig bedeutender als zwischen diesem und
Ezechiel. Dagegen waltet zwischen dem Buch Hiob und
dem Elohisten ungefähr dasselbe Verhältnifs wie zwischen
diesem und Ezechiel ob, und auch die Proverbien bleiben
nur wenig hinter demselben zurück !), während das Deu-
teronomium, welches sich der Mitte des 7. Jahrhunderts
nähert, auf einem fast doppelt so grofsen Umfang als
Deuterojesaia noch nicht einmal die gleiche Zahl von Be-
rührungspunkten aufweist, wie dieser, nämlich 18. (Hierbei
sind sogar alle nur im Rahmen des Gesetzbuches sich findenden
Vocabeln mit eingerechnet.)
Das Resultat unserer Untersuchung wird hiernach lauten
müssen : Ohne die in die Augen springende Abhängigkeit
——.
) Es fällt uns selbstverständlich nicht ein, zu behaupten, mit den
obigen Ziffern sei das wirkliche Verhältnifs sämmtlicher Berührungen
zwischen dem Elohisten und Ezechiel wiedergegeben; wie wir oben
bereits erwähnten, mulsten naturgemäfs die rein technischen Ausdrlicke
bei Saite bleiben. Aber auch das rein stilistische, was für die Sprach-
geschichte von secundärer Bedeutung ist, konnte, schon wegen der
spröden Form der Tabelle, die gewählt werden mufste, nicht berührt
werden. Für Leser, welche diese Thatsachen im Auge haben und
einigermalsen mit dem Stoffe vertraut sind, können die angegebenen
Ziffern nicht irreführend sein. Die Anderen seien zur Ergänzung dieser
Tabelle in Bezug auf die Verwandtschaft des Elohisten und Ezechiels
auf Smend’s Vorbemerkungen zu seinem Commentar über Ezechiel
8. XXV—XXVIII verwiesen.
18*
276 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
des einen Schriftstellers vom anderen leugnen zu wollen,
wird man doch die vielfachen Berührungen des Ezech. und
des Elohisten auf einen breiteren Boden stellen müssen.
Ein grofser Theil nämlich jener Berührungen findet sich
auch zwischen der ganzen kurs vor dem Exil und in dem
Exil entstandenen Literatur und dem Elohisten. Aufserdem
zeigt der Elohist, rein auf das Lexicalische angesehen, mit
den meisten Producten des 7. und 6. Jahrhunderts eine
Verwandtschaft, die derjenigen mit Ezechiel beinahe gleich-
kommt. Da wir aber endlich im Elohisten eine Reihe
syntactischer Erscheinungen und Formen antreffen, welche
mit denen der Zeit des Ezechiel auffällig übereinstimmen,
so legt sich als die einfachste Erklärung jenes Verhältnisses
zwischen den beiden Büchern diejenige nahe, welche an-
nimmt, dafs beide Literaturproducte aus einer und derselben
Zeit stammen, der eine aber den anderen benutzte. So-
weit kommt man auf grammatischem Wege : die höhere
Kritik hat das weitere zu bestimmen; dafs sie sich nur
für die Priorität des Ezechiel entscheiden kann, ist bereits
oben angedeutet worden.
Ueber die Abfassungszeit der Psalmen.
I. Buch I.—V.
Von F. Giesebrecht.
Was die Grundlagen und die Absicht der folgenden
Abhandlung anlangt, so sei darüber folgendes vorausge-
schickt. Den Psalmenüberschriften mufs man sich nach
den Namen, die darin auftreten und nach den Erfahrungen,
die man mit den meisten macht, wie mir scheint, absolut
skeptisch gegenüberstellen. Selbst Delitzsch, welcher
278 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
jenigen, der die Aenderung vornahm, nur Ps. 42—83 vor.
lagen, dafs also Ps. 84-89 einen Nachtrag zum dritten
Buche bilden. Jene Elohimsammlung aber ist deutlich aus
3 kleineren Sammlungen zusammengefügt : dafs die Asaph- |
psalmen 50; 73—83 eigentlich zusammengehörten, wird
durch das '*3= nbon 15 72, 20 nahe gelegt. Dasselbe
hatte offenbar nur Sinn, wenn ihm lauter davidische Psalmen
vorausgingen und solche von anderen Verfassern folgten.
Mit Recht haben daher Kuenen u. A. aus demselben ge
schlossen, dafs ursprünglich die Davidpsalmen am Anfang
der Elohimsammlung standen, ohne dafs jeder einzelne die
Ueberschrift 175 trug, durch das „zu Ende sind die Ge-
bete Davids” von den ihnen folgenden, ebenfalls nur im
Ganzen mit mp 125 und nowb bezeichneten Liedern ge-
trennt.
Diese kleinen Sondersammlungen scheinen mir nun
bisher von der Kritik nicht genügend zur Bestimmung des
Zeitalters der einzelnen Lieder gewürdigt. Es ist zu viel
verlangt, in einem Liede von 10—15 V.V., wenn man es
aus seiner Umgebung herausreifst, bestimmte Spuren später
oder früher Abfassungszeit in sprachlicher und inhaltlicher
Beziehung finden zu wollen. Geboten aber ist es, solche
farblosen Producte nach ihrer Umgebung zu beurtheilen,
besonders wenn dieselbe deutliche Spuren eines späten Zeit- |
alters aufweist. Denn da ein spätes Zeitalter fast regelmälsig
mit der exilischen oder nachexilischen Zeit identisch ist, s
haben wir, wenn in einer gröfseren Gruppe später Lieder
einzelne nicht näher zu definirende Producte auftreten, offenbar
nicht die geringste Garantie dafür, dals diese aus der Zeit |
vor jener grofsen Katastrophe stammen, durch welche fast |
die ganze alte Literatur des Volkes Israel zerstört wurde :
In Betreff des vierten und fünften Buches bemerke
ich hier noch, dafs ich mich hier auf die Kritik des Inhalts
weniger einlassen werde, weil mir die sprachlichen Ex
scheinungen desselben hinreichend sicher auf sehr späte
der Psalmen. 279
Zeiten zu weisen scheinen, bei den vorhergehenden Btichern
werde ich auf inhaltliche Kriterien mehr Gewicht legen
müssen.
Hiernach würden wir folgende Particularsammlungen
aus den ersten drei Büchern auf ihre Entstehungszeit hin
zu prüfen haben : Ps.3—41 (davidisch), Ps. 42—49 (kora-
hitisch), Ps. 50. 73—83 (asaphisch), Ps. 51—72 (davidisch),
Ps. 84-89 (Nachtrag zu Buch IL). Was das IV. Buch
angeht, so ist dessen Umfang an sich nicht sehr bedeutend,
der Mangel an bestimmter Gruppirung der einzelnen Lieder
wird daher nicht besonders stark empfunden, das Ganze
kann bequem für sich untersucht werden. Im V. Buch
sondern sich sofort, wenn wir von den 3 davidischen
108—110 absehen, 107—118 als Lob- resp. Hallelujahpss.
von den Stufenpss. 120—134 (dazwischen der lange Lehr-
psalm 119), ihnen folgen 138—145 (davidische) und 146—150
(wieder Hallelujahpsalmen).
Wir beginnen unsere Untersuchung mit demjenigen
Buch, in welchem die Verhältnisse am klarsten liegen, dem
letzten. Bereits oben wurde bemerkt, dafs hier auch De-
litzsch in Bezug auf die Echtheit der Davidischen Lieder
schwankt, oder sich geradezu für Unechtheit entscheidet.
Ferner ist fast allgemein anerkannt, dafs die sog. Stufenpss.
eine sehr späte Sammlung bilden. Und in der That legen
einige von ihnen und den ihnen benachbarten Psalmen
durch ihren Inhalt, die meisten durch ihre Sprache den
deutlichsten Beweis einer weit über das Exil nach unten
binausliegenden Zeit ab.
Unter den Zeichen späterer Sprache ist vor Allem das
w prifixum zu nennen, welches in den Stufenpss. und den
ihnen direct folgenden Gesängen ca. 20 mal vorkommt.
Eine solche Häufigkeit desselben findet sich nur noch in
den spätesten Schriften des A. T. : im Koheleth 32 mal,
im Hohenlied 21 mal, selbst bei Esra und in der Chronik
280 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
erscheint es nur 3 mal, bei Hiob 1 mal, in den Thren.
4 mal, bei Jona 2 mal. Von den wenigen Stellen aus der
alten Literatur sind nur die 2 Y im Deboralied unan-
fechtbar — mit Recht hat man sie aus der nordisraeli-
tischen Abstammung desselben erklärt; über die auch im
Phönizischen häufige Abschleifung des we zu wx oder w
cf. Schröder, phön. Sprache. 8. 163 f. ').
Ferner zeichnen sich die Stufenpss. durch öftere An-
wendung des Adv. 37 auch Mp) und m3) = sehr aus, das-
selbe findet sich nur noch Ps. 62, 3. 65, 10. 89, 8, ob
diese, jedenfalls dem älteren Sprachgebrauch fernliegende
Wendung mit dem auch im biblischen Chald. vorkommenden,
im sonstigen Aram. häufigen Gebrauch des 37 in der Be-
deutung ,grofs* zusammenhängt? Sehr nahe wird dies
1) Nicht sehr glücklich scheint mir sein Versuch a. a. O., das tf
als das ursprtinglichere gegenüber yx nachzuweisen (cf. dagegen
Olsh. hebr. Grammat. 8. 489). Dafs das Relativpron. in der Haupt-
schrift des Richterbuches noch vorzugsweise yj laute, läfst sich aus
6, 17. 7, 12. 8, 26 nicht darthun. Was die erste Stelle anlangt, so ist
der ganze Satz von mij) bis wy höchst störend. Wozu braucht
Gideon um ein Zeichen zu erhalten eine „ıyyyy darzubringen? War
nicht vielmehr die Darbringung desselben an sich schon ein Beweis
dafür, dafs er an die Gottheit des Boten glaubte? Auf die Unmotivirt-
heit des nachmaligen Erschreckens v. 22 hat Wellhausen-Bleek
4. Aufl. 8. 198 bereits hingewiesen; dasselbe erscheint noch unmoti-
virter, wenn man den Zusammenhang zwischen v. 16 und dem fol-
genden ins Auge falst Dagegen bildet v. 18 die directe Fortsetzung
von v. 17 of. z.B. C. 18, 15. — Auch in 7, 12 scheint was nach
DOD folgt ein späterer Zusatz, das zweite „4 fällt schon nach dem
ersten auf, sodann ist die Vergleichung der Zahl der Kameele, wenn
dieselben bereits als zahllos bezeichnet sind, mehr als überflüssig. Was
endlich 8, 26 anlangt, so erregt mir die ganze peinliche Genauigkeit,
sowie der schleppende Gang der mit "N m 335 gegebenen Schilde-
rungen Bedenken, auch sind JOM: npy = Halsketten sonst nicht
in der älteren Literatur zu finden. Worauf sich das Suff. in \ a v. 27
beziehe, kann der Leser nur mit Mühe errathen. Die Schwierigkeit
des „ben w 2 Reg. 6, 11 ist bekannt, cf. LXX, die Thenius mit Un-
recht hintansetzt.
der Psalmen. 281
durch die auffallende, dem echten Hebräisch fernliegende
Form mm gelegt, deren Analogieen sich meist in späten
Schriften finden (cf. Olsh. hebr. Gramm. § 108b), und der
in diesem Fall eine genaue Analogie nur aus dem Aram.
zur Seite steht, welches die Adverbia sehr häufig auf die
Femininendung at ausgeben läfst. cf. Nöld. Syr. Gramm.
S. 90. Die Erklärung dieser Form als eines Status constr.,
aus dem Bestreben, das Adverb. in möglichst enge Ver-
bindung zu dem folgenden Worte zu stellen, scheint Olsh.
selbst nach 8 223b Anm. nicht für das wahrscheinlichste
zu halten. Ueber eine andere Erklärung dieses Gebrauchs
cf. Nöld. a. a. O. — Sehr entschieden legt ferner vom
aram. Einflufs Zeugnils ab die öftere Anhängung der En-
dung 7, an die Nomina, auch männlichen Geschlechts cf.
mbm) = Sm) Ps. 124. mndnya Ps. 125. mowa Ps. 120.
rror» nnn Ps. 116. 119? Ps. 116. An „eine bedeu-
tungslos gewordene Accusativendung zu denken, wie Hu pf.
thut, ist deswegen schwierig, weil man nicht begreift,
warum sich, da in der ganzen älteren Literatur die Endung
n niemals den Accusat. bedeutet, die gedankenlose An-
wendung derselben erst so spät herausgestellt haben sollte.
Da wir dies ah sonst in ANT, mn auch nn)
finden, so liegt es am nächsten, ein ah der Richtung zur
Erklärung heranzuziehen, indessen kann sein enormes
Ueberwuchern in solchen Fällen, wo es ganz bedeutungslos
ist, wie mir scheint nur aus dem Einflufs des aram. Stat.
emphat. erklärt werden. — Aramaisirend ist weiter das 5
als Accusativbezeichnung aonyynd> NN Ps. 129 cf. Ps.
116, 16. 135, 11. 136, 20. 145, 14, wenn auch nicht in Ab-
rede gestellt werden soll, dafs dieser Gebrauch in den an-
geführten Fällen seine Anknüpfung in der alten Sprache
hat. Ebenso erinnert die Vorausnahme eines folgenden
Genetiv durch ein auf ihn hinweisendes Suffix am ersten
Nomen an das Aramäische : TP OD YD vn Ps. 129, 7,
und wenigstens einer ganz saloppen, von der alten Sprache
282 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
getrennten Ausdrucksweise gehören Wendungen an wie
owen wn Ps. 123, 4, ‘ex nan ibid., cf. ‘ond mnwn Pa.
116, 15, > mmaga Ps. 120, 1, 75 wosd Ps. 182, 11 £., mw
wy-5>5 x) 116, 14 und 18. Aehnliche breitspurige Aus-
drücke, auch von Delitzsch als Zeichen späterer (wie
mir scheint dem Sprecher nicht mehr recht geläufiger)
Sprache angemerkt, sind oma52 ow = 35 vw Ps. 126,
4; yn “yo ibid., cf. ova ndbwond Ps. 136, 8. Und wie
wir oben die Häufung der Partikeln s. B. der interroga- |
tiven als ein Zeichen der späten Sprache erkannten, so
wird auch ‘> 73m Ps. 128, 4 an dieser Stelle nicht vergessen
werden dürfen, ebensowenig wie or pe Ps. 135, 17. Endlich
mache ich hier gleich der Uebersicht halber auf die, wenn
auch nicht gerade in den Stufenpss. so doch in ihrer
nächsten Nähe vorfindlichen echtchaldäischen Suffixa auf-
merksam : »yinp Ps. 135, 9 cf. Ps. 116, 19; won: Dy
116, 7; miywan 116,12; wwehrnn Ps. 103,3; sw, DWOyO
103, 4; ‘o™ny3 103,5 '). Mehr dem Bestreben, die poetische
Rede archaistisch zu verbrämen als einem vom alten He-
bräisch abweichenden Dialekt scheint die häufige Anwen-
dung des ' am Schlufs von Participien resp. Infinitiven zu
entspringen, die Ps. 123 in ‘ay und sonst Ps. 114 in
orn, Ps. 113 in man: Porn: win; ‘wr; mob
entgegentritt.
An den genannten Zeichen einer späten Abfassung
sind fast alle Stufenpss. mit Beiträgen betheiligt gewesen.
Von den bisher nicht erwähnten ist Ps. 126 wenigstens
sicher nicht vor dem Exil verfalst, v. 1 und 4 setzen das-
selbe vielmehr voraus, möglicherweise auch die Zeit kurz
nach dem Exil, in welcher sich ja, wie aus den Bb. Esra
und Nehem. hervorgeht, eine weitere Zurückführung der
1) Dale diese Häufigkeit der Anwendung auf ein sehr spätes Zeit-
alter schliefsen läfst, geht daraus hervor, dafs wir eine derartige Form
nur noch Jer. 11, 15 antreffen, deren Existenz an dieser Stelle nicht
einmal ganz sicher ist.
der Psalmen. 283
jüdischen Gola nach dem heiligen Lande als dringendes
Bedürfnifs herausstellte. Für diese Zeit scheint die Ver-
bindung dieses Psalms mit dem 127. zu sprechen, welcher
ersichtlich eine bedrängte Lage der heil. Stadt, ein Stocken
des (Tempel?)-Baus und einen Mangel an junger lebens-
kräftiger Mannschaft voraussetzt, cf. auch Delitzsch zur
Stelle. Jedenfalls ist es sehr bemerkenswerth, dafs diese
Gesänge, welche keine so deutlichen Spuren von später
Abfassungszeit wie die übrigen ihnen benachbarten auf-
weisen, noch in das 6. Jahrhundert gehören — ein deut-
liches Zeichen, dafs die anderen sehr spät sein müssen.
Was Ps. 130 anlangt, so finden wir in ihm auch ein sehr
spätes Wort, nämlich mrvoo die Vergebung, nur noch Neh.
und Daniel. Aber nicht allein dieses einzelne Wort ist
spät, sondern auch die Classe von Nominibus, der es zu-
gehört, nämlich diejenigen, welche nach der Form mp
gebildet, nicht concrete Bedeutung haben, sondern zur Be-
zeichnung einer Handlung stehen cf. nym’ Chron. mng
Est. Hyp Qoh. und die von Ryssel S. 49 Anm. 2 ange-
führten Worte aus der Mischna-Sprache. Selbst der ganz
kurze, z. Th. aus gewöhnlichen Wendungen zusammen-
gesetzte Psalm 134 bietet eine Spur junger Abfassung :
nfo-ba = niichtens, jegliche Nacht. Dafs das Wort nur
auf 15713 bezogen werden kann, als nähere Bezeichnung des
Stehens der Diener Jahvehs im Tempel aber keinen Sinn
hat, darüber cf. Hupf. z. d. Stell. Dann ist zu ver-
gleichen Jes. 21, 8 mon 52; Ps. 92,3 mb a; Ps. 16, 17
mis Accusat.; Cant. 3, 1 m52 und 3, 8. Auch sonst
ist der Plural von 715°5 selten und nur einmal in der älteren
Literatur 1 Sam. 30, 12 nachzuweisen cf. Hiob 2, 13. 17, 3.
Jon. 2, 1. — Auch Ps. 121 verleugnet sein junges Zeit-
alter nicht : er gebraucht win für wanken cf. 125, 1, ein
in den Psalmen sehr häufiges Verbum, das sich aulser
ihnen nur noch Deut. 32, 35. Lev. 25, 35. Jes. 24, 19.
Deutjes. 4 mal, Prov. 4 mal, Hiob 1 mal, Chron. 1 mal
284 Giesebrecht, über die Abfassungescit
findet. Wir werden ihm noch öfter in den Psalmen be-
gegnen ; von den 25 Stellen, an denen es sich hier findet,
gehören 8 den beiden letzten Büchern, 10 dem zweiten
und dritten und 7 dem ersten Buche an'). Weiter be
merken wir hier die bekannte crux interpretum ich hebe
meine Augen auf zu den Bergen : ty NON Ip — enthält
der hebräische Satz eine Frage, dann haben wir das
schönste Hebräisch, aber für sehr wahrscheinlich kann die
interrogative Fassung nach dem Zusammenhang nicht
gelten, es scheint vielmehr, als seien die Berge Bezeich- —
nung Jerusalems als des Wohnsitzes Jahveh’s, dann kounte
aber der Verf. nicht in Ungewifsheit darüber sein, von
woher seine Hilfe käme. Wäre sonach das 7p relativ
gemeint, so könnten wir unseren Dichter von einem ziemlich
verdorbenen Hebräisch nicht freisprechen.
So bleibt von den Stufenpss. nur 131, ein kurzes drei-
versiges Lied, nicht ohne Eigenthümlichkeiten (cf. ons
sonst nie) des Stils, die aber ebenfalls eher auf Unge-
schicktheit im Gebrauch der Sprache, als auf hohes Alter
führen — nach dem oben entwickelten Princip der Unter-
suchung kann ein Lied von so geringem Umfang nur nach
seiner Umgebung beurtheilt werden, die ihn demnach in
eine späte Zeit weist. — Zu den oben angegebenen Kenn-
zeichen späterer Zeit in den Stufenpss. füge ich noch fol-
gende, die sich oben nicht gut rubriciren liefsen : Ps. 124
48, von den meisten Auslegern gewifs richtig mit dem
1) Ob das Wort, das im Syrischen und Chald. vorkommt, ein Ara-
maismus sei, läfst sich schwer ausmachen. Jesaia und Hosea sagen
jedenfalls dafür SS, die beiden Derivate Yiyy und mein sind eben-
falls nicht alt : Chron. Ezech. Deutjes. Jerem. Nah. Lev. 26, 18. Nu.
4, 10, 12 bieten sie. Die einzige Stelle, welche vor das 7. Jahrhundert
fullt, ist Num. 13, 28 (JE), doch ist die starke Ueberarbeitung gerade
der Kundschaftercapitel zu evident, als dafs wir Garantie für wirk-
liches Alter des Wortes durch diese Stelle erhielten.
286 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
selben erinnert legt deutlich Zeugnifs für einen bedeutenden
Zwischenraum zwischen der Zurückführung und dem Stand-
punkt des Sängers ab. Die scheinbar individuellen Züge,
das Sitsen an den Wassern Babels, das Aufhängen der
Harfen an den Weiden u. s. w. sind im Grunde nichts
als Einkleidung des Gedankens, dafs das heil. Volk ohne
Jerusalem nicht leben mag und seine heilige Stadt nicht
vergessen kann. Die Seligpreisungen des der Babel ver-
gilt was es an Israel gethan, der seine Kinder am Stein
serschmettert, führen keineswegs in das Exil hinein, son-
dern begreifen sich, da Babel ja durch Cyrus keineswegs
zerstört wurde und auch unter seinen Nachfolgern Darius
und Xerxes wohl starke Beschädigungen, z. B. Nieder-
reilsung der Thore und Mauern, aber nicht völlige Ver-
nichtung erlitt, bis es durch Alexander wieder aufblühte,
sehr gut, wenn man seinen Zustand im 5. und 4. Jahr
hundert ins Auge fafst. Die Situation nach Alexander,
nach dessen Tode die Stadt wieder mehr und mehr verfiel,
palst deswegen nicht so gut, weil dieser Verfall nicht durch
gewaltsame Demolirungen herbeigeführt zu sein scheint,
es sei denn dafs man mit Olsh. an die Brandschatzung
durch die Parther denkt, von der der Verf. des Psalms
gehört hatte und deren Fortsetzung er wünscht. Noch sei
auf das chald. Buff. YO v. 6, auf das eigenthümliche
won LXX of axayayovres nuac und den auffallenden Ge-
brauch des mv’ im passiven Sinn aufmerksam gemacht.
Auch Ps. 138—145 sind von uns bereits oben hier und
da erwähnt, besonders stark ist unter ihnen der 139. mit
Aramaismen und späthebräischen Worten vertreten, so :
ya das Streben, 33) das Liegen, pbo hinaufsteigen, 7%
aufserdem 5 mal bei Hiob und II Sam. 23, 2 (der Plural
20 mal bei Hiob, Ps. 19 und Prov. 23). Nicht weniger
auffallend ist das Pual von my in der Bedeutung bereitet
werden, welches in der ganzen alten Literatur nicht vor-
kommt, das Piel hat sonst einen ganz anderen Sinn. In
eee ee eee
der Psalmen. 287
Besug auf Syp hat Böttcher hebr. Gramm. I 8. 16 ge-
wils mit Recht geurtheilt, dafs es als Aramaismus zu be-
trachten sei, es kommt nur noch 2 mal im Hiob und Obadja
v. 9 vor; schwerlich steht es mit yp anders, das wir nur
noch in späten Pss. 95 und 119, 2 mal bei Hiob und 3 mal
bei Ezechiel antreffen, in der älteren Literatur findet sich
dafür yip (JE, Jesaia, 1 Reg.). Ferner hat die Einschie-
bung des in O'OY Iw hauptsächlich im Aram. ihre Ana-
logieen, cf. im A. T. Mpy 3g, nur in dem ebenfalls stark
aramäisch gefärbten Ezechiel 31, 5. — Wenn auch nicht
aramaisirend, so doch dem späten Hebräisch angehörig ist
endlich pom, nur noch Neh., Ps.119 und 3 mal im Buch
Hiob. — Offenbar unterscheidet sich dieser Psalm in keiner
Weise von seiner Umgebung, in Bezug auf das nn =
wollen stimmt er ganz mit dem Sprachgebrauch des Koheleth
überein, wenn er auch nicht gerade das w präfixum bietet,
mit dem crassen Aramaismus DDN steht er ganz einzig im
ganzen A. T. da. Ps. 140 liefert in MOTTO einen unver-
kennbaren Aramaismus, die Wurzel nm ist im Chald.
ziemlich häufig, kommt im hebr. Text des A.T.’s dagegen
nur noch 3 mal in Ester und 1 mal in der Chronik vor.
mm, ebenfalls von unserem Psalm geboten, aufserdem
7 mal vom Buch der Psalmen, findet sich im übrigen A. T.
nur bei Jer. Prov. Da die Form m7) Ps. 147, 2. Jes.
11, 12. 56, 8 wahrscheinlicher von dem in parallelen Stellen
z. B. Mich. 4, 7 häufigen my abgeleitet wird, und jener
Stamm dem Chald. und Syr. geläufig ist, so wird man mit
gröfster Wahrscheinlichkeit auch hier auf einen Aramaismus
geführt. Sehr auffallend ist die Form “wy, wofür einige
Handschriften yp lesen, dieselben gehen beide auf den
Singular “Np zurück, sind aber in unhebräischer Weise
gebildet, da das Hebräische die Endung » oder 7 im Plural
abzuwerfen pflegt. Zur Erklärung dieser Abweichung von
der gewöhnlichen Art der Bildung ist offenbar das Chal-
däische heranzuziehen, das den Stat. constr. plur. von wıp
288 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
pp bildet, cf. Hupf. und Olsh. zu der St. Ferner
ist das Hap. Leg. ring vielleicht Fitomy ? zu bemerken.
In Ps. 141 begegnet uns der nur in späten Schriften er-
scheinende Plural IWW cf. Prov. 8, 4. Jes. 53, 3. Weiter
treffen wir nur hier M55 im Qal in der Bedeutung beackern,
das in dieser Wendung im Aram. häufig ist, ebenso ist
NH ein spätes Wort : aulserhalb der Psalmen nur Jerem.
Joel Prov. Ester — ob es im Targumischen Chald. echt
oder nur ein Hebraism. ist, mag dahingestellt bleiben.
Aufserdem scheint Mx” = das Emporheben ein nach
chald. Weise durch vorausgesetztes » gebildeter Infinitiv
zu sein. — Ps. 142 : 9M sonst noch Hab. und Prov.,
das Piel aufser Hiob 36, 2 noch Ri. 20, 43, einer von
später Hand überarbeiteten Stelle, der Stamm im Syrischen
gebräuchlich. naynn : aufser Ps. 77; 107; 143 noch Jon.
und Thren. ‘yon = Gefängnifs Jes. 24, 22. 42, 7. — Pa.
143 D'yaonm aulser 8 mal in den Psalmen nur Hiob, Prov.
Jer. 2 mal, Sach. Dan. 4 mal. Ueber mpyn cf. oben die
Tabelle. Uebrigens gehört sowohl dieser als der vorige
zu den weniger originellen Klagepsalmen — der bei weitem
eigenthümlichere Ps. 144 führt aufser dem oben schon er-
wähnten X präf. noch eine Reihe anderer später Ausdrücke
mit sich. So 2% = Krieg, noch 5 mal in den Psalmen,
aufserdem Sach. 14, Hiob, Qoh., dagegen beruht das Wort
2 Sam. 17, 11 auf einem Textfehler, cf. Wellh. Text der
Bb. Sam. z. d. St. Weiter gehört hierher 735, 3 mal im Sinne
von erretten gebraucht, dem Hebräischen sonst fremd, da-
gegen im Aram. gebräuchlich cf. Hupf. Ebenso auffallend
ist }1 „die Art* nur noch 1 mal in der Chronik, sonst im
Chald. häufig. Hiernach ist es kaum nöthig, noch auf
man und my [letzteres nur noch Za. 9, 15 s. 8.58] hin-
zuweisen, ob nicht 26m auch ein Aramaismus für 33n
ist? Dafs das Wort im Zusammenhange von JE Jos. 9,
21, 23, 27 wirklich alt ist, läfst sich schwer nachweisen,
sonst kommt es noch 2 mal im Deuteron., je einmal Jer.
290 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
„einer Sache freie Bewegung verschaffen übergegangen
wäre; da 2 Sam. 22, 33 nach Ps. 18, 33 m zu corrigiren
ist, so haben wir auch hier einen späten Gebrauch vor
uns. — Auch Ps. 147 theilt einige der vorhin erwähnten
späteren Ausdrücke, nämlich maw und WO mit den vor-
ausgehenden Psalmen. Weiter ist an Aramaismen 00
zerfliefsen zu bemerken, das im Hebr. aufser 3 mal in den
Psalmen nur noch an der späten Stelle Jos. 14, 8 in der
ganz chald. Bildung Youn vorkommt, dagegen im Ara-
mäischen gebräuchlich ist. Ein späthebräisches Wort ist
ferner 035, in den Psalmen nur noch 33, 7, aufserdem von
exilischen und nachexilischen Schrifstellern geboten : Ezech.
2 mal, Est. 1 mal, Neh. 1 mal, Chron. 1 mal, Qoh. 3 mal.
Die einzige vorexilische Stelle, an der es sich fände, würde
Jes. 28, 20 DIDNAD MY 900 sein, wenn nicht die Echt-
heit des Wortes an dieser Stelle grofsen Bedenken unter-
liegen müfste. Ich freue mich, in diesem Urtheil ganz
unabhängig mit Kuenen zusammenzutreffen, dem „de
zuiverheid der lezing Jes. 28, 20 twijfelachtig* erscheint.
cf. Versl. en Meded. d. K. Academie v. Wetensch. 1876.
Reeks II Deel VI, S. 226. Vielleicht ist statt ox5mm> das
allerdings nur noch einmal Jes. 25, 7 in der Bedeutung
„bedecken“ vorkommende 40) zu lesen; „die Decke ist zu
enge gemiifs dem sich damit bedecken“ pafst zu dem vor-
angehenden : das Lager zu kurz um sich darauf zu strecken
vortrefflich, und die vorhergehende Anwendung des pp
in der Bedeutung „Decke“ konnte die Ableitung von 70)
in der Bedeutung bedecken von diesem Nomen begünstigen.
Weiter gehört sowohl das Adject. my) als das Verb. m
der späten Sprache an, cf. zu jenem Prov. 17, 7. 19, 10.
26, 1. Cant. 2, 14. 1, 5. 4, 3. 6, 4. Jer. 6,1 und Ps. 33, 1;
zu diesem Jes. 52, 7. Cant. 1, 10. Ps. 93, 5. — Ps. 149
bietet in 533 Strick einen deutlichen Aramaismus, dasselbe
findet sich nur noch in dem späten Ps. 105 : das Verbum
523 kommt in der secundären Form 5355 (durch ebenfalls
292 Giesebrecht, über die Abfassungescit
Von ihnen wurden 2 und wp bereits erwähnt. Wir
fügen m Hap. Leg. hinzu, das im Syrischen in mehreren
Derivaten vorkommt, ferner das gleichbedeutende Sef) (hier
3 mal, im A. T. sonst nicht), ein im Chaldäischen nicht
seltenes Wort, weiter O73 zerrieben sein, Hiph. zerreiben,
nur noch Thren. 3, 16, im Chald. und Syr. vorfindlich, das
davon abzuleitende Nomen wy Lev. 2, 15 f. könnte viel-
leicht auf echthebräischen Charakter und älteren Ursprung
des Wortes hinweisen. Ihnen reiht sich an : non nur noch
Hiob und Qoh. je 1 mal, Prov. 2 mal, sonst Chal-
däisch und Syrisch; 550 nur noch 2 mal im Hiob,
sonst aramäisch; wow Hap. Leg., im Chald. und Syr.
== fett, befleckt sein. Ebensowenig ist ody alt, das Verbum
findet sich noch 4 mal im Qoh., 2 mal Ester, 1 mal Neh.,
davon hergeleitete Nomina 5 mal im Qoh., 1 mal bei Esech.
und Gen. 42,6 cf. oben. "WO starren ist aller Wahrschein-
lichkeit nach auch der späteren Literatur zuzuweisen cf.
Hiob 4, 15. Jer. 51, 27. rpm Betrübnifs findet sich nur
noch 3 mal in den Proverbien; in Bezug auf 39 stimmt
unser Psalm mit Ps. 132; pp}, von my: durch Einschub
eines 5 gebildet (cf. die im Aram. häufige Einschiebung
eines ‘), ist nur noch in Ps. 11, 6 und Thren. 5, 10 ver-
treten; endlich scheint auch der Gebrauch von 5p im
Sinn von niedertreten verachten, cf. Thren. 1, 15 auf dem
Aramäischen zu beruhen.
Von den dem 119. vorangehenden Psalmen ist die stark
aramaisirende Sprache des 116. bereits oben zur Gentige
characterisirt worden, als weiteres Kennzeichen dafür ist das
Ausbleiben der Assimilation des } zu betrachten in ny97 m
— im bibl. Aram. wird die Assimilation nur in höchst
seltenen Füllen vollzogen. Ebenso deutlich spricht 5 als
Accusativbezeichnung in v. 16. — Selbst der kurze 117. Ps.
bringt in maw einen Aramaismus, zu DW hat schon De-
litzech das aram. jpx verglichen. — Ps. 118 liefert 37
verlöschen, sonst 4 im Hiob, 3 mal in den Prov. und
Jes. 43, 17, dagegen im Chald. und Syrischen gebräuchlich.
der Psalmen. 293
77 ist bereits zu Ps. 140 die Rede gewesen, “won
= das Thor Jahvehs ist in derselben Weise zu be-
m wie Yromb mo und ähnliche, oben angeführte
ngen. Auch die umständliche Ausdrucksweise DW
>» mm erregt Bedenken; was die Form 5w% (viel-
m Hiph.) anlangt, so scheint das chald. mp ein
suf sie zu werfen, die Correctur in DS u. s. w.
t. Bleibt man bei der Textlesart, so wird man an-
m müssen, dafs der Gedanke, die xararoun der
, welche Israel im Namen Jahvehs auszuüben sich
ühlt, als eine xegıroun zu beschreiben, erst einer
äten Zeit angehören kann, offenbar ist dieser Ton
Zeit in welcher die Juden den zweiten Tempel
eten viel zu grolsartig und siegestrunken, weit
äge es noch, an die Tage Esras und Nehemias zu
, in denen wenigstens gegenüber den Samaritanern
schiedener Sieg erfochten war, aber auch hier macht
versicht, sie im Namen Jahvehs „beschneiden zu
, Schwierigkeiten. — Die drei dem 116. voran-
en Psalmen haben das gemeinsame, dafs sie ihre
originellen Gedanken mit starker Anlehnung an
»jes. aussprechen. Die man mipy 113, 9 erinnert
3 Reihe von Stellen aus Deuterojes. cf. bes. 54, 1;
| schildert den Auszug aus Egypten mit denselben
, welche Deuterojes. zur Ausmalung des Zugs der
cehrenden Exulanten nach dem heiligen Lande ver-
cf. 49, 10, 13. 55, 12 f. 36, 7 f., endlich lehnt sich
‚, in der Beschreibung des Götzen und der Thorheit
er auf ihn vertraut“ an mehrfache Ausführungen
)jes. an. Was die Sprache dieser 3 Lieder betrifft,
oben bereits auf die übertriebene, künstliche An-
i des * am Ende der Particc., ja sogar des In-
hingewiesen, die Ps. 113 bietet, auch Ps. 114 par-
hieran, derselbe bietet aufserdem in 195 ein Hap.
las seine Analogie im Syrischen > barbare locutus
294 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
est hat, wenn sich auch verwandte Stämme im Hebräischen
finden, auch 9, das sich noch Ps. 29, 6 zeigt, ist spät,
cf. Hiob 21, 11. Nah. 3, 2. Jes. 18,21. Joel 2,5. 1 Chron.
15, 29. Qoh. 3, 4, sowie das Chald.’und Syrische. Zu Ps.
115, 15 cf. 121, 2; zu m) In v. 2 hat Delitzsch bereits
auf amy Ps. 116, 18 hingewiesen. Von den 6 noch
übrigen Gesängen des fünften Buches ist Ps. 108 aus 2
Liedern des zweiten Buches Ps. 57 und 60 zusammen-
gestellt und participirt an der Eigenthümlichkeit des zweiten
Buches, die wie oben bemerkt demselben erst durch die
Hand eines Redactors desselben mitgetheilt worden sein
kann, nämlich dem fast durchgängigen Gebrauch des Gottes-
namens Elohim für Jahveh. Also erst nach der Samm-
lung jenes Buches kann unser Psalm entstanden sein. —
Der 107. Psalm berührt sich in HYMN mit Ps. 142 und
143, bietet aufserdem das im Hebr. sonst unerhörte, nur
Prov. 26,10 und Jon. 1, 11 f. vorkommende, aber gut ara-
mäische Wort pnw und liefert ebenso in dem Hap. Leg.
imo einen unverkennbaren Aramaismus, dessen Bedeutung
sich wohl am sichersten auf „Marktplatz® fixiren läfst cf.
Levy Lexic. Targ. z. rim und Bar Ali in Ges. Thes. ibid.
Auch pop, im Hebr. nur Deut. Deutjes. Cant. (je einmal),
Hiob 2 mal und Ps. 77, 10, chald. pop und syr. mas, und
fees nur noch Deut. 8, 15 und Jes. 36, 17 sind späte
Worte. — Ps. 109 braucht den Plural von wyn, der aufser-
dem nur noch einmal im Qoh. vorkommt, ganz allein steht
er durch die Anwendung des Niphals von 51; n3y& das
sich hier findet ist ein Lieblingswort der exilischen Schrift-
steller, auch die Form 1x2), welche auf einen Stamm ANS
weist, gehört zu den Anzeichen späterer Sprache, denn
> findet sich nur noch Dan., Ezech. und vielleicht Hiob
30,8 und Ps. 10, 10, ist dagegen im Syrischen vorhanden.
Ps. 110 unterscheidet sich in keiner Weise von seiner Um-
gebung : Sn, welches er mit Ps. 132 und 99 theilt, ist
aulserdem nur Chron. Deutjes. und Thren. je einmal nach-
der Psalmen. POF
sawesbar, über M77 cf. die Tabelle zum eloh. Sprachgebrauch,
7, liest man nur noch 2 mal im Qoheleth, maTsy =
been ebenfalls nur noch 3 mal im Qohel. und im Chal-
en, 113) pw grofses weites Land klingt auch an das
mäische an, ob das Hap. Leg. ayy für das gewöhn-
fhe "ww alt ist, mufs nach diesen Proben sehr zweifelhaft
einen. — Will man auf 98, nme und my Pe. 111
in Gewicht weiter legen, so fällt doch in Ps. 112 der
wamaisirende Gebrauch des Part. Pass. für das Activ. auf:
mweos = mys cf. hierzu wo) Ps. 103; yım Jes. 53; nn
Cant. 3, 8 und das oben bei tro Bemerkte. Dafs eben-
. falls ww und “NO spät sind, ist schon oben nachgewiesen.
Das 4. Psalmbuch zeigt in seinen letzten Stücken auf-
falliige Verwandtschaft mit dem 5. : auf die aramäischen
Suffixe in Psalm 103 und den unter dieselbe Kategorie
fallenden Gebrauch des Partic. n5} in demselben Psalm
ast bereits hingewiesen, auch im Gebrauch von 19 stimmt
dieses Lied mit Ps. 111 und 119. Nicht so sicher ist es,
ob "w) ein durcharamäischen Einfluls für 8) in Aufnahme
gekommener Stamm ist. Allerdings findet sich das Verbum
sicher in späten Schriften, zu deren Abfassungszeit bereits
das Aram. auf das Hebr. zu wirken begann. Nah. 1, 2.
Jer. 3, 5, 12. Lev. 19, 18. Cant. 1, 6. 8, 11 f. Mit dem
Nomen Wp aber scheint es anders zu stehen. Denn wenn
es auch in der Bedeutung „Gefängnils® nur bei Jerem.
(8 mal) und Neh. 2 mal erscheint, so kommt es doch im
Sinn von „Ziel® nicht allein Hiob und Thren., sondern auch
1 Sam. 20, 10 vor !). — Ps. 104 bietet aufser dem oben
9) Eine genauere Betrachtung dieser Stelle macht indessen die Ur-
springlichkeit von TOY zweifelhaft. Die LXX hat das Wort durch-
gängig als nom. propr. aufgefalst : elo tiv Auatrapı,; Acaguattaeac ;
apkarrapeı = WHY 175. Man könnte allerdings gegen den Vorzug
des LXX-Toxtes vor dem M. T. einwenden, dafs der Uebersetzer an
I 10, 21 surtickgedacht habe und das ihm unverständliche mo in
296 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
bereits besprochenen “3iv den unzweifelhaften Aramaismmt-
‘oy, der nur noch im chald. Theile des Daniel erscheut;f'
über pop, #72 und yy cf. die Tabelle sum Elohisten, da;
Verb. ıyn findet sich nur noch Daniel und Kera, ebenso it
ww und eine Wendung wie DYMO spät, über ap
roy cf. zu py Tow Pe. 16, endlich erregt auch der Aw
druck ya = ‘fn 192 Bedenken. — Ps. 106 stimmt m!
a> zu Ps. 149, in m) zu Ps. 146, über prw und Typ d
die Tabelle zum eloh. Sprachgebrauch. Ps. 106 braucht
wie Ps. 117 nav für „preisen“, liefert in "9 einen we
teren deutlichen Aramaismus (cf. die Tabelle), #93 kommt
nur noch 4 mal beim Elohisten und 1 mal in den Proverb,
vor, auch ity ist oben bereits besprochen worden. yp
reden, das man für einen Aramaismus zu halten sehr ge
neigt wäre, findet sich aufser Hiob und Proverb. auch Gen.
21, 7 im Zusammenhange des Jehovisten. Was Ps. 90--1%
angeht, so begegnet auch hier eine Reihe von Ausdrücken,
welche die besprochenen Gesänge enthielten : pin Ps. 93;
94; 96; ww Ps. 95; drew Ps. 92; mo Ps. 93; aan
Ps. 94; noy Ps. 94; 101. Hierzu kommen ny] Gedanks,
aufser Ps. 90 noch der Form vielleicht, nicht der Beda-
tung nach : Hiob und Ezech. je 1 mal; oy) Ps. 90, aulser-
dem Prov. 3 mal, Sach. 2 mal, Ps. 27,4; x37 Ps. W
nur noch Jes. 57, 15 und vielleicht Deut. 23, 2, auch sonst
ist NDT in der älteren Literatur selten, es kommt 5 mal
im Hiob, 1 mal Prov., 1 mal Deutjes., 1 mal Thren., 1 mal
Jerem., Ps. 72 und 94 und nur 2 mal im alten Jesaia vor.
Anlehnung an den Namen des Ahnen Jonathans zu verstehen suchte
Aber wie er so auf den Berg Matri gekommen sein sollte, ist dock
schwer einzusehen; und an den anderen Stellen, wo "Hy = Ziel ist
finden wir es von der LXX richtig übersetst. Die Entstehung de
mas. Lesart ist leicht zu begreifen. Ueber die Häufigkeit der Ver
wechslung von * und 3, besonders im Auslaut of. Wellh. Text d
Bb. 8. 8. 15, hierdurch erklärt sich, dafs myn5 zu "WWD!
wurde, die Ergänsung des bleibenden zu 5 5 lag nahe genu
298 Giesebrecht, über die Abfassungascit
klatschen, im Aram. gewöhnlich, kommt nur noch bei i
und Ezech. vor, ebenso ist M¥D in Jubel ausbrechen 5 mal
bei Deuterojes. und aufserdem nur Jes. 14, 7 zu lesen
das Piel Mich. 3, 3 hat die Bedeutung zerbrechen. Vea:
om Ps. 99 ist bereits oben die Rede gewesen, das Hap;
Leg. OU ist ein unverkennbarer Aramaismus. In Ps. m
treffen wir 9/1 an, aufser Ps. 63, 6 nur noch zweimal m
Buch Hiob, andere Derivate von 737 sind ebenfalls in der
älteren Literatur selten. So 31, das uns in den altes
Quellen der Königsbb. nur I 22, 36 begegnet, sonst suet
bei Zephan. 1 mal, 3 mal bei Jerem., 1 mal in den Prov,
1 mal beim Verf. der Königsbb. I 8, 28, 2 mal in de
Chronik, dagegen ist es ein Lieblingswort des Pseudo- und
Deuterojes. (9 mal) und der Psalmen : 9 mal im 4. undi
Buch, 4 mal im 2. und 3. und 2 mal im 1. Buch, cf. endlich
97 Ps. 32, 7. — In Ps. 101 fällt das Verb. 195 auf, a
findet sich nur noch 1 mal in den Prov., kommt aber im
Chald. öfter vor. Auch die Construction OD ivy = ‘d nieg
ist der reinen Sprache fremd, wy sonst noch Hosea und
Ps. 40.— Ps. 102 liefert die beiden Aramaismen mre und
MPM cf. die Tabelle, und nom : nur noch in dem späten
Ps. 79, 11. — Das einzige Lied dieser Gruppe, das biahes
in unserer Untersuchung nicht berührt wurde, ist Ps. 9%,
aber eine Betrachtung seines Stils und seines Inhalts zeigt,
dafs auch er ganz ebenso von Deuterojesaia abhängt, wit
die anderen Gesänge, mit denen er zusammengestellt ist
dies genügt nach dem sonstigen Charakter seiner Um
gebung vollständig, auch ihn der nachexilischen Zeit zu
zuweisen.
Wir haben durch unsere Untersuchung einen fester
Boden gewonnen, auf welchem weiter fortgebaut werde
kann. Dafs in den letzten beiden Büchern des Psalten
ein vorexilisches Lied sich befinde (über Ps. 110 cf. zu Ps.2
mufs ala im hohen Grade unwahrscheinlich bezeichne
werden. Auch der gröfste Theil der Gesänge des 4. Buche
der Psalmen. 299
zeigt so unverkennbare Aramaismen oder Bekanntschaft
mit den exilischen Schriftstellern, dafs die beiden letsten
Bücher vor dem Exil nicht gesammelt sein können. Wir
werden demnach zu anderweitigen Instanzen etwaiger
später Abfassungszeit der weiter zu untersuchenden Lieder
noch die Verwandtschaft, sei es in Sprache, sei es in An-
schauungsweise, mit Gesiingen des 4. und 5. Buches fügen
können. Es scheint mir, als wäre, wenn auch die späte
Abfassungszeit der letzten Bücher jetzt fast allgemein an-
erkannt ist, dennoch die Möglichkeit, von diesem Boden
aus, besonders durch Vergleichung des Sprachgutes der
in den ersten Büchern enthaltenen Lieder mit demjenigen
der letzten, weitere Eroberungen zu machen, unterschätzt.
Im Folgenden soll der Versuch gemacht werden, durch Ver-
bindung der sachlichen und sprachlichen Kritik zu festeren
Resultaten zu kommen, als bisher erreicht worden sind.
Vom 3. Buch, zu dem wir nunmehr übergehen, wird
zunächst der Anhang Ps. 84-89 zu betrachten sein. Der
gröfste Theil der in ihm enthaltenen Lieder legt durch
seinen Inhalt Zeugnifs für nachexilische Entstehung ab.
Das hierdurch für die, an nationalen Beziehungen nicht so
reichen übrigen Gesänge gewonnene Vorurtheil, dafs die-
selben ebenfalls nachexilisch sind, wird durch ihre allge-
meine Haltung und ihren sprachlichen Charakter vollkommen
bestätigt.
Ps. 85 ist für die Zeitbestimmung dieser Lieder außser-
ordentlich instructiv. Der eigenthümliche Gegensatz, welcher
zwischen v. 2—4 und den folgenden Versen obwaltet, läfst
sich nur so verstehen, dafs man die Erinnerung Jahvehs
an die Zurückführung des Volks aus dem Exil, an die
Vergebung, die er dem Volk früher zu Theil werden liefs,
als eine Begründung für die folgende Bitte betrachtet.
Zur Zeit des Psalmisten stand das heilige Volk in Unehren
v. 10, es war von Parteikämpfen zerrissen v. 11, von ge-
waltthätigen Feinden bedrückt v. 12 ff. So hat das Volk
300 Giesebrecht, über die Abfassungeseit
die unmittelbare Empfindung des göttlichen Zorns, welcher
doch durch die Zurückführung der Väter (cf. den Wechsel
des Suffixes in v. 3 und v.5) abgewendet schien. Offenbar
haben wir es hier mit einem Zustand des Volks zu thun,
wie er etwa um die Mitte des 5. Jahrhunderts stattfand :
den Psalm später anzusetzen scheint wegen der Berufung
auf die durch Zurückführung aus dem Exil erwiesene
Gottesgnade nicht thunlich.. Auch Delitzsch hat sich
diesem Eindruck des Liedes nicht entziehen können.
Ps. 87 wurde von Calv., Hupf., Ew. u. A. in unge-
führ dieselbe Zeit verlegt. Die Art, wie er Babel in den
Vordergrund stellt, weist ihn jedenfalls hinter das 4. Jahr
des Jojakim. Dafs er aber vorexilisch oder exilisch sei,
ist nicht wohl anzunehmen, dazu ist die Erwähnung Babels
und Egyptens zu farblos, ein vorexilischer Dichter würde
seinen Befürchtungen, ein exilischer seinem Hals gegen
Babel Ausdruck gegeben haben. Babel ist hier Repräsentant
des östlichen, Egypten des westlichen Heidenthums, das,
wie der Psalmist siegesgewils ausspricht, schliefslich doch
zu Jahveh bekehrt werden soll — es scheint, dafs beide
Judäa politisch ebensowenig etwas angehen wie Aethiopien,
Philistia oder Phönizien, sie beten nur die falschen Götter
an, während sie den wahren Gott verkennen. Aber man
wendet gegen die Annahme nachexilischer Abfassung ein,
dafs Persien nicht erwähnt sei, der Hauptrepräsentant der
Heidenwelt in damaliger Zeit. Hiergegen liefse sich geltend
machen, dafs Babel eine poetische Verhüllung Persiens
sein sollte, wie ja auch Egypten nur unter dem prophe-
tischen Spottnamen Rahab erscheine, cf. Esr. 6, 22, eine
solche Verschleierung mochte auch durch politische Rück-
sichten geboten sein, am wahrscheinlichsten ist aber, dafs,
da Persien nach der Eroberung Egyptens Gesammtname
für den ganzen grofsen Völkercomplex war, welcher im
5. Jahrhundert den politischen Gesichtskreis eines Juden
bildete, und da unter diesem Namen Judäa selbst mitbe-
302 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
läfst, und da wo der Psalm auf die Bitte zu sprechen
kommt, v. 9 f., zeigt sich noch deutlicher, dafs der Psalmist
aus dem Sinne einer Mehrheit heraus redet. Zwar könnte
hiergegen das Ende des 10. Verses, welches den Psalm als
aus dem Herzen eines Königs kommend zu charakterisiren
scheint, sprechen, aber mn ist hier wie öfter Beseich-
nung des Volks Israel selbst cf. Ps. 106, 15. 89, 52, das
Suff. in ig bezeichnet v. 51 offenbar dieselbe Person,
wie das vorausgehende #"7y, nach dem Zusammenhange
werden also die Knechte Jahvehs geschmäht und nicht
ein Einzelner. Auch Ps. 132, 10 ist der Gesalbte Jahvehs
das heil. Volk, das um Davids willen seine Bitte erhört
sehen möchte. Ist ein solches Tempellied, in welchem der
lebendige Gott in ganz gleicher Weise wie die Vorhöfe
des Tempels in Jerusalem als Gegenstand der Sehnsucht
für die Gemeinde Israels erscheint, vor dem Exil zu be-
greifen? Wie wenig fest die Vorstellung, dals Jahveh
allein im Tempel zu Jerusalem zu finden sei, vor dem Exil
im religiösen Bewulstsein des Volks wurzelte, zeigte sich
ja unter den Nachfolgern Josia’s, wie sollte man damals
ein solches Lied gedichtet haben, „dessen Preis des jeru-
salemischen Tempels einen alt begründeten, bereits in die
Gefühle, sowie die Sprachweise des Volks tibergegangenen
Tempelcultus voraussetzt“ (Hupf.). Nach dem Exil war
man bekanntlich ganz anderer Ansicht. Das Deuteronom.
war dem Volke seitdem in succum et sanguinem tiber-
gegangen, am Bestande des Tempels hing der Bestand der
jüdischen Colonie in Judäa. Es spricht demnach Alles
dafür, dafs wir hier ein Freudenlied der Exulanten über
den wiedererlangten Tempel vor uns haben.
Dafs sich in diese, wahrscheinlich erst nach der Mitte
des 5. Jahrhunderts zusammengestellte Psalmengruppe vor-
exilische Lieder verirrt haben sollten, ist an und für sich
sehr unwahrscheinlich, die beiden noch nicht betrachteten
Gesänge 86 und 88 rechtfertigen auch durchaus das Prä-
der Psalmen. 303
judis der nachexilischen Abfassung. Ps. 86 zeigt eine auf-
fillige Verwandtschaft mit Ps. 143, wie auch Delitzsch
besonders hervorgehoben hat, die Selbstverständlichkeit,
mit welcher das Lied den Gedanken ausspricht, dafs vor
Jahveh alle Völker anbeten sollen und die Art wie es den-
selben mit der Bitte um Errettung verknüpft, zeigt, dals
dem Verf. die Anschauungen Deuterojes. bereits geläufig .
waren, auf die Abhängigkeit von früheren Klagepsalmen
hat Hupfeld bereits hinreichend aufmerksam gemacht.
Ebenso ist Ps. 88, wie allgemein zugegeben wird, stark
durch Ps. 6; 18; 22; 28; 31, besonders aber durch Hiob
und Threni beeinflufst, das Lexicon beider Psalmen ist
der Annahme später Abfassung günstig, seine Erschei-
nungen seien hier mit den sprachlichen Eigenthümlichkeiten
der ganzen Gruppe zusammengestellt.
Ps. 89 : 731 = sehr cf. die Stufenps.; pon Hap. Leg.
cf. die aram. Dialekte; 118 cf. Ps. 112; 141; 147; 19 Piel
verwerfen nur noch Thren. 2, 7, ob aus y) abschütteln
abgeschwächt? may beruhigen nur nuch Prov. 1 mal,
Hiph. nur Ps. 65, 8; x97 cf. oben; x3 cf. die Tabelle;
saynn Deut. 3, 26, Ps. 78 3 mal, Prov. 3 mal; pow, in
der alten Literatur nur 1 Sam. 17,53, sonst : 2 Reg. 21, 14.
Ri. 2, 14. Hab. Seph. Jer. Deuterojes. Jes. 13. Sach. Die
Form ww |x) beruht vielleicht auf einem Schreibfehler
in v. 10, cf. aber wiv Hiob 20, 6; “yo umstürzen Hap.
Leg. aber im Chald. z. B. Esr. 6, 12; 35m Lebenszeit,
aufser den Psalmen : 17, 14. 49, 2. 39, 6 nur noch Hiob
11, 17 cf. das Syr. — Ps. 88 : Oya nur noch Hiob; I“
die Tabelle; 1y) nur noch 2 mal im Hiob, 1 mal in den
Prov.; fax nur noch 3 mal im Hiob, 1 mal in den Prov.;
„u cf. die Tab.; mos cf. die Tab.; myn cf. zu Ps. 100;
Se Hap. Leg. cf. mb Ps. 22. Die Peschito übersetzt
XJ)" „beneficio linguae hebraeum vocabulum retinens* Gesen.
Die Bedeutung ist bekanntlich streitig cf. Ges. Thes., was
die Form und ihre Verwendung in der späten Literatur
304 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
anlangt, so ist Ryssel a. a. O. S. 39 f. zu vergleichen.
Das Hap. Leg. m) ist vielleicht mit mp Est. 1, 8 und
mmo Ps. 131 zusammenzustellen; 190 Hap. Leg., aber
wahrscheinlich in MON zu ändern. — Ps. 87 : tnO: Hap
Leg.; zu der Construction 73 1370 M735) cf. das über die
Verwendung des unpersönlichen Passive zum Eloh. be
merkte; für J) eN, das mit _ unter dem | nur noch Imal
im Buch Ester vorkommt, würde die ältere Sprache tw
Yn) sagen (wn wwe = Jeder auch nur Lev. 17, 10, 13);
oon seien es Flötenbläser oder Tänzer kommen nicht
weiter vor, das 3 in der Bedeutung „nicht weniger als“
ist sonst nicht zu belegen, an Owy 20192 = wenn er die
Völker aufschreibt, hat auch Delitzsch schon Anstofs ge-
nommen — genug der Psalm bietet, wenn auch nicht gerade
bestimmt späte lexicalische Erscheinungen, doch manches
Auffallende in stilistischer und syntactischer Hinsicht. —
Ps. 86 : Zu mixunm Hap. Leg. cf. das Mascul., welches
aufser den Psalmen : 28, 2, 6. 31, 23. 116, 1. 130, 2. 140, 7.
143, 1 nur Dan. 4 mal, Sach. 12, 10, Jer. 2 mal, Hiob
1 mal, Prov. 1 mal vorkommt; 5 zeigt den Accusst. an
v. 9; zu nmrın ONw cf. das Lied Mosis v. 22, prx Hmm
nur Ps. 63 und 139 sowie Jes. 44, nrnman pw 4 mal Ezech,
nynrın ma Ps. 88, 7; mop Hap. Leg.; zu my cf. d. Tab.;
Ps. 85 : n5o> = Thorheit cf. 593 nur Qohel. und Ps. 49,
mp2 Prov.; Ps. 84 : Remon Hap. Leg. orp nur noch
Deut. 22 2 mal und Hiob 1 mal; 145 das Wohnen ist Hap.
Leg. cf. aber das chald. Verb. "3 in der gleichen Beden-
tung und 3 im Lied des Hiskia.
Die Asaphpss. 50; 73—83 sind ebenso sicher wie der
Nachtrag zum 3. Buch nachexilisch oder exilisch. Es kann
sich bei ihnen nur darum handeln, ob wir nicht diese
ganze Sammlung als maccabäisch anzusehen haben. Denn
dals Ps. 74, 79, 83 sich am besten erklären, wenn man
die Zeiten des Antiochus Epiphanes als Veranlassung zu
ihrer Abfassung annimmt, scheint nicht bezweifelt werden
306 Giesebrecht, tiber die Abfassungmeit
kann. Wie grofs die Zahl der später, etwa auch in der
Maccabierzeit dem Psalter eingefügten Lieder war, dar
über läfst sich nach dem Prolog des Siraciden, nach 1 Mace,
7, 17, wo Ps. 74 als Wort heiliger Schrift citirt wird, und
aus der Thatsache, dafs unter den Hasmonäern das Pral-
terium Salomonis im Unterschied vom Psalterium Davids
entstand, nur sagen, dafs dieselbe nicht bedeutend sem
kann.
Es hiefse Eulen nach Athen tragen, wollte ich die all-
bekannten Gründe ‚für maccabäische Abfassung der drei
oben genannten Psalmen hier nochmals aufführen, ich be
gnüge mich auf Hitz. Olsh. und de Jong, de pss. mace.
Lugd. Bat. 1857 zu verweisen. Von den übrigen Liedern
trägt der 80. Psalm die deutlichsten Spuren der nachexi-
lischen Zeit. Das Gericht, welches nach Jes. 5 über den
O13 Jahvehs kommen soll, hat sich an dem Weinstock
Jahvehs erfüllt, hatte er sich vorher stolz, der Ceder gleich,
erhoben, so sind jetzt seine Zäune eingerissen, jeder Vor-
übergehende berupft ihn cf. Ps. 89, 41 f., besonders ein
Feind, unter dem Eber aus dem Walde dargestellt, läfst
seine Wuth an ihm aus, Israel ist zum Zankapfel für seine
feindlichen Nachbarn geworden v. 14 und 7, dieser trao-
rige Zustand hat schon lange Zeit gedauert v. 5. Wir
finden offenbar dieselbe Situation vor wie in Ps. 85. 89, 47.
Dafs der Psalm im Exil entstanden sei, läfst sich aus der
Bitte yawn nicht darthun, dieselbe ist doppelsinnig und
kann auch heifsen „erquicke uns“. Aber wohl ist die Bitte
von Bedeutung, Jahve möge vor Ephraim, Manasse und
Benjamin her seine Macht erweisen, Juda erfleht wie es
scheint die Zurückführung des früher eng verbundenen
Nachbars und der nördlichen Stämme cf. Jes. 51, 12. 40,
10 u. 6. Das weist auf die Zeit, da die Feindschaft der
Samariter die Colonisirung des nördlichen Reiches durch
die echten Israeliten wünschenswerth erscheinen lassen
mochte — also in dieselbe Zeit wie oben für Ps. 85 und
der Psalmen. 307
89 festgestellt wurde. — Nicht anders wird auch der fol-
gende Psalm angesetzt werden können : Das Volk ist von
Feinden bedroht v. 15 f., auch sonst befindet es sich in
dürftiger und gedrückter Lage v. 17, dieser Zustand ist
Folge eines göttlichen Gerichts, durch welches das wider-
spenstige Geschlecht in seinen eigenen sündlichen Willen
dahingegeben wurde v. 13, damit es das Mafs der Sünden
vollmachend die Strafe herbeiführe. Sehr instructiv ist es,
v. 12 f. mit Jer. 7,24 zu vergleichen, dem sie nachgebildet
zu sein scheinen. Hier erscheint das Hingehen des Volks
in den Rathschlägen seines halsstarrigen Herzens als seine
eigene That, gegen welche Gott seinerseits durch Sendung
der zuverlässigen Verwarner, der Propheten, reagirt, dem
Psalmisten erscheint dieselbe Thatsache bereits als der
Anfang des Gerichts, unter dessen Schwere er augenblick-
lich seufzt, jene Stelle aus Jeremia ist offenbar die Vor-
aussetzung für die Worte unseres Psalmisten. Der Psalm
könnte sonach exilisch sein, da er aber nach v. 1—5 das
Bestehen des Tempelcultus voraussetzt, so werden wir ihn
am besten in dieselbe Zeit wie seinen Vorgänger setzen. —
Ps. 82 setzt einen Zustand völliger Auflösung der recht-
lichen Ordnung voraus, infolge der schlechten Regenten
resp. Richter (was im Orient identisch) wankt das ganze
Land (vielleicht auch die ganze Erde). Auffallend ist, dafs
der Psalmist keinen König der diesem Uebel hätte steuern
können verantwortlich macht, ja deuselben nicht einmal
erwähnt. Die Situation erklärt sich durch den Schlufs
des Psalms : die Herrscher, welche unrecht richten, sind
keine einheimischen : Jahveh wird aufgefordert, sich selbst
des gedrückten Rechtes anzunehmen und auf Erden Ge-
richt zu halten, weil er Erbherr sei über alle Heiden.
Offenbar führt also der Psalm in dieselbe Zeit, wie die
vorhergehenden, in die der persischen Herrschaft. — Gehen
wir von Ps. 79 aus rückwärts, so ist auch Ps. 78 mit Be-
stimmtheit als nachexilisch anzusehen. Er giebt eine er-
308 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
baulich paränetische Betrachtung über die altisraelitische
Geschichte bis auf David nach der deuteron. Anweisung
Deut. 6, 20 cf. Ex. 10, 2, und ist sich bewulst, hiermit
otp wo myn, sinnvolle Geschichten der Vorzeit vor .
tragen. Er steht durchweg auf der Geschichtsbetrachtung
des Verfassers der Königsbücher, mit dem er auch in de
Terminologie Verwandtschaft zeigt cf. v. 56; 58; 68,
Würden schon diese Umstände hinreichen, den Psalm a
das Exil oder nach demselben anzusetzen, so kommt seine
Verwandtschaft mit den späten Producten : Ps. 105; 106;
95 und dem Anfang des 81. dazu, dies Urtheil zu best
tigen. — Ps. 77 ist in demselben Ton gehalten wie Ps.81,
nimmt dieser von der Betrachtung der Vorzeit seinen Aus-
gang, so mündet jener in eine Erwägung der Thaten, die
Jahveh früher für Israel gethan, hier wie dort erscheint
Joseph als besondere Bezeichnung des heil. Volks. Und
wenn der Psalmist in der Noth die Tage der Vorzeit über-
denkt, sich an die Jahre der Urzeit erinnert v. 6, so wird
sein Kummer kein rein individueller sein, sondern die Noth
seines Volkes zum Hintergrund haben. Nur so ist a
auch zu verstehen, wie er ausrufen kann : will der Her
in alle Ewigkeit verabscheuen und sich gar nicht wiederum
erbarmen ? v. 8. Auf nichts Anderes weist endlich die
Fortsetzung dieses Spruchs : ist seine Gnade in Ewig-
keit zu Ende, ist es aus mit dem Wort für immer ? Unter
78 kann nur das Verheilsungswort gemeint sein, welches
stete Gnadenbereitschaft Jahvehs verkündete, dessen konnte
sich aber nur Israel als Ganzes getrösten. Der Psalm
spiegelt somit dieselbe Situation wieder wie Ps. 8088,
irgend ein Grund, ihn von seiner Umgebung loszureilsen,
ist nicht erfindbar — sein sprachlicher Charakter thut, wie
wir unten sehen werden, das Uebrige, ihn in nachexilische
Zeiten zu versetzen. — Eine höchst gewichtige Instanz für
späte Abfassung bildet die Sprache auch bei dem 73. Pas,
doch nicht, ohne dafs seine inneren Eigenthümlichkeiten
310 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
zu verantworten haben wird, und der weitere Verlauf des
Psalms zeigt, dafs es dem Dichter weniger auf diese Ein-
kleidung angekommen ist, als darauf, zu lehren, welcher
Gottesdienst der Jahveh wohlgefällige sei; aber die Ein-
kleidung dieses Gedankens ist auch etwas werth, sie zeigt,
in welchen Verhältnissen das Volk zur Zeit des Verf.
lebte. Ein vorexilischer Dichter brauchte Jahveh nur auf
Zion herabfahren zu lassen, dann hatte er sein Volk um
sich. Hitzig hat dieselbe Beobachtung gemacht, wenn
er aber daraus, dals die D’TOr erst aus allen Theilen der
Erde gesammelt werden müssen, schlielst, dafs der Psalm
ins Exil gehöre, so verkennt er die Tendenz des Liedes,
welches, wie aus v. 8—14 deutlich hervorgeht, gegen eine
äulserliche werkheilige Werthschätzung des Opferdienstes
polemisirt. Was diese Polemik anlangt, so ist sie offenbar
nicht sehr tief, auch in ihr unterscheidet sich der Dichter
merklich von den alten Propheten, deren Eifern gegen das
opus operatum des Opfers vielmehr auf dem Bewulstsein
des sittlichen Wesens Jahvehs beruht. Für unseren Dichter
waren ihre Aeufserungen schon eine Art dogmatischer
Sätze, denen er sich wohl anschlofs, die er aber nicht ganz
verstand. Dafs auch v. 16 in die Zeit nach dem Deuteron.
hinabführt, da er einen statutarisch festgesetzten Gottes-
willen voraussetzt, den nicht Jeder wirklich kannte, hat
Ewald schon hervorgehoben.
Hiernach stammt die Sammlung der Asaphpss. aus der
Zeit nach dem Exil, das erweckt für die zwei noch übrigen
Lieder Ps. 75 und 76 kein vorexilischer Abfassung gün-
stiges Vorurtheil. Ps. 75, welcher Jahveh als den gerechten
Richter preist und seine Erscheinung zum Gericht in nahe
Aussicht stellt, bietet in der That nicht den mindesten
Anlafs, ihn für vorexilisch zu halten. Auch hier ist das
Gericht wieder reine Einkleidung, cf. Hupf. wie bei Ps. 50;
dafs eine grolse Niederlage der Feinde den Anlafs zu
diesem Liede gegeben habe, wie Ewald u. A. annehmen,
der Psalmen. 311
det aus v. 1 nicht zu schliefsen, der Dichter spricht viel-
_ wehr ausdrücklich davon, dafs der Name Jahvehs d. h.
seine Offenbarung erst herannahe, cf. Jes. 46, 13. 50, 8.
61, 5. 56, 6 und v. 3 des Psalms, zu dem die Stellen aus
Joel, Obadja, Zeph. u. s. w. zu vergleichen sind, welche
von dem nahe bevorstehenden Gerichtstag reden. Die
Feinde, mit denen der Psalmist zu thun hat, sind auch
nicht sowohl fremde Völker, als Frevler, welche mit 5b
und DYyW1 bezeichnet werden; wenn er von ihnen sagt,
dafs sie zur Höhe ihr Horn emporheben, so deutet dies
such eher auf Uebermüthige, Unterdrücker der treuen
Jahvehverehrer, als auf Heere hin, welche Jerusalem be-
lagern. Endlich weist der Taumelbecher, den die Hand
Jahvehs den Frevlern kredenzt, eine bei Hab., Jer., Deutjes.
und Ezech. besonders geläufige Vorstellung, auf späte Zeit,
ef. Hupfeld. Der Psalm ist hiernach nur aus einer Zeit
wie die des Nehem. zu begreifen. Ps. 76 blickt allerdings
auf eine feindliche Bestürmung Jerusalems zurück, welche
mit der gänzlichen Niederlage der Belagerer geendet hat.
Aber dafs diese Rettung der Stadt zur Zeit des Dichters
stattgefunden hat, davon ist in dem Psalm nichts zu lesen,
vielmehr sagt er genau betrachtet das gerade Gegentheil.
Denn v. 1—3 sind lediglich referirend gehalten : „erkannt
wurde in Juda Gott, in Israel war grofs sein Name und
er nahm in Salem seine Hütte und seine Wohnung in Zion,
daselbst zerbrach er“ u. 8. w. Würde wohl ein Dichter
zur Zeit Hiskias den Abzug der Assyrer in dieser Weise
gefeiert haben, ganz abgesehen davon, dafs ja die assyr.
Niederlage (?) gar nicht bei Jerusalem stattfand, was die
Ausleger immer wieder zu vergessen scheinen, weil Jesaia
in seinen prophetischen Gesichten den Vorgang allerdings
in jener Weise geschildert hat. Gerade die Weissagungen
Jesaias geben den Schlüssel zu unserem Psalm, ihre Schil-
derungen, welche der Dichter für geschichtliche Ereignisse
hielt, führt er zur Verherrlichung Jahvehs und seines
312 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
Wohnsitzes in Jerusalem weiter aus. Dafs dies auf eine
Zeit weist, welche den Tagen Jesaia’s fern steht, braucht
kaum bemerkt zu werden, es ist sonach nicht der mindeste
Grund, dies Gedicht aus dem Zusammenhang seiner Um-
gebung loszureifsen und es für vorexilisch zu erklären.
Auch die Sprache des Psalms stimmt zu einer späten Ab-
fassungszeit.
Die sprachlichen Erscheinungen dieser Psalmen seien
hier zusammengestellt. Ps. 83 ist in syntactischer Beziehung
die Vorausnahme des Objects durch ein Suffix am Verbum
auffallend, welche auf aram. Einflufs hinweist : wa") why.
Die hier erwähnten Hagrier kommen im A. T. nur in der
Chronik vor, auch 523 = Gebalene findet sich im A. T.
nicht wieder, wohl aber in nachalttestamentlichen Schriften
cf. Targg. Das Verbum wm) findet sich noch 3 mal im
4. und 5. Buch der Psalmen, im 2. Buch 1 mal, aufserdem
Mal., Joel 2 mal, Hiob, Deutjes., Deut. 32, 22, das Nomen
wind allerdings schon Gen. 3. Zu 75 wı 5x cf. Jes. 62, 6,
70) für Fürst findet sich noch Jos. 13, 21 im eloh. Zu
sammenhange, Ezech. 1 mal und Mich. 5, 4, 70) sei e
nun = salben oder einsetzen Ps. 2 und Prov. 8. An die
letzten Bücher erinnert auch die übertriebene Verwendung
des poet. Suff. w.- in v. 12 und v. 14. — Ps. 82 : dy,
in den Pss. noch 7, 4. 52, 2, ist ein Lieblingswort Ezechiels
(10 mal), aufserdem finden wir es : Lev. 19 2 mal, Deut.
25, 16. 32, 4, Hiob 2 mal, Prov. und Jerem. je 1 mal; über
my und tio cf. oben die Tab. und zu Ps. 121. — In
Ps. 81 fällt die sonst unerhörte Form HOM auf, die Unter.
lassung der Synkope ist sonst in den Pss. nicht gerade
selten, hat aber ihre Analogieen meist in späten Schriften.
Man vergleiche witty Ps. 28, 7 im Ps. 45, 18, yen |
Ps. 116, 6 mit Neh. 11, 17. Ez. 46, 22. Jer. 37. 3. Hiob
13, 9. 1Sam. 17,47. In einer Reihe der angeführten Fälle
mag allerdings das Bestreben mitgewirkt haben, die betr.
Worte den mit “in beginnenden Eigennamen ähnlich zu
der Psalmen. 313
gestalten, aber für Formen wie Ovpyina Ps. 36, 6 cf. Ez.
), 25. 47, 22. Neh. 9, 19. 12, 38. Qoh. 8, 1. 2 Chron. 10, 7
of. 2 Sam. 16, 12; 2 Reg. 17, 12 reicht diese Erklärung
nicht zu. Es liegt daher nahe, da die meisten der ange-
führten Stellen der späten Literatur angehören, diese Er-
scheinungen auf den Einfluls des Chaldäischen zurückzu-
führen, da im bibl. Chaldaismus die Participia des Haphil
die synkopirten und die vollständigen Formen unterschieds-
los anwenden — auch Imperfectformen ohne Synkope
finden sich. Dafs 03, aufser hier noch (in der richtigen .
Form x03) Prov. 7,20 im A. T., sich nur aus dem Syrischen
erklärt, ist allgemein zugestanden, die Ableitung ist zweifel-
haft, denkt man an die Wurzel 703 (wiez.B. Delitzsch)
und betrachtet die Form als sog. Segolatform, so hat sie
ihre Analogieen nur in den späten Beispielen 151 cf. zu
Ps. 90; 732 Eer. 10, 1; AQ HD) Ezech. 18, 33. Das
Mascul. ba0 kommt nur noch i im Buch Neh. vor und 1 Kon.
11, 28; darüber, dafs diese letztere Stelle einem stark über-
arbeiteten Zusammenhang angehört cf. Wellhausen in
Bleek’s Einl. S. 240. Jesaia sagt dafür 530, und der
Jehovist braucht den Plural rivap cf. auch Hupfeld. Zu
dem Ausdruck 7] 5x für Gırıx omdx Deut. 5, der noch
Ps. 44, 21 vorkommt, ist Jes. 43, 12. Hiob 15, 19, zu
Q) >® Deut. 32, 12 zu vergleichen. nm 8 mal bei
Jerem. und Deut. 29, 19 ist wohl auf aram. Einflufs zu-
Fückzuführen, es kommt sowohl im Chald. als im Syr. vor,
dafs schon die Form dafür spricht, hat Ryssel S. 48
2.2.0. behauptet, cf. die dort von ihm zusammengestellten
Beispiele. — Ps. 80 : Dafs zu yy (nur noch Ps. 50) das
thald. xy} der Wurm und die Verba m und nit cf. auch
las Syr. zu vergleichen sind, ist längst bemerkt worden,
>b das Deutjes. 66, 11 sich findende 1} hierhergehört, mufs
sweifelhaft bleiben, ebenso hat man in OO > zerwühlen
yereits einen Aramaismus erkannt, cf. OD. yos, habe
s nun die Bedeutung auswählen oder grofsziehen, kommt
314 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
so nur noch Jes. 44, 14 vor, auch Ww berupfen findet sich
nur noch im Hohenliede, 13 (beschirmen ?) ist Hap. Leg. —
Ps. 79 : Zu mp cf. die Tab.; Mpom nur noch Ps. 102.
in aufser Gen. 1, 24 nur Deutjes., Zeph. je 1 mal, Ps. 104
2 mal und Pa. 50, 10. obp aufser Ps. 44, 14 noch Jer. 20.
Ps. 78 : zu 3% cf. zu Ps. 144; gq sehr, cf. die Stufen-
psalmen ; nA ist bereits als Aramaismus erkannt, cf. wh Syr.;
O'My eine Viehkrankheit kommt hier allein vor, 17 aufser
Ps. 76 noch Hab., Hiob, Deut. 32 je 1 mal, Cant. 2 mal.
058 nur noch Prov. 3 mal, Jes. 26 und Ps. 58; mong nur
noch Jes. 65, Jer. 15, Lev. 26. 3*yym nur noch Jer. 44,
das Piel : Hiob, Deutjes. und Ps. 36. Zu mıy cf. Ps. 145
und Jes. 42; bo» die Hoffnung Hiob 3 mal, Prov. 1 mal. —
Ps. 77 : zu yop ‘ef. Ps. 107; 793 ist ein Aramaismus; die
Worte non xd) may m „meine Hand ist ausgegossen und
wird nicht starr“ sind eine höchst unpassende Nachbildung
von Thren. 3, 49 mn sn mn my. HON ist schon zu
Ps. 142 besprochen, mgm kann nur als eine späte, unreine
Bildung angesehen werden, auch 791% ist soweit ich sehen
kann ohne Analogie. — Ps. 76 : zu Ex 821 cf. Ps. 78;
eine halbaramäische Form ist onze, zu der sich weitere
Beispiele nur aus späten Büchern auftreiben lassen cf. bar
Jes. 63, 3; anne 2 Chron. 20, 356. Die Wendung DR ıX9
== „von dem Eintreten (eigentlich von dem Damals) deines
Zornes an“ ist nur noch durch P27 wy Rut 2, 7 und das
viel entfernter ähnliche 59M wy „von damals an als wir
abliefsen“ belegbar. mion Plur. von pm nur noch Prov.
22, 24. Ps. 75 : das Qal von 559 kommt in der Bedeu-
tung unsinnig sein, rasen, nur hier und Ps. 5, 6; 73, 3
vor, 1 Sam. 21, 14 wendet dafür das Hithpoel an, das
auch Nah. Jer. Deutjes. brauchen. Das Poel und Poal
finden sich nur in späten Schriften : Hiob, Deutj., Qoh.,
Ps. 102 cf. mbbin und nibbw 5 mal im Qoheleth. Sti-
listisch auffallend ist yim mpx = ich ergreife den Zeit-
punkt, v. 7 ist so gut wie ganz unverstindlich, auch wenn
der Psalmen. 315
man Ov" als Infinitiv auffafst. Von der Benutzung Deu-
terojesaias in den ersten Versen ist schon die Rede ge-
wesen, zu ww wo’ cf. Jes. 51, 17. Ezech. 23, 34. am:
3 mal in den Prov., 7 mal bei Ezech., 2 mal bei Deutjes.,
1 mal bei Hiob und aufserdem an zwei spiiten Stellen der
historischen Bücher : dem Lied der Hanna und 2 Reg.
12, 12. “om schäumen, brausen, aufser Ps. 46, 4 nur noch
Thren. und Hiob. — Ps. 74 : zu mp cf. die Tab. ning»
nur noch Ps. 73, 18 Y xy cf. NEN. MD. Md von MO u. 4.
in Ges. Thes. angeführte Beispiele, meist der späten Lite-
ratur angehörig. Oy) nur hier von My, sonst stets im
Hiph., über 74 cf. oben; die Construction des 5. Verses
ist kaum verständlich. — Ps. 73 zeugt ebenfalls durch
seine Dunkelheit und das Ungewöhnliche der Constructionen
für spätes Zeitalter, lexicalisch ist anzumerken der Ara-
maismus DON = verspotten, sonst nicht im A. T., das
gleichfalls auf aram. Einfluß hinweisende nv» cf. die
Bemerkung zur Tab., das Hap. Leg. 5we von unsicherer
Bedeutung. n=yArı kommt nur noch Jes. 58, 6 vor; un
ist ein Aramaismus cf. Ps.92; yonnn und ping kommen
beide nicht wieder vor, das Qal von poy treffen wir hier
allein im A. T.; der Ausdruck „Bedrückung reden“ v. 8
findet sich nur noch Jes. 59, 13; zur Form 79mm ist nur
eine Analogie in Ex. 9, 23 vorhanden. — Ps. 50: zu dem
Aramaismus 1% cf. Ps. 80; ‘97 ist im Hebr. sonst nicht
vorhanden, erscheint aber in den Targumim; zu in cf.
Ps. 79; myn in einer ganz ungewöhnlichen Bedeutung
nur hier — auf die Schreibung Map) mit @ statt D die
nur Deut. 32, Jer., Ez. vorkommt, ist wohl deswegen kein
grofser Werth zu legen, weil das Wort auch in späten
Schriften mit D geschrieben wird.
Die Zeitbestimmung der korahitischen Sammlung Pe.
42—49 würde, wenn wir nur Ps. 42 f.; 44; 47; 49 vor
uns hätten, sich sofort mit Sicherheit ergeben. Keins von
diesen Liedern ist vorexilisch. Ps. 49 behandelt ähnliche
316 Giesebrecht, über die Abfassungescit
Probleme wie Ps. 73, seine Anschauungsweise hat manches,
was an diesen Psalm und an @obel. erinnert, über die
Betrachtung des Leidens, welche das Buch Hiob giebt, ist
der Verf. philosophisch erhaben. Die Sprache seigt manche
auffallende Härten und Dunkelheiten. Ps. 47 läßst Jahveh
als den alleinigen Gott von allen Nationen preisen, ganz
wie Ps. 95 ff., und lehnt sich nicht allein in der Form,
sondern auch inhaltlich an Deutjes. an, cf. zu Ps.96. Der
Schlufs, dafs unser Ps. spät ist, legt sich auch dadurch
nahe, dafs er den sonst nur in den Psalmenüberschriften
vorkommenden Ausdruck 33 anwendet — derselbe ist
jedenfalls ein Kunstproduct der Tempelmusik. Bei Ps. 44
hat man nur die Wahl, ob man ihn für exilisch oder für
maccab. halten will, ich entscheide mich aus bekannten
hier nicht näher aufzuzählenden Gründen für das letztere
— was endlich Ps. 42 und 43, die ursprünglich zusammen-
gehörten, anlangt, so sind dieselben nach Ps. 84 zu beur-
theilen. Für jene ist wie für diesen Gott nirgends anders
als im Tempel von Jerusalem gegenwärtig, die Sehnsucht
nach dem lebendigen Gott ist identisch mit dem Verlangen
an den Tempelprocessionen theilzunehmen, vor dem Altar
in Jerusalem mit Opfern zu erscheinen u. s. w. Dabei ist
der Verf., der übrigens wohl nicht nur persönliche Klagen
ausstölst, im nordisraelitischen Lande von böswilligen, un-
gläubigen Gegnern, einem nicht frommen Volke umgeben,
das seinen Mifshandlungen noch den Hohn über das Gott-
vertrauen des Dichters hinzufügt, auch dies stimmt am
besten zur Zeit nach dem Exil.
Dabei setzt der Stil des Psalms eine für geistliche
Zwecke bereits stark ausgeprägte Sprache voraus : cf.
42, 3, 6, 7, 10, 12. 43, 1, 2,3. Kann über die angeführten
Lieder und ihre Abfassungszeit keine grofse Meinungsver-
schiedenheit stattfinden, so gehen die Urtheile sehr aus-
einander in Betreff des Alters der drei übrigen Psalmen
45; 46; 48. Es giebt fast keine Periode der israelitischen
318 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
zenden Zustand unter jenen beiden Monarchen entfernt
war, dafs man nicht müde wurde sich die Herrlichkeit
ihres Hofes auszumalen, dafs insbesondere Salomo zum
Ideal des in behaglichem Lebensgenusse beschaulich dahin-
lebenden orientalischen Weisen wurde, davon legt der
Qoheleth deutliches Zeugnifs ab, und wer das Hohelied
für ein Spottgedicht auf Salomo halten kann, der ver-
kennt völlig die Begeisterung für ihn, die aus dem Anfang
des 1., aus dem Schlufs des 3. Cap. u. s. f. spricht. Wie
nahe sich die angeführten Stellen mit unserem Ps. berühren,
braucht nur angedeutet zu werden, cf. auch Cant. 6, 8 mit
Ps. 45, 10, 15. Auffallend ist auch die Berührung in den
Namen der wohlriechenden Salben zwischen unserem Psalm
und dem Hohenliede : » kommt nur noch Cant. 7 mal,
Ester, Prov. 7, 17 und in der späten Stelle Ex. 30, 23
vor, Mn hat unser Psalm mit Cant. allein, o-Sme nur
noch Prov. 7,17 — Num. 24, 6 wird ove gelesen werden
müssen. miyryp findet sich im Singul. nur noch Hiob
42, 14. Bei der Annahme, dafs unser Psalm ein mit dem
Hohenlied auf einer Stufe stehendes, zur Verherrlichung
des viel gefeierten salomonischen Hofes gedichtetes Lied
ist, erklärt es sich leicht, dafs die 53g’ hier als Tyrerin
auftritt. Eine Zeit, welche ihm 60 Königinnen als Kebs-
weiber andichtete, konnte auch durch die anerkannt freund-
lichen Beziehungen des Salomo zum tyrischen Hofe ver-
anlafst werden, die ägyptische Königstochter mit einer
phönizischen zu vertauschen; und erwägt man die Beschrei-
bung der Herrlichkeit Salomos Qoh. 2, 4-9. Cant. 3, so
hat es gar nichts auffallendes, dafs man in jener Zeit von
elfenbeinernen Palästen des Salomo Ps. 45, 9 sang und
sagte. — Es miifste wunderlich zugehen, wenn Ps. 46 und
48 inmitten später, z. Th. sehr später Lieder vor dem Exil
verfafst wären. In der That zeigt Ps. 46 keine Indicien,
welche nöthigten, ihn vor das Exil zu setzen. Schon Hup-
feld hat erkannt, dafs v. 1—8 einen ganz allgemeinen
“ru e+
der Psalmen. 319
Ausdruck des Vertrauens auf den Gott enthalten, der den
Mittelpunkt seines Reiches in Jerusalem hat, ganz ähnlich
wie Ps. 76. Wenn aber v. 9—12 sich nothwendig auf
ein bestimmtes historisches Ereignils beziehen sollen, durch
welches die Unantastbarkeit Jerusalems documentirt worden
sei, und dieses sich näher als die Vernichtung der Assyrer
unter Sanherib herausstellen soll, so ist diese Behauptung
im Context des Psalms nicht begründet. Jerusalem kann
vielmehr durch die Kriege, von denen hier die Rede ist,
nur sehr mittelbar betroffen sein, Jahveh macht den Kriegen
ein Ende bis an den Rand der Erde, er richtet Verwüstung
an auf Erden, das sind offenbar viel zu allgemeine Aus-
drücke, als dafs mit ihnen die Vernichtung eines das heilige
Land verheerenden und Jerusalem bedrohenden Heeres
bezeichnet sein könnte. Auf einen grofsen Weltkrieg, von
dem allerdings auch Judiia Schaden befürchtet hatte, führt
uns v. 11: lafst ab und erkennt, dals ich Gott bin, er-
haben unter den Heiden, erhaben auf Erden. Auch Hup-
feld hält hiernach die Beziehung auf Sanheribs Zug keines-
wegs für sicher. Auch Ps. 48 erklärt sich aus der Zeit
Sanheribs nicht, die Mehrheit von Königen, deren Bund
ein schmähliches Ende genommen hat (v.5), hat den Aus-
legern bei jener Annahme schon mancherlei Schwierig-
keiten bereitet, besonders aber spricht v. 9 dagegen, die
Zeit des Sanherib als Abfassungszeit dieses Liedes zu be-
trachten. Denn offenbar blickt der Dichter hier ganz
ähnlich wie derjenige des 76. Psalms auf ein längst ver-
gangenes Geschehnifs zurück, durch das sich Jahveh ehe-
mals als Burg in Zion kundthat und welches er in neuerer
Zeit wieder bestätigt sieht. So konnte man in der Zeit
des Sanherib nicht sprechen, der Abzug des Pekah und
Rezin war nicht so weit von der Vernichtung des Assyrer
unter Hiskia entfernt, dafs der Dichter jene Thatsache als
etwas nur durch Hörensagen vernommenes dieser als etwas
selbsterlebtem gegenüberstellen konnte Es ist am ein-
320 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
fachsten, dals jene einzigartige Rettung der Stadt unter
Sanherib, die für die religiöse Entwicklung Judas von weit-
tragender Bedeutung war, wie in Ps. 76 das Thema zu
der Betrachtung v. 1—8 bildet, in freier Weise ohne strenge
geschichtliche Genauigkeit ausgeführt. Das Ende des
Psalms scheint dies zu bestätigen : v. 13 erinnert an Jes.
33, 18, verwendet jedoch diese Reminiscenz in ganz selb-
ständiger Weise. Dals Jerusalem durch den Krieg direct
bedroht war, scheint aus diesem Theil des Psalms hervor-
zugehen, welche Bedringnifs aber der Verf. meint, ist nicht
mehr auszumachen. Wegen der Umgebung, in welcher sich
die beiden Psalmen finden, ist es mir am wahrscheinlichsten,
dals die Feldztige Alexanders des Grofsen oder andere Er-
eignisse der persischen Geschichte Anlafs zu diesen Psalmen
gaben, doch mufs die entfernte Möglichkeit zugegeben
werden, an kriegerische Bewegungen des 7. Jahrhunderts
zu denken, wenn auch hiergegen immer das Bedenken
bleibt, dafs weder ein jüdischer König, noch ein jüdisches
Heer in diesen Psalmen hervortritt.
Die Sprache dieser Psalmen wird durch folgende Er-
scheinungen charakterisirt. Ps. 49 : br c. Ps. 89; nun
Sinnen Hap. Leg., das Verb. in dieser Bedeutung in den
Psalmen häufig, in der älteren Literatur nur in dem (nicht
sicher echten) Stück Jes. 33,18 nachzuweisen; niman nur
‚noch in den Proverb.; nuaN nur noch Prov., Ps. 75, Hiob,
Deutjes.; auch im Sing. ist das Wort in der alten Lite-
ratur selten, da Hos. 13, 2 wahrscheinlich corrumpirt und
1 Kön. 5, 9; 7,14 schwerlich alt sind. nm, in den Psalmen
sehr häufig, findet sich aufserdem noch bei Hiob, Prov.,
Ezech., Deutjes., Jona; yp thöricht nur noch Ps. 73 und
92; Prov. 12, 1. 30, 2. Der Gebrauch des Plural von
Mpx (sonst nie) scheint auf eine Zeit gesunkenen Sprach-
gefühls hinzuweisen. Ueber die Form von "a cf. Ryssel
S. 39, das Wort selbst ist ein Aramaismus, der im A. T.
noch 10 mal im Buch Ester, Hiob, Prov., Ezech., Jer.,
$9292 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
Jes. und Mich., sonst ein Lieblingsausdruck Jeremias und
Ezechiels; zu > cf. Ps. 90; zu nu cf. die Tab.; opxw
nur noch 3 mal bei Jerem. und Ps. 8; zu "58 cf. Ps. 81;
zu mony cf. die Stufenpss.; nobym, eine späte Form of
Ryssel a. a. O.S. 44, noch 2'mal im Hiob. — Ps. 42
und 43 : my nur noch Joel, my Cant. 2 mal und Ezech.
2 mal; 70 = chald. 99 cf. Ges. Thes.; Oye nur noch im
Lied des Hiskia Jes. 38, 15, über das Talm. 777 cf. Hup-
feld z. d. St. Anm. 96; mm cf. zu Ps. 100; My nur noch
1 mal bei Ezechiel; nm im Hithpoel nur hier.
Die letzten Psalmen der zweiten Gruppe davidischer
Lieder : Ps. 51—71 lassen sich mit der gröfsten Sicherheit
als nachexilisch bezeichnen. Ps. 66 mufs sehr spät angesetzt
werden, die an alle Völker gerichtete Aufforderung Jahveh
zu preisen ist bereits etwas so gewöhnliches zur Zeit des
Verf. geworden, dafs die Heiden für ihre eigenen Nieder-
lagen Jahveh lobsingen müssen. Mit keinem Worte ver-
räth der Dichter, dafs er diese Verherrlichung Jahvehs
durch die Heiden als etwas der Zukunft, dem messianischen
Reiche angehörendes betrachtet, die Aufmunterung der
Heiden zum Lob Gottes ist vielmehr rein formelhaft bei
ihm geworden. Auch ihm mufs daher wie den Dichtern
von Ps. 95 ff. Deuterojes. eine geläufige Lectüre gewesen
sein. Dies wird durch v. 10—12 bestätigt, welche ganz
ähnlich wie der 129. Psalm auf die Nöthe vor und im Exil
(vielleicht auch nach demselben) zurückblicken. Der zweite
Theil des Psalms wird bekanntlich von einigen Auslegern
als ursprünglich nicht zum ersten Theil gehörig betrachtet,
und schroff genug ist der Uebergang von der allgemeinen
Noth und Errettung zur individuellen des Verf. Willman
hier nicht geradezu eine Personification des Volks, die
dann wieder auf ‘Deuterojes. hinweisen würde, annehmen,
so legt die Leichtigkeit jenes Uebergangs den Gedanken
nur um so näher, dafs nationale und universalistische Wen-
dungen in der religiösen Sprache bereits formelhaft und
der Psalmen. $23
sch geworden waren, als unser Psalm entstand. Un-
ihr in dieselbe Zeit müssen Ps. 65 und 67 gehören, es
ıt in ihnen derselbe Geist wie in Ps. 66. Die Art, wie
Ps. 65 Jahveh als der Gegenstand der Anbetung und
Vertrauens für die ganze Menschenwelt dargestellt ist,
mert an Mal. 1, 11. Weder hier noch dort handelt es
1 um die Darstellung der Hoffnung, dals Jahveh der-
it von allen Völkern angebetet werden solle, sondern
wird ein bereits vorhandener Thatbestand constatirt.
veh ist zum allgemeinen Gott der Menschheit geworden.
ausgeprägt universalistischen Anschauungen huldigt
lich Ps. 67 nicht, mit Recht bemerkt Riehm, dafs die
'herrlichung Jahvehs durch die Völker hier als Hoff-
ig des Dichters erscheint. Damit ist aber für seine
exilische Abfassung nichts gewonnen. Man betrachte
. Psalm näher und frage sich : war Israel, als derselbe
fafst wurde, von auswärtigen Feinden mit den Waffen
der Hand bedroht? Und wenn dies nicht der Fall
, welcher Art kann eine Noth in Israel gewesen sein,
ch deren Abwendung auf Erden Jahvehs Weg, unter
Völkern sein Heil erkannt wird? Reicht hier eine
ıdplage oder Hungersnoth hin? Offenbar ist es das
l oder die Zeit nachher, welche unseren Psalm hervor-
!hte. Ebenso unverkennbar und bereits vielfach be-
ptet ist die Abhängigkeit des 68. Psalms von Deutero-
ia, cf. z. B. Hupf. und Kuenen. Die Aufforderung,
veh der durch die Steppen daherfährt den Weg zu be-
en v. 5, erinnert an Jes. 40, 3 cf. Cap.52 u. a., seine
veichnung als des Vaters der Waisen, des Richters der
ittwen, der die Einsamen zur häuslichen Stätte führt,
3 Gefangenen in selige Freiheit setzt v. 6 f., führt man
yenso sicher auf Deuterojes. zurück, cf. auch v.20, wenn
bersetst wird : alle Tage schleppt er uns u. s. w., mit
je. 63, 9. Zu dieser späten Abfassungszeit passen auch
lie geschichtlichen erbaulichen Rückblicke v. 8—19 cf.
21°
394 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
Ps. 78. Gegen die Ansetzung in nachexilischer Zeit kann
v. 28 nicht geltend gemacht werden, als wenn hier das
Bestehen von ganz Israel vorausgesetst wäre, denn der
Dichter spricht von v. 23 an Hoffnungen für die Zukunft
aus — Naphthali und Sebulon treten hier ebenso als Re-
präsentanten des Nordreichs auf, dessen Rückkehr erhofft
wird, wie z. B. Ps. 80, 3, cf. das dasu bemerkte. Die
Kennzeichen der nachexilischen Zeit werden endlich noch
durch die Sprache des Psalms unterstützt. Die ihm fol-
genden Lieder sind von Hitzig sämmtlich für jeremianisch
erklirt, Ewald versetzt sie in das Exil, Hupfeld weist
Ps. 69 in das Exil und Ps. 71 in spätere Zeiten. In der
That läfst die Bezeichnung des israelitischen Volks als Ge-
fangener Jahvehs, die Hoffnung, dals Gott die Städte
Judas wieder bauen und die Nachkommenschaft seiner
Knechte daselbst wohnen lassen werde, keinen Zweifel an
der exilischen Abfassung des 69. Psalms. Dats diese Verse
nicht etwa ein dem Psalm ursprünglich fremdes Anschiebsel
sind, geht aus v. 27 deutlich hervor, wo die Gefangenen
Jahvehs des 34. Verses als Verwundete Jahvehs parallel
mit der Person des Dichters auftreten. Der Psalm schil-
dert also keine rein persönliche Noth. Ist aber dieses Lied
aus der Noth des Volkes heraus von einem Einzelnen ge-
dichtet, so liegt diese Annahme auch bei Ps. 71 nahe, tritt
doch auch hier in v. 20 für das singularische Subject des
Klagenden und Flehenden ein pluralisches auf. Erwägt
man aber weiter, dals dieser Psalm sehr wenig individuelle
Züge aufweist, dafs er durchaus unselbständig ist, z. B.
aus Ps. 22, 31, 38, 40 u. s. w. Stücke aufgenommen hat,
und beachtet sodann die auffällige Verwandtschaft des
18. Verses mit Jes. 46, 4, wo Jahveh dem Volk zuruft :
bis ins Greisenalter bin ich derselbe und bis zum Alter
will ich tragen, so liegt es am nächsten, unseren Psalm
für ein zum Gemeindegebrauch des zweiten Tempels ver-
fertigtes Lied zu halten. Auf diese Weise erklärt sich
326 Giesebrecht, über die Abfassungescit
kennt und verehrt, aus der Zeit der Hasmonäer stammen,
oder — die Worte nog jum sind zur Hasmonäerzeit für
den Gebrauch des Ps. im öffentlichen Gottesdienst einge-
schoben. Diese Annahme ist nicht so willkürlich, als sie
aussieht : dafs v. 20 f. ein Anschub zu Ps.51 sind, leuchtet
wegen des Gegensatzes, in dem diese Verse zu v. 19 stehen,
so unmittelbar ein, dafs eine ganze Reihe von Auslegern
sich diesem Zeichen der Unechtheit nicht hat entziehen
können. Und auch bei Ps. 61 werden durch die Hypo-
these, dafs v. 7 und 8 später angefügt seien, einige Schwie-
rigkeiten beseitigt. Dals nämlich der Singer dieses Liedes
nicht im heil. Land, sondern weit entfernt davon lebte,
wird durch v. 3* vergl. mit v. 5* klar. Wenn er nun der
Aeufserung seiner Sehnsucht im Zelte Gottes zu weilen er-
läuternd hinzufügt : denn du hast meine Gelübde erhört
und geschenkt das Besitzthum derer die deinen Namen
fürchten, so kann er nur meinen, dafs es wieder möglich
sein werde, im Zelt Gottes (doch wohl der Tempel?) n
weilen, weil Israel das heil. Land wieder zuriickerhalten
habe. Dann stammte also der Psalm aus der Zeit Zerub-
babels, der von dem Psalmisten unmöglich als König an-
geredet werden konnte. Andere ergänzen zu „du hast
verliehen“ ein „mir“, erhalten aber so, abgesehen von der
dann nöthigen sonst nicht nachweisbaren Vergeistlichung
des Begriffs der a, einen unauflöslichen Widerspruch
zwischen v. 2 f. und v. 6. Die einzige Möglichkeit, die
incriminirten Verse beizubehalten, besteht darin, die wT
(vielleicht = ns cf. Hupf.) auf die Annahme des Kö
nigstitels von Seiten Aristobuls zu beziehen, also den Psalm
für maccab. zu erklären, dann bildet v. 6 eine passende
Motivirung zum 5. Verse. Der Dichter des 64. Psalms
steht seinen Feinden ungefähr ebenso gegenüber wie der
Sänger des vorhergehenden. Alle Herzensgeraden und
Gerechten werden sich der Errettung freuen — die Ver-
nichtung der Feinde erregt allgemeine Furcht unter den
der Pealmen. 327
Menschen, denn sie schauen das Werk Gottes; Ps. 62, das
=~gechte Gottvertrauen gegenüber dem falschen Vertrauen
af Menschen mehr in lehrhaftem Tone preisend, unter-
idet sich auch der Sprache nach wenig von seiner Um- |
Für die Zeitbestimmung der noch bleibenden Gesänge
des zweiten Buches 51—59 ist folgendes von Wichtigkeit.
Ps. 53 ist mit Ps. 14 identisch und aus dem ersten Buche
herübergenommen, Ps. 14 aber stammt aus der Zeit des
Exils oder nach dem Exil, wie der Schlufsvers, der mit
dem sonstigen Inhalt des Psalms übereinstimmt, beweist,
es scheint also, als seien die genannten Psalmen erst nach
dem Exil gesammelt worden. Diese Annahme bestätigt
der Charakter dieser Lieder durchaus. Von der Sprache
‚wird weiter unten die Rede sein; was die Situation des
Dichters anlangt, so ist er von Feinden umgeben, welche
als Fremde (Ps. 54) bezeichnet werden, die von Gott nichts
wissen wollen. Sie scheinen das Regiment und Gericht in
der Hand zu haben (Ps. 58,2 cf. Ps. 82), und der Dichter
mufs sich über ungerechte Handhabung desselben beklagen
(Ps. 55, 10 ff.), aber auch äufsere Gewalt scheint man zur
Unterdrückung der Frommen anzuwenden (Ps. 52, 3 133;
sym ond 56, 2), wenn auch meist nur die Zunge als
Waffe der Gegner auftritt Ps. 52, 4. 55, 4. 57, 4, 5. 59,
8, 13. Wie es scheint benutzen sie ihren Einflufs, um
Zwietracht in Jerusalem selbst anzustiften 55, 11, obwohl
sie ihren regelmälsigen Aufenthalt nicht dort zu haben
scheinen 56, 16. Sorgfältig überwachen sie in ihrem
Interesse die Stadt 55, 11. 59,7,15. Das Gericht, das der
Sänger auf sie herabfleht, dient zur Herstellung der Ehre
Jahvehs unter den Heiden und hängt mit dem Gericht
über die Heidenwelt aufs nächste zusammen 56, 8. 57,9 ff.
58, 12. 59, 6, die ganze Gemeinde der Gerechten wird sich
daran erbauen Ps. 52, 8. 55, 23. 58, 11. — Es ist deutlich,
dafs in diesen gemeinsam betrachteten Liedern sich
328 Giesebrecht, über die Abfassungsseit
eine und dieselbe Noth des Volks kundgiebt, der Schlüsd;
zu ihrem Verständnifs scheint mir, wenn man nicht a
noch spätere Zeiten denken will, durch die gedrückte
Verhältnisse gegeben zu sein, in welchen das Volk nad
der Zurückführung aus dem Exil lebte. Die fremde
Richter, die Parteiungen in der Stadt, die Aussaugung de
Volks durch die Mächtigen, der Gegensatz zwischen de
wabren Gottesverehrern und denen die Gott nicht achten,
der nicht mit den Waffen, sondern mit der Zunge geführte
Krieg — alles weist auf einen Zustand, wie ihn Nehemia in
Jerusalem vorfand. Nur der Ausdruck Mowry nan’) ‘op
scheint sich mit dieser Annahme nicht wohl zu vertragen,
wenn man ihn übersetzt „Tag und Nacht umgeben sie die
Stadt auf ihren Mauern.“ Dafs aber das 5y bei 320 mehr
fach die Bedeutung „um“ hat, darüber cf. Hupfeld, und
dafs der Satz, wenn die Präposition so wiedergegeba
wird, das Treiben der Feinde in einer zur Zeit Nehemiss
sehr passenden Weise schildert, leuchtet ein, denn den Bau
des theilweis eingerissenen und demolirten Jerusalems zu
hindern war das Hauptbestreben der untheocratisch Ge-
sinnten. In dieselbe Zeit führt, wie mir scheint, der Zu-
satz zu Ps. 51 (cf. oben), in welchem nicht der Bau des
Tempels und der Stadt überhaupt, sondern nur der Mauen
ersehnt wird. Opfer der Gerechtigkeit werden die in dem
fest ummauerten Jerusalem darzubringenden Opfer genannt,
weil Israel, das sich augenblicklich von Jahveh verworfen
fühlt, die Wiederherstellung der Mauern als eine Bürg-
schaft dafür ansieht, dafs Jahveh seine Gerechtigkeit an-
erkennt. Was die Abfassungszeit des Psalms selbst an-
langt, so ist dafür die auffallende Abhängigkeit von Ezech,
cf. v. 12 mit 11, 19. 36, 26, Jer., cf. 24, 7, und Deutjes,,
cf. v. 19 mit 57,15 und v. 13 mit 63, 11, von Wichtigkeit.
Durch die angeführten Parallelen wird es nahe gelegt,
unseren Psalm als den Nachhall der Verheifsungen anzu-
sehen, welche die Propheten Israel hatten zu Theil werden
der Psalmen. 329
m, also das Volk als Subject der Bitte zu denken.
n würde sich das Exil oder die Zeit nachher von selbst
Abtassungszeit des Liedes empfehlen. Indessen —
‚ v. 15 und der ganze Eindruck des Liedes machen die
ahme am wahrscheinlichsten, dafs wir es mit dem
lenbekenntnils eines Einzelnen, das wegen der ange-
ten Vorgänger nach dem Exil anzusetzen ist, zu thun
n.
Lexicalisch ist in den angeführten Psalmen folgendes
erkenswerth : Ps. 61 das Polel und Polal von Sn
mt nur noch bei Hiob, den Prov., Deuterojes., Deut. 32
im 90. Ps. vor; 731 im Qal nur noch Mich. 6, 11 und
> 2 mal, Piel : Ps. 73 und 119, Hithp. : Jes. 1; ninwo
noch 1 mal im Hiob; über 97 cf. z. Ps. 90; wean cf.
Tab.; zu wp rm cf. oben. — Ps. 52 : mp) Deut. 1 mal,
7. 2 mal, sonst chaldäisch, cf. Esr. 6, 11. (nop 2 Reg.
6?); 953 in der Bedeutung Verderben sonst nicht
er im A. T. cf. aber Jos. bl, 44; m, cf. Ps. 55, 12;
2, in den Psalmen noch : 5; 38; 91; 94, aufserdem
al in den Prov., 3 mal im Hiob und Mich. 7, 3, cf.
Deuterojes. und Ezech, — Ps. 53 cf. zu Ps. 14. —
54: nos cf. die Tab.; oniw cf. Ps. 56, 3; 59, 11;
12 (für wa); 5, 9; 27, 11, da es sonst nicht vor-
mt cf. über mr zu Ps. 81. — Ps. 55 : obymn nur
ı Deut. 3 mal, Deuterojes. und Hiob; mm nur noch
6, 10; 119; Jer. 4 mal; 1 Kén. 8und9 und Jos. 11,20,
rscheinlich ‘alle diese Stellen vom Redactor, Dan., Eer.,
on.; rave Hiob; Jes. 21, 4; Exech. cf. nydop 1 Kon.
13 und msbon Jer. 49, 16, sowie das Hiph. v. pop
b 9, 6; "yo Hap. Leg.; zu ww cf. Ps. 140, zu IY
144, zu OW? die Tab.; mpy scheint ein Aramaismus
das sonst im Hebr. gewöhnliche pry zu sein, es findet
noch in py Ps. 66, denn Amos 2, 13 mufs es auf
r Verderbnifs beruhen, vielleicht hat Hitzig Recht,
n er dafür ppp u. s.w. vorschlägt, da das Schwanken
330 Giesebrocht, über die Abfassungsseit
am besten zu dem O>‘NNNM und dem beladenen Erndtewage
palst. Zu in cf. Ps. 72, 14 und 10, 7 sowie Prov. 29, 18,
es ist wahrscheinlich ein Chaldaismus; auch wy), nur noch |
Ps. 2 und 64, kann nur als Aramaismus angesehen werde!
cf. Dan. 6, 7, 12, 16 u. s. w.; Min’ kommt nur hier, wie
OWN nur Pa. 88, 16 und Hiob 20, 25 vor, der Singalr
findet sich auch in der alten Literatur; dartiber, dals such
vielleicht 437° als Aramaismus zu betrachten ist, cf. Ge.
Thes. — Ps. 56 : ma cf. Ps. 116; zu DSB, welches für
wbp zu lesen (cf. Hupf.) vergl. Ps.78; zu Ove’ cf. oben;
ond im Qal noch Ps. 35, 1; 141, 4; Deut. 32 und 4 mi
in den Prov.; ayy cf. Ps. 78. — Ps. 57 : zu oto cf. Ps
52; zu DJ cf. oben; zu ond cf. Ps. 83; zu 909 cf. Ps
146; zu mw cf. Pa. 119, 85. — Ps. 58 : zu 05D cf. Ps
78; zu mip cf. die Tab.; zu myndy cf. mpbno, nur Hiob,
Joel, Prov.; zu MO» cf. Ps. 147 (sone? = op Yon);
oom Voop nur hier. — Ps. 59: zu mnpiv cf. Ps. 4; mı
ond cf. Ps. 52; zu nway ara myn cf. Ps. 81, 6, 8; m
Y’y 995.0" cf. Ps. 55; zu den Suffixen von joy wrm
1O'D, Mow, wax cf. Ps. 83. — Ps. 60 : Oyo Hap. Leg.
sonst Chald.; zu ww cf. Ps. 140; mdgrm nur noch im
Deutjes. 2 mal, 5y> Sach. 12, das Verbum nur bei Nah,
sonst aber im Chald. und Syr. häufig. oownn Hap. Le.
in Sach. 9 mit anderer Bedeutung; Fr) zürnen : das Qal
in keiner sicher vorexilischen Stelle Jes. 12, 1; 1 Ki
8, 46; Chron. und Esr.; Ps. 79; 85, das Hithp. Deut 1;
4; 9; 1Kön. 11; 2Kön. 17; my, wie es scheint aus dem
auch späten Mmuy abgekürzt; die Bezeichnung des Volks |
als der ” pr sonst nie, wohl aber im Singul. : Jer.11,15
und Ps. 127, 2. — Ps. 61 : AMY intrans. Hiob; Deutjes;
Ps. 65; 73; 102; 39 cf. Ps. 100; wy = rich? io
und Ps. 21, 3; WS) op = lafs ihn bewahren? — Ps. @2:
win cf. Ps. 140; 729 = sehr cf. die Stufenpss.; rm d.
Ps. 140; no of Ps. 94; 537 als Verbum nur Jer.; Hiob;
2 Kon. 17; nimm — ob = rin? — Pa. 63: m
der Psalmen. 331 |
Hap. Leg., aber schwerlich Syriasmus, cf. O90> in den
Sambb.; may cf. Ps. 145; my cf. Ps. 100; meny cf. Stufen-
pealmen; pre nrnan nur Deutjes. und Ps. 139; my cf.
Ps. 90; my, in der alten Literatur nur Hos. 2, 5, sonst
Zeph., Jer., Hiob, Deutjes., Ez., Ps. 78; 105; 107, auch
‘wiz’ nur einmal bei Hosea, sonst Prov. 4 mal, Hiob 3 mal,
Jes. 26 und Ps. 78. — Ps. 64 : zu nym cf. Ps. 55; auf-
fallend w5 mney = er sieht ihnen zu; Jay mit Accusat.
noch Ps. 106, sonst immer mit Präpositionen; pin = be-
schliefsen, sonst nie. — Ps.65 : zu Mp" und mam cf. Ps.
62; zu rrawn beruhigen cf. Ps. 89; nrıy im Qal nur Jer.,
Prov., Ps. 38, im Piel nur Ps. 18, Hiph. nur Jona, Niph.
Ps. 35 und 2 Kön. 6, 9, sonst im Aramäischen. — Ps. 66 :
mbyon cf. Ps. 48; ww cf. Ps. 62; myo cf. Ps. 14. —
Pe. 67, der fast ganz aus gangbaren Formeln besteht, er-
innert in v. 2 an Ps. 80. — Ps. 68 : Wa nur noch Dan.
11,24 : ein Chaldaismus ; nywi> Hap. Leg. = Glück, eben-
falls Aramaism. cf. j;aas, das Verb. nur Est. und Qoh.
2 mal, auch chald. und syr., jf1g’> nur 3 mal im Qohel.;
mbnpe nur hier, cf. das Masc. Ps. 26; moon = Festzüge,
Wege : Hab., Nah., Hiob, Prov.; zu map und pM cf. die
Tab.; DO. nur noch Prov. 6, 3, das Qal 2 mal Ezech.,
das Niph. Prov., on Ezech., sonst chaldiisch; y am
nur noch Ps. 76, 12 und Jes. 18, wohl aus der letzteren
Stelle entlehnt; ist 49m echt, so ist es ein Zeichen gesun-
kener Sprache, cf. aber Olshausen hebr. Gramm. 8. 599;
nereig, das Mascul. noch 4 mal bei Ezech. und 1 mal bei
Nehem.; zu nıpın, das wahrscheinlich für nyın zu lesen
ist, cf. Targ., ist Ps. 114 zu vergleichen; über den ara-
maisirenden Oharakter des Hap. Leg. 0'323 cf. Ges. Thes.;
mwgin noch Ezech., Prov. und Eloh. ; niowym Hap. Leg.
zur Form cf. oben. — Ps. 69 : yy Koth nur noch Ps. 40;
zu NDS cf. die Tab.; MIR nur noch 22 mal Prov. und Ps.
35; zu AYO cf. die Tab. — Ps. 71 : Sy cf. Ps. 82; Hap.
x
332 Derenbourg, sur Psalmenerklärung.
Leg. ist Mop, beruht aber wahrscheinlich auf einem Text-
fehler; ; roy cf. oben.
Zur Psalmenerklärung.
I. Die ersten vier Verse des 16. Psalmen gehören zu
den schwierigen Bibelstellen, an denen sich die Ausleger
abgemüdet haben. Möge mir ein neuer Versuch gestattet
sein, das Räthsel zu lösen.
Im ersten Verse sehe ich in ww das Aequivalent von
wo) mow, wie dies w 25, 20 und 86, 2 wirklich steht.
Auf dieses fehlende oder doch unter dem Suffixe verstandene
wo) (vgl. v.10) bezieht sich das weibliche MOx im zweiten
Verse. — Statt poy-ba möchte ich T'4yD2, wie p 92, 6,
lesen; also : Mein Glück besteht in deinen Handlungen —
für die Heiligen. Das 5 im Anfange des dritten Verses
hängt somit von 5yD ab, wie 72 ODT? nbyD, 31, 20. Es
wäre vielleicht zu kühn, eine erste Person M310, wie min.
vorauszusetzen, da nur die dritte Person (3%, a9: 2)
vorkommt. — Wenn die Seele hier spricht, so erinnert
‘yon an 1 Chron. 28, 9. — In Vers 4 schlage ich vor,
07% für OD zu lesen, und vergleiche 2 Chronik 30, 16,
und besonders 35, 11.
II. Unverständlich ist der 11. Vers des 74. Psalms.
Er ist kurz und wir setzen ihn hier hin : 7 2wn mob
759 pn a9pp yw. Die Masoreten setzten das Atnah
unter das vierte Wort, und haben somit |’ und T im
nämlichen Verstheil, oder besser, sie haben kaum deren
zwei. Nun werden diese beiden Wörter nur dann zu-
sammen gebraucht, wenn sie von einander abhängen, wie
yp 73, 23 und anderswo; sonst sind es die in den zwei |
Derenbourg, sur Psalmenerklärung. 333
Halbversen gebräuchlichen Synonyme (vgl. $ 21, 9 und
sonst). Rücken wir somit das Atnah hinauf zu T, und
ersetzen 153 durch 50, so wird der Vers klar und correct.
„Warum ziehst du zurück deine Hand, deine Rechte aus
deinem Schoolse, Selah.“ Wer den Psalm liest, wird an-
erkennen, dals hier die Scheide ist und das Strophen tren-
nende Wortchen sich an seinem Ort findet. Ueberfltissig
ist es, an Exod. 4, 6 und 7 zu erinnern.
III. Es kann wohl kein Zweifel obwalten, dafs Psalm
122 ein Wallfabrtsgesang ist. Vers 2 und 3 sind nicht
sehr klar und könnten wohl durch das Folgende einiges
Licht erhalten.
Bekanntlich strömten während der Festreisen, zumal
zu Ostern und Laubhütten, zahlreiche Pilger nach Jeru-
salem, mehr als die Stadt zu fassen im Stande war. Die
freien Plätze, besonders der Oelberg, füllten sich mit Zelten,
unter welchen man herbergte. Neben der gebauten Stadt
(muan ober), entstand so eine andere, die sich der ersteren
anschlofs. Wir übersetzen somit : Es freut mich, wenn
man mir sagt: Lafst uns wallen zum Tempel Jahwe’s!
Wir halten an bei deinen Thoren, Jerusalem, — Jerusalem
das Gebaute, wie in einer Stadt, das sich ihm anschliefst.
Denn dorthin steigen die Stämme, Stämme Jah’s, u.s. w. —
Die ersten zwei Wörter des 3. Verses werden Apposition
zum letzten Wort des zweiten, und 1y> entlehnt seinen
localen Sinn dem yywa. „Unsere Füße standen“, heifst
doch wohl gewöhnlich, daß man anhält, und nicht weiter
vordringt.
Joseph Derenbourg.
Lexikalisches
von Georg Hoffmann.
YY IND und MND ono.
L
In einem nur lateinisch erhaltenen Stück der Schrift
des Epiphanius de XII gemmis heifst es § 63 in den opp.
ed. Dindorf 1863, IV, p. 213 :
„Hic igitur Hesdras, quem diximus,* — der erste, der an-
geblich den Cuthäern die Thora gebracht hatte — „ascendens
Hierosolymam, pentateuchum tantummodo, id est quinque
libros Moysi, detulit eis Veteris Testamenti libros [so] scriptos
secundum formam, quam dedit dominus in monte Sins;
quam formam Hebraei deession vocant, quod interpretatur
insculptum ; nunc enim non eadem sunt elementa litterarum,
quibus Hebraei utuntur, librique eorum non sunt scripti
iuxta veterem formam, quae tunc in tabulis lapideis con-
stat|so|insculpta. Haec igitur forma, quam nunc tenent Judaei,
vocatur Somahirenus. Samaritani vero servant deesse non,
quae forma fuit olim, ut diximus, in tabulis impressa la-
pideis. At Hesdra® — der zweite, der Zeitgenosse des
Zorobabel — ,ascendens a Babylone, volensque discernere
Israel a reliquis gentibus, ut genus Habrahae non videretur
esse permixtum cum habitatoribus terrae, qui tenent quidem
legem, non tamen et prophetas, immutavit pristinam formam
relinquens deessenon, propter quod ea forma a Samaritanis
praeoccupata iam fuerat, ut per hoc Habrahae semen di-
stingueretur a nationibus reliquis.“
In deessenon, das mehr bezeugt ist als deession, und
somahtrenus ist 790», nämlich tuxov oder yagaxtiea, und
nvos (tvx0g) die griechische Adjectivendung, vielleicht
Hoffmann, Lexikalisches. 335
nicht die an Ortsnamen beliebte wie in Edeoonwog, sondern
die der Appellativa auf ıwog wie xédpevoc u. a.; deess ist
ohne Frage das vielbesprochene py7 des Talmud, dessen %
statt 2, wie man auch las, erst hierdurch sicher gestellt
wird : de Lagarde, Armenische Studien S. 154 Anm.
A. Berliner, Beiträge zur hebräischen Grammatik im
Talmud und Midrasch, Berlin 1879, S. 7. Zwar nicht die
Deutung von pyt SnD auf „insculptum“, wohl aber auf
eingemeilselte Lapidarschrift, auch von M. A. Levy,
ZDMG. IX, 476 vorgeschlagen, scheint mir sehr anfechtbar.
Y37, „a, sowie das aus dieser Wurzel entstandene prt bei
Juden und Mandäern (Nöldeke, Mand. Gramm. 256), ist
für die Bedeutungen : hineinstechen (mit Schwert, Nadel,
Nagel aan Ass. Act. Mart. 1, 229), hineinstecken, hinein-
stofsen, auch um wieder herauszuziehen, jedoch in allen
Beispielen nur unmittelbar durch die Hand in eine verhält-
nifemifsig weiche, nachgiebige Masse, belegt; yyı kann
also wenigstens ursprünglich nicht auf einen Meifsel
(oulAn) gehen, der mit dem Schlägel eingehämmert wird
(xoAarteıw), sondern höchstens auf einen von der Hand
regierten Crabstichel, deren sich auch die Stempel- und
Edelsteinschneider bedienen, einen eisernen Griffel ba Oy
mit und ohne Diamantspitze ‘vow 17183 Jer. 17,1 Exod.
28, 11; einen x3nDn, der einen Kiesel durchbohrt ya x553 ‘ny
Talm. Aboda zar. 22°; auch im Mischna-hebräischen und
Syrischen ist maktab*a ein eiserner Pfriemen ; py7 könnte
sich darnach auf einen Graveurstichel oder seine Arbeit
in Blei, Kupfer, Edelmetallen, Ringsteinen u.s.w., nament-
lich aber auf die Gravirung des Münzstempels bezogen
haben. Für die Mischna erhielte man von py" an die
Bedeutung „Münzschrift“ entweder so, dafs yy ebenso
wie im Arabischen Uni Hariri Makamen ed. Reinaud
1, 259, 2 &d. Reinaud vgl. Dozy, Supplements aux dict.
Arab., Gravirung und Gepriige zugleich bedeutete, oder
auf einem anderen Wege, der die Deutung des insculptum
336 Hoffmann, Lexikalisches.
bei Epiphanius auf Steinschrift ganz vernachlässigt. Der
nachweisbaren Bedeutung der Wurzel yy entspriiche am
besten, wenn yy? vgl. var DW von der Thätigkeit des
Münzstempels xngp Talm. Baba qama 99 gegen Ende,
woher arab. KKu 8. d. Wbb., franz. coin (aus iconium) vgl.
engl. coin, der in den Schrötling eingestofsen wird, oder
von dem Stempel selbst verstanden wird, vgl. poincon,
puncheon. Einen lateinischen Ausdruck kennt L Eckhel
Doctr. num. vet. I, LXIII nicht dafür, aber vielleicht war
er character (Isid. Orig. 20,16), wie im Griechischen : Steph.
Byz. — Mit dem üxa& Asyousvov somahirenus, dem Epi-
phanius gewils auch eine Uebersetzung beigefügt hatte,
etwas anzufangen, ist mifslich, Man erwartet ein Aequi-
valent von "Wwe ana darin. Wäre lateinisch h aus latei-
nisch fs verdorben, so könnte oouaconep — so viel wie
wnn%, ein Midrasch von wx sein, „eine Schrift die man
(Gott) preislich findet“, und so dasselbe besagen, was
Talm. Jerusch. Megilla 1, 71° vgl. Jacob Levy’s Neu-
hebr. Wb. I 181 an33 wip my bedeutet.
I.
mana> am, ein zweiter Name der althebräischen
Schrift, kommt Sanhedrin 21? (Benbenischte) vor.
Sm monn many mdvina Kapıy 1p "on NET WD wR
ana Now ‘p's om pon nam wpm pwn may ons3
Bon ned nme ana Sew ind 17772 WAR pod) Am
27 DN MONT ND MDW pwd) may ana MYA won
Tena an xIDA 37 TER AMY aNd ED NID NTON
Mar Zuttä!) [= Zuträ], nach Anderen Mar “Ugbä
[= "Ugb’rä] hat gesagt : zu Anfang ward die Thora Israel
ı) apy Nöldeke, Mand. Gramm. 8. 22, 6 vgl. 46, 1 statt “9,
Buxtorf Lex. 662, geht auf die Wursel ypy, wofür regelrecht
“WO steht, aus der VIII Form von py, surtick. Von dieser ist 191}
888 Hoffmann, Lexikalisches.
immer noch das wahrscheinlichste ist. Da mochte em
namhafte samaritanische Schule sein. In dem Folgenden
will ich nur die von A. Geiger auf Grund einer An.
regung Jos. Derenbourg’s in Geiger’s Jüd. Ztschft
für Wissensch. V, 115 versuchte Deutung widerlegen.
Derenbourg verwies auf Talm. Bab. Schabbath 10%
maernp mar) Tabp MON) KD DD RIAN NP NDYD Wo
wp ab np Kp. „Was ist der Grund davon, dafs wpv
auf seinem einen Schenkel steht, während die Zinrahmuy
von MON ein Vierseit ist? Die Wahrheit bleibt stehn, die
Lüge nicht.“ A. Geiger bezog indessen 12" 1235p ‚auf
das Ruhen der Buchstaben auf der Grundlinie* und meint,
ma) ans heifse so, weil er keine unter die Grundlinie
gehenden Finalbuchstaben, wie die Quadratschrift habe
Allein, wenn dem althebräischen Schriftcharakter fox
ähnlicher ist, als pw, so verdiente er die Bezeichnung
yap Aan> und nicht die aramäische Schrift. Der Gegensats
den der Talmudlehrer macht, beschränkt sich in der That
nicht auf die Grundlinie, sondern geht auf alle vier Seiten
von myx : diese bilden einen vollkommenen 7259; Spy z.B.
würde er ebensowenig }259 nennen können. Den Nach-
weis, dafs }259 ein geschlossenes Rechteck resp. Quadrat
bedeutet, gebe ich im folgenden Abschnitt. Die Münchener
Hs. bietet aber nach Rabbinovicz die angeführte Stelle m
einer, wie mir scheint, besseren Gestalt so :
Up rep 39> jap NONI my NTR pP Now wo
ANP NO ICPw
„Was ist der Grund davon : "py auf seinem einen
Beine, aber mon eine Ziegelform der Ziegelstreicher? Die
Wahrheit steht, die Lüge schwebt.” Man lese ‘339 1399
oder ‘939 Ziegel. Auch andere mögliche Bedeutungen des
Nomen actionis a5 taugen nicht zur Erklärung von
mana, wie das Folgende zeigen soll.
(Fortsetzung folgt.)
Zur Entstehungsgeschichte des vordeutero-
nomischen Richterbuches.
Vom Herausgeber.
Es ist ziemlich allgemein anerkannt, dafs von der
jetzigen deuteronomistischen Form des Richterbuches eine
vordeuteronomische Form desselben zu unterscheiden ist.
Genau genommen ist eine doppelte deuteronomistische Ueber-
arbeitung zu unterscheiden. Was der erste Deuteronomist
vorfand, hat Wellhausen’) richtig bestimmt : die Ge-
schichten von Ehud, Barak und Debora, Gideon-Jerubbaal,
Abimelech, Jephtah, Simson. Er fügte den Heros eponymos
des jüdäisch-edomitischen Clans Othniel als judäischen
Richter hinzu, nicht nur in der Wahl dieses, sondern auch
in der seines Gegners, des der volksthümlichen Sage an-
gehörigen Kuschan Rischataim recht unglücklich, da der
König eines so fern wohnenden Volkes gar nicht in den
Plan des Richterbuches pafst. Der zweite deuteronomi-
stische Bearbeiter fügte die kleinen Richter hinzu, jedoch,
was bisher übersehen worden ist ihrer nur fünf : Thola,
Jair, Jbsan, Elon, Abdon. Er rechnet Abimelech mit als
Richter, wie aus dem Wortlaute von 10, 1 mit Nothwen-
digkeit hervorgeht. Ein noch Späterer entdeckte, dafs
Abimelech in eine Periode des Abfalles gehöre oder drückte
ihn durch 8, 33—35 erst in eine solche herunter. Dann
fehlte aber an der Zwölfzahl wieder ein Richter. Den
Fehlenden ergänzt er aus 5, 6 durch Einschaltung des
Schamgar 3, 31. Da jedoch der zweite deuteronomistische
Bearbeiter die Interregnen der grofsen Richter des ersten
!) Bleek, Einleitung, 8. 186.
340 Stade, sur Entstehungsgeschichte
deuteronomistischen Bearbeiters' für die Regierungszeite
seiner fünf kleinen verbraucht hatte, so konnte Schamgar
keine erhalten.
Wie aber entstand das vordeuteronomische Richter
buch? Ich glaube, dafs wir noch einen Schritt über die
Resultate Wellhausen s hinaus thun können. Eins
Analyse von 2, 6—3, 6 einerseits, 10, 6—18 andererseits, welche
Wellhausen einfach als deuteronomistische Ueberla
tungen genommen hat, was sie auch zunächst zu sen
scheinen, bietet die Möglichkeit. Beides sind auf den
ersten Blick Einleitungen. Warum finden sich solche mitten
im Buche der Richter? Bei 2, 6 ff. kann man sich mit
der Auskunft beruhigen, dafs das Richterbuch einst hiermit |
anfıng, allein bei 10, 6 ff. verfängt diese Auskunft nicht -
Das Vorhandensein von deuteronomistischen Einleitungen
an diesen Stellen erklärt sich am Besten aus der Annahme,
dafs hier schon früher ähnliche Stücke standen, welche
sich aus einem abweichenden Plane des Buches in seiner
früheren Gestalt erklärten. Bei näherer Untersuchung er-
gibt sich nun auch, dafs die beiden Einleitungen durchaus
nicht rein deuteronomistischen Ursprunges, sondern auf
Grund bereits vorgefundener kürzerer Ueberleitungen ge
schrieben sind, welche wir aus dem Werke des jehovistischen
Redactors von J und E herzuleiten haben.
In der ersten 2,6 ff. hat bereits E. Meyer *) sowohl
Elemente aus E als aus J nachzuweisen versucht. Er re-
clamirt für E Ri. 2, 22 (3, 4)*) 23°. 31°. 3, 5. 6. Die
Meinung von E wäre : Gott vertreibt nicht alle Völker
vor den Kindern Israel, sondern läfst einige ruhig wohnen,
damit durch dieselben Israel versucht werde und es sich zeige,
ob es fähig ist, Gottes Gebote zu halten. Für J reclamirt
er 2, 23*. 3, 1°. 2 und die Völkerliste von v. 3 : Gott ver
1) vgl. oben 8. 144 ff.
*) vgl. Gen. 22, 1.
842 Stade, sur Entstehungsgeschichte
zurück, sind also in ihrem Grundstock gleichfalls auf E
zurückzuführen, doch ergeben die „anderen Götter”, dafs
sie deuteronomistisch überarbeitet sind. Das erstere wird
durch den Befund von v. 15 und 16 bestätigt, welche die
naturgemälse Fortsetzung dieser Verse bilden und gleich-
falls aus E stammen. Namentlich v. 16 ist einerseits durch
die Götter der Fremde (Jos. 24, 20. 23. Gen. 36, 2) ’),
andererseits durch „da ward seine Seele Israels Elends über-
drüssig® vergl. Nu. 21, 4° als aus E stammend ausge-
wiesen. Erst v. 17 und 18 stofsen wir wieder auf rein
redactionelle Phrasen. Der Inhalt dieser Verse ist ohne
Zweifel aus c. 11 entlehnt.
Rührt sonach der Grundstock von 10, 6—16 aus E
her, so ergibt sich weiter, dafs derselbe von einer Erzäh-
lung in E zu einer anderen hinübergeleitet hat. Sonach
haben wir uns vorher wie nachher im Richterbuche um-
zusehen, ob sich je eine solche findet. Im ersten Augen-
blicke könnte man vermuthen, c. 11 die Erzählung über
Jephtah sei diejenige, zu welcher einst der Grundstock
von 10, 6—16 hinüberleitete. Dies anzunehmen ist jedoch
nicht möglich. 11, 4 : „es geschah nach einiger Zeit, da
kriegten die Ammoniter mit Israel® zeigt, daß der Ver-
fasser von 11, 1 ff. nichts davon weils, dafs 10, 6—16 vor-
angeht. Der theologische Pragmatismus dieser Ueber-
leitung ist zudem seiner Erzählung völlig fremd. Ferner
läfst sich die Jephtahsage bei dem Verf. von Gen. 22 nicht
erwarten. Da nun unter den folgenden Erzählungen des
Richterbuches keine den theologischen Gesichtspunkten von
E entspricht, so bleibt nur der Schlufs, dafs die Fortsetzung
von 10, 16 aus E uns nicht erhalten ist.
1) Freilich sind die „Götter der Fremde“ auch in den deutero-
nomistischen Sprachgebrauch übergegangen. 1 Sa. 7, 3. Allein ein
Vergleich dieser deuteronomistischen Stelle mit der unsern zeigt recht
deutlich, wie wenig die letztere rein deuteronomistisch ist.
!
‘
des vordeuteronomischen Richterbuches. 343
Es fragt sich weiter, ob wir das Stück noch haben,
ssen Fortsetzung 10, 6—16 in E einst war? Die Frage
zu bejahen. Es war dies die Geschichte Ehuds 3, 13 ff.
rgl. 3, 15 mit 10, 10. 13. Das ist aber zugleich die-
1ige Erzählung, zu welcher der Grundstock von 2, 6—16
ist hinüberleitete. Ist nun 1, 1—2, 5 mit Recht aus J her-
leitet worden, so ergibt sich, dafs auch dem Richterbuche
1e jehovistische Bearbeitung von J und E zu Grunde liegt.
azu gekommen sind jedoch wie im Buche Josua noch
ücke aus anderen Büchern ephraimäischen Ursprunges.
nd zwar möchte der erste Gideonbericht mit der Simson-
ge zusammengehören.
Der theologische Pragmatismus des Richterbuches
ammt sonach im letzten Grunde aus E. In der Zeit nach
‘sua vermögen die Israeliten ihrem Versprechen, Jahve zu
enen, nicht getreu zu bleiben. Sie verfallen wieder in
eidenthum. Gott züchtigt sie dafür dadurch, dafs er
ren Feinden Sieg giebt. Auf ihre Bekehrung zu ihm
barmt er sich aber immer wieder und sendet einen Helfer,
sicher die Feinde schlägt.
Das Resultat ist für das Alter von E von Wichtigkeit.
uch hier bewahrheitet sich wieder, dafs er viel jünger
3 J ist. Die Sage von Ehud endlich steht gänzlich aut
eichem Niveau mit der von Josua. Beide sind völlig
thistorisch. Ehud ist wie Josua Name eines Clans 1 Chr.
10. 8, 6.
Zur phönicischen Epigraphik.
Die in letzter Zeit in Cypern gefundenen Inschriften
thalten einiges von Interesse für die a. t. Wissenschaft.
xx um die Erforschung des phönicischen Alterthums un-
344 Stade, sur phönicischen Epigraphik.
ermüdlich thätige Dolmetscher bei der kais. deutschen Bot-
schaft zu Constantinopel, Herr Dr. Paul Schröder,
gibt in einem Artikel : „Phönicische Miscellen® in Z2.D.M.G.
XXXIV, 8. 675 f. die Abbildung einer dem Eschmun ge
weihten verhältnifsmäfsig gut erhaltenen n3yD, deren Form
durchaus an die von de Vogü€ als Cit. XL publicirte
Stele erinnert. Es war dies wohl überhaupt die Form
der hebräisch-kananäischen miayy. Wir werden uns unter
dieser Form auch diejenigen vorzustellen haben, welche zu
den Zeiten der altisraelitischen bezw. vordeuteronomischen
Gottesverehrung bei den Altären Jahves standen.
Ebenso ist von Interesse eine von Dr. Schröder
soeben in Z. D. M. G. XXXV. Heft 2 veröffentlichte (Phö-
nicische Miscellen. Fünf Inschriften aus Kition.) mit Cit. 51
bezeichnete Inschrift. Sie lautet :
... Pwawvownsiny> 20 ons
DIN TIIIIONTIYNIND!
2 WINNINTORNNITINTI
Auf mw2 Z. 1 folgt ein undeutliches Zahlzeichen. Die
erste Zeile enthält einen noch nicht bekannten kananäischen
Monatsnamen : wowmay. Noch interessanter ist die dritte
Zeile. Schröder theilt dieselbe ab
93 NWN AN nd KID
und tibersetzt auf die von Euting, Punische Steine Taf.
XXII veröffentlichte Inschrift : mbyab no nd) word no
nawin und die Inschrift von Gebal verweisend :
„Am 20. Tage des Monats Zebahäemes im Jahre... .
setzte Abdosir, Sohn des Bodo, Bohnes des.....
seiner Herrin der Mutter Aschera, weil... .“
Er stöfst sich jedoch mit Recht an dem ganz unerhörten
MON und lälst die Möglichkeit mawsan ond abzutheilen.
Ohne Zweifel ist dies die einzige Möglichkeit abzutheilen.
Und zwar nicht nur wegen der Unform max, sondern auch
wegen des folgenden mw.
346 Stade, IEVE ddwrde:.
auch die Abbildung und Beschreibung zweier althebräischer ||
Siegelsteine bringt. B. 8.
IEVE cdovası
Mein College Herr Professor A. Harnack macht
mich auf ein interessantes Randscholion aufmer welches
sich im Codex (Regius) Parisinus Graecus C IV zu
Justinus, Cohortat. ad. Gentil. 9. (Im Corpus Apolo-
getarum Christianorum saec. sec. ed. Otto. Vol. II,
P- 46) findet. In dieser auf Diodor zurückgehenden Stelle
iest jene Handschrift : xaga ut» tolg Jovdaloıs Maiony
tov xadoruevoy Heov. Das zwischen toy und xadovpevor
fehlende Jam ist (wie es nach Otto scheint von selber Hand)
zwischen diesen beiden Worten tiber der Linie nechgotragen
worden. Hierzu aber hat eine jüngere Hand das Scholion
Resetzt : IEVE adovası (so, nicht adwvael nach einer
ittheilung Derenbourgs), loropoücı xgooxorncacbat
tov xaloruevov Pedy diddvat avtm vouovg.
Die Handschrift stammt aus dem 11. oder 12. Jahrh.,
ist im Orient geschrieben, hat sich, wie eine Notiz auf
fol. 190" beweist, zu Paphos befunden, ist im Anfang des
16. Jahrhunderts (wohl durch einen Venezianer) nach Italien
und von da gegen Ende desselben Jahrhunderts nach Fon-
tainebleau gekommen.
,. , Der Schreiber des Scholion weils, dals sich MW und
Tao decken und transcribirt das erstere mit IEVE. Die
Form weicht von den sonst als Aussprache des Tetragram-
maton überlieferten (s. Psalterium iuxta Hebr. Hieron.
e rec. P. de Lagarde, S. 154) zu sehr ab, als dafs man
vermuthen dürfte, sie ginge auf eine alte Ueberlieferung
zurück. Sie ist wahrscheinlich einer blofsen Vermuthung
entsprungen. Ist der Urheber dieses Scholion oder sein
Gewährsmann etwa auf dem Wege grammatischer Schlufs-
folgerungen auf die Analogie der Form 17 gestofsen
oder umschreibt er etwa einfach 7 mit E? Es fehlt mir
Zeit und Gelegenheit, diesen Dingen weiter nachzugehen.
Vielleicht geben diese Zeilen einem meiner Fachgenossen
den Anstols dazu. B.S
341
No entstanden die genealogischen Sagen über
den Ursprung der Hebräer?
Ueber den Ursprung einiger Gestalten der Vätersage
at der Herausgeber S. 112 f esprochen. Er erkannte
ı ihnen alte Stammnamen oder Namen von Heroes eponymi,
uf welche einzelne Stämme und Clans sich zurückführten.
[it den Vätern des israelitischen Volkes werden nun von
er Sage als Stammväter der südlich und östlich von Israel
‘ohnenden hebräischen bezw. arabischen Völker bestimmte
odere Fi in verwandtschaftliche Verbindung gesetzt.
ot, der Stammvater !) der Moabiter und Ammoniter, gilt
ls Brudersohn Abrahams, Esau-Edom, der Stammvater
ar Edomiter, als Sohn Inaaks, Zwillingsbruder Jacobs,
ımael, der Stammvater gewisser Wüstenstämme, als Sohn
‚brahams, Bruder Isaaks, während andere Wüstenstämme
icht durch Ismaels Mutter Hagar, sondern durch die aus
nem andern arabischen Stamm gebildete Kebse Abrahams
‚etura mit Israel in Verbindung gebracht werden. Hierbei
teht zweierlei fest, einmal, dafs diese Sagen nicht Aus-
ruck einer Veberlieferung über den Ursprung jener Völker-
:haften sind, dann, was it zusammenhängt, dals jene
lamen für die Sage zunächst als Clan- oder Stammesnamen
ı Betracht kommen. Dafs Edom, Moab, Ammon, Ismael,
[agar, Ketura u. s. w. Stammnamen sind steht ohne
‘eiteres fest, dafs auch Lot als solcher zu betrachten ist,
lgt ebensowohl aus dem Ausdrucke Kinder Lots Dt. 2,
ls aus dem Vorkommen der Nebenform Lotan unter den
domitischen Clannamen. Gen. 36, 20.29. Es kann dabei
anz unerörtert bleiben, inwiefern einige dieser Namen
twa zugleich Gottesnamen sind oder sonst mythologische
Jedeutung haben. Auch welche Vorgänge die Verschmel-
sweier Figuren, Esau-Edom wie Jacob-Israel, veran-
lst haben mögen, zu untersuchen, ist hierbei nicht nöthig.
Jafs aber jene Urtheile der genealogischen e über die
ferkunft jener Völker nicht auf Kenntnifs der Entstehung
erselben, sondern auf Rückschlüssen aus historischen Ver-
ältnissen beruhen, folgt aus der Art und Weise wie Stämme
nd Völker entstehen. Es geschieht nirgends in der Welt
urch Spaltung sich rasch mehrender Familien, immer
urch Verschmelzung von Familien und Geschlechtern,
reiche Gleichheit der materiellen und vielleicht auch der
1) Die Daswischenschaltung der Töchter Lots ist secundär, wie
sren Namenlosigkeit beweist. Sie hat lediglich zum Zwecke, jenen
lämmen einen el anzuheften.
348 Stade, wo entstanden die genealogischen Sagen
geistigen Interessen vereinigt. Daher sind die Urtheik
er genealogischen Sage zunächst nicht als aufschlufsgebend
über ethnologische, sondern über culturelle und politisch
Verhältnisse anzusehen.
Wo aber entstanden nun jene Formeln der geneal
gischen Sage, nach welchen die Stammviter nicht israel-
tischer Völker mit den Vätern Israels in bestimmter Blut:
verwandtschaft gestanden haben? Wir werden zunächst
darauf verzichten müssen, dies bis ins Einzelste zu e-
kennen. Denn wie die Vätersage überhaupt sind uns aud
diese Sagen erst aus einer Zeit überliefert worden, in welche
längst eine Ausgleichung zwischen den verschiedenen Sagen
kreisen und den einander widersprechenden Sagenvariantes
stattgefunden hatte. Auch sie zeigen deutlich ein Gesicht,
welches die Stammsage erst zu den Zeiten der Köni
herrschaft gewinnen konnte. Allein die hier in B t
kommende Hauptsache läfst sich noch mit völliger Sicher
heit erschliefsen.
Sicher ist, dafs sich in der Stammsage eine gewiss
Antheilnahme an den Schicksalen der Stammväter jene
Völker, damit aber auch an den Schicksalen dieser Völker
selbst verräth. Denn die Schicksale der letzteren sind eba
die Schicksale der Helden, auf welche sie zurückgeführt
wurden. Die Sage fühlt mit Ismael dem Vertriebenen,
mit Esau dem Betrogenen so gut wie mit Jacob, dem
Listigen, Findigen. Ein solches Interesse konnte aber nur
in Kreisen und an Orten entstehen, welche wie mit Israel
so auch mit jenen Stämmen in engen Beziehungen standen,
von den Schicksalen der letzteren so gut berührt wurden,
wie von denen Israels.
Jene Orte sind die alten Heiligthümer des Lande,
jene Kreise die Priesterschaften dieser alten Heiligthümer.
n welchem engen Zusammenhange die betr. Sagen zu den
alten Heiligthümern stehen, braucht nicht ausführlich er-
örtert zu werden. Die Sage von Ismael und ist
an die Heiligthümer an Beerseba und Lachajroi üpft,
die von Jacob-Esau gleichfalls an Beerseba, die von Abra-
ham und Lot wahrscheinlich an Hebron. Nun bedenke
man, welch buntes Gemisch semitischer Stämme den Süden
Palästinas vor Consolidation des Stammes Juda bewohnt
hat. Südlich von dem im Westen stark mit cananäischen
Elementen versetzten Stamme Juda treffen wir edomitische
Clans (Kaleb, Othniel), arabische wie Kain und wahr-
scheinlich Jerachmeel war, und mitten unter arabischen
zeltet Simeon. Das Heilisthum zu Hebron ist wohl über-
haupt von Haus aus nicht israelitisch, sondern eher edo-
350 Bibliographie.
und Sitte, die Wächter über die religiösen und staatliche
Zustände. Wie tief sie, um von Anderem zu schweigen, f
in die Politik verflochten waren, zeigt Samuel von Rama
einerseits, die Geschichte der Heiligthumer von Silo und
von Nob andererseits nur zu deutlich. -Auch hier biete
Altgriechenland die besten Parallelen zu den Verhältnissen
des alten Israels. B. 8.
Bibliographie.
(Fortsetzung von 8. 172 ff.)
1. Bibelausgaben. Ezxegese. Geschichte der Eaegese.
Einleitung.
Bissell, E. C., The Apocrypha of the Old Testament. New-York 1880.
680 8. 8°.
Son wip. A Commentary on the book of Proverbs attrib. to
Abraham Ibn Esra ed. by 8. R. Driver. Oxford 1880. XV.
57 8. 8°.
Sainte (la) Bible: Traduction frangaise. Commentaires etc. par A. Ar-
naud. T.2. Les Rois 8et4. Les Paralipoménes, Esdras, Néhémie,
Tobie, Judith, Esther, Job, Psaumes, Proverbes, l’Eclesiaste. Avignon.
et Paris. 1881. 796 8. 8° & 2 col.
Chambrun de Rosemont, A. de, Essai d’un commentaire scienti-
fique de la Genéso. Lyon 1881. 208 8. 8. (Tiré & 100 exem-
plaires numérotées, et non mis en vente.)
Dächsel, Aug. Bibelvaerk. De fem Moseboger. Med 2 Karter og
18 Traesnit. H. 4. Sid. 198—256; tosp. 4. Bergen 1880.
Derenbourg, J., I. Sur le nom d’Amminadab. II. Le mois de Etanim
s. Revue des études Juives 1881, 8. 123 ff.
Ewald, H., Commentary on the Psalms. Translated by E. Johnson:
London 1881. 854 8. 8°.
Feilchenfeld, W., der 36. y (ohne Textverinderungen) commentirt
s. Magazin f. d. Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 20 ff.
Geikie, C, Hours with the Bible; or the Scriptures in the Light of
Modern Discovery and Knowledge. Vol. 2. From Moses to Judges,
with Illustrations. 520 8. 8°.
Gratz, H, Spuren des deuterojesaiauischen Ideengangs in der seit-
genössischen und späteren Literatur, s. Monatsschrift f. Gesch. a
Wiss. d. Jud. 1881 8. 1 ff.
Gray, James Cowper, the Biblical Museum. Vol. 9. (Jeremiah, Le-
mentationes, Ezekiel.) London 1881. 884 8. 8°.
Hervey, A C., Judges and Ruth (Pulpit Commentary). London
1881. 8°. e
Hitzig, Ferd, die zwölf kleinen Propheten. 4. A bes. von
H. Steiner. Leipzig 1881. X. 4888. 8°. (Kurz ge exeget.
Handbuch z. Alt. Testam. Lief. 1.)
Kuenen, A., Bijdragen tot de critick van Pentateuch en Jozua. VIL
Israel bij den Sinai. Theol. Tijdschr. 1881. 8. 164 ff.
Bibliographie. 851
totes on the Book of Deuteronomy. Vol. 1. London 1881. 4168. 8°.
>saumes, le livre sacré des, traduit en francais d’apr&s le texte
hébreu, axeo indication de l’antique marche dialoguée des chants
par Benoit Vacquerie. Paris. 242 8. 8°.
Streane, A. W., the Book of the Prophet Jeremiah, together with
the Lamentations. With Map, Notes and Introduction. Cambridge
1881. 8%. 486 B.
Btuder, G., sur Textkritik des Jesaja III s. Jahrbb. für Prot. Theol.
1881. 8. 160 ff.
Cohn, J., Baadia’s Einleitung su seinem Psalmencommentar nach einer
Münchener arab. Handschr. übers. s. Magazin f. d. Wiss. d. Judenth.
1881. 8. 1 ff.
Kayser, der wärtige Stand der Pentateuchfrage s. Jahrbb. f.
Protest. Theol. 1881, 2, 8. 826 ff.
Singer, 8., Onkelos u. d. Verhält. s. Targ. s. Halacha. Berlin 1881.
IV. 60 8. 8°.
Renard, E. et Lacour, E., de la manne du désert ou manne des
Hébreux; critique historique; histoire naturelle; analyse chronique.
Alger. 1881. 20 8. 8°.
Smith, W. Robertson, the Old Testament in the Jewish Church.
Edinburgh 1881. XII. 446 8.
Cultrera, P., Fauna biblica. Palermo 1880. VIII. 478 8.
2. Hebr. Grammatik, Lexicographie und Verwandtes.
Anselme, H. d’, De l’höbreu comme langue primitive (essai de con-
férence). Paris, aux bureaux de l’Ami du clergé. 1880. 788. 8°.
Driver, 8. BR, a treatise on the use of the tenses in Hebr. and some
other syntactic. questions. 2. ed. Oxford 1881. XVI, 820 8. 8°.
Grats, H., Verwechselung der Partikeln by mit TY ferner Sy (ON)
mit 5x und }y mit =jjy s Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth.
1881. 8. 218 ff.
Massorah, the, compiled from Manuscripts, alphabetically and lexi-
cally by Ch. D. Ginsburg. Vol. I. »—x. London 1880.
VIII. 758 8. fol. (Printed for subscribers by the author.)
3. Relegionsgeschichte. Biblische Theologie. Archäologie.
Be: r ger, ‚Ph, la trinité Oarthaginoise IV. s. Gasette archéol. 1880.
Bouché-Leclercq, A. Histoire de la divination dans l’Antiquite.
T. 8. Oracles des dieux (suite); oracles des héros et des morts :
oracles exotiques hellénisés Paris 1880. 420 S. 8°.
Hitzig, Ferd., Vorlesungen üb. bibl. Theologie und messianische Weis-
sagungen des A. T. Herausgeg. von J. J. Kneucker. Mit dem
(phototyp.) Brustbilde Hitsig’s u. e. Lebens- und Charakter-Skizse.
Karlsruhe 1880. XII, 64. 224 8. 8°.
Kautzsch, Em., über die Derivate des Stammes pty im a. t. Sprach-
gebrauch. Tübingen 1881. 59 8. 4° -:
Keerl, Phil. Fr., Grunddragen af den heliga skrifts lara om Cherubim,
de goda englarna samt satan och hans englar. Utdrag ur ett större
verk. Ofr. ok utg. af V. Humbla. Lund 1881. 100 8. 8°
352 Bibliographie.
Klostermann, über die kalendarische Bedeutung d. Jobeljahres «
Stud. u. Krit. 1880, 4, 8. 720 ff.
Krichenbauer, Ant, Theogonie und Astronomie. Ihr Zusammen-
hang nachgewiesen a. d. Göttern der Griechen, Aegypter, Babylonier
und Arier. Wien 1880. VIII, 461 8.
Lemme, Ludwig, die religionsgeschichtliche Bedeutung des Dekalogı.
Prolegomena zu einer a. t. Lehre von der Bünde. Breslau 1880.
XVI. 148 8
Lenormant, F., les origines de l’histoire d’aprés la Bible et les tra-
ditions des peuples orientaux. Paris 1880. XXIL 680 8. 8°.
Derselbe, Zeus Casios s. Gasette archéol. 1880. 8. 142 ff.
Lippert, Julius, der Seelencult in seinen Beziehungen sur althebrii-
schen Religion. Berlin 1881. VIII. 182 8. 8°.
Mannheimer, M., sum Unsterblichkeitsglauben bei den Juden. s.
Jüd. Litbl. 8, 8. 80 f.
Maybaum, 8., die Entwickelung des altisraelitischen Priesterthums.
Ein Beitrag zur Kritik der mittleren Bücher des Pentateuchs. Breslau
1880. VIII. 128 8. 8°. (s. de Lagarde’s Reclamation Götting.
Gelehrt. Anzeig. 1881. 8. 88 ff.)
Ménard, R., la vie privée des anciens, texte par René Ménard ; dessins
d’aprds les monuments antiques par Cl. Sauvageot. La famille dans
lantiquité. Paris 1881. 575 p. avec 815 fig. 8°.
Miller, M., Vorlesungen über den Ursprung und die Entwickelung
der Religion u. s. w. Strafsburg 1880. 8°.
Derselbe, Selected Essays on Language, Mythology and Religion.
London 1881. 2 vols. 1810 8. 8°.
Nöldeke, Th., üb.d. Gottesnamen 5 s. Monatsberichte der k. Akad.
d. Wissensch. z. Berlin, 1880, 8. 760 ff.
Preifs, H. der Ursprung des Jehovakultus s. Ztschr. wissensch.
Theol. Bd. 24. 8. 210 ff.
Reville, prolegoménes de Vhistoire des religions. Paris 1881. II.
319 8. 8°.
Risch, G., die Königin von Saba als Königin von Bilgis s. Jahrbb.
f. prot. Theol. 1880, 8. 524 ff.
Rosenstock, M., Heidnische Mantik und israelitische Prophetic.
Wolfenbiittel 1880.
Siouffi, N., Une courte conversation avec le chef de la secte des
Jezidis, s. Journal Asiatique, 7 sér. to XV. 8. 78 ff.
Derselbe, études sur la religion des Soubbas ou Sabéens, leurs
dogmes, leurs moeurs. Paris 1880. XI. 211 8. 8°.
Smith, G., the Chaldean Account ofGenesis. New ed. by A. H. Sayce.
London 1881. 360 8S. 8°.
Smith, W. Robertson, animal worship and animal tribes among the
Arabs and in the Old Testament in Journal of philology Vol. IX,
(Nr 17) 1880. 8. 75—100.
Tiele, C. P., Kompendium der Religionsgeschichte. Ein Handbuch
zur Orientirung und zum Selbststudium, übers. und herausgeg. von
F. W. T. Weber. Potsdam 1880. XI. 299 8. 12°.
Derselbe, Over vreemde bestanddeelen in de Grieksche mythologie
8. theol. Tijdsch. Nov. p. 545 ff.
Vernes, mélanges de critique religieuse. Paris 1881. XV, 8488. 8°.
Weber, Ferd., System der altsynagogalen Palästinischen Theologie
aus Targum, Midrasch und Talmud dargestell. Nach des Verf.
Bibliographie. 368
Tode ben von Frans Delitssch und Georg Bohneder-
mann. Lei 1880. XXXIV. 400 8. 8°.
4. Geschichte.
Destinon, J. v., die Chronologie d. Josephus. Kiel 1880. 85 8. 4°.
Edersheim, A, history of Ju and Israel from the birth of Ba-
lomon to the reign of Ahab. London 1880. 8°.
Floigl, V., die Chronologie der Bibel, der Manetho u. Berosos. Leipsig
1880. X. 286 8. 8°.
Friedmann, 8., Simon I. oder II. „der Gerechte*? s. Jud. Litbl.
49, 8. 194.
Grats, H., sur Geschichte der nachexilischen Hohenpriester. s. Mo-
nateschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881. 8. 49 ff. und 97 ff.
Derselbe, der Arabarch Nikanor in der ersten Kaiserseit. Ebenda
1881. 8. 203 ff.
Halévy, Jos, Cyrus et le retour de l’exil s. Revue des Etudes
Juives. Paris 1880. 8. 9 ff.
Derselb e, Manaseé roi de Juda et ses contemporains. Ebenda 1881.
8. 1 ff.
Köhler, A, Lehrbuch der biblischen Geschichte Alten Testamentes.
2. Hälfte. 3. Lfg. 8. 129-266. 8°.
Krall, Jak., Untersuchungen aus der alten Geschichte. Heft 1 :
Tacitus und der Orient. I. Theil, Historien IV, 88. 84 : die Her-
kunft des Serapis. Wien 1880. 67 8. 8°.
Matsat, chronologische Untersuchungen: sur Geschichte der Kinige
von Juda und Israel. Weilburg 1880. 24 8. 4°.
Nowack, Bemerkungen üb. d. 14. Jahr d. Hiskia s. Theol. Stud.
und Krit. 1881. Heft 2. 8. 800 ff.
Pick, Bernh., Jüdisches Volksleben zur Zeit Jesu. New-York 1880.
75 8. 8°.
Saulcy, F. de, Histoire des Machabées ou princes de la dynastie
asmonéenne. Paris 1880. 825 8. 8°.
Spiefs, F., der Tempel zu Jerusalem während des letzten Jahrhun-
derts seines Bestandes nach Josephus. (s. Samml. gemeinverständl.
missonsch. Vorträge, 858. Heft.) Berlin 1880. 86 8. m. einer lith.
8°. .
Weifs, David und seine Zeit. Historisch-exegetische Studien, vor-
nehmlich zu den Büchern Samuels. Mit oberhirtlicher Approbation.
Münster 1880. 271 8. 8°.
Wise, J. M., History of the Hebrew’s second commonwealth. Cin-
cinnati 1880. 386 8. 8°.
5. Das heilige Land (Anhang : Phönicisch).
Bocin, A., Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Palästinaliteratur 1879 s. Z(tschrft.). d. D(eutsch.). P(aläst.). V(ereins)
1880. 8. 57 ff.
Alten, von, die Davidstadt, der Salomoteich und die Gräber der
Könige in Jerusalem. s. Z. D. PV. Bd. 8, 8. 116 ff.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 1. 1881. 93
354 Bibliographie.
Badeker, Palästina und Syrien. Handbuch f. Reisende mit 18 Karten, .
44 Plänen, 1 Panorama und 10 Ansichten. 3. verb. u. verm. Auf
Leipzig 1880. CLIV. 517 8.
Berger, P., l’doriture et les inscriptions Sémitiques. (8. A.) Paris 1890.
56 8. 8°.
Boswick, 8., the place called Bethso s. P(alest.) E(xplor.) F(und.)
Q(uart.) S(tat.) April 1880 8. 108 f.
Derselbe; Valley of Hinnom. Ebenda 1881. 8. 102 ff.
Birch, W. F., the nameless City. Ebenda April 1880. 8. 1% ff .
October 8. 240.
Derselbe, the Rock of Rimmon or the pomegranate. Ebenda 8. 107,
Derselbe, Gebim (Jes. 10, 81). Ebenda 8. 108.
Derselbe, Zeisah. Ebenda 8. 289.
Derselbe, Rachel's sepulchre. Ebenda 8. 241.
Derselbe, Hiding places in Canaan. Ebenda 8. 285 f.
Derselbe, the thomb of David, Zion and Josephus. Ebenda B. 167.
Derselbe, the rock Rimmon and Gibeah. Ebenda 8. 286 £.
Derselbe, Gath. Ebenda 8. 170 f.
Derselbe, the golden calf at Bethel. Ebenda April 1880. 8. 108 £.
Derselbe, the Boundary of Ephraim and Manasseh. Ebenda 1881.
8. 90 ff.
Derselbe, Eben-Eser. Ebenda 8. 100 ff.
Derselbe, the City and tomb of David. Ebenda 1881. 8. 94 fl.
Derselbe, it is required to find the entrance to the tomb of David
Ebenda 8. 97 ff.
Blunt (Lady Anne), A Pilgrimage to Nejd, the Cradle of the Arab
Race. With Map, Portraits and Illustrations. London 1881. 3 vol.
590 8. 8°. 2. ed. Ebenda.
Burton, R. F., the Ethnology of Modern Midian s. Transactions of
the Royal Society of Literature, Sec. Ber., Vol. XII, Part II, 8. 249f.
Chester, Greville J., a journey to the biblical sites in lower
Egypt. P. E. F. Q. St. Juli 1880, 8, 88 fi.
De raelbe, Notes on the Topography of the Exodus. Ebenda 1881.
‚1 .
Con de ‘. Claude R, Register of rook levels. Ebenda April 1880.
Derselbe, discovery of a statue near Gasa. Ebenda 1880. 8.7 #
Derselbe, topography of the Exodus. Ebenda 8. 281 ff.
Derselbe, Notes on Jerusalem «. Palest. Ebenda 1880. 8. 101.
Derselbe, Notes on disputed points. Ebenda 8. 172 7 8. 228 #
Derselbe, new identifications. Ebenda 8. 280 f.
Derselbe, Notes on Colonel Wilson's paper on the masonry of the
Haram Wall. Ebenda 1880. 8. 90 ff.
Derselbe, the Tyropoeon valley. Ebenda 1880. 8. 77 ff.
Derselbe, Sun Worship in Syria. Ebenda 1881. 8. 80 ff.
Derselbe, Notes on disputed Points. Ebeuda 1881. 8. 86 ff.
Derselbe, New Identifications. Ebenda 8. 89.
Derselbe, Supposed Cliff in the Haram. Ebenda 8. 56 ff.
Derselbe, Note on Kadesh Barnes. Ebenda 8. 60 ff.
The old City of Adraha (Dera) and the Roman Road from Gerasa to
Bostra. Ebenda 1881. 8. 77 ff.
De Hass, F.8., recent travelsand explorations in Bible lands. New-
York 1880. VI. 455 8. 8%
Gildemoister, J., Ghassanidengräber vor Jerusalem s. Z. D. P. V.
Bd. 8, 8. 177 ff.
Bibliographie. 355
Gildemeister, J., Beiträge zur Palästinakunde aus arab Quellen
Ebenda 1881 (Bd. 4). 8. 85 ff.
Govett, R., Epiphanius on Golgotha. P. E. F. Q. St. 1880. 8. 109.
Graham, Cyr., El-Harrah. Ebenda 1881. 8. 78 ff.
Grundt, Von Jerusalein nach Bethlehem. Ein Vortrag. 8. Jahres-
bericht der Lausitzer Prediger-Gesellschaft su Leipzig. Bechste Mit-
theilung Leipzig 1880.
Guérin, description géographique, historique et archéologique de la
Paléstine. 8. partie. Galilde. to. I. Paris 1880. 580 8. to. II.
Ebenda. 568 8. 8.
Guthe, H, Ausgrabungen in Jerusalem. a. Z. D. P. V. 1881 (Bd. 4)
‚1 .
Hunt, Mrs. H., Children at Jerusalem : A Sketch of Modern Life in
Syria. London 1881. 190 8. 8°.
Klaiber, Zion Davidstadt und die Akra innerhalb d. alten Jerusalem.
s. 2. D. P. V. Bd. 8 (1880) 8. 189 ff. Bd. 4 (1881) 8. 18 ff.
Klein, F. A. Mittheilungen üb. Leben, Sitten und Gebräuche der
Polworen in Palästina. Ebenda Bd. 3 (1880), 8. 100 ff. Bd. 4 (1881)
. 57 Ff.
Lindberg, N., Templet i Jerusalem og Forsoningsdagen hos Joderne.
(Med 8 kobberst. Tavl.) 116 8. 8°. Kolding 1881.
Map, the Great, of Western Palestine. In 26 Sheets from Surveys
conducted for the Committee of the Pal. Explor. Fund by C. R. Con-
der and H. H. Kitchener during the years 1872—1877. London
1880. Royal folio.
Oliphant, L., The Land of Gilead. New-York 1881. 480 8.
Pilgerreisen, Deutsche, im heiligen Lande. Herausgegeben von
R. Röhricht und H. Meifsner. Berlin 1880. VIII. 712 8. 8°.
Schick, C., in welche Gegend der Wüste wurde der Sündenbock ge-
führt s. Z. D. P. V. Bd. 8, 8. 214 ff.
Derselbe, der Frankenberg s. Z. D. P. V. Bd. 8, 8. 88 ff.
Derselbe, Mittheilungen üb.d. alten Lauron und Klöster in der Wüste
Juda, bearb. v. K. Marti. Ebenda Bd. 8, 8. 1 ff.
F urrer, K., Nachtrag hierzu ebenda 8. 234 ff.
Schwarz, G., Jafa und Umgebung. Ebenda, Bd. 8, 8. 44 ff.
Socin, A., Liste arabischer Ortsappellativa. Ebenda 1881. 8. 1 ff.
Derselbe, eine neue Entdeckung in Jerusalem. (Entdeckung einer
althebr. Inschrift im Felsentunnel, welcher von der Marienquelle zum
Siloahteiche ftihrt.) Ebenda Bd. 3, 8. 54 f.
Derselbe, Phoenician inscription in the pool of Siloam P. E. F.Q. St.
1880. 8. 288 f.
Sayce, A. H., the inscription at the Pool of Siloam. s.P.E. F. Q. Bt.
1881. 8. 69 ff.
Kautzsch, E, die Siloahinschrift. Ebenda Bd. 4 (1881) 8. 102 ff.
(mit Abbildung).
Steck, R., der Pilgerweg der Galiläer nach Jerusalem. s. Jahrbb. f.
prot. Theol. 1880. 8. 706 ff.
Schultze, Vict., Sarkophage und Grabinschriften aus Jerusalem.
8. 2. D. P. V. 1881, 8. 9 ff.
Steinschneider, M., Beiträge z. Palästinakunde aus neueren jüdischen
Quellen I. u. Il s. 2. D.P.V. Bd. 3. 8. 220 ff.
Stirling, Th., Bible Incidents, arranged for Travellers in the Holy
Land. Greenwich 1881. 8°.
23*
366 Bibliographie.
Sumner, G., Our Holiday in the East. Ed. by G. H. Sumner.
London 1881. 876 8. a
Thomson, W. M., the land and the book; or Biblical illustrations
etc. I. Southern Palestine and Jerusalem. New-York 1880. XX
592 8. 8°.
Trelawney Saunders, the river Kanab s. P. E. F. Q. St. Oct
1880. 8. 224 ff.
Trelawney Saunders, E. H. Palmer and C. Th. Conder, the
site of Gath. Ebenda 8. 211 ff.
Trelawney Saunders and A. Henderson, the site of Megiddo.
Ebenda 8. 228 ff.
Tristram, Path ways of Palestine. Part 1. 4°.
Walther, J., Etude historique de la topographie deJérusalem pendast
les temps bibliques Gendve 1880.
Warren, Charl., Eastern Pelestine. s. P. E F. Q. St. July 1880.
. 171 f.
Derselbe, limita of error in latitudes and longitudes of places obtained
during the reconnaissances made in Palestine. Ebenda 8. 248 fi.
Weld, A. G., Sacred Palm Lands. London 1881. 816 8. 8°.
Wilson, C. W., the masonry of the Haram Wall s. P. E. F. Q. 8.
1880. 8. 9 ff s. auch Octob. 8. 195 f.
Warren, notes on Colonel Wilsons paper on the masonry of the
Haram Wall. Ebenda July 1880. 8. 159 ff.
Clermont-Ganneau, C., Origine perse des monuments aramdens
drbgypte, 1. ptie. Paris 1881. 40 8. ı pl. 8° (8. A.)
Derselbe, la coupe Phénicienne de Palestrina s. Journal Asiatique.
7. ser. to. XV, 8. 98 ff.
Derselbe, le nom Punique d’'Hadrumdte. s. Revue critique 1880, 17.
8. 88 f. “
Bargés, J. J. L., Dissertation sur l'inscription hébralque de la chaire
de St. Marc. (8. A.) Paris 1881. 89 8. avec fig. 8°.
Bruston, C., L’inscription d’Eschmoun-azar s. Revue archeol. 188.
Sept. 8. 179 ff.
Derenbourg, J., Encore quelques observations sur l’insoription
d’Eschmoun ‘azar. (Extr. d. la Rev. Archéol. 1880, Juni) Paris 1880.
de Vogtié, Note sur la forme du tombeau d’Eschmoun asar -s. Journal
Asiatique. 7. ser. to. XV, 8. 278 ff.
Schröder, P., phönicische Miscellen. s. Z. D. M. G. 84 (1880),
8. 675 ff. mit Nachschrift, ebenda 8. 679 ff. Mit Tafel. (Vgl. auch
8. 345 f.) und Nachtrag. Ebenda 8. 764 ff.
6. Talmud. Midraschim. Rabb. Literatur.
Talmud, le, de Jerusalem traduit parM. Schwab. To. 4. (Schabbath
et Eroubin). Paris 1881. VIII. 812 8. 8°.
Bibliotheca ralbinica. Eine Sammlung alter Midraschim, sun
ersten Male ins Deutsche übertr. von A. Wünsche. 1—9 Lief.
Leipzig 1880. 81.
Sammlung kleiner Midraschim, herausgeg. von Ch. M. Horowits
Theil I. Berlin 1881. XII. 80 8.
Bibliographie. | 357-
abe pay ‘o- Aruch Completum ed. A. Kohut to. 2. Viennae
1880. 802 8 4°.
Benjacob, J. A., die Bibliographie d. gesammten hebräischen Lite-
ratur, herausg. v. J. Benjacob u. M. Steinschneider. 8 Bde.
Wilna 1880.
Jellinek, A., Bibliogruphin der Indices zum bab. u. jerus. Talmud,
a Midrasch- und Sobar-Literatur u. s. w. Wien 1881. 868. 8°.
Hebr.)
Lippe, Ch. A. bibliographisches Lexicon der gesammten jüdischen
Literatur der Gegenwart n. Adrels- Anzeiger. Wien 1881. XVI.
704 B.
Hamburger, J., Real-Eucyclopädie für Bibel und Talmud. Wörter-
buch zum Handgebrauch für Bibelfreunde, Theologen, Juristen u.s. w.
2 Abth. Heft 5. Leipzig 1880. (8. (57--816). 8°.
Revue des Studes Juives, publication trimestrielle de la société
des études Juives. Nr. 1. 2. 1880. Paris 1880. Nr. 1. 1881.
Paris 1881. 8°.
Back, 8., die Fabel i. Talmud und Midrasch. s. Monatsschr. f. Gesch.
u. Wiseensch. d. Judenth. 1880. 8. 24 ff, 68 ff, 102 ff, 874 ff.
1881 8. 124 ff.
Benny, P. B., the criminal code of the Jews, according to the Tal-
mud Massecheth Synhedrin. London 1880. 140 8. 8%.
Bergel, Jos, Studien üb. d. naturwissenschaftlichen Kenntnisse der
Talmudisten. Leipzig 1880. IV. 102 8. 8°.
Berliner, A., zur Lexicographie d. Talmud, s. Magas. f. d. Wissensch.
d. Judenth. 1880, I, 8. 40 ff.
Derenbourg, J., Aphoristische Bemerkungen zur Mischna. s. Mo-
natsschr. f. Gesch. u. Wissensch. d. Judenth. März 1880. 8. 185 ff.
Ehrmann, Dan, aus Palästina u. Babylon. Eine Sammlung von
Sagen u. s. w. aus Talmud u. Midrasch, m. sachl. und sprachl. An-
merkungen, nebst e. allgemeinen Einleitung üb. Geist u. Form der
Agada. Wien 1880. XV. 814 B. 8°.
Friedmann, Pesikta Rabbati. Midrasch f. d. Fest-Cyclus u. d. aus-
ichneten Sabbathe, kritisch bearb., comment. u. s. w. Nebst e.
Lozidion d. vorkommend. Fremdwörter von M. Güdemann. Wien
1880. XXVII. 410 8. 8°.
Gaster, M., Beiträge sur vergl. Sagen- u. Märchenkunde s. Mo-
natsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881. 8. 78 ff., 180 ff.
Güdemann, midraschische Exegese. s. Monatsschr. f. Gesch. und
Wissensch. d. Judenth. 1880. 8. 84 ff.
Derselbe, Analekten. Josephus u. d. grofse Pesikta. Ebenda 1880.
8. 182 f.
Grünwald, M.. Additamenta zu Zunz’ Namen der Juden. s. Jüd.
Ltbl. 46, 8. 182 f.
Hamburger, J., die Nichtjuden u. d. Sekten im talmudischen Schrift-
thum. 2. Aufl. Neustrelitz 1880. 16 8. 8°.
Hershon, P.J., a Talmudic miscellany or a thousand and one extracts
from the Talmud, the Midraschim etc. London 1880. XXVII.
861 8. 8°.
Jastrow, M., eine angeblich griechische Stelle im Midrasch. s. Mo-
natsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881. 8. 176 ff.
Joel, M., Blicke i. d. Religionsgeschichte d. 2. christl. Jahrh. I. Der
Talmud u. d. griech. Sprache, nebst 2 Excurses a) Aristobul, b) die
Gnosis. Breslau 1880. VII, 177 8. 8°.
358 Bibliographie.
Kalisch, L., Beiträge sur talmudischen Lexicographie. s. Jüd. Ltbl.
42, 8. 166 f.
Lattes, saggio die giunte e corresioni al Lessico Talmudico. s. Atti
della R. Accademia delle scienze di Torino, vol. XIV, disp. IV.
Lekach-Tob (Pesikta sutarta), ein agadistischer Commentar zum
ersten und zweiten Buche Mosis von R. Tobia ben Elieser. Her-
ausg. v. 8. Buber. Wilna 1880. 2 Bde. 8°.
Lerner, M., Anlage des Bereschith Rabba und seine Quellen. s. Mag.
f. die Wissensch. d. Judenth. 1880, 8. 157 ff., 197 ff. 1881, 8. 80 ff.
Levi, Jos., Apocalypses dans le Talmud. s. Revue des Etudes Juives
1880. I, 8. 108 ff.
Levy, J., Neuhébr&isches und chaldäisches Wörterbuch über die Tal-
mudim und Midraschim. Nebst Beiträgen von H. L. Fleischer.
Lief. 12. 18. Leipzig 1880. 4°.
Maimonides Commentar zum Tractat Makkoth im araMiechen Urtext
und verbesserter hebr. Uebersetzung herausgeg. von J. Barth.
Berlin (1880). 28 8. 8°.
Nager, 7 über Schem ha-mephorasch. s. Z. D. M. G. 1881. (XXXV).
. 162 ff.
Rabbinowics, législation civile du Thalmud. t. 1. Paris 1880. XCL.
467 8. t, 5. LXX. 481 8.
Rabbinowics, la medicine du Thalmud, ou tous les passages con-
cernant la médecine extraits des 2. traités du Thalmud de Babylone.
Paris 1880. LI. 176 8. 8°.
Rabbinovics, Raph. varise lectiones in Mischnam et in Talmud
babyl., quum ex aliis libris antiquissimis et scriptis et impreseis tum
e codice Monacensi collectae. Pars XI. Tract. Baba Bathra.
München 1881. 517 8. 8°.
Rosenthal, F., über =Dıy. s. Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d.
Judenth. 1881. 8. 88 ff., 118 ff., 162 ff., 207 ff.
Rosin, Dav., R. Samuel B. Meir (HJ) als Schrifterklärer. Breslau
1880. IV. 158 8. 8°.
Ba‘adja b. Jüsuf al Fajjümi, Kitäb al-ammänät wa'l-Ttigädät. Her-
ausgeg. von 8. Landauer. Leiden. 1881. XXIV. 820 B.
Pr.) 8°.
Schulbaum, M., allgemeines, vollständiges neuhebräisch-deutsches
Wörterbuch. (In hebr. Spr.) Lemberg 1880. IV. 299 8. 8°.
Steinschneider, M., Islam und Judenthum. Kritik des Islams von
Simon Duran aus dem Hebr. übers. s. Magasin f. d. Wissensch. d.
Judenth. 1880, I, 8. 1 ff.
Thein, 8., eine oft erklärte Haggada. s. Mag. f. d. Wiss. d. Jud.
1880, 8, 8. 194 ff.
Theodor, J., zur Composition d. agadisch. Homilien. s. Zeitschr. f.
Gesch. u. Wissensch. d. Judenth. Jan. 1880. 8. 19 ff.
Wertheimer, le Talmud I. Histoire de la formation du Talmud.
Gendve et Bale. 1880. 82 8. 8°.
Wolff, M., Bemerkungen zu d. Wortlaute d. Emunot we-Deot. s. Mag.
f. d. Wissensch. d. Judenth. 1880, 2, 8. 78 ff.
Wünsche, Aug., der Jerusalemische Talmud in seinen hagadischen
Bestandtheilen, zum ersten Male ins Deutsche übertragen. Zürich
1880. VII. 297 8. 8°.
Derselbe, die Vorstellungen vom Zustande nach dem Tode nach
Apokryphen, Talmud u. s. w. s. Jahrbb. f. prot. Theol. 1880, 8.
205 ff., 385 ff., 594 ff.
360 | = Bibliographie.
Byssel, V., üb. d. textkritischen Werth der syrischen Uebersets
griechischer Klassiker. Thi. 1. 2. Leipzig 1880. 81. 48. 568
Sauvaire, H., a treatise on weights and measures, by Eliya, archb
of Nisibin s. Journ. of the Roy. As. Soc. XII, 1. 8. 110 ff.
Veteris Testamenti ab Origine recensiti fragmenta apud 8 se
quinque. Praemittitur Epiphanii de mensuris et eribus
nunc primum integer et ipse Syriacus. Ed. P. de Laga
Göttingen 1880. IV. 356 8. 8°.
Thesaurus Syriacus ed. Payne Smith. Vol L fase. V.
Wright, W.. Note on a sepulchral monument from Palmyra s. T
actions of the Society of Biblical Archacology. Vol VIL p
IM
8. Arabisch. (Anhang : Aethiopisch.)
Abu Bekr ibno’l-Anbäri, Kitäbo-)-Adhdäd. Ex unico qui su
codice Lugdunensi ed. M. Th. Houtsma. Leiden 1881.
297 8. 8°.
Basset, R, la podsie arabe antéislamique. Paris 1881. 87 8.
Biblioteca Arabo Bicula oseia Raccolta di testi arabici che tocea
la storia, la biografia et la bibliografia della Sicilia re
© tradotti in Italiano da Mich. Amari. Vol. 1. Torino e |
1880. 8°.
Colebrooke, T. E, on the proper names of Mohammadans s. J
of the Roy. As. Soc. XI, 2. 8. 171 ff.
Ad-Dhahabi, Al-Moschtabih e oodd. mses. ed. P. de Jong. L
1881. XII. 612 8. 8°.
Fleischer, H. L., Beiträge sur arabischen Sprachkunde. 7. |
s. Berichte der phil.-hist. Cl. d. kön. sich. Ges. d. Wiss.
8. 89 ff.
Gildemeister, J., der angebliche EttseAlibi in Z. D. M. G. 34. (1
8. 171 £.
Halévy, J., Essai sur les inscriptions de Safa s. Journ. Asiat.
(7. ser. XVII). 8. 44 ff. 179 ff.
Der Diwan des Lobid. Nach einer Handschrift sum ersten Male
ausgegeben von Jüsuf pij&-ad-din al-Ch&lidt. Wien
152 8. 8°.
Lotb, O, zwei arabische Papyrus s. Z. D. M. G. 34 (1880). 8. 6
Mit 2 Taf.
Al-Moschtabih ed. de Jong. Leiden 1881. XIL WS 8".
Muir, W. ancient Arabic poetry s. Journ. of the As. Soc. X
. 72 ff.
Derselbe, Extracts from the Coran, in the original, with
rendering. London 1880. 8°. m
Prätorius, Franz, über den arab. Dialect von Zansiber in Z.D.]
34 (1880). 8. 217 ff.
Redhouse, J. W., on the most comely names s. Journ. of the.
As. Soc. XII, 1. 8.1 ff.
Rogers, E. T., Arebic amulets and mottoes s Journ. of the Boy
Soc. XI, 1. 8. 122 ff.
Rosen, V., notice sur un manuscript Arabe (Ibn He ar al Asga
s. Bulletin de l'Académie impériale des sciences de 8t-Pétersh
to. XXVL ı. S11 ff
Bibliographie. 361
Rosen, V., zur arabischen Literaturgeschichte der älteren Zeit, I.
Ibn Kuteiba : Kitäb ‘Ujfin al-akbbär s. Mélanges Asiatiques.
Pes: Sept. 1880. 8. 745 ff.
Spitta-Bey, Wilhelm, Grammatik des arabischen Vulgirdialektes
von Aegypten. Leipzig 1880. XVI. 520 8.
‘Tabari, Abu Djafar Mohammad Ibn Djarir. Annales, edd. J. Barth,
Th. Nöldeke, O. Loth ete. Vol. 1. Paris 2. Leden 1880. 8°.
8. 821—640.
Trumpp, E., der arab. Satzbau nach der Anschauung der arab. Gram-
matiker. (Aus „Bitzungsber. d. k. b. Akad. d. Wiss.“). München
1879. 90 8. 8°.
Wahrmund, A. praktisches Handbuch der neuarabischen Sprache.
2. Aufl. Th. 1. 2. 8. Giefsen 1880. XXIV. 501, XXI; VII, 146, 82;
III, 59 8. 8°.
Derselbe, Lesebuch in neu-arabischer Sprache. 2. Aufl. Th. 1. 2.
Giefsen 1880.
Lane’s Arabic - English Lexicon. Ed. by Stanley Lane-Poole.
Vol. VIL, fasc. 1. „3. London 1881. II. 8. 2477—2580 fol.
Trum pp, E., der Kampf Adams oder das christliche Adambuch des
Morgenlandes. Aethiopischer Text, vergl. m. d. arab. Originaltext.
München 1880. XIII, 172 8. 4°.
Derselbe, kritische Bemerkungen zum „Sapiens Sapientium* inDill-
mann’s Chrestomathia Aethiopia p. 108, 599 in Z. D. M. Q. 84
(1880), 8. 232 ff.
Derselbe, sum Briefbuch. Ebenda. 8. 241 ff.
9. Assyriologie und Verwandtes.
Buddensieg, R., die assyrischen Ausgrabungen und d. A. T. Heil-
bronn l Yu 76 8. (a. u. d. T. Zeitfragen des christl. Volkslebens.
eft 27).
Derselbe, die biblische und chald&ische Sintflutsversion s. Zeitschr.
f. kirchl. Wiss. u. kirchl. Leb. I, 7. 8. 847 ff.
Budge, E. A. Assyrian texts. London 1880. VIII] 44 8. 4°.
Derselbe, the history of Esarhaddon, son of Sennacherib, king of
Assyria. London 1880. XVI. 103 8.
Derselbe, a newly discovered text of Assurnasir-pal s..Transactions
of the Society of Biblical Archaeology, Vol. VII, part I, 8. 59 ff.
Guyard, Stanisl. Notes de lexicographie Assyrienne. 3. article s. Journ.
Asiatique. 7. ser. to. XV, 8. 85 ff. 4. art. Ebenda S. 510 ff.
Haupt, Paul, Akkadische u. sumerische Keilschrifttexte. Lief. 1.
Leipzig 1881. 4°. (fol.)
Hommel, F., Abrifs der babylonisch-assyrischen und israelitischen
Geschichte von den ältesten Zeiten bis zur Zerstörung Babels in Ta-
bellenform. Leipzig 1880. 4°.
Lots, Wilhelm, die Inschriften Tiglathpileser’s I in transskribiertem
Assyrischem Grundtext mit Uebersetzung und Kommentar. Mit Bei-
gaben von Friedrich Delitzsch. Leipzig. XVI. 2248. grofs 8°.
Ménant, J., découvertes assyriennos. La bibliothéque du palais de
Ninive. Paris 1880. VIII. 163 8.
Dersel be, Elements d’épigraphie assyrienne. Paris 1880. VI. 388 8. 8°.
Derselbe, manuel de la langue assyrienne. Paris 1880. 8808. 8°.
362 Bibliographie.
Oppert, J., le siige primitif des Assyriens et des Phéniciens s. Jon,
As, 7. ser., to. XV, 8. 90 ff.
Derselbe, sur l’intervention des enfants dans les actes ches les Ay
syriens s. Rev. ég. 1880. 8. 97.
Derselbe, sur le divorce Assyrien. Ebenda 8. 98.
Derselbe, sur le régime matrimonial ches les Assyriens. Ehbende;
. 116.
Pinches, Th. G., the Bronze-Gates discovered by Mr. Rassınm u
Balawat s. Transactions of the Society of Biblical Archaelogy. Vd
VII, part I, 8. 83 ff.
Derselbe, on a cuneiform tablet relating to the capture of Babyle
by Cyrus, and the events which preceded and led to it s. Tram |
actions af the Society of Biblical Archaeology. Vol. VII, part], '
8. 189 ff. ’
Babelon, E., les inscriptions cundiformes relatives & la prise de Be
bylone par Cyrus. Paris 1881. 31 8. 8 (Extrait des Annales de
philosophie chrétienne).
Sayce, A. H., the conquest of Media and Babylon by Cyrus s. The
Academy B. März 1880. 8. 198.
Rassam, Hormuzd, Excavations and discoveries in Assyria s. Trans
actions ofthe Society of Biblical Archaelogy, Vol. VII, part I, 8. 87#
Rawlinson, H., notes on a newly-discovered day cylinder of Cyrus
s. Journ. of the Roy. As. Society XII, 1. 8. 70 ff.
Schrader, E., über den Lautwerth der Zeichen fiir ai im Assyrischea
a. Berliner Monatsberichte. 1880. 8. 271 ff.
Derselbe, zur Kritik der Inschriften Tiglath-Pilesers II, d. Asarhaddoa
u. d. Asurbanipal. (Aus den Abhandl. d. Akad. d. Wiss. z. Berlin.)
Berlin 1880. 86 8. 4° Mit 8 Textbeilagen und 1 photolith. Taf.
Derselbe, zur babylonisch-assyrischen Chronologie des Alexander
Polyhistor und des Abydenus s. Berichte üb. d. Verhandl. d. Sacha
Ges. d. Wiss. Phil. hist. A. 1880. 8. 1 ff.
10. Aegyptologie.
Recueil de travaux relatifs & la philologie et & l’archdologie Egyptiennes
et Assyriennes publi6 sous la direction de G. Maspero. Vol. IL
1880.
Revue égyptologique publiée sous la direction de H. Brugsch,
. Chabas, E. Revillout. Paris 1880. 1. année. No. 2 et 8.
8. 49—144. 8 planches.
Zeitschrift für ägyptische Sprache u. Alterthumskunde unter Mitwir
kung von H. Brugsch herausgegeben von R. Lepsius. Heft
1—38. Leipzig 1880.
Aurds, Aug., Métrologie égyptienne. 1. fasc. Nimes 1880. 1728. 8.
Bergmann, E. von, Varia. Z. f. Ae. Sp. u. A. K. 1880. Hoft 3
8. 49 ff.
Derselbe, die Osiris-Reliquien in Abydos, Busiris und Mendes
Ebenda. Heft 8. 8. 87 ff.
Birch, 8., Inscription of Tahraka. Ebenda. 1880. Heft 1. 8. 224
Brugsch Bey, Horch., hieroglyphisch - demotisches Wörterbuel
5. Bd. 6. Bd. 1. Hälfte. Leipzig 1880. fol.
Bibliographie. 363
ugsch-Bey, üb. d. Silbenseichen Jes s. Z. f. Ae. Spr. und A. K.
1880. Heft 1. 8.1 ff.
ırselbe, üb. ein merkwürdiges histor. Denkmal a. d. Zeiten Königs
Amenophis III. Ebenda. 1880. Heft 8. 8. 80 ff.
srselbe, history of Egypt under the Pharaohs. Translated etc.
by Ph. Smith. 2. ed. London 1881. 2 vols. 1040 8. 8°.
ers, Ra inige Inedita s. Z. f. Ae. Sp. u. A. K. 1880. Heft 2.
8. 53 ff.
rman, Ad., hieratische Ostraka. Ebenda, 1880. 8. 98 ff.
erselbe, Neu-ägyptische Grammatik. Leipzig 1880. 271 8. 8°.
(sutogr.)
wrselbe, Bruchstücke der oberäg. Uebersetsung d.A.T. Gd
1890. (Aus d. Nachrichten d. k. Ges. d. Wiss. 1880. Nr. 12).
laadbook for Travellers in Egypt. in two parts. London 1880. 8°.
‚iehl, P., sur le sens du mot Neternu s. Z. f. Ae. Spr. u. A. K. 1880.
Heft 3. 8. 64 ff.
‘tall, Jakob, Manetho und Drodor. Wien 1880. 8°. (s. auch
Bitsungeberichte d. philos. hist. Classe d. k. Akad. d. Wiss. XCVI.
987 ff.
erselbe, demotische und assyrische Contracte. Wien 1881. 22 8. 8°.
suth, F. J., aus Aegyptens Vorzeit. Eine übersichtliche Darstel-
lang der ägypt. Geschichte u. Cultur von den ersten Anfängen bis
auf Augustus. Berlin 1881. IV. 520 8. (Bibliothek für Wissen-
schaft u. Literatur. 29. Bd. Historische Abtheilung 10. Bd.
Le Page Renouf, Lectures on the origin and growth of Religions,
as illustrated by the religion of ancient Egypt. London 1880. 259 8. 8°.
‚vi, Bim., raccolta dei segni ieratici egizi nelle diverse epoche con
| oorrespondenti geroglifici ed i loro differenti valori fonetici. Turin
1880. 16 8. mit 56 autogr. Taf. 4°.
sriotte-Pascha, A. Abydos, description des fouilles exéoutées sur
l’emplacement de cette ville. to. 2. Temple de Séti (suppiément),
temple de Ramsös, temple d’Osiris, petit temple de l’ouest, nécropole.
Iraelbe, Dendérah description générale du grand temple d
ireelbe, on e du temple de cette
ville. Paris 1880. a Be
srselbe, itindraire de la Haute-Egypte. 8. 6d. Paris 1880. IV.
aepéro, G., étude sur quelques peintures ot sur quelqu. Text.
relatifs aux fandrailles, s. Journal Asiatique, 7.sér. to. XV. 8.112 ff.
ırselbe, Bulletin critique des igions de | s. Revue de
"histoire des religions. 1. reg TeyPt
rselbe, tian documents relating to statues of the Dead. s.
Transact. of the Soc. of Bibl. Arch. VII, 1 (1880). 8. 6 ff.
irselbe, sur une représentation de Basar Egyptien s. Gasette
irchéol. 1880. 8. 97 kr.
rselbe, une page du Roman de Satni transcrite en hiéroglyphes
. 2. f. Ae. Spr. u. A. K. 1880. Heft 1. 8. 15 ff.
rselbe, Notes sur quelques points de Grammaire et d'Histoire.
bends. Heft 2. 8. 41 ff.
rille, Ed., sur le sens du mot Neternu. Ebenda 1880. 8. 34 ff.
-selbe, le déoret de Ptah Totunen en faveur de Ramsds II. et III.
Transact. of the Soo. of Bibl. Arch. VII, 1. 8. 119 ff.
364 Bibliographie.
Piehl, K., une inscription de l’&poque Saite. s. Journ. Aslat.
(7. ser. XVIL), 8. 159 ff.
Pierret, Paul, Egide de Sekhet s. Gasette Archéol. 1880. 8. 8 £.
Revillout, E., le concile de Nicée d’aprös les textes coptes et
diverses collections canoniques. Paris 1881.
Derselbe, Chrestomathie démotique. Paris 1880. CLXVL 5048.
Derselbe, Taricheutes et choach 2. 6ude. 8S. Z. £ As.
et A. K. 1880. Heft 2. 8. 70 ff. Heft 8. 8. 108 & (suite).
de Rouge, Jacques, Inscriptions et Notices recuelllies & Edfou pest
dant la mission scient. de M. le Vicomte Emm. de Bougé. 7.3
Paris 1880. 80 pl. To. II. Ebenda. pl. 81—146. 4°.
Schmidt, W., textes hierogl. inscrits sur pierre tirés du masée
Copenhague. Kopenhagen 1880. 22 8. 4°.
Schrader, Eb., d. II. Jahr d. Kambyses. Nachtrag. S. Z. f. As. ie}
u. A. K. 1880. Heft 3. 8. 99 ff. |
Stern, Ludwig, koptische Grammatik. Mit einer lithographirten
Leipzig. 1880. XVI. 470 8.
Wiedemann, Alfr., Geschichte Aegyptens von Psammetich L. bis af
Alexander den Grofsen, nebst e. eingeh. Kritik der Quellen ser Ag
Geschichte. Leipzig 1880. VIII, 812 8.
Lepsius, R., nubische Grammatik. Mit einer Einleit. üb. d. VU
u. Sprachen Afrikas. Berlin 1880. X, CXXVI. 506 8. 8°.
11. Varia.
The Palaeographical Society. Facsimiles of ancient Manuseri
Oriental Series. Part V. Ed. by W. Wright. London 1880.
Ascoli, G. J., iscrizioni inedite o mal note, Greche, Latine, Ebraiche,
di antichi sepolcri giudaici del Napolitano. Con 8 Tavole fotolitex
grafiche. Torino e Roma 1880. 1208. 8°.
Derenbourg, J., Les anciennes épitaphes des Juifs dans
méridionale s. Revue des études Juives. 1881. 8. 181 #.
Berliner, A., hebräische Handschriften in Mailand s. Mag £ d.
Wissensch. d. Judenth. 1880. 8. 111 ff.
de Lagarde, P., Symmicta II. Göttingen 1880. VII. 224 8. &
(Enthält zum 1. Male Epiphanius de modis et ponderibus vell-
ständig.)
Harkavy, Alb., Studien und Mittheilungen aus d. k. off. Bibl a
St. Petersburg. 3 Thl. Leben und Werthe d. Samuel Ibn Chofal.
St. Petersburg 1880. IIL 60 8. 8°.
Katalog der Bibliothek der deutschen morgenländischen Geseillsche
I. Druckschritten u. Aehnliches. Leipzig 1880. XVI. 215 8. &
Pertsch, Wilh, d. arab. Handschriften der Bibliothek zu Getka.}
Gotha 1880. Bd. 2. Heft 2. VIII. 8. 241—495. 8°,
Peyron, codices Hebraici manu exarati regiae bibliothecae quae
Taurinensi Athenaeo asservatur. Turin 1880. L, 828 8. 8%.
H. L. Strack, Abraham Firkowitsch u. d. Werth seiner Entdeckungag
s. Z. d. D. M. G. Bd. 34 (1880). 8. 163 ff.
Geschlossen : 20. Mai 1881.
Zeitschrift
für die
alttestamentliche Wissenschaft.
Herausgegeben
von
Dr. Bernhard Stade,
ordentlichem Professor der Theologie zu Gielsen.
Mit Unterstützung der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
1882.
Zweiter Jahrgang.
— Oa
Giefsen,
J. Ricker'sche Buchhandlung.
1882.
Inhalt.
Budde, das hebr&ische Klagelied .
Hoffmann, Lexikalisches. (Schlufs.)
Harkavy, Mittheilungen aus Petersburger Handschriften
Smond, über die Genesis des Judenthums
Stade, Deuterosacharje. (Fortsetzung) . .
IEVE als Aussprache des Tetvagramms. Aus einem Briefe
des Prof. Frans Delitssch . .
Heffmann, Kleinigkeiten
Berichtigung . .
Bibliographie .
Siegfried, sur Geschichte der neuhebriiechen Lentoographio
Budde, die Capitel 27 und 38 des Buches Hiob .
Stade, Deuterosacharja (Bohlufs) .
Krenkel, einige Emendationen zu den Büchern Samuels
Prätorius, pn und 3
Nestle, wie alt war Balomo als er sur Rogireng kant
Die Verantwortung für den Inhalt der in diese Zeitschrift aufg-
nommenen Aufsätze tragen, soweit nicht ausdrücklich das Gegentheil
angegeben ist, allein die Verfasser derselben.
Der Herausgeber.
=
Das hebräische Klagelied.
Von
Prof. C. Budde in Bonn.
In einem kurzen und gewils wenig beachteten Auf-
satse habe ich vor nunmehr sieben Jahren eine kritische
Vebersicht gegeben über die bis dahin vorliegenden Ver-
suche, feste metrische Formen in der hebräischen Poesie
nachzuweisen ; das Resultat war Ablehnung aller bisherigen
Versuche und die weitgehendste Skepsis betreffs aller in
Zukunft noch zu erwartenden '). Dafs meine kleine Arbeit
zeitgemäls war, hat die Erfahrung seitdem bewiesen. Nicht
nur konnte schon damals der Herausgeber der Studien
meine Vermuthung, dafs J. Ley sein Versprechen, eine
vollständige Analyse der hebräischen Gedichte nach seinem
System zu geben, halten werde, bestätigen; nicht nur be-
schenkte uns schon das Jahr 1875 wirklich mit einer ’aus-
führlichen und reichlich durch Beispiele erläuterten Dar-
legung seines Systems : auch meine etwas optimistisch
zweifelnde Frage, ob dieser Versuch wohl der letzte sein
werde, hat ihre Antwort, eine energisch verneinende, er-
halten in zwei neuen Systemen, von denen das zweite
freilich nur Berichtigung und Vervollkommnung des ersten
sein will ®). Diese neuen Versuche haben mich keineswegs
f) Stud. und Krit. 1874, Heft 4. 8. 747 ff.
*) Metrices biblicae regulae exemplis illustratae scrips. Bickel]
1879 nebst Supplementum, vgl. ZDMG Jahrg. XXXII, 8. 701 @.
Zeitschrift f. d. alttest. Wins. Jahrgang 2. 1888. 1
3 Budde, das hebr&ische Klagelied.
su bekehren vermocht, vielmehr glaube ich, dafs men —
damaliger Hauptgegner Ley der Wahrheit näher gekommen
ist, da er in jedem Falle den hebräischen Texten weniger
Gewalt anthut als seine Nachfolger. Doch es liegt mir
diesmal fern, zu kritisiren, umsomehr, als ich mit den Kri-
tiken jener Systeme, die mir zu Gesicht gekommen, in
der Hauptsache einverstanden bin : ich will mich diesmal
selbst auf das gefährliche Glatteis wagen, einen positiven
Beitrag zur Entzifferung des so räthselhaften „Wie“ für
das unumstöfslich sichere ,Dafs* der hebräischen Poesie
liefern. Derselbe soll sich darin von den meisten anderen
Arbeiten auf diesem Gebiete unterscheiden, dafs er keinen
untrüglichen Hauptschlüssel zu allen verschlossenen Thüren
desselben darbieten, sondern sich auf ein einziges, klar be-
grenztes Problem beschränken wird; so will ich auch nicht
mit einer Theorie beginnen, sondern die Beobachtung, das
Experiment allein gelten und mir von dem Inhalt Auf-
schlufs über die Form geben lassen.
Wenn ich davon ausgehe, dafs in dem Buche der
Klagelieder die Kunst der poetischen Form sich in be
sonders hoher Steigerung darstellt, so stehe ich wohl auf
dem Boden einer allgemein zugestandenen Thatsache. Nur
darum handelt es sich, worin vor allem diese hohe Entwick-
lung der Kunstform sich offenbart. Nicht, wie es nach
den meisten neueren Darstellungen scheinen könnte, in der
alphabetischen, akrostichischen Anordnung der vier ersten
Lieder, denn diese kehrt oft genug wieder und beruht auf
einem einfachen mechanischen Hand- und Kunstgriff, nicht
auf organischer Weiterentwicklung der überlieferten Kunst-
De re metrica Hebraeorum disseruit P. Gerardus Gietmann, 8. J.
1880. Uebrigens ist meine Meinung, dafs’ schon damals alle möglichen
Wege eingeschlagen waren (8. 764), durch diess Arbeiten nicht wider
legt. da die Schriften in der Hauptsache nur die 8. 757 f. besprochene
Idee von Merx ausführen.
4 Budde, das hebrifische Klagelicd.
triker gans denselben Streich gespielt; wir finden bei
Bickell für die 4 ersten Capitel der Klagelieder gans
ebenso ein „metrum dodecasyllabum*, ohne jede weitere Be
merkung '). Auch Ewald ist im wesentlichen hierbei
stehen geblieben. Ihm sind die Klagelieder in „Lang-
gliedern“ geschrieben, von ihm mit der Chiffre „A, B, C*
beseichnet, die er dahin definirt, dafs zwei kürzere Glieder
„a b“ in ein längeres, das durchschnittlich 10 oder 11 Silben
umfalst, susammengedrängt sind. Die Theilbarkeit dieser
Glieder, die er in manchen Fallen zugibt, ist ihm nur
accidentell und nicht Regel, und wenn er in der Ueber
setzung der Klagelieder und anderwärts vielfach durch
einen Gedankenstrich einen Einschnitt hervorhebt, so unter-
läfst er dies fast ebensooft oder setzt ihn an falscher Stelle.
Dafs er in cap. 5 denselben Vers, nur in einem. einselnen
Gliede, erkennt *), beweist, wie wenig er sein Wesen er
gründet hat. Sicher hat ihm seine künstliche, auf IL Sam.
1, 19-27 begründete und auf das Buch der Klagelieder
angewaudte Theorie von dem „sinkenden Bau der Lied-
wenden® im Klagelied die Aufgabe erschwert *). Eine im
Ganzen richtige Auffassung der Versstructur scheint zuerst
de Wette su geben‘). Er erkennt, dafs jedes Versglied noch
eine Cäsur, dem Sinne (und den Accenten) nach aufweist,
sodals sich vielfach ein Unterparallelismus bilde. Ueber die
Stelle der Cäsur, das Verhältnis der durch sie entstan-
denen Abschnitte su einander, gibt er keinen Aufschlufs,
ebensowenig Delitzsch in seiner Definition des ,Cdsuren-
schema (richtiger : des diäretischen Schema)“ ®). Die früheste
') Bickell 8. 6. 84 ff.
*) Er würde also das Schema für capp. 1—8 mit „A B C*, für 4
mit „A B“, für 5 mit „A" wiedergeben.
*) Vgl. Dichter des alten Bundes 2. Aufl. I, 2. 8. 835 ff. I, 1.
B. 129; 130 f.; 151 f.; auch 1. Aufl. 1. 8. 142.
*) Comm. zu den Psalmen. 4. Aufl. 1886. 8. 65 f.
*) Bibl. Comm. Psalmen 8. Aufl. 8. 19, noch weniger bestimmt
Graf in Schonkel’s Bibellexicon Bd. II, 8. 209. Aehnlich Kamp-
Budde, das hebräische Klagelied. D
- Benerkung darüber finde ich bei Keil!), dafs die Stichen
ww. "X der Regel noch durch eine Cäsur des Gedankens in
re FW Absiitse von ungleicher Länge getheilt seien; ein
Ras chriti gegen de Wette liegt in dem vorsichtig be-
Sehr, 5 enden gin der Regel*. Erst Ley, soweit mir be-
Kann, spricht es für diesen Vers bestimmt aus, dals das
Weite Femistich kürser als das erste gehalten sei; er
tde¢ dienen Vers besonders geeignet gerade für das Klage-
Z er. ordnet ihn seinem System ein unter dem ebenso
IDosexn als mifsverstindlichen und im Grunde unrich-
na Nazmen des elegischen Pentameters. Endlich Giet-
ın ssppawicht von einem versus hendecasyllabus und weiter:
| ter kiam arsim vel proximam thesim caesura versum
ere molet“ ?).
[ch gehe zu eigener Formulirung des Ergebnisses über.
es % ersten Capiteln des Buches der Klagelieder bildet
gper=mll gleichwerthige Formeinheit ein kurser Vers,
eaxaste, durch einen Einschnitt des Sinnes abgegrenste
gv? dies Länge des vollen Versgliedes eines regelrechten
a ren aufweist, wie er etwa im Buche Hiob herrscht,
die zweite Hälfte, regelmälsig kürzer gehalten,
gm wWerstümmelte zweite Versglied gelten kann. Für
Pr sweite Vershälfte ist, da sie eine Wortgruppe bleiben
ws” als das Minimum an Länge die Verbindung zweier
5
s ta
s geo” ia Bunsen 's Bibelwerk Hl, 8. 668, Nigolsbach in Lange's
; we Klagelieder 8. VIIL
) Hivernick's Einleitung in das A. T. Bd III, 8. 512. 1849.
pose? scheint Thonius’ Charakteristik (Kursgef. ex. Hdb. su dem
1855. 8. 124) fast wörtlich entnommen su sein. Ashnlich
ch °- Orelli in Hersog's Realencyklopädie, 2. Aufl. Bd. VI, 8. 537.
5) Bo B. 86, während er 8. 58, wo das Metrum noch einmal genau
wird, von versus enneasyllabi redet, der Cäsur gar nicht
- piöenkt und auch in 0. 4 je 8 Verse unter einen Buchstaben das
Lphabots gestellt sein läfst.
%) Dies einzige Postulat, das ich aufstelle, scheint mir aus der
u, fesbe bervorsugehen, sobald es feststeht, dafs Sinneseinschaitte ent-
6 Buddo, das hobräische Klagelied.
selbstindiger Worte gegeben : daraus ergibt sich als das
Minimum fir die erste Halfte ein Umfang von drei Worten.
Das Verhiltnifs von 3 : 2 ist also das erste, welches der
Absicht, ein kürseres Versglied dem ersten längeren
folgen zu lassen, entspricht; doch sind damit andere Ver-
'hältnisse und längere Verse, wie 4 : 2, 4 : 3 u. s. w. keines-
wegs ausgeschlossen.
Der Nachweis dieses Sachverhaltes wird am besten
mit cap. 3 beginnen, denn dort sind diese Verse am regel-
mälsigsten ausgebildet, dort steht jeder für sich allein auf
eigenen Füßen. Denn wenn sich ungezwungen manche
der unter demselben Buchstaben vereinigten Triaden auch
dem Sinne nach zusammenschlielsen und von der Umgebung
loslösen, so bedarf doch keiner der einzelnen Verse paral-
leler Ergänzung, und gewissenhafte Sinneseintheilung wird
=. B. nach den Versen 11, 13, 16, 41, 47, 50 Theilstriche
setzen müssen, welche die Gruppe eiztes Buchstabens durch-
schneiden. Unter den 66 Versen dieses Uapitels finde ich
nun nur 6—7, die dem oben aufgestellten Schema nicht
genau entsprechen; aber diese Verse sind schwerlich alle
in der ursprünglichen Gestalt erhalten. Vers 31 lälst gar
keine Theilung zu, es fehlt das Object zu mor ab : ich
vermuthe, dafs es ausgefallen, vielleicht we ‘a, übersehen,
weil es in der folgenden Zeile, Ende des Verses 33 wieder-
kehrt. Der Theilstrich wäre dann nach oip5 zu setzen
und der Vers in Ordnung. Vers 13 hat nur 4 Worte; es
wird nach ‘M595 ein > oder geradezu nach Ps. 7, 14
mo ‘> ausgefallen sein, dessen Ergänzung den Vers aufs
schönste herstellt. Mit Vers 23 steht es ebenso; auch um
der Selbständigkeit des Verses willen empfiehlt sich die
Annahme, dafs das Wort wor“, womit v. 22 schlielst,
auch an der zweiten Stelle von v. 23 zu lesen ist.
scheiden : ich lege deshalb auch eine Schätzung der Länge nach Worten
als die einfachste und übersichtlichste zu Grunde, ohne damit eine
Theorie aufstellen zu wollen.
Budde, das hebriische Klagelied. q
Ist nun bei so vielfachem Ueberwiegen von Versen,
die genau dem aufgestellten Schema entsprechen, jeder
Zweifel an der Absicht ausnahmsloser Verwendung des-
selben unzulässig, so folgere ich aus deh noch verbleibenden
unregelmäfsigen Versen leichte Modificationen des Schema’s,
die der Dichter für erlaubt hielt.
1) So zuerst v. 56. Ich möchte da nicht mit LXX
und Ley das letzte Wort streichen, vielmehr ist das erste
Versglied (mit "pie schliefsend) zu lang gerathen, aus zwei
kleinen Sätzen bestehend, weil der Verfasser mit dem “yp
den Ordnungsbuchstaben gewann, und doch vom Fleck
kommen mufste. Solche Verse sind in den übrigen Ca-
piteln : cap. 2, 13°; cap. 4, 18°. 20°.
2) In v. 15 stehen nur 2 Worte im ersten wie im
zweiten Versgliede; aber durch die besondere Länge und
Wucht derselben ist dem ersten Halbvers sein Uebergewicht
gesichert, der Zweck erreicht. Hieraus erkläre ich :
cap. 1, Ir. «. 4. 9. 13. 14°. 17°. 18°. 1%. >; cap. 2,
12°. ©. 21°; cap. 4, 5. 13°. 17°. .
3) Vers 20 und 27 haben mit Recht den Hauptaccent
bei dem zweiten, nicht dem dritten Worte : dem Sinne
nach ist das erste Versglied das kleinere, nicht das zweite.
Für solche sehr seltenen Fälle halte ich es für wahrscheinlich,
dafs der Dichter dem Leser zugemuthet hat, in dem ge-
wohnten Tonfall weiterzulesen, sodafe der Halt erst nach
dem dritten Worte eintritt und der Rhythmus mit dem
Gedanken in leichte Collision kommt. Ich nehme dasselbe
an für die Verse : cap. 1, 10°. 13*; cap. 2, 8 '). Fürchtet
man durch diese Annahme das Princip zu gefährden, so
1) Doch ist nicht überall nach den Accenten zu gehen. So scheinen
mir 2, 2°. 9° dem Schema zu entsprechen, ebenso 8, 32, anders als
Ley. Uebrigens kommt die Annahme unter 3) auf etwas ähnliches
heraus wie das, was Ley 58. 80 Compensation nenat.
| eee
en
8 Budde, das hebräische Klagelied.
mufs auch in solchen Fallen auf Textverderbnifs oder Ver-
stölse gegen den gewollten Rhythmus geschlossen werden ').
Nun zu cap. 4. Da bedarf vor allem v. 15 der Be
richtigung, die schon durch die allerseits empfundene exe
getische Schwierigkeit gefordert wird. Unrichtig streicht
(durch Einklammerung) Ley die Worte To 15 wep und
setst dann den Haupttheilstrich bei yy), die Cäsuren bei
wm und ony. Durch diese Theilung wird der Sinn eut-
stellt und das erste Glied des 2. Verses su kurs. Viel
mehr ist Ova Tox Glosse, die eine bestimmte Auffassung
des schwierigen Verses b vermitteln will. Vers a schlielst
mit ıyar, sein Einschnitt liegt bei w5. Vers b, bei 9)
eingeschnitten, kann als Rede des Subjectes von wp in
verichtlicher Abwendung von den Fitichtigen, oder auch
als Rede des Dichters verstanden werden. Vers 14° scheint
versttimmelt zu sein, vielleicht hat er in irgend einer Weise
das Subject von wp eingeführt; doch enthalte ich mich
jeder Conjectur. — In v. 18* wird man vor Yı% ein NY zu
ergänzen haben (vgl. 3, 52), dessen Ausfall bei drei mit §
beginnenden Worten leicht erklärlich ist. — In v. 1* und
13* könnte man annehmen, dafs das logische Uebergewicht
des ersten Gliedes, beruhend auf den tiberschiefsenden,
zu b zu ergänzenden Satzgliedern 3 und 19, im Sinne
des Dichters das Gleichgewicht der Wort- und Silbensahl
aufheben soll. Es bleiben dann noch 6° und 1%, die in
ihrer jetzigen Gestalt gegen das Schema gleich lange Glieder
aufweisen. Im schlimmsten Falle bleiben unter 44 Versen
30, die dem strengsten, nicht modificirten Schema ent-
sprechen : dafs dasselbe beabsichtigt ist, kann daher nicht
bezweifelt werden, und dafs einst sämmtliche Verse aus
des Dichters Hand dieser Absicht entsprechend hervor-
gingen, ist mehr als wahrscheinlich.
eae rn nn an nn ren
‘) ich werde diese Modificationen des Schema von jetzt an einfach
init Nr. 1), 2), 8) anziehen.
Budde, das hebr&ische Klageliod. 9
In cap. 2 zähle ich höchstens 9 Verse unter 67, ohne
1 unter 1) bis 8) aufgesählten 5, die zu Bedenken Anlafs
ven; aber gerade hier läfst sich überall eine ursprünglich
‘elmifsige Form wahrscheinlich machen. Der tber-
üssige v. 19 ist von ‘ym an zu streichen, Glosse aus
11°; 4, 1° '). Die in 19 genannten Kinder sind schwer-
ı schon todt. Dafs v. 18 beschädigt ist, wird fast all-
nein anerkannt; statt aller bisherigen Vorschläge em-
hle ich, die Stelle der Worte “ Cyr und ‘sm nor
chselweise su vertauschen, sodafs die Uebersetsung lautet:
mw Hers schrie sum Herrn : bei Tag und bei Nacht —
[s stromweis rinnen die Thränen : Du Mauer der Tochter
m*. Die dritte Person in op ist leicht erklärt; die
agestaltung ist geschehen, um die neue Gestalt der per-
ifscirten Stadtmauer unverzüglich einzuführen. In 4° fehlt
rtlich das zweite kürzere Glied, denn gegen die Accente
sra Sma zu b als zweites Glied su ziehen : zu c
re etwa wx ti (4, 11), durch gleichen Anfang und
hlufs mit Mon empfohlen, oder ähnliches zu ergänzen.
4° streiche ich ıs3 (vgl. Ps. 7, 13°), unter Verkennung
ı Rhythmus als Parallele zu 23) hinsugesetst. In 9
rfte "ae zu streichen sein, vielleicht Ergänzung eines
tographischen von dem folgenden ‘19. In 15° streicht
ıon Ley richtig die erklärende Glosse ww, obgleich
n Vers nicht gefährdend. In 14° setzt Ewald richtig
» Casur bei meisn, das als stat. abs. zu lesen sein wird;
» folgenden Worte sind Apposition. Im ersten Gliede
n 2° scheint ein zweites Verbum ausgefallen zu sein,
sin a und c zu finden ist und auch hier das Ueber-
wicht herstellen würde. Endlich iu 12* ist mir das ™
a Munde der Kinder und Säuglinge dringend verdächtig,
ber seine Einschiebung leicht erklärt bei der so weit über-
t) Bo schon Ewald.
10 Budde, das hebräische Klagelied.
wiegenden Koppelung von 17 und wrTn (vgl. übrigens
Ps. 78, 24). Dals diese Vermuthung das Richtige trifft, —
beweist die Peschttä, die ihre Kinder, mit dem Wein nicht
zufrieden, als drittes auch noch Oel fordern läfst (vgl.
die 3 in derselben Reihenfolge schon Hosea 2, 10 und sehr
häufig sonst).
Capitel 1 bietet keine grofsen Schwierigkeiten. Dals
v. 1 die Accente zu verlassen sind, ist längst erkannt; es
ergeben sich drei regelrechte Verse, von denen allerdings
b und c oben unter 2) aufgeführt werden mulsten. Vers 7
hat 4 Verse, aber b ist unecht von ‘fp 52 bis asp (vgl.
10°. 11"; 2, 17°); die mit Soya beginnende Zeitangabe be-
weist, dafs ‘'n % Object zu m9; damit verträgt sich b
nicht '). Der Vers scheint auch sonst gelitten zu haben,
da die ersten Glieder von 7* und * zu kurz sind. Doch
soll die Möglichkeit einer Ausnahme oder eines Verstufses
besonders bei a nicht geleugnet werden. In 14° helfen
endlich einmal die LXX. Sie übersetzen : ote edaoxe
xvptog ev yepot ov odvvas ov duvnuouar otnva. Sie
haben gelesen : 'n (?orıy "ND ‘JAN 19 ‘>. Das Ursprüng-
liche war : OMY “PD y ur), der Rhythmus ist hergestellt,
und der Sinn entschieden besser *). Auch in 16* helfen
die LXX, indem sie ebenso wie Hieron. das eine ‘yp
streichen. In v. 2", 4°, 8* ist das zweite Glied etwas
schwer gerathen, doch dürften die Partikeln 5y, an, Ip
nicht als vollwichtig erachtet sein, wie oft. Dazu kommt
1) Bo schon Ewald.
*) vgl. pay def. auch I. Sam. 4,19. Dort übersetzen LXX freilich
wie auch Jes. 18, 8; 21, 8 mit wdrvec, aber auch 3yy5pq, in diesem
Binne verstanden, geben sie Jer. 22, 28; 49, 24 mit odvvaı, Ps. 18, 5;
116, 3 mit wdivec.
*) Schlousner (Thesaurus unter odvvy) schlägt vor 2 statt
+495 oder WY m) statt 19M), so auch Rosenmüller; das erste lälst
kein Aequivalent für ev yegory pov, gegen das zweite spricht die
Wortstellung.
12 Budde, das hebräische Klagelied. | |
frei, vielleicht gar willkürlich gewählt, oder lagen bestim-
mende Gründe vor, gerade solche und keine anderen
Rhythmen hier anzuwenden? Die Antwort darauf kann
nur dann gegeben werden, wenn es glückt, andere Stücke
in derselben Versform sum Vergleiche heranzusiehen.
Das Stück, welches am klarsten bei grofsem Umfang
dieselben Rhythmen zeigt, ist das Lied in Jes. 14, 4—21.
Die wenigsten Ausleger oder Metriker wissen etwas davon,
wenn auch mehr als einer einen kunstvollen Strophenbau
darin nachstweisen sucht!),. Gietmann dagegen erkennt
hier seinen versus hendecasyllabus, dem er auf 8. 35 auch
Thr. 1—4 suweist; Ewald sieht hier, was bei seiner Be
handlung der Klagelieder nicht su Tage tritt, dafs das
zweite Glied der Langglieder unverkennbar kürzer ist.
Das sind die einzigen Neueren, bei denen ich Einsicht in
die Sachlage gefunden habe. Ä
In der That ist der Versbau genau derselbe wie in
Thr. 1—4 und mit peinlichster Sorgfalt durchgeführt.
Wenige kritische Anmerkungen werden gentigen’). In
v. 8° sind entweder die beiden Versglieder umzustellen, so-
') Hier einige Schemata derselben. Drechsler findet 2 Haupt
reihen, v. 4#—11, 13—321, jede von 8 Strophen „mit regelmälsig wech-
selndem Rhythmus (8, 2, 8; 4, 2, 4)". Also v. 4°—6, 7—8, 9—11;
13—15, 16—17, 18 -21. — Ewald findet 5 Strophen, jede von 7 lüs-
geren Gliedern oder kurzen Versen, mit Ausnahme der letzten, die ent-
sprechend dem Kunstbau des Klageliedes nur 5 hat; er theilt ab:
v. #—8, 9—11, 13—15, 16—19, 20—21. (Propheten 2. Ausgab. Bd. 8.
8. 19 f.). — EB. Meier findet 5 Strophen : S—6, 7—10, 11—13, 18—17,
18-38. Den Irmthum Meier’s, der Eingangs- und Schlufsformd
sum Liede hinsusieht, theilt, was die letstere angeht, auch Kamp-
hausen (Bunsen Bbw.), der 6 Abschnitte macht : 4*—8, 9—-II,
13—14, 15—17, 18—20, 21—38.
*) Ein Beispiel falscher Textkritik gibt E. Meier, indem er von
v. 7 die Worte 137 aıyp sum folgenden Verse sieht und so von
v.7 nur ein Versglied übrig lufst, v. 8* su einem gewöhnlichen, gleich-
schwebenden Verse macht.
Budde, das hebriieche Klagelied. 18
dafs ein ganz regelrechter Vers entsteht, oder der Vers
ist nach 8) mit blofs rhythmischer Cäsur nach Dy su
lesen. v. 10° ist nicht mit Ewald als 33. Vere su zählen,
sondern ebenso als Einführung des Liedes nicht mitsu-
sählen wie 4. Er könnte zur Verdeutlichung der Situation
erst später eingeschoben sein. Vers 17° ist verstümmelt
(auch Ewald constatirt seine Kürze); ich wage, ihn aus
v. 18 su emendiren. Dieser hat das Athnach richtig bei
ov> und sollte mit 11293 schliefsen; das folgende ın22 wee
ist überflüssig und immerhin auffallend, anders als Hi. 30,23
und pw in Jes. 22, 16. Mir scheint, dafs es in der Form
a> ww den genuinen Schlufs von 17° gebildet hat, wo-
für cm, für welches sich in der griechischen und syrischen
Uebersetzung kein Aequivalent findet, als verstiimmelter
Ersatz zu streichen wäre. Es ist dies nicht die einzige
Umstellung in diesem Zusammenhang, denn Ewald hat
ganz richtig die Worte 02% WD vom Ende des v. 19
gleich hinter das Athnach desselben Verses gesetst, den
Rest des Verses als erstes Glied zu v. 20 gesogen und so
Sinn und Rhythmus zugleich hergestellt. Der hergestellte
v. 20* ist im zweiten Gliede etwas schwer, eine Schädigung
in diesem Zusammenhange nicht unwahrscheinlich; viel-
leicht ist statt MMPI Ome zu lesen : OND, vgl. Gen.
49, 6. — In v. 21° ist wohl aus San so wur das DD zu
streichen, wofür als, wenn auch nicht ganz sichere, Stütze
die LXX dienen mit ihrem xas eurincocı trv ynv. Denn
wie sonst meistens, übersetzen sie auch im B. Jesaja das
99 getreulich, so in der einzigen genau parallelen Stelle
23, 17 ext xegogwmxoy tng yrs. — Aulserdem fällt unter
2) v. 9°, vielleicht auch 12°, wenn nicht in seinem ersten
Gliede ein Wort ausgefallen ist. |
Ist nun der beabsichtigte Bau dieses Stückes so un-
sweifelhaft klar, so verdient noch besonders hervorgehoben
su werden, wie scharf dasselhe von dem Vorhergehenden
und Nachfolgenden sich abhebt. Es stelıt mitten in dem
14 Budde, das hebräische Klagelied.
grofsen Zusammenhang cap. 13, 1 bis 14, 23. Aber die
ganze erste Rede des Propheten, 13, 1—14, 2 ist in Versen
mit fast ausnahmslos gleichschwebenden kurzen Gliedern
geschrieben !), und die Einleitung des Liedes in v. 3—4
wie der Abschlufs des Propheten in v. 22—23 sind in pro-
phetisch gehobener Prosa gehalten, die mit diesem Rhyth-
mus nichts zu thun hat. Nur das Lied selbst, das dem
Volke in den Mund gelegt wird, und natürlich die ein-
gelegten Worte der Könige im Scheol ergehen sich in
jenen Rhythmen.
Der Grund dafür kann nur in dem eigenthümlichen
Charakter dieses Stückes liegen, der jene Form dem Ver-
fasser als die geeignete an die Hand gab. Dieser Cha-
rakter aber ist der des Klageliedes. Denn ein Klagelied
ist das Stück, da es einem Verstorbenen nachgerufen wird,
und es beginnt sogleich mit dem 7° des Klageliedes, das
noch einmal in v. 12 die Klage von neuem anhebt. Ge-
rade durch den Contrast zwischen der ironisch angewandten
elegischen Form und dem höhnischen Triumphe des Inhalts
erhält das Lied seine ätzende Schärfe. Ein Klagelied haben
schon die LXX darin erkannt, indem sie an dieser einzigen
Stelle (14, 4*) bio mit &e7v0¢ übersetzen. Während alle
Neueren, soweit mir bekannt, dies übersehen, macht Lowth
darauf aufmerksam und gibt die Erklärung dafür in den
sehr verständigen Worten : ,Oftenbar sahen sie die hier
eingeschaltete Rede als ein poetisches Stück an, und zwar
von der elegischen Art; sei’s nun wegen des Inhalts, weil
es ein Lied vom Fall und Tode des Königs von Babylon
ist; oder wegen des Baues der Verse, die von der längeren |
Art sind, gleich denen in den Klageliedern Jeremiä, die bei
den LXX 8o7woı heifsen“ *).
1) Nur wenige Verse verfallen wie in Thr. 5 in den Ley’ schen
„katalektischen Hoxameter.“
*) Lowth Jesaias übersetzt von Koppe, 1. Bd. 8. 218 f. Den
elegischen Charakter betont übrigens auch Drechsler unter Hinweis
auf das er.
Budde, das hebräische Klagelied. 15
Damit ständen wir vor der Möglichkeit, dafs der spätere
Verfasser von Jes. 14 die Kunstform eben von dem Buche
der Klagelieder, durch das sie eingebürgert worden, ent-
lehnt hätte. Aber Ewald meint ein anderes Stück als
Muster annehmen zu müssen, bei dem er zuerst diese Ge-
stalt zu finden glaubt, Ez. 19. Wir werden damit auf
eine ganze Gruppe solcher Stücke hingewiesen. Ezechiel
verwendet eingestandenermafsen die Form des Klageliedes
in einer Reihe von Stücken in mehr oder minder über-
tragenem Sinne !). Sechs Stücke sind bei ihm als AyD an-
gekündigt (vgl. 19, 1; 26, 17; 27,2; v. 32; 28, 12; 32,2),
und zweimal wird auch in der Schlußformel das Stück
wieder als solches bezeichnet (vgl. 19, 14; 32, 16); eines,
32, 17 £., wird durch das Zeitwort 19 wenigstens dieser
Gruppe angenihert. Und sie alle, so mufs ich behaupten,
tragen denselben formellen Stempel, der an dem Buche
der Klagelieder und Joes. 14 nachgewiesen wurde, aller-
dings nicht überall gleich scharf und schön ausgeprägt,
aber doch so, dafs sich erkennen läfst, wie Ezechiel
überall dieses Schema als das gebührenderweise zu befol-
gende Muster gegenwärtig war.
Die Reihe eröffnet cap. 19 : „Du aber, hebe an ein
Klagelied auf die Fürsten Israels und sprich u. s. w.* Es
ist ein wirkliches, ernstgemeintes Klagelied, wie Smend
richtig betont, auf zwei Fürsten, die als solche todt sind;
auslaufend in ein anticipirtes, prophetisches auf einen
dritten, mit dem zugleich Stadt und Volk sterben mufs
(v. 10-14) 2). Fast überall, sagt Ewald, brechen darin
die Verse in der Mitte derart auseinander, „dals die zweite
*) Von 8 Stellen für das Verbum } xp finden sich 4, von 18 fiir
ID 10 bei Ezechiel.
*) So mindestens die Voraussetsung des Stückes. Ob dasselbe erst
nach Zerstörung Jerusalems niedergeschrieben ist, kommt hier nicht im
Betracht.
16 Budde, das hebriische Klagelitd.
Hälfte rasch abgebrochen nur wie ein vergehender kurser |:
Nachklang seuizend folgt.“ Ich finde darin unter 38-29
Versen mindestens 16 ganz dem aufgestellten Schema ent-
sprechend. Daneben kann man 2*, 4°, 7*, 11° nach 2)
wohl noch gelten lassen; wenn aber vielleicht schon bei
diesen die Ursprünglichkeit des Textes besweifelt werden
mufs, so ist für andere Abweichungen entschieden der
schlechte Zustand desselben verantwortlich su machen.
Einige Andeutungen mögen hier stehen. Vers 3*, nach
dem Athnach, ist beschädigt; wahrscheinlich ist vor 3"
ein zweites 1337, = dem Schlufswort von 2* ausgefallen,
vgl. das doppelte Wea" v.9° und ähnliche Wiederholungen.
Ebenso ist 9* unvollständig, worauf schon das störende
na ‘OD hinweist, wovon die Peschit& nur das erste Wort
wiedergibt; eine plausible Wiederherstellung weils ich nicht
zu bieten; die übrigen Glieder sind dann in Ordnung, mit
wean beginnt b, mit pod c. — In v. 10 ist Sinn und
Rhythmus bei Smond’s Verbesserung My2 gewahrt. —
Vers 12 ist auch abgesehen vom Rhythmus nicht in Ord-
nung. Liest man mit Ewald und Smend mys, so macht
das Suffix in winds neben ay neue Schwierigkeiten. Es
ist vielmehr das schliefsende | von fan zu MOY zu ziehen,
das von porn als dittographisch oder nach dem folgén-
den Verbum ergänzt su streichen; die beiden Verba sind
dann zum Vorhergehenden zu ziehen und bilden das zweite
Glied eines mit my beginnenden guten Verses. Ob ferner
12° noch einmal mit WM begonnen hat? Es bleiben dann
noch als zu gleichschwebend gebaut 11° (auch >?), 12%, 13,
vielleicht alle durch Hinsusetsung oder Auslassung eines
Wortes verstümmelt, während die zwei Verse in 14 wieder
ganz regelrecht abschliefsen. Uebrigens ist es fraglich,
ob Ezechiel selbst hier, in diesem so schönen und kunst-
vollen Liede, das Schema so regelmä/sig hat durchführen
wollen und können, wie die Verfasser von Thr. 1—4 und
Budde, das hebräische Klagelied. 17
Jes. 14. Das Schema selbst ist als mafsgebend nachge-
wiesen.
Das nächste als Klagelied bezeichnete Stück ist nur
von geringem Umfang; es umfalst einschliefslich der Ein-
leitung nur die Verse 15-18 des 26. Capitels. Hier ist
es eine officielle Leichenklage über den Fall von Tyrus,
unter Beobachtung von Trauerceremonien angestimmt von
den Fürsten des Meeres. Diese Einleitung reicht von v. 15
bis in den 17. Vers hinein : erst nach dem 95 Mom tritt
mit dem charakteristischen 7 das eigentliche Klagelied
ein, und — sogleich begegnen uns wieder die scharf zu-
geschnittenen Verse unseres Schema, deutlich zu verfolgen
bis sum Schlufs von v. 18, wo der Prophet mit einem
„denn also spricht der Herr Jahve* das Wort zurücknimmt
und in ruhigen, gleichschwebenden Versen fortfährt. In
b Versen verläuft das kurze Liedchen. Der erste schlie(fst
mit 531, sein erstes Glied mit Dw; die Textänderung
Pay) oder m1apY) für Navy (vgl. Smend) dient wie dem
Sinne so auch dem Rhythmus, da ohne sie der Vers zwei
gleich schwere Sinneseinschnitte aufwiese. — Der letzte
Vers ist verstümmelt, da vom zweiten Gliede nur das Wort
“neun übrig ist. Die Uebersetzungen gehen hier weit
auseinander. Die LXX lassen den ganzen Vers 18° aus.
Bei der Uebersetzung der Vulgata ist für pan gelesen x,
die Zeile „eo quod nullus egrediatur ex te‘ kann eine ver-
zweifelnde Wiedergabe von “nxyn sein. Die Peschita
setzt voraus : OFD OM, das letzte Wort gibt sie durch
die syrische Transscription von "nbsp, wie im ersten Gliede,
das 9 davor fehlt. Ebenso ist das we ganz ausgefallen.
Daran wird anzuknüpfen sein. Ich lese entweder :
‘3 DFR cz oder, da das “we nicht ursprünglich scheint :
'S OVD OF Ww, oder : 'yola 0370 (vgl. c. 27, 3, 15,
Ps. 97, 1). Die erste Fassung ist die leichteste, doch läfst
sich das O'3 Ws gerade aus der Absicht, den Doppelsinn
von OX glossirend hervorzuheben (vgl. Smend zu der
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 23. 1882.
18 Budde, des hebräische Kiagelieä.
Stelle), erklären. Die tibrigen Verse sind in bester Ord- |!
nung.
Wenige Verse weiter, 27, 1, erhält der Prophet selbst ||
den Auftrag, ein Klagelied über Tyrus anzustimmen. Die |
bertihmte, kulturhistorisch und geographisch so wichtige
Schilderung des Handels und Reichthums von Tyrus und
seines jähen Sturzes ist gewils mit ihren endlosen Auf-
sählungen ein wenig dankbares Thema für ein in bestizamte,
fein gegliederte Kunstform gegossenes Lied. Und doch
ist auch unser Capitel ganz nach dem Schema gebaut, un-
ermüdlich hat Ezechiel mit dem Stoff gerungen, durch
das ganze lange Capitel hindurch; unter 64 elegischen
Vergen ') zähle ich nur etwa 13, die nicht wenigstens
äußserlich dem Schema genau entsprächen. Will man sich
mühelos davon überzeugen, so lese man von v. 26 an, wo
die Schilderung des Marktes zu Ende ist und die weit
poetischere des Sturzes beginnt. Man wird von da an
bis zu Ende mit alleiniger Ausnahme zweier etwas zweifel-
haften Verse, die in v. 33 vereinigt sind *), lauter gans
regelmälsig gebaute Verse lesen, 23 an der Zahl ®). Um
sich zu überzeugen, dafs es im übrigen Theile des Capitels
ebenso steht, beginne man etwa mit v. 7 und lese bis v. 13
incl., man wird dort 14 Verse finden, wenn man als ihren
Schlufs jedesmal Athnach und Soph Pasuq nimmt, die
Cäsur jedesmal nach dem Zageph-Qaton, einmal in 7° nach
dem Tiphcha eintreten läßt. Die ersten Gliede. ind oft
seltsam gespreizt wegen der Aufzählungen, für die zweiten
weils Ezechiel stets 2 bis 3 Worte zu finden, bis zu formel-
ee ee
1) Zu beginnen ist wohl mit ’5) yy in v. 8, allerdings sogleich
mit 2 unklaren Versen.
*) Vielleicht sind darin je in dem zweiten Gliede die Worte 139
and 155, späterer Zusatz.
5) Ob der letste, = 28, 19>, absichtlich su gleichschwebendem
Rhythinus zurückkehrt oder feste Formel ist, lasse ich dahingestellt.
90 Budde, das hebräische Klagetied.
nicht hingestellt, es fehlt ihm auch die wesentlichste Be
dingung dafür, die Darstellung des Sturzes als eines bereits
vollzogenen, als Todesfall empfundenen und beklagten;
und dem entsprechend erweist es sich auch als Unmög-
lichkeit, das Stück nach unserem Schema abzutheilen. Den- |
noch darf es nicht verschwiegen werden, dafs einige Ab-
sitse als „elegische“ Verse zu lesen sind und in einem
susammenhingenden Klageliede nicht anders aufgefalst
werden könnten. Man theile vor allem nur 9, ®, 10* bei
Zageph qaton und Tiphcha, um sich davon zu überzeugen,
wenn man auch finden wird, dafs die Einschnitte sehr
schwach sind. Ich meine die Erscheinung daraus erklären
zu müssen, dafs der Prophet die Stücke uno tenore schrieb
und der Tonfall des Klageliedes ihm so im Ohre lag, dals
die Worte sich mehrfach swanglos in ihn fügten. — Mit
v. 11 f. aber wird ein neues Klagelied in gewohnter Weise
angekündigt, das der Hauptbedingung, den Stars als voll-
sogen darzustellen, entspricht. Aber auch hier macht der
Prophet zunächst gar keine Anstalten, in den Rhythmus
des Klageliedes einzulenken, und vergebens wäre das Be-
mühen, mehr als leise Anklänge daran aufzuzeigen. Aber
nicht bis zum Schlufs. In v. 18 und 19 fafst er noch ein-
mal die Schuld und die Strafe des Königs von Tyrus zu-
sammen, greift nun klar und fest den Rhythmus des Klage-
liedes auf und führt das Stück in 5 scharf geschnittenen
Versen zu Ende. Damit gar kein Zweifel bleibe, lautet
der letzte Vers ebenso wie der Schlufsvers von cap. 27.
Noch einen Schritt weiter geht die Auflösung in dem
letzten Stücke, welches als My) angekündigt wird, in 32,
1—16. Auch die Fiction des eingetretenen Todes ist hier
aufgegeben '), und was den Vers anbetrifft, so ist fast
') Schon in den ersten Worten, die ja auf das wirklich bereits
Geschehene gehen, nicht erst in v. 8. (Smend.)
Budde, das hebräische Klagelied. 31
durchweg ein ganz anderer, gleichschwebender, meist zwei-
gliedriger Vers mit auffallender Genauigkeit eingehalten !).
Aber auch hier steht es anders mit dem Schlafs. Von
v. 12 an tritt nach einem kurzen Vorschlag der Vers des
Klageliedes ein. Die ersten drei Verse wird man leicht
erkennen (Trennung bei dem Zageph qaton), der vierte,
13“, könnte Zweifel erregen, doch spricht für Streichung
des zweiten ondsn > nicht nur die Entbehrlichkeit, son-
dern auch die singularische Form. In der Peschft4 fehlen
diese Worte. Vers 14 will wieder nicht stimmen, v. 15
läfst sich nicht ohne Schwierigkeit in zwei richtige Verse
theilen (Verstheiler Zageph, Cisur bei Rebia und Athnach),
und bei beiden wage ich nicht zu behaupten, dafs es früher
besser damit gestanden habe. So verläuft dieses letzte
Klagelied in jeder Beziehung im Sande, wie in der Hal-
tung und Ausprägung des Gedankens, so auch in der dich-
terischen Form, und es gehört allerdings eine so nachdrück-
liche Versicherung, wie Ezechiel sie in v. 16 gibt, dam,
uns glauben zu machen, dafs wir es wirklich mit einem
Klageliede zu thun haben.
Als letztes, bei dem nun folgenden Stücke v. 17—32,
das Ewald und Smend unnöthigerweise als Grablied von
dem Trauerlied unterscheiden ?), schwindet auch die ge-
wohnte Einleitungsformel, das nom TTP xy, und ein
blofses U nimmt die Stelle ein. Dennoch flackert auch
in diesem Stücke gelegentlich noch der begrabene und ver-
schüttete Rhythmus auf in dem n1aD 111220 (v. 22, und
nur in dem Suffix verschieden v. 24, 25, 26), das jedesmal
mit der vorhergehenden Aufzählung einen elegischen Vers
") Vgl besonders v. 4. 5. 7.8. Kein einziger Vers läfst unser
Schema zu.
*) In Wirklichkeit könnte es dem Inhalte nach nur allenfalls die
np sein, die v. 1—26 nicht ist.
32 Budde das hebräische Kiagelied.
bilden könnte und in seiner dumpfen Wiederholung aa
ähnliches in cap. 27 anklingt ').
Wir können also bei Esechiel, der überhaupt in der
hebräischen Prophetie die allmähliche Auflösung ihres
Bundes mit der Poesie einleitet, in auffallender Stetigkeit
durch vier aufeinander folgende Stücke hindurch auch die
allmihliche Auflösung der Form des Klageliedes verfolgen.
Und doch lebt sie später in Jes. 14 nicht, wie Ewald be
hauptet, an dem Vorbild von Ex. 19 oder auch 33, 1—16,
sondern gerade an dem fast formlosen Stück Es. 32, 17 ff.
wieder suf, ein Beweis, wie wenig der Verfasser für die
Form eines Lehrmeisters bedurfte.
Wenn wir nun ferner sehen, wie bei Ezechiel keine
anderen Stücke als nur eben diese, mit My'p bezeichneten,
diese Versform aufweisen*), wenn wir sie dagegen von
ihm gleichzeitig mit der Abfassung des Buches der Klage-
lieder in typisch festem Gebrauch eben bierfür finden :
so ist damit der Beweis erbracht, dals er diese Form für
das Klagelied als längst überliefert vorfand und darauf
rechnen durfte, Aurch diese gewohnten Klänge besonders
tiefen Eindruck hervorzurufen. Dales dies kein Irrthum ist,
soll zunächst aus einigen Stücken des Propheten Jeremia
bewiesen werden.
Das Wort nyp findet sich bei ihm 3 mal, 7,29; 9, 9. 10.
In der ersten Stelle wird der Aufforderung, ein Klagelied
anzustimmen, in Worten keine Folge gegeben, sie ist an
Zion gerichtet, Gott aber fährt sogleich in der Rede fort.
In cap. 9, 9 dagegen heifst es : „Ueber die Berge will
ich Weinen und Weheruf (YD) erheben, und über die Auen
der Steppe ein Klagelied : dafs sie verbrannt sind, von
Niemand durchwandert, und keiner Heerde Stimme ver-
nehmen.* Und nan wirdman in dem folgenden Abschnitt
— nn | nen cee nn
') 8. übrigens über =) weiter unten.
*) So ist gleich die 447; in cap. 17 ganz anders gebaut.
Budde, das hebräische Klagelicd. 23
s zu Ende von v. 10 den Rhythmus des Klageliedes
sıtlich erkennen. In our 3 klaren Versen nach unserem
thema wird die Rede Jahve's zu Ende geführt '), bis in
‚11 die Frage eingeworfen wird. wer denn den Rath-
hlufs Jahve’s verstehe. — Viel charakteristischer aber
sd umfangreicher ist das folgende Stück, von v. 16 an :
3o spricht Jahve Zebaoth : Merket auf und rufet die
lageweiber (mlyn), dafs sie kommen, und zu den weisen
rauen (mpon) sendet, dafs sie kommen : dafs sie eilends
heben über uns den Weheruf, und unsere Augen rinnen
m Thrinen und unsere Wimpern triefen von Wasser.“
an erkennt deutlich gleichschwebenden Rhythmus. Aber
8 wenn inzwischen nach einer Pause die Weiber gekommen,
‚ heben nun die gebrochenen Rhythmen des Klageliedes
ı, sogleich auch im Beginn des zweiten Gliedes das 1%,
ıd die Klage ergiefst sich in zwei solchen Versen in v. 18.
ann bricht sie ab, und in gleichschwebenden Versgliedern
geht eine neue Aufforderung (v. 19) : „Denn höret, ihr
Veiber, das Wort Jahve’s, und euer Ohr nehme auf das
Vort seines Mundes; und lehret eure Töchter den Wehe-
af, und eine die andere das Klagelied (mp). Und nun
gt ein echtes Klagelied in den gewohnten Versen, deren
bis zu Ende von v. 21 folgen, um dann ganz scharf
rieder gewöhnlichem Tonfall Platz zu machen. Das
wy Ow) 7D 135 zu Anfang von v.21 ist mit LXX (Ew.,
traf) zustreichen. Es ist Glosse zu v. 19 und will darauf auf-
nerksam machen, dale v. 20 f. eben das Klagelied ent-
alten, ist also obendrein an die falsche Stelle gerathen.
Das "3 su Anfang von v. 18 und 20 ist nicht zu über-
setsen, vielmehr blofse Einführung der citirten directen
Rede (cf. Ges. Thes. sub B. b.) *).
') Anfang mit mıyy, die Cäsuren der 8 Verse sind richtig mit
Zagoph und Tiphcha bezeichnet.
*) Zweifelhatt könnte dies nur für v 18 erscheinen, wenn man
dort die directe Rede erst mit dem x beginnt; doch setst der Rhyth-
mus schon mit Anfang des Verses ein.
94 Budde, das hebräische Klagolied.
Die Stelle ist durchschlagend, wir müssen deshalb hier
einen Augenblick innehalten, um aus ihr die unabweisbaren
Folgerungen zu ziehen. Im ganzen A. T. wird an dieser
einzigen Stelle jenes hochwichtigen Bestandtheiles aus dem
Apparat des feierlichen Leichenbegiingnisses, der Klage-
weiber, nUNpp, Erwähnung gethan, denn in den nw
neben den o'”59 in II. Chr. 35, 25 haben wir es mit
einer starken Verallgemeinerung zu thun. An unserer Stelle
erscheinen sie durchaus als Klageweiber von Profession,
die herbeigerufen werden, wo man sie nöthig hat, um
eilends die AYP anzustimmen; nicht sind es die Weiber der
Familie, des Ortes, die vorkommenden Falles dieses Ge
schäft übernehmen. In Parallele zu dem "sp steht der
Ausdruck mon „die weisen Frauen“, auch nur hier im
A. T. zu finden (anders Jud. 5, 29). Diese Bezeichnung
giebt eine sichere Gewähr dafür, dafs es sich bei ihrem
Amte nicht blofs um gewohnheitsmälsig handwerksmälsiges
Gebahren, schmutzigen, zerlumpten Aufzug, Schmerzens-
gesten, Heulen, Ausrufe handelt, sondern um eine wirk-
liche Kunst, und in der “yp um ein wirklich gesungenes
Lied mit vernüuftigem, in Worten niedergelegtem Inhalt,
dichterischer Form und musikalischer Composition. Das
wird ferner bestätigt durch die Aufforderung in v. 19. Die
Weiber sollen horchen auf das Wort Jahve’s durch des
Propheten Mund und dann die 3‘ einander gegenseitig
und jede ibre Töchter lehren, die in den folgenden Versen
gegeben wird. Es ist also ein neues, kunstvolles Klage-
lied, was sie den alten, die sie bereits können, hinzufügen
und weiter verbreiten und vererben sollen; sie haben Ur-
sache aufzuhorchen, wo dergleichen zu hören ist. Ist aber
die dichterische Form dieses Stückes dieselbe wie desjenigen
in v.18, das höchst wahrscheinlich den Klageweibern selbst
in den Mund gelegt ist; finden wir ferner, wo immer eine
MP citirt wird, diesen selben Rhythmus wieder, so ist dies
eben der feststehende Rhythmus der eigentlichen yp, be-
Budde, das hebräische Klagelied. 2%
gründet auf eine stehende Melodie, die ihm in einer län-
geren und einer nachfolgenden kürseren musikalischen
Phrase genau entsprach. Das ist ein sicherer Schluls,
mögen wir auch über die Art der Musik gar nichts aus-
sagen können. Nur der Umstand, dafs es für die kunst-
volle Leichenklage eine solche stehende Melodie gab, und
dafs diese Melodie auch den Text in so charakteristische
Rhythmen zwang, lälst es begreifen, wie die Propheten,
wenn sie mit ihren Klagen einen recht tiefen Eindruck
machen wollten, sogleich in diese Versform übergehen.
Weckten sie doch mit diesem Tonfall in den Herzen aller
Hörer die Erinnerung an ernste T'age und Stunden, in
denen sie um die Leichen ihrer Angehörigen standen und
mit trauerten und klagten.
Für die hier vertretene, mir vor jeder Vergleichung
unzweifelhaft gewordene Auffassung fand ich in vielen
Stücken eine höchst willkommene Bestätigung aus dem
frischen Leben der heutigen Orientalen in einem auch
sonst ungemein inhaltreichen und wichtigen Aufsatze von
Wetzstein!).. Während sonst der Ritus der Leichen-
klage, von dem Koran ungern gesehen, bei den verschie-
densten orientalischen Stämmen immer mehr in Verfall ge-
räth und insbesondere die lautlichen Aeufserungen meist
nur noch in inartikulirten Tönen oder kurzen Rufen und
Formeln bestehen, hat hierin wie in vielen anderen Dingen
(vgl. Wetzstein’s Excurse zu den Commentaren von
Delitzsch) Syrien in der Umgegend von Damaskus,
Dscholän, Haurän u. s. w. alte Sitte treu bewahrt, sodals
1) „Die syrische. Dreschtafel“ in Bastian’s Zeitschrift für Ethno-
logie 1878. 8. 270 ff, 5) „Die Tafel als Paradebett“ 8. 294 ff. Die
Nachweisung des Aufsatzes, der leider an so entlegener Stelle er-
schienen ist, und vor allem mit einom Titel, unter dem nicht leicht
Jemand dergleichen suchen wird, verdanke ich der Güte Gilde-
meister’s.
26 Budde, das hebräische Klagelied.
vielfache unmittelbare Uebereinstimmung mit dem Alten
Testament sich nachweisen läfst. Dort ist bei Juden, Mo-
hammedanern und Christen aller Schattirungen in Stadt, Dorf
und Zelt, eine im ganzen identische, sehr umständliche
Leichenklage in Gebrauch, aus deren Beschreibung ich das
für unseren Zweck Wichtige heraushebe.
Die vollständige Leichenklage dauert 7 Tage und wird
täglich mindestens einige Stunden von den dasu bestimmten
Weibern erhoben. In den Städten, vor allem in Damaskus,
giebt es einen vollständigen, zunfimälsig geschulten W eiber-
chor, die lattämät, „die sich ins Antlitz schlagen“, denen
der Chor der weiblichen Verwandten u. s. w. respondirt.
An Stelle dieses ganzen geschulten Chores, von dem ab-
wechselnd eine die Vorsängerin zu machen pflegt, tritt auf
dem Lande eine berufsmäfsige Solosingerin, die kauwäla,
„die Sprecherin, Dichterin“, selten von einer oder zwei
anderen unterstütst. Sie ,mufs eine gebildete Stimme,
einen reichen Vorrath von Nänien und ein gutes Gedächtniß
haben, damit sie sich nicht auffillig wiederholt, was bei
einer vollständigen, also siebentägigen Klage nichts Leichtes
ist, wenn diese auch des Tags auf 2!/, Stunden beschränkt
wird. Doch fehlt es im Lande nicht an solchen Sänge-
rionen, weil ihr Beruf sehr einträglich ist. Die Nänie, . ..,
welche immer die poetische Form, Metrum und Reim
haben mufs, besteht meistens aus einem Doppelvers, doch
auch aus 3 und 4 Versseilen und ist — abgesehen von
ihrem oft gröfseren, oft (besonders wenn es Stegreifverse)
geringeren poetischen Werthe — dem Sinne nach etwas
Abgeschlossenes, ein fertiges Bild. Nach jeder Nänie er-
hebt der Chor den Weheruf. Dasselbe geschieht, wenn
das Klagelied aus einer längeren Ode bestehen sollte, nach
jeder einzelnen Strophe. Zum Chore gehören sämmtliche
Frauen, welche den Ring um das Zelt bilden; sie heifsen
reddAdat „die Respondirenden® oder neddab&t und nauwä-
hat „die Klagefrauen“. Der Weheruf, in Syrien wélwéla,
28 Budde, das hebräische Klagelied.
die Propheten von der Anwendung dieser Rhythmen müssen
versprochen haben. Die Ableitung des Wortes myp, die
W etzstein giebt, verdient alle Beachtung; er führt es
auf die Stammesbedeutung „künstlich bilden, zusammen-
fügen“ zurück und läfst die Wahl, „ob es von der poetischen
Form oder (wahrscheinlicher) von dem den Todten aus-
schmückenden Inhalt“ benannt ist. Auf Grund des Aus-
geführten möchte ich für das erstere eintreten und vor
allem darauf aufmerksam machen, dafs 73°p und MP stets
nur von wirklichen Klageliedern, von Kunstproducten vor-
kommen (was auch Es. 2, 10 am nächsten liegt), während
"U (Wi), wenn es auch in Jer. 9, 9. 19 die Parallele zu
up hergeben mufs, wenn es auch nach Am. 5, 16 vu yr
giebt (vgl., was W. über die Kunstfertigkeit beim Weheruf
8. 297 sagt), doch schwerlich den kunstvollen Klagegesang
bezeichnet : so sicher nicht in Jer. 31, 15, wo die eigene
Mutter ihre Kinder beweint, und noch weniger das Zeit-
wort in I. Sam. 7, 2, wo es am besten mit ,seufsen*
wiedergegeben wird (nicht „sich versammeln®\. Die De-
nomination von einem blofsen Ausruf ist mir bei diesem
Stamm überwiegend wahrscheinlich, und damit fände der
) seine Parallele an der wélwéla der syrischen Leichen-
klage *).
Das Einzige, worin Wetzstein’s Nachrichten und
die angeführten Beispiele von Klageliedern mit unseren
Beobachtungen nicht übereinstimmen, das sind die ange-
wandten poetischen Formen, die Metra der Lieder. Nur
eine höchst unhistorische Vermessenheit hätte das anders
') Ges. Thes. erklärt es : clamavit 7, Mn, was nicht wahr-
scheinlich. Vielleicht ist es ursprünglich Niphalbildung zu dem Aus
ruf m: n = „nm rufen“, dann zur selbständigen Wurzel geworden,
von der das Nomen 93 und sugar ein neues Niphal (I. Sam. 7, 2)
gebildet wurde.
Budde, das hebräische Klagelied. 29
erwarten können. Wie bei aller Volkspoesie, so hat sich
such hier, bei gröfsester Zähigkeit der alten Sitte, der
stetig sich gleich gebliebene Inhalt in die mit der Zeit
ebenso stetig fortschreitenden und wechselnden Formen der
jedesmaligen Gegenwart umgegossen : hier in die gewöhn-
lichen Metra und gereimten Strophen der arabischen
Poesie '). Dafs vor 2'/, Jahrtausenden auch in Damaskus
der im alten Testamente nachgewiesene Klageliedvers ge-
sungen wurde, kann man allenfalls vermuthen : dafs sich
heute keine Spur davon mehr finden kann, darf man mit
weit grölserer Sicherheit behaupten.
Nachdem so, wie ich glaube, die nachgewiesenen Er-
scheinungen ausreichende Erklärung, meine daraus ge-
zogenen Schlüsse hinreichende Begründung erhalten, fahre
ich in der Aufführung der im alten Testament vorhan-
denen Stücke in Klageliedform fort. Bei dem Propheten
Jeremia selbst finden sich noch einige weitere, und zwar,
wie nicht anders zu erwarten, in cap. 22, wo Jeremia mit
wahrer eigener Herzenstrauer über die Könige von Juda
klagt. Hier steigern sich, wenn auch ohne Nennung der
mp, ohne dafs es sich um wirklich Todte handelte, doch
einige Stellen bis zur Kunstform des Klageliedes. Es sind
das 4 Verse in v. 6. 7., mit 93 beginnend, durch die be-
kannten Accente richtig abgetheilt. Sodann 6 Verse in
v. 21—23. In v. 21° ist das 9 mit LXX zu streichen, in
22* ist das zweite Glied etwas lang, in 23* die beiden
Glieder gleich lang. Da diese 2 nicht regelrechten Verse
von 4 anderen umschlossen werden, so wage ich es den-
noch, das Stück als mit Absicht klageliedähnlich zu be-
1) Die deutsche Literaturgeschichte liefert dafür die schlagendsten
Belege, aber auch die späteren Juden haben ihre alte poetische Form
verlassen und vergessen und sich der arabischen Poetik gefügt. Wie
früh ihnen jene abhanden gekommen ist, beweisen die vielfachen Text-
verderbnisse, die uns hier begegn;n.
90 Budde, das hebräische Klagelied.
trachten. In beiden Stücken macht es einen besondere, |
wehmüthig schönen Eindruck, wie Jahve gleichsam dem |
Königshause und Zion die Klage abnimmt und selbst esim
Strafankündigung in sie einkleidet. Ich betone aber am
drücklich, dafs hier das Klagelied in eine rhetorische Fors
ausgelaufen ist, fast unwillkürlich angewandt, ganz ande
als in cap. 9. — Gelegentliche Anklänge finden sich sud
in v. 10 und 13 f., aber sie widerstreben dem Versuch
ein Stück geordnet abzugrenzen.
Weitere Stücke habe ich bei Jeremis nicht gefunde,
Klagelieder kündigt mit dem Worte mp an asd
Amos. In cap. 5, 1 heilst es : „Höret das Wort, das id
als Klagelied über euch anhebe, Haus Israels :
Gefallen ist, stehet nicht wieder auf
Die Jungfrau Israel
Auf ihren Boden ist sie hingeworfen,
Keiner hebt sie auf.* |
Zwei Verse genau nach unserem Schema, und das Lied ist
zu Ende. — In cap. 8, 10 ist die Ankündigung finstere
Trauerzeit selbst in das Gewand des Klageliedes gekleidet,
als wenn mit dem Worte ryp das Klagelied selbst herauf
käme. In v. 9 heifst es : „Und an jenem Tage, spricht
der Herr Jahve,
Lasse ich die Sonne niedergehen am Mittag
Und verfinstere die Erde am hellen Tage
10) Und ieh verwandle eure Feste in Trauer
Und all eure Lieder sum Klagelied
Und bringe über alle Hüften das Trauergewand
Und auf jedes Haapt eine Glatse
Und versetse sie wie in Trauer um den einzigen Sohn,
Mache ihr Ende wie einen herben Tag.“
Es lifst sich schwerlich verkennen, wie v. 9 noch völlig in
gleichschwebenden Gliedern sich ergeht, die auch logisch
sich die Wage halten, und wie dann mit v. 10 der Rhyth-
mus des Klageliedes eintritt und jedes erste Glied das |
Budde, das hebriische Klagelied. $1
Prädicat fir das zweite mit erhilt'). In nur 3 Versen
bat sich der Ton des Klageliedes erschöpft.
Endlich mit dem Worte 9 führt die directe Rede
eines Klagelicdes ein Micha in cap. 2, 4. Es ist das die
einzige Stelle, wo eine Klage angestimmt wird, ohne dafs
seh behaupten dürfte, dafs auch hier der Prophet jenen
Rhythmus angewendet habe, oder, wenn ich dabei bleibe:
welches die Grenzen dieser Anwendung seien. Das Klage-
lied sollte eigentlich beginnen mit seinem ersten Ausruf
pimp, der durch das eingeschobene om als directe Rede
angekündigt wird. Aber 4*, die Einführung des Lied-
fragmentes, liefse sich auch, sogut das auf Zufall beruhen
kann, als ein elegiseher Vers bei dem Febia theilen, und
man könnte sich dafür auf Am. 8, 10 berufen. In 4 mufs
man fragen, ob das eingeschobene 1px mit in den Rhythmus
gehört — dann wird mit der Anführung des Klageliedes
selbst kein rechter Ernst gemacht; oder ob es nicht mit-
gerechnet ist — dann bleibt zwar das Uebergewicht des
ersten Gliedes noch ausreichend gewahrt, aber der Ein-
druck des Stückchens ist schwer geschädigt. Endlich 4°
Wlst sich, da in einem Stückchen von 2—3 Versen die
oben gesetste Licens Nr. 3) nicht in Betracht kommen
kann, als elegischer Vers schlechterdings nicht begreifen,
und eine Umstellung, wodurch allerdings ein regelrechter
Vers entstiinde, wage ich nicht zu vertheidigen. Nehme
ich an, dafs der Text ganz in der ursprünglichen Fassung
vorliegt, so muls ich zugeben, dafs der Prophet eine An
wendung unseres strengen Schema nicht beabsichtigt hat,
und das dann daraus erklären, dafs Seo, das allgemeinere
Wort, voransteht, ‘mn, wie oben ausgeführt, ein kunstmäfsiges
Klagelied wohl nicht bezeichnet : dafs der Dichter deshalb
) Nur scheinbar in v. 10° anders, wosu die Ueberseisung von
DOW im ersten Glide zwang. 10 ist wohl nach Nr. 2) su er
klären.
82 Budde, das hobräische Klagelied.
in der gewöhnlichen Rede verblieben ist und den Klagetn
scharf genng durch die Rufe mm) und %% glaubte markir
zu haben ').
Und nun will ich von der Schwelle des prophetische
Schriftthums aus, wohin uns die Amos-Stellen geführt
haben, allmählich hinabschreitend, die Stellen aufführen,
an denen ohne Kundgebung der Absicht der Rhythmus
des Klageliedes in zusammenhängenden Stücken sich findet;
es wird sich daraus ergeben, was gewils nicht mehr über-
raschen kann, dafs für den Propheten, den vorsugsweix
: klagenden, elegischen Volksredner, dieser Tonfall ein vor
andern beliebtes Mittel war, Stimmung bei dem Volke a
erwecken.
So ist in Hosen 6, 7 ff. die Klage Gottes fiber die
Treulosigkeit und Verderbtheit seines Volkes in die Form
eines eigentlichen Klageliedes gegossen. Nur die Darstd-
lung dieses Zustandes hat diese Form, das’ Vorhergehende
nicht. Der Text ist von dem Masorethen mehrfach falsch
abgetheilt; Aenderungen, die auch durch den Sinn geboten
und theilweise schon vorgeschlagen sind, werden durch die
Beobachtung des Rhythmus bestätigt. Vers 7 und 8 sind
klar. In v. 9 ist der Schlufs des ersten Verses bei o'y%,
die Cäsur bei Ov) zu setzen, nicht über das Zageph hin-
weg bis zum Athnach fortzulesen ?). Es ergeben sich dann
2 regelmäfsige Verse, auch der Sinn gewinnt. Vers 10 ist
mit omonx5 zu schliefsen (Verstheiler Athnach); das
Ser’ mo) ist zu v. 11 zu ziehen, und das MW 2D in
v. 11 ist zweites Subject zu NDI, wodurch Schwierigkeiten
beseitigt werden. In dem kürzeren Halbvers 75 ap rw
‘) Zufällig sind wohl Anklänge an den Rhythmus des Klageliedes
in 1, 6. 14; 2,2.
*) Aus Nowack Hosea ersehe ich, dafsauch Wünsche so theilt.
Er hat hier Recht, die Bedenken N.’s dürften schon durch Stellen wie
Jos. 10, 9; 29, 7 beseitigt sein und sind gewils nicht grofs.
Budde, das hebr&ische Klagelied. 33
wendet sich Gott in theilnehmender Anrede zu der neuen
Person Juda hin, im Uebrigen wird sich Ewald’s Auf-
fassung von Y¥p und dem ganzen Halbvers empfehlen.
Die letzten Worte wey Maw ‘sw’s hat schon Ewald richtig
zu cap. 7 gezogen, der Rhythmus bestätigt dies, indem
sie nun mit den zwei ersten Worten von cap. 7 einen
regelrechten Vers ausmachen und zwei weitere in v. 1
übrig lassen. (Haupttheiler das erste Zageph, Cäsuren bei
dem Paschta und zweiten Zageph). Vers 2 enthält zwei,
v. 3 einen richtig geschnittenen Vers, mit v. 4 bricht der
Rhythmus ab. Es liegt also hier ein Stück von 12 tadel-
losen Versen vor, bei dem Zufall ausgeschlossen ist. Dafs
der Gegenstand für weitere Uebertragung des Klageliedes
ein sehr geeigneter ist wird man nicht leugnen können.
Bei dem älteren Jesaja findet sich cap. 1, 21 das ASW
des Klageliedes, und mit ihm stellen sich zwei Klagelied-
verse nach unserem Schema ein. In 21b ist deutlich der
stärkere Einschnitt nach >, und das erste Glied nach Nr. 1
in Ordnung. — In 22, 3. 4 liegen sicher vier Klagelied-
verse vor; der Form und dem Inhalt nach könnten sie
dem Buche der Klagelieder selbst angehören. Vers 1 und
2 dagegen würde man nur mit Mühe und nicht fehlerlos
nach ‘dem Schema lesen können; doch mulfs ich, namentlich
auch der Sprache und des Zusammenhangs wegen, ver-
muthen, dafs v. 3 und 4 in späterer Zeit wegen der klage-
liedähnlichen Haltung von v. 1. 2 hier eingeschoben sind,
was hier nicht weiter ausgeführt werden kann. — In cap. 23
— die jesajanische Abfassung lasse ich hier dahingestellt —
gehört das Fragment aus dem Liede von der vergessenen
Buhlerin hierher. Die Art der beiden Verse, die v. 16
bilden, ist wie 1, 21. b. Das Lied ist gewils ein spotten-
des Klagelied über die quasi-Leiche gewesen, und unser
kleines Fragment schliefst alles eher in sich, als dafs der
Buhlerin ihr Singen so gut helfen werde, wie Tyrus sein
erneuter Handel. Es ist eben nur Hohn. Wir sehen also,
Zeitschrift f. 4. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1882. 3
34 Budde, das hebräische Klagelied.
dafs auch der Volksmund sich des Klageliedes zu anderen
Zwecken bemächtigt hat.
Bei Obadja finden sich zwei kleine Stücke, die in
unserem Rhythmys verlaufen; beide lösen sich scharf aus
der Umgebung los. Das zweite, v. 12—14, würde aw
8 Versen bestehen, deren zweites Glied mit einer Aus
nahme (14a) von dem stereutypen ra Of2 (va ITS
u.8. w.) gebildet wird. Es scheint hier die Annahme nicht
ausgeschlossen, dafs ein formell gleicher Effect durch en
materiell gans verschiedenes Motiv herbeigeführt ist; doch
läfst der Gegenstand auch die Form des Klageliedes als
beabsichtigt zu. — Dagegen ist das erste Stück, v. 6. 7,
ein aus 4 Versen bestehendes, nach Inhalt und Form ur-
sprüngliches, mit dem charakteristischen we eingeleitetes
Klageliedchen !). Dafs auch aus diesem Zusammenhange
unter Zerstörung des rhythmischen Baues Stücke in Jer. 49
sich wiederfinden, dürfte als ein neues Moment für die
wesentliche Priorität von Obadja zu betrachten sein 2).
Weiter darf ich nicht übergehen ein Paar von Pro-
pheten, bei denen eine gewisse Abschwächung in dem Ge-
brauche unseres Schema zu spüren ist, es sind das Nahum
und Zephanja. Beide gebrauchen das Schema nicht mehr
so absichtlich, nicht in so specifisch geeigneten, noch in so
scharf abgegrenzten Stücken, es fliefst ihnen mehr unwill-
kürlicb mit ein. Man könnte diese Erscheinung gegen
den eigentlichen Kern dieser Abhandlung ins Feld führen,
wenn nicht durch die grofse Zahl als Klagelieder ausdrück-
lich bezeichneter Stücke die Thatsache selbst, dafs dieses
Schema das des wirklichen Klageliedes war, unerschütter-
lich feststände, und wenn nicht andererseits in den be-
sprochenen prophetischen Stücken jeder Schritt, der weiter
1) In 7a das 55 zu streichen ?
*) Wofür ich mich auch in Jahrbb. f. deutsche Theol. 1878 8. 456
entschieden habe,
86 Budde, das hebriische Klagelied.
Endlich noch das Buch Deutero-Jesaja. In seiner
enarratio metrica des Jesaja gibt Gietmann für cap.
45, 14—25') und cap. 47 den versus hendecasyllabus an,
worunter er den Vers von Thr. 1—4 und Jes. 14, 4 ff
versteht. Nur sum Theil hat sich mir diese Beobachtung
bestätigt, zunächst insofern, als sich hier allerdings und,
soweit auch ich sehen kann, nirgend anderwärts in dem
sonst der Form nach ziemlich gleichmälsig gehaltenen
Buche der betreffende Vers vorfindet. Aber auch nur mit
einiger Regelmäfsigkeit durchgeführt ist der Vers in dem
ersten Stücke nicht. In co. 45, 14-265 sind es im Grunde
nur wenige Verse, die eine sichere Theilung nach unserem
Schema gewähren, v. 17 mit zwei, v. 26 mit einem Verse,
daneben nur einzelne Theile der masorethischen Verse,
während das Gleichgewicht durch andere Rhythmen so-
gleich wieder gestört wird. Von bewulster Anwendung
der Form des Klageliedes kann demnach hier keine Rede
sein, wie denn auch der Inhalt in keiner Weise dasu auf-
fordert. Anders steht es mit cap. 47. Da klingt uns in
v. 1 in der Anrede an die Jungfrau, Tochter Babel, so-
gleich das Klagelied entgegen, und wir werden, wenn auch
hier spottweise, lebhaft erinnert an die Klage um Jeru-
salem in dem Buche der Klagelieder, daneben an die Klage-
lieder Esechiels. Aber wie bei den späteren Stücken dieses
Propheten, so ist auch hier die Form nicht ängstlich ge-
wahrt, sondern bricht nur an den Hauptstellen, von dem
Inhalt fast unwillkürlich geschaffen, hindurch. So besteht
v. 1 aus 3, v. 5, ganz gleichen Inhalts, aus 2 Klagelied-
versen; v. 8 bietet 3 schon weniger scharf geschnittene
Verse; v. 10 f. 6 ziemlich gute, und v. 14 fafst zum Schlufs
den Rhythmus energisch auf und läfst das Klagelied in
5 guten Versen ausklingen. Dazwischen scheint es hie
!) 80 8. 25, 8. G1 der Druckfehler : 46.
Budde, das hebräische Klagelied. 37
und da, ale wenn wir es nur mit verwischten, verschwim-
menden Klageliedrhythmen zu thun hätten, dann wieder
treten ganz andere Rhythmen ein.
Die Thatsache, dafs nur hier im Buche des Deutero-
jesaja die Form des Klageliedes sich findet, steht in schönster
Congruenz mit der anderen, dafs dieses Stück auch dem
Inhalte nach in dem ganzen Buche das einzige Klagelied
genannt werden kann und in der Stimmung wie in dem
Verhiltnifs des Propheten zu dem Gegenstand seiner Rede
von allen anderen sich scharf abhebt ‘).
Soweit meine Beobachtungen in den prophetischen
Büchern. Dafs sich gelegentlich dazu noch ein Nachtrag
wird liefern lassen, wage ich nicht zu bezweifeln : doch
ist, hoffe ich, mit obiger Aufziihlung annäbernde Vollstän-
digkeit, wie beabsichtigt, so auch erreicht.
Ich schliefse die Reihe mit dem einzigen Stücke aus
dem Buche der Psalmen, das sich völlig ebenbürtig jenen
zur Seite stell. Ein eigentliches Klagelied auf den Tod
eines Menschen findet sich in dieser Sammlung subjectiv-
lyrischer Gedichte nicht. Zur übertragenen Anwendung
des Klageliedes gehören folgende Bedingungen, die in den
oben angeführten prophetischen Abschnitten, soweit sie
sicher erkannt werden können, mit ganz unwesentlichen
Ausnahmen, erfüllt sind : 1) Ein unwiderruflich abgeschlos-
senes, irreparables Geschehen, auf das nur rückwärts ge-
blickt wird, während der Blick in die Zukunft im wesent-
lichen ausgeschlossen ist, 2) was damit gegeben ist : scharte
Unterscheidung des Klagenden von dem Objecte seiner
Klage. Dem entsprechen weder die persönlichen Klage-
psalmen, in denen dic zweite Bedingung, noch die nationalen,
in denen die erste regelimälsig verletzt wird, da sie alle
den Blick in die Zukunft richten, keine gleichsam liturgische
) Man wird hiergegon cap. 68 unmöglich anführen können.
38 Budde, das hebräische Klagelied.
Haltung haben. Aber ein Psalm schlägt mit Bewufstsein
in dramatischem Interesse den Ton des Klageliedes an,
das ist Ps. 137. Ein frohes Lied fordern die Gewalthaber,
aber nur Leichenklage um Zion tönen Mund und Saiten,
und so erklingt die Antwort der Gefangenen sogleich in
Gestalt eines Klageliedee um Jerusalem, in dem dießahreakens-
bilder des Obey oY wieder heraufsteigen. Und wie es
ausgeklungen, da richtet sich der Blick wieder zurück auf
die Unterdrücker und die Gegenwart, und ein Fluch gegen
Babel schliefst das Stück. Mit ye beginnt die Antwort
der Gefangenen in v. 4, damit auch tritt das Schema des
Klageliedes fest und sicher ein, bis zum 8. Verse hin, wo
die Anrede 533°n2 wieder auf die Gegenwart hinlenkt.
In 6 ganz unbezweifelbaren Klageliedversen hebt sich so
der Kern des Psalmes von Einleitung und Schlufs ab, ein
schlagendes Beispiel von dem specifischen Charakter, der
dieser Versform beiwohnte.
Aber es gilt nun auch die Ausnahmen ins Auge zu
fassen; die Fälle, in denen die Form des Klageliedes sich
findet, ohne dafs ihr der Stoff entspräche, und weiterhin
etwaige Klagelieder, die doch die hergebrachte Form nicht
aufweisen.
Stücke der ersteren Art finden sich in dem Buche der
Psalmen nicht selten, wie schon von Anderen bemerkt
worden. So constatirt Ewald den ,Langvers*, De-
litsech das „Cüsurenschema“ bei manchen Psalmen oder
Theilen derselben : umfassendere Beobachtungen der Art
finden sich bei Gietmann und besonders bei Ley. Wenn
der letztere für diese Stücke einen besonderen Vers, den
Dekameter, im Unterschied von seinem elegischen Penta-
meter, annimmt, so sind formelle Gründe, die hier allein
entscheiden können, dafür nicht beizubringen, wie denn
auch keineswegs jedesmal Verspaare, dem Ley’schen
Dekameter entsprechend, sich in jenen Psalmen zusammen-
Budde, das hebräische Klagelied. 39
thliefeen lassen '). Genauere Erkenntnifs des uns beschif-
genden Verses aber gebietet eine scharfe Sichtung der
m Ley aufgeführten Psalmen, zumal dieser nicht weniger
s 8 rhythmisch ganz verschieden wirkende Verse unter
sm Begriff des Dekameters zusammenfafst.
Obenan mufs Ps. 42—43 stehen ?), weil bei ihm die
[öglichkeit nicht abzuweisen ist, dals der Dichter mit
ewulstsein die Form des Klageliedes als seinem Stoffe,
em eines persönlichen Klageliedes, entsprechend gewählt
at. Der Beweis für diese Möglichkeit liegt vor in Threni 3.
ach dort ist Subject und Object der Klage identisch,
uischt sich die Huffnung auf eine bessere Zukunft ein;
ndererseits zeigen uns 42, 5. 7; 43, 3 genügende Spuren
uch objectiver Verluste. Das Stück ist weit überwiegend
ı Versen nach unserem Schema, aber mit sehr leichter
‚äsur, geschrieben, der Kehrvers (v. 6. 12; 43, 5) besteht
us zwei Versen, deren zweitem noch ein drittes Glied
IR YO MW) hinzugefügt ist °).
Die übrigen Stücke mögen nach der Psalmzahl ge-
rdnet folgen. Grölsere Kürze empfiehlt sich bei diesem
\ppendix von selbst. Am leichtesten erkennbar und am
ligemeinsten erkannt ist Pr. 19, v. 8 ff. Ueber die Frage,
rieweit diese Versform reiche, herrscht grofse Meinungs-
erschiedenheit *). Meine Abtheilung stimmt bis v. 14 mit
%) Vgl. Ley 8. 52 f. 45 f., Gietmaun 8. 85.
*) Erkannt von Ewald und Ley.
*) Vers 1a (bis sum Athnach) stimmt nicht; in 1b die Cäsur beim
liphcha. In 8b die Cäsur beim Rebia. v. 5 gibt zu Bedenken An-
afs : ich würde versuchen, in a und b die Cäsur vor %y und y zu
etsen. In v. 7 schliefst a mit "=. v. 9 stimmt nicht. v. [la a
st mur swei Worte (otwa su lesen : ninyy> ny riz 33°). 48, 1b
cheint unvollständig. In 4a ist das zweite Glied su lang, in 4b das
wete Glied etwas kurz. Trotz dieser Bedenken glaube ich nach reif-
icher Ueberlegung an beabsichtigte und ursprünglich vorhandene
Regelm&fsigkeit.
*) Schlimme Verwirrung stiftet hier Ley (8. 256 f.). Vgl.’ übrigens
ie bekannten Autoren.
40 | Budde, das hebräische Klagelied.
der von Delitzsch, ich erkenne bis dahin 12 klare Vem |:
nach unserem Schema, nur 11a und b nach Nr. 2 se |i
klären. In v. 15 dagegen ist der Verstheiler nicht zu ver }
legen : ich sehe darin einen abschliefsenden Vers wie da |
Kehrvers 42, 6 u. s. w., gebildet durch Hinzufügung eins }
dritten Gliedes.
In Ps. 27 scheinen v. 1—10 nach unserem Schem
gebaut zu sein. Etwas schwierig 2a und 7; schwierige
v. 6, aus dem mit der Bickell’schen Vermuthung mr
statt mm) drei wonig befriedigende Verse zu mache
wären. Dagegen sind v. 8 und 9 dadurch herzustelke, |
dafs von v. 9 die Worte 320 "non Sx (0 zu streiche)
zu v. 8 gezogen werden. Es entstehen dann 4 gute Vers,
und auch der Sinn gewinnt. Von v. 11 an tritt ein anderer
Vers ein !).
In Ps. 65 hat Delitzsch richtig ein Stück nach
unserem Schema abgegrenzt, die Verse 5—8, 5 Verse ent-
haltend und einen sechsten, v. 8, wiederum mit Hinzu
fügung eines kurzen dritten Gliedes. Wenn nun Giet-
mann es fertig bringt, den ganzen Psalm nach dem versus
hendecasyllabus abzutheilen (S. 108), so beweist er eben
damit, dafs auch bei seinem System alles möglich ist. Die
Verse, mit "ws beginnend, heben sich in ihrem ruhigen
Lob Gottes klar aus dem Zusamınenhang heraus.
In Ps. 84 scheint zu Anfang ein zusammenhängende
Stück vorzuliegen. Vers 2 und 3 bieten drei gute Verse,
v. 5 und 6 je einen. Vers 4 gibt zuerst einen guten Vers
(zweites Glied mb jp m); die zweite Hälfte des Verses
ist dreigliederig : die richtige Iösung der Schwierigkeit
nach Sinn und Metrum hat Ley gefunden (Stud. u. Knit
1877, 3.508), indem er MON ANS WR streicht und 50 einen
zweiten guten Vers gewinnt. „Die Schwalbe, die bei den
ı) Hier wie anderwärts mufs Ley zwischen seinen Dekameten
ungezählte Halbverse stehen lassen.
Budde, das hebrXische Klagelied. Al
Heiligthiimern Jahve’s nisten darf, ist glücklich gegen den
Sanger, der fern sein mufs.“ V. 7 ist vielleicht als ver-
mehrter Schlufsvers zu betrachten. Weiter vermag ich
hier den Vers nicht zu verfolgen und verweise dafür auf
Bickell und Gietmann.
Ps. 101 ist ganz in unserem Schema gehalten, ziemlich
allgemein beobachtet ').
Endlich ist unser Rhythmus besonders häufig in der
Reihe der nvdbyan nw, Ps. 120—134, derart, dafs sie noth-
wendig gemeinschaftlich in Betracht gezogen werden müssen.
Es hat mir zwar mit meinen beschränkteren Mitteln nicht
gelingen wollen, wie Bickell die ganze Reihe aufser
Ps. 132 nach diesem Schema zu erklären *), noch auch wie
Gietmann und Ley bestimmte Psalmen diesem, andere
ebenso bestimmt verschiedenen anderen Schemata zuzu-
weisen °) : ich will mich darauf beschränken, das that-
sächlich nach unserem Schema zu Beobachtende anzuführen.
In Ps. 120 widerstreben dem Schema nur v. 2 und 5;
in beiden liegen Textänderungen zur Herstellung desselben
nicht fern.
In Ps. 121 sind v. 1. 2 anders gebaut; am Ende von
v. 7 darf nicht mit Ley nach LXX ein mt eingeschoben
werden.
') Ewald constatirt nar „meistens lange Versglieder“, ganz richtig
wieder Delitzsch gegenüber den Velleitäten von Ley, Bickell,
Gietmann. Vers 1 und 2a sind nicht gans in Ordnung. LXX ziehen
Tue su v. 2 und lassen ein folgen; der Versbau würde dann be-
friedigen, der Sinn, wie mir scheint, verlieren. Vielleicht statt "yp
blos er zu lesen, statt ve in v. 2 15. v. 8a nach Nr. 2, nicht gans
leicht. Daneben 11 gute Verse.
*) Hier bei Bickell das Schema 7, 5, 7, 5 u. s. w., für diese
Stücke auch von Gietmann statt seines hendecasyllabus angenommen.
*) Interessant ist es zu sehen, wie Ley 127 und 180 als Hexam.
suffafst, die Gietm. nach 7, 5 construirt; Gietm. 128, 125, 184 als
beptas., 128 als bexas., Ley diese sämmtlich als dekam. und pentam,
'aufführt.
43 Buddo, das hebräische Kingelied.
In Pe. 122 sind die Verse 2, 4 (2 Verse), 6, 7, 9 nach
unserem Schema zu lesen, die Verse 1, 3, 5, 8 nicht.
Ps. 123 bietet nur in v. 1 und Ende v. 2 Spuren.
Delitzsch theilt ihn nach dem Cäsurenschema.
In Ps. 124 würde die Hälfte der Verse : 1, 2, 5, 6
stimmen.
In Ps. 126 heben sich die Verse 3 und 4 mit 3 Versen
heraus.
Pe. 126 gehört ganz unserem Schema an. Es wider-
strebt da nur v. 2b mit zu langem ersten, v. 6a mit etwas
langem zweiten Gliede.
Ps. 127 bietet aufser in 2b tiberall Verse nach unserem
Schema, nur mehrfach nicht scharf geschnitten, so besonders
in v. 1 und 3.
Ps. 128 ist nach unserem Schema gebaut; v. 5 würde
aus zwei klaren Versen bestehen, wenn nach dem Haupt-
theiler noch ein kürzeres paralleles (ilied folgte, das auch
für den Zusammenhang wünschenswerth ist.
In Ps. 129 stimmen nicht v. 6 und 8; v. 4 mülste
nach Nr. 3 getheilt werden.
In Ps. 1380 ist v. 2 bis zum Haupttheiler zu v. 1 zu
ziehen. Es stimmen dann alle Verse bis auf 6 und 7.
Px. 131 stimmt bis auf v. 2, der ein Glied zuviel hat:
vielleicht ist wo) %y Som als Glosse zu entfernen. So
auch Bickell.
In fs. 132 lassen sich nur die Verse 1, 4, 9, 12—14
nach unserem Schema lesen, 13 und 14 unsicher genug.
Die Absicht scheint hier ausgeschlossen, umsomehr, als auch
Ps. 133 nicht ohne künstliche Theilungen ') und Ps. 134
gar nicht nach unserem Schema zu lesen sind.
Das Resultat scheint mir folgendes zu sein. Die Psalmen
120 und 121, 126—131, also 8 von 15 sind höchst wahr-
!) Vgl. am besten noch Gietmann 8. 130, mit dessen Theilung
meine eigene versuchsweise unternommene genau übereinstimmt.
44 Budde, das hebräische Klagelied.
irgend Rücksicht zu nehmen. Die Möglichkeit solchen
Verfahrens kann nicht bestritten werden; die Zeit, von der
an sich die Kunstpoesie in dieser Weise populärer Form
bemichtigte, lifst sich nicht bestimmen, doch sind unter
den angeführten Psalmen keine Stücke von unzweifelhaft
hobem Alter; auf die völlig gesicherte Beobachtung unseres
Schema bei dem Klagelied kann dadurch kein Schatten
geworfen werden.
Aber auch an Beispielen für den anderen Fall, dals
für ein wirkliches Klagelied die gefundene Form nicht an-
gewandt ist, fehlt es nicht, vielmehr lassen gerade die
beiden einzigen wirklichen Klagelieder, d. h. Lieder auf
den Tod eines Menschen, die im alten Testament vor-
kommen, IJ. Sam. 1, 19—27 und 3, 33 f. dieselbe ver-
missen '), Bei dem zweiten Stück, dem Klagelied Davids
über Abner, kann man zweifeln, ob es wirklich genaue
Wiedergabe der Worte, oder nur zusammenfassende Inhalts-
angabe ohne jede Rücksicht auf die Form ist; bei dem
Klageliede David’s über Saul und Jonathan aber ist das
unmöglich, das Stück ist eine MYp in extenso, als Kunst-
werk auch der Form nach aufzufassen. Da nun die ältesten
uns erhaltenen Stücke nach dem Klageliedschema bei Amos
und Hosea, nicht über das 8. Jahrhundert zurückgehen,
könnte man annehmen wollen, dafs sich diese Klagelied-
form erst nach David entwickelt habe; aber ich vermag
dieses Auskunftsmittel nicht zu ergreifen, weil ich mich
versichert halte, dafs, was im 8. Jahrhundert schon in
tibertragenem Sinne verwandt werden konnte, als integri-
render Bestandtheil der Sitte in hohes Alterthum, auch
über David hinauf reichen mufs. Die richtige Erklärung
ist eine ganz andere. Wohl haben wir es mit einer IP
zu thun, aber nicht mit der officiellen, stereotypen der
t) Kin Umstand, der gewifs vielfach, namentlich bei Ewald, der
richtigen Erkenntnils bezüglich des Klageliedes im Wege gestanden hat.
Budde, das hobräische Klagelied. 45
weiber, sondern mit einer exceptionellen, privaten,
2 eben darum auch der populären, gewils sehr kunstlos
ihabten Form entzieht und in freien, dem Gefühle
los entströmenden Rhythmen sich ergeht. Je weiter
‚ umso weniger wahrscheinlich, dafs der König sich
thythmen der Klageweiber anbequemt. Man darf
cht die Hypothese wagen, dafs nie ein eigentliches
lied aufser denen der Klageweiber nach unserem
aa gesungen ist; dals dieses vielmehr aulser der prak-
n Verwendung im täglichen Leben nur übertragen
nwendung kommen konnte, und keine Spur desselben
ns gekommen wire, wenn nicht diese letztere Ver-
ıng bei den Propheten aufgekommen und beliebt ge-
m wäre.
[ein Material ist erschöpft : es bleiben mir aus dem
legten nur noch einige Folgerungen zu ziehen. Zu-
am Buche der Klagelieder. Warum cap. 5 nicht in
>rm des Klageliedes geschrieben, ist nun klar : weil
m kein Klagelied ist, der Dichter hier keine Veran-
w fand, an die Leichenklage zu erinnern. Das hin-
msoweniger, falls man sonst dazu Veranlassung zu
glaubt, das Lied derselben Hand zuzuschreiben ; es
sich abschliefsend als Schilderung der traurigen Gegen-
-echt gut an die Klage der Vergangenheit an. Um
:herer rührt cap. 3 nicht von dem Verfasser der
sn Capitel her. Es repräsentirt ein sehr weit vorge-
-enes Stadium der Uebertragung, dem die wichtigsten
male der eigentlichen Leichenklage (s. oben) fehlen,
.ur noch etwa durch Ps. 42 f. belegt werden kann.
‘orm ist eben der der zwei ersten Capitel genau nach-
it, zugleich aber in einer Aeulserlichkeit übertrieben;
thalt mufste wohl schon deshalb ein persönlich-sub-
x werden, weil der Verfasser über den Gegenstand
apitel 1, 2, 4 nichts neues und nicht aus eigener An-
img zu berichten wufste. Von der gerühmten und
46 Budde, das hobräische Kiagelied.
besonders von Ewald eifrig verfochtenen Einheitlichkeit
und Planmälsigkeit des Buches der Klagelieder bleibt dem-
nach nicht viel übrig; nur damit mag es seine Richtigkeit
haben, dafs der Verf. von cap. 3, schon von der Sage aus-
gehend, dafs Jeremia der Verfasser der Lieder sei (vgl.
II. Chron. 35, 25), sein Stück in die Mitte einrückte, ge
rade um dem Ganzen mebr Manuigfaltigkeit und Leben
and damit sugleich festeren Halt zu verleihen. Das erste
Capitel dem Vertasser von 2 und 4 absusprechen, wie
Thenius thut, sehe ich keinen Grund ').
Viel wichtiger sind die Schlüsse, die von hier aus für
die gesammte Poetik der Hebrüer sich ergeben, und, wie
mir scheint, sehr geeignet, beliebt gewordene falsche
Theorieen zu widerlegen. — Wir haben einen bestimmten,
scharf geschnittenen Vers erkannt und von allen anderen
klar unterschieden, der dewufste Gebrauch dieses Verses,
im Unterschiede von anders gearteten, zu einem bestimmten
Zwecke, reicht in der uns erhaltenen Literatur bis in hohes
Alterthum hinauf und mufs im Leben noch viel weiter
zurückgreifen. Es ist dies die erste vollkommen gesicherte Be-
obachtung dieser Art, und wir werden gut thun, uns daran
vor allem zu halten. Der Unterschied dieses Verses von
anderen beruht auf der Zahl seiner Glieder und ihrem
Längenverhältnifs untereinander ?). Diese Glieder aber
werden abgetheilt durch Einschnitte des Sinne«, nieht durch
1) Das oben ekissirte Resultat stützt sich natürlich auch auf andere
Gründe, die hier keine Stelle finden.
*) Den Versuch wirklicher Messung der einselnen Versglieder nach
einem bestimmten Mafsstabe, Bilbe, Versfufs, Hebung, Wort, würde
ich selbst dann hier unterlassen, wenn ich die Ueberzeugung theilte,
dafs hier und senst in der hebräischen Poesie nach genauem Metrum
gearbeitet wäre. Ich verweise dafür nur auf Auge und Ohr, die hier
jedenfalls ausreichen. Viel liegt mir daran, eine hier hoffentlich er-
reichbure Einigung nicht sogleich wieder durch mehr oder minder sub-
jective Theorieen su gefährden.
48 Budde, das hebräische Klagelied.
hervortrete, und der ,Parallelismus des Gedankens®, wenn
er vorkomme, meistens der Unterparallelismus eines Gliedes
fir sich sei. Dieses Vorkommen, von de Wette der
Häufigkeit nach nur bedeutend unterschätzt, beweist eben
am besten, dafs wir es hier nicht mit Versgliedern, sondern
(wenigstens ursprünglich) mit selbständigen Versen zu thun
haben. Und diese Thatsache wird unumstöfslich durch die
Gewilsheit, dafs unsere Verse gesungen worden sind und
gerade die wiederkehrende sweitheilige, aus längerem Auf-
und kürzerem Abgesang bestehende Melodie es gewesen
sein muls, die diese regelmäfsige Wiederkehr des Vers-
rhythmus bedingte. Nicht mit je 2 oder mit je 8 Versen
war die Melodie zu Ende, sondern mit jedem einzelnen
unserer Verse; denn in Thr. 4 vereinigt der Buchstabe je
2, in Thr. 1 und 2 je 3 Verse, in anderen Stücken schliefsen
sich noch andere Summen, und zwar höchst schwankende
und verschiedene an einander an, und doch wollen alle
diese Stücke denselben eintönigen Rhythmus des populären
Klageliedes wiedergeben. Vielleicht unbewufst hat denn
auch unser Klageliedvers selbst die entschlossensten Me-
triker in nicht geringe Verlegenheit gebracht. Ley, der
seine Strophen auf ganze Verse, nicht auf Stichen aufbaut,
erkennt in den Threni einen ,elegischen Pentameter*,
während er denselben Vers sonst zum Dekameter macht,
ohne doch dazwischen die pentametrischen Halbzeilen los-
zuwerden. Bickell, der mit Stichen operirt, erkennt um-
gekehrt in Thr. 1—4 ein metrum dodecasyllabum, während
er für die Psalmen (14, 19, 27, 48, 84, 101) ein Schema
7,4, 7, 4, für die „psalmi graduales* und einige andere
7, 5, 7, 5 statuirt. Ebenso Gietmann, nur dafs er dem
versus hendecasyllabus der Klagelieder noch einige Stücke
zuweist, unter anderen auch Ps. 14, 19, 27, 84, 101 : zum
Beweise der Identität beider Metra. Es bleibt dabei, der
Vers des Klageliedes schliefst sich in einmaligem Eintritt
des längeren und des kürzeren Gliedes ab.
Budde, das hebriische Klagelied. 49
Der zu Grunde liegende feste zweigliedrige Parallelismus
aber stellt unseren Vers dem allgemeinen Verse mit gleich-
schwebenden Gliedern an die Seite; der Klageliedvers mußs-
durch Modification des letzteren entstanden sein. Durch
regelmifsige Verstümmelung des zweiten Gliedes in einem
gewöhnlichen Verse ist dieser für das Klagelied in so hohem
Mafse gevignete Vers mit seinem echoartigen Nachhall,
dem immer wiederholten Hinsterben des Rhythmus, ge-
achaffen. Ist nun der Parallelismus in dem Verse des
Klageliedes poetische Form und nicht blofs rhetorischer
Charakter, so ist er es auch in dem gleichschwebenden und
in anders modificirten hebräischen Versen. Im Verse wird
sich die einfache Melodie des alten hebräischen Liedes
tiberhaupt ebenso abgeschlossen haben, wie dies für das
Klagelied bewiesen ist, und damit ist dem neuerdings so
beliebten Verfahren, den Stichos als die metrische Einheit
hinzustellen, um dann desto ungestörter rhythmisch werth-
lose Strophen nach eigenstem Ermessen zu bilden, wie mir
scheint, das Urtheil gesprochen !).
Aber auch hier möchte ich nicht nur negiren, sondern,
soweit es an mir ist und mein Gegenstand es mit sich
bringt, auch aufbauen. Und dazu dürfte nicht leicht ein
anderer Ausschnitt dieses Gebietes so geeignet sein, wie
dieser. Der herrschende hebräische Vers mit seinen gleich-
schwebenden Gliedern ist zur Bildung von Strophen, von
höheren rhythmischen Einheiten, der denkbar ungeschick-
teste. Er ist es darum, weil er sich als schon zusammen-
gesetzte Einheit nach innen hin selbst so fest abschliefst
und seinen eigenen Schwerpunkt schafft, dafs er einen An-
schlufs über sich hinaus nicht nur nicht verlangt, sondern
eher abweist. Daher zum guten Theil die überwiegend
*) Höchst erfreulich war mir, neben anderen gelegentlichen Aeufse-
rungen von Fachgenossen, die derbe Skeptik, mit der Gietmann
(8. 85 f.) die ganze Strophensucht abweist.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 2. 1882. 4
8 Budde, das hebriische Klagelied.
gnomische, fast aphoristisch klingende Haltung hebräischer
Poesie, der Mangel einer eigentlichen epischen Kunstform;
daher das immer wiederholte Bemühen eifriger Strophen-
theoretiker, den Hemmschuh des Parallelismus loszuwerden.
Es ist deshalb in hohem Grade unwahrscheinlich, dals
Strophen, die den Namen verdienen, zu den ursprünglichen
Bildungen hebräischer Poesie gehören. Etwas besser steht
es in dieser Hinsicht mit dem Klageliedverse, wie wir dn- —
selben in einer so grofsen Reihe von Stücken verfolgt
haben. Der starre centrale Bau des Verses ist hier durch-
brochen, das Gleichgewicht aufgehoben, weil der Theil-
punkt sich nicht mehr mit dem Schwerpunkt deckt; der
Vers eilt auf das Ende zu, weist über sich hinaus und er-
strebt ein neues Gleichgewicht durch Anschmiegung an
einen gleichen Vers, nach demselben Gesetze, das die Glieder
sum Verse zusammenfügte !). Dasu drängte noch der
weitere Umstand, dafs es bei umfangreichen Gedichten
immer schwerer werden mulste, das kürzere Glied sur
vollwichtigen Parallele des ersten auszubilden, während zu
gleicher Zeit der scharfe, unverbrüchliche Zuschnitt der
beiden Glieder einen unmittelbar rhythmischen Eindruck
machte und den Sinnesparalleliamus kaum mehr vermissen
liefs. So wurde das zweite kürzere Glied häufig blofs da-
durch gebildet, dafs ein Satztheil — Subject, Prädicat,
Object, adverbiale Bestimmung — aufgespart und in auf-
fallender Weise an das Ende geschoben wurde, wie sich
die Beispiele dafür in den besprochenen Stücken zahlreich
finden. Solche rhythmisch vollständigen Verse verlangten
aber dem Sinne nach parallele Ergänzung, und so schlossen
sich wohl von selbst, ohne irgend welche Absicht der Bil-
dung höherer poetischer Einheiten, meistens zwei oder mehr
Klageliedverse enger an einander an, als dies sonst der
*) Vgl. Hupfeld, Psalmen, 2. Aufl. 8. 23 ff.
52 Budde, das hebriieche Klagelied.
ständen, begegnen, berechtigt nicht nur, sondern nöthigt
uns zu der gröfsesten Behutsamkeit auf diesem Gebiete,
und ein frommer Wunsch mufs vor allem im Interesse der
Sache ausgesprochen werden : dafs man mit strophischen
Theorieen doch solange zurückhalten möge, bis wir in das
Wesen des hebräischen Verses tiefer eingedrungen sind,
als das bisher der Fall ist.
Ein Beitrag sur Lösung dieser Aufgabe will der vor
liegende Aufsatz sein.
Erst nach Abschlufs dieses Aufsatses wurde mir be
kannt : Neteler, Grundsüge der hebräischen Metrik der
Psalmen. Münster 1879. Der Verf. tritt der Hauptsache
nach in die Fufstapfen Ley’s, indem er die masorethische
Aussprache und Accentuation beibehält, die Tonsilben zählt,
den masorethischen Vers, wenigstens principiell, zur me
trischen Einheit macht. Das Resultat seiner Zählungen
ist, trotzdem er in seinen Regeln grofsen Spielraum lälst,
ein wenig befriedigendes und dazu oft genug nach da
Verf. eigenen Regeln anzufechten. Wie kühn er gelegent-
lich verfährt, mag Psalm 2 zeigen (8. 10), in welchem er
das erste Wort von v. 2, die 2 ersten von v. 8 zu dem
vorhergehenden Verse zieht, v. 12 vom Athnach an als
selbständigen Vers von drei Füfsen abtrennt. Von den in
vorliegender Arbeit behandelten Stticken hat er die Psalmen
121, 122, 127, 128, 129 berticksichtigt (S. 21 f.), doch ist
seine Analyse für uns werthlos, da er das Verhältnifs der
Stichen zu einander gar nicht in Erwägung sieht, ja den- |
selben nach S. 6 metrische Geltung ganz absusprechen |
scheint. — Zu 8. 12 Anm. 2 muls ich berichtigen, dafs |
nur die Uebersetsung von Jes. 14 von Kamphausen |,
herrührt, die dort angeführte Strophenabtheilung dagega |
von Bunsen selbst.
Lexikalisches
von Georg Hoffmann.
(Bohluls.)
II.
fare. var.
Eine Untersuchung dieser Worte, welche Abraham
Geiger’s Bemerkungen angeregt haben, erschien nach
den wenig sachkundigen und schwankenden Begriffsbestim-
mungen in Jacob Levy’s neuhebräischem Wörterbuche
wünschenswerth. Bis wir ein wirkliches Wörterbuch der
Mischna von einem Forscher erhalten, der, wie Blümner
auf dem Gebiete des Griechischen und Lateinischen gethan,
von der Untersuchung der Sachen ausgeht, der die Mischna
von ihren Auslegern in der Gemara, das Hebräische vom
Aramäischen scheidet, wird J. Levy immerhin einem nicht-
jüdischen Gelehrten neben Buxtorf und namentlich
Surenhusius seinen Weg erleichtern.
8 1. op bedeutet ursprünglich eine rechteckige Kiste
ohne Boden, welche auf den feuchten Thon gedrückt und
mit einem Holz oben abgestrichen (abgezogen) wird, um
den Ziegel zu formen; dabei liegt der Thon auf einer ebenen
Fläche : Ziegel streichen, zAsv#ovAxelv. Diese Bedeutung
hat das Wort, abgesehen von der im vorigen Abschnitt
besprochenen Stelle, Bäbä msi‘ä 116b pawn ob ‚mx ION
RED 9) % nm mopbpb mb map Pro an Dy
:uayn“. Diese Stelle ist ein Interpretament der Mischna
Baba mai‘a 10, 1: „Wenn der Oberstock eines Hauses“,
heifst es da, „und das übrige Haus zwei verschiedenen
Personen angehört und einstürzt, so theilen sie sich nach
dem Einsturz in die Trümmer; kann einer der Besitzer
54 Hoffmann, Lexikalisches.
die vor dem Einsturz zu seinem Theil gehörenden Steine
herauserkennen, so erhält er sie und sie werden ihm ange
rechnet : jo 1 may) PHb Ta NYO TID [me Re TN OF
Jownnm. Bei der Berechnung, sagt die Gemara, können
entweder die zerbrocbenen Steine resp. Ziegel gezählt
werden maw nawrn, oder nur die ganzen nmw ‘nm. Nach
R. Abai’s Meinung ist das Letztere die Ansicht der
Mischna : „Wenn dem so ist, was folgt daraus? Man hat
Profit bei einer breiten Ziegelform, falls nämlich auch der
Thon von der durchgearbeiteten Sorte ist“. Bei Vernach-
lässigung von Bruchtheilen, mithin auch der Differenz un-
gleicher Ziegelgröfsen, hat Vortheil, wer einen grölser aus
gefallenen Ziegel guter Qualität bekommt. Barhebraeus
Horr. myst. zu 2 Sam. 12, 31 s. Hs. Berlin. iind a
aad» Lied BH. versteht also x2evPloy als ,Ziegelform® ;
und diese Bedeutung wird auch anerkannt bei G. D. Victor,
Caten. in Ierem. t. 2 p. 794 D : zA»dlo» xvglac ro
Evdov @ rAarrovm tag xAlyPovg. So entnehme ich das
Citat von Hase in Stephani thesaurus : das Original ist
mir unzuginglich. Dies ist auch im Griechischen die
Urbedeutung des Wortes, was H. Blümner, Technologie
und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Grieeben
nnd Römern 1879, II, 16 übersehen hat. Auch Maimo-
nides erwähnt in seinem Commentar zur Mischna dfter
diese Bedeutung von }250; das Arabische hat dafür nach
Gauhart und Qämüs in seiner Instrumentalform AS che
cyl.
$ 2. In dieser auf eine ihrer flachen Seiten gestellten
Ziegelform, oder einem nach diesem Muster gefertigten
Rahmen, transportirten die Ziegelstreicher die neuen
Ziegel. Dies geht hervor aus Butrus Bistäny’s al-Muhlt
LU vot cst all as ee 3 olell. „Al-Milban heist
ein Ding, worin man Ziegel trägt, d. i. ein Geräth des
Hoffmann, Lexikalisches. . 56
Ziegelstreichers®, vgl. mit Je" bei Bar BahltlSocin praise
edo Whale .\inwie 059 zw. Diese Bedeutung vor
Js ist also von der „Korb® und andern zu unterscheiden :
vgl. Lane-Zenker Sitten u. Gebr. der Aegypter 3, 56;
Dosy, Supplém. u. s. w.
83. Diese hölzerne Ziegelform vergröfsert und auf eine
ihrer breiten Flächen gestellt, gibt die Thür- und Fenster-
rahmen, welche in die Maueröffnung eingesetzt zur Auf-
nahme der Fenstergitter, beziehungsweise der Thürangeln
mit Thüre dienen. Diese Kategorie ist bereits ausführlich
besprochen von Frähn, Ibn Foszlan, 1823, 8. 121.
1. Fensterrahmen Mischna Baba bathra 3, 6 nr1yon yn
Tee 33 angen por en n we nom 75 wm mens pin mb pe
m WON TOW TMD a7 Finns ons) di oma bw wien
2 mm 00% ir Dar Se wan pre vo dy Ae Jabo
np. Die babylonische Gemara dazu : Aipyyp m 1290
IND PYD SeDwD) po Tomb nbyobn porn
„Auf das ägyptische Fenster findet kein Besitzrecht
Anwendung, dagegen auf das tyrische. Welcher Art ist
das ägyptische Fenster? Jedes durch welches der Kopf
eines Menschen nicht hindurchgesteckt werden kann. R.Je-
huda sagt : wenn es einen hölzernen Rahmen hat, selbst
wenn der Kopf eines Menschen nicht hindurch gesteckt
werden kann, findet dennoch das Besitzrecht darauf An-
wendung.“
„Malben ist die Schwelle des Fensters oberwärts, unter-
wärts, rechts und links, entsprechend der Mauerdffnung.*
M. Negaim 13, 3 madam ww) ovede Rähme und
Fenstergitter vgl. Frähn, Ibn Foszlan 8. 121. Lane,
Sitten und Gebräuche der heutigen Aegypter v. Zenker
1852, I, Taf. 2.
2. Thürrahmen bestehend aus den Thürpfosten, der
Ober- und der Unterschwelle :
66 Hoffmaan, Lexikalisches.
onno Sw nvs5o T. B.-Baba bathra 69a. Daher inter
pretirt Barhebraeus Peschit. Ex. 41, 23, wo von zwei
Lace Schwellen, die Rede ist, jrcisad u fospied wits
l2üse, wheot „d. h. den viereckigen Rahmen.“
Hierher möchte ich die Stelle Talm. Jer. Schabb. XII
Anf. ziehen : a m Sw mon II 3 OW THT
ord 123 Sy wm pdm dou abe wee way TÜR - TOD OD
3v> ,Rab* Jeremja sagt im Namen Rab’s : Wer aa
Kräuterlager (vgl. Becker, Charikles II, 122 asus)
zusammenlegt am Sabbat, gilt für schuldig als Bauender:
Rab: Ze éra dagegen sagt : er hat nicht mehr Arbeit ver-
schuldet als einer der am Sabbat einen Rahmen auf die
Ziegel [einer Maueröffnung] stellt“. Beide Rabbinen gehen
von dem Grundsatz aus (Mischna Schabb. XII, 1: m
naws mrovpnn naar nano mwym), dafs nur Arbeit, die
ein Werk von Dauer erzeugt, Sabbatsverletzung herbei-
führe; sie unterscheiden sich in dem, was sie für daner-
haft ansehen sollen. Der Vergleich des Ze dra bezieht sich
also wohl nur auf Einstellung eines Thtr- oder Fenster
rahmens in eine Wandöffnung, ohne ihn zu befestigen :
das ist keine fertige Arbeit, obschon unter Umständen
etwas nütze. Wäre, wie J. Levy meint, 7259 hier „Zie
gelform“, so würde das Auflegen der Ziegelform doch wohl
einen Ziegel fertig stellen heifsen, und zu viel Sabbatarbeit
sein? Auch sollte man pwn 2) Sy WIN gesagt erwarten.
8 4. y25n heifsen die su einem Rechteck zusammenge-
fügten Bretter oder Balken eines Bettes Mwy, eines Sophas
nw “y, eines Stuhles xo>.
1. mon ber jaop. Von der Vorstellung, die man sich
von der jüdischen Bettstelle der ersten christlichen Jahr
hunderte macht, hängt ab, welcher Theil des Bettes unter
diesem Namen zu verstehen ist. Gewisse Termini weisen
darauf hin, dafs die Bettstelle, wie Anderes dieser Art,
nach den Mustern römischer Industrie gefertigt zu werden
pflegte, und in der That stimmt die Zusammensetzung de
Hoffmann, Lexikalisches. 57
me, welche der Talmud errathen läfst, mit derjenigen der
römisch-griechischen xAlvr überein. Ueber diese vgl. W. A.
Becker, Charikles 1840, II, 117; Gallus 1838,1,42. Guhl
und Koner, das Leben der Griechen und Römer, 1876,
8. 153 f., und namentlich Overbeck, Pompeji 8. 378.
Zwei kurze Balken ningp und zwei lange ni sind
zu einem Rechteck in einander eingesapft : Talm. B. Sukka
15b, 16a, Schabb. 43a, 158b; Mischna, Kelim 19,6. Waren
die langen Balken serbrochen, so konnte man zur Kin-
setzung von neuen die alten Zapflöcher 039) (in den Kurs-
balken) benutzen : Kelim 19, 6. In die vier Ecken dieses
Rahmens 955 waren von unterwärts die Bettbeine O’y3
oder Bettfülse or mittelst ihrer Zapfen mw eingelassen,
eodafs derselbe unmittelbar auf den Beinen ruhte. Der
12990 war mit Stricken netzartig bespannt sow; die Maschen-
vierecke heifsen O’n3; an dem Rahmenhelze waren diese
Seile mittels der NY befestigt.
Es waren dies wahrscheinlich an das Rahmenholz ge-
schlagene kurze metallene Rökrenstücke, durch welche die
Seile, wie durch Ringe, gezogen wurden. Denn Sy p%
ws M. Negaim 10, 10 ist der oberste Halswirbel hinter-
wirts; nu Sw DD ebd. 10, 9 der Kehlkopf, namentlich
sofern er sich als sog. Adamsapfel vorn am Halse be
merkbar macht (nicht also das ,Zipfchen* im Mund wie
Buxtorf will); 9% ist ferner an einem Wein- oder Oel-
schlauche eine verschliefsbare (metallene) Einfassung der
Mündungen (Tülle, Hahn), durch deren Loch ausgegessen,
oder, sofern es sich um die gröfste Oeffnung dieser Art
am Schlauche handelt, eingegossen wurde : Vgl. Guhl u.
Koner, d. Leb. d. Gr. u. R. S. 579. - M. Kelim 17, 12:
Pow na mpp> rye’ mon m mm. Vgl.Lane-Zenker,
Sitten und Gebräuche der h. Aegypter II, Taf. 40. 41. —
zum Spinnen ist der Wirtel, verticillum, fusajolo, eine
durchbohrte Halbkugel, in welcher der lange Spindelstab
fusus steckt, von Metall, entweder daraus gegossen “7%
68 Hoffmann, Lexikalisches.
nome, oder nur damit beschlagen Mowe Kelim 11, 6, zur
Beschwerung und Beschleunigung der Spindelumdrehung
dienend : Kelim 21, 1. Vgl. H. Blümner, Technologie
und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen
und Römern 1875 I, 120. Wilkinson, Manners and
Customs of the ancient Aegyptians 1837, IH, 136. —
np%0 theilt also die Bedeutungen von oyordulog, orpögıyE
(orpoglyyıov) und ist vielleicht Femininum von p'pm, ein —
Röhrchen, vgl. m. Auszüge a. syr. Act. pers. Märt. N. 1011.
An die Stelle eines San scheint der 1p haben treten zu
können, vergl. syr. Las Bar Ali 5842 mus Barbahlül
s. v. u] Payne-Smith 1,110, im Syrischen ein Fremd-
wort, eine Bettgurte : xeıpla eldos Carns bx oyowlon
xagsoixas luavrı, Becker, ChariklesI, 117. Während man
die O%3n, rover, mit einander verflocht : 700 RW Jan
mon Tosefta Kelim Baba msia 9 ed. Zuckermandel
8. 588, 5 vgl. Mischna Kelim 19, 5. 6, werden die breiten
Gurten um die Bettstelle nur herumgelegt : “Tw TO
moon MX 13 Sp a. a. O. 588, 15, 17 (und zusammen-
genäht). 1m gehörte zur Integrität der MM gerade so
sehr wie 5arın M. Kelim 19, 3. 6. In Bezug auf Verun-
reinigbarkeit verhält er sich anders zür dp als der Non
(eine Holzbank unten am Bette ?), als der “On, irgend eine
Art Bedeckung (von Pelz, Matratzen, Polstern u. s. w.) des
bespannten Bettrahmens, und als seine Lehnen Op)
Kelim 18, 3; doch nur deshalb, weil eine “wn zwar ohne
die letzteren Stücke noch eine Lagerstatt bleibt, nicht aber
ohne pro. Nach der Ansicht des Mosche ben Maimon zu
‘ M. Kelim 19, 3 wäre frp eine rings um die vier Bett-
bretter, wie als Fries gelegte Borte, also ein blefses Orna-
ment, was weder zu dem angeführten Gesichtspunkte, noch
zu dem Umstande stimmt, dals pase Is. III, 24, ein Fa-
brikat aus grobem unansehnlichem Stoff bedeutet.
Am Kopf- und Fufsende, auch wohl an der inneren
Seite befanden sich mon wp), die Lehnen, avaxdera
Hoffmann, Lexikalisches. 50
us in einer Glosse bei Forcellini Lex. Lat. unter
| in älterem Griechisch avexdrrygia : Becker,
* ITa.a.O. Unrichtig : J. Perles, Etymolog.
z. Kunde der rabbin. Sprache, Breslau 1871, 8.60.
pflehne, zur Erhöhung der Kopfkissen dienend, war
gestellt : s. die oben angeführten Abbildungen.
| Sukka 1 fol. 10a 1; Sanhedrin 20,2; Targ. Esther
. Kelim 18, 3 T. Jerus. Sabb. c. 12, 8. 13b; Berak-
[ Auf. 8. 5, Nedarim 7, 5.
an der beschriebenen Construction der Bettstelle
die Darstellung, welche Mosche ben Maimon zu M.
18, 5 gibt, und die der Einrichtung unserer Bett-
äher kommt, wesentlich darin ab, dafs er den Rahmen
mn dem Bettgestelle Mon trennt : das letztere be-
ach ihm aus den zwei kurzen und zwei langen
1, welche zu einem Rechteck in Bettpfeiler einge-
ind : über die Pfeiler empor ragen bis eine Elle
e vier Enden, welche mw heifsen; an diesen ruht,
is Gestell darunter zu berühren der }35n, ein ent-
ad rechteckiger Rahmen (der doch wohl die Be-
ig trägt vgl. zu Kelim 18, 4). Dies widerlegt sich
‚ende Weise. Nach M. Kel. 18, 4 erklären R. Meir
Jehuda den Rahmen, den man auf die Zapfen (der
zelegt hat, mw dy unuw y25n, fur unrein; R. Jose
Simeon für rein. Den Grund für diese Differenz
t die Tosefta Kelim Baba mesia 8, 4 ed. Zucker-
587, 14 1 wm pws wann wm Tony bw dn
7 TN» ‘oon 1 ya para RYEp ann Oo
monn ney Nw pp pow “Nor "I rane
ahmen des Sopha’s, der (nur erst) mit den (zur
ıung dienenden) Metallösen versehen ist, und der
Be (sonst : Beine) hat, ist unrein. Von der Be-
g mit Stricken an, auch wenn seine Beine (von
fen mines) abgebrochen worden, ist er unrein nach
‘und Jehuda; rein aber nach R. Jose und Simeon;
60 . Hoffmann, Lexikalisches.
denn nach deren Ansicht leistet er keine Arbeit mehr für |
sich selbst.“ Vgl. Tosefta Abiloth 18, 5 ed. Zuckermandd |
610, 24 : myaw meow ans pun mpoa wae UMW pod
sy meld mern pum OID Mop. „Der Rahmen, den
man mit Oesen versieht, gilt für unrein in sweitem Grade
im Falle der Berührung durch Todte, welche als die
schwerste Verunreinigung sieben Tage lang verunreinigt;
ist er mit Seilen bespannt, gilt er als unrein zweiten
Grades bei Verunreinigung durch Bamenerguls, die einen
Abend lang verunreinigt.*
Da das bespannte Bett- oder Sophagestell — beides
ist hier gleichwerthig — den Bettsweck mehr erfüllt als
das noch nicht bespannte, das nur erst bis sur Einfügung
der „Oesen“ fertig ist, so genügt der leichtere Fall, es
unrein zu machen; das unvollständigere Bett bedarf der
schwereren Ursache der Verunreinigung. Auch der Aus-
druck yabon many on Tosefta ed. Zuckermandel 587, 10
scheint für Identität des jabn mit dem Bettgestell zu
sprechen. Was "pn ist, ein Bock von Hols, der die Bett-
stelle etwa noch in der Mitte stützen sollte, wie Ane im
Französischen, oder nur ein Querbalken in der Mitte;
oder die Fufsbank (Hutsche), auf der man in das hohe
Bett stieg, was mich am wahrscheinlichsten dünkt, kann
ich nicht feststellen. Die Commentatoren rathen : Vgl. Wil-
kinson, Manners and customs of the anc. Aeg. 1837, II,
201, Fig. 8. Die Befestigung der Seile an den mp8 be-
stätigt namentlich M. Para 12, 8 Ms none>y wD
YAN WN 290 ‚ma Mp) arm. „Ein Riemen des Sophas,
der den Oesen (Röhrenstücken) verbunden ist, bewirkt
juristische Verbindung ; der Rahmen (ohne dafs die Riemen
befestigt sind) noch keine. Hy = Nw, xAler auf einer
palmyrenischen Inschrift, W. Wright, Transact. of the
Soc. of Bibl. Archaeology Vol. VII, Part 1. 1880, p. 4,
Separatabdruck, ist von mM in der Construction des Ge-
Hoffmann, Lexikalisohes. 61
stelles kaum verschieden, und diente zum Sitzen und Liegen
bei Tage, Me zum Schlafen bei Nacht:
2. Analog dem des Bettes war der „Rahmen des Braut-
stuhles® xo bw abo M. Kelim 22, 4; Edujoth 1,11, der
vierseitige Rahmen, in den die Stuhlbeine eingelassen sind,
nicht ein von diesem unterscheidbarer aufliegender. Die
Schule Hillel’s setste das unterscheidende Merkmal eines
Brautsessels in die ,Bedeckung* “or die auf dem Gestelle
lag; daher sie den Sessel als rein betrachtete, solange ihm
diese fehlte. Die Schule Schammai’s behandelte diesen
Stuhl wie andere Stühle; war das Rahmengestell von Ver-
unreinigung betroffen, auch ehne dafs ein Kissen auflag,
so machte ihn das unrein, da er auch ohne den Yon den
Stuhlsweck, das Sitzen, ermöglichte. Mit diesem allge-
meinen Namen "Or bezeichnete man kostbare Deckel,
auch Kissen, die auf den wahrscheinlich mit Binsen u. s. w.
beflochtenen Rahmen gelegt wurden : Wilkinson, Mann.
and customs of the ancient Aegyptians 1837, II, 197 f. Sie
hingen bisweilen über den Rand des Gestelles herunter
Kel. 22, 5 und es konnten drei Kissen neben einander
liegen ebd. 22, 6. 7. M. Kelim 22, 5 mon m xby ups
: Py own is Sy ve mn on pow or Yon pas
„Der Brautsessel, dessen Bedeckungen nicht über (den
Rand des Gestelles) hinüberragen, ist, nachdem sie weg-
genommen sind, unrein; denn so passirt es ihm leicht, dafs
er (d. h. sein Kissen) seitwärts rutscht (yp oder mpg
nom. act. Qal), während man auf ihm sitzt (sodals der un-
reine Sitser den 1258 direct berührt, dieser also nach Weg-
nahme der Kissen unrein bleibt). Map m= Kelim 22, 7
vgl. na ma Kelim 17, 16 ist irgend eine Vorrichtung am
Gestelle zur Aufnahme und Befestigung des “en. Am
Bett ist diese „Bedeckung“ analog ein xwdıor, xvégeador,
tedctoy u. dgl. Kelim 18, 3 xwdageow Land, Anecd.
3, 205, 8.
§ 5. 725m der Rahmen, in welchen Glas- oder Marien-
glasscheiben, specularsa (nicht ,Spiegel*), eingefügt sind :
€2 Hoffmann, Lexikaliaches.
vgl. Becker, Gallus, 1838, I, 101, Tosefta Erubin 11 (8),
17 ed. Zuckermandel 163, 29 Sw pre) wnhppn Sw pin
wa poy pam mdm. „Den Rahmen der Glasscheibe
und die Fenstergitter öffnet und schliefst man‘.
§ 6. Malben heifst bei den arabischen Architekten ein
s.B. °/, Ellen breiter Holzrahmen, der eine Oeffnung von 2 Ellen
umschliefst; ein solcher diente als Basis einer Brunnen
schachtmauer; eine Kette solcher viereckiger, mit Schutt
oder Beton ausgefüllter Schachtmauern setst eine Quaimauer
zusammen bei Wasserbauten s. Abdallatif ed. de Sacy
8. 296. 306. Es ist möglich, dafs auch diese Bedeutung
von {250 älter ist, als der Islam.
8 7. Syn "on bw abe ist das hölzerne Rechteck, in
dessen kurze Seiten, in deren Mitte, den langen parallel,
senkrecht zum Gestell das „Blatt“ der Bäge ei Ä
ist : s. Blümner, Technologie und Terminol. 1879, II,
220, Fig. 42b. a. Tosefta Kelim Bab. bathr. I, 8 ed.
Zuckermandel 591, 6 on Sw yadoa yron eye wwe WT 4
prop PIN PD WR ON 1 TTD WOR. WOD mr
man oa juan). „R. Jehuda sagt: Auch wer an den Rahmen
der grofsen (Schrot- oder Kloben-)sige auf dieser oder
jener der beiden Seiten rührt, gilt für rein; für unrein
nur an der Stelle, wo die Hand (beim Sägen) anfalst, auf
dieser und jener der beiden Seiten (in welche das „Blatt“
eingefügt ist) entsprechend dem Eisen.“
§ 8. 15°99 abo: M. Kelim 18, 3. 4 sollen nach Mai-
monides auf Pfeilern stehende Rahmen zum Aufhingen der
musikalischen Instrumente der Leviten sein.
8 9. Ein unsicherer Fall. moon ya bw maabn. Talm.
B. Baba bathra 69a vgl. Frähn Ibn Foszlan 8. 123 sind
nach einigen Commentatoren viereckige Untersätze der
Bettfülse, wie man sie auf den meisten Abbildungen antiker
Bettstellen wirklich sieht. In diesem Falle entspräche 5p
dem xAwdelovr = aAuvdlov bei Boeckh Corp. Inser.
Grace. Nr. 2860 yradn du xAvdein; für die Bäulenplatte
64 Hoffmann, Lexikalisches.
“Alt 2789 „Rabbt 8 (?) viereckige Tröge. Ich (BB.) sage : die
(aus Palmstimmen gehöhlten) Mulden, in denen man Teig
macht und aus denen man ilst : sie werden ausgeschnitst.
(Citat.) „Ein rabbta (?) aus dem er als“; eine Schüssel,
eine Mulde. — Allein diese Deutung von 1250 ist sehr un-
wahrscheinlich: Yea niorm ana WRI. Sen Eimpm OF
mons OTe AM wm enw mo : aby royy Tone
Na sn [= ayzl pido an ty sow mb yep NHI 00
man royp mon ab Inia = monn] mrp. „Wie der,
welcher Gerstenkörner in }35 stampft, wähnt, dafs er sie
zurecht bringen werde; während er emporfährt (mit der
Mörserkeule) und während er niederfährt, schwindet seine
Narrheit nicht von ihm.®
Gegen die Deutung, dafs jab hier wirklich den wron
als Mörser vertreten soll, spricht, dafs die antiken öAuoı
und pilae rund, wenn auch meist von Holz, waren:
Blümner, Technolog. I, 20, und dafs jap sonst nur als
ein in der Mitte offenes Vierseit nachgewiesen ist. Auch
interpretirt eine Erklärung zu dem Midrasch so : mn 1355 |
(no) mp pwniow nommen m. „Malben ist die „Hand
des Mörsers®, womit man stifst* : d. h. ist die Mörser-
keule (s. Dozy, Supplément au dict. Arab. 8. 849,
Berggren 674, de Lagarde Praetermissa 38, 65), die
natürlich kein Rahmen sein kann. Am wahrscheinlichsten
ist daher, dafs hier die Narrheit des Stöfsers darin gefunden
wird, dafs er eine bodenlose Ziegelform für zweckmälsig
hält, darin Gerstenkörner zu stofsen : er stampft sie in die
Erde.
8. 11. abo Ziegelform bedeutet nur die Peripherie
eines Ziegels : Rechteck, ohne Rücksicht auf die Dicke.
1. Trümoth 4, 8 onsban opp. ardyyn nämlich ‘Say
om 7537 viereckig geformte Feigenkuchen.
3. Vielleicht kommt av und yale bei Dozy Supplém.
2, 515 eine ArtConfectdaher. Dafür spricht persisch uni )
Hoffmann, Lexikalisches. 65
„Ziogg®l* auch ein Zuckerwerk, vgl. unsere gewöhnlichen
yuadis-atiechen Bonbons. Nach Borggren 269, 111 ist
eness Aber en forme de saucisse; als Mittler könnte eine
mn Toäden Enden cusammengebundeng Wurst dienen.
Nex-cings nahm man zu gis, womit ey interpretirt
ird&, Zisgenmilch, was auf cys! führt. Vgl. ails ba Vul-
Br Lex. Pers.
23. Eine quadratische Bteinschicht Talm. B. Sebachim
fa vgl. Levy Wb. 3, 123 von beliebiger Seitenlänge und
icke.
4. Hierher gehört wohl auch tracy bei Land Anecd.
‚ 284, mir von Nildeke citirt. Nach der Beschreibung
s FBaues eines großen Aasanz Ann des Klosters des
era Jöhannän neben der Stadtmauer von Amid gufser-
lb der Stadt wird fortgefahren : ,Jenes starke (unfertige)
sb&urcile, obschon wegen der Gefangennahme der Perser
a@ des Versprengung der Brüderschaft nieht vollendet,
gx derartig erbaut, dals, nachdem es eine Zeit lang nach
so PPesssern (im alten Zustande) geblieben war, für die
gi assearleitung (ayaryog) des Klosters davon abgetragen
oot @webaut, auch das Martyreion des Hauses der wigsa
pola ganz davon erbaut, und ferner noch viel (Material)
zum für die Kirche und die Stadt abgetragen und ver-
; wendt wurde : und noch immer besteht sein Grundmauer-
* eisreck aim sse* (d. h. genug um seine viereckige Peri-
pberie zu erkennen). Auf dassyrische Wort mag übrigens
= „isdlov eingewirkt haben.
5. Rechteck einer Pflanzung,. eines Feldes von Zwiebeln
Pea 3, 4 — Pea 7, 1 om paw mann min, „Vierecke
von Getreidefeldern zwischen Oelbaumreihen“. Pea 7, 2
om ww Sw nmel wow po sey nun im. „Ein Oel-
baum, der sich in einer von drei Oelbaumrcihen zwischen
zwei Rechtecken des Getreides findet“. Auch bei den
Seitechrift f. d. alttest. Wise. Jahrgang 2. 1863 5
66 Hoffmann, Lexikalisches.
Römern hiefs ein Ackerviereck von (gewöhnlich 200 jugers)
plinthus und wahrscheinlich plinthss : Hygin. de condit.
agror. S. 210. 206 Goes.
8 12. Das Ergebnifs dieser Untersuchung ist, dals
y25», die Ziegelform, in der Mischna, im Syrischen und
Arabischen im Allgemeinen noch zweierlei bedeutet 1) irgend
einen vierseitig rechtwinkligen Holzrahmen, 2) die Peri-
pherie eines Rechtecks.
8 18. Für das biblische 1255 hat Abraham Geiger
in seiner Jüd. Ztschr. f. Wissensch. u. Leben V, 116 die
Bedeutung Ziegelofen mit Recht geleugnet, sonst aber die
drei Stellen, an denen 1355 vorkommt, mit allen modernen
Auslegern, so viel ich weils, falsch interpretirt. Es handelt
sich in Palästina und Aegypten um Luftziegel : Marc. v.
Porph. c. 21; auf diese bezog sich das „Werkzeug zum
Ziegeln*, das man bei Wilkinson, Mann. a. cust. of the
anc. Aeg. 1837, II, 99, Fig. 8. 14 d. h. abgebildet sieht.
§ 14. 900 heilst Ziegelform : Nah. 3, 14 und 2 Sam.
12, 31.
1. Nah. 3, 14 1359 pn) Wa Op oma KD. „Tritt
in den Lehm, stampfe den Thon, ergreif die Ziegelform“
Symmachus, der xaraxparnoov vxte xAwdelov las (statt
allv$ov LXX) hat so verstanden; denn zAw#slow ist nur
andere Orthographie von zAıw#lov, vgl. § 1. 9.
2. 2 Sam. 12, 31 Tes Din NE TS Awe DT
[ana boa) ag ont rayım oman ohyen San yg
: ey “wy bob niyp‘ m) David führte die Bewohner
der eroberten Stadt Rabbath ben ‘Ammon hinaus „und
stellte sie an die [Stein-käge, an die eisernen [Stein-|picken,
an die eisernen Aexte und liels sie mit der Ziegelform
arbeiten“ (1. 13pm). Er liefs sie also Steinmetz- (1 Kön.7,9),
vielleicht auch Zimmermanns- und Zieglerarbeit an Staats-
bauten thun.
68 Hoffmann, Lexikalisches,
schlagen würde !), Zu welchem Zwecke aber verweilt der
König da? Man sagt, um Gericht abzuhalten. Allein wer
sich der weitliufigen Vorhöfe und Propyläen ägyptische
Paläste und Tempel erinnert, wird es unangemessen finden,
dafs Nebukadnesar, Herr der Stadt, auf der Strafee sollte
Gericht gehalten haben, wihrend innerhalb der mauerum-
schlossenen Höfe geziemenderer Raum dasu war. War
Jeremia seiner Handlung wegen gezwungen, den fremden
König aufserhalb der Burg zu placiren — die flüchtigen
Juden durften da schwerlich hinein — so lag ihm eins
jedenfalls näher als sich den eben in die Grensstadt ein-
gedrangenen König richtend vorzustellen : ihn vor der Königs-
burg lagern sa lassen, um sie erst zu erobern : Stadt
4) mo des Qri v. 10 ist nichts weiter als „Gefunkel*, der von
Gold und Edelstein blitzende Behang des Thronbaldachins. Desselds
Wort ist sy) im Aramäischen : 1) Talm. JömA 28b Ende nn
RoE 33 TOD RwO'D WP ROT (dan; 1. RNIN
ROOT UDO ADD wp KYBET Moy. „Ein Behlaglicht
der Sonne ist stärker als das Bounenlicoht, wie der aus einem Fafsloch
dringende Kasiggeruch stärker als der von frei stehendem Basig;
Strahlengarben der Sonne sind stärker als die Sonne, wie die Traufe
stärker als der Regen.“ Jöhannän bar Zubi sagt in einem Gedichte
über die vier Probleme Ms. India Office Syr. 9 f. 91 v. bezüglich der
Atomistik des Epikur : te pendibo mepnan) dr Far] soy Ina ie
rosa, ano Saun2] „Aus den kleinen Körnern [cLigIt} , die
man in den 8trahlenbündeln (der Sonne) sieht (Arist. probl. 15, 12 Luor.
d. rer. nat. II, 114), wären alle Kérper susammeugeretzt*. “wg be-
seichnet also die zitternde, von Dunkelheit unterbrochene und begrenste
Lichtstrahlung, wie sie beim Morgengrauen ROW, RIO Wp statt-
Andet [dla 3) gy8su}. Daher 2) das Flimmern vor den Augen,
peeuryla, Augenkatarrh, Staar. Schon Christ. Ben. Michaelis hatte
DYNO welches das Targum mit pW gibt, richtig von “49 abge-
leitet. Achnlich yAavzwıa von yluvzde : yAcuxdy In’ bo Theoon
XVI, 6. Die Ableitung von der Wurzel 2 hat mehr als ein Be-
denken gegen sich.
Hoffmann, Lexikalisches. 69
und Burg werden jede besonders befestigt gewesen sein; viel-
leicht auch die Stadt nicht und nur die Burg. (Ueber igyptische
Burgen vgl. C. Schnaase, Gesch. der bildenden Künste
1866, I, 343 u. a.) Die Situation ist also ganz der in Jer.
1, 15 analog. Die Handlung des Propheten bezweckte
nicht so sehr die genaue Stelle vorherzusagen, wo gerade
das Zelt des feindlichen Königs stehen würde, als vielmehr
durch die Steine nach dem Eintreffen des Orakels den
handgreiflichen Beweis zu liefern, dafs der Feldung Ne-
bukadnezars hierher überhaupt vorhergesehen worden, und
vor dem Eintreffen die Zeugen über die Zuversicht des
Propheten stutsig zu machen. Darum waren die Steine
grofs, vgl. bei Is. 8, 1 die grofse Tafel : weder sich dem
Blick entziehen sollten sie, noch verschleppt werden; darum
auch mit Mörtel verbunden, ein Monument.
Nach dem Vorstehenden gibt es noch allerlei Möglich-
keiten für das Viereck j25v. Das nächste wäre ein vier-
seitiger Platz vor der Umwallung der Burg, die ihrerseits
viereckig zu sein pflegte 8. Schnaase. Bo wird zAıv#lor
gebraucht : Paus. VIII, 48, 1 zig ayopäs (von Tegea) &
ualıwra boıxvlas zilvdeo xara To oyäue, Appodlıns borlv
by autiy vadc zalovuevos iv xiuvble (v. 1. aAlı$o). Ein
solcher square heifet im Sanskrit catvara, woraus im Hind!
oS .
¥39e und Sent, vgl. Bate, Dict. of the Hindee language,
Benares 1876, Shakespear, Dict. hindustani s. v. und
namentlich Farhang-i-Raschidi 1872, 1, 263. abo könnte
freilich noch speciellere Bedeutung haben, z. B. so das
rechteckige Pflaster Au#o0rpwrov Edagos „o dpouas“ „Pro-
menade*, genannt sein, welches zu dem ersten Propyläen-
thor der ägyptischen Tempelbezirke führte und eine Allee
von Sphinxen hatte, falls derartige Anlagen auch vor könig-
lichen Burgen üblich waren vgl. Strabo XVII, I, 28, p. 805
und die vielen Commentare, z. B. Letronne, Réc. des
Inscrip. grecques et latines de l’Egypte I, 14 ff, Lettres
70 Hoffmann, Lexikalisches.
d’un Antiquaire a un Artiste p. 343 f. Schnaase, Gesch.
d. bild. Künste 1866, 1, 321 f. 343.
8 17. Wegen muna ein paar Bemerkungen über die
Denominativa 129 und 329. Das erste kommt nicht blofs in
der Bibel, sondern auch Mischna Baba msia 10, 5 vor.
O25 pray „sie machen Ziegel“, von J. Levy nicht ver
zeichnet. }25 bedeutet 1. weils, 2. glthend machen; diefs
letztere sicher nicht vom Ziegelbrennen hergenommen : ge-
wöhnlich ist im Talmud nur von Luftziegeln die Rede, ob
auch gebrannte erwähnt werden, weifs ich nicht : aber 72)
käme zu spät, um Ziegelbrennen zu bedeuten. 135 „glühen®
wird darauf fafsen, dafs Glühen jeden dunklen Körper hell,
leuchtend macht, wenn auch nicht immer weilsglühend im
engern Sinne. 3. m einrahmen (denom. von 1379) oder „den
Ziegel ersetzen“ Erubin 14a zu Mischna Erub. 1, 3 Typ
Dnpp pop dy mrad un ara re Dap TD ART] eRe
[v1 mare] mar cys Dap) "ID NDS RPT MOP TYP? AT
„Die Breite des erwähnten Balkens mufs ausreichen, einen
Stabsiegel aufzunehmen; ein Stabziegel ist die Hälfte eines
dreihandbreiten Ziegels. Doch genügt es auch für einen
Balken nur eine Hand breit zu sein, um der Breite nach
einen Stabziegel aufnehmen zu können.* So die Mischna.
Da nun im letztern Fall der Balken um eine Handbreit
schmaler als der aufliegende Stabziegel (1'/, Hbrt.) ist, so
sagt Gemara : MOO Tap SAN 19 ya NyAD! Now Now
UND Wwe) NO’ TD TD NPI mb Pen NOW rl TTR
ROD) ROY. „Handbreit? Anderthalb Handbreit? fragt
man : Sobald “der [Balken] so breit ist (1. Mam) um eine
Handbreite zu fassen, so umrahmt man (ergänzt man den
Ziegel für) jene andere halbe Handbreite mit Lehm, ein
wenig auf der einen Seite und ein wenig auf der andern
und die Sache ist in Ordnung (oder : es hält)“. Die zu beiden
Seiten überragenden Ziegel werden durch Lehmleisten an
den Balken fester gebunden.
8. 18. Das Wort mmx und um übersetzt J. Levy
I, 163 durchgehends mit „Latte“, wobei man natürlich an
Hoffmann, Lexikalisches. 71
«ine hölzerne denkt. Es bedeutet aber ein Ziegelbruch-
stück : Barbahlül Socin I (611 Higra) jXaseo duce} Lil”
~Payne-Smith,] sj rst acs! >. Jos] . Aulssslo . asshlı
u... Dub io fpodtoo [thes. 875 1. sr!
KRISE yo} cys an eins (I. tol] bay „arahä fand
ich in den „Fabeln der Aramäer“. Im Dialekt von Béth
Armäjö : arhä. Es ist ein Bruchstück, eine Scholle; in
Tegrit heifst es ark'ä d. h. gebrannter Halbziegel (, 531),
Bruchsttick eines gebrannten Ziegels, Bruchstück® [sxix%
scheint persisch sikanak* mit der arabischen Femininendung
wel. aK Brotbrocken von „mx.
Die Identität dieses rm NAIK mit dem rmx des
‘Targum, welches das hebr. “12 pertica übersetzt, erscheint
mir kaum zweifelhaft : das Jod bezeichnet dann keinen
wreprünglich langen Vocal, wohl nur den der Segolatform.
Die Benennung „Stab“ erklärt sich aus der länglichen Ge-
stalt des Halbziegels, die er erhält als Hälfte eines Quadrats
oder eines der Länge nach halbirten Ziegels. Vgl. semi-
later bei Vitruv. Vgl. Theo Smyrn. c. 54 p. 177 von
atereometrischen Zahlen : ra dt ro ui» unxos xal zAarog
Ioov Eyovra, rovrlorı tag Pacers Terpayavovg, tO db Upos
Blarrov, xAivideg, ta dt to poy pyxog xal xlatogs
Esov, to db Upos uetlov, doxides. Für zAvdlde; kommt
anderswo in diesem Gegensatze auch xdvle»y vor. Achn-
lich verhält aich die tessera testaces zur spica : Blümner
Technol. IL, 21; 29, Endlich ist eine ganz analoge Ueber-
tragung des Namens eines oblongen Holzstücks auf einen
Baustein, wahrscheinlich einen Ziegel, auch die von D'p>-
Dies bedeutet Habakuk 2, 11 nppn pyy oD ein Balken-
stück; in der Mischna Baba bathra I, 1 einen vier Hand
breiten Baustein, während 125 nur drei Handbreiten hat:
Zwei Nachbaren, die einen gemeinsamen Hof durch eine
Mauer 5p theilen sollen, haben Jeder für diese den gleichen
73 Hoffmann, Lexikalisches.
Raum hersugeben, je nach dem Baumaterial; bei Rollsteinen
(hrs) zusammen 8 x 2 Handbreiten; bei Quadern mm 9%
x 2; bei 009 2 x 2; bei oad 11/,x2. Hiernach ist
die Käfis-Mauer vier Handbreit dick, und ich halte nach
dem Zusammenhange 0°95 für einen rergadmgus Ziegel,
gröfser als die gewöhnliche 71335 reldopos der Mischna.
Gemara und darnach die Commentatoren setzen D'%9I =
errs d. h. den Halbziegel zu 1’/, Handbreiten, und suchen
sehr künstlich die Mauerbreite von 4 Handbreiten dadurch
herauszubringen, dais sie zwischen zwei Halbziegelmanern
einen mit Schutt ausgefüllten Zwischenraum von einer
Handbreite annehmen.
8 19. Während in den sewitischen Sprachen die über-
tragenen Bedeutungen vou der Ziegelform ausgehen, leitet
das Griechische dieselben zum Theil von zil»#oc direct ab;
sum grofsen Theil aber ebenfalls von der Ziegelform xAc-
®lor (31) oder gibt sie durch zAımOl4s. Es erscheint mir nicht
nur sicher, dafs der Sprachgebrauch von no und 95 in
altgrischischer Zeit den von xievGloy und xilvGoc beein-
flufst hat, vgl. Ex. 24, 10 vragn np) nyyo mit x2isdor
zyoveal u. dgl, sondern auch sehr wahrscheinlich , dats
xivPoc nur Metathese von Arıvd- = ABire* (vgl. ZDMG.
83,748)=nı25 ist, eine Verwandlung noch nicht so arg
wie die von xadad aus noon oder, wie ich annehme, von
daxteudos Dattel für duxivrog aus einem phönieischen ar,
vgl. den Flufsnamen aSs}, worauf |f_.) und Nö x) im
Maghrib Deglet, unschwer führen. Diese Herleitung von
ailyfoc dürfte sich neben der indogermanischen von
G. Curtius und Fick, die damit Wörter, die Kieselstein!
bedeuten, zusammenbringen, noch sehen lassen. Auch die
Sporadeninsel AdBıv$og mag myad enthalten. Vielleicht
also haben die Griechen von den Orientalen auch das
Ziegelstreichen gelernt.
OD ew m Sun mn mn ee ee.
13
jttheilungen aus Petersburger Handschriften.
Fragment von der arabischen und der hebräischen Vorrede
aadiah's zum IM OD (vgl. Jahrgang 1881, 8. 154 f.)
Dieses saadianische Werk war längere Zeit in der ge
whrten Welt blofs durch die kurze Erwähnung bei Abraham
bm-Hara (anf. On) bekannt, der von Al-Fajümt sagt :
"u 300 we. Die Existens des Buches wurde von
sanchen Gelehrten in Zweifel gezogen ; so glaubte Dukes
Mittheilungen Il, 40), dasselbe sei mit XBM ‚mamedi und
abgedruckt : Mittheil. II, 110 ff.; Zschr. f. d. Kunde d.
Korgenl. V, 115 ff.; Geiger, Wiss. Zechr. f. jüd. Theo-
»gie V, 317 ff., und in mehreren Exempl. seines oyon bu
. 42 ff.) identisch Carmoly (Revue Orientale II, 40)
nd unabhängig von diesem Reifmann (nor XVL, 1873,
», 267) vermutheten, der Titel sei aus mW 900, das Buch
ther die Kehlbuchstaben, corrumpirt worden. Allerdings
rerden diese Vermuthungen widerlegt durch die Citate in
>onasch’ Kritik (ed. Schröter p. 56, Nr. 169) und
n den Responsen der Schüler Menahem’s (ed. Stern,
ı. 40); indessen konnte man sich schwerlich einen klaren
3egriff von dem Werke machen. Im Jahre 1869 erklärte
firkowitsch in der Zeitschrift ~5on (in einem such
eparat erschienenen Aufsatze N97 NW) WDD u. s. w.),
= besitze ein Fragment von der Vorrede des genannten
Werkes; auch in der Monatsschrift bo» (I, 1871, p. 63)
war davon die Rede. Da aber die Berufung dieses Karäers
wf in seinem Besitze befindliche Handschriften nicht immer
wahrheitsgemäfs war, so konnte die Sache nicht als ent-
whieden betrachtet werden. Erst im Jahre 1871 erfuhr
nan, dafs das Original der Copie Firkowitschs sich bei
inem Kariier in Kabir. befinde, und gleich darauf schickte
74 Harkavy, Mittheilungen
ein Jude aus Alexandrien eine Abschrift des gansen Frag-
ments an den Redacteur des }W35m in Mainz, der den he-
bräischen Theil nebst einigen Anmerkungen von J. De-
renbourg und Halberstam in seinem Blatte (VIII,
275—6) veröffentlichte, woraus derselbe Theil in Geiger’s
Jüdischer Zeitschr. (X, 1872, p. 266 ff.) nochmals abge
druckt wurde. Von dem arabischen Theile hat Deren-
bourg bei Geiger (ibid. X, 308) blofs ein paar Zeilen
mitgetheilt. Des Hebräische ist dagegen im Druck mehr.
fach versttimmelt worden, wie ich dies im 991971 (III, 666 ff.)
gezeigt habe. Ein vollständiger und genauer Abdruck
beider Theile nebst Uebersetzung und Anmerkungen wird
hoffentlich den Fachmännern nicht unwillkommen sein.
Aus diesen Bruchstücken erhellt klar, dafs die erste An-
lage des Werkes im zwanzigsten Jahre des Verfassers (vgl.
f. 2b, 8. 81), d. h. im Jahre 912 n. Chr. (f. 5b, Vers 15)
stattfand. Dieselbe enthielt ein alphabetisches Wursel-
lexikon der hebr. Sprache und zugleich auch ein Reim-
lexikon. Diese beiden Arbeiten waren die ersten in ihrer
Art, denn die in neuerer Zeit gemachten Versuche, einige
karäische Autoren und Werke zu antedatiren und den Ka-
räern besondere Verdienste um die hebräische Sprach-
forschung zu vindiciren, beruhen auf gefälschten Daten.
Auch wenn der Rabbanite Jehuda ibn Koraisch aus Tahort
in Afrika überhaupt ein Wörterbuch verfalste, was aller-
dings Pinsker (Lickute I, 108 Anm.) wahrscheinlich ge-
macht hat, so geschah dies doch erst nach dem Erscheinen des
saadjanischen Wb., wie auch aus der Anordnung bei Ibn-Ezra
im OND zu ersehen ist. Jedenfalls kannte Saadjah noch
kein solches Werk, und ihm selbst war die Idee eines
Wb. im Dienste der Sprachwissenschaft oder zur Erkli-
rung der Bibel damals noch fremd; er beabsichtigte mit
seinem zweitheiligen Lexikon blofs die Abfassung von
hebräischen Poesien zu erleichtern (f. 2b, Z. 8—10), der
erste Theil nämlich sollte bei alphabetisch geordneten Ge-
nn nn ae
aus Petersburger Handschriften. 75
n (wie solche schon in der Bibel vorkommen) und
Gebrauche der Akrosticha (wie die Verfasser der
ı und Saadjah selbst in der hebräischen Vorrede es
), der zweite aber beim Gebrauche des Reimes
leisten. Er bemerkte aber nach einigen Jahren
gy iQ! eu am f. 2b Z. 10,8. 81£., also um
920), dafs es nicht nur nöthig sei, über die Anfangs-
shlufsworte der Gedichtverse, sondern auch überletztere
_ über die „mittleren Theile“, wie er sich ausdrückt
2.2), Aufklärung zu geben. Auf diese ganz eigen-
iche Art und Weise kommt er darauf, eine Gram-
und eine Poetik zu verfassen. Wir stehen also hier
r Wiege der hebräischen Grammatik und der Lexico-
ie!
Ind nun ein paar Worte über die mir xu Gebote
ıden Materialien. Die hiesige Copie (P.) ist nicht
ler Hand Firkowitsch’s, auch nicht von der
verstorbenen Enkels Samuel, der ihn auf seiner
in Aegypten und Syrien begleitete und mit ganz
uchbaren Uebersetzungen aus dem Arabischen ins
ische zu versorgen pflegte; vielmehr scheint sie von
ägyptischen Karäer, vielleicht vom Eigenthümer der
. selbst, gemacht worden zu sein, und zwar sehr sorg-
mit Beobachtung der Blatt- und Zeileneintheilung
riginals; ebenso sind in der Copie die in letzterem
indenden Vocale (sehr fehlerhaft und daher von
aberücksichtigt) und Accente der hebräischen Vor-
wiedergegeben. Die arabische Vorrede ist, wie ge-
ich, mit hebräischen Lettern (wobei die ähnlichen
> 3-7 u. s. w. oft vertauscht sind) geschrieben.
den arabischen Text betrifft, so war mir nur für den
s von f. 3b Z. 2 bis zum Schlusse der Vorrede die
ion mit dem von Derenbourg bei Geiger (2.2.0.
3) abgedruckten Texte nach einer anderen Hechr.
‚ahira (K.) möglich, welche Hschr. aber als grund-
76 Harkary, Mittbeflungen
schlecht sich herausstellt. Und trotzdem Derenbourg
„das Arabieche in sehr geremigter Form gegeben, denn
s. B. Lil, ist im Texte prmeshde geschrieben u. s. w.",
ist dennoch die Copie P., wie man leicht einsieht, bei
weitem vorsuziehen. Auch für den Text der hebräischen
Vorrede, wo sur Collation eine zweite im Libanon (L)
abpedruckte Copte von derselben Hschr. vorhanden ist,
zeigt sich die Oopie P. viel vorzüglicher, und sieht man
sich fast immer veranlafst, der letzteren Recht zu geben.
Der arabische Titel des ganzen pe lautete wahrscheinlich
past Wes (Poetik), weil das Wörterbuch und die Gram- —
matik auch im Dienste der Poesie bearbeitet wurden (s.
Anm.s zu der Uebersetzung der hebräischen Vorrede). Als |
Theile von demselben Werke sind vermuthlich zu betrachten:
‘ das von Saadjah selbst (im ‚soul DAS) und von Abul- —
walid citirte ual} UGS (2. Munk, Notice sur Sead.
p. 15—16), welches wohl mit dem von Donasch erwähnten
map ped mins ano (Kritik, p. 27, Nr. 102) oder mns au _|
won jw (ebendas. p. 29 Nr. 104, p. 40 Nr. 120) und
den von Ibn-Ezra genannten may pw) "DD und Ag WO
identisch ist; vielleicht auch das vonS. selbst im „bt LS
wile, citirte pripin name (= „ul WES? DieText
Ausgabevon Landauer liegt mirim Augenblick nicht vor).
Auf andere interessante literar-bistorische Fragen, die mit
unserem Bruchstücke verknüpft sind, hoffe ich noch nächstens
zurückzukommen.
Petersburg, 1. Juni 1881.
eve Petersburger Handschriften. 17
Gay) Kai Uppal Yel oH psf des Legh Keil! Lena KALT € 1°
> Shall small Umall Lge lirgatle Liam Gi „ost 3
ts 9 La aie ot he al all Ihe, Last ake Le
sad, SV sal! buat ai nie 1S 9 le ning ALLIS
nähe do Si pall Ws 99 aie dled! Lt 5
ESAS, All Lang! 59 aaa shale 59 oA! pnd pat Se
Asie] wr9lg Aigen lie py! role at Fa! OD gt LT
sade 5, sell öl u J AR ale be sled SL WY
PO Oe
Die von ihr (od. ihnen) ausgesagt werden und in ihr
ihnen) bestehen. Und da die Wurzel der Accidentien !)
3, ihre Zweige aber zahllos sind, so wählten wir zum
Ziel das Accidens, welches Bestts (Haben) genannt
wird, d.h. was der Mensch besitzt. Dazu gehört, was
m den Besitzenden hinein- und was von ihm heraus-
kommt; wir nehmen hier Rücksicht auf das Erstere,
namentlich auf das, was der Seele zukommt, d. h.
das Wissen. In Betreff des Letzteren sagen wir, dafs
dasselbe innerhalb eines der Veränderung unterworfenen
Körpers sich befindet, folglich nothwendigerweise auch
selbst veränderlich ist. Deshalb muls derjenige, der
tich Wissen gesammelt hat, sich eifrig damit auch
ferner beschäftigen, damit er dasselbe festhalte trotz
ler Vergeßslichkeit und anderer Arten von Verände-
rungen *). Dasu stachelten auch die Propheten an —
') D. h. die accidentiellen Kategorien nach der aristetelischen Ein-
Ebeilung. |
*) Das Wortgeftige im Text ist mir hier nicht klar; sollte os viel-
eicht lei ily ley zu lesen sein?
78 Harkavy, Mittheilungen
co comedians Py Rol Shell am, a WS Jo il
10 ee? OF OF mund by pe) % pow ame mw Kt
b. mit Sloe li KGL, le: IND mim
cabal contd nat dt A An Lang! Ip
2 PTR mn WW OY YI PIN PRI eh ant ily
Kapall iy AOlar dt „Liss Le pasty ala) Stall paying
6 api a Spt Ta
Jia WU Iles, :’n 9 bp rum ap dey wre me Sy
POW IP? wT DD Mw ae man 1p LS | Lisl
obwohl es dem Verstande von selbst klar ist — indem |
sie bei der Schilderung der Annehmlichkeit ’) der
Weisheit sagen (Spr. VIII, 34) : „Heil dem Menschen,
der auf mich hört zu wachen an meinen Thüren Tag
b. für Tag, zu wahren die Pforten meiner Eingänge“
Sie (die Propheten) zeigten uns damit an, dafs das
Anklammern und beständige Bestreben festzuhalten
vor dem Vergessen schützt. Sie mahnten auch, dals
das Verlassen (Vernachlässigen) eine mächtige Ursache
sei zum Vergessen der Wissenschaft und zu ihrem
Verschwinden, indem sie sagten (Spr. XXIX, 18):
„Ohne Offenbarung wird das Volk zügellos, heil aber
dem, der das Gesetz bewahrt.“ Zu der Weisheit und
zu allem Anderen, was fortwährenden Fleifs und Pflege
erfordert, vergleichen sie das Feld; wird es nicht ge-
ackert und gesäet, so bringt es Dornen und Unkraut
hervor, wie es heifst (Spr. XXIV, 30): „An dem Felde
eines trägen Mannes ging ich vorbei“ u. s. w. Sie
führten dies zum Beispiel an für den Verständigen,
wie es dort ferner heilst (ibid. v. 32): „Und ich schaute
$) Ich bin nicht gewils, ob ich richtig übersetste.
aus Petersbarger Handschriften. 19
a ei SIDS MASTS ye Ot A de ee Lady
el GAM shag ce agh el
OF OU ptt IW ee
co gan BSE pail Kelas ee fatten £2"
BIS art Loy glee! rogley Lato UT le „La
Yaad sl, polen cx! desleel er cyan Li
B Spats! LEIS ag) wid uch noth a AT. ae
dies, nahm es zum Herzen; ich sah es und nahm Zucht
an.“ Und gleichwie das Wissen des Einzelnen bei
wenig Pflege verschwindet, ebenso wird auch das
Wissen einer ganzen Gemeinde bei wenig Fleifs ver-
gessen. In dem Theile der Zeit, in welchem dem Schöpfer
(erhaben und gepriesen sei er!) gefallen hat, mich zu
erschaffen '), hatte ich Gelegenheit, viele Studirende
zu sehen, welche erzählten, dafs vieles von den prak- f. 2
tischen und theoretischen Wissenschaften den Leuten
verloren ging, darunter sind : das Kit&b al-Mithq&l
(Buch der Wage) *), die Wissenschaften über die Ur-
sprünge (Kosmogonie) ®) u. dgl. So wie die Söhne
Ismaels (die Araber) erzählen, dafs einer ihrer Vor-
züglichsten eingesehen hat, dafs seine Stammgenossen
!) Dies kann doch nur bedeuten : seitdem ich erschaffen (geboren)
wurde. Firkowitsch (bei Geiger das. p. 258) fafst es auf, als be-
ziehe sich dies auf die Zeit, da Saadjab das Werk begonnen hatte,
und sucht daraus einen falschen Schlufs auf die Geburtascit 8.’s zu
ziehen, was übrigens von G. zurückgewiesen wird.
®) Nachweisungen aus der arabischen Literatur über dieses Buch
wären sehr erwünscht; in der jüdischen vorsasdjanischen kommt ein
solches Werk nicht vor.
*) Darunter wird wohl 8. die in der Mischna (Hagiga II, 1) er-
wähnten [wR WYY gemeint haben, auch das von ihm commen-
tirte AVY? DD nennt er (Söll WS,
80
5
Harkavy, Mitthellungea
N wal, CIS a Yo a9 yghding Aas
9 Noll, mag ye Wied LM prasad Sur pygsced 3 Dit
N Sond nd Wily Ligrbe ay gy phatly Lae bet ELS [polis
Gy cally Salt oP Srlg¥! oi, 3! cyt wtier Leb (npdinall
Ida mahi DUE! ro i> Syl § WIS, 251 0
10 Bel te UI py lan
b.
A N are Ball AST aah poset Ly
van BN any ely all Lod KAT, omy St nung Al
de is JS por GB, N Zn Mey up KL,
nicht das feine Arabisch zu gebrauchen verständen,
was ihn sehr verdrofs und ihn veranlafste, ein Com-
pendium der Schönredekunst abzufassen, damit man
es su rhetorischen Zwecken gebrauchen sollte — ebenso
sah ich, dafs viele Israeliten auf die rhetorischen Schön-
heiten unserer Sprache und auf das Schwierige darin
gar nicht Acht geben. Wenn sie (hebräisch) sprechen,
so ist die Aussprache vieler Wörter fehlerhaft, und
wenn sie Poetisches abfassen, so machen sie darin sehr
wenig Gebrauch von den alten Regeln (der Ver
fasser der biblischen Bücher), die meisten jener Regeln
aber werden von ihnen vernachlassigt, ebenso geschieht
es mit den Reimen, so dafs selbst die Bibel für sie
eine Sammlung von unverständlichen Worten und un-
zusammenhängenden Reden geworden ist. Dies ver-
. anlafste mich, ein Buch zu verfassen, wo die meisten
Wörter (der hebr. Sprache) auf zweierlei Art gesam-
melt sind : zuerst kommen darin alle Nomina, die mit
Aleph anfangen, Eins neben dem Anderen, ebenso die
mit Beth anfangen der Reihe nach, dann die mit
Gimel, Daleth und allen anderen Buchstaben (des
aus Petersburger Handschriften.
Sy IS, cy oot Lol IS OU J all
faves Sed pushed GOW Bt MY Re Kalla, Krendl
hl Lean Lane KA SY mei, al, andl
cy Sb ik 3 A m A u, Le de WS
USE lc
AB, wysalla m «UE ye Uggle sine solar Chef!
u gm wie) Lab SIS ai nL! agblill de
81
10
Alphabets) '); im zweiten Theile sind alle Reimwörter,
die mit Aleph schliefsen, gesammelt; ebenso die mit
Beth schliefsenden Nomina, wie auch die Gimel-, Da-
leth- und He-Reimwörter bis zum Ende der Buchstaben,
damit es leichter sei, alles festzuhalten und zu be-
wahren; dadurch wird am besten die Sprache mit allen
ihren Schwierigkeiten und Einfachheiten aufbewahrt.
Ich verfafste dieses (Werk) nach der angegebenen
Weise, als mir 20 Jahre vorüber waren *), und ich
schätzte hoch (ich gab viel darauf), dafs es den Streb-
samen zufriedenstellen möchte, indem er sich aus der
ersten Grundlage (wo die Ww. nach den Anfängen
geordnet sind) was seinem Wunsche entspricht wähle
und darauf weiter baue, d. h. er reihe daran Wörter
nach seinem Zwecke und beschliefse mit dem Reim-
wort, das ebenfalls zu seinem Ziele pafst. Nach einigen
Jahren seit dem Erscheinen meiner Schrift bemerkte
t) Dafs 8. wirklich die Wörter alphabetisch nach den Anfängen
geordnet hat, bezeugt Menabem b. Saruk in seinem Wörterb. (ed. Filip.
p. 68-69), wo dieser Theil des saadjanischen Buches 19H 34 nnd
genannt wird. — *) Da 8. 892 geboren war, so kommt die Abfassung
auf das Jahr 912; Firk. deutet es (bei Geiger a. a. QO.) falsch
dehin, dafs 8. diese Vorrede 20 Jahre nach der ersten Ausgabe des
Werkes geschrieben habe.
Zeitschrift f. d. alttest Wiss. Jahrgang 2. 1882. 6
82 Harkavy, Mittheilungen
et a ET rn JU hey creat ot ues
Le Sa Stayt! oye og) ASSO! gt dt py ples’ Lost),
hol 95m (80) aad itl Lgandif ital} ce ar (oy gigniong
tlh Lily asst etd @ gut Satay! 19, GL! § Land
BS coat cy Leigh OES oly ot bel Lt
Bree ply a GA SW u Spot J erggers
cyte LOS ptt patty et, strait 59, (plat
f.3* ich aber, dafs, obwohl ich die Grundlagen der Anfänge
und der Schlüsse der Verse gesammelt habe, den
Schülern es Noth thut, dafs ich ihnen auch über die
mittleren Theile (der Verse) Aufklärungen gebe, damit
sie sich über die Gegenstände der Dichtung selbst
behelfen könnten, deshalb habe ich auch die Letzteren
in meine Schrift aufgenommen !). Diese mittleren
Theile, welche die Seele (den Hauptinhalt) des Ge
dichts ausmachen ?) — die beiden Enden desselben
sind gleichsam zwei Wächter — obwohl ihre Arten
zahlreich siud, so sind doch ihre Grundlagen drei Haupt-
arten : Erstens, die Eintheilung der menschlichen
Rede (die Redetheile), d. h. die Ausrufung, die Frage,
die Erzählung, der Befehl und der Vergleich, wie ich
1) In dem Darauffolgenden orklärt 8. ganz deutlich, was er unter
den „mittleren Theilen“ versteht : grammatische und logische Sprach-
regeln und eine Poetik mit Beispielen aus älteren Posten. Die weit-
liufige Verhandlung bei Geiger (a. a. O. p. 260—61; vgl. p. 804),
auf Firk.’s mangelhafte Mittheilung gegründet, fällt demnach weg.
*) Firk gab vor, dafses sich hier um ein besonderes, "Ww wh)
(= nied! pati) betiteltes Werk handle, worauf aufser Geiger a.a. O.,
auch Kaufmann (Hebräische Bibliographie von Steinschneider
XVLI, 68) sich verlassen hat; man sieht aber, dafs hier gar nicht vom
Tite] eines Werkes die Redo ist.
aus Potersburger Handschriften.
Aust J WW [SI eu ll,
de well at hall ala posal cs
EI wher Kent Oy SKA! And 3 u gl
tell » sill 3 gms o9 Lin bg Sle (50) IK? ob REES,
oe et a dal aga Sal on tele is
I) le ns Hat ll lise ul I Squad vy gas
On JD OT ah Lyall SyF oye Lge pl
dies erklären werde. Zweitens, die Eintheilung der
Arten, die durch viererlei begrenzt werden : durch die
Elemente (Materie), durch die Form, durch die That
und durch die Zufälle, wie ich dies Alles erklären
werde. Drittens, die Anführung von Beispielen, was
eigentlich denen der zweiten Art ähnlich ist, nur werden
die Letzteren von dem genommen, was in dem zu ver-
gleichenden Gegenstande sich befindet ; jeneaber werden
von dem abgeleitet, was in dem Gegenstande, mit dem
man vergleicht, entsteht. Diesen drei Hauptgrund-
lagen folgen noch andere Abtheilungen, die den Poeten
nöthig sind. Dann, wo ich nur bemerkte, dafs ich Be-
“ weise führen konnte von den Worten (Productionen) der
alten Poeten : Jose ben Jose, Jannai, Eleazar,
Josua und Pinchas?), so that ich dies. Was aber
1) Von hier bis sam Schlufs der arabischen Vorrede hat Deren-
bourg bei Geiger (a. a. O. p. 803) dieselbe nach einem der Gentsah
in Kahira (K.) entnommenen Blätichen veröffentlicht.
KK at. Ul.
*) In K. fehlt das zwischen £1,255! und dem nämlichen Wort in
der nächsten Zeile Stehende; die Homoteleuta sind Schuld daran.
*) K. yo.
5) Die ersten drei waren längst als Verfasser liturgischor Hymnen
(Piut) bekannt; Josua ist nach Geigors Vermuthung mit dem bei
6*
84 Harkavy, Mittheilungen
5 el A ls On TET Tun
Ip ara TU cyt Weed Wed Fh JOH W LY
Lead b(t) pf ily Jt ol ake py TEC Malet
de Js! ex LIT wid le Je ladles rH pha eS %
raus Sagen kl Er aS sto! ln
10 AN (eig u wrsrans Ls WS Bt KEN Kolo
die Productionen der uns näheren (der neueren) Poeten
betrifft, so wirst Du bei mir nur lobenswerthe Citate
finden von demjenigen, dessen Eirseugnisse beherzigens-
werth sind; in solchem Falle heifst es bei mir : N.N.
hat dies oder jenes gut gesprochen. Ich werde aber
unterlassen, das Gegentheil zu thun und zu sagen:
N. N. hat dies oder jenes schlecht gesprochen. Ich
lies die (folgende) Vorrede meiner Schrift hebräisch,
so wie ich dieselbe ursprünglich verfafst habe, nur
setzte ich sie an den Anfang der Schrift, und — als ich ein-
gesehen, dals die Nation dessen bedürftig sei — schrieb
ich eine (arabische) Erklärung dasu. Und nachdem
ich die beiden End-Theile oopirt habe, die ich bereits
(in der ersten Ausgabe der Schrift) gesammelt hatte,
Zuns (Literaturgeschichte p. 459; vgl. 8. D. Lussatto in Ber-
liner’s 399 x 1880, p. 28) erwähnten identisch; über Pinchas ist
zuletzt ausführlich im 197 (XXIII, 868—9) gehandelt worden, wo
auch andere Stellen aus Handschriften über denselben mitgetheilt
worden sind.
1) K. ya; vielleicht Druckfehler.
2») K. Ufl,.
*) K. wol.
)E us
) Ms P. IK Ll.
%) P. agias, K agilwo (Druckf.).
aus Potersburger Handschriftee. 85
Mr! at stud Salt Ian: ena! la oS
a) diol
Daran ao re 1 SR AE IRE Te MRE? RG
pene Ney : hop wa Op may fA Np TATPN ta ep
WP Op Oye mi Na OM) PIED pp TTT Dip arm 5
Nato yo ADK DUP von DI INK PUY gg
füge ich ihnen die Erklärung der mittleren Theile
hinsu. Da mein Bestreben ist (mit dieser Schrift)
nützlich zu sein, so wünsche ich, dafs Gott mir in
Allem, worin ich ihn anflehen werde, nützlich sein
möge!
[1] Dies ist das Sepher ha-Agrön (Sammelbuch)
für die heilige Sprache, welche Gott von jeher aus-
erkoren hat, und in ihr lobpreisen ihn seine heiligen
Engel, Selah, und verherrlichen ihn alle Hehren °).
2] Eine Sprache und. einerlei Worte waren in der
ganzen Welt (Gen. 11, 1) seitdem Gott den Adam
)EK gel.
N) K. bat noch pj.
V. 1. In P. (Petersb. Copie) yiyxı) punktirt, was such zulässig;
@. (Geiger) will wp st. Ww 7p emendiren, er hat übersehen, dafs
der Gebrauch des emphat. 7 von Saad. sehr beliebt war; vgl. Lus-
satto, Bibliotheca (Leopoli 1847) f. 11a; Donasch, Kritik NN. 108.
110.— V.2.D. (Derenbourg) corrigirt yoy st. YSy, was unnöthig,
da Saad. die selten vorkommenden Ww. zu gebrauchen liebt; vgl.
Micha 4, 8.
*) Vielleicht Anspielung auf die talmudische Aussage (Sabbath
f. 12, Bota f. 83), dafs die Engel nicht aramäiisch versteben, welche
Aussage wahrscheinlich gegen die Engelsgebete der Samaritaner (Peter-
mann, Porta lingg. orientt. III, Berlin 1873, Chrest. p. 18 ff.) ge-
richtet ist.
86 Harkavy, Mittheilungen
ag sy? MNP oy npmb oy OP) OPE
UP ya) von 2 au 19 228 nip ng form
Sep und ONY genen 37) vor 9 by inte 995 Me
10 yp wen Dmimp Nam pag one 593 Oo 19 “AP
geschaffen und einen Theil seiner eigenen Weisheit
demselben übergeben hatte; auch (war eine Sprache)
bei den Nachkommen des Letzteren im Verlauf von
1996 Jahren !), [3] bis zur Zeit des Sturm-Schwarms ?),
der dorthin von den armenischen Gebirgen *) im Sterbe
jahr des Peleg Sohn Ebers’s gebracht wurde *), denn
zu seiner Zeit, ein Jahr vor seinem Tode, wurde die
Erde getheilt (Gen. X, 25), [4] weil sie Böses sannen
und ihr Uebermuth danach trachtete, sich vor dem
allmächtigen Gotte in Acht zu nehmen, damit er sie
nicht zerstreue in alle Weltenden; aber Er brachte,
was sie befürchteten, sie wurden in ihrem hitzigen
b. Eifer zerstreut, sodafs das für die Zukunft bestimmte
(die Sprachverwirrung) dadurch beschleunigt wurde.
V. 8. H. (Halberstam) emendirt 99; L. (die im Libanon ge-
druckte Copie) 4747 st. “Wy. — V. 4. G. will corrig. HOHES st. DOM
hat also Jerem. 51, 89 tibersehen.
!) Nach dem Seder Olam Rabba Auf. : von Adam bis zur Fluth
1656, von da bis sur Sprachverwirrung 340 Jahre, H.
*) Ich übersetzte nach der Lesart in beiden Copieen (vgl. Nah. 1, 8.
Hiob 9, 17), wenn man H.’s Emendation annimmt, die allerdings vieles
für sich hat. so wird zu übersetzen sein : des Schwarms, der nach
Sinear kam; vgl. Gen. XI, 2.
*) Harmén (Amos 4, 3) giebt das Targum wieder mit MIR,
und Gen. 8, 4 lälst das jerus. Targ. auf den Bergen Ararat die Stadt
NYJHIN“ erbaut werden in dem Lande ıqr3y'39, von dort (API Wy)
sieheu die Thurmerbauer nach demselben Targ. Gen. 11, 2. H.
*) Nach Seder Olam a. a. O. H.
aus Petersburger Handschriften. 87
To? Wepyp now yn Yas nyt : nivTnyA mone b.
~¥P) 2 m : 0929 TY 93 DR Pr Tip rte ap xd
OT WI STETTEN OY WI 3 TR 2) OND
IT sm eRe Sy) bw App tena poy: face Syn
NN Tapp OIA YIN) Wap mode 523 Pan pp OPN 5
PTZ MINT Toy ON 137 2 ONY~D ONdyD MEN wp
: Dyppa ON aya dp OND wR YD Moy 7
VOY PIN. BINT mo Ng Yoo ub TD Th AGE Ti
[5] Die Erde erschrak ') und theilte die Sprachen nach
der Zahl ihrer Völker *); die heilge Sprache verblieb
dann nur im Munde der Söhne Ebers, [6] deshalb weil
sie vor Gott wahrhaft waren, denn aus ihrem Stamme
entstanden unsere Vorfahren : sein Liebling Abraham,
sein Auserkorener Isaak, sein kostbares Eigenthum
Jacob und all die göttlichen Stämme. |7| Ihr Fuls
schritt überall umher, im Lande Kanaan und im Lande
Pathros (= Aegypten, vgl. Jes. 11, 11. Jer. 44, 1
u. 8. w.) und (die heil. Sprache) entwich ihrem Munde
nicht, und als sie aus Aegypten zogen, so verkündete
uns Gott in dieser Sprache gediegene Worte durch
seinen Diener Moses, den göttlichen Mann, Gesetze
und Recht auf dem Berge Horeb (Sinai). [8] Von
einer Generation zur anderen war sie (die heil. Spr.)
V.5. L. "Hops, was auch palst. — V. 6. L. falsch O95 st. O95,
wobei auch das Wortspiel mit dem darauffolgenden > verloren geht. —
V. 7. L. falsch HD st. Oy.
) Bo übersetst 8. Ayr Jes. XV, 4: anal. -
*) Nach der rabbinischen Ansicht, dafs es 70 Völker und Sprac
in der Welt gebe.
_.
R
88 ' Herkavy, Mittheiluagen
Tr Ra UN? NT!) 2p ER WYP “EM
tO STS O'R Cay, NH} TW INI? UY “OP 9? Oey
to atone uring ty ntand ray nme hep napa Ti
Oy WOR YR 2 "ey non ach ren te’ ey)
Tie] POP 79} FORT FTO wera and ese wh
won: Mp am opp pm m YT Wwe 07% .
B12 AND TE RD ONT ME) PIE I TER
uns sum Erbtheil. Während wir, durch das Ve-
dienst unserer Heiligen, in unserem Erblande gewohnt |
hatten, diente dieselbe fur die Botschaften unserer
Könige !), für die Lieder unserer Leviten, für dea
Gesang unserer Priester, fir die Offenbarung unserer
f.5* Propheten, für das Trachten unserer Grofsen *), bis
zum Exil aus Jerusalem nach Babel, zur Zeit des
Zidkijahu. [9] Im Jahre 101 nach der Zerstörung
der göttlichen Stadt haben wir angefangen, die heilige
Sprache zu verlassen und die Sprachen der fremden
Völker zu sprechen. Drei Jahre bevor bei den Griechen
ein König herrschte (vor der Seleukidenärs) ?), [10] zur
Zeit des Statthalters Nehemjahu und seiner Leute, sah
derselbe uns asdödisch sprechen (Neh. 13, 24-5),
was ihn verdrofs, und er schalt das Volk und zankte
mit ibm. |11] Auch nach ihm wurden wir nach allen
Ländern und Meeresinseln verbannt, ea war kein Volks
V.8. L. andy st. oop. — V.9. L. falschyrim st. HN —
V. 10. L falsch 99°45 IN st. INT TNT:
!\ L. unserer Sendbuten, war eine Wiederholung der unten ge
nannten Propheten ist.
®) Oder (wenn man ug liest) : fiir die Gesangweise (oder Spiel-
weise, vgl. y 92, 4) unserer Bänger.
*) Nach Sed. Ol. cap. 30. H.
aus Petersburger Handschriften. 89
by Onyoy 02m ID? ante? vin wa) Ey OF TY
Tek mm NORD POTTS MINOR : 12 11>) ao) TIRE TA
mo) TEP a UP PTY On oD u Dre 0
mem na Sy ay3d ore : OY) Oy perp) on NO "yıyD
Pag o> nm wryp wp Men en Tay) Tıyı 9 VAN b.
PPP ONE PED PIP IB DT RY VRE PD 77
zu dem nicht unsere Exulanten gekommen waren; in
ihrer Mitte erzogen wir unsere Kinder, wir erlernten
ihre Sprachen, so dafs ihre Fremdsprachlichkeit ') die
Schönheit unserer eigenen Reden umhüllte, was doch
unrecht ist. [12] Die Diaspora im Osten spricht
griechisch und persisch, in Aegypten sprechen sie
chanesisch (= ägyptisch, nach dem Orte Chanes
Jes. 30, 4), auch die Exulanten (im Lande) der
Söhne Kenaz (Gen. 37, 11) und der Söhne
Sepharad (Obad. v. 20) sprechen fremdländisch ?),
gleichfalls die in Jetheth (Gen. 36, 40) wohnen,
und so inder Sprache jeden Volkes. [13] Unser Herz,
ebenso wie unser Geistesleben, ängstigt sich darüber,
dafs verschwunden ist aus unserem Munde die heilige b.
Rede, unsere Veste, so dafs die Offenbarung der Pro-
phezeiungen und die Redensarten darin für uns wurden
V. 12. L. falsch "ODD st. MIDDD:; P. falsch nınarı et. NDIN;
L. oma Anon BD st GAD nm u — V. 18 L. mo ron?
") Oder : ihre Barbarismen; vergl. Jes. 82, 4, wo 8. Hy mit
es! wiedergiebt.
*) Oder : unverständlich. Ibn-Ezra zu Jes. (38, 19) berichtet, defs
manche wr gleich 335 nehmen, und aus Donasch (Kritik p. 39
Nr. 115) wissen wir, dafs 8. manchmal die Verwechselung des 5 mit
dem 9 annahm, aber in der von Paulus gedruckten Uebers. des 8. liest
man an der betreffenden Stelle : Kal)! el.
90 Harkavy, Mittheiluagea
wen oy dan ub noes ap mame rte) why > Tram
UE) OPTS DI VER Da TOD HPN Ta) wD
6 ng Wr van pn 1 9 WEP nn I UMAR)
N? m: oNy In oNyn) yiapH De (eo) ara Om
We TIAN AN) TH Dia) Of ADEN CHORIN NYY Org
any Th Og? oy Coy 59 ap MTD Tp DET rye
wie die Worte eines versiegelten Briefes und wie ein
Traum im wachenden Zustande '), denn in den Län-
dern unserer Gefangenschaft wurde die Zunge stam-
melnd. [14] Es geziemt uns, dafs wir und das ganze
Gottesvolk darin beständig forschen und untersuchen,
wir, unsere Kinder, unsere Frauen und unsere Diener;
nicht weiche sie (die heil. Spr.) aus unserem Munde,
denn durch sie werden wir die Gesetze der Lehre
unseres Schöpfers verstehen, welche unser Leben, unser
Licht und unser Heiligthum für immerdar ausmachen.
[15] Und es geschah im Jahre 1224, nachdem Offen-
barung und Prophet aufhirten ?), da schrieb der Sammler
dieses Buch, damit es zur Weisheit (Anleitung) diene
für das ganze Gottesvolk, für alle Gesetzeskundige;
V. 14. L. falsch proby ot. pay; P. und L. 1129 st. pay. — V. 15.
L. abbrev. wy, P. mawy; L. m Op st. w Op, D.’s Conjectur ist
demnach unnöthig.
") L. und wie wenn man aus einem Traume erwacht.
*) Die Bestimmung dieses Datums machte Finn, Geiger und
Halberstam viel zu schaffen; sie haben alle übersehen, dafs Sed.
Ol. Rabb. (ca 30) und Sed. Ol. Zutta das Verschwinden der Prophotie
mit dem Anfange des Griechenreiches, was nach ihnen mit der Seleu-
kidenära beginnt, in Verbindung setzen : IRZYITD O'W'DIN YN IND W
Don MDI Yow IR DT WR 1D") Wap ANID. Ueber den
Gebrauch von Omwy yon ohne Verbindungswaw s. G. a. a. O-
p- 259 Anm.
aus Petersburger Handschriften. 91
(16)
mya 59 pom bye Sepa nth nn? inte Tan
Se Pe Ie op owed 2 OTN We ne 52 ran 10
opin bass oyiagy onegp andy OF to wp? an: iD te
opiab Seize “nor Nd “AO : omrbbiy Sn Dappp nm OT
7777 We QT AR TOR We? DT BP NTN 9
OPW IW YT Spy Miz] wry HD May poy Io The)
[16] er richtete dasselbe dazu ein, um (daraus zu lernen)
wie man Räthsel und Sprüche verfassen, wie man
allerlei Abgemessenes !) und allerhand Verse, welche
Poeten und Sänger zum Lobpreisen gebrauchen, auf- f. 6!
setzen soll. [17] Möchte das Gottesvolk sich mit diesem
(Werke) beschäftigen bei ihrem Aus- und Eingehen,
bei ihren Hantirungen, in ihren Schlafgemächern und
mit ihren Kindern ; [18] dann wird ihr Hers sich von
der Vernunft nicht abwenden, denn durch dasselbe
(Werk) werden sie die Gotteslehre begreifen, damit
Gott erfülle das Wort, das er durch seinen Diener
Jesaia Sohn Amoz (59, 21) gesprochen : Nicht sollen
weichen meine Worte von Jacob und von seinen Kin-
V. 16. L. falsch Ja" st. am, ron) st. rons) (beachte das Wort-
spiel mit AnanD), Mord st. many (ebenfalls Wortspiel mit mNAMD),
DTWWT st. Ow NHN (wie schon H. conjicirte nach Amos 6, 5;
D.’s Conjectur OOH ist schon deshalb unzulässig, weil 8. hier
keine nachbibl. Wörter gebraucht); L. my, P. MIN st. MIT
wie Nehem. 12, 8, woher das Wort entnommen ist. — V. 18. L. fehlt das
erste yı (dasD. ergänzt) und st. des zweiten steht da 4; L. Hmy st. yıox-
") Es kann hier nicht von metrischen Gedichten die Rede sein,
denn Donasch (Kritik, ed. Schröter p. 31 Nr. 105) und die Schüler
des Menabem (Respunsa, ed. Stern p. 27) bezeugen, dals 8. das Metrum
für hebräische Gedichte verwarf.
92 Harkavy, Mittheilungen.
8 apn Say Te Pre Tee art 9 ae oh
Prey. re AD Day Print
CORP ON TO WS NG AG
ks m2 DOOR VE MAW nT wep me 12 wt Ps
nm Ha? toys top? Pye 59 dy TNE] unge
b. ra aria Sb irq teri San mee singd “9d dy mfg
Sab ODD m van bp be iow TO pi : WIP THO
dern bis in die Ewigkeit. [19] Ihr alle Wissende und
Verständige, wendet euch zu ihm (dem Werke), that
auf euer Herz und euere Seele, um es zu begreifen!
Ihr alle Schönredner, strömt zu ihm, und nach ihm
übersetzet aus allen Sprachen der Erde, der eingehenden
und der ausgehenden (des Ostens und des Westens?)
von Zeichen zu Zeichen (von Anfang bis zu Ende?) *).
[20] Wenn wir so verfahren, so wird der Retter unserer
Seele, unser Erlöser von jeher, uns begnadigen mit
der Herabsendung der Hülfe, nach der wir uns sehnen,
(nämlich :) auszubreiten unsere gediegene Sprache
über die ganze Erde, damit Alle Seinen Namen an-
rufen, um alleeammt Ihm zu dienen. [21] Und es
b. geschah als ich den Entschlufs gefafst hatte, dies Buch
zu schreiben, um es zur Einsicht (Anleitung) zu machen
für alle, welche die Sprache der heiligen Engel gern
haben, |22] so lenkte ich meine Herzensgedanken *)
V.19.L. 99m. yan). — V. 20. L. nam, PenTmndet. Ta:
L. wrayd st ays — V. 21. L. 2b Sy mbdys at. 025 Sy ya
') Vielleicht nimmt hier 8 yp synonymisch mit N in der Re
deutung von Buchstabe, und will sagen : vom ersten Buchstaben bis
zum letzten.
*) G. setzt ein Fragezeichen beim Worte 3, es war ibm also
unverständlich. Offenbar gebraucht 8. hier das dr. ey. NID (I Kon.
sus Petersburger Handschriften. 93
Pag app: OY MP So KBE] too Typen OOP” IPDS
AREER Npin DR Tio? DR OY ‘AY nam OY 193 59 NPD
On nena etbyop nme Sy niopim : Ap myior hapten) ©
RN OE MR CTE) TH? OK ONAL? OF Opa?
ST) Opry Mopkr Opene Op arıplan men Mitios)
Vay TPIT? Ose Fyn niyo Alma Mop nie.
auf alle menschlichen Wörter und auf die Reden ihres
Mundes, welche in jeder Sprache sich befinden. [23] Da
fand ich, dafs jedes menschliche Wort auf eine dieser
zwei Arten ist : entweder Grundlage (aus Radicalbuch-
staben bestehend), oder vermehrt (mit Servilbuchstaben) ;
das Vermehrte (Wort) hat auch seine Grundlage (oder:
das Zugefügte hat auch seinen Grund, seine Ursache,
wie er im Folgenden erklärt). [24] Die vermehrten
(Wörter, oder : die beigefügten Buchstaben) sind auf
drei Arten : die Mehrzahl, den Besitz anzugeben, oder
die Zeit — Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart —
anzuzeigen. [25] Die Grundlagen (die aus Radical-
buchstaben bestehenden Wörter) bleiben immer in dem-
selben Maalse; das Gegentheil ist der Fall mit den
Vermehrten. [26] Die dem Worte beigefügten Buch-
staben sind : J9Mw> Om !), wovon sieben auf der
12, 38) in der Bedeutung von ersinnen, erdenken. Gemeint sind also
die Gedanken, durch welche der Mensch etwas Neues erfindet.
V. 22. L. fehlt 1455. Er liest man st: NIDD- — V. 28. L. yon
st. “Deer. — V. 25. L. omyony st anyamn- — V. 26. D. fügt nach
bug noch die Worte MOIOD) MI) hinzu; dem widerspricht aber die
(in Anm. 1 8.94 zur Uebersetzung angeführte) Stelle aus 8.’s Comment.
su Exod. L. jan, was schon H. yon corrigirt; L. MMO st.
NTON-
ı) Vgl. Responsa der Schtiler Menahems (p. 40), wo dies im Namen
8.’s angeführt wird. H.
Smoeond, über die Genesis des Judenthums.
DORT IR aT ris of gr TROT ATOR Dr
» BEE 571,3,
Grundlage (folgen) und ungewendet (vor d
diese sind 1 0153; vier aber kommen nor
wendet, diese sind jm’). [27| Alle. .
A. Harkavy.
Ueber die Genesis des Judenthums.
Von Radolf Smend.
I.
Israel und das Judenthum, Israeliten und Juden sil
für die populäre Vorstellung ziemlich identische Begrif,
in Wahrheit sind sie sehr verschieden. Das alte lud
war ein Volk und ein nationaler Staat, das Judenthu
eine religiöse Gemeinde. Hier haben wir die in der We
geschichte völlig vereinzelt dastehende Thatsache, dalı &
nationale Religion den Untergang des nationalen Staat
überdauerte und den Rest des alten Volkes sogar viel fest
zusammenschlofs als einst Staat und Volksthum es ta
V. 26. L. 79 st. 3 (wohl Druckfehler).
') 8. Donasch, Kritik (p. 2—8, Nr. 6), wo diese Eintheilung 8
oitirt wird. H. In 8.'s Commentar sum Exodus (cap. 26) heii |
ebenfalls, dafs die eilf Buchstaben HIN I Yin den Wörtern ı
Anfang zugefügt werden (Liu! 3 cL AKU Ak), wobei er sich ı
seine Poetik beruft (‚Al US & ld WSLS; 5 die vont
im 9 1877 p. 287 veröffentlichte Stelle); wahrscheinlich ist:
um, der als Anleitung zur Poesie zu dienen bestimmt war, gem
wie auch Kaufmann (Hebr. Bibliogr. 1878, p. 68) vermuthete.
96 Smend, über die Genesis des Judenthums.
liefs der Eifer, der durch die Erfüllung des Gesetzes die |;
göttliche Gnade wiedergewinnen wollte, neben dem supra-
naturalen Gesetzbuch, das nun für alle Verhältnisse des
Lebens die alleinige Richtschnur wurde, keinen Platz mehr
für das natürliche Volksleben, und so auch nicht für seine
äufsere Form, den politischen Staat und das Königthum.
In der That sind aber auch alle anderweitigen Unterschiede
zwischen Israel und dem Judenthum auf jenen einen Gegen-
satz zurückzuführen : der Untergang des israelitischen
Stastes und Volksthums ist die wichtigste Epoche der vor-
christlichen Offenbarungsgeschichte.
Auch die biblische Wissenschaft hat erst in neuester
Zeit zwischen dem alten Israel und dem späteren Juden-
thum unterscheiden gelernt und so erst eine lebendige Vor-
stellung von der alttestamentlichen Religionsgeschichte ge
wonnen. In der That ist das eine die Vorbedingung des
andern. Ohne jene Unterscheidung ist man ohne Antwort
auf die Frage, was doch die tragische Geschichte Israels
bedeutet habe, was denn die Resultante des gewaltigen
Kräftespiels war, das auf den Berg Zion wirkte, wozu
überhaupt der grofse weltgeschichtliche Apparat gegen
Israel und für Israel in Bewegung gesetst wurde. Ant-
wortet man, die Prophetie sei dadurch ins Leben gerufen,
so ist zu erwidern, dals die prophetische Predigt der Haupt-
sache nach aus selbstverständlichen Gedanken besteht,
wenn das Gesetzbuch älter ist als die Prophetie '). Auch
die messianische Hoffnung ist m. E. ein nothwendiges
Complement des Gesetzbuchs. In Wahrheit setzt man für
gewöhnlich aufser Augen, was die Prophetie innerhalb der
altt. Geschichte bedeutet hat. Man hält sich meistens allzu
einseitig an diejenigen prophetischen Gedanken, die über
I) Befremdlich ist der immer wiederkehrende Hinweis auf den neu-
testamentlichen Ausdruck „Gesetz und Propheten“, als ob der etwas
anderes bedeutete als der erste Theil des Kanons und der zweite.
u 2
and ~™ ~~ re u wr
Smend, über die Genesis des Judenthums. 97
das Niveau des übrigen A. T. binausgehen, und setzt sie in
Parallele zum N. T. Aber der Werth dieser prophetischen
Gedanken kann doch nur darin bestehen, dafs sie nicht
nur innerhalb einer Geschichte entstanden sind, sondern
auch in einer Geschichte fortgewirkt haben. Man kann
getrost behaupten, dafs die Propheten als die (wenn auch
nur indirecten) Begründer des Judenthums wichtiger sind
denn als die Weissager vom N. T. Was sie über das
Judenthum hinaus haben, ist uns nur werthvoll zur Ver-
bürgung dessen, was im Judenthum verborgen ist. Theo-
logisch (im engeren Sinne) pflegt man sich für das Juden-
thum kaum zu interessiren. Man hat es allerdings zu einem
grofsen Theil in dem, was man gewöhnlich Mosaismus
nennt. In Sonderheit wird der Zeitraum zwischen dem
letzten Buch des altt. Kanons und dem N. T. gemeinhin
als ein Vacuum angesehen, das wesentlich nur von archüo-
logischem Werthe sei, die innere Geschichte des vorchrist-
lichen Judenthums wird in der That fast ausschließlich
von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, als Basis für
das Verständnifs des N. T. dient die neutl. Zeitgeschichte
anstatt einer Geschichte des Judenthums. Es kann aber
keinem Zweifel unterliegen, dafs die nächste Aufgabe der
altt. Theologie vor allen Dingen die Geschichte des vor-
christlichen Judenthums ist.
Freilich stellt die Ueberlieferung das Gesetzbuch an
den Anfang der israelitischen Geschichte, und für das spätere
Judenthum war der Gedanke einer geschichtlichen Ent-
wickelung seines Glaubens und seiner Sitte ebenso unfafsbar
wie für die katholische Kirche. Dem steht aber zunächst
die Thatsache gegenüber, dafs der Pentateuch und namentlich
das Gesetz des Pentateuchs keine einheitliche Gröfse, son-
dern aus mehreren und zwar sehr verschiedenartigen Ge-
setzbüchern zusammengestellt ist. Der Dekalog von Ex. 20,
der von Ex. 34, das Bundesbuch Ex. 21—23, das Deu-
teronomium, das in Lev. 17—26 zu Grunde liegende Corpus,
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1883.
98 Smend, über die Genesis des Judenthums.
alle diese Stücke sind von einander und von dem Rest der |
pentsteuchischen Gesetze, die man neuerdings meistens
unter dem Namen des Priestercodex zusammenfafst, cha-
rakteristisch verschieden. In der That hat jede dieser
Gruppen ihren eigenthümlichen Typus und zwar in solchem
Grade, dafs man fragen mufs, welche von ihnen denn vor-
züglich als „das Gesetz“ zu gelten habe. Nun ist der
Pentateuch allerdings in seiner Gesammtheit die Magns
Charta der jüdischen Theokratie gewesen, aber zu diesem
seinem Charakter haben die verschiedenen Gruppen seiner
Gesetze in sehr verschiedenem Grade beigetragen. Am
wenigsten der fast ausschliefslich moralische Dekalog von
Ex. 20 und das Bundesbuch, das von religits-humanem
Standpunkt aus vor allem die privatrechtlichen Verhält-
nisse eines Bauernvolkes behandelt. Das vornehmste und
gröfste Gebot war es nicht, was die jüdische Gemeinde
zusarnmenhielt und worauf zunächst der eigenthümlich ge-
setzliche Charakter ihrer Religiösität beruhte, das waren
vielmehr die Cultus- und Ceremonialgesetze des Pentateuch
d. h. der sogenannte Priestercodex mit dem davon unab-
trennbaren Corpua Lev. 17—26. Was die verschiedenen
Giuppen der pentatenchischen Gesetze der Hauptsache
nach von einander unterscheidet, ist der verschiedene Grad,
in dem sie den Cultus und die religiöse Sitte fixiren und
zwar im Gegensatz gegen den volksthümlichen Brauch.
Jenes Moment findet sich schon Ex. 20—23. 34, in höheren
Grade im Deuteronomium, mehr noch Lev. 17—26, den
Priestercodex füllt es vollständig aus'). Auch der pole
1) Der Dekalog von Ex. 84 ist freilich ausechliefslich ritual, wie
im Priestercodex erscheinen auch hier Gotterdienst und religiöse Bitte
als die Hauptsache in der Religion. In gewissem Sinne hat der Gegensats
zwischen dem Bundesbuch und dem Priestercodex in der That im alten
Israel bestanden, das wissen wir nicht nur aus dem Nebeneinander
dieser beiden Dekaloge, sondern vor allen Dingen aus dem Gegensats
100 Smeond, über die Genesis des Judenthums.
im Hohenpriester gipfeln. Der trägt den Purpur und des
Diadem, der heifst „der Gesalbte*, von seinem Tode datirt
jedesmal eine neue Aera. Von der bürgerlichen Obrigkeit
ist so zu sagen nicht die Rede. Die Stammesfürsten kommen
lediglich als Spender von Opfern und Weihgeschenken in
Betracht. Im Zusammenhang der hexateuchischen Ersih
long wird freilich von Josua neben Eleasar Notiz genommen,
aber nach Num. 27 ist nicht Josua der Führer Israels,
sondern Eleasar regiert und Josua hat nur den Ausspruch
von Urim und Thummim zu executiren. In Wahrheit
scheint im gesetzlichen Gottesdienst, der Israel überhaupt
geoffenbert ist, das ganze Leben des Volkes aufzugehen.
Opfer und Ceremonien erscheinen als seine einzige Lebens-
äufserung, die bis ins Kleinste und Geringste vom gött-
lichen Gesetze bestimmt ist. In einem Kalender bestimmt
Gott seine zahlreichen Feste, die ein systematisch geglie
dertes Ganzes bilden und in dem einen Moment ihren Höhe |
punkt haben, wo der Hohepriester am Versdhnungstage
das Allerheiligste betritt. In einer detaillirten Tabelle ver-
ordnet Gott auf das genaueste das Wie und Was des
Gottesdienstes für jeden Tag des Jahres, und für jede
Lage des Lebens ist eine bestimmte religiöse Observans
durch Gottes Gebot vorgeschrieben. So ist das ganze
Leben des Volkes, des Einzelnen wie der gesammten Ge-
meinde von einem Netze gottesdienstlicher Handlungen
überzogen, die auf Schritt und Tritt an den Gott Israels
und sein Gesetz erinnern, ja das ganze Leben des Volkes
ist gleichsam ein grofser ununterbrochener sacramentaler
Gottesdienst, der sich um die Stiftahütte dreht. Nur diesen
Sinn hat jene Lagerordnung, welche die 12 Stämme con-
centrisch um die Stiftshütte und den Stamm Levi gruppirt.
Das ist das Joch des Gesetzes, das nach hergebrachter
Meinung schon Mose dem halsstarrigen Volke aufgelegt
hat, der harte Zuchtmeister, durch den Israel von jeher
erzogen wurde.
Smend, über die Genesis des Judenthums. 101
Es scheint auf den ersten Blick befremdlich, dafs diese
Gruppe von Gesetzen recht eigentlich das „Gesetz“ Israels
ausgemacht haben soll, da in ihr doch gerade das am we-
nigsten zum Ausdruck kommt, was wir als den wesent-
lichsten Unterschied der alttl. Religion von den heidnischen
zu betrachten gewohnt sind. Sollte diese Cultusgesetz-
gebung wirklich die gesammte religiöse Sphäre ausfüllen ?
Oder haben wir den viel bescheideneren Versuch vor uns,
nur die gottesdienstliche Seite der Religion darzustellen ?
So stellt man wohl die Alternative, aber mit Unrecht.
Wenn der Priestercodex fast ausschliefslich Cultusgesetze
enthält, so folgt daraus allerdings, dafs seine Verfasser
gerade die Aufsenseite der Religion als das Wichtigste in
der mosaischen Offenbarung betrachteten. Dafs ihnen die
Religion überhaupt hierin aufging, ist damit nicht gesagt.
Aber einen anderen Sinn als den bezeichneten kann diese
Gesetzgebung in dem grofsartigen Rahmen der Urgeschichte
von der Schöpfung der Welt bis zur Einnahme Kanaans
durch Israel doch nicht haben.
In der That liegt die pädagogische Tendenz dieses
Gesetzes auf der Hand, so energisch wie hier ist wohl
sonst nie in der Weltgeschichte der Versuch unternommen,
ein ganzes Volk religiös zu erziehen. Deutlich ist aber
auch, dafs der oder die Urheber dieses Gesetzes von der
natürlichen Verderbtheit Israels aufs tiefste durchdrungen
waren, und es fragt sich doch sehr, ob wir eine solche
Erkenntnifs bei dem voraussetzen dürfen, der eben erst
dies Volk geschaffen hatte, ob ein eben entstehendes Volk
für einen solchen Gedanken auch nur das geringste Ver-
stindnifs haben konnte, geschweige denn soviel, dals es
dies Joch auf sich nahm. Vatke hat ferner darauf auf-
merksam gemacht, dafs der Priestercodex förmlich den
Begriff einer Kirche entwickelt, dieser aber erst als die
Nachbildung eines Staates begreiflich ist, wozu Israel es
erst im Laufe seiner Geschichte brachte. Wirklich er-
102 Smend, über die Genesis dos Judenthums.
scheint auch die römische Kirche als undenkbar ohne den
vorhergehenden altrömischen Staat.
Nun haben solche Erwägungen freilich keine Bedeu-
tung für diejenigen, die das Wesen der göttlichen Offen-
barung wesentlich im Gegensatz zur Natur suchen und die
deshalb das Volk der Offenbarung möglichst abnorm vor-
zustellen gewohnt sind. Indessen sind wir über die Ge
schichte des alten Israel genügend unterrichtet, um auf
Grund der uns zu Gebote stehenden Quellen zunächst
wenigstens die Gültigkeit des Priestercodex für die vor
exilische Zeit leugnen zu müssen. Was die mosaische Zeit
angeht, so braucht heutzutage kaum noch bewiesen zu
werden, dafs die Theokratie des Priestercodex in der Wüste
nicht existirt haben kann. Es genügt an Am. 5, 25 oder
an die anderweitige, leider verstümmelte Beschreibung des
mosaischen Heiligthums Ex. 33 zu erinnern, wo das Zelt
aufserhalb des Lagers steht, und Mose und der Knabe
Josua die Stelle Aharons, seiner Söhne und der 22,000
Leviten vertreten. Fast allgemein wird die erzihlende
Form des Gesetzbuchs eben nur für eine Form genommen,
in die Spätere ihren Glauben an die mosaische Herkunft
oder auch nur den Gültigkeitsauspruch der einzelnen Ge
setze einkleideten. Somit kann der Priestercodex nicht
selbst für sein Alter und seine Geltung in der mosaischen
Zeit zeugen.
Aus Neh. 8—-10 wissen wir, dafs sogar die nachexi-
lische Gemeinde fast ein Jahrhundert lang bestanden hatte,
bevor ihr der Priestercodex bekannt und feierlich einge-
führt wurde Nach einer durchaus glaubwürdigen Ueber-
lieferung hatte der Schriftgelehrte Esra ihn aus Babylonien
mitgebracht. Ein anderer Theil des Pentateuchs, das Deu-
teronomium, war dagegen schon einige Jahrzehnte vor der
Zerstörung Jerusalems bekannt und zum öffentlich gül-
tigen Gesetzbuch erhoben worden (2 Kin. 22. 23). Be-
treffe des Deuteronomiums wird nun ziemlich allgemein
Smend, über die Genesis des Judenthumms. 103
mugenommen, dals es kurz vor seiner Auffindung entstanden
~wwar. Die Forderungen dieses Gesetzbuchs passen in der
“What allein auf die Zeit Josias. Dasselbe gilt aber in noch
~wid höherem Grade vom Priestercodex betreffs der exilischen
wend nachexilischen Zeit und man hat gar keinen Grund
‘hier eine Folgerung abzulehnen, die man dort acceptirt 1).
Wie vor der Zeit Josias keine Spur vom Deuteronomium
and fiberhaupt von keinem öffentlich gültigen Gesetzbuch
in der israelitischen Geschichte zu entdecken ist, so wenig
findet sich vor Esra eine Spur vom Priestercodex. Was
diese Thatsache zu bedeuten hat, folgt aber daraus, dafs
umgekehrt in der Zeit nach Josia das Deuteronomium sich
in Literatur und Leben sehr bemerkbar macht, wenn auch
nicht in dem Mafse wie seit Esra der Priestercodex.
Nach der Chronik sollte man freilich meinen, der
Priestercodex sei von jeher der Angelpunkt gewesen, um
den sich das Leben Israels bewegte. Aber dies nach
Alexander dem Grofsen geschriebene Buch kann neben der
parallelen Ueberlieferung der Bücher Samuelis und Könige
nicht in Betracht kommen. Denn was die Entstehung
jenes Buches wesentlich veranlafst hat, ist der Umstand,
dafs jene älteren Geschichtsbücher von dem Priestercodex
nichts wissen. Sie geben uns ein Bild vom alten Israel,
welches Zug um Zug seinen Forderungen aufs gröblichste
widerspricht, und so wenig sie mit den Zuständen des alten
Volkes zufrieden sind und so scharf sie dasselbe kritisiren,
so ist der Mafsstab, den sie dabei anlegen, doch offenbar
ein ganz anderer als der des Priestercodex. Der Verfasser
5) Es kann hier nicht der Ort sein, den von Anderen geführten
Beweis dieser Behauptung zu recapituliren. Nur auf eine Kleinigkeit
möchte ich aufmerksam machen. In der trockenen Erzählung des
Priestercodex über die Erzväterzeit findet sich auf menschlicher Seite
nirgendwo ein Motiv zu handeln, die ganze Geschichte läuft völlig
automatisch ab. Die eirzige Ausnahme bildet der Schmerz Isaaks und
Bebekkas über die canaanitischen Enen Esaus (Gen. 28 vgl. Num. 25).
104 Smend, über die Genesis des Judenthums.
der Chronik wollte diesem Mangel abhelfen, den er ohne
Zweifel fir einen nur scheinbaren hielt. Die mosaische
Abfassung des Pentateuchs und seine bestindige Gtiltigkeit
war für ihn selbstverständlich und so meinte er, die ältere
Ueberlieferung nur richtig zu interpretiren, indem er sie
überall nach dem Gesetzbuch und überhaupt nach den
Zuständen und Vorstellungen seiner Zeit corrigirte und
umarbeitete. Das Israel der Chronik ist eine alterthüm-
liche Verkleidung der jüdischen Gemeinde, daher diese
Bilder voll innerer Contraste und Widersprüche, die hin
und wieder fast ans Groteske streifen, die aber gleich-
wohl sehr lehrreich sind, sofern sie zeigen, wohin die Zu-
rücktragung des Gesetzes in die vorexilische Zeit führt.
Im engsten Zusammenhang damit steht ein stark ausge
prägter religiöser oder vielmehr dogmatischer Pragmatismus
der Darstellung, wonach Unglück überall Strafe für eine
bestimmte Sünde und zwar für Ungehorsam gegen be
stimmte Gebote des Gesetzes und umgekehrt Glück als
Lohn für gesetzliche Frömmigkeit erscheint. Diesen Causal-
nexus bemüht sich der Verf. auf allen Punkten aufzuzeigen,
indem er Ursache und Wirkung auch da überall concret
ausmalt, wo die ältere Ueberlieferung uns darüber völlig
im Dunkeln lifst, — Frömmigkeit und Gottlosigkeit nach
dem Priestercodex, Glück und Unglück nach oft sehr will
kürlichen Combinationen. In sehr vielen Fällen wird sogar
von Ursache auf Wirkung und umgekehrt lediglich ge-
schlossen, das rein vermuthete Glied der Kette darum aber
nicht weniger concret geschildert wie das überlieferte.
Die älteren Geschichtsbücher, Richter, Samuelis und
Könige, haben ihre vorliegende Gestalt wesentlich im Exil
erhalten. Diese letzte (so zu nennende) Bearbeitung ist
das Werk mehrerer Hände und muls übrigens wegen ihrer
Verwandtschaft mit den Propheten Jeremia und Ezechiel
für einen getreuen Ausdruck der damaligen Denkweise
gelten. Sie steht auf dem Standpunkt des Deuteronomiums.
Smend, über die Genesis des Judenthums. 106
Was sie aber aufserdem vom Chronisten unterscheidet, ist
einmal der Umstand, dafs jener Pragmatismus von ihr bei
weitem nicht in demselben Mafse entwickelt wird und dann,
dals sie die Vergangenheit viel weniger idealisirt, als viel-
mehr verdammt. Es liegt hier nicht nur ein anderes Gesetz-
buch zu Grunde, sondern auch die gesammte Anschauung
ist eine viel weniger gesetzliche. Denn der Glaube an das
mosaische Gesetzbuch hat zur nothwendigen Consequenz
die Meinung, dals es seit Mose in Israel regiert oder doch
wenigstens seinen Anspruch auf Anerkennung immer wieder
geltend gemacht habe. So stellt denn auch der Chronist
die Sache dar. Dagegen ist das Gesetz zunächst im be-
wulsten Gegensatz gegen die Vergangenheit entstanden.
Es sollte anders werden. Der letzte Verfasser des Königs-
buchs giebt zu, dafs gerade diejenige Forderung des Deu-
teronomiums, auf die er das meiste Gewicht legt, nämlich
das Verbot der Höhen, erst von Hiskia oder vielmehr von
Josia durchgeführt sei, ja mehr als das, nach seiner Mei-
nung (die in Wahrheit auch die des Deuteronomiums ist)
hat jene Forderung erst seit dem salomonischen Tempelbau
Gültigkeit gehabt. Von dem Zeitpunkt ab wird der Höhen-
dienst beanstandet und allen Königen bis auf Hiskia und
Josia zum Vorwurf gemacht, für die ältere Zeit wird er
gerechtfertigt (1 Kön. 3, 2) und passirt deshalb in den
Büchern der Richter und Samuelis ungerügt. Freilich läfst
er seit Salomo von Zeit zu Zeit Propheten auftreten, die die
Hauptgebote des Deuteronomiums geltend machen, aber das
hat hier doch noch einen anderen Sinn als in der Chronik.
Ueberhaupt geht der Begriff der Thora für den Verfasser
durchaus nicht im Gesetzbuch auf (2 Kön. 17, 13 vergl.
Esra 9, 11).
Andererseits wird fast die gesammte Vergangenheit
aufs entschiedenste verurtheilt. Es soll gezeigt werden,
dafs das Volk von jeher einen unaustilgbaren Hang zur
Gottlosigkeit in sich trug und schon in der Zeit seiner
106 Smend, über die Genesis des Judenthums.
Entstehung seine grundverderbte Natur an den Tag legte.
Schon nach den Erfahrungen der Richterzeit konnte man
über den Ausgang der Geschichte Israels nicht zweifelhaft
sein, ja sogar die Zeit des Wüstenzuges, die von den
älteren Propheten und selbst noch von Jeremia so ganz
anders beurtheilt wird, erscheint in diesem Lichte. Später
nach Salomos Tode fiel der gröfste Theil des Volkes für
immer von seinem Gott ab, bei der Entstehung des Reiches
Ephraim war auch schon sein Untergang besiegelt. Auch
das Reich Juda war im Grunde nicht viel besser. Obwohl
manche seiner Könige fromm waren, so kamen doch nur
Hiskia und Josia dem Davi« gleich, und deren Frömmig-
keit konnte die Gottlosigkeit nicht abstellen, die nun ein-
mal zu tief in der Natur des Volkes stak. Darum mufste
auch Jerusalem mit dem Tempel fallen, wie schon dem
Salomo fiir den Fall des Götzendienstes, ja schon den
Vätern, die in Kanaan einzogen, durch Mose angedroht
war. Gott wohlgefällig und fromm war in alter Zeit das
Geschlecht, das unter Josua das heilige Land eroberte,
fromm war Israel während der Regierungszeiten der Richter,
fromm war David, an dessen Namen sich die Erinnerung
an die einstige Macht und Gröfse Israels knüpfte, Salomo, —
der Besitzer einer Herrlichkeit, die den Späteren märchen-
hafterschien, und vor allen Dingen der Erbauer des Tempels, —
war es wenigstens in seiner Jugend. Dafs diese Auffassung
der israelitiachen Geschichte von einem sehr unvollkom-
menen Vergeltungsglauben beherrscht ist, ist deutlich und
nicht minder deutlich die Zeit, in der sie sich bildete. Die
furchtbare Thatsache, dais Jahve sein eigenes Volk ver-
nichtet hatte, forderte ihre Erklärung aus einer ungeheueren
Schuld, die auf Israel lastete. Ein gottloses Geschlecht
war es, das der vernichtende Schlag traf, und seine Gott-
losigkeit manifestirte sich am deutlichsten in dem Götzen-
dienst, um den sich der Kampf zwischen Volk und Pro-
phetie zuletzt eigentlich gedreht hatte und der übrigens
Bmeond, über dis Gencsis des Jadenthums. 107
einem guten Theil wirklich in uralte Zeiten surtick-
hte '). So unvollkommen, einseitig, willkürlich, ja un-
cht diese Beurtheilung der Vergangenheit deshalb auch
Einzelnen ist, es ist nicht aus der Luft gegriffen, wenn
ganzen Vergangenheit und namentlich auch schon der
ıterzeit Götzendienst vorgeworfen wird. Ja es ist in
er Geschichtsbetrachtung ein grofser Fortschritt zu
statiren. Sie verdient schon deshalb alle Anerkennung,
. sie init dem Vergeltungsglauben entschiedenen Ernst
ht. Man schob ja nicht die Schuld von sich ab, son-
ı man klagte sich selbst an, indem man die Väter an-
ste, man bekannte die eigene Schuld, indem man die
ze Vergangenheit als eine grofse Schuldenlast hinstellte
h. 9). Wichtiger ist ein Anderes. Das Wesen der
de scheint etwas oberflächlich aufgefalst zu werden,
n sie hier wesentlich nur als Götzendienst erscheint,
: andererseits ist dasselbe hier doch viel tiefer erfalst,
früher. Im Anschlufs an Jeremia wird die Sünde hier
2in unausrottbarer Hang der gottwidrigen Natur Israels
iffen. Bei den älteren Propheten (Hosea macht aus
ınntem Grunde einigermafsen eine Ausnahme) ist die
de dagegen eine ziemlich unbegreifliche Entartung der
rünglich guten Natur des Volkes. Ebenso bezeichnet
Energie, mit der eine fortgehende Vergeltung postulirt
) Die Meinung des Deuteronomiums, Esechiels und des Corpus
17 ff., dafs der volksthtimliche Gottesdienst grofsentheils kanaani-
xr Götzendienst sei, den Israel bei seiner Einwanderung ange-
sen habe, ist, wie Wellhausen bemerkt, nicht unbegründet.
rird durch die ältere Ueberlieferung (Num. 25. Hos. 9) und nicht
sr durch die Sagen der Geuesis bestätigt. Obendrein ist das
em des israelitischon Götzendienstes oder vielmehr des frühsei-
Kampfes gegen denselben ohne eine derartige Annahme unlösbar,
egentheil ist es undenkbar, wie eine solche Vermischung hätte
ieden werden können, als ein Hirtenvolk in die höhere Cultur
ackerbauenden eintrat.
108 Smend, über die Genesis des Judenthums.
und constatirt wird, einen Fortschritt über die ältere Zu L-
hinaus. Die Mängel dieser Geschichtsauffassung liegen af hz.
der Hand, aber es ist leichter, dieselben zu rügen sb u,
zu verbessern. Es ist eben schwer, wenn nicht unmögid, >
aufzuzeigen. ;
Auf diesen beiden Punkten nähert sich diese deuter |
nomistische Religionsauffassung freilich dem Geeets, abe >
den eigentlich gesetzlichen Standpunkt erreicht sie bi
Weitem noch nicht. Ihre Gesetzlichkeit geht wesentic ter
auf in der Perhorrescirung der grob heidnischen Elements, bon
die dem volksthümlichen Gottesdienst von altersher nod Yr:z
anklebten oder von aufsen in ihn eingedrungen ware }
Der verwilderte Baum wird mit Axt und Säge zugestats, ¥
das Deuteronomium sucht ihn überdies durch Einmischoy [=
humaner Elemente zu veredeln, aber im Uebrigen lit }
man ihn wie einen natürlichen Baum wachsen. Man nimmt hi
grolses Interesse am Tempel, am Cultus aber wesentlich bs
nur ein negatives. Jahve soll nicht in falscher Weise ver }
ehrt werden, positiv wird darauf kein Nachdruck gelegt, .
man denkt noch nicht daran, dafs der Cultus auf gött-
licher Offenbarung beruhe. Der Prophet Jeremia stellt a}
als eine notorische Thatsache hin, dafs Jahve beim Aus
zuge aus Aegypten nichts von Opfern geboten habe (7, 22). &
Nach der deuteronomistischen Geschichtsschreibung besteht §
die Frömmigkeit Josuas, Hiskias und Josias nicht sowohl }
darin, dafs sie den rechten Gottesdienst übten, als dals },
sie den falschen heidnischen resp. die Canaaniter ausrotteten.
Wenn es weiter von jenen beiden Königen im Anschluß }
an ihre Cultusreformation heifst, dals sie ganz so gethan
hätten wie ihr Vater David, dagegen von anderen fromme ;
Königen, die gleichwohl die Höhen duldeten, dafs sie nicht |
ganz wie David gethan hätten, so ist es schwer, diesen |
Gedanken auszudenken. Denn anf Davids Zeit findet ja |
das Verbot der Höhen keine Anwendung. Hier zeigt sich
Smond, tiber die Genesis des Judenthums. 109
it deutlich das Unfertige in den Anschauungen des
fassers. In den Btichern Samuelis acceptirt er ohne
iteres die Schilderung der natürlich edelen Persönlichkeit
ids, die die Mit- und Nachwelt begeisterte, er fühlt
nicht gedrungen, die Gesetzlichkeit von Davids Fröm-
keit zu constatiren, wenn er ihn auch in seinem Testa-
ıt den Salomo im Hinweis auf das Gesetzbuch vor dem
sendienst warnen lälst.
Zuzugeben ist freilich, dafs dieser deuteronomistische
ıdpunkt, wesentlich über das Deuteronomium hinaus-
snd, ein religiös-kirchlicher ist. Namentlich ist das
igsbuch eigentlich eine Kirchengeschichte, mit dem
ıterbuch steht es nicht viel anders. Im Königsbuch
der Tempel und die Prophetie die hauptsächlichen
‘enstinde des Interesses, dessen Kehrseite der Gegensatz
ın den Götzendienst ist. Nach diesen Gesichtspunkten
ler Stoff aus den älteren Quellen ausgewählt, indem
a hin und wieder ältere Erzählungen in einem Sinne
efafst werden, der ihrem ursprünglichen Geiste völlig
d ist (1 Kin. 20.22; 2 Kön. 9. 10). Von der äufseren
ischen Geschichte erfahren wir sehr wenig, meist nur
was zugleich auf den Tempel und die Prophetie Bezug
Nach ihrem Verhalten zu diesen beiden Dingen
‚en die Könige beurtheilt. Dadurch bekommt der Pa-
ismus des Verfassers eine eigenthümliche Färbung, ein
anes Nationalbewulstsein ist nirgends zu verspüren.
noch weils er sehr wohl, was der politische Staat und
Königthum für die Sache der Religion bedeutet hat.
e messianische Hoffnung ist an das Haus Davids ge-
ft, ohne dies kann er sich eine Zukunft Israels nicht
en, ob auch nur wenige Könige den Anforderungen
Xeligion in seinem Sinne entsprochen hatten. Auf dem
mm des Staates war eben die entstehende Kirche ent-
ngen, die Könige hatten den Tempel gebaut, könig-
Diener waren die Priester der vorexilischen Zeit
110 Smend, über die Genesis des Judenthums.
(1Sam. 2, 25), das Königthum hatte dem deuteronomischen
Gesetzbuch Geltung verschafft.
Nirgends zeigt sich in der deuteronomistischen Bear
beitung die Vorstellung einer selbständigen Theokratis,
wohl aber ist sie in einigen Erzählungen des Richter- und
Samuelisbuchs zu erkennen. Danach wäre die selbstän-
dige Theokratie sogar ülter als das Königthum. Die Er
zählung Richt. 19—21, deren Inhalt mit ihren Anfangı
und Schlufsworten merkwürdig contrastirt, giebt uns ein
Bild vom alten Israel, das schon an den Priestercodes
erinnert. Da haben wir em durchaus geistliches Israd
vor uns, eine wesentlich kirchliche Gemeinde, die ein-
müthig und mit furchtbarem Ernst der einen Aufgabe, das
heilige Volk Gottes zu sein, nachtrachtet. Auf die Nach-
richt von einer unerhörten Schandthat, von verruchten
Buben in Gibea an dem Weibe eines Leviten verübt, ver-
sammelt sich das ganze Volk wie ein Mann, um Gericht
zu halten, und als der Stamm Benjamin die Auslieferung
der Schuldigen verweigert, wird er von der übrigen Ge
meinde nach furchtbaren Kämpfen fast total ausgerottet.
Mit dieser Erzählung, die auf allen charakteristischen
Punkten in diametralem Widerspruch mit dem übrigen
Richterbuch steht, sind einige Stücke im Buche Samuelis
artverwandt. 1Sam. 7.8. 10, 17 ff 12 soll gezeigt werden,
wie dies geistliche Israel der vorköniglichen Zeit das heid-
nisch weltliche der königlichen Zeit wurde. Wenigstens
de jure ist Israel hier dasselbe wie dort, de facto erscheint
es freilich in einem völlig gegentheiligen Lichte Die
Wandlung ist unbegreiflich. Durch und durch heidnisch
war das Volk von jeher, seit dem Auszug aus Aegypten
ist es immer wieder zu den Götzen abgefallen, jetzt kommt
seine heidnische Natur vollends zum Durchbruch im Ver-
langen nach einem Könige. „Wir wollen sein wie alle
Heiden sind“, das ist die lästerliche Rede, die diese Rotte
allen Bitten und Beschwörungen Samuels entgegenstellt,
BSmend, über die Genesis des Judenthums. 111
mund zuletzt mufs Samuel nachgeben, als der souveräne
Stellvertreter Jahves giebt er dem Volke seinen König,
Zudem er zugleich den dereinstigen Untergang von König
ind Volk weissagt. In Wahrheit schlägt diese Erzählung
der gesammten vorexilischen Denkweise Israels, soweit sie
uns bekannt ist, in Sonderheit der anderweitigen Ueberliefe-
zung über Samuels Verhiltnifs zum Königthum, geradezu
ins Angesicht. Nicht verruchter Eigenwille des Volkes,
sondern die bitterste Noth der Knechtschaft hat Israel zum
Königtbum geführt, nicht das Volk hat von Samuel einen
König verlangt, sondern Samuel ist es gewesen, der längst,
«he das Volk an das Königthum dachte, darin die einzige
Rettung gesehen und verlangend nach dem Manne nach
Jahves Herzen ausgeschaut hat, der den Saul zuerst als
solchen erkannt, ihm seinen Beruf geoffenbart, ihm Mittel
und Weg zu seinem Ziel gezeigt und ihm endlich unter
geschickter Benutzung eines günstigen Augenblicks zur
= Krone verholfen hat, und umgekehrt : nicht Bamuel machte
m suletst den Saul zum Könige, dazu besafs er nicht die
ms Macht, sondern das Volk. Und zwar ist das nach dieser
ms Ueberlieferung die einzige eigentliche That Samuels, als der
a intellectuelle Urheber des Königthums hat er den Anstofs
um sur Befreiung Israels gegeben, das ihm deshalb sein späteres
ws Leben verdankt. Indessen tritt die oben skizzirte Erzäh-
se lung auch auf diesem Punkte der übrigen Ueberlieforung
= wtgegen. Sie nimmt die Befreiung Israels von den Phi-
„ ästern, die Grofsthaten Sauls und Davids direct für Samuel
in Anspruch. Ehe vom Königthum die Rede war, hat
Samuel das vollführt (1 Sam. 7), damit soll der anderwei-
tigen Ueberlieferung der Boden unter den Fiifsen weg-
gesogen werden, das Königthum war hiernach vollkommen
überflüssig. Es ist das freilich wiederum ein Ausflufs des
bekannten Pragmatisınus : war die geistliche Herrschaft
mach göttlichem Rechte die einzig wahre, dann mulste
Israel dabei auch besser oder wenigstens nicht schlechter
112 Smend, über die Genesis des Judenthums.
gefahren sein als bei der weltlichen. Das war logisch nicht
anders denkbar, ob auch die ganze Geschichte dadurch auf
den Kopf gestellt wurde.
Bei einem solchen Verhältnifs dieser Erzählungen sur
übrigen Ueberlieferung kann von einem Nebeneinander
bestehen der beiden gar keine Rede sein, sie vertragen
sich wie Ja und Nein und es ist verlorene Mühe, sie har-
monisiren zu wollen. Die Entscheidung über die zu
treffende Wahl kann nicht zweifelhaft sein. Denn in jenen
Stücken ist der innere Widerspruch, der grofse Mangel an
Lebenswahrheit überall nicht zu verkennen, der eben da-
durch entsteht, dafs Vorstellungen und Begriffe in das
altisraelitische Volksleben zurückgetragen sind, die sich
mit einem lebendigen Volksleben tiberhaupt nicht reimen.
Denn hier wird eben der natürlichen Form des Volks-
lebens, dem nationalen Königthum, für Israel das Existenz-
recht abgesprochen und dasselbe für von vornherein unver-
einbar mit Israels Bestimmung erklärt. Wellhausen
wird mit der Behauptung Recht behalten, dafs eine solche
Vorstellung von dem Verhältnifs geistlicher und weltlicher
Macht sich erst bilden konnte, als es keinen israelitischen
Staat mehr gab!). Wer innerhalb des nationalen Staats-
verbandes lebte, konnte jenes Verhältnifs in dieser Weise
nicht auffassen. Bekanntlich betrachten alle vorexilischen
Propheten, sogar noch Jeremia und Ezechiel, den nationalen
Staat mit dem Könige an der Spitze als die selbstverständ-
liche Form des idealen Israel der Zukunft. Das ist aber
um so bemerkenswerther, als der Kampf der Propheten
gegen die Excesse des Königthums fast ebenso alt ist als
das Königthum selbst. Jedenfalls stehen diese Erzählungen
weit ab von der Zeit, von der sie handeln, und selbst
wenn man die darin ausgesprochenen Ideen der vorexilischen
') Dasselbe gilt z. B. auch von einer Erzählung wie 2 Kön. |;
1 Sam. 13, 7—15.
Send, der ir Gass de Auntiemn 113
ct zuschruiber käune. se wire ven da noch om weer
Iaritt am der Annahme dah oe u dar worbingiche
at reaksirt warez. Ueberdies und wir beer meme noch
. Sam. 10, BD) agespeck. Aber das Gesetz schwebt dech
ır wie em Hauch über diesen Erzählungen, coacret wird
ine Exstenz m ihnen in kemerlei Organen oder Insti-
ten deathch. Es fehlt an Centralkeiigthum (dean Richt.
), 27b. Wa ist offenbar eine Glosse; vgl BW 1. 21, 19;
Sam. 7, 9.17), deshalb ist die einheitliche Gemeinde des
olkes Gottes Richt. 19-21 ein Schemen und vällig
Ihattenhaft ist auch die Gestalt Samuels in den genannten
tücken des Semmelisbuches. In Wahrheit ist sein Wider
and gegen die Stiftung des Königthums und weiterkia
ie selbständige Theokratie, die er vertritt, nichts als eine
betract priscipielle Zuspitsung, Antedatirung und Hypo-
tasirung des Gegensatzes, in den die Prophetie je länger
» mehr zum Königthum und überhaupt zum nationalen
'olksthum trat. Das heifst aber nichts anderes, als dafs
ie selbständige Theokratic des Gesetzes sich aus der Pro-
hetie entwickelt hat. Die Analyse des Samuelisbuches
eweist, dafs sogar der Samuel von 1 Sam. 15. 28 der ur
prünglichen Ueberlieferung fremd ist, noch später ist der
on 1Sam. 16 eingetragen. Ebenso deutlich sind die
tücke 1 Sam. 7. 8. 10, 17 ff. 12 in den Zusammenhang
on 1 Sam. 9. 10. 11 erst nachträglich eingeschoben. Hier
Zeitschrift f- 4. alttest. Wins. Jahrgang 3. 1882. 8
114 Smend, über die Genesis des Judenthums.
sind die älteste und die späteste Auffassung Samuels zu
einem höchst übel disharmonirenden Ganzen verquickt, in
der Mitte zwischen beiden stehen jene anderen beiden
Stücke. Uebrigens stützt sich die Kritik, indem sie die
Benutzung der deuteronomistischen und anderer verwandten
Elemente der historischen Bücher für die Construction der
älteren Geschichte ablehnt, keineswegs nur auf literar-
kritische und religionsgeschichtliche Untersuchungen und
Erwägungen, wie z. B. auf die Annahme, dafs das Dev-
teronomium in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts ent-
standen sei. Ihre Abweichung von den übrigen Stücken
ist eine so allseitige, dals sie schon nach den allgemeinen
Gesetzen jeder Geschichtsforschung für Erzeugnisse späterer
Zeit gelten müssen.
Die Differenz zwischen den Vertretern der Graf'-
schen These und deren Gegnern scheint mir in hohem
Grade eine methodische und bei manchen im letzten
Grunde allerdings auch eine theologisch principielle zu sein.
Bei der Untersuchung nach dem Alter des Priestercodex
ist zunächst doch wohl zu fragen, von welchem Zeitpunkt
ab er nachweislich in die Geschichte eingetreten ist. Das
ist er notorisch erst seit Esra. Vorher ist keine Spur von
ihm nachzuweisen. Danach ist die weitere Frage sofort |
dahin zu stellen, ob der Priestercodex nicht überhaupt erst —
in der Zeit Esras entstanden sei. Ist seine Entstehung in
dieser Zeit begreiflich, so würde dieselbe selbst dann hier
als wahrscheinlich anzusetzen sein, wenn sie übrigens auch
in früherer Zeit denkbar wäre. So liegt die Sache aber
keineswegs.
Während die exilische resp. nachexilische Eintstehung
mindestens als durchaus möglich erwiesen ist, fehlt für die
Annahme der vorexilischen Entstehung jeder Anknüpfungs-
punkt ’). In der vorexilischen Religionsgeschichte, über
) Dt 14 = Lev. 11 kauu durchaus nicht für einen solchen gelten.
Es ist nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, dafs ein-
Bmend, fiber die Genesis des Judenthums. 115
die wir durch die historischen und prophetischen Bücher
susreichend informirt sind, ist keine Phase zu entdecken,
aus der seine Entstehung verständlich wäre, geschweige
denn, dafs die Annahme seiner vorexilischen Existenz uns
das Verständnils irgend einer Erscheinung der älteren Ge-
schichte erleichtern würde. Im Gegentheil, er steht dem
Verstindnifs der letzteren überall im Wege. Uebrigens
ıber mufs jeder, der die Geschichte der israelitischen Tra-
dition auch nur einigermalsen kennt, zugestehen, dals die
Zurückführung dieser Gesetze auf Mose nicht den Aus-
rangspunkt der Untersuchung abgeben darf. Wenigstens
ıaben diejenigen, welche den Priestercodex 500 Jahre nach
Mose ansetzen, kein Recht sich auf die entgegenstehende
Cradition zu berufen, wenn Andere noch 500 Jahre tiefer
1inabgehen. Trotz dieses Sachverhalts stellen die Gegner
ron vornherein die Frage, ob nicht trotz der historischen
ınd prophetischen Bücher die vorexilische Abfassung in
ıbstracto möglich sei, und meinen die Graf’sche These
widerlegt zu haben, indem sie die postulirte Möglichkeit
rermittels völlig abstracter Hypothesen construiren. Solche
Luftgebilde ohne Fleisch und Bein sind freilich auch nicht
todtzuschlagen. Für die biblische Geschichte hätte es nun
freilich gar nichts zu bedeuten, ob der Priestercodex blofs
literarisch vor dem Exil da war oder nicht, da er nach-
weislich vor dem Exil gar keinen Einflufs geübt hat.
Nachdem man ihn aber zunächst blofs literaturgeschichtlich
vor dem Exil untergebracht hat, soll er dann aller un-
selne Capitel des Cultus und der Bitte schon vor dem Exil schrift-
stellerisch entwickelt waren. Eine lediglich mündliche Ueberlieferung
der priesterlichen Thora, die auch schon vor dem Exil theilweise einen
ritualen Charakter hatte, ist kaum denkbar. Aber darauf kommt os
eben nicht an, sondern auf die Totalität des Priestercodex d. h. auf
die systematische Eatwickelung des Cultus und der Bitte als göttlicher
Institutionen und eines geistlichen Israel.
8*
het
116 Smend, über die Genesis des Judenthumes.
zweifelhaft echten Ueberlieferung zum Trotz doch wieder
für die Seele des vorexilischen Israel gelten und dem In-
halt nach gar wesentlich mosaisch sein. Das heilst aber
nichts anderes, als die wissenschaftliche Methode, die man
übrigens selbst als die Richtschnur der theologischen Arbeit
fordert, auf den Kopf stellen.
In der That ist dieser methodische Fehler zu grofs,
um für zufällig gelten zu können. Er beruht auf tiefer-
liegenden Gründen. Und zwar ist es nicht nur der fort-
wirkende Einflufé Ewald’s und de Wette’s, das Ge
wicht der wissenschaftlichen Tradition, was hier der rich-
tigen Erkenntnifs im Wege steht, es sind vielmehr dog-
matische oder doch religiös-ästhetische Dispositionen. Der
Widerspruch gegen die Graf’ sche These ist von verschie-
denen Seiten, die doch sonst das Recht und die Pflicht der
theologischen Wissenschaft anerkennen, in einer Weise
erhoben, die hierüber keinen Zweifel lifst. Man wird von
den Gegnern Graf’s deshalb keine völlig objective Wür-
digung seiner Argumente erwarten dürfen. Verständlich
sind allerdings diese Stimmungen gegenüber der neuesten
Wendung der Kritik. Was man gewöhnlich die mensch-
liche Seite der Bibel nennt, erscheint danach um ein Stück
breiter als zuvor, die göttliche wird scheinbar mehr und
mehr verengt. Im Interesse der praktischen Verwerthung
des A. T. in Kirche und Schule kann sich deshalb jeder
Wohldenkende einer gewissen Beklemmung wohl nicht er-
wehren. Indessen ist dadurch doch nur deutlicher geworden,
was seit langem am Tage lag, eben die Mängel der ge
wöhnlichen Behandlung des A. T. und der Bibel überhaupt
in der kirchlichen Praxis treten um so klarer vor Augen.
Ebenso könnte doch vielleicht auch der, welcher sich in
seinen theologischen Grundanschauungen durch die kritischen
Positionen Graf’s behelligt fühlt, in jenen und nicht in
diesen den Fehler zu suchen haben. Ich irre mich wohl
nicht, wenn ich den Widerwillen gegen die Graf’ sche
Smend, über die Genesis tes Judenthums 117
These zu einem guten Theil aus einer Ueberschätzung des
alttl. Opfercultus erkläre, die wiederum in einer Ueber-
schätsung des Bildes begründet ist, unter dem im N. T.
die Bedeutung des Todes Christi so vielfach zum Ausdruck
kommt.
Il.
Die jüdische Theokratie, d. h. die Herrschaft des Ge-
setzes, ist als das vorläufige Resultat der vorexilischen (und
exilischen) Geschichte Israels zu begreifen. Man hat diese
Betrachtungsweise als pantheistisch oder gar als natura-
listisch bezeichnet, indessen möchte es leicht zu zeigen
sein, dafs sie weit mehr als die herkömmliche dem Glauben
an die göttliche Weltregierung gerecht wird. Man hört
gelegentlich wohl die Frage, ob die israelitische Religion
in gewissen Stadien ihrer Geschichte nicht ein Bild ge-
boten habe, wie andere Religionen des Alterthums auch,
so dals sie möglicherweise das Schicksal dieser hätte
theilen können. Diese Frage ist keineswegs so kurzab zu
verneinen, wie das vielfach geschieht. Die israelitische
Religion hat in der That solche Stadien durchgemacht, an
denen wenigstens für unsere Betrachtung und Kenntnifs
diese Möglichkeit vorlag. Im Gegentheil ist es mir unver-
ständlich, wenn man andererseits das Bediirfnifs zu em-
pfinden scheint, die Anfänge der israelitischen Religion so
vorzustellen, dafs die nachfolgende Entwicklung sich als
deren nothwendige Folge ergiebt. Freilich erwarten wir
schon in den Anfängen Israels diese und jene Eigenthüm-
lichkeit zu entdecken, die auf den beispiellosen Ausgang
seiner Geschichte hinweist, doch darf man keine irgend-
wie bestimmte Vorstellung davon von vornherein mit-
bringen. Denn hier handelt sich’s gar nicht um eine künst-
118 Smend, über die Genesis des Judenthums.
liche Construction des alten Israel vermittels hypothetischer
Combinationen, sondern lediglich um eine sorgfältige Ver
werthung des Kernes der älteren Geschichtsbücher ein-
schliefslich des Pentateuch sowie der älteren Propheten.
An urkundlichem Material besitzen wir vollauf genug, um
ein Bild vom alten Israel zu entwerfen, das in allen Haupt-
zügen auf allgemeine Anerkennung Anspruch machen kanı.
Wellhausen hat wohl zuerst gezeigt, dafs man die Ge
schichte der israelitischen Religion nur daraus recht versteht,
dafs sie mehr als alle anderen Nationalreligion war. Was
man ihr gewöhnlich zum Vorwurf macht, ihr entschiedener
„Particularismus“, war eben ihre Stärke und ihr Vorzug.
Das alte Israel erscheint uns als ein höchst naturwüch-
siges Volk, das sich vor allen Dingen als Nation fühlte
und als Nation lebte. Es konnte in der That wohl nicht
anders sein, seine Schicksale brachten das mit sich. In
einem fast ununterbrochenen Kampf um die nationale
Selbstbehauptung verlief seine ganze Geschichte, in Son-
derheit die ältere. Es lebte in einem Lande, das aus allen
nur denkbaren Gründen das Ziel unaufhörlicher Angriffe
war, es bedurfte der energischesten Kraftanspannung, wenn
das Volk nicht zerrieben werden sollte. Israel behauptete
sich, mit der Noth und Gefahr wuchs immer wieder die
nationale Kraft, der tiefsten Erniedrigung folgte jedesmal
eine um so glänzendere Erhebung. Dies energische National-
bewufstsein datirte aber schon von den Anfängen des Volkes
her. Die Stämme Israels hatten sich mit Glück aus der
ägyptischen Knechtschaft befreit und nach längerem Auf-
enthalt in der Wüste das Land Kanaan ercbert. Schon
die Entstehung des Volkes war unter Bedingungen erfolgt,
die für die Ausbildung jenes Bewulstseins von grofser Be-
deutung waren. Damit steht die Thatsache, dafs Israel
eigentlich erst durch Saul und David ein einheitliches Volk
wurde, keineswegs im Widerspruch. Die Stämme hatten sich
von jeher a's eine Einheit gefühlt, dafs sie sich erst so
Smond, über die Genesis des Judenthums. 119
spit und nur unter dem Druck der bittersten Nothwendig-
keit zu einem Volke zusammenschlossen, haben wir z. Th.
wohl wiederum aus einem grofsen Kraftgefühl zu erklären,
wenngleich sich von selbst versteht, dafs ein Nomadenvelk
keine staatliche Einheit bilden kann und auch nach dem
Uebergang zum sefshaften Leben nicht sofort von der
alten Ungebundenheit lälst.
In der That müssen wir den Antang der Geschichte
Israels vom Auszug aus Aegypten datiren, seitdem gab es
ein Israel. Auch wenn wir von der glücklichen Flucht
aus Aegypten, dem Durchzug durch das Rothe Meer, der
Besiegung der Amoriter jenseits des Jordan nichts wülsten,
wir mülsten derartiges supponiren, um die nachfolgende
Geschichte zu begreifen. Denn woher stammte das Gefühl
der Zusammengehörigkeit, das die Stämme später in Ka-
naan verband? Blutsverwandtschaft bestand zwischen
ihnen, aber sie war doch in mancher Beziehung nicht weit
her und hat in Sonderheit in diesem Fall nicht viel bedeutet.
Wenn irgendwo, dann wurde hier durch andere Factoren
die Volksentstehung bedingt. Die Begriffe Israel und
Jahve waren es, in denen die Stämme sich eins fühlten
und die hier wirklich volk- und staatbildend waren. Vor
der Eroberung Kanaans lag eine gemeinsame grofse Ge-
schichte, aus der Israel und Jahve stammten, die Erinne-
rung daran hielt die Stämme zusammen, dort warin Wahrheit
der Grund zu allem Späteren gelegt.
Israels Gottesbewulstsein fiel zunächst durchaus mit
seinem Nationalbewulstsein zusammen. Jahve war Israels
Gott geworden, als Israel entstand, und umgekehrt war
Israel dadurch ein Volk geworden, dafs Jahve sein Gott
wurde. Jahve und Israel waren ohne einander nicht deukbar,
bis zu einem gewissen Grade waren sie geradezu identisch.
Natürlich aber war Jahve der Aeltere von beiden, Israel war
in ihm begriffen und nicht umgekehrt, so entschieden auch
Israels Glück als das Ziel seines Waltens galt. Jahve
120 Smend, über die Genesis des Judenthuma.
war es, der die grofsen Thaten Israels vollführte, sein wun-
derbarer Geist war es, der in den Helden Israels so Grofses
wirkte, das nationale Bewulstsein war sofort auch Gottes-
bewufstsein. So hat sich in Israel das lebendigste Gottes-
bewufstsein entwickelt, das die alte Welt kennt.
Als Gott Israels offenbarte Jahve sich vor allen Dingen
im Kriege, das war an sich natürlich und auch der Name
Israel weist darauf hin. Indessen war Jahve als National-
gott auch noch mehr. Wenngleich das nationale Bewulst-
sein sich am stärksten im Kriege regte, so war es doch
auch im Frieden vorhanden. Das Hirtenvolk, das sich
unter deu Kanaanitern festsetzte, wulste sich in seiner Art
wesentlich verschieden von den Letzteren. Gewils mufsten
die Sieger in gewissem Grade die Cultur der Besiegten
annehmen, aber dennoch blieb Israel eben Israel. Es war
stolz auf die unverdorbene Sitte der Väter und suchte sie
festzuhalten. Auch nach dieser Seite bekam das nationale
Bewulstsein gewifs die stärksten Impulse durch die bestän-
digen Kämpfe, in denen das Volk sich gegen anders ge-
sittete zu behaupten hatte. Der sittliche Charakter der
hebräischen Gottesvorstellung ist dadurch wohl wesentlich
gefördert. In gewissem Malse wird freilich jede National-
religion von Haus aus einen sittlichen Charakter tragen.
Namentlich gilt das von Israels Verwandten am Rande
der Wüste, wie das aus vielen Stellen des A. T. und auch
aus dem Buche Hiob hervorgeht. Wo sich ein lebendiges
Gottesbewulstsein national ausbildet, da steht überall auch
die innere Volksordnung und Sitte in ihrem gesammten
Umfange unter göttlichem Schutze. Namentlich gilt Gott
hier überall als der Wächter von Recht und Billigkeit,
zunächst innerhalb des Volks. Merkwürdig ist freilich die
Entschiedenheit, mit der der Hebräer auch über den Rah-
men der Nation hinaus das Recht des Mitmenschen, nicht
nur vom völkerrechtlicheu, sondern vielmehr noch vom
humanen Gesichtspunkte aus dem göttlichen Schutze unter-
Smead, über die Genesis des Judenthums 121
stellte. Aber das ist nur eine Folge davon, dals Israel
das nationale Recht und die nationale Sitte in so enge
Verbindung mit der Gottheit setzte. Der Unterschied ist
also auch hier wiederum nur der, dafs in Israel ungleich
intensiver vorhanden war und sich immer höher entwickelte,
was anderswo verktimmerte und unterging. Das Institut
der Thora mag wesentlich dazu mitgewirkt haben, obwohl
Institute ohne den lebendigen Geist todt sind und die
Thora, wie der Name anzudeuten scheint, ursprünglich
wohl weniger auf die Gerechtigkeit als auf die Weisheit
Gottes reflectirte. Denn was die Güte der sittlichen Ge-
sinnung anging, so kannte die ältere Zeit hierin kaum
einen Unterschied zwischen Gott und dem volksthüm-
lichen Gewissen.
Im Allgemeinen hatte man aufangs auch kein klares
Bewulstsein von einer Differenz zwischen Jahves Willen
resp. denı öffentlichen Gewissen und dem öffentlichen
Leben. Gewils war der Begriff der Sünde als des gott-
widrigen Handelns dem Volke zu keiner Zeit fremd, aber
sie wurde in alter Zeit mehr als eine Verfehlung der Ein-
zelnen, denn als eine solche des ganzen Volkes empfunden,
und das Vergehen gegen die Gottheit ward nicht minder
als ein Verstofs gegen Israels gute Art gefühlt. Der Ver-
geltungsglaube der alten Zeit war deshalb auch wenig ent-
wickelt. Fehlen konnte er nicht. Jahve strafte gewils
die Uebertretung seines Willens und belohnte den Ge-
horsam, aber man dachte nicht daran, dafs sein Verhalten
gegen die Menschen regelmäfsig aus, dem Verhalten der
Menschen gegen ihn zu erklären sei. Im Grofsen und
Ganzen sorgte Jahve für Israels Glück, aber seine gnädige
Fürsorge liels in Zeiten der Noth oft lange auf sich warten.
Er wirkte alles, Glück und Unglück, weshalb das letztere,
das schien oft unerklirlich. Trotz seiner Sympathie für
Israel war seine Stimmung Wechseln unterworfen, die un-
berechenbar waren. Eben dieser Umstand giebt der ültesten
122 Smond, über die Genesis des Judenthums.
Periode der israelitischen Religionsgeschichte ihre eigen-
thümliche Signatur. Gnade und Zorn empfand man um
so lebhafter, weil ihre Ursachen unbekannt waren. So
mächtig die Nation sich in grofsen Zeiten von dem Ba-
stand ihres Gottes gehoben fühlte, so stolz und zuver-
sichtlich sie meistens darauf vertraute, so furchtbar fühlte
sie zu anderen Zeiten den Druck seines Zorns, wie die
schreckliche Laune eines allmächtigen Tyrannen. Da wagte
man nicht mehr ihin zu opfern, ja nicht einmal seinen
Namen zu nennen.
Aber solche Zeiten gingen vorüber, in der höchsten
Noth stellte Jahve sich doch immer wieder als Israels
Freund ein, sein Geist fiel auf diesen und jenen, der im
Namen Jahves sein Volk zu den Waffen rief und es zum
Siege führte. Der Noth der Richterzeit machte Jahve da-
durch ein Ende, dafs er die Stämme unter einem Könige
vereinigte. Der Erfolg war ungeheuer. Saul und David
befreiten Israel von den Philistern und in wenigen Jahren
wurde das vor Kurzem noch so ohnmächtige Israel das
mächtigste Volk Syriens. Wiederum hatte das Volk auf
das Wunderbarste erfahren, was sein Gott vermöge und
wie Grofses er mit ihm vorhabe. Aus der ersten Königs-
zeit datirt vor allen Dingen Israels Glaube an seine Zu-
kunft und an seinen Beruf. Wenigstens für Juda war das
der Höhepunkt der israelitischen Geschichte Hier lag die
grofse Vergangenheit, auf die man später in trübseliger
Gegenwart stolz zurücksah, im Rückblick auf sie ging man
zuversichtlich einer grofsen Zukunft entgegen, von hier
entlehnen die Propheten die Farben der messianischen
Weissagung, weil diese überhaupt hier wurzelt.
Zugleich datirt aber wohl gerade von der Stiftung
des Königthums das Bewufstsein von dem Gegensatz
zwischen Jahve und Israel. Jetzt war Israel vielmehr als
zuvor eine greifbare Grölse geworden, erst das geeinigte
Volk war eigentlich als eine Persönlichkeit vorstellbar,
Smend, über die Genosis des Judenthums. 123
deren Thun und Lassen man an dem Willen Jahves messen
konnte. Zunächst handelte für Israel der König, das ganze
Volk mufste zuweilen für seine Sünden büfsen. Wir irren
vielleicht nicht, wenn wir annehmen, dals man erst seit
dieser Zeit sich gewöhnte, aus öffentlichem Unglück auf
bestimmte Sünden des Volkes zu schliefsen. Sodann brachte
das Königthum wie jeder Culturfortschritt nicht nur im
Guten, sondern vielmehr noch im Bösen manches mit sich,
was mit dem altisraelitischen Wesen in Widerspruch stand,
und dieser Widerspruch zwischen dem öffentlichen Leben
und dem Volksgewissen hatte zur nothwendigen Folge,
dafs Jabve und Israel im Bewufstsein mehr und mehr aus-
einandertraten. In gewissem Malse war jener Widerspruch
aber schon lange vorher damit gesetzt, dafs das Hirten-
volk bei der Eroberung Kanaans ein Bauernvolk wurde
und die kanaanitische Cultur, theilweise auch den kanaani-
tischen Gottesdienst annahm. Seit der Eroberung des
Landes gab es in Israel selbst einen Widerstreit israeli-
tischen und kanaanitischen Wesens, noch viele Jahrhunderte
später schien der Nomadenstand manchem als der allein
Gott wohlgefällige. Indessen scheint dieser letztere Gegen-
satz in der älteren Zeit doch nicht dieselbe Rolle gespielt
zu haben wie der erstere, Jahve kam in alter Zeit wenig-
stene. schärfer mit dem Königthum in Conflict als mit dem
entarteten Volksthum. Der Abfall der zehn Stämme vom
Hause David ging grofsentheils hervor aus einer wenn
auch unklaren Reaction des volksthümlichen Wesens gegen
die Neuerungen des Königthums, der Prophet Ahia von
Silo hat wohl wesentlich in diesem Sinne gewirkt.
Samuel ist der erste Prophet, von dem wir hören, er
hat den Saul zu seiner kühnen That inspirirt. Ursprüng-
lich bewirkte der Geist Jahves noch unmittelbarer die
nationale That, man kann sagen, dafs in der ältesten Zeit
die Richter das sind, was später die Propheten. Auch
Mose ist vielmehr mit jenen als mit diesen zusammenzu-
124 Smend, über die Genesis des Judenthums. -
stellen. Immerhin ist es ein Fortschritt, wenn der Führer
des Volks und der Träger des Geistes Jahves als zwa
verschiedene Personen nebeneinanderstehen, wie schon
Barak und Debora. Uebrigens kümmerten sich die Pro-
pheten von vornherein nicht nur um die grofsen nationalen
Angelegenheiten, sondern ebenso sehr um das eigentliche
Volksleben bis hinunter in die kleinen Dinge der Alltäg-
lichkeit. Ueberall liefsen sie sich um Rath und Hülfe an-
geben, aber auch ungefragt erscheinen sie als kräftige Ver-
fechter der göttlichen Forderungen gegenüber dem Volk
wie gegenüber dem Einzelnen. In mancher Beziehung
war ihre Aufgabe sehr ähnlich der des Priesters, des stän-
digen Vertreters Jahves beim Volke. Ja es scheint, dals
Priester und Prophet im Alterthum vielfach ein und die
selbe Person waren (vgl. Wellh. Gesch. I, 412). Später |
hin sind sie regelmälsig Verbündete, es fehlt für die An-
nahme einer priesterlichen und einer prophetischen Rich-
tung im alten Israel in der That jeder Anhalt. Die Sache
Jahves wurde aber natürlich viel entschiedener und kräf-
tiger von den Propheten geführt, schon deshalb, weil der
Priesterrtand immerhin von König und Volk abhing, vor allen
Dingen deshalb, weil die Sache Jahves eine lebendig werdende
war. Im Reiche Ephraim begegnet uns freilich auch ein
geschlossener Prophetenstand, man hat aber wohl kein
Recht, darin eine absichtliche Organisation des Widerstandes
gegen das Königthum und die Entartung der Volkssitte
zu sehen. Wenigstens scheinen diese Vereine älter zu
sein als das Königthum, und was wir später über ihr Ver-
halten gegenüber dem Hause Omri hören, begünstigt jene
Auffassung keineswegs. Immerhin ist es aber merkwürdig,
dafs der Ausdruck Nabi den althebräischen Ro’e verdrängte,
obwohl jener vielfach einen üblen Klang hatte. Das ist
doch nur dann zu begreifen, wenn aus jenen Vereinen die
gröfsten Propheten der älteren Kunigszeit hervorginyes.
Auch ist es denkbar, dafs die Prophetenvereine sich zeit-
Smeond, über die Genesis des Judenthums. 125
weilig als die alleinigen Vertreter des ächten Jahveglaubens
fühlten, wie das wohl von der Secte der Rekabiter anzu-
nehmen ist.
Die Rekabiter sind als eine Reaction gegen die zu-
nehmende Entartung des Volkslebens zu begreifen, es ist
ebenso zu verstehen, wenn die Propheten Elia und Elisa
mit der gröfsten Entschiedenheit den Kampf gegen den
Baalsdienst aufnshmen. Seit Salomo hatten fremde Culte
ungestört in Jerusalem bestanden, es scheint nicht, dals
die ältere Zeit daran einen Anstofs nahm. Es war also
eine neue Forderung, die jene Propheten stellten, wenn
dieselbe auch durch die neuerliche Einführung des phöni-
cischen Baalsdienstes in Samaria veranlafst war. Inner-
halb gewisser Kreise fanden diese Propheten Anklang, der
Sturz des Hauses Ahab führte auch zur Ausrottung des
Baalsdienstes. Freilich hatten Elia und Elisa das Haus
Omri noch aus einem anderen Grunde bekämpft, sie ver-
langten Rache für den Mord Naboths, überhaupt aber trug
der Kampf zum guten Theil wohl einen principiellen Cha-
racter. Was diese Propheten gegen die bedeuteudste Dy-
nastie Israels aufbrachte, scheint hauptsächlich doch ein
gewisser profaner Sinn gewesen zu sein, der die Ansprüche
des prophetischen Worts ignorirte. Man kann sich des
Eindrucks nicht erwehren, dafs hier wirklich die Gegen-
sätze von geistlich und weltlich mit einander kämpften, so
ungeistlich auch die Mittel waren, durch die Elisa trium-
phirte.
Allerdings scheint der Sieg der Propheten wenigstens
für das Reich Ephraim von keinen nachhaltigen Folgen
gewesen zu sein. Hatte Elisa gehofft, durch den Sturz
des Hauses Omri die Lage der Dinge wesentlich zu bessern,
dann hat er sich gründlich getäuscht. Der wichtigste Er-
folg war vielleicht der, dafs man nun erst recht die Gröfse
des Uebels kennen lernte, das man im Hause Omri be-
kämpft hatte. Mit der Ausrottung des phönicischen Baals-
126 Smend, iiber die Genesis des Judenthums
cultus war wenig erreicht, da der Jahvecultus des Nord-
reichs nachgerade nicht viel besser war als jener. Ueber-
dies aber hatte das Haus Jehu zuletzt: kaum einen Vorzug
vor dem Hause Omri. Als man durch die assyrische
Zuchtruthe auf die Sünden des Volkes aufmerksam ge-
macht wurde, da war das gesamte Volksleben in einem
Grade entartet, dafs man kein Ileilmittel mehr sah. Wir
haben freilich keinen Grund von der religiösen und sitt-
lichen Bildung Ephraims gering zu denken, die uns erhal-
tenen Reste ephraimitischer Literatur erlauben das nicht.
Indessen fordert doch die Thatsache eine Erklärung, dafs
die neue Prophetie, die mit Amos beginnt, in Juda auf-
kam. Hosea, der dem Nordreich augehört, ist jenem gegen-
über immerhin eine secundäre Erscheinung, bei aller Tiefe
der Einsicht und der Empfindung hinterläfst seine Schrift
doch den lebhaften Eindruck der Rathlosigkeit, mit der
dieser Prophet in die Zukunft seines Volkes sah. Sie ist
eine merkwürdige Illustration der tragischen Thatsache,
dafs mit dem Untergang des Reiches Ephraim auch das
Volk von Ephraim aus der altt. Geschichte verschwindet.
Uebrigens ist auch der letztere Umstand für die rich-
tige Auffassung der vorexilischen Geschichte von Bedeu-
tung. Als Samaria zerstört wurde, hatte die Religion eben
- noch keine solche Selbständigkeit erlangt, dafs sie den
Untergang des Staates hätte überdauern können. Die
Factoren, welche später nach dem Unatergange Judas die
Entstehung der jüdischen Gemeinde ermöglichten, haben
sich wesentlich in dem einen Jahrhundert gebildet, das
zwischen diesen beiden Ereignissen liegt. Es war nicht
nur die judäische Prophetie, sondern vielmehr noch etwas
anderes, was sich freilich im Anschlufs an diese Prophetie
in Juda entwickelte Damit soll keineswegs geläugnet
werden, dafs in Juda schon seit längerer Zeit gewisse Be-
dingungen vorlagen, die für den späteren Verlauf der
Dinge bedeutungsvoll wurden. Die Bürger des kleinen
Smend, über die Genesis des Judenthums. 127
is, das seit Jahrhunderten nur eine untergeordnete
gespielt hatte, konnten späterhin viel eher eine rein
öse Gemeinde bilden und sich mit Ezechiel über das
tze Rebholz trösten, das eben nur zum Verbrennen
e. Wichtig wurde weiterhin auch, dafs am Tempel
‚wusalem seit Salomo ein mächtiges Priestergeschlecht
‘te.
Was aber zunächst die judäische Prophetie angeht, so
ır Emporkommen z. Th. gewifs aus denselben Ursachen
-klären, die den längeren Bestand des Reiches Juda
eifich machen. Schon äufserlich war die Lage Judas
ger exponirt und seine inneren Zustände waren solider.
ebhaft die Theilnahme war, mit der man in Juda der
Reich Ephraim bedrohenden Gefahr zusah, man konnte
Gang der Dinge mit mehr Ruhe abwarten und sich
len Sturm, der sich zuletzt auch auf Juda richtete,
reiten. Amos kündigt ja freilich nicht nur dem Reiche
aim den Untergang an, und selbst wenn das der Fall
sen wäre, so würde das für das judäische Bewufstsein
8 nicht viel weniger bedeutet haben, wie wenn er zu-
ı Juda bedrohte. Man hat allen Grund zu glauben,
Juda sich bis dahin nur als ein Stück von dem grofsen
| fühlte. Erst durch Jesaja scheint das wesentlich
rs geworden zu sein. Bemerkenswerth ist aber doch
3edeutung, die Jerusalem schon für Amos hat. Von
gröfßsten Wichtigkeit war überhaupt, wie Vatke be-
tt hat, dafs die Vernichtung des ganzen Volkes sich
ittweise vollzog und dem Bewufstsein immer wieder
gelassen wurde, das Geschehene zu verarbeiten und
damit auf das Kommende zu rüsten.
Die unvergleichliche Grifse, mit der die judäische Pro-
e in der vorchristlichen Religionsgeschichte dasteht,
damit nicht geschmälert werden. Einzigartig bleibt
‘hatsache, dafs der kleine Gott von Jerusalem so ge-
x sein Haupt erhob, als die Assyrer und Chaldiier ihn
128 Smend, über die Genesis des Judenthums.
scheinbar vernichteten, dafs er vielmehr die Vernichtung
seines Volkes als sein cigenes Werk in Anspruch nahm,
ehe sie eintrat, dafs er alle Mächte der Welt ohne Weiteres
für seine Werkzeuge erklärte, durch die er überall und
vor allen Dingen an Israel Recht und Gerechtigkeit zur
Geltung bringe. Mit principieller Schärfe wird dieser Ge
dauke gerade von den ersten Vertretern der neuen Pro-
phetie ausgesprochen, aufs Schirfste stellen sie den ge
rechten Gott und sein gottloses Volk einander gegenüber.
Wellhausen hat Recht, wenn er sagt, dafs der Gott
Israels, eben weil er der gerechte Gott war, sich in dem
Conflict Israels mit den Weltmächten über alle Welt a
heben konnte. Wir haben auch hier eine Consequens,
die wir aus der früheren religiösen Entwickelung begreifen,
aber dennoch war es eine unvergleichliche Grofsthat des
Glaubens, diese Consequenz zu ziehen, durch die doch auch
für die Propheten Himmel und Erde ins Wanken gerieth.
Gewifs bedeutet die prophetische Bufspredigt einen
grofsen Fortschritt in der Erkenntnifs der Sünde. Die
allgemeine Entartung schärfte zugleich das sittliche Urtheil,
überdies wollte der furchtbare Zorn Gottes gegen sein
Volk erklärt sein. Freilich schliefsen die Propheten nicht
nur von der drohenden Strafe auf die Bünde, sondern
ebenso umgekehrt von der Bünde auf die Nothwendigkeit
der Strafe. Auch läfst sich hierin bei den Propheten des
siebenten Jahrhunderts im Vergleich zu denen des achten
ein Fortschritt nicht verkennen, wie schon oben bemerkt
wurde. Dasselbe gilt von den Vorstellungen der Propheten
über die Aufhebung der Sünde, wie Duhm, wenn auch
mit doctrinärer Uebertreibung, gezeigt hat. Denn so stark
die Propheten betonen, dafs das Verhiltnifs Jahves zu
Israel nur ein bedingtes sei, so kann es nach ihrer Mei-
nung doch nie völlig gelöst werden, weil Jahve zuletzt
Israel nicht entbehren kann. Zunächst erscheint es ihnen
sogar undenkbar, dafs mit dem Reiche Israel auch das
Smend, über die Genesis des Judenthams. 139
Reich Juda untergehen sollte. Jesaja und Micha stellen
reilich auch das in Aussicht, indessen sprechen sie dabei
loch immer wieder die Hoffnung aus, dafs es nicht dahin
kommen werde. Die Religion schien unterzugehen, wenn
sach Juda unterging, und in der That wiire das damals
wohl der Fall gewesen. Jesaja urtheilte, dafs eben auf
Jude und dem Hause Davids die Zukunft beruhe, derselbe
Prophet, der die furchtbarsten Strafgerichte für Juda weis-
mgte. In beider Hinsicht wurden die Urtheile seines
Glaubens wunderbar bestätigt und so gab er seinem Volke
die Gewilsheit, dafs mit Israel nicht Jahve vernichtet sei,
sondern Juda an Israels Stelle trete. Die Menge verstand
thn freilich dahin, dafs der Tempel in Jerusalem überhaupt
nicht in die Hände der Heiden fallen könne, ein Milsver-
ständnifs, das für die Folgezeit verhängnifsvoll wurde,
das aber andererseits doch auch die nothwendige Form
des Glaubens an Jahve als den Gott Israels war. Des-
halb ist Jesajas Glaube auch in dieser Gestalt von den
wichtigsten Folgen für die ganze Zukunft geworden, so-
fern das Judenthum ohne den Berg Zion doch nicht- denkbar
wire. Wie auf diesem einen Punkte, so erging es auf
vielen anderen, die prophetischen Gedanken und Forde-
rungen realisirten sich späterhin in einer Weise, die
keineswegs den ursprünglichen Intentionen ihrer Urheber
entsprach. Es ist ein Grundgesete aller geschichtlichen
Entwickelung, das hierin sich geltend macht und das an
der aulserordentlichen Erscheinung der Prophetie um so
viel deutlicher zu erkennen ist. Trotzdem haben die Pro-
pheten eine Umwandlung in ihrem Volke zu Wege ge
bracht, die erstaunlich ist. Wie das eine so mufs man auch
das andere anerkennen.
Die Propheten erklärten den gesammten gegenwär-
tigen Zustand des Volkes für grundverderbt und weis-
sagten die Zerstörung alles Bestehenden. Der weitaus
gröfste Theil des Volkes sollte nach Jesaja vernichtet
Zeitschrift f. 4. alttest Wiss Jahrgang 3. 1882. 9
130 Smend, üher die Genesis des Jadenthums.
werden, nur ein kleiner Rest sollte erhalten bleiben, aber
auch der bedürfe einer völligen Umwandlung durch den
göttlichen Geist. Den Kern dieses zukünftigen Volkes
Jahves meinte er schon um sich zu sehen. Es ist nun
von grofser Bedeutung, dafs die Propheten dies zukünftige
Volk Jahves zunächst immer in der Form des nationalen
Staates vorstellen, die herrliche Zukunft wird vor allen
Dingen durch einen von Jahve wunderbar ausgerüsteten
König herbeigeführt, der im Innern Recht und Gerechtig-
keit herstellt und dann auch nach aulsen hin Israel zu
Ehren bringt. Diese letztere Erwartung tritt aber nament-
lich im siebenten Jahrhundert in der Weissagung zurück.
Wohl reden Jeremia und Ezechiel neeh von dem messin-
nischen Könige, aber mehr und mehr tritt Gott selbst an
seine Stelle. Das unglückliche Ende Josiss und seiner
Reformation mag dazu beigetragen haben, aber in Wahrheit
ist das nur eine nothwendige Folgerung aus der Grund.
anschauung der Propheten. Der zukünftige Staat hat für
Jesaja vor allen Dingen den Sinn, dafs in ihm jeder Ein-
zelne, besondere jeder Arme und Unterdrückte, sein Recht
findet. Erwartet er nun im Grunde allein von einem
wunderbaren Eingreifen Jahves die Herstellung eines
solchen Staates, so ist das eben nichts anderes als die sitt-
liche Weltordnung. Der wunderbare König, den Jessja
weissagt, hat freilich wohl noch eine andere Bedeutung. Gewils
kommt in diesen Weissagungen auch das Bewulstsein zum
Ausdruck. was die einzelne Persönlichkeit in der Geschichte
bedeutet. Aber dennoch war dieselbe in diesem Zusam-
menhang auf die Dauer nicht festzuhalten, dem Glauben
an die gerechte Vergeltung Jahves für jeden Einzelnen
war der nationale Staat am Ende gleichgültig. „Ich will
selbst meine Heerde weiden“, sagt Jahve (Ex. 34, 15).
Als der judäische Staat unterging und das Band zwischen
(Gott und Volk zerschnitten war, ging die Religion doch
nieht unter. Durch die Propheten war sie eben mehr
182 Smend, über die Genesis des Jadenthums.
der Lebensnerv des entarteten Volksthums. Ein Bilder
dienst, der die Gottheit in hohem Grade mit ihrem Symbol
identificirte, sowie der Glaube, dafs die Stimmung Gottes
durch Opfer und Gaben zu beeinflussen sei, das waren
wohl die wichtigsten Hindernisse, die bei der Menge einer
besseren Erkenntnife im Wege standen. Obendrein war
auf diesem Gebiete noch am ersten mit äufseren Mitteln
etwas zu erreichen, und es ist wohl auf Jesajas Initiative
zurückzuführen, dafs der König Hiskia gegen den volke-
thümlichen Gottesdienst, vor allem gegen die Bilder ein-
schritt. Das war der erste Schritt auf einem Wege, den
man späterhin mit Consequenz einschlug.
Einstweilen begann damit aber erst der eigentliche
Kampf. Unter Manasse erfolgte eine Reaction von Seiten
des Volksthums, die freilich, wie Wellhausen bemerkt,
keine einfache Wiederherstellung des Früheren war. Dem
furchtbaren Ernst der Zeiten konnte sich auch die Menge
nicht mehr verschliefsen, sie empfand den Druck des gött-
lichen Zorns und fühlte sich schuldig, sie suchte nun aber
die Versöhnung in dem Grauen, das ihr die Raffinirtheit
fremder Cultussitten bereitete- Nach dem Muster nament-
lich der Assyrer und Babylonier wurde der Cultus ver-
feinert und weitergebildet, besonders kam damals das Kin-
deropfer auf, man stellte dem Jahve sogar die Himmels-
kinigin zur Seite. Für die völlige Entartung des Volks-
bewulsteeins ist dies um so characteristischer, als die Menge
gewifs nicht daran dachte, von Jahve absufallen. Die
Propheten sahen dagegen iu diesem Treiben den Gipfel
der Gottlosigkeit, die Sünde Manasses war es nach späterer
Meinung, was den Untergang Jerusalems unvermeidlich
machte.
Wiederum gewannen die Propheten unter Josia Ein-
flufs auf die Gemüther, wahrscheinlich unter dem Eindruck,
den der grofse Scythenzug auf die Judäer machte. Da
wurde ein neuer Reformationsversuch unternommen, auf
Bmond, über die Gencsis des Judenthums. 138
breiter Grundlage, für den Augenblick mit durchschlagen-
dem Erfolg und für alle Folgezeit von den weittragendsten
Wirkungen. Das Deuteronomium war nicht das älteste
Gesetzbuch in Israel, man hatte schon seit längerer Zeit,
in verschiedener Form und Rücksicht die priesterliche
Thora schriftstellerisch aufgezeichnet. Der Unterschied ist
der, dafs man im Deuteronomium überall die reformato-
rische Tendenz des Verfassers berausfühlt, der das ge-
sammte Volksleben umgestalten möchte, was im Bundes-
buch durchaus nicht der Fall ist. Daraus ist überhaupt
die Reformation Josias zu verstehen, dals sie etwas wesent-
lich Neues war. Den göttlichen Willen an Israel auf einen
Gesammtausdruck zu bringen und das Volk auf denselben
zu verpflichten, das war in der That der einzig mögliche
Weg, auf dem Israel zum Gehorsam gegen Jahve gebracht
werden konnte. Freilich ist es ein eigenthümlicher Dualismus,
der sich durch das ganze Buch hindurchzieht. Nirgends
wird im A. T. so eindringlich wie hier die Liebe zu Gott
als das Princip der Religion und die Erfüllung der Nächsten-
pflicht, des allbekannten göttlichen Willens als der allein
wahre Gottesdienst gepredigt und doch mufs dieser beredte
Prediger zugleich als Gesetzgeber an die Gewalt appel-
liren, um durch gewaltsame Ausrottung des (iötzendienstes
für den wahren Gottesdienst Raum zu schaffen. Merk-
würdig sind dabei namentlich auch die humanen Gesichts-
punkte, unter die er den ganzen Cultus stell. Man darf
darin wohl mit Wellhausen die bewufste Absicht nicht
nur auf Veredelung des Gottesdienstes, sondern auch auf
innere Umwandlung desselben erkennen.
Indessen haben diese prophetischen Elemente des Deu-
teronomiums am wenigsten Einflufs auf die damalige Zeit
gehabt. Die Hauptsache war einmal die äufsere Refor-
mation des Cultus, dıe Ausrottung des Götzendienstes und
die Aufhebung der Höhen. Die Vernichtung der heid-
nischen Culte war freilich eine unvollkommene, innerlich
134 Smend. über die Genesis des Judenthums.
waren sie damit noch nicht überwunden, dafs man mit Ge
walt gegen sie einschritt. Aber das Letztere war jeden-
falls im Geiste jener Zeit und es war für die Folgezeit
von grölster Bedeutung, dafs es überhaupt einmal zu einer
praktischen Auseinandersetzung zwischen israelitischem und
heidnischem Cultus kam. Ob eine archiologisch correcte
Scheidung gemacht wurde, war dabei unwesentlich, im
Gegentheil machte die Aufhebung der Höhen einen tief
gehenden Schnitt durch die überlieferte Cultussitte. Der
Gottesdienst wurde damit von seiner natürlichen Basis los-
gerissen. Positiv wurde dadurch das Ansehen des jeru-
salemischen Tempels aufs Höchste gesteigert und in seiner
Yriesterschaft das lebhafteste Gefühl von der Bedeutung
geweckt, die sie fortan für den Fortbestand der Religion
hatte. Das einzige Heiligthum braehte dem Synkretismus
gegenüber die Einzigkeit des Gottes Israels zur Anschauung
und diente somit gewils wesentlich zur Consolidirung der
Religion.
Nicht minder wichtig war die Schöpfung einer heiligen
Schrift. Fortan hatte der Glaube an ihr einen Compals,
an dem er sich orientirte, eine Stütze, die ihm blieb, wenn
alle anderen zusammenbrachen. Die schriftliehe Fixirung
des göttlichen Willens war bei der völligen Auflösung des
volksthümlichen Bewulstgeins ein Ding der Nothwendigkeit.
Concret und objectiv lag jetzt die Aufgabe vor, an deren
Lösung die Frömmigkeit zu arbeiten- hatte, wenn sie der
göttlichen Hilfe gewils sein wollte. Man kannte nun den
Weg zum Heil, den die Menge doch unmöglich in ihrem
inneren Bewulstgein finden konnte. Dies Princip war das
Bedeutungsvolle und zunächst das geschichtlich Werthvolle.
Dabei ist es gleichgültig, ob das Gesetz bald einen ganz
anderen Inhalt gewann, als der Deuteronomiker beabsich-
tigt hatte. Sein Werk, das ein Gesetzbuch sein wollte
und doch den Menschen an sein eigenes Gewissen wies,
konnte es auf die Dauer am wenigsten sein.
ve |
136 Smoend, fiber die Genesis des Judenthume.
rung elend unter. Er, der Vollstrecker des göttlichen Ge
setzen, der wie kein anderer auf die Hülfe Jahves An
spruch zu haben schien, wagte den Kampf mit Pharm
Neko und bei Megiddo verlor er mit der Schlacht das
Leben. Damit fiel auch sein Werk, die deuteronomisch
Reformation. Der Gehorsam gegen das prophetische Gesets
schien am Ende nicht gefruchtet zu haben, im Gegentheil
das Unglück Judas brach nun erst recht herein und dss
Volk meinte später gar, das sei dadurch verursacht, dak |
man seit Josia der Himmelskönigin nicht mehr räucherte,
In der That gewann nun die Volkspartei wiederum die
Oberhand und blieb darin bis zu Jerusalems Untergang.
Und nun erreichte der Kampf zwischen Prophetie und
Volksthum seinen Höhepunkt. Nicht lange nach Josiss
Tode tratJeremia mit der kategorischen Ankündigung von
Jerusslems Untergang hervor, er bezeichnete die Chaldier
als das Werkzeug, wodurch Jahve das letzte Gericht an
seinem Volke vollziehen würde Zwanzig Jahre gingen
freilich noch darüber hin, aber unentwegt weissagte Jeremis
immer wieder den Untergang des Reiches und der Stadt.
Ein furchtbarer Sturm erhob sich gegen ihn, fast allein
stand er dem ganzen Volke gegenüber. Mit dem wüthend-
sten Hafs ward er als Volksverräther angefeindet, die
schwersten Verfolgungen brachen über ihn herein, ein über
das andere Mal kam er in die äulserste Lebensgefahr.
Und noch schwerer ala diese äufseren Kämpfe waren die
inneren, die Jeremia durchzumachen hatte. Der Gedanke
an den Untergang seines Volkes war ihm selbst entsets-
lich, in sich selbst hatte er den furchtbaren Todeskampf
durchgemacht, in dem sich Leib und Seele des alten Israel
schieden. Aber aus der tiefsten und schwersten Verzweif-
lung erhob er sich sur kühnsten und gewissesten Hof:
nung uud wenn auch in anderer Art, so zeigte sich ba
ihm doch in ähnlicher und noch grolsartigerer Weise als
bei Jesaja, was die einzelne Persönlichkeit in der Geschichte
Smond, über die Genesis des Judenthums. 137
bedeutet. Sein Gott rettete ihn aus allen Gefahren, die
ihn umgaben, allen Nachstellungen der Feinde zum Trots
ward er erhalten bis zu Jerusalems Zerstörung, ja darüber
hinaus — ein sichtbares Wahrzeichen für die Wahrheit
des Gottes, den er predigte. Er erlebte seinen Triumph,
denn Jerusalems Zerstörung. war der endgültige Bieg seiner
Sache. Im fanstischen Vertrauen auf Jahves Hilfe wagte
das kleine Juda zweimal den Kampf mit der babylonischen
Weltmacht und dieser Kampf endete wie Jeremia voraus-
gesagt hatte. Da erlag der volksthümliche Jahve dem
prophetischen, der falsche dem wahren. Ein nicht unbe-
deutender Theil des Volkes, sowobl von denen, die im
Lande zurückblieben, als auch von denen, die es freiwillig
oder unfreiwillig verliefsen, verlor sich freilich im Heiden-.
thum, aber ein anderer unterwarf sich nun doch den Pro-
pheten und konnte das in der Hoffnung auf bessere Zeiten,
die derselbe Jeremia so zuversichtlich aussprach.
Von dem Eindruck, den im Alterthum der Untergang
eines Volkes auf die übrig bleibenden Glieder desselben
machte, können wir uns wohl kaum eine annähernde Vor-
stellung machen. Nach dem A. T. wurde er als ein Sterben
empfunden. Die Thatsache, dafs die Judiier durch den
Untergang ihres Staates hindurch ihr Selbstbewulstsein
bewahrten, ist beispiellos und zu ihrer Erklärung sind des-
halb gewifs alle Umstände herbeisuziehen, die dazu tauglich
erscheinen. Neben allem, was im Vorstehenden erörtert
ist, möchte deshalb die Art und Weise, in der sich der
Untergang Judas vollzog, unsere Aufmerksamkeit ver-
dienen. Ueberhaupt war der Untergang des gesammten
Israel ein allmäliger, er erfolgte in einer Reihe von Ereig-
nissen, die sich auf einen Zeitraum von anderthalb Jahr-
hunderten vertheilen. Als das Reich Ephraim und mit ihm
der weitaus grölste Theil des alten Israel von den Assyrern
vernichtet wurde, blieb Juda wunderbar erhalten. In
Rückblick auf diese ganze Kette von Thatsachen mufste
188 Smond, tiber die Genesis des Judenthums.
freilich die Nothwendigkeit des Untergangs dem Bewnfst-
sein um so mehr einleuchten, aber andererseits wurde es
von dem letzten vernichtenden Schlage nicht überrascht,
man hatte sich darauf vorbereiten können. Auch Juda
ging nicht auf einmal unter. Zehn Jahre vor der Zerstö-
rung Jerusalems hatte Nebukadnezar mit dem Könige
Jojachin 10000 Judäer nach Babylonien weggeführt, das
war die Aristokratie und wohl auch der geistige Kern des
Volkes, im Allgemeinen waren schon damals nur geringe
Leute im Lande zurückgeblieben. Die Chaldier hatten
offenbar gehofft, das seiner Weisel beraubte Völkchen
werde sich nun ruhig halten. So war der Untergang des
alten Jerusalem eigentlich schon eingetreten, ehe die Stadt
zerstört wurde. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs Ezechiel,
der mit Jojachin abgeführt war, eben dadurch Prophet
und von der Nothwendigkeit der völligen Vernichtung
Judas überzeugt wurde. Die verbannten Aristokraten hofften
freilich, dafs die Stadt erhalten bleiben und sie nach Jeru-
salem zurückkehren würden, eben weil der Tempel noch
stand, und sie litten es nicht, dafs Ezechiel öffentlich die
Zerstörung der Stadt weissagte. Aber was dem Propheten
wenigstens im Stillen eine Wirksamkeit ermöglichte, war
der Antagonismus, der zwischen den verbannten Aristo-
kraten und dem in Jerusalem zurückgebliebenen Volke
bestand. Aehnlich wie Jeremia verhiefs er den Ersteren,
dafs sie nach Jerusalems Zerstörung dorthin zurückkehren
würden (Ez. 11). Man sieht aus Ez. 14, dafs dieser Anta-
gonismus noch nach der Zerstörung Jerusalems fortbestand,
als ein zweiter und zwar kleinerer Zug von Deportirten
in Babylonien angelangt war. Ezechiel spricht die Hoff-
nung aus, dafs die Gola Jojachins sich über den Unter-
gang der Stadt trösten werde, wenn sie die Gottlosigkeit
dieser ihrer neuangekommenen Brüder sähe. Ob dieser
Gegensatz späterhin im Exil eine Rolle gespielt hat, läfst
sich bei dem völligen Mangel an weiteren Nachrichten
140 Smend, über die Genesis des Judenthume.
namentlich hatte Jeremis dieselbe von der Wegfthrung
nach Babel erhofft, an den mit Jojachin Deportirten glaubte
er sie bereits zu sehen. Exzechiel wiederholt seine Ver-
beifsung, dafs Gott das Herz des Volkes wunderbar um-
wandeln werde, aber er sah auch deutlich genug, wie wenig
das Exil die gehoflten Früchte trug. Vielmehr noch er
wartete er deshalb weitere Strafgerichte, durch die Jahre
alle Sünder austilgen werde. Fir sah seine Aufgabe wesent-
lich darin, jeden Einzelnen rechtzeitig zu warnen, er wollte
Seelsorger sein und als solcher‘ die zukünftige Gemeinde
sammeln. Einst als Sanherib in Juda wüthete, hatte Jesaja
auf die Frage, ob Jahve denn ohne Unterschied die Glieder
seines Volkes in die Hände der Aseyrer fallen lasse, den
Judäern gewisse Verhaltungsmalsregeln gegeben, deren
Beobachtung die Einzelnen in der Zeit der Gefahr schützen
werde (Jes. 33, 14 ff.), ähnlich machte es nun Ezechid.
Er entwickelt eine individualistische Vergeltungslehre (c. 18),
freilich so einfacher Art, dafs man daraus sieht, wie wenig
entwickelt das Nachdenken über diese Fragen damals noch
war. Das Individuum fing damals eben an, sich als eine
selbständige religiöse Gröfse zu betrachten. Er zählte
ferner eine Reihe von Cardinalgeboten auf, deren Erfüllung
oder Uebertretung die Gerechtigkeit resp. Gottlosigkeit
ausmache. Die Vergleichung dieser Gebote mit jener De-
finition Jesajas ist nicht nur für die beiden Propheten,
sondern auch für ihre Zeiten lehrreich. Ezechiel verbietet
vor allen Dingen den Höhen- und Bilderdienst, auch die
levitische Reinheit taucht bei ihm auf gegenüber den
sexuellen Greueln jener Zeit '). Dann folgt eine Reibe
N) Ich begreife nicht, wie man die hierauf bezüglichen Gesetze
Lev. 17 ff. für alt halten kann. Im alten Israel kamen solche Dinge
schwerlich in dem Mafse vor (2 Sam. 13, 12), in dem sie diesen Ge-
setzgeber beschäftigen. Im Gegentheil scheinen die dort verpönten
Greuel erst spät in Israel] eingedrungen zu sein und erst im Gegensats
dasu werden sich die entsprechenden Ehe- und Reinigkeitsgesetse ge-
bildet haben.
Gmend, über die Genesis des Judenthums. 141
von moralischen Vorschriften, während Jesaja lediglich
solche giebt. Uebrigens dringt Ezechiel sonst wie Deu-
terojesaja besonders auf die Heilighaltung des Sabbaths,
der im Exil das wichtigste Erkennungszeichen des Israe-
liten und deshalb auch das wichtigste Band war, das die
Gläubigen zusammenschlofs. Vielfach setzte die Menge
freilich den Höhendienst in Babylonien fort, wer sich dazu
hielt, fiel aber wohl meist zum Heidenthum ab. Ezechiel
eiferte dagegen aufs heftigste, in der That widersprach es
nicht nur dem Deuteronomium, sondern ebenso sehr den
altieraelitischen Vorstellungen, dem Jahve im heidnischen
Lande zu opfern.
Umgekehrt mulste aber auch den Anhängern der
Propheten gerade die Unterbrechung des Cultus schreck-
lich sein. Hieran wurde jedem Einzelnen immer aufs Neue
bewulst, dafs das Band zwischen Jahve und Israel zer-
schnitten sei (Hos. 3, 4). Unrein war ja alle Speise, die
man im heidnischen Lande genofs (Ez. 4,9 ff.), durch das
tägliche Brod wurde Jedermann an seine Gottverlassenheit
erinnert. Schon deshalb mufste der Gedanke an die ktinf-
tige Wiederherstellung Israels sich namentlich auf die Wie-
derherstellung des Gottesdienstes richten. Es war ferner
zu besorgen, dafs ‘bei längerer Dauer des Exils der Ritus
in Vergessenheit gerieth, es galt ihn schriftlich zu fixiren,
um ihn so auf die späteren Geschlechter zu überliefern.
Ja noch mehr : ein System des israelitischen Cultus mufste
überhaupt neugeschaffen werden. Selbst das gleichgültigere
Detail des Gottesdienstes stand damals noch keineswegs
fest. Gewils gab es von jeher besondere Eigenthünmlich-
keiten, durch die der israelitische Gottesdienst sich von
anderen unterschied, aber die zahlreichen Differenzen, die
sich schon aus den gelegentlichen Andeutungen der vor-
exilischen Literatur hierfür zwischen dem Priestercodex
und der älteren Praxis ergeben, beweisen hinreichend, dafs
der erstere uns keineswegs ein Bild der letzteren giebt,
142 Smend, über die Genesis des Judenthums.
Der ältere Cultus beruhte auf tradifionellem Gebrauch,
mancherlei mag sich davon durch Jahrhunderte fortge-
pflanzt haben, anderes wurde mit der Zeit alterirt und
‚ verdrängt. Als gegen das Ende der Königszeit das natio- —
nale Selbstbewufsteein so stark erschüttert wurde, drangen
fremde Sitten massenhaft ein, gewifs auch in den Cultus.
Betreffs der Könige Ahas uud Manasse ist das letztere
ausdrücklich bezeugt, umgekehrt haben Hiskia und Josia
nicht nur fremde Cultussitten abgestellt. Es ist freilich
wahrscheinlich, dafs sich im Tempel von Jerusalem im
Leufe der Jahrhunderte und namentlich aus Anlafs der
Reformen Hiskias und Josias eine bestimmte Tradition
betr. des Cultus ausgebildet hatte, aber dafs es zur Zeit
Ezechiels noch kein in allen Punkten feststehendes System
gab, ist nach den wiederholten Umwiilsungen der letzten
Jahrhunderte wahrscheinlich und aus einzelnen Anden-
tungen gewils. Ebenso verhielt es sich mit den Gebräuchen,
die man unter dem Begriff der levitischen Reinheit zu-
sammenfalst. Diese kleinen Dinge gingen zunächst natür-
lich nur die Priester an. Aber es handelte sich für sie
dabei nicht etwa um eine wesentlich gelehrte Arbeit, son-
dern die Aufgabe, den künftigen Cultus würdig einzu-
richten, war eine sehr ernste. Um den Götzendienst in
und aufeer dem Tempel hatte sich vor allen Dingen der
Kampf zwischen Propheten und Volk gedreht. Der falsche,
grofsentheils heidnische Cultus war Jahve fast am ürger-
lichsten gewesen und darum hatte er seinen Tempel
und die heilige Stadt in die Hände der Heiden fallen
lassen. Darum waren auch diese kleinen Dinge schon
wichtig genug. Ueberbaupt ist die principielle Zurück-
führung dee gesammten Cultus auf göttliche Einsetzung
nur aus dem Gegensatz gegen den altisraelitischen und
heidnischen Gottesdienst zu begreifen. Wie aber mit den
kleinen Dingen so stand es erst recht mit den grofsen.
Es war natürlich, dafs man schon jetzt daran dachte, wie
144 Bmend, über die Genesin des Judenthams.
fand die Hoffnung der Propheten jetzt den Ausdruck, dais
Jahve nach dem Zion zurückkehren und ihn nie wieder
verlassen werde '). So erscheint der Berg Zion bei Esechiel
und so erscheint er bei Deuterojesaja, nur dafs der Letztere
sich in der idealen Höhe prophetischer Ideen hält, der
Erstere dagegen aus den Thatsachen auch die nöthigen
praktischen Consequenzen zieht. Der Bedeutung des Tempels
entsprach nothwendig die Bedeutung des Tempeldienstes.
Dazu kam der Gegensatz gegen die Ver eit und
die reale Lage der Gegenwart. Es war in Zukunft Israels
Aufgabe Jahve festzuhalten durch ängstliche Vermeidung
all der Aergernisse, die man ihm früher bereitet hatte; ein
reiner Gottesdienst mufste vor allem an die Stelle des ab-
göttischen treten. Es war nothwendig, dafs hierauf su-
nächst aller Nachdruck fiel. Im Exil entstand keineswegs
das geistliche Israel, das Jahves Gesets im Herzen trug.
Einzelne Individuen der Art mochte es geben, aber eine
Gemeinde, ein Volk, das dem göttlichen Willen ents
war zunächst nur äulserlich herzustellen. In ihrem n-
deren Cultus mufste nicht nur die Gemeinde als solche
in die Erscheinung treten, er mulste nicht nur das Band
sein, dafs sie in sich zusammenhielt und gegen die Heiden
abschlofs, für die Menge mufste die Religion nach wie vor
ofsentheils im Cultus und der religiösen Sitte aufgehen,
in deren Uebung wulste sie sich verschieden von den
Vätern, die Jahve durch ihre Greuel gereizt hatten, hierin
kam zunächst die Bekehrung zum Ausdruck. Die so zu
sagen heidnische Seite der alttl. Religion tritt deshalb ge-
rade im Judenthum äulfserlich fast noch mehr heraus, als
im alten Israel. Aber eben auch nur äufserlich. Denn
der Cultus ist hier etwas anderes geworden, als er früher
war. Er ist sicht mehr die naive Aeufserung der natür-
lichen Frömmigkeit und der natürlichen Gottlosigkeit, son-
dern sofern er in Erfüllung des göttlichen Gesetzes geübt
wird, bedeutet er die Unterwerfung des Menschen unter
den Willeu Gottes. Wenigstens konnte und sollte er so
übt werden. Deshalb standen der Cultus und die sitt-
chen Gebote Jahves nun nicht mehr wie früher einander
gegenüber, sondern die physische Heiligkeit und die sitt-
che waren in innere Beziehung gesetzt und die erstere
konnte die Basis der letzteren werden. In gewissem Sinne
I) Nebenbei bemerkt, erscheint das Bchlufswort des Buches Joel
4, 21 mir als ein starkor Beweis für seine nachexilische Abfassung.
146 Bmend, ther die Genesis dos Judenthums.
jüdische Gemeinde an der Hoffnung irre geworden, dafı
sie einst kommen werde. Dafs sie noch nicht da war,
das machte einmal Jahves Zorn über die Sünden der Väter,
der immer noch kein Ende hatte, der Zorn, dessen bleiernea
Druck das Judenthum seitdem nie wieder losgeworden ist
und dem gegenüber man in dem Bewulstsein der ei
Sünde hin und wieder verzweifeln zu müssen schien.
war aber auch die Nichterfüllung der Weissagung daraus
au begreifen, dafs das Gesetz noch immer nicht erfüllt
war und die Gemeinde den göttlichen Anforderungen nicht
entsprach. Bis dahin war es ein weiter Weg. Schon
Ezechiel hat davon ein Bewußstsein, sofern seine Gesete-
ebung deutlich die Tendenz hat, für die Zukunft dem
Rückfall in die alten Sünden praktisch vorzubeugen.
Für uns ist es namentlich wichtig zu sehen, wie
langsam sich die Constituirung der jüdischen Gemeinde
vollzog, ein ganzes Jahrhundert ging darüber hin. Die
Zahl der mit Josua und Serubbabel Zurtickgekehrten (ca.
42000 Männer) erscheint sehr grofs im Vergleich sa
von Nebukadnezar nach Babel Deportirten (ca. 15000). Da
obendrein eine grofse Zahl von Juden in Babylonien zu-
rückblieb, so mufs man annehmen, dafs aufser den
tirten noch eine grofse Zahl von eigentlichen Kri
enen nach Babel abgeführt war, die dort inzwischen aut
ie eine oder andere Art frei geworden waren. Auffallend
klem erscheint dagegen die Zahl der Zurückgekehrten im
Vergleich zu der grofsen jüdischen Bevölkerung, die wir
später in Palästina finden. So viel ich weils, hat zuerst
uenen die richtige Erklärung hiervon gegeben. Die
neue Colonie wurde nicht nur durch weitere aus
Babylonien verstärkt, vielmehr hat sie allmählich einen
großen Theil der israelitischen Bevölkerung aufgesogen,
ie während des Exils im Lande geblieben war; vgl. Neh.
10, 29. Esr. 6, 21. Zunächst kam es freilich nicht dahin.
Im Gegentheil war die Constituirung der jüdischen Ce
meinde wesentlich dadurch bedingt, dafs die Gola sich von
diesen ihren Brüdern abschlofs. Die letzteren hatten
nämlich während des Exils das alte Wesen weiter
trieben, sie waren wo möglich noch heidnischer eworden
und hatten sich z. Th. sogar mit Heiden vermischt. Ein
fach Heiden waren sie freilich keineswegs, es ist cum grano
salis zu verstehen, wenn Nehemia seine Gegner als Am-
moniter und Araber bezeichnet. Dafs sie im Gegentheil
Israeliten waren, zeigt sowohl ihr Name (Tobia) wie ihr
Anspruch (Neh. 2, 20. 13, 4 ff.). Auch ist es ein Ana-
148 Smend, über die Genesis des Judenthums.
später Esra nach Jerusalem kam, hatte die Colonie sich |
vielfach den Brüdern da draufsen genähert, namentlich war |
das seitens der vornehmeren Gemeindeglieder, der Priester-
schaft und des Adels geschehen. Zwischenheirathen kamen
in grofser Zahl vor. Die Gefahr, dafs die beiden Theile |
sich mit einander vermischten, war grofs und es stand
alles auf dem Spiel, was in den letzten Jahrhunderten er-
reicht war. Eben in dieser Situation wurden Esra und
Nehemia die eigentlichen Begründer der jüdischen Ge
meinde, der eine, indem er der Gemeinde das Gesetzbuch
gab, der andere, indem er die äulseren Bedingungen schuf,
unter denen allein die Herrschaft des Gesetzbuchs mög-
war.
In Babylonien war ein grofser Theil der Exulanten
zurückgeblieben, manche aus Gleichgültigkeit, manche aber
such aus anderen Gründen. Wir gewinnen sogar den Ein-
druck, dafs dort die Ideen Ezechiels viel lebendiger fort-
lebten, als in Palästina. Von dort kam das Gesetzbuch,
von dort kamen Esra und Nehemia. Die Religion war
inzwischen so consolidirt, dafs selbst fern vom heiligen
Lande jüdische Frömmigkeit und jüdische Gemeinden
möglich waren. Es ist auch ganz begreiflich, dafs man
mitten unter den Heiden und fern von den tritbseligen
Zuständen der heiligen Stadt mit viel grölßserem Eifer für
die Sache des Glaubens lebte und arbeitete, als in Jeru-
salem, wo man in steter Berührung mit ganz anders ge-
arteten Israeliten und im Kampfe mit den realen Aufgaben
der Wirklichkeit eher matt wurde. Wie oft ist nicht seit-
dem die Diaspora die zweite Mutter der Kirche geworden!
Esra führte einen grofsen Zug von Juden nach Juda
zurück. Er ahnte nicht, wie schlimm es dort stand, aber
gewils hatte er eine ungefähre Vorstellung von den dor-
tigen Verhältnissen. Er wollte der Gemeinde frisches Blut
zuführen, vor allen Dingen beabsichtigte er die Einführung
des Gesetzbuchs durchzusetzen. Man hatte freilich das
Deuteronomium. Nach Josias Tode war es nicht abge-
schafft, es blieb bei den Anhängern der Propheten im
höchsten Ansehen und machte sich sogar im Öffentlichen
Leben gelegentlich geltend (Jer. 34). Die gesammte Lite-
ratur des A. T., die aus dem Exil und dem ersten Jahr-
hundert nach dem Exil stammt, ist aufs stärkste vom Deu-
teronomium beeinflufst, namentlich der Prophet Ezechiel
und die sog. deuteronomistische Redaction des Pentateuchs
und der historischen Bücher. Auch in der neuen Gemeinde
150 Smead, fiber die Genesis des Judenthums.
Nehemia klafft eine Lücke von 12 Jahren"). Indessen
können wir aus dem Buche Nehemia das Fehlende in der
Hauptsache ergänzen. Die Feinde, welche die Manern
von Jerusalem zerstört, die Thore verbrannt und überhaupt
Uaglück und Schmach über die Gemeinde gebracht hatten,
sind ohne Zweifel dieselben, welche nachher die Wieder-
herstellung der Mauern auf alle Weise su hintertreiben
suchten, d. h. Sanballat, Tobia und Gesem, die dabei viel-
leicht gar einen Auftrag der persischen ierung voll-
streckt hatten. Gewife wollten diese Männer mit alt
ihr Anrecht an dem Tempel geltend machen und ihre Auf:
nahme in die Gemeinde erzwingen, nachdem Esra durch
Auflösung der Mischehen ihre Ausschliefsung von Neuem
durchgesetzt hatte. Und wie später die vornehme Priester-
schaft und die Aristokratie, die namentlich mit dem Tobia
theils verschwägert theils verbündet war (Neh. 6. Ex;
dem Nehemia gegenüber mindestens eine sweidentige | -
tung einnahm, so darf man auch wohl annehmen, sie
schon vorher mit jenen Häuptlingen gegen Kara gemein-
same Sache gemacht hatte. In der That bestand zwischen
ihnen eine Solidarität der Interessen. Durch die von Eara
angestrebte Einführung des Gesetzes war die Herrschaft
der mächtigen und reichen Aristokratie bedroht. Nehemia
stützte sich ihnen gegenüber auf die kleinen Leute, für
die er einen Schuldenerlafs vom Adel erzwang (N eh. 5).
Es ist wohl auch nicht zufällig, worauf schon Duhm auf-
merksam gemacht hat, dafs die trübseligen Reste der Pro-
hetie mit den Gegnern Nehemias conspirirten. Nehemias
emoiren sind uns freilich nicht vollständig erhalten, aber
schwerlich sind sie bedeutend verkürzt, er erzählt fast nur
von der Wiederherstellung der Mauern von Jerusalem, die
er doch in wenigen Wochen dewerkstelligte. In Wahrheit
war das eine That, die für die definitive Constituirung der
jüdischen Gemeinde von grundlegender Bedeutung war.
enn unter dem Schutz, den diese Mauer gegen die halbheid-
nischen Brüder da draufsen bot, und unter dem Zwang, in
dem sie die widerstrebenden Elemente im Innern der Stadt
bielt, haben Esra und Nehemia die Herrschaft des Gesetzes
aufgerichtet und dauernd gesichert.
——— Se
') Aller Wahrscheinlichkeit nach gehört in diese Lücke die ara-
mäische Erzählung von Esra 4, wie u. a. Bertheau gesehen hat.
Auffellend ist nur, dafs dort ganz andere Namen genannt werden als im
Buche Nehemia.
Stade, Denterozacharja. 151
Wir sind über die Geschichte der nachezilischen Ge-
meinde im Allgemeinen sehr unvollkommen unterrichtet,
aber dafür haben wir in den Memoiren Esrds und Nehemias
historische Documente ersten Ranges, die auf die Bedin-
gungen, unter denen die jüdische Gemeinde endlich zu Stande
helles Licht werfen. Die Persönlichkeiten des Schrift-
gelehrten und des Laien treten uns in lebendigster An-
schaulichkeit vor Au sie sind der genuine Ausdruck
der damaligen jüdischen Frömmigkeit, die uns hier im
voller. Originalität und Lebenswahrheit entgegentritt. Auch
die Gegensätze, in denen sich später das innere Leben der
jüdischen Gemeinde bewegte, liegen ihren Keimen nach
schon hier vor und das kann uns einigermalsen darüber
dafs wir über die nächsten Jahrhunderte so gat
wie nichts wissen. Von allgemeinerem religionsgeschicht-
lichen Interesse ist übrigens der Umstand, dafs die Con-
stituirung der jüdischen Gemeinde zuletzt nur unter dem
Beistande der heidnischen Weltmacht gelang.
Deuterozacharja.
Eine kritische Studie.
Vom Herausgeber.
II. Theil. Die aus der innerjüdischen Geschichte zu
entnehmenden Gründe.
(siehe Jahrgang 1881, 8. 1 ff.)
Daß !) Za. 9—14 ein nachexilisches Schriftsttick ist,
ist Jahrgang 1881, S. 1 ff, erwiesen worden. Aus den
ee 6 ee
N) Ich bedaure, bei Aufsählung derjenigen Gelehrten, welche der
auf oberflächlicher Untersuchung des Inhalts erwachsenen und ge-
dankenlos weiter nachgesprochenen kritischen Ansicht über Za. 9 ff.
auf Grund eigenen Nachdenkens widorsprochen haben, F. Böttcher
152 Stade, Deuterozacharja.
8. 96 angegebenen Gründen sollen jetzt alle diejenigen der
Geschichte der innerjüdischen Entwickelung zu entneh-
menden Gründe zusammengefafst werden, welche für die
genauere Bestimmung der Abfassungszeit in Betracht
kommen.
Vier Punkte kommen hauptsächlich in Betracht : 1) die
Ansichten Deuterozacharjas über das Haus Davids und
das Haus Levis, 2) die Stellung Deuterozacharjas zu den
herrschenden Kreisen, der Zweck und die Art seiner Arbeit,
3) die Stellung Deuterozacharjas zur zeitgenössischen Werth-
schätzung Jerusalems, 4) seine Vorstellungen vom Reiche
Gottes und der Bekehrung der Heiden.
überschen su haben. Er spricht sich „Neue exegetisch - kritische
Aechrenlese“, Leipzig 1863—65, 1. Abth. 8. 197, namentlich aber
2. Abth. 8. 215 ff. mit aller Bestimmtheit dahin aus, dafs Za. 9 ff. erst
nach Alexander geschrieben ist. Da ich das geuannte Buch so wenig
wie die mir zugänglichön Bibliotheken von Giefeen und Darmstadt
besitze, so ist mir dies bedauerlicher Weise entgungen. Ich wurde auf
die Stelle aufmerksam gemacht durch eine Mittheilung Dr. M. Krenkel's
Beiläufig sei bemerkt, dafs dasjenige, was meinen Ausführungen
bislang von Seiten der Vertreter der landl&ufigen kritischen Ansicht
entgegengesetst worden ist, mich von neuem davon überzeugt hat, wie
beillos es mit derselben steht. Daß es sich hier um die Gesamnt-
anschauung von der Entwickelung der Prophetie handelt, begreift
man immer noch nicht. Man sucht durch kleine Mittelehen zu
helfen und meistert dann natürlich an der besonders fatalen Stelle Zs.
9, 13. Steiner in seinem Wiederabdrucke des fiir seine Zeit vortreff-
lichen, jetzt aber veralteten Commentares Hitzig's su den kleinen
Propheten conjicirt für 1% 9°99 ein Ymy 9. ‘Ich verliere
über das Ungltickliche und Unmethodische dieser Conjectur kein
Wort. Aber begreift dein Steiner nicht, dafs das Schriftsttick,
wenn so gostanden bätte, dann erst recht in nachexilische Zeit gehört?
Noch unglücklicher ist der Recensent in Grätz’s Monatsschrift für
Geschichte und Wissenschaft des Judenthums (vom Mai- bis Juli-Hefte
1881), dem ich übrigens für seine wohlwollende Meinung über mich sa
Danke verpflichtet bin. Diesem ist es wider Willen in ganz unübertref-
licher, geradezu einzigartiger Weise gelungen, die herkommliche unme-
thodische kritische Behandlungsweise vun Za. 9 ff. zu persiffliren.
Stade, Deuterosacharja. 153
Weniger verschliigt dagegen fur diese Frage die Er-
wähnung des mino-Festes 14, 16 ff. Aus der besonderen
Hervorhebung desselben folgt nur, dafs das Stück nach der
Reform des Josia geschrieben ist, was ja auch die Mei-
nung der Kritiker ist'). Freilich konnte man, sobald
neben der grofsen Herbstfeier zu Jerusalem keine localen
Asiphfeste mehr in Juda gefeiert wurden und jeder Judier
zu diesem Feste nach Jerusalem zog, deshalb nuch nicht
erwarten, dals auch die Heiden dorthin pilgern würden.
Und so verräth dieser begleitende Zug die Abfassungszeit.
Dagegen ist an unserer Stelle die Erwähnung des niap-Festes
offenbar dadurch veranlafst, dafs es das Fest der vollendeten
Ernte, das Erntedankfest ist. Es erscheint sonach noch in
seiner alten Bedeutung.
Beginnen wir mit dem ersten dieser Punkte. Neben
Jerusalem besteht die Gemeinde der im Lande wohnenden
Jahveverehrer nur noch aus Juda. Jerusalem ist aber so
sehr der ganz Juda überstrahlende Mittelpunkt, dafs seine
Bewohner sich über die Judäer weit erhaben dünken und
Gott eigens es veranlafst, dafs die Judäer Jerusalem retten,
damit der Hochmuth Jerusalems getilgt werde. Innerhalb
aber dieses sich über Juda überhebenden Jerusaleme bilden
die leitenden Kreise das Haus David und das Haus Levi.
Einen König gibt es nicht, er wird aus dem Hause David
erwartet und soll der Fremdherrschaft ein Ende machen.
Schon dafs das Haus Levi als gleichwerthig, wenn
auch an zweiter Stelle, neben dem Hause Davids genannt
wird, ist — um von dem letzten Umstande vorerst ganz
zu schweigen — ein Beweis für die nachexilische Herkunft
von Za. 9 ff. Vor dem Exile konnte von einer solchen
Bedeutung des Hauses Levi gar keine Rede sein.
re eee
1) Bleck wurde daher von einem richtigen Gefühle geleitet,
wenn er Stud. u. Krit. 1852 8. 838 dieses Argument ablehut.
154 Stade, Deuterosacharja.
Die älteste Stelle, an welcher man ein Haus Levi er-
wähnt finden könnte, findet sich in dem aus nachdeutero-
nomischer aber vorexilischer Zeit stammenden Einschube
18a.2, 27—36. Allein das Haus, welches Gott in Aegypten
erwählt und dem er alle Opfer der Kinder Israel gegeben
hat, ist, wie die Gegentiberstellung des beim Hause Ds
vids aıntirenden Priestergeschlechts der Sadokiden beweist,
das Haus Elis, bezw. Moses. Hier sind mit dem Hause
Levi die Nachkommen eben dieser Sadokiden gemeint.
Als Haus konnte Levi tiberhaupt erst seit der Reform
Josias empfunden werden '). Voraussetzung war die Be
seitigung aller kleineren Heiligthümer, die Anweisung aller
Priester auf das königliche Heiligthum zu Jerusalem,
welches jetzt erst mit seiner Priesterschaft neben dem Kö-
nigsgeschlechte ein Einheitsband des gesammten Volkes
wird. Allein so stark ist die Macht der Tradition, s9 neu
der durch die Reform Josias geschaffene Zustand, dafs diese
theoretische Möglichkeit zunächt noch gar nicht in Betracht
gezogen wird. Weiter, da die Jerusalemer Priester, ihre
Stellung als königliche Beamte benutzend, den deposse-
dirten Landpriestern die durch das Deuteronomium ge
währleistete Gleichberechtigung durchaus verweigern, 80
kommt es noch gar nicht zu einem Zusammenschlusse aller
Priester vom Hause Levi. Wir erkennen die damalige
Sachlage deutlich aus den Weissagungen Jeremias. Wo
dieser die Verhältnisse der Gegenwart berührt, kommen
ihm die Priester gar nicht als Geschlecht in Betracht,
stehen sie bei Aufzählung der Stände erst nach den könig-
lichen Beamten (om) 1, 18. 2, 26. 4, 9. 8, 2. 13, 13.
1) Gegenüber gewissen Velleitäten einzelner Bestreiter der Graf'-
schen Hypothese, welche Mode zu werden drohen, sei bemerkt, dals
die hier gegebenen Austiihrungen für Jedermann beweiskräftig zu sein
beanspruchen.
Stade, Deuterosacharja 156
83, 32, ja 34, 19 sogar hinter den königlichen Eunuchen
oo). Freilich sind sie naturgemäfs mit der Beseiti-
rang der Heiligthümer aufserhalb Jerusalems und Erklä-
ung des königlichen Tempels zum Centralheiligthume des
ranzen Volkes in eine selbständigere Stellung dem könig-
ichen Hause gegenüber eingerückt, dessen schlichte Be-
ımte sie früher waren. Jeiteten sich früher ihre priester-
ichen Rechte lediglich aus der Bestallung durch den König
ıer, 80 fliefsen diese jetzt aus dem Gesetze Gottes, welches
wch den Königen ihr Recht gesetzt hat. In dieser neu-
rewonnenen Unabhängigkeit ähneln sie den Propheten, zu
welchen sie Jeremias so überaus häufig stellt. Will man
edoch die Stellung der Priester auch nach Josias Reform
ınd ihren Einflufs und Machtumfang richtig beurtheilen,
© hat man von Erzählungen wie Jer. 26 auszugehen. Es
st sicher belehrend, zu sehen, dafs selbst für im Tempel
jegangene Vergehen aller Einflufs und jede Entscheidung
i den königlichen Räthen und Beamten liegt.
Erst die Beseitigung der Königsherrschaft, erst das
üxil ermöglicht so, dafs man die Priester mit dem Hause
Javids in Paralleie setzt. Von nun an gehen die Hoff-
ungen des Volkes auf eine Wiedereinsetzung beider. Und
> treffen wir die erste Spur einer Gleichstellung beider
teschlechter in dem frühestens exilischen Anhange '), welchen
in Epigone auf Grund jeremianischer Stellen zu Jer. 38,
—13 verfalst hat : Jer. 33, 14—26. Dort wird verheilsen,
als von David nie einer mangeln werde, welcher auf dem
“hrone des Hauses Israel sitze, so auch den levitischen
’riestern nie einer, der vor Gott stehe, Brandopfer brin-
send, Mincha opfernd, Schlachtopfer rüstend immerdar.
Und mit der Rückkehr aus dem Exile, mit der Auf-
') Vgl. die erschöpfende Auseinandersetzung bei Kuenen, hist.
krit. Onderzoek Bd. 2, §. 78. 8. 204 f.
156 Btade, Deuterosacharja.
richtung der Gemeinde mulste diese Auffassung festen Fuls
fassen. Von den beiden Hoffnungen des Volkes, der Wie
derherstellung des nationalen Staates und der Wiederauf-
richtung des Cultes im Tempel zu Jerusalem, erfüllte sich
nur die zweite, wiewohl unter besonderen Bemühungen des
davidischen Hauses. Jetzt ward der Tempel und der in
ihm amtirende Hohepriester der Mittelpunkt des gesammten
Volkes. Ja fast scheint es, als habe Josua bereits vor
Wiederaufbau des Tempels eine gröfsere Rolle gespielt als
Zerubbabel. In wie fern sich dies ale Consequenz der
von Ezechiel zum Priestercodex führenden Bewegung be-
greift, soll hier nicht erörtert werden, vgl. S. 159 Anm. 1.
Doch richteten sich auch jetzt noch aller Augen auf
das Haus David. In der Statthalterschaft Zerubbabels
ist man eine Zeitlang geneigt, die Erfüllung der jere-
mianischen Weissagung von dem Wiedererstehen der da
vidischen Herrschaft nach vollzogenem Gericht (c. 22. 23.)
zu erblicken. Zacharja krönt in ihm den Zemach (6, 9—10.
Jer. 23,6). Haggai 3, 21 ff. weissagt auf Jer. 22.23 anspie-
lend die Vernichtung der heidnischen Reiche und die Erhebung
Zerubbabels zum Könige. Solche Hoffnungen erweckte der
Umstand, dafs er der x'@) der neuen Gemeinde Ezra 1, 8.
2,1f. 5,2, der ATM mmo Hagg. 1, 1. 2, 21 war.
Von dieser Meinung ist man freilich schnell zurtick-
gekommen. Bei solcher Sachlage konnte die persische
Obrigkeit nicht wohl dem Hause Davids die Statthalter-
schaft lassen. Wir treffen später den Nehemja als xnwT
und vor diesem scheinen nach Neh. 5, 15 Nichtisraeliten,
wahrscheinlich Perser, als Landpfleger Juda verwaltet zu
haben. Kein Davidide begegnet uns fernerhin als solcher.
Dagegen amtiren die Sadokiden in ununterbrochener
Reihenfolge am Tempel. Mit jeder Sucvession mulste ihr
Ansehen steigen. Ihr Haus ist das der Erfüllung, das
Davids nur das der Verheifsung. Je mehr alle Lebensver-
158 Stade, Deuterosacharja.
der Familie, welche einst das Scepter Israels getragen
hatte. Und so haben wir uns, nachdem die Landpfleger-
schaft nicht mehr beim Hause Davids war, doch deren
Glieder als zuvörderst aller Aemter der neuen Gemeinde
theilhaftig zu denken, unter den 091, den DI. OT
oe, Oy der neuen Gemeinde, wie sie Ezra, Nehemjs
nennen, sind sie zuvirderat gewesen. Jautet die Reihen-
folge Ezra 4, 3 Zerubbabel, Jusua Max] we] mp, 80
rückt mit dem Wegfall der Bestallung eines Davididen
zum Landpfleger dieses Geschlecht allerdings hinter die
Priester, vor denen es Ezra 4, 3 aufzählt, aber es steht immer
noch vor allen andern weltlichen Familien. So zählt Ezra
8, 1 ff. die ONIN YN, welche mit ihm zurtickkehrten, auf
in der Reihenfulge : 1) Priester, 2) wen TNT Yap, 3)
die übrigen Wy 30 py’ YAY u. 8. w. Und nur sehr
allmählich wurde es in der oben geschilderten Weise durch
die aufblühende Macht des Priesterthums in den Schatten
gestellt. Eine Station auf dem Wege, welcher schliefalich
dazu führte, dafs das Hohepriesterthum als höchste geist
liche wie weltliche Spitze empfunden wurde, dafs es, wie
Jesus Sirach 25, 24—26 sagt, die Aufgabe hatte. xgoorately
(für xgootratyy) aylov xal Aaov, so dafs um Weisheit für
sie gebeten wird xolrew tov Aao» avrot Lv dixacoorry,
beobachten wir sowohl an unserer Stelle, als beim Chro-
nisten, welcher, freilich ein Levit, 1 Chron. 3, 17—24 die
Nachkommen Zerubbabels bis etwa auf die griechische Zeit
aufzühlt, wiewohl an keinem besonders in die Augen sprin-
genden Orte, nur als Theil der Geschlechter Judas, dafür
aber das herrschende Priestergeschlecht in der Genealogie
Levis 5, 24-41 nur bis zum Exile herabführt (v. 15), den
Hohenpriestern des zweiten Tempels jedoch bis auf Jaddua,
den Zeitgenossen Alexanders, Neh. 12, 1 ff. einen besonderen
Abschnitt widmet. Und so dürfte vielleicht Geiger
Reht zu geben sein, wenn er das Haus Nathan und das
Haus ‘youn, welche Za. 12 neben dem Haus David und
Stade, Deuterosacharje. 169
a Haus Levi nennt, mit dem davidischen Hause Simei
dem levitischen Nathan 1 Chr. 3, 19. Neh. 12, 11 zu-
ımenbringt.
Dafs aber in der nach Anbruch der griechischen Zeit
chriebenen Chronik der Hohepriester bereits an die erste
lle im Volke gerückt ist, ist leicht begreiflich. Jede Orga-
ation gewinnt neue Kräfte, wenn eine neben ihr be-
aende erschüttert oder gar beseitigt wird, während sie
vet bleibt. Mit der Beseitigung der Perserherrschaft
fete sie an Bedeutung wachsen. Schon der Umstand, ©
3 der Hohepriester die einzige persönliche Spitze des
kes war, mit welcher die neue erst in der Consolidation
riffene griechische Herrschaft zu rechnen und sich
benehmen hatte, bewirkte dies. Damit wurden die
gen Geschlechter des Volks nothwendig definitiv unter
Hohepriestergeschlecht herabgedrückt. Letzteres bekam
rer mehr auch die gesammte weltliche Macht in seine
ıd, mit ihm zusammen zu hängen und verschwägert zu
» gab jetzt Adel.
Wenn nun unser Verf. das Haus Levi erst nach dem
rids nennt, so ist das jedoch kein Anzeichen dafür,
) wir uns noch vor der griechischen Zeit befinden.
ın nicht nur, dafs auch schon vor der griechischen Zeit
Hohepriestergeschlecht ohne Zweifel von einzigartiger
eutung und den übrigen adligen Geschlechtern an Ein-
' weit überlegen gewesen ist, so findet eine solche
yerlegenheit nicht immer in Schriftstücken ihren Aus-
tk, nicht immer Anerkenntnils. Beim Chronisten wird
Nennung des Hohenpriestergeschlechtes an hervor-
mder Stelle, während Davids (reschlecht nur nebenbei
aufgeführt wird, wit abhängig sein von dem Umstande,
der Chronist ein Levit ist. Umgekehrt mufste jedesmal,
n eine bevorstehende Umwälzung die Möglichkeit einer Er-
') Urschrift und Uebersetsungen, 8. 59.
160 Stade, Deuterozacharje.
füllung der messianischen Hoffnungen den Frommen nab
rückte, inihren Augen das Geschlecht Davids wieder in gleiche
Linie mit dem hohenpriesterlichen, wenn nicht vor dies
rücken. Denneben der Umstand, dafs ein Mann desselbes
beim Eintritte dieser Hoffnung die Krone seines Volke
tragen sollte, war es ja, welcher die Augen des Volkg
beständig auf dasselbe gerichtet sein liefe. Erwartet om
der Verfasser von Za. 9—14, die noch unerfüllten Wer
sagungen der Propheten zusammenfassend, die Königsher-
schaft eines Davididen, (9, 9ff.), so ist es nur naturgemif,
wenn er in einer Beziehung auf Verhältnisse der Gege ;
wart Davids Haus vor dem Levis nennt, während andere
seits ihre Nebeneinandergruppirung in vorexilischer Zat
bei einer solchen geradezu unerhört ist.
Aber auch der Grund selbst, aus welchom die Ge
schlechter der Priester und Davids Za. 12 neben einander
genannt werden, ist wohl zu beachten. Sie sollen Bule
thun wegen eines Mordes. Jede Hindeutung darauf fehlt,
dafs es ein in tumultuarischer Weise begangener gewese
sei, denn dafs alle Jerusalemer mit Bufse thun sollen, wird
man nicht als solche auffassen dürfen, thun es doch sued
die Frauen. Wenn den zwei autoritativen Geschlechten
eines Volkes eine solche That Schuld gegeben wird, »
spricht a priori alles dafür, dafs sie dieselbe eben krafi
ihrer Autorität, also in geordneter Form, verübt haben
Als Richter haben beide ein Todesurtheil gesprochen um
vollziehen lassen, welches dem Verf. als Mord gilt. Aud
hieraus sehen wir, dafs wir uns in nachexilischer Zeit be
finden. In vorexilischer spricht der König, sprechen dessa
Beamten (any) das Urtheil. Wird hier dem Haase Davi
und dem Huuse Levi dieses Urtheil Schuld gegeben, «
kann es nur von einem Gerichtshof ausgegangen sei
dessen Beisitzer aus beiden Geschlechtern genommen wurde
Einen Gerichtshof, in welchem die Angehörigen des Priester
Stade, Denterosacharja. 161
geachlechtes neben denen der Adelsgeschlechter safsen, hat
es in vorexilischer Zeit niemals gegeben.
Ich gehe noch weiter und behaupte : in den ‘prdee
iTPET, welche c. 12 allein neben den Geschlechtern Davids
und Levis genannt werden, haben wir diejenigen, welche
als xosoßvrepo: tic yeooaucs 1- Macc. 14, 28 neben den .
isgels und aeyorres genannt werden. In vorexilischer Zeit
würde man diese einfach M7 ‘yp genannt haben, rw
dafür zu gebrauchen ist in jener Zeit unerhört. Es ist
diese Uebertragung eine gelehrte Reminiscenz, rhetorischer
Aufputs.
Daß endlich die den Frauen der Jerusalemer Ge-
schlechter 11, 12 ff. zugewiesene Rolle sich am besten aus
den Verhältnissen der nachexilischen Gemeinde erklärt,
braucht nur angedeutet zu werden. |
Wir achten zweitens auf die Stellung des Vert zu
den Häusern David und Levi. Ebenso wichtig ist es, über
seine Ziele bei Abfassung von Za. 9 ff. ins Klare zu kommen.
Er setst sich durch jene Beschuldigung ebenso in Oppo-
sition zu den herrschenden Kreisen, wie durch die Erwar-
tung, dafs vor Anbruch der messianischen Zeit die jetzige
Obrigkeit werde beseitigt werden. Noch deutlicher redet,
dafs er die (aus Priestern und. Davididen) bestehende Obrig-
keit Kanaaniier schilt, sie beschuldigt, dafs sie das Volk
an die Fremden verkaufe, es zu ihrem Vortheil ausbeuie
und ins Elend bringe. Kurzum es ist kein Zweifel, unser
Verf. gehört den regierenden Kreisen nicht an, wiewohl
er diese durch die Macht seiner Ideen theilweise beein-
Aufst. Sind doch unter den Kanaanäern der Heerde auch
solche, welche auf ihn achten. 11, 11. Wer ist er? Ein
Prophet ist derjenige nicht, welcher, auf einer genauen
Bekanntschaft der älteren Prophetie fulsend, diejenigen
Weissagungen der Propheten, welche annoch unerfüllt sind,
seinen Zeitgenossen mit Anpassung an die Gegenwart vor-
rigt, und, wie wir Jahrgang 1881, S. 91 sahen, will er
Zeitschrift f. d. alttust. Wiss. Jalırgang 3. 1882. 11
162 Stade, Deuterosacharjs.
auch kein solcher sein. Er ist ein Schriftgelehrter, welcher
das deutliche Gefühl hat, dafs die Prophetie erloschen ist.
Er ist in Kreisen zu suchen, wie sie a. a. O. 8. 90 fi,
171 f. geschildert worden sind. Was zu seiner Zeit sich
noch als Prophetie gerirte, wird von der Art des Neh. 6
Erwähnten gewesen sein. Es war ein unreinliches und
ungesundes, durch keinerlei nationale Bewegung getragene
oder hervorgerufenes Treiben, welches mit der längst erlosche:
nen Prophetie nur den Namen gemeinsam hatte. Die Ent-
wickelung der religiösen Ideen war lüngst an ganz andere
Factoren geknüpft. Soweit die Ideen der alten Propheten
noch nicht erfüllt waren, konnten sie zu Einflufs auf die
Frommen des Volkes und damit auf die Weiterentwick-
lung der Religion nur gelangen durch die sich in die Reste
der Vergangenheit versenkende Schriftgelehrsamkeit. Nun
sehen wir aber in unserem Falle, dafs dieselbe sich nicht.
mit dem Studium und der Auslegung der Reste der Ver-
gangenheit begnügt, sondern in freier Reproduction den
Umfang derjenigen Weissagungen vorführt, welche noch
unerfüllt sind. Halten wir dies mit dem zusammen, was
die Entstehungsgeschichte der Bücher Micha und Jesaias
und so viele andere Abschnitte der überlieferten prophe-
tischen Literatur lehren, so ergibt sich, daß die Abfassung
von Za. 9 ff. nur ein Glied in einer Kette von Bestre-
bungen ist, welche darauf abzielen, die Reste der prophe-
tischen Vergangenheit zu sammeln, die prophetische Lite-
ratur abzuschliefsen und für ihre Gedanken das Volk zu
gewinnen. Und diese ganze Bewegung wird mit von dem
Eintritte von Ereignissen abhängig sein, welche den Tag
der Erfüllung der noch nicht erfüllten Weissagungen nahe
erscheinen lassen.
Haben wir nun unseren Verf. uns als einen der nachexi-
lischen Schriftgelehrten zu denken, so ergibt weiter die
Eigenart seiner schriftstellerischen Thiitigkeit !), dafs er
') Die excerpirende, auf älteres prophetisches Schrifttum zurück-
greitende schriftstellerische Manier des Verf. von Za. 9 ff. ist ührigens ein
Stade, Deuterozacharje. 163
r in die Entwickelung der mit Exechiel begin-
it Ezra schliefsenden prophetisch beeinflüfsten
wer gehört. Keine Spur zeigt sich mehr davon,
te die Herrschaft des Gesetzes über das Volks-
idehnen. Wenn es mit Worten gar nicht ge-
, 80 erklärt sich das daraus, dafs es eben zur
men Herrschaft bereits gelangt ist. Der Tempel
r Zeit so sehr der Mittelpunkt der gesammten
dals auch den Heiden die Wallfahrt zu ihm
ird. Und wie sehr das Streben nach Heiligung
reise bereits beherrscht, dafür zeugen 14, 20.ff.
arf. von Za. 9—14 ein nachexilischer Schrift-
nd ist er gänzlich frei von dem Bestreben, für
einzutreten, mit dem er doch, wie mehrere
‘l. namentlich 13, 2, s. Jahrgang 1881, 8. 83)
'ertraut ist, so muls er nach Ezra gelebt haben.
Zeiten nach Ezra verweist uns denn auch der
in welchen nach Za. 9—14 Jerusalem m Juda
iermit kommen wir zu dem dritten der 8. 152
n Punkte. Wohl werden auch schon früher
emer sich wegen des Tempels und des Königs-
die übrigen Judäer erhoben haben. Und auch
werden auf das Thor ihres Volkes (Mi. 1, 9),
um nachexilischer Schriftstellerei. Die völligste Parallele
i. 4. 5, eine andere ist Jes. 24—27. Za. 1—8, Haggai, Ma-
1, Joel bieten weitere Parallelen. Desgleichen die Paglmen.
ch y 5 und 51. 87. Die beiden ersten ruhen auf Deu-
etsterer verräth genauere Bekanntschaft mit dem Buche
| bereits Hupfeld richtig gesehen hat, ist die Aufs&h-
lenvölker dem Dichter von w 87 an die Hand gegeben
die messianischen Weissagungen desselben, welches c. 18
x Kuschs, c. 20 die der Philister, c. 28 die der Tyrier
t Assur meint der Psalmist Babel, welches ihm aus Jes.
geläufig ist. omy aber v.4 flofs, wie Hupfeld richtig
aus Jes. 80, 7. Ueber die Vergleichung der Psalmen
166 Anm. 1.
11°
164 Stade, Deuterosacharja.
den Sits des Königs stols gewesen sein. Sobald ma
dachte wie Am. 1, 1 war dasu reichlich Anlals gegeben.
Will man aber sehen, wie wenig in vorexilischer Zeit Jers-
salem Juda in solcher Weise wie in Za. 9—14 tiberstrahlt
und in den Schatten stellt, so ist nichts hierfür geeignete
als Jeremias Weissagungen, die doch gröfsten Theils nach de
Reform Josias fallen, su vergleichen. Bei Jeremias (wie freilich
schon bei Jessias) zeigt sich die Bedeutung der Haupt
stadt erst darin, dals Jerusalem dem Lande Juda coordinir
erscheint, wobei aber zu bedenken ist, dafs die Gesetze de
Parallelismus dies nahe legten.
Aber neben Jerusalem spielen die übrigen Stätte Judas
noch ihre Rolle, Jer. 8, 14. 10, 22. 33, 13. 34, 7. Jeremis
redet im Tempel su allen Städten Judas 26, 1, ebenso
Baruch zu den Judäern, welche aus ihren Städten ge
kommen sind. 36, 5 ff. Die Söhne Judas haben ihre Greuel
in den Tempel gesetst 7, 30. Freilich ist die Residenz
und Tempelstadt die erste, die übrigen Städte sind eine
Heerde, über welche Jerusalem als Hirt gesetzt ist Jer.
17,20, sie sind Jerusalems Städte 19, 15. Aber dennoch sagt
der Prophet für gewöhnlich mit Voranstellung Judas : Juds
und Jerusalem 4, 5. 13, 9. 14, 1. 19., Judas Städte und
Jerusalems Bewohner 11, 12, Judas Städte und Jerv-
.salems Gassen 11, 6. 13. 33, 10. 44, 6, Land Juda und
Jerusalems Gassen 47, 9, Juda und alle Bewohner Jeru-
salems 35, 17, der Mann von Juda und die Bewohner Jeru-
salems 4, 4. 11, 1. 9. 17, 25. 18, 11. 32, 32. 35, 13, die
Freien oder die Beamten von Juda und Jerusalem 27, 20.
29, 2; viel sicherer mit Voranstellung Jerusalems : Jeru-
salem und Judas Städte 1, 15. 4, 16. 9, 10. 44, 2, Jeru-
salems (tassen Judas Städte 7, 17. 34, Jerusalems Be
wohner und der Mann von Juda 36, 31.
Mit der Zerstörung des Tempels und der Stadt, mit
der Deportirung änderte sich das mit einem Schlage. Jetzt
beherrschte jene Frage (Jer. 22, 8) weshalb hat Jahve
dieser grolsen Stadt also gethan, die Gedanken des Volkes.
Btado, Deuterozacharja. 165
Jahve, der höchste Gott, der allein wahre Gott,
; seine Stadt, seinen Tempel in die Hand der
ıd nach alter Anschauung auch ihrer Götter geben
Hat er damit nicht die Ehre seines Namens aufs
geschädigt? Freilich war die Antwort : er hat
um der Sünde seines Volkes willen, schon von
md her gegeben. Und eben so sicher mufste
e Zuversicht erspriefsen, dals er eben um der
es Namens willen sein Volk wieder herstellen,
Tempel wieder aufrichten werde, damit die Heiden
sueikennen, dafs nur um der Sünden Israels willen dieses
WMewicht ergangen ist. Eben das richtete die Augen, zwar
Wucht des ganzen Volkes, aber doch der führenden Männer
wisaf die Stadt und den Tempel und gab beiden ein ganz
Wesonderes Relief. Indem aber zugleich die politische Ver-
Wiäedung unter den Volksgenossen gesprengt war, mulste
um deren Stelle, wenn die Volksgenossen vor dem Ver-
wselhwinden unter den Heiden bewahrt bleiben wollten, das
Baad der religiösen Zusammengehörigkeit treten, welches
im Cultus sur Erscheinung kommen, nur durch diesen
*Newtikon konnte. Dieser Umstand war vielmehr als der
‘ aumdere, dafs man doppelt schätzt, was man von altem Besitse
" Wseroren hat, der Grund, weshalb jetst die Wiederaufrich-
‘Bang des Cultus und damit die Wiederherstellung der Btadt
am den Vordergrund der messianischen Ideen tritt.
Damit aber war dem nachexilischen Jerusalem eine
Wedentung für das Volksleben gegeben, welche das vor-
ezilische nie gehabt hat. Und diese mufste sogar noch
steigen, je mehr alle Verhältnisse des Volkslebens sich dem
Gesetze anpafsten und nach ihm veredelten. Jetzt wurde
der Tempel die Stätte, an welcher die Gedanken der
Frommen am liebsten weilten, und seine Heiligkeit strahlte
über die ganze Stadt. Diese ist jetzt der geistige Mittel-
punkt der ganzen Volkegemeinde, ihr Stolz und ihre Hoff-
mung, dasu die Stätte, an welche sich die herrlichsten aller
166 Stade, Deuterozacharja.
Erinnerungen aus der Vergangenheit knitpfen, die Stadt
Davids, Zion, das auf ewig bestehen wird, yw 126, 1.2
Die Stellung, welche Jerusalem und der Tempel in nach
exilischer Zeit in den Gedanken des Volks einnimmt, er
sehen wir deutlich aus sahlreichen Stellen der Psalmen ')
In Jerusalem wohnen zu können, Jerusalems Glück m
schauen ( 128, 5), ist, ein besonderes Glück, denn we
dort wohnt, vermag täglich im Tempel Gottes Namen zu
rihmen » 84, 4. 65, 5. 23, 6. Wer dort weilen darf, ge
deiht 52, 10. 92, 14. Daher bittet der Fromme Gott, alle
Tage in seinem Hause wohnen zu dürfen, um anzuschauen
seine Huld und seinen Palast zu betrachten 27, 9. Ein
Tag in den Vorhöfen Gottes ist ihm besser als Tausend
und er sagt (84, 23) : Wie lieblich sind deine Wohnungen,
Jahve der Heerschaaren, gesehnt hat sich und auch ver-
schmachtet ist meine Seele nach den Vorhöfen Jahve’s. Nach
Jerusalem wallfahren zu dürfen, ist Gegenstand seiner
Sehnsucht und seines Gebetes 43, 3, lebhaft freut er sich
schon über die Möglichkeit, dorthin zu pilgern 122, 1, dort
gewesen zu sein, ist ihm die liebste Erinnerung 5b, 16.
122,2f. So wird denn Zion, über dessen zweiten Tempel
') Der Psalter ist ein Erzeugnils des nachexilischen Judenthums.
Die in ihm zum Ausdrucke kommende Frömmigkeit ist in ihrer indi-
viduellen Eigenart cine nachexilische Erscheinung. Vor dem Exile
fehlte für die Psalmendichtung vollständig der Boden. Damit soll
nicht behauptet sein, dafs im Psalter keine exilischen oder vorexilischen
Lieder enthalten sein könnten. Allein a priori hat jedes im Psalter ent-
haltene Gedicht so lange als nachexilisch zu gelten, als nicht sus
deutlichen Indicien das Gegentheil zu erweisen ist. Dals auch die Sprache
der Psalmen dieselben in die nachexilische Zeit verweist, hat Giese breoht
in dieser Zeitschr., Jahrg. 1881, 8. 276 ff. nachgewiesen. Doch scheint
er mir das Gewicht der herkömmlicher Weise für einen frühen Abschlufs
des Psalters geltend gemachten Gründe etwas zu überschätzen, s. a. a O.
8. 804 ff. Dafs ». B. die ganze Sammlung der nach Sprache und Ge-
danken eng verwandten Asaphlieder sich am besten aus der macce-
bäischen Zeit erklärt, steht mir seit langem fest.
Stade, Deuterosacharja. 167
zu Haggais Zeiten die Greise noch wehmtithig geklagt
hatten, weil sie den ersten noch gesehen hatten, zur Krone
der Schöpfung 50, 2. Er ist die schöne Höhe, die Freude
des ganzen Landes 48, 3. Jerusalem wird die ewige Stadt
gp 125, 1. 2, der für alle Zeiten bestellte Mittelpunkt der
Segnungen der Propheten » 133, 3. Für. ihre Wieder-
herstellung dankt der Fromme und bittet für ihr Glück
p 147, 4. 122, 6-9. Es ist der Ort, wohin alle Völker
und Königreiche kommen, um Gott zu dienen 102, 22 f.
Ja wenn der Psalmist 87, 2 ausspricht : Jahve liebt
Zions Thore mehr als alle Wohnungen Jacobs, so ist das
derselbe Hochmuth, um deswillen nach unserem Verf. 12, 7
Gott Juda zuerst und Jerusalem durch Juda helfen wird,
damit die Ueberhebung der Davididen und der Bewohner
Jerusalems über Juda nicht noch sunehme. Es ist aber
leicht einzusehen, dafs der Abstand, welcher in der Werth-
schätzung zwischen Jerusalem und Juda in der Meinung
der Judenheit bestand, sich um so mehr vergröfsern mulste,
je mehr die Judenheit sich über die olxovuern zerstreute.
So lange dieGemeinde auf engem Raume in und um Jeru-
salem sals, gar manche der in Jerusalem Functionirenden
auf dem Lande wohnten, mufste das Gefühl der Zusammen-
gehörigkeit auf beiden Seiten rege bleiben. Jene Tausende
von Juden aber, welche in Aegypten und den Euphratländern
wobnten, dort heimisch wurden, zu Reichthum und Macht
gelangten, hatten nach wie vor zu Jerusalem Beziehungen,
auch für ihr Denken war der Tempel zu Jerusalem der
Mittelpunkt, nach ihm wanderten sie, ihn schmückten ihre
Beichthümer, keine Beziehungen aber hatten sie zu Juda,
dessen Dörfern und Landstädtehen. So wird Jerusalem
immer unabhängiger von Juda, aus einer kleinen Provinzial-
stadt das Centrum einer über die olxovuevn zerstreuten
grofsen Glaubensgemeinschaft, so wird Juda immer mehr
unter die Hauptstadt herabgedrtickt, waren doch seine Be-
wohner nur ein Theil der Judenheit. Und es ist bereits
168 Stade, Deuteroszacharje.
Jahrgang 1881, 8. 40 darauf hingewiesen worden, dafs es
dem Verf. in seinem Zukunftsbilde nur sehr schwer gelingt,
Juda an Jerusalem heranzurücken und von den sich be
kehrenden Heiden, welche gewipsermalsen an die Stelle der
heimgekehrten Exulanten treten, absurticken. Läfst doch |
auch er die für Jerusalem kümpfenden Judier 12,5 sagen:
möchte ich ihnen genügen durch Jahve der Heerschaaren,
ihren Gott. |
Uebrigens vermittelt sich der Gedanke, dafs Juda gegen
Jerusalem kämpfen werde, welcher sowohl c. 12 als 14
sich findet, nicht nur dadurch, dafs Fremdherrschafi
besteht, sondern weiter dadurch, dafs Kinder der Diaspora
in fremden Heeren Söldnerdienste leisteten.
Endlich ist als Beweis für die Herkunft des Schrift
stückes Za. 9-14 aus der Zeit nach Esra in Anspruch
zu nehmen die sich in ihm findende Form der Vorstellung
vom Reiche Gottes und seinem Verhältnisse sur geschieht
lich gegebenen Gemeinde.
Für unseren Verf. (c. 11) ist es die Bestimmung des
Volkes Israel von Gott regiert zu werden. Seine jetzigen
Leiter sind schlechte, von Gott verworfene Leiter. Freilich
macht er die Erfahrung, dafs sein Volk für dieses Gottes-
reich, dessen baldigen Anbruch er erwartet hat, noch nicht
reif ist und deshalb von Gott abermals einem Weltreiche
preisgegeben wird. Wiesehr sich dieser Begriff des Gottes-
reiches im Gegensatze zu den irdischen Weltreichen ent-
wickelt hat, sieht man aus Za. c. 11 besondere deutlich.
In ihm finden wir eine Form des Begriffes, deren Weiter-
entwicklung das Buch Daniel zeigt. Der Gedanke nun,
dafs Gutt allein der Herrscher seines Volkes ist, ist der
Grendgedanke des nachexilischen Judenthums, der die
religiöse und, soweit eine solche möglich war, die staat-
liche Entwickelung aufs stärkste beeinflufst, wo nicht
leitet. Es ist derselbe Gedanke, welcher bewirkt, dafs das
gesammte bürgerliche Leben des Judenthums in immer
steigendem Mafse dem Gesetze unterworfen wird. dafs das
Stade, Deuterozacharja. 169
ganze Volk in allem was es thut, sich als ein heiliges Volk
fühlt, ja dafs es es schliefalieb völlig aufhört ein Volk su
sein und eine blofse Glaubensgemeinschaft, eine Sekte wird.
Besonders belehrend ist für die ganze Auffassung des
Verf. vom Reiche Gottes, dessen Anbruch er verkündet,
die Schlufsweissagung c. 14. Hier formulirt er zunächst
seine Erwartung bestimmt in v.9 dahin, ,dals Jahve König
werden soll über das ganze Land, jenes Tages einer sein
soll und sein Name einer". Dann aber erfahren wir weiter,
dafs ganz Jerusalem heilig sein soll '), und dafs alle Völker
sich bekehren und nach Jerusalem das Laubhüttenfest
zu feiern pilgern sollen. Die Verehrung Jahves wird also
die ganze Erde umspannen, während in Jahves Lande sein
Königthum zur unumstrittenen Herrschaft kommt, alle Ver-
hAltnisse auf Grund der Heiligherrschaft gemodelt werden.
Die übrigen Völker behalten ihre weltliche Herrschaft.
Aber sie verehren Jahve als einen und zwar unter seinem
Namen Jahve. Diese Stelle genügt allein, um eine frühere
Abfassung als im nachexilischen Zeitalter auszuschliefsen,
sie allein räthschon mit der Abfassung in die hellenistische
Zeit herabzugehen. Denn sie setzt Reflexionen über Gott
und Götter voraus, wie sie erst in nachexilischer Zeit
möglich wurden, erst in hellenistischer vorhanden sind. Man
vergleiche nur damit die Anschauungen Jeremias, in dessen
Zeit die Kritik die Abfassung von c. 14 gesetzt hat. Noch
für ihn sind die Götter der Heiden Israel feindliche und
verderbliche Mächte, später werden sie ein verächtliches
Gebilde von Menschenhand. Hier aber wird gegen An-
schauungen polemisirt, wonach die verschiedenen von den
Heiden verehrten Götter allerdings eine reale Existenz
haben, aber freilich keine von einander oder von Jahve
') Wenn auch die Kochtöpfe heilig sein sollen, so erinnert dieser
Zug auffallend an die Bitte des wpa SA Dm> IDR:
170 Btade, Deuterozacharja.
verschiedene, wonach sie alle nur das eine Göttliche vor-
stellen, welches die verschiedenen Nationen unter verschie
denem Namen anrufen, Israel als Jahve, die Heiden als
Baal, Ahuramazda, Zeus oder Amon. Das aber ist eine
Anschauung, welche mit Anbruch der hellenistischen
Zeit, mit Niederwerfung der nationalen Schranken wie
mit Nothwendigkeit sich einstellen mufste'). Dafs diese
Anschauung auch in Israel Vertreter fand, ist von
vornberein bei der Uebermacht hellenischer Caltur glaub-
lich. Dafs sie wirklich bestanden hat, verrathen spätere
Ereignisse. Was 1 Macc. 1, 43. 2, 23 berichtet wird, js
überhaupt der Versuch des Antiochus hellenischen Cult in
larael einsufahren, hat das Einströmen solcher Ideen in
Israel zur Voraussetsung. Wir haben 14, 9 eine frühe und
energische Reaction gegen dieselben. Die Stelle sotzt sich
dadurch in bemerkbaren Gegensatz zu Maleachi 2, 11.
So lange man eben in Israel nur Jahve opferte, war es
erträglich, ja konnte als fromm gelten, zu denken, dafs die
aulserbalb den Göttern der Heiden dargebrachten Opfer
auch Jahve gelten, welchen jene unter dem Namen ihrer
Götter verehren. Aber anders gestaltete sich die Sache,
sobald man auf Grund solcher Meinungen nun in Israels
Lande jenen Göttern unter deren Namen opferte und ver
langte zu denken, dafs dies thun und Jahve opfern für
den Israeliten gleich sei. Jene Theorieen Maleachis waren
damit in eine Praxis übersetzt, welche nicht ertragen werden
konnte.
Fanden wir vorhin, s. S. 161 ff., die ersten deutlichen
Regungen jener Gegensiitze, welche in der nachexilischen
Gemeinde mit dem Priesterthum und dem Schriftgelehrten-
thum von Haus aus gegeben, sich später als Sadducäismus
und Pharisäismus auseinandergesetzt haben, so erblicken
*) Vgl. die Schilderung Droysen's von der entstehenden Theo-
krasie, Hollen. 1, 2 (ll) 8. 804 f.
Stade, Deuterozacharja. 171
ww ur hier die ersten Spuren derjenigen Bewegungen,
sewrelche mit dem Einströmen hellenischer Cultur beginnen
it den Maccabäerkämpfen ihren Abschlufs gefunden
Es ist nun nicht ohne Interesse, nebenbei zu bemerken,
«Mnfs auch jener Gedanke von Jahves Königthum durch
Mie Psalmen als ein das nachexilische Judenthum lebhaft
Tewegender ausgewiesen wird'). Der Preis des König-
@humes Jahves gehört zu den Lieblingsgegenständen der
#2salmendichtung : 74, 12. 84, 4. 93, 1. 97, 1. 98, 6. 108,
MO. 146, 10. 149, 10. Er ist der König der ganzen Erde,
eer Herrscher, welchem sich alle Heiden unterwerfen
zmüssen 10, 16. 22, 28. 29. 47, 3. 1—9. 86, 9. 10. 96, 10.
0, 1. 102, 23. 145, 11. Was Za. 9—14 voraussagt, dazu
fordert » 82, 8 Gott auf, „sich zu erheben und die Erde
au richten, da er alle Völker als Erbtheil besitzen soll.“
Ebenso entspricht es genau dem Gedankengange von Za.
14, 9, wenn nach » 83, 19 die heidnischen Feinde des
Volkes zu Grunde gehen sollen, dafs Gott allein Jahve
heifst und erhaben ist über die ganze Erde. Er herrscht
über alle Heiden 46, 11. wp 47. w 48. Nach wp 86, 9 sollen
alle Heiden kommen und sich niederwerfen vor Jahves
Angesicht und seinem Namen Ehre geben.
Es sei hier verstattet anzuschliefsen, dafs die Psalmen
mit Za, 9—14 die Neigung theilen, sich Israel als eine von
Gott geweidete Heerde, Gott als Hirten vorzustellen 23, 1.
96, 7. 100, 3. Besonders den Asaphpsalmen ist dies ge-
Mufig 74, 1. 77, 21. 78, 52 (vgl. auch v. 70—72). 79, 13.
80, 2. 3. Und die andere Seite des Bildes, dafs Israel wie
eine Schafheerde zur Schlachtung Preis gegeben wird,
kehrt wieder 44, 12—23.
*) Für weiteres genügtes, auf Wellhausen’s Pharisäer und Bad-
ducäer zu verweisen, welcher 8.116 die betr. Stellen der salomonischen
Psalmen gesammelt hat.
172 Stade, Deuteronacharja
Auch für die messianische Hoffnung von c. 14, dals
alle Heiden sich su Jahve bekehren und die Feste zu Jerv-
salem feiern werden, finden sich in den Psalmen die
besten Parallelen : einmal in » 86, 9 „alle Heiden, welche
du gemacht hast, ‘werden kommen und anbeten vor dir, 0
Herr, und deinen Namen ehren“, dann in » 87, in welchem
der Missionstrieb der Gemeinde am stärksten zum Aus
drucke kommt. Auch in ihm ist man von dem Gedanken,
dafs Jerusalem die Kinder der Diaspora um sich sammelt
und so zurückgewinnt, zu dem weiteren fortgeschritten,
dafs auch die Heiden, unter welche jene zerstreut sind,
sich bekehren. Und zwar begegnen uns bis auf Kueh,
welches Za. 9-14 fehlt, dieselben Länder der Diaspora,
welche letzteres Stück aufsählt : Tyrus, Philistäs, Aegypten,
Babel (= Assur).
Freilich sind von den angeführten Stellen viele jünger
als Za. 9—14. Aber für das nachexilische Coiorit des
selben beweisen auch sie. Es dürfte schwer fallen, solche
Parallelstellen aus vorexilischer Zeit su finden.
Nur beiläufig sei daran erinnert, dafs auch die freund-
liche Stellung des Verf. zu Ephraim sich am besten er-
klirt, wenn er in einer Zeit schrieb, in welcher bereits die
Mehrzahl der im Lande Zurückgebliebenen sich an die neue
Gemeinde angeschlossen hatte. Auch das weist uns über
die Zeit des Ezra hinab.
Es ist überflüssig, zum Schlusse zu bemerken, dafs
auch die Sprache von Za. 9 ff. der Abfassung in nach-
exilischer Zeit günstig ist. Vgl. das aram. Fremdwort
mmm 9, 15 und Wendungen wie nyan pn 11, 2. Ich
übergehe Weiteres. Solche Beweise nehmen sich bei der
niederdrückenden Wucht der beigebrachten sachlichen nicht
vortheilhaft aus.
(Schlufs folgt.)
178
IEVE
als Aussprache des Tetragramms».
\us einem Briefe des Prof. Franz Delitzsch in Leipsig,
veranlafst durch Jahrg. I 8. 846.
Js ich im Jahre 1864 in Venedig war; bemerkte ich,
anal grande befahrend, gegenüber dem Palazzo Sina
Aushängeschild einer Lidraria anticha. Ich beeilte
dieses Antiquariat zu besuchen und fand in dem Be-
einen gebildeten Pädagogen, welcher eine mehrmals
legte biblische Geschichte geschrieben bet, vielleicht
stzte nach der alten Methode, die hervorragenden
shen Personen redend einzuführen und selber ihre
üchte erzählen zu lassen. Der Besitzer des Anti-
its war der Schuldirector Giovanni Paoletti und
"arlate tratte da argomenti della Sacra Scrittura waren
in vierter Auflage erschienen.
Inter den Handschriften, welche bei ihm käuflich
, nahmen zwei mein Interesse in Anspruch. Die
n 4° war betitelt Ex libris omnimodis historicss ab
iteronymo editis summariolum exscriptum. Noch heute
> ich es, sie nicht erworben zu haben. Eine andere
ın mir sofort überwiegendes Interesse ab — eine Per-
ıthandschrift in Hochquart, Joachim de Trinisate über-
bem und durchaus von dem vierbuchstäbigen Gottes-
ı und seinen Geheimnissen handelnd.
lort fiel mir sofort auf 8. 5 folgende Stelle ins Auge:
» autem tudeorum et st tribus suprascriptis modis in
mnipotente apparust docens se esse trinum ef unum
nomen tamen suum [EVE quod hebreilegunt adonay,
\dicavit eis guia esse se trinum et unum deum non
er specialem intellectum aperutt, quousque ventret tle
Moyses, mediator dei et homints, Christus Jesus. Jenem
gegenüber hat eine jüngere Hand an den Rand
174 Delitssch, IEVE.
IEHOVAH geschrieben. Ein Stück urkundlicher Geschichte |
der Aussprache des Tetragramnıs innerhalb der Kirche lag
vor mir.
Durch diese ganze Abhaudlung hindurch wird der
Gottesname IEVE geschrieben und der hebräischen Grund-
form m gemäls in die drei Bestandtheile IE.EV.VE
zerlegt, was auf die mannigfachste Weise als Andentung
des Geheimnisses der Trinität und der heilsgeschichtlichen
Entwicklungsstadien verwerthet und durch Figuren illo-
strirt wird.
Nach Erlangen zurückgekehrt überzeugte ich mich,
dafs es kein Anekdoton sei, welches ich erworben hatte.
Es ist ein an das Bgo sum alpha et 6 sich anschliefsender
Bestandtheil des Commentars zur Apokalypse von Joachim
de Floris, enthalten in dem 1527 in Venedig gedruckten
Abbatis Joachim Expositio in Apocalypstm et Psaltertum
decem chordarum (in der Münchener Hof- und Staats
bibliothek P. lat. 661. 4° I... Diese zwei Schriften be-
zeichnen die römischen Inquisitoren als ersten und zweiten
Theil des Evangelium aeternum. Der erste Theil ist das
fünftheilige lider Concordtae. Diese drei Schriften wurden
zum ersten Male im Jahre 1254 in Paris auf den Markt
gebracht. Wilhelm Preger in seiner Abhandlung : Das
Evangelium aeternum und Joachim von Floris, München
1874, bespricht ausführlich die Echtheitsfrage.
Uebrigens beruft sich Joachim für die Aussprache
IEVE auf hebräische Tradition. In der That vertritt sie
Samuel b. Méir (Raschbam) zu Ex. 3, 15, wo die in ver-
schleierndem Athbasch-Alphabet geschriebenen Worte zu
lesen sind : Hpn3 W's IT MR QP DM AMS Wwsy xp NT
Dan mya my 9 ay". Wenigstens sagt er hiermit, dals Ty?
das aus der Selbstaussage gegenständlich und mit 1 statt ’
(nach Koh. 2, 22) umgelautete 7x sei — er hält also
allem Anschein nach mym (mm) für die wahre eigentliche
Aussprache. |
176
Kleinigkeiten
von Georg Hoffmann.
>
1. nmeien=7 2 Kon. 23, 13 ist nicht „Berg des Ver-
ens“ sondern „Oelberg“ vgl. nowm ayy Qeri Jer.
2. Es wäre die Nisba von mpg oder von np;
es hätte der Name ursprünglich Ye") gelautet,
das Verderbep wäre nur hineingelesen, weil die Götzen-
th bei diesem Berge diese Deutung nahe legten.
2. 2 Kon. 23, 8 von Josljahü -“yy oyna do-me an
=r Yaw ONIN NP Wp We NDR MOON IT!
mw YA ape AMO Nein Oye] Ning Ne pn you
wa um oxo yw. Vocalisiere : nern
po vgl. Lev. 17, 7. 2 Chron. 11, 15, und lies we
82.
3. Richt. 7, 13 OMtviy ond [mp gy) iby. Vocalisiere :
y om) (Selo) bg vgl. 5, 8: „das Geklirre des Thor-
fos“. Das Thor ist onanmyw Ex. 32, 26 f.
Berichtigung.
. 76 Z. 13 L s. p. 94 Anm. 1.
- 76 2. 5-6 v. u. Das über np panbo Gesagte ist zu
ıon, denn im arabischen Original (ed. Landauer p. 247) lauten
orte : tySU üelüo Yyildold (ich habe es gut untersucht). Vgl.
Steinschneider’s Bodl. Catal. Col. 2198.
L 64 Z. 8 (== 7) 1 sit.
. 98 muls der Anfang des 26. Verses in der deutschen Ueber-
1g laaten: „Die den Worten am Anfange beigefügten“ u. +. w.
A. Hi.
176
Bibliographie.
Barnes, A., Motes on the Book of Job. New ed. New- York 1081
3 Vol. 822 8. 8°.
Bible (Speakers Commentäry) Edit. by F.C.Cook. Old Test. Vol. 6:
Esschiel, Daniel and the Minor Prophets. New ed. 1861. 8°. 7448
Delitzsch, Friedr., wo lag das Paradies. Eine biblisch-asayr. Studie.
Leipsig 1881, XI 846 8. 8°.
Gibson, J. M, the Mosaic Ira. a Series of Lectures on Exodes, Le
viticus, Numbers and Deuteronomy. Kondou. 870 8. 8°.
Groser, W. H, Joshua and his Sucoessors : An Introduction to the
Books of J., Judges, Ruth and Sem. 1. 1881. 178 § 8°.
Gtidemann, M., Notizen (I. ~Qym 0. ya, IL Ow p» IV. Be
seichnung der Menatsnamen durch Zahlen) s. Moriatesehr.’ f. Gesch
u. Wiss. d. Judenth. 1881. 8 368 £.
Yonge, C. M., Questions on the Psalms 1881. 298 8. 8°.
Palm, Aug., Alt-bebräische Lieder. Die i. d. hist Büchern d. A. T.
enthaltenen poet. Stiicke. 1. Theil. Stroph. Textausgabe und Ueber-
setzung. Zürich 1881.
Pulpit Commentary : Numbers. Introdustion by Th. Whitelaw.
Exposition and Homi]. by R. Winterhotham. 1881. 4768 &.
Bahmer, „M- die biblische Erdbeben - Theorie. Magdeburg 1881.
68 8. 8°.
Rodwell, J. M., the Prophecios of Isaiah. Translated from the He-
brew. 1881. 174 8. .
Vigouroux, F., la Bible et les Découvertes modernes en Palostine,
en Egypte and en Assyrie. 8. ed. 2 Veh t. 1. IX. 459 8. 11 pl
t. 2. 556 8. 22 pl. 8°. |
Wogue. L., Histoire de la hible et de l’exdgöse biblige jasqu’h ned
jours. Paris 1881. VI. 887 B. 8°.
Gesenius, W., hebr. Grammatik Herausgegeben von E. Kautssehb.
28. Aufl. Leipsig 1881. XII, 878 8. 8°.
Gritz, H.. die Anfänge der Vocsdzeichen im Hehräischen, u Monst=
schrift f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881. 8. 348 ff. 305 ff.
König, Ed., bist. krit. Lehrgeb. d. hebr. Sprache mit steter Beziehung
auf Qimchi u. d. anderen Autorit. 1. Hälfte Schrift, Ausspraehs,
Prou. Verb. Leipzig 1881. X. 710 8.
Wijnkoop, Jus., Darche hanesigah sive leges de aceontus Hobraiase
linguao ascensione. Leiden 1881. 115 8. 8°.
Fischer, H, und Wiedemann, A, über babyl. Talismane. Stutt-
gart 1881. 16 8. 4° mit 3 Taf.
Gilbert, E., Essai historique sur les talismans dens l’antiquite, le
moyen äge et les temps modernes. Paris 1881. 69 8. 8°.
Grats, H. die musik. Instrum. im jerus. Tempel s. Monateschrift f
Gesch. u. Wises. d. Judonth. 1981. 8. 243 ff.
Lucius, P. E. der Essenismus in seinem Verhältnifs sum Judenthum.
Strafsburg 1881. 132 8. 8°.
Stade, B., Geschichte des Volkes Israel. Lief. 1. Berlin 1881. 1608.
(Allgem. Gesch. in Einzeldarstellungen heraungeg. von W. Oncken
I, 6.—35. Abth.) .
(Abgeschlossen 1. Sept. 1881.)
— ee ns ee ee ee: gen
177
Zur Geschichte der neuhebräischen Lexikographie.
Einige Bemerkungen von C. Siegfried.
In den älteren bibliographischen Uebersichten ist die
hebräische Lexikographie als ein Ganzes behandelt und
daher das biblische und das nachbiblische Hebräisch zu-
sammengefalst.
So geschah es durch Joh. Christoph W olf sowohl in
seiner historia lexicorum Hebraicorum, Wittenberg 1706,
als auch in dem catalogus lexicographorum, welchen er in
seiner bibliotheca Hebraea P. II 1721 p. 646-566, P. IV.
1733 p. 231—260 mit der an ihm bekannten Gründlichkeit
und Zuverlässigkeit zusammengestellt hat. Eine besondere
Berücksichtigung des Neuhebräischen findet sich zwar in
dem Index der rabbinistischen Hülfsmittel, welchen er 1. c.
p. 691-593 folgen liefs, indessen sind hier eben alle Werke
zusammengestellt, welche sur Erlernung des Rabbinischen
förderlich sind : also auch Grammatiken, elementare An-
leitungen zum Verständnifs des Sprachlichen oder der rab-
binischen Abkürzungen wie Christoph Cellarius, rabbi-
nismus 8. institutio grammatica rabbinorum scriptis ....
accommodata, Zeitz 1684. J. A. Danz, rabbinismus:
enucleatus, Jena 1699. Genebrard, isagoge ad legenda
Hebraeorum et Orientalium sine punctis scripta, Paris 1587,
meditationes et tabulae rabbinicae (beide Schriften wieder
abgedruckt in Reland, analecta Rabbinica, Utrecht 1702,
8. 15—208) u. a. m.,, aber man kann nicht sagen, dals
man hier eine Geschichte der rabbinischen Lexikographie
finde, es sind eben nur höchst schätzbare Notizen zu einer
solchen bibliographischer Art. — Gesenius in seiner
Geschichte der hebräischen Sprache und Schrift 1815 ver-
folgt 8. 99-102 eben auch ausschließlich die Entwicke-
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 2. 1862. 12
178 Siegfried sur Geschichte
lung des biblischen Hebräisch und erwähnt und beurtheilt
die Rabbinen nur insoweit sie etwas dazu beigetragen haben
dieses zu erläutern. Genauer geht er auf die rabbinischen
Lexikographen ein in der noch immer wichtigen Vorrede
zu seinem hebräischen und chaldäischen Handwörterbuch
über das A. T. 4. A. 1834. S. XI—XIV, wo in den An-
merkungen Auszüge aus Abulwalid gegeben sind !), aber
auch hier handelt es sich immer nur darum, ob oder inwie
fern durch jene die Erkenntnifs des biblischen Hebräisch
gefördert sei. — Seitdem haben wir schätzbare Arbeiten
über einzelne Lexikographen wie in Ewald und Dukes
Beiträgen zur Geschichte der ältesten Auslegung und
Spracherklärung 1844, in Dukes über Baadja (Ztschr. für
Kunde des Morgenlandes Bd. 5. 8. 115 ff.), welche aber
auch wieder als Hauptgesichtspunkt der Untersuchung e
verfolgen, klarzustellen, was diese rabbinischen Schrift-
ateller, soweit sie überhaupt Lexikographen sind, für Auf-
hellung des biblischen Hebräisch gethan haben. Die Mit-
theilungen von Leopold Dukes im Literaturblatt des Orient
von Fürst betreffen theilweise die Handschriften lexiko-
graphischer Arbeiten, wie 1849 Nr. 29. 44— 47, 1861 8. 357 ff,
theilweise sind sie Kritik von Editionen derselben, wie 1849
Nr. 2—4. — Sehr werthvolle Beiträge für die Beurthei-
lung einzelner Lexikographen gab Neubauer in seiner
notice sur la lexicographie hébraique etc. im Journal asia-
tique 1861 XVIII, 441-476. 1862 XIX, 47 ff, 127 ff,
369 ff. 1863 XX, 101 ff., 253 ff, 256 (Josef ben Kaspi,
Saadja ibn Dunan u. a.). — Einen Begriff von der Ent-
wickelung der rabbinischen Lexikographie aber verschaffte
zuerst Abrah. Geiger in ZDMG. 1858 Bd. 12 8. 142—149.
858—372. Wir sehen daraus, dafs der erste Versuch, den
Wortschatz des Neuhebräischen wenigstens nach seinen
') Neuerdings edirt von Derenbourg, Paris 1880 (arabischer
Text mit französischer Uebersetzung).
de: msuhebrüischen Lexikographie. 179
wichtigsten Bestsndtheilen zusammenzufassen von Zemach
b. Paltoi Gaon des 9. Jahrhunderts su Pumbedita ge-
macht worden ist und dafs der zweite Versuch des rühm-
lichst bekannten R. Nathan ben Jechiel (12. Jh.) im
Aruch desselben ohne Zusammenhang mit diesem Vorgänger
erfolgte. Dies Werk, in Betreff dessen Werthschitsung
wir statt aller andern nur auf Lagarde, Semitica I, 34
verweisen, enthält eine Auswahl schwieriger Worte der
neuhebräischen Sprache. Es ist also mehr ein Glossar als
ein Lexikon. Die Worterklärung ist nur in seltenen Fällen
eine etymologische, wie bei MW, WITMIN, MON aus dem
Persischen (im letzten Falle durch Fleischer bestätigt
bei Levy, neuhebr. u. chald. Wörterb. I, 16), oder bei
ie, OWIOK, Diorias aus dem Griechischen, oder bei
Tp aK aus dem Lateinischen u. dgl. Im Allgemeinen geht
Nathan’s Forschung auf den Sprachgebrauch, er fragt
wie ein Wort im Talmud angewendet sei und was die tal-
mudischen Autoritäten darüber sagen. Daher finden sich
bisweilen die differentesten Erklärungen nebeneinander
gestellt ohne jeden Versuch der Ausgleichung.. So z. B.
bei npmet es bedeute „Würmer im Körper“ oder „ein
Kleider nagendes Thier = wy die Motte‘, oder es sei
„Fäulnifse in den Knochen der Maulthiere, weil diese sich
dann auflösten wie die Maulthiere deg Hauses Rab* oder
bei Wax es bedeute „Badehäuser grofser Städte“ oder „Ein-
wickelungen, die man in Badehäusern mache“ oder „einen
Nachttopf® u. dgl. — Ueber die Ergänzer und Editoren
des Aruch s. Geiger a. a. O. 8. 145-147. 358. 362.
367—372, außerdem ZDMG. 1860 S. 318 ff., Berliner
wissensch. Jahresbericht über die morgen]. Studien, Leipzig
1881 H. 1 8. 88. H. Strack 1882. 8. 1221).
1) Auf christlicher Seite hat sich an den Aruch vorzugsweise an-
gelehut Sebastian Münster m seinem 4) y s. lexicon chaldaicum etc.
Basel 1527, bei welchem man nur nicht begreift, warum er es nicht
12*
180 Biegfried, sur Geschichte
Einen wirklichen Fortschritt bezeichnet Elias Levits,
indem er zuerst die Behandlung der aramäischen und der
. hebräischen Sprachelemente im Talmud sondert. In seinem
Methurgeman 1541 stellt er die Sprache der Thargume dar
und in seinem wenn "DD Isny 1541 giebt er zu 712
schwierigeren hebräischen und neuhebräischen Worten Er-
klärungen. Ueber die Ausgaben dieser Werke s. Fürst,
Literaturbl. z. Orient 1849 8. 86-89, wozu nachzutragen,
dafs es von Tisbi noch eine Ausgabe Basel 1557 giebt
(vgl. auch Fürst, biblioth. Jadaica II, 241). — Die Aus-
gabe von 1541 enthält auch eine lateinische Uebersetsung
von Paul Fagius, die indessen einige auffallende Lücken
hat. So fehlt eine Zeile beim Art. "we, zwei Zeilen fehlen
bei owner, bei Sip na fehlen in der Ausgabe von 1541
sowohl im hebräischen Text als in der Uebersetsung vier
Zeilen, welche in der Ausgabe Basel 1601 bei Conrad
Waldkirch stehen und in der Ausgabe 1541 ist der
ganze Artikel M3 untibersetst geblieben. — Was die Wort-
erklärung betrifft, so wird in manchen Fällen wie z.B. bei
food eine solche auch nicht einmal versucht, in andern
aber gegeben : so bei DWYNEDN ONT, bisweilen werden
hierbei wie bei mb} sehr verschiedene Dinge zusam-
mengeworfen oder seltsame rabbinische Grillen mitge-
lexicon rabbinicum benannte. Seinen Gewährsmann kennt er nicht
mit Namen, er nennt ihn stets Baal-Aruch und serbricht sich den
Kopf wer das sein möchte. Bisweilen reproducirt er die Erklärungen
desselben wörtlich s. B. p. 3 s. v. Apion P. 106 s. v. p10". Tal-
mudisches und Targumisches laufen immer durcheinander, so dafs oft
soltsame Zusammenstellungen herauskommen, s. B. bei nam p. 5 die
Bedeutungen : „Blei, Glied, Flügel, Werkzeug, Feder, wahrhaftig, eine
Ysopsart, dio Baumwurzeln bedüngen, ein fester Thurm, die Uhr-
gewichte“. — Beltsame Wortformen erscheinen bisweilen : s. B. p. 13
FINO st AVM adderzia. Gans räthselhaft ist p. 181
EWDIIBHN = sterilis. — Merkwürdig ist, dafs or p. 114 von yn
nicht nur Ny und wn sondern auch nen (hyeudsy) herleitet.
der neuhebräischen Lexikographio. 181
heilt wie s. v. 1 das Wort oyı als aus 11 und zusam-
mengesetst erklärt wird, „aus zwei Mündern = Verleum-
dung“. — Wührend auf der einen Seite Worte sehr ver-
schiedenen Ursprungs susammengeworfen werden wie 8. v.
"wee „Fest“ (chald.) und „Verderben“ (bibl. hebr.) und auch
sonst bisweilen biblisches Hebräisch und Neuhebräisch
nicht geschieden werden, zeigt Elia doch andererseits oft
feine Einsicht in die Bildungsgesetze der Sprache : so bei
pam ma mds 5959 mann man 7525 com u. a. vgl. über Plu-
ralbildungen s. v. DOYWDON, über Assimilation des A im
Hithpael s. v. wow; auch stellt er Beobachtungen an über
die Art wie die Sprache im Neuhebräischen fortgebildet
wird, so z.B. s. v. 55n (I), wo er zeigt wie aus dem Sub-
stantiv sr die Rabbinen wieder ein neues Verb Snnn
gebildet haben. Manchmal.bespricht er auch die Ortho-
graphie und Vocalisation der Worte wie bei Sin oyw
we yore onde besonders bei 0573, verwundert sich bei
DOT über die Dagessirung, bei X30 spricht er von einer
doppelten Aussprache des Resch; bisweilen geht er auch
auf die Betonung ein : wie auf den Unterschied zwischen
mon und Toon s. v. 5on (II). — Die Wortbedeutungen
werden von ihm immer zuerst nach dem rabbinischen
Sprachgebrauch gegeben, dann stellt er daneben die ent-
sprechende deutsche und italienische Ausdrucksweise seiner
Zeit. Indessen werden die rabbinischen Ueberlieferungen
auch manchmal von ihm bestritten : so bei 9), wo er
leugnet, dafs hier die Gematria anzuwenden sei. Auf den
Aruch nimmt er wiederholt ausdrücklichen Bezug, bisweilen
dessen Erklärungen verbessernd wie bei NJ"J7), was dort
als Kraut übersetzt wird, das von Kameelen gefressen
wird, von Elias aber mit „Kirschen“ interpretirt. Aehn-
liches geschieht bei xD}, PN, ppl, POON u. a. Einige
Male giebt er auch ausführliche Mittheilungen aus dem
Midrasch und aus der talmudischen Sage : so bei 5135) und
Tw p. — Was die deutschen Glossen betrifft, so sind die-
182 Siegfried, sur Geschichte
selben für uns jetst allerdings oft schwerer verständlich
als das Hebrüische. So s. B. s. v. 5° „ermaien® as. v.
ww „versehenlich“ s. v. MY ,bruntzen*. — Neben ihm
wäre vielleicht noch R. Abba’zu nennen mit seinem
Glossar zu den schwierigsten talmudischen Ausdrücken’).
Es ist bekannt, dafs Buxtorf’s lexicon chaldaicum
talmud. et rabbin. 1639 fast ganz auf jenen beiden Vor-
gängern (Nathan und Elia) beruht, doch so, dafs es vor-
zugsweise ein lexicon chaldaicum genannt werden mufs,
dena der Sprachgebrauch der Thargume ist am ausführ-
lichsten darin behandelt. Das Talmudische bildet in den
meisten Fällen nur einen kursen Anhang zu den einzelnen
Artikeln. Anzuerkennen ist aber der Versuch einer durch-
gehenden Vocalisation der betreffenden Worte. Der Haupt-
übelstand blieb hier nur, dafs Chaldäisch und Neuhebräisch
durcheinander geworfen wurden, als wenn beides dieselbe
Sprache wäre. — Einen erfreulichen Fortschritt auf dem
Gebiete der Lexikographie bezeichnet R. David Cohen
de Lara + 1674. Ueber seine beiden Hauptwerke “m
m und WS Vy s. Fürst, biblioth. jud. H, 222.
J. Perles in Frankel’s Mtsschr. 1868 8. 3 und 5 f,
wonach Wolf, biblioth. hebr. I 318 hist. lexic. hebr. p. 70
zu verbessern, wo das erstere Werk zwar richtig als bis
7 gearbeitet aber falsch als bis » gedruckt angegeben wird,
während Kether Kehunna nur bis ’ gedruckt worden ist.
Ueber dieses Werk ist der treffliche Aufsatz von J. Perles
a. a. O. S. 3—20 zu vergleichen, in welchem ein Einblick
in die reiche von de Lara benutzte Literatur und eine
Anzahl von Proben seiner Worterklärungen gegeben wird.
Man sieht daraus, in wie vielen Fällen de Lara schon
ganz richtig das hat, was Spätere als neue Vermuthungen
bringen, ja in wie mancben Fällen er sogar schon bessere
') Gedruckt Cracau 1543 1ym rn twp nvdon Sy TR
DOM IWYD) s. Bartolocci biblioth. magna rabb. P.I p. 1.
184 Siegfried, sur Geschichte
binische auf knappen Raum beschränkt; talmudische Stellen
sind nicht angegeben, sondern nur ganz kurs bemerkt, in
welcher Bedeutung sich das betreffende Wort im Talmud
finde. Ebenso sind aus Rabbinen nur sehr selten einmal
Stellen angeführt, wie in edit. 1653 p. 1798 s. v. soy eine
Stelle aus Ibn-Esra zu Deut. 11; sonst finden sich nur
Hinweise wie p. 11 ,3% Rabbinis ornamentum est etc.*. —
Unter dem Heer der übrigen Compilatoren und Registra
toren verdient eine Auszeichnung Philippus Aquinas, |
welche letztere er seinem früheren Judenthum dankt (vgl.
Fürst l. oc. I, 47). Sein mawen qyy Paris 1629 latei-
nisch dictionarium absolutissimum betitelt, ganz hebräisch
geschrieben und in für jene Zeit splendidem Drucke her-
gestellt, behandelt nach alphabetischer Ordnung hebräische,
chaldäische und talmudisch - rabbinische Worte. Obwohl
der Autor mit seiner Erklärung, dafs „er unzählbare Worte
bringe, welche von keinem jüdischen oder christlichen
Lexikographen bisher angemerkt sind“, den Mund etwas
voll nimmt, daz. B. opyıaX fehlt, welches der Aruch bereits
hatte, so mufs doch zugestanden werden, dals er ein ganz
erstaunliches Material beherrscht. Nicht nur eine sorg-
fültige Benutzung des Talmud ist ihm nachzurühmen, auch die
midraschische Literatur hat er zu Rathe gezogen wie Matnot
K’hunna (p. 20b), Jelamdenu (p.21b), ebenso die Kabbals
wie p. 24a den Sohar, die rabbinischen Werke wie p. 21b
den Moreh und die Arbeiten seiner lexikographischen Vor-
gänger wie den Aruch, den Tiebi u. a. an vielen Stellen.
Infolge dessen. sind manche seiner Notizen auch jetzt noch
zu verwerthen. So wird z. B. zu MMO p. 20 (vgl
Levy I,104) angeführt aus Sebach.9 „Haufen von Weizen
u. dergleichen®, bei Hıt ibid. (vgl. L. I, 105f.) führt er
an or >. Zu pon (cf. bei Levy I, 67) citirt er Kelim 16,
aulserdem noch die Erklärung des Moreh : „Saft dey’ zu-
rechtgemacht ist, die Würmer zu tödten, welche im Flachs
gewachsen sind“. Bei DO (cf. Levy I, 112) führt er den
der neuhebräischen Lezikographie. 185
Sprachgebrauch aus Gittin 7 an : HWY MON (es über-
wältigte ihn das Getränk, er trank zuviel). — Und der-
_artige Beispiele liefsen sich noch zahlreiche beibringen, bei
denen seine Citate zur Vervollständigung der gegenwär-
tigen Lexikographie dienen könnten.
Ueber die Arbeiten neuerer Zeit bis 1868 berichtet
A. Geiger in dem vorhin erwähnten Aufsatze von
S. 357-372. Er bespricht dort die Wörterbücher von
D. Loewy, Leopold Dukes, den Erech Millin
von Rapoport, die Beiträge zur Sprach- und Alter-
thumsforschung von M. Sachs und das Wörterbuch von
H. Sperling. — Wir erwähnen deshalb hier nur noch
eine etwas ältere, bei Fürst, biblioth. jud. I 364 blofs
kurz namhaft gemachte Arbeit von A. Th. Hartmann‘),
Der erste Theil dieser Arbeit, welcher grammatische Be-
obachtungen enthält, gehört nicht hierher; uns interessiren
nur die observationes lexicographicae von S. 36—116 und
zwar besonders um deswillen, weil hier unseres Wissens
zum ersten Male die Beobachtung auftaucht, dals man in
der Lexikographie zu scheiden habe zwischen solchen
Worten, die blofs aus fremden Sprachen herübergenommen
sind, solchen, die echthebräischen Ursprungs sind aber im
A. T. fehlen, solchen, die eine neue Bildungsweise zeigen,
und solchen, die zwar im A. T. vorkommen, aber in der
Mischnah neue Bedeutung erhalten haben (p. 36). In der
Ausführung werden nun allerdings diese vier Classen von
ihm nicht auseinander gehalten. Er stellt drei indices zu-
1) Der Titel ist hier sehr gedankenlos abgeschrieben. Während
es auf den Titelblättern dieser Schrift heifst : inest theeauri linguae
hebraicas e Mischna augendi particula prima 1825, . . . secunda,....
tertia 1826, macht Fürst daraus einen thesaurus linguae hebr. e
Mischnah augendi : ohne sich daran zu stolsen, dafs, abgeschen von
aller Grammatik, eine drei Universitätsprogramme umfassende Abhand-
lung von im Ganzen 116 Seiten 4° den Namen eines thesaurus em-
pfangen haben sollte.
16 Siegfriod, sur Geschichte
sammen : einen der aus dem Griechischen und Lateinischen
herübergenommenen Worte, deren er 245 (nicht 273 wie
Fürst behauptet) aufzählt, womit denn freilich der Be-
griff des Fremdsprachlichen zu eng begrenzt ist, sodann
einen zweiten index vocum. quae in V. T. desiderantur von
über 1700 Worten, während in dem dritten index die voces
hebraicae mit einander verbunden werden, quae in Vet.
Test. et forma et significatione diversae leguntur, circa
770 Worte (s. 8. 115). — Freilich sind manche dieser Zu-
sammenstellungen etwas zu eilfertig und mit zu wenig
Kritik gemacht. Namentlich in den index Nr.2 ist manches
als hebräisches Sprachgut eingetragen, was aus den ver-
wandten semitischen Dialekten in die Sprache der Mischnah
überging, bisweilen sogar griechische und lateinische Worte,
die der Verfasser nicht als solche erkannte, wie z. B. S. 49
sogar ‘pox Italicus als eine vox quae in V. T. desideratur
aufgeführt wird.
Doch auf diese Fehler der Ausführung kommt bier
wenig an. Die Hauptsache ist, dafs er seine Zeit auf eine
methodische Behandlung dieser lexikalischen Fragen hin-
wies und dafs er insonderheit, statt wie bisher fast überall
geschehen biblisches Hebräisch, Neuhebräisch und die ara-
mäischen Dialekte der Targume und der Talmude durch-
einander zu werfen, seine Untersuchung auf die Mischnah
beschränkte, richtig erkennend, dafs wir eben hier im W esent-
lichen hebräisches Sprachgut haben.
Die Sachkenntnisse, welche ihm für eine befriedigende
Lösung seiner Aufgabe abgingen, brachte Abraham
Geiger hinzu, welcher in seinem Lehrbuche zur Sprache
der Mischnah 1845 ein neuhebräisches Glossar gab, welches
ausschliefslich aus der Mischnah und den Boraitha’s gesam-
melt war. Freilich war damit erst ein geringer Anfang
gemacht, denn das Glossar bezoy sich nur auf die ausge-
wählten Lesestücke und es umfalst circa 400 Artikel, so
dafs es auch in dieser Beziehung dem Leser nicht allzu
der neuhebräischen Lexikographie. 187
bescheiden vorkommt, wenn Geiger ZDMG. XII, 359
das Erscheinen dieses Büchleins mit der Gründung der
‘ deutschen morgenl. Gesellschaft und mit der ersten Orien-
talistenversammlung in Parallele setzt. Immerhin war aber
das Gegebene werthvoll und unterschied sich namentlich
sehr vortheilhaft von den etymologischen Rasereien mancher
Zeitgenossen, wie der Dukes, Rapoport, Sachs, die
in jüdischer Bildung wohlbewandert doch keine blasse
Ahnung von einer Sprachwissenschaft hatten. Geiger
hatte Dialektkenntnifs und methodische sprachliche Bil-
dung : das bewahrte ihn vor Unmiglichkeiten wie die
leider auch in Levy I, 14 übergegangene Verknüpfung von
mMpor mit gaxedog fasciculus, welche Sachs, Beiträge
L, 62 vorbringt, oder der von ° 3 mit zoAıs, welche Dukes
s. v. ‘3, oder der von x mit cadaver, welche Rapoport
Erech Millin 8. 16 leisteten. Hätte er das ZDMG. XII,
149 in Aussicht gestellte mischnaitische Wörterbuch wirk-
lich geliefert, so würde sicher der neuhebräischen Lexiko-
graphie eine solide Basis geschaffen sein.
Die neuesten Arbeiten auf diesen Gebieten sind be-
kenntlich die von Jacob Levy in Breslau. Es ist nicht
unsere Absicht diese Blätter mit recensirenden Bemer-
kungen über das Detail dieser umfassenden und so werth-
vollen Lexica zu belasten. Wir meinen nur es sei wohl
an der Zeit gegenüber einer literarischen Erscheinung
dieser Art sich einigermafsen darüber Klarheit zu ver-
schaffen, an welcher Station wir denn bei der Lösung der
grofsen wissenschaftlichen Aufgabe angekommen seien.
Obwohl es uns widerstrebt, bei einem Werke, das so vielen
und so grofsen Nutzen schafft und dessen Verfasser dabei
so gediegen und so anspruchslos in seinem Streben ist,
auch die Mängel hervorzuheben, so glauben wir doch um
der Sache willen auch dieses thun zu müssen.
Ein Umstand, den Levy vor allen seinen Vorgängern
voraus hat, ist, dafs er das targumische und talmudische
188 Siegfried, sur Geschichte
Chaldäisch und das Neuhebräische in unser geliebtes |
Deutsch übertragen hat. — Wie viele von denen, welche
gleichwohl von den Worterklärungen des Aruch wohl be
fihigt sind Gebrauch zu machen, sind denn in der Lage
den Aruch zu lesen — und welchen Nutzen hat es denn
heutzutage, wenn diese von Buxtorf, soweit er sie selber
verstand, verständlich gemachten Dinge in ein ungenieds-
bares Latein umgesetzt sind? Durch Levy ist der deut
schen Wissenschaft zum ersten Mal ein Schiüssel in die
Hand gedrückt, der dieselbe in den Stand setzt in den
Pardes einzudringen. — Weiter aber hat Levy dem lexi-
kalischen Wirrwarr dadurch wesentlich gesteuert, dafs
er das targumische Chaldäisch besonders behandelt hast
(chaldäisches Wörterbuch über die Targumim. Leipzig
1867. 1868). In dem neuhebräischen und chaldäischen
Wörterbuch über die Talmudim und Midraschim (bis jetst
bis “xy erschienen) sind ja nun allerdings zwei differente
Dialekte (das Neuhebräische und das talmudisch Chal-
däische) nebeneinander behandelt, aber ihrer Verwirrung ist
durch die nähere Bezeichnung der Worte als neuhebräisch
oder als chaldäisch vorgebeugt worden. Leider ist diese
Bezeichnung nicht durchgehend gegeben worden, denn
wenn auch der Fachmann die Scheidung des Neuhebräischen
und Chaldäischen, wie der Verf. in dem Prospecte seines
letzten Werkes voraussetzt, leicht vollbringen wird, so ist
es doch gut, wenn in einem Wörterbuche, welches zweierlei
Dialekte behandelt, durchweg die Scheidung derselben
übersichtlich ist. Ein besonderer Vorzug des Werkes liegt
aber noch darin, dafs der Verf. den bisher fast ganz un-
berücksichtigten Talmud Jeruschalmi mit in den Bereich
seiner Darstellung gezogen hat. — Wie seine Vorgänger
so hat sich der Verf. nicht auf das rein sprachliche Gebiet
beschränkt. Es ist das bei einem talmudischen Wörter-
buch auch wohl kaum möglich. In unzähligen Fällen
hängt die Wortdeutung von dem Sachverständnils ab, es
der neuhebräischen Lexikographie. 189
m galt also vielfach falsch erklärte Talmudstellen richtig zu
m deuten; neben die Wortdeutung tritt daher wie schon beim
L
>
E
F
Aruch vielfach die sachliche Erläuterung, so dafs wir in
dem Werke zugleich eine Art lexikalischer Realencyclopädie
der Talmude haben '). —
Aufserdem aber erwartet man in einem solchen Werke
eine etymologische Erklärung der betreffenden Worte.
Dies ist eine Aufgabe von besonderer Schwierigkeit. Was
das Neuhebräische betrifft, so haben wir in einem Theile
seines Sprachgutes nichts weiter als eine Weiterentwicke-
lung der Wortbedeutungen des biblischen Hebräisch. Nach
dieser Seite hin kann also der rabbinische Lexikograph
auf seine Vorgänger in der alttestamentlichen Lexikographie
zurückweisen, beziehungsweise an ihre Arbeit anknüpfen.
In andern Fällen aber haben wir völlig neues Sprachgut,
welches sich in seiner ganzen Erscheinung zwar als durch-
aus hebräischen Ursprungs erweist, aber im A. T. sich
nicht findet, oder auch wir haben aus biblischen Stämmen
hervorgehende Neubildungen. In jenem Falle hat die ver-
gleichende semitische Sprachwissenschaft, in diesem die
Specialkenntnifs der neuhebräischen Grammatik auszuhelfen.
Die erstere Disciplin ist eben so bei dem chaldäischen
Wortschatz zu verwenden; hier kommen aber noch zahl-
reiche aus anderen fremden Sprachen, die nicht dem sogen.
semitischen Zweige angehören, rein äufserlich aufgenom-
mene Worte hinzu, die oft mehr ein Rathen als ein Deuten
nöthig machen. Wenn eine so complicirte Aufgabe nicht
von einem Menschen gelöst wird, so ist das gewils nicht
zu verwundern und zahlreiche Irrthümer in den Deutungs-
versuchen würden auch gar keinen Schaden anrichten.
*) In dieser Hinsicht beachtenswerthe Nachträge lieferte M. Lattes,
saggio di giunto e correzioni al Lessico Talmudico. Torino 1879. —
Vgl. auch Berliner, sur Lexikographie des Talmud (Magasin f. d.
Wissensch. des Judenth. 1880. I p. 49—58).
190 Siegfried, sur Geschichte
Bei Levy indessen, wie wir nur ungern aber von unseren }5
Gewissen gedrängt hervorheben, zeigt sich der grofe|*
Uebelstand, dafs ihm die Etymologie oft ein willkürliches |
tastendes Combiniren wird, in welchem oft zwei oder mehrere
einander diametral entgegenstehende, einander völlig aus-
schliefsende Deutungen neheneinander gestellt werden. Er
hält es z. B. für möglich, dafs ein und dasselbe Wort
könnte aus dem Griechischen oder auch aus dem Arabischen
bergekommen sein, er bringt durchaus semitische Worte
mit Wortstämmen aus arischen Sprachen in Verbindung,
lälst neuhebräische Worte wie eine yivea:pga halb aus grie-
chisch halb aus hebräisch zusammenwachsen u. dgl. m.
Fleischer’s einzelne Verbesserungen können so werth-
‘voll sie sind den Mangel der Methode in dem Ganzen
nicht ersetzen. -So mufs gesagt werden, dals nach dieser
Seite hin die lexikalische Hauptarbeit noch gethan werden |
mufs. Was dazu gehört sie anzugreifen und wenigstens
theilweise zu erledigen, welcher Schatz von sprachlichem
Wissen und welche methodische Schulung : das kann man
sehen an Lagarde’s gesammelten Abhandlungen, 1866,
und insbeaondere an seinen Semitica I 1878, 8. 33-68,
aus welchen die werthvollsten Verbesserungen für die bereits
erschienenen Bände des Levy’schen Wörterbuchs ent-
nommen werden können. — Wir machen s. B. darauf auf-
merksam, wie wenig bei 28 die von Levy I, 16 ange-
gebene Ableitung von aßapıs und wie trefflich die La-
garde’s von ‚b,! „das zur Last Hinzukommende, die Ge-
wichtszulage“ auf die von Levy angeführten Stellen palst.
Für das schwierige ww (Levy I, 367) hole man bei La-
garde 8.41 f. unter ww Aufklärung. Bei mide führt
Levy I, 73 an Lagarde, ges. Abhdl. 8. 18 und 19,
lälfst aber trotzdem die hier gerügte Vocalisation unver-
bessert, s. Semitica I, 43. Zu Levy I, 104 "ww s. die
Verbesserung bei Lagarde lc. p. 45 yx nach pers.
andak. Bei xyioox Levy I, 130 wäre viel wichtiger als
der neuhobriischen Lexikographie. 191
Gesen. thesaur. Lagarde l. c. p. 48. Bei Levy I, 129
wäre 16D% Kopfbedeckung der Priester aus Lagarde
l. c. p.49 einzufügen. Bei one (Levy I, 172) sehen wir
aus Lagarde l. c. p. 50, dals dies Wort von Hause aus
„der Pächter“ bedeutet. Und so wäre noch vieles anzu-
führen, was man bei Lagarde nachlesen wolle sowohl in
den eben erwähnten Schriften als in Symmicta Il 1880
p 110 u. a."), Orientalia Il 1880 p. 1—42 und sonst hie
und da zerstreut. Jedenfalls wird, wer einmal bei diesem
Gelehrten in die Schule gegangen ist, Muth und Lust ver-
lieren, Etymologien leichthin aus dem Aermel zu schütteln.
Im Ganzen wird demnach die Aufgabe der speciell
neuhebräischen Lexikographie der Zukunft sein : einmal
eine sichere, nach streng wissenschaftlicher Methode ange-
legte Grundlage der Wortdeutung zu gewinnen und sodann
an Geiger’s Anfänge anknüpfend eine durchgängige Son-
derung ihres Materials von dem der aramäischen Dialecte
sowohl der Targumim als der beiden Talmude anzustreben.
Mag es für den praktischen Gebrauch zweckınälsig gewesen
sein beides zu verbinden in einem „neuhebräischen und
chaldäischen Wörterbuche“, die wissenschaftliche Erkenntnifs
wird mehr Gewinn haben, wenn in je drei Wörterbüchern
das Neuhebräische der Mischnah und der Midraschim, so-
dann das sogen. Chaldäisch der Targume und endlich das
der Talmude und wiederum der Midraschim ?) behandelt
sein wird. — Die Wortforschung hat hier auf allen Ge-
bieten noch eine verwickelte Detailarbeit vor sich. Für
1) Was wir sonst su uuserm schmerzlichen Bedauern hier ge-
funden haben, darf nach unserer Meinung Niemanden hindern von
diesem Manne zu lernen, der unserer Zeit zum Lehrer in der Lexiko-
graphie der semitischen Sprachen gesetzt ist.
*) Ihre Sprache hat keinen einheitlichen Character. Wir finden
rein hebräisch geschriebene Stücke in denselben, noch mehr aber
berrscht das talmudische Aramäisch vor.
192 Sicgfried, s. Geschichte d, neuhebräischen Lexikograpkis.
die Behandlung des rein semitischen Sprachgutes dienen
Männer wie Fleischer, Lagarde, Noeldeke ak
Führer; bei den grofsen Massen der blofs herübergenon-
menen Worte handelt es sich nicht eigentlich um Etymologie,
sondern nur um Identification, aber auch hier müssen die
Gesetze der Lautveränderung studirt werden, was in den
früheren Versuchen auf diesem Gebiete zu wenig geschehen
ist, daher die Worterklärungen hier oft nur ein blindes wildes
Herumrathen waren. Wire z. B. Rapoport überall so
methodisch verfahren wie bei Dx in Erech millin p. 259,
so würde er Brauchbareres zu Tage gefördert haben.
Levy hat auch hier manchen guten Treffer, aber im
Ganzen verfährt er noch zu wenig nach festen Principien,
immerhin jedoch verdient er auch hier mehr Dank als ihm
bisweilen gezollt ist. Neuerdings sind in dem Lexidion,
welches Güdemann der Friedmann’schen Pesikta
rabbati beigegeben hat (Wien 1880), manche schätzbare
Beiträge hiezu geliefert worden. —
Für das talmudische und midraschische Material aber
wird jeder zukünftige Lexikograph sich Levy zu Dank
verpflichtet fühlen. Wenn man die spärlichen Ansätze,
die Buxtorf auf diesem Gebiete bot, vergleicht mit den
Massen, die Levy herbeigeschafft hat : wird man den
Unterschied merken zwischen einem Hülfsmittel, welches
uns einige rabbinische Phrasen erklärt und einem solchen,
das uns befähigt, die halachische Discussion zu verstehen.
193
Die Capitel 27 und 28 des Buches Hiob.
Von Carl Budde.
Wenn ich fünf Jahre nach dem Erscheinen meiner Schrift
„Beiträge zur Kritik des Buches Hiob* auf einen wichtigen
Punkt der grofsen Frage nach der Auffassung dieses
Buches zurückkomme, so wird man darin nicht tibergrofse
Neigung zu Antikritiken erkennen; aber allerdings haben
die direct oder indirect auf meine Arbeit bezugnehmenden
Aufsätze, Artikel u. s. w. für unsere Frage eine derartige
Wichtigkeit erlangt, dafs eine kritische Zusammenfassung
der Resultate geboten erscheint. Ich würde dieselbe nicht
unternommen haben, wenn ich nicht glaubte, Neues und
Förderliches bieten zu können, wie ich denn auch mich
gedrungen fühle zu bekennen und zu beweisen, dafs ich
inzwischen von meinen Gegnern gelernt habe.
Dafs ich mich auf die Capitel 27 und 28 beschränke,
wird sich in jeder Beziehung als richtig erweisen. Sie
sind in meinen Beiträgen am kürzesten behandelt, der Be-
weis für die Richtigkeit meiner Auffassung ist dort kaum
mit einigen Strichen angedeutet, und so hat sich denn
auch gegen diesen Punkt vor allen andern der Widerspruch
meiner Gegner gerichtet. Eine ganze Monographie hat
sich eigens mit diesen Capiteln beschäftigt, und kann ich
auch die in dem Titel derselben niedergelegte Ansicht,
dafs sie den Wendepunkt des Buches Hiob bildeten, mir
nicht aneignen, so wird man doch zugestehen müssen, dafs
sie augenblicklich der Hauptangelpunkt für die Gewinnung
der Idee des schwierigen Buches geworden sind. Und
endlich : so verlockend mir auch Smend’s Zugeständnils
Zeitsehrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1582. 13
194 Budde, die Capitel 27 und 28
erscheinen mufste '), dafs mit meiner Auffassung des Schlusses
der Reden Hiob’s die Echtheit der Elihureden entschieden |
sei, so wird doch gerade dieser Abschnitt eine abgeson-
derte Behandlung zulassen, bei welcher die grofse Streit-
frage der Reden Elihu’s ganz aufser Betracht bleibt.
Auf andere Abschnitte des Buches Hiob werde ich
nur soweit Rücksicht nehmen, als es für das Verstindnils
dieser Capitel nothwendig erscheint; alle die vielfachen
- Verwahrungen, Widerlegungen, Gegenbeweise, welche mir
die Beurtheilungen meiner Schrift an die Hand geben,
werde ich ausnahmslos unterdrücken, soweit sie sich nicht
unmittelbar auf den Gegenstand dieser Abhandlung be-
siehen. So gedenke ich meinen Ausführungen die Bedeu-
tung eines ganz selbständigen Beitrages zur Erklärung des
Buches Hiob zu sichern, der selbst keines Commentars be-
darf, und hoffe, dafs ihr Ergebnifs das Verständnifs der
gesammten Reden Hiob’s nicht unwesentlich zu fördern
geeignet sei. —
Von den Aeufserungen über meine Schrift und der
seitherigen Hiob-Literatur darf ich alles aufser Betracht
lassen, was die Capp. 27 und 28 nicht zum Gegenstand
der Controverse macht; ich nenne von Beurtheilungen
meiner Schrift die von Stickel (Jenaer Litt.-Z. 1877.
Nr. 10), der sich meine Auffassung unbedingt aneignet,
Kautzsch (Schürer’sche Lit.-Zt. 1877. Nr. 2), der
wesentlich aus dem Prolog gegen mich argumentirt, Reusch
(Theol. Literaturblatt 1876. Nr. 26), Kolbe (Beweis des
Glaubens. 1877. S. 91 f.), Ferguson (American church
review, July 1877, p. 420 —434), die in der ev.-luth. Kirchen-
zeitung (1877, Col. 653 f.), sowie kürzere Erwähnungen:
aufserdem G. Baur’s Artikel ,Hiob* in Riehm’s Hand-
wörterbuch.
Dagegen werde ich zu berücksichtigen haben die Kritik
) Stud. u. Krit. 1877. 8. 155
196 Budde, die Capitel 27 und 28
Dillmann, da ich ja auf diese ausdrücklich verwiesen
worden bin.
Um den Aufbau der letzten Reden Hiobs recht su
verstehen, wird man gut thun, an die letste Rede, auf
welche er antwortet, anzuknüpfen, da sie ihm doch die
Veranlassung giebt, von neuem das Wort zu ergreifen.
Die Rede Bildad’s nun in c. 25 bringt trots ihrer grolsen
Kürze und Unselbständigkeit doch zwei Argumente zu
ganz klarem Ausdruck : zuerst die Grofse und Herrlichkeit
Gottes in v. 2 und 3, sodann die allgemeine Unreinheit
aller Wesen vor ihm, geschweige denn des Menschen,
v. 4-6. Diese letzten Verse enthalten sonnenklar den
stehenden Leitartikel der Freundesreden, die Aufforderung
an Hiob, vertrauensvoll seine Schuld zu bekennen, hier
wie schon in der ersten Rede des ersten Redners (4, 17 ff.)
mit dem ermuthigenden Hinweis darauf, dafs wir ja alle
Sünder seien; nur dals hier, nach den schneidenden Ent-
gegnungen Hiob’s, die Aufforderung selbst nicht mehr über
die Lippen will. Auf das erste Motiv antwortet Hiob in
c. 26, indem er nach einer Einführung voll beifsender
Ironie (v. 2—4) des Bildad Schilderung weit überbietet;
den Schlufs bildet das Bekenntnifs, dafs wir trots all des
Gewaltigen kaum ein leises Echo von Gottes Gewalt und
Herrlichkeit vernommen haben. Die Antwort auf das zweite
und wichtigere Motiv der Rede Bildad’s, die Aufforderung,
seine Schuld zu bekennen, bringt c. 26 nicht, da aber
c. 27 eben mit der Abweisung einer solchen Zumuthung
beginnt, so mufs diese Rede unmittelbar an das Vorher-
gehende angeschlossen und als Antwort auf c. 25, v. 4-6
(und damit alle identischen Zumuthungen der Freunde) an-
gesehen werden, trotz der neuen Ueberschrift in v. 1, die
mit ihrem non zwar nicht geradezu störend, aber doch
überflüssig ist. Keineswegs also hebt mit 27, 2 ein be
wulst abschliefsender Monolog Hiob’s an : die schuldig
des Buches Hiob. 197
gebliebene Rede Zophar’s ist nicht, wie man pflegt, nach
c. 26 su erwarten, sondern erst nach Ablauf dieses Ge-
dankenganges, nach c. 28, 28. Diese Einreihung in die
Discussion mit den Freanden ist besonders ftir ¢. 27 von
Wichtigkeit.
Hiob beginnt nun in c. 27 mit einer Betheuerung, die
ihren vorläufigen, ersten Abschlufs in v. 4 findet. Denn,
so sehr man über Sinn und Beziehung von v. 3 streiten
mag, soviel ist doch klar, dafs erst mit v. 4 die feierliche
Aussage eintritt, der die zwei ersten Verse zur Bekräf-
tigung und Einführung dienen'). Der vierte Vers aber
wird mifsverstanden, wenn man ihn auf die Vergangenheit
bezieht, als Betheuerung der Wahrheit seiner bisherigen
Reden, wogegen schon das Tempus (so Ewald und, wie
es scheint, Wellhausen); er wird auch mifsverstanden,
wenn man Hiob präsentisch sagen läfst : „es reden meine
Lippen u. s. w.“ und das dann als Bekriftigung für seine
Unschuldsbetheuerung falst (so Delitzsch und Kamp-
hausen). Vielmehr redet der Vers energisch von der
Zukunft, „es sollen“, die scheinbar allgemeine Aussage
erhält aber ihre bestimmte inhaltliche Begrenzung in den
folgenden Versen : „Fern sei es von mir euch recht zu
geben, bis ich verscheide, lafs’ ich meine Unschuld nicht
fahren“ (sou. A. Hengstenberg, Dillmann, Giese-
brecht). Er betheuert also nur, dafs er sich zu der Lüge,
eine Schuld zu bekennen, nie verstehen werde, und knüpft
damit unmittelbar an die letzten Zumuthungen Bildad’s an.
Dabei bleibt es in unmilsverständlichem Zusammenhang
bis v. 6 incl.; vor allem ist hier von einem ferneren Fest-
1) Die Parallele 2 Sam. 1, 9 spricht für die Richtigkeit der von
Hirsel, Ewald, Delitzsch, Dillmann u. s.w. vertretenen Ueber-
setzung : „denn noch ist mein Odem gans in mir u.s. w.“. Darin ist
dann selbstverständlich keine Begründung von v. 2, sondern eine pro-
leptische von v. 4 su sehen. Die Prolepsis selbst dient mit ihrem
Aufenthalt su noch nachdrücklicherer Betonung des folgenden Verses.
198 Budde, die Capitel 27 und 28
halten der Gerechtigkeit in That und Leben nicht die Rede,
sondern nur von der Behauptung der bisher geübten durch
das Wort.
Aber mit v. 7 stellen sich die Schwierigkeiten ein,
mit ihm auch liefs schon Bernstein das unechte Stück
beginnen, und dieselbe Ansicht vertritt neuerdings Well
hausen'). Schon der Sinn des ‚kurzen Verses ist ein
vielfach umstrittene. Giesebrecht hat der Entschei-
dung des Streites eine mühsame Untersuchung gewidmet,
die leider an Klarheit zu wünschen übrig läßt. In dem
Resultat bin ich freilich mit ihm einverstanden. Die alte,
besonders seit Ewald öfter wiederaufgenommene Erklärung
(so Delitzsch, Dillmann, Hitzig) : „es erscheine
mein Feind als schuldig und mein Widersacher als Böse
wicht (Sünder, unwahr, ungerecht)” hat aufser der sprach-
lichen Schwierigkeit der Auffassung von yw und ‘ay vor
allem das gegen sich, dafs es sich im Vorhergehenden
nicht darum handelt, ob in dem Streite Hiob oder die
Freunde Recht haben und somit formell Recht bekommen
müssen, sondern ob Hiob schwere Sünden begangen habe,
und diese doch, ehe es zu einem Streite darüber mit den
Freunden kam. Davon geht der Streit in c. 25 aus, und
dahin spitzt er sich von 27, Ob an ganz entschieden zu.
Auf ein Unrechtgethanhaben, nicht ein Unrechtkaden be-
ziehen sich auch v. 8 ff. Die Auffassung Hirzel’s und
Wellhausen’s, von letzterem in die Motive gekleidet :
„gottlos zu sein kann ich nur meinem Feinde wünschen‘,
trägt dem eben Bemerkten Rechnung, weniger aber dem
!) Auch Studer setzt, nachdem er in seinem kritischen Aufsatse
das eingeschobene Stück einmal mit v. 6, dann wieder mit v. 8 be-
ginnen lassen (vgl. meine „Beiträge“ 8. 1), jetzt v. 7 als den Anfang
derselben. Uebrigens wird ihm jeder zugeben, dafs sich an v. 6
ec. 31, 1, wie er thut, vorzüglich anschliefsen lälst; nur würde dasselbe
der Fall sein nach jeder Unschuldsbetheuerung Hiob’s, so gleich nach
c. 23, 12. |
des Buches Hiob. 199
7, und so wird wohl die dem Sinne nach wenig davon ab-
weichende’), dem Wortlaut am besten entsprechende Er-
klärung Recht behalten : „Es ergehe wie dem Frevler
meinem Feinde, und meinem Widersacher wie dem Uebel-
thiter!* (So neuerdings Schlottmann, Kamphausen,
Hengstenberg, Renan, Merx, Giesebrecht, auch
meine ,Beitrige*, 8. 8)*). Ehe ich aber nun der Ver-
knüpfung dieses Verses mit den vorhergehenden nachgehe,
scheint es zweckmäfsig, den Sinn der folgenden Verse 8—10
festzustellen.
v. 8-10 enthalten in einer Reihe von rhetorischen
Fragen die als keines Beweises bedürftig erachteten Be-
hauptungen®), dafs der rar, der Ruchlose, in articulo mortis
keine Hoffnung habe, dafs Gott sein Geschrei in der Noth
nicht höre, dafs er an dem Allmächtigen nicht seine Wonne
haben, Gott nicht allzeit anrufen könne. Das voraus-
geschickte ‘> erweist diese Verse nach dem vorliegenden
Wortlaut als Begründung von v.7 : deshalb wünscht Hiob
nur seinem Feinde das Loos des Freviers, wei? dasselbe so
ist, wie v. 8—10 es schildern. Zur Begründung der Auf-
fassung von v. 7, wie Ewald u. s. w. sie bieten, kann
freilich v. 8—10 nicht dienen; aber das synonyme Fyyı un-
mittelbar nach dem Ay in v. 7 macht auch eine so ver-
schiedene Wendung des gleichen Begriffs unmöglich. Ein
Zurückgreifen des ‘> über v. 7 auf v. 6 wird von Well-
N) Dennoch sollte Schlottmann beide nicht als identisch setzen,
indem er die dritte durch die zweite umschreibt (8. 878).
®) Die neue Uebersetzung von Studer: „Es gelte mir als Feind
der Frevler, der Stinder als mein Widersacher!“ bedarf schwerlich der
Widerlegung.
*) Die Natur der rhetorischen Frage verkennend meint Giese-
brecht 8. 9 f., Hiob finde sich selbst hier gleichsam tastend und erst
allmählich auf den rechten Weg zurück; er wolle sich selbst durch
die Fragen zur Klarheit verhelfen; jede Frage führe ihn tiefer ein und
sicherer auf den Standpunkt surück, der ihm gezieme.
200 Budde, die Capitel 27 und 28
hausen, Studer, Giesebrecht mit Recht abgelehnt
Vor allen Dingen aber fragt sich, ob die Verse den Sim
haben und haben können, den man zu Ehren Hiob’s ihnen
so oft beigelegt hat : dafs Hiob von sich und für die
Gegenwart alles das positiv aussage, was er dem rt ab-
spricht !). Ich will diese Ansicht in der stärksten Fassung,
die sie durch ihren letzten Vertreter, Smend, erhalten
hat, hierhersetsen. „Von entscheidender Bedeutung ist das
Bild, das Hiob v. 8—10 von seinem jetzigen Gemütks-
zustand entwirft. Die Art, in der er dort von seiner un-
serstörbaren Gottfreudigkeit spricht, ist unmöglich aus einer
momentanen Erhebung des Glaubens, sondern nur aus
einer Stimmung zu begreifen, die in ihm jetzt endgültig
die Oberhand gewonnen hat und die ihn in der That bis
zum Ende seiner Reden nicht verläßt.* (S. 155.) Smend
will aus der Haltung dieser Stelle auf den weiteren Zu-
sammenhang schliefsen; woraus aber erschliefst er diesen
Sinn der Stelle selbst? Hiob sagt mit keinem Worte,
dals er das könne, was er dem *)n abspricht, nicht einmal
ein schlichtes 93 weist darauf hin. Aus dem Zusammen-
hang also miifste dieser Sinn erschlossen werden, und das
bliebe zu untersuchen. Wo Hiob zuletzt von Gotg geredet
hat, 6 Verse vorher in v. 2 des Capitels, schwört er bei
„dem Gott, der ihm sein Recht entzogen, dem Allmäch-
tigen, der seine Seele betrübt hat. Wo bleibt da die
Gottfreudigkeit, wo das Bewulstsein, dafs Gott sein Gebet
erhért? Smend sagt weiter: „Wie er von da aus ohne
einen ganz besonderen Zwischenfall zu dem bitteren Sar-
kasmus, den Budde incap. 28, 28 findet, gelangen könnte,
ist rein unerfindlich*. — Vielmehr sollen jene beweisen,
durch welchen Zwischenfall Hiob von v. 2 bis v. 8 von
!) Selbst Wellhausen giebt das mit einem „das scheint aller-
dings v. 7—10 der Fall“ su und erklärt es dann für einen nur neben-
sächlichen Zug. Vgl. auch Reufs La Bible zu v. 10.
des Buches Hiob. 201
jener im Schwur ausgesprochenen Behauptung aus, dafs
gerade Gott ihn als Frevler erscheinen lasse, zu der Gottes-
nähe und Gottesfreudigkeit gelangt sein soll, die sie in
v.8—10, ohne jede Stütze im Wortlaut, ausgedrückt finden.
Fehlt dieser Zwischenfall, wie thatsächlich der Fall ist, so
bleibt es bei der Gottesferne von v. 2, und ein Umschlag
der Stimmung ist für meine Auffassung von c. 28, 28 nicht
nöthig. Dieselbe Seelenstellung Hiob!s zu Gott ist aber in
ununterbrochener Kette rückwärts zu verfolgen. Man ver-
gleiche zu der Hoffnung im Tode Stellen wie 21,25. 19, 10b.
17, 13—16. 14, 19, dazu 16, 22. 10, 21 f. 7, 9 f.; zu dem
erhörlichen Anrufen 23, 3 ff. 19, 7. 9, 16 neben allen
Stellen, die implicite dasselbe sagen; zu der Wonne an
Gott 23, 15 f. 9, 27 f. 7, 14 ff, ferner 19, 6. 8—12; 17,
4. 6 ff.; 16, 7 ff; 13, 24 ff; cap. 9; 6, 4; zu 27, 2 speciell
19, 6; 9, 20. Solchen schlagenden Stellen steht allerdings
eine Reihe von anderen gegenüber, die nach Smend’s
Ausdruck (S. 162) im Sinne des Dichters „aufs stärkste
seine Bewährung hervorheben“. Er nennt 14, 13 ff. 16, 18f.
(so ohne Zweifel statt „8 f.*). 17, 9. 19,25 ff. Diese Auf-
zählung bedarf einer Sichtung. Cap. 14, 13 ff. enthalten
nur den frommen Wunsch, dals noch eine Hoffnung er-
laubt sein michte, insofern es etwa in Gottes Macht und
vielleicht seinem Willen stehe, Hiob auch nach dem sicher
bevorstehenden Tode seine Gnade wieder zuzuwenden;
aber dieser Gedanke wird als mülsiges Hirngespinst von
v. 18 an entschieden zurückgewiesen und dient nur wie
der Traum des Hungrigen, er älse (Jes. 29, 8), die Hoff-
nungslosigkeit um so empfindlicher auszudrücken. Ferner
macht Smend (wie schon Delitzsch!)) viel zu viel aus
17,9. Bezieht man das Wort, was doch nicht unanfechtbar,
unmittelbar und einzig auf Hiob, so besagt es dennoch
keineswegs, dals „seine Frömmigkeit mehr als zuvor er-
——.
ı) Vgl. auch Herzog, Bd. VI 8. 128.
202 Budde, die Capitel 27 und 28
starke“, sondern dafs er es thue, und zwar als Gerechter,
als solcher, dessen Hände rein sind, mit irgend welcher
Beziehung auf diese Eigenschaften, sei es nun, dafs er sich
dieselben handelnd auch in Zukunft bewahren, oder — was
wohl wahrscheinlicher — dafs er von der Behauptung der-
selben nicht lassen will. Ob aber nicht der Vers im Zu-
sammenbang mit dem vorigen, der schwerlich mit Merx
(vgl. Delitzsch) in das Gegentheil zu verbessern ist,
eben andere Gerechte meint, denen der letdende Gerechte
ein erbauliches und bestärkendes Schauspiel bietet (so
Hitzig) oder wenigstens bieten sollte (so Hengsten-
berg), ist wohl zu erwägen!). In keinem Falle sagt der
Vers etwas aus über Hiob’s gegenwärtige Seelenstimmung
und speciell sein Herzensverhältnifs zu Gott; denn an der
Gerechtigkeit kann er im Handeln und wird er in jedem
Falle behauptend für die Vergangenheit festhalten, auch
wenn Gott selbst, wie er auch in diesem Capitel behauptet,
unter seinen Feinden ist, ihn nicht erhört, ihm keine Hoff-
nung läfst, ihm keinen Grund zur Freude giebt. Die
Stelle kommt also für unsere Frage gar nicht in Betracht.
So bleiben die Stellen c. 16, 18 ff. (nebst 17, 3) und c. 19,
25 ff., und diese glaube ich sammt ihrer Vorbereitung in
den vorhergehenden Capiteln auf S. 24 ff. meiner Schrift
nach Gebühr gewürdigt zu haben. Sie besagen zunächst
(in 16, 18 f.), dafs Gott (als allwissend) um seine Unschuld
wisse und sie bezeugen könne (vgl. auch 10, 7); sodann
enthalten sie die Bitte, dafs Gott sich zu dieser Zeugen-
schaft und damit Entscheidung herbeilassen möge (16, 20 f.
17, 3), und endlich schwingt sich Hiob zu der Zuversicht
auf, dafs Gott dies wirklich einst thuen werde (19, 25 ff).
Aber Hiob erwartet von Gott vor allen Dingen, dafs er
- zwischen Hiob und Gott entscheide (16, 21a), dafs er sich
bei Gott für Hiob verbürge (17, 3), vgl. dazu 9, 33. Damit
1) Cap. 17 ist voll von ungelösten Schwierigkeiten.
des Buches Hiob. 203
ist in unvergleichlich kühner Weise gerade der Zwiespalt
in der Beele Hiob’s gekennzeichnet zwischen den Erfah-
rungen der Gegenwart, die in das Gefühl der Cottver-
lassenheit auslaufen, und der unabweisbaren Forderung,
dafs Gott ein anderer sei und sich einst als solcher offen-
baren müsse. Ueber den gegenwärtigen Gemtithszustand
Hiob’s lassen auch sie keinen Zweifel : von dem, was man
aus 27, 8—10 herauslesen will, bieten sie gar nichts'). Es
fehlt demnach vor jener Stelle an jedem Belege für die
Möglichkeit einer solchen Gemüthsverfassung, aber keines-
wegs nach derselben, wie Smend behauptet, an dem Be-
weise für das gerade Gegentheil. Wohl möchte ich wissen,
wie man mit der „unzerstörbaren Gottfrendigkeit, Gott-
vertrauen“, der „inneren Seligkeit*, die nun „endgültig in
ihm die Oberhand gewonnen haben und ihn bis zum Ende
seiner Reden nicht verlassen“, wie man damit die Auftor-
derung an Gott zu erscheinen in c. 31, 36—37 vereinigen
will. Den Meisten unter denen, die eine wesentliche Be-
ruhigung Hiob’s schon vor c. 32 eintreten lassen, scheint
diese Schwierigkeit kaum zu vollem Bewulstsein gekommen
zu Bein.
85) „O hätte ich einen, der auf mich hörte!
Sieh da ist mein Zeichen (Unterschrift), der Allmächtige
erwiedere mir!
Und (o hätte ich) die Schrift, die mein Gegner geschrieben!
86) Fürwahr, ich wollte sie auf meiner Schulter tragen,
Wie eine Krone mir umwinden!
87) Die Zahl meiner Schritte wollte ich ihm kundthun,
Wie ein Fürst ihm nahetreten!“ *)
Hier ist doch wahrlich Gott nicht Hiob’s Freund, an
dem er seine Wonne hat, nicht sein Helfer, den er in der
ee ne a ne
1) Ich bemerke ausdrücklich, dafs Sm. diese Stellen nicht bei Ge-
legenheit der Besprechung von 27, 8—10 anzieht; jedenfalls aber
wären sie die einzigen, die man als Analogisen jener Auffassung be-
rücksichtigen könnte.
*) Ich citire absichtlich nach Dillmann, bemerke aber, dafs ich
selbst 35c als Object su v. 86 ziehe; wie Hitzig u. ®. w.
204 Budde, die Capitel 37 und 28
Noth erfolgreich anruft, sondern sein Gegner, den er sum
Rechtsstreit herausfordert, den er nicht anraft, sondern tbe |
den er triumphirt. Dafs dabei von innerer Seligkeit nicht |
die Rede sein kann, liegt ja auf der Hand, vielmehr ist die |
Richtung der Worte ganz wie ich auf 8. 40 sagte, die de
Action gegen Gott. Auch die Errungenschaft von c. 19,
25 ff. ist für den Augenblick wenigstens preisgegeben,
während die Stelle mit c. 27, 2 im vollkommensten En-
klang steht. Der Schein einer gewissen Fassung und Rahe
(vgl. z. B. Giesebrecht 8. 36 f.) beruht darin, dafs hier
der Schmerz zurücktritt vor der Freude über den im Geiste
ausgemalten Triumph; aber solch wilder Freude wird man
doch keinen ethischen Werth beilegen wollen. Abschwächen
hilft hier nichts, so wenn Giesebrecht sagt, es se
gewifs nicht. unabsichtlich, dafs der Dichter Hiob nicht
mit der Aufforderung an Gott das 31. Capitel beschliefsen
lasse, sondern. ihn, glesch als wäre es thm gar nicht Ernst
mit jener Appellation, sofort wieder in die vorhergegan-
genen Betheuerungen seiner Unschuld zurückfallen lasse. |
Was er gesagt, macht Hiob nicht ungesagt, am wenigsten
vor Gott : das hätte nur der Dichter gekonnt, wenn er —
v. 35—37 nicht geschrieben hätte!). Auch die Unechtheit
von v. 37, wie sie Hitzig vertritt, würde an der Sache
nichts ändern; doch sind seine Argumente dafür hinfällig.
Hier könnte nur ganz andere Auffassung des Textes Luft
schaffen, und die haben Delitzsch und Studer ver-
sucht. Beide wollen in dem ‘3% wn nicht Gott, sondern
einen oder mehrere menschliche Gegner finden. Da soll
bei Delitzsch „der Allmächtige antworte mir“ bedeuten
„der Allmächtige entscheide“; 35c, 36 soll. von der An-
!) Mir ist mit Delitzsoh, Merx u. s. w. das wahrscheinlichste,
dafs v. 88—40 von anderer Stelle hierher gerathen sind, am besten
nach v. 12 einzurücken. Doch verwahre ich mich dagegen, darsuf
irgend etwas zu bauen.
des Buches Hiob. 205
klageschrift der Freunde gemeint sein, in v. 37 dieselbe
dritte Person Gott, den Schiedsrichter, bezeichnen. Ich
bemerke dagegen nur, dafs, wo im Buche Hiob von einem
Streit (32%) und Gegner Hiob’s die Rede ist, Gott gemeint
ist, so 40, 2. 10, 2. 9, 3. 13, 19. 23, 6. 33, 13; ausge-
nommen sind nur 31, 13, wo ganz allgemein von früheren
Klagen der Knechte und Mägde gegen ihn die Rede ist,
und 13, 8, wo er sagt, dals die Freunde zu Gunsten des
eigentlichen Gegners, Gottes, in den Streit eingreifen.
Dazu vgl. mit anderen Ausdrücken noch 19, 22. 27, 2.
10, 17. 16, 9. 13, 19 ff. Auch wo der Gedanke eines
Schiedsrichters auftritt, wird einer zwischen Gott und Hiob
verlangt (9, 32 f.), Gott selbst soll dies sein (16, 21a.
17, 3), und erst in zweiter Linie auch zwischen Menschen
schlichten (16, 21b). Studer übersetzt einfach : ,Dals
Jemand mich hört’ und spräche : „Hier meine Unterschrift,
so Gott mir helf!“, d. h. Hiob fordere Jeden, der etwa
Schlimmes von ihm wisse, auf, ihn nur öffentlich zur Ver-
antwortung zu ziehen. — Die Begründung dieser originellen
Auffassung hat er mir schon in seiner Antikritik u. A. ver-
sprochen (8. 560), er bietet dafür aber nur die Versiche-
rung, dals der Text schwierig sei und sehr verschieden
erklärt werde. Wer die Hiob-Literatur durchsieht, wird
das schwerlich zugeben. — Solche gescheiterte Versuche
aber bezeugen lauter als alles andere, dafs mit c. 31, 35—37,
d. i. mit dem Schlusse der Reden Hiob’s, eine eingetretene
Beruhigung und Gottfreudigkeit in grellem Widerspruch
steht. —
Wenn aber c. 27, 8-10 dies nicht bedeuten, was ist
dann ihr Inhalt? Zunächst nichts weiter, als was ich oben
angegeben, die strikte Leugnung alles des Angeführten
von dem 9m. Er ist unglücklich, weil er das nicht besitzt,
noch jemals besitzen kann, was den Menschen allein glück-
lich macht : ein Freundschaftsverhältnifs zu seinem Cott.
Und darin ist keinerlei sachlicher Widerruf selbst c. 21
906 Budde, die Capitel 37 und 38
gegenüber enthalten, da er auch dort den yy als völlig
gottentfremdet darstellt (v. 14 f.). Wohl aber liegt en
Widerruf in der Beurtheilung vor, insotern Hiob nun, n
c. 27, in dieser Gottentfremdung eine innerliche Unglück-
seligkeit anerkennt, die durch kein äufseres Wohlergeha
aufgewogen werden kann'). Natürlich mufs nun, wer ü
diesem Mangel Unglückseligkeit sieht, auch andere Leute
kennen, denen es nicht so geht, ja ich gestehe zu, dafs e
an sich selbst die entgegengesetzte Erfahrung muls gemacht
haben. Und wer will leugnen, dafs das bei Hiob der Fall
ist, da er ja in ungetrübter Gottesfreundschaft erwachsene
Söhne und Töchter gesehen hat! Alle Beweise dafür er
setzt das positive Gegenstück zu 27, 8-10, c. 29, 2-5,
wo er es mit klaren Worten aussagt, nur indem er zugleich
beklagt — dafs es jetzt nicht mehr so ist, vielmehr um-
gekehrt (30, 19—23). Wie man diesen Stellen gegenüber
von gegenwärtiger, von nun an unzerstörbarer Gottfreudig-
keit und Seelenfrieden reden kann, ist mir ganz unbe
greiflich*). Will man also den Inhalt von v. 8--10 sammt
deın positiven Hintergrund dialektisch scharf fassen, so
wird die Formel etwa lauten : „Während der Gottlose
kraft seiner Gottlosigkeit des eigentlichen inneren Glückes
nothwendig entbehren mu/s, kann der Gerechte, Fromme
desselben theilhaftig werden“, und daraus ergiebt sich der
Schluß, dafs der einzige Weg zum Glück in der Frömmig-
keit gegeben ist. Dafs auch sie nicht volle Bürgschaft
für das Glück gewährt, mufs Hiob leider eben jetzt er-
fahren; aber das ist ja eben das Rätbsel, was ihn quält,
das Dilemma, in dem er steckt : die Erfahrung früherer
— | ————
1) In der bypothetischen Einführung von Sg (v. 9) liegt auch
keine Correctur von c. 21, da auch dieses schon in dem rig? (v. 17)
dafür Raum lälst.
*) Vielmehr ist Studer ganz in seinem Rechte, wenn er dio Verse
27, 7—10, so aufgefalst, eben darum für unecht erklärt (Comm. 8. 118 f.).
des Buches Hiob. 907
»aten kann dadurch nicht ausgewischt werden'). Also
user derselbe innere Zwiespalt bei Hiob, wie wir ihn überall
parpbachten.
Es fragt sich nun weiter, ob und wie die richtig ver-
mmndenen Verse 7—10 mit dem Vorhergehenden in Zu-
wummenhang zu bringen sind, und daran hängt nicht weniger
ims Echtheit oder Unechtheit des ganzen Stückes, da andere
Lerkzeichen der Unechtheit mit Grund nicht angeführt
"erden können.
Vers 6b enthält, wie Wellhausen richtig formulirt,
Re kategorische Behauptung : „ich bin nicht gottlos“, oder
sch richtiger in eigentlicher, in die Gegenwart auslau-
ender Vergangenheit : „ich bin nicht gottlos gewesen (bis
zı dem Zeitpunkt, wo dies in Frage gestellt wurde)*. Aber
mn der Behauptung, dafs er niemals gottlos gewesen, liegt
loch zugleich auch die Aussage, dafs er nie begehrt habe
sottlos zu sein, dals er nie habe gottlos sein mögen. Die
Zamuthung der Freunde, dafs er ein Gottloser sei, die Ab-
reisung dieser Zumuthung seinerseits, zwingt ihn doch,
nit diesem Gedanken sich zu beschäftigen, sich in die
Möglichkeit solcher Existenz bineinzudenken. Und sobald
w das gethan, sträubt sich sein Innerstes dagegen, es wäre
las schrecklichste Loos, das er sich denken kann, wie er
hlimmer keines seinem Feinde wünschen könnte. „Nie-
mals bin ich ein Frevler gewesen ; könnte ich doch meinem
Feinde nichts schlimmeres wünschen ?)!@ Ist denn das ein
so unvoliziehbarer Gedankensprung? Wellhausen sagt,
dafs man sich die Folgen der Gottlosigkeit nicht schlimm
genug vorstellen könne, sei gar kein Beweis dafür, dafs
man nicht gottlos sei oder gewesen sei. Gewifs nicht,
aber von einem Beweise für seine Unschuld ist hier auch
gar nicht die Rede. Nur wenn man das ‘3 von v. 8 zu
9) Im Ganzen richtig hierzu Hongstenberg 8. 164.
*) Ich umschreibe hier absichtlich Wellhausen’s Auffassung.
208 Budde, die Capitel 27 und 28
v. 6 zieht, entstände wenigstens der Schein, aber das dient
ja eben v. 7 zur Begründung. Wellhausen glaubt die
Einschiebung von v. 7 ff. daraus begreifen zu müssen, dal
man in v. 1-6 den moralischen Vorsats zu finden geglault,
trotz allem an der Praxis der Frömmigkeit festzuhalten.
Darin wäre Sinn und Verstand, wenn v. 8—1O sage
wollten : „denn ich werde mich wohl hüten, meinen jetzigen
beneidenswerthen Gemüthszustand mit dem eines Gott
losen zu vertauschen“. Dafs der Wunsch in v. 7, das m
etwas nicht Wirkliches enthält, zwingt doch nicht zu dem
Rückschlufs, dafs die Aussage, womit er verknüpft ist,
sich auf die Zukunft beziehen müsse. Den Wunsch in v. 7
— abgesehen davon, ob es als ernstgemeinter Wunsch zu
fassen ist — hätte Hiob früher reichlich mit demselben
Recht, mit derselben Wahrscheinlichkeit ausgesprochen.
Bei richtiger Auffassung von v. 8—10, unter Annahme der
Wellhausen’schen Uebersetzung von v. 7. ist deshalb
der logische Zusammenhang des Stückes ausreichend ge
sichert.
Einen etwas gröfseren Gedankenschritt verlangt die
oben vertretene Auffassung von v. 7 : „Es ergehe wie
u. s. w.“'). Denn dem „ich din kein Gottloser“ tritt dann
nicht ein „es set ein Gottloser* gegenüber, das erst in
v. 8-10 durch das Ergehen desselben motivirt würde,
sondern sogleich würde dem Feinde das Ergehen ange
wünscht. Aber selbst dieser Schritt bleibt, wenn auch
grofs, doch möglich, da es auf das Ergehen des Gottlosen
ankommt und eben dies Hiob derart abstöfst. Aus einem
Mifsverstindnifs der vorigen Verse kann dieser Sinn so
wenig erklärt werden als der andere.
Aber während ich entschieden festhalte, dafs der vor-
liegende Text keinerlei Widerspruch enthält, sondern einen
guten Gedankenzusammenhang bietet, bin ich dennoch zu
nn a nn nn
1) Vgl. die umgekehrte Meinung bei Giesebrecht 8. 8.
eee
des Buches Hiob. 209
der Ueberzeugung gekommen, dafs derselbe einen Eingriff
erlitten hat, und ich bin den Gedanken des Buches Hiob
lange und eifrig genug nachgegangen, um auch diese Ver-
muthung der Beurtheilung Anderer übergeben zu dürfen.
Ein Wunsch wie der in v. 7 pflegt nicht so bedächtig
und ausführlich begründet zu werden, wie das in v. 8—10
der Fall ist; gewöhnlich schliefst er jäh ab und wirkt eben
durch das Abbrechen auf dem Gipfel der Rede. Ferner
haben wir oben gesehen, dafs den Versen 8—10 allerdings
die gegentheilige Erfahrung Hiob’s in seinem früheren
Leben, die Erinnerung an seine damalige Glückseligkeit
su Grunde liegt; von seinem früheren, bisherigen Leben
reden aber auch die Verse 2—6, und zwar von seinem
sittlichen Verhalten, das dem des Frevlers in v. 8—10
ebenso entgegengesetzt war, wie sein damaliges Verhältnifs
zu Gott (vgl. c. 29, 2 ff.) dem des Freviers. Schliefst
man daher v. 8—10 mit Uebergehung von v. 7 unmittelbar
an v.6 an, so wird der Sinn zwar kein anderer, wohl aber
die Beziehung und Verwendung. Der Entschlufs, an der
Behauptung seiner Unschuld und Gerechtigkeit festzuhalten,
ist der Sache nach gleichbedeutend mit dem Sats: ich bin stets
gerecht gewesen, und in negativer Fassung schliefst dieser
Satz wirklich das Ganze : „mein Herz tadelt keinen meiner
Tage. Denn was ist die Hoffnung des Gottlosen, wenn
u. s. w.“ Das ist dann wieder kein Beweis für seine Ge-
rechtigkeit, wohl aber Angabe des Grundes, weshalb er
an jedem Tage von neuem unverbrüchlich seine Gerech-
tigkeit bewahrt hat. „Wie hätte ich auch stindigen sollen,
da mir bewufst war, welch schreckliches Loos des Gott-
losen wartet!“ Zu v. 2—6 findet sich die Ausführung, der
Commentar gleichsam in c. 31, und dasselbe Capitel bietet
eine Reihe von sicheren Belegen für den angeführten Ge-
dankengang. Dieselben rhetorischen Fragen tiber die
Folgen, die diese oder jene Versündigung für ihn hätte
haben müssen, mit 19%, im weiteren Verfolg mit x57 ein-
Zeitschrift 1. d. alttest Wiss. Jahrgang 2. 1988. 14
910 Budde, die Capitel 37 und 28
geleitet, finden wir in v. 2—5 und v. 14 f.; dieselbe Sach
in positivem Ausdruck, mit ‘9 eingeleitet in v. 11 £ (ahr
lich v. 28) und v. 28. Diese stehende Folgerung-
weise des c. 31 würde in unserem Zusammenhang gens
ebensogut am Platse sein, und damit wäre ein vortref-
licher Fortschritt und viel einschneidendere Wirkung für
v. 8-10 gesichert. Mit der Ueberschau über die vergar
genen Tage, mit der Gerechtigkeit, die von ihnen behaupte
wird, taucht auch die Erinnerung an seine damalige Glück-
seligkeit auf und die Ueberzeugung von der innersten Ur
seligkeit des Gottlosen, die ihn, Hiob, stets behütet hat vom
rechten Pfade abzuweichen. Denkt er daran, so kann e
nur seinem Feinde das Loos des Gottlosen anwünschen.
So bildet v. 7 den abschliefsenden Gipfel dieser Gedankea-
kette, und man wird, wie mir scheint, zugeben miissen,
dafs v. 7 nach v. 10 noch weit besser am Platse wire
Ein Grund, weshalb er umgestellt sein könnte, ist unschwer
su finden. Da v. 7 das Ergebnifs von v. 8—10 enthält,
so sind diese Verse, die obendrein mit ‘> beginnen, aller-
dings die Begründung desselben, während viel weniger auf
der Oberfläche lag, inwiefern v. 6 durch 8—10 begründet
werde. Die Begründung aber schien dem begründeten
Satze nachfolgen zu müssen. Kam dazu etwa noch eine
andere Auffassung von v. 7, in der Weise W ellhausen’s
oder auch Ewald’s, so schien der Vers sich um so besser
unmittelbar an v.6 anzuschliefsen und die Umsetzung war
nach allen Seiten gerechtfertigt.
Die Richtigkeit meiner Vermuthung wird aber daran
zu prüfen sein, ob sich die folgenden Verse von v. il an
gut an v. 7 anschliefsen. Vers 11 beginnt mit O>me mm,
„ich will euch belehren“, ohne jedes bindende Wort, mit
einem ganz neuen Motiv. Der Zusammenhang mit dem
Vorhergehenden wird nach der vorliegenden Versfolge da-
durch gesichert, dafs auch der folgende Abschnitt von dem
Loos des Frevlers handelt. Geht aber v. 7 unmittelbar
913 Budde, die Capitel 37 und 28
„Siehe, Ihr selbst habt es alle gesehen“, so geht auch das
nicht an. Nun will ja aber Giesebrecht dem mat auch
noch cap. 28 unterordnen. Als Beweis dafür führt er an,
dafs mit den „Erweisungen und Absichten Gottes“, die
Gegenstand der Belehrung sein sollen, nicht das böse Ge
schick des Frevlers allen gemeint sein könne. Aber ist
das letztere darum weniger 5x T und ‘We Oy, weil Got
noch mehr als das zu thun und im Sinne hat? Würde.
denn andererseits durch v. 13—28 + c. 28 die ganze Summe
gedeckt, und kündigt Hiob mit dem mv ein vollständiges
System der Theologie an? Und wenn ferner Giese-
brecht den Beweis führt, dafs min auch von „unsinn-
licher Beobachtung“ stehen, daher 12a auch c. 28 mit in
sich begreifen könne, so folgt daraus ja nach seiner An-
sicht, dafs er, Hiob, den Freunden mit c. 28 ebensowenig
etwas Neues sagt als mit 27, 13 ff. Zudem ist cap. 28
durch das » in v. 1 dem Vorigen nicht bei- sondern unter-
geordnet, die neue Thatsache, die Hiob lehrt, bliebe also
immer in v. 18—2% su suchen, wenn man nicht den Zu-
sammenhang geradezu formuliren wollte : „der Frevier
mufs darum untergehen, wer! —“ und damit geriethe Giese-
brecht unrettbar in Delitssch- Dill mann’sches Fahr-
wasser, wogegen er sich doch 8. 42 ff. wehrt'). Dasselbe
folgt schon daraus, daß G. mit v. 11 einen so scharfen
Abschnitt macht (8. 13.45). Denn inwiefern v. 12 „deut-
lich genug andeuten soll, dafs Hiob mit der Anerkennung
des göttlichen Strafverhängnisses über den Frevier keines-
wegs gewillt ist, die Behauptung seiner eigenen Unschuld
fahren zu lassen“ (S. 46), gestehe ich nicht zu begreifen.
ı) Eine scharfe Darstellung der Bachlage von jener Seite vgl. bei
Smend 8. 166, der richtig bemerkt, dafs Spe om und va) OY WR
unmöglich die My} von co. 28 bezeichnen könne, vielmehr dieses
Capitel nur als Begründung der vorhergegangenen Belehrung zu be
greifen sei.
des Buches Hiob. 918
Der unausgesprochene, unbewußste Grund, weshalb
28 noch dem 78 untergeordnet wird, ist vielmehr eben
ar, dafs man v. 13—23 als Belehrung der Freunde über-
Bupt nicht zu begreifen vermag und deshalb c. 28 in |
Vabrheit nicht hinzunimmt, sondern dafür einsetst. Das
lebt Riehm (bei Giesebrecht S. 46) su, im Grunde
ber G. ebensogut, wenn er S. 45 sagt, dafs der Inhalt
om v. 13—23 ein Postulat sei, das, von den Freunden nie
wtretten, die schlichle Anerkennung von Seiten Hiob’s for-
pre’). Dann aber steht das u falsch und mülste
chtig vor c. 28, | stehen; in dem doch so energisch auf
an Doppelpunkt folgenden v. 13—23 wäre eine schwere
achlissigkeit des Dichters zu erkennen. Wenn aber um-
skehrt Giesebrecht meint fragen zu müssen, warum,
enn meine Auffassung richtig sei, das Ix 12 DI MR
ı der Mitte des Capitels und nicht zu Anfang stehe, so
atworte ich : „Weil es nur auf v. 13—23 sich bezieht,
eil es eben tronisch gemeint ist.
Ich gehe von v. 12 aus. Das ann in 12a kann sich
ur auf das Geschick des Frevlers beziehen (vgl. auch die
örtliche Uebereinstimmung mit 15, 17. 5, 3); darum aber
ann v. 12b nicht denselben Inhalt des Verhaltens oder
‘edens der Freunde haben. Denn was sie, die Freunde,
eschaut, was er, Hiob, anerkennt, das dürfen sie auch
ut Recht denken und sagen, während Hiob ihr Verhalten
erade darum tadelt, weil sie doch wissen, dafs es dem
'revler schlecht ergeht.
Dieser Causalzusammenhang wird nun von Vielen (ich
enne Ewald, Delitzsch, Kamphausen, Dillmann,
lengstenberg, wahrscheinlich auch Smend) so auf-
*) Nur zu erwähnen brauche ich die kibne Lösung Hitzig'e,
er v. 18—28, die auch er als Belehrung der Freunde nicht verstehen
ann, als angeführte Rede der Freunde ansieht, vor der dem Binne
sch ein "mxb zu ergänzen wäre. So tritt dann in der That erst
it o. 28 die Belehrung ein.
214 Budde, die Capitel 37 und 28
gefalst, dafs die Freunde eben wetl sie so gut mit dem
Schicksal des Freviers vertraut seien, nicht eine so falsche
Anwendung davon auf Hiob’s Lage machen sollten. So-
fern diese Auffassung sich auf die andere stützt, dafs in
v. 8-10 Hiob’s Gemtithsverfassung der der Frevler als
Unterscheidungsseichen gegenübergestellt werde, so ist sie
‘ damit oben widerlegt. Aber selbst wenn Hiob sich einer
solchen inneren Seligkeit bewulst wäre, könnte er doch
wahrlich von den Freunden nicht verlangen, dafs sie das
sähen; zudem wird das Ormri damit falsch rückwärts auf
8—10 statt vorwärts auf 13 ff. bezogen. Macht man aber, |
wie Hengstenberg thut, mit der Beziehung auf diese
Verse Ernst, so verliert der Vers jeden vernünftigen Sinn.
Denn dafs die Freunde um das schlimme Schicksal des
Frevlers wissen, ist doch kein Grund, aus dem schlimmen
Schicksal eines Menschen nicht auf begangenen Frevel zu
schliefsen (vgl. richtig Schlottmann 8. 374 und Well
hausen 8. 541). Der Vers mülste dann umgekehrt
heifsen : „Ich habe das ja freilich auch gesehen und gebe
es zu : aber warum mülst Ihr u. s. w.*. Vollends unmög-
lich ist es, mit Delitzsch auch in v. 13—23 noch Merk-
zeichen zu finden, wodurch der Unterschied selbst des
äulseren Ergehens Hiob’s von dem des Frevlers erkennbar
würde (vgl. dagegen sehr gut Wellhausen 8. 540). —
Die einzig mögliche Auffassung von v. 12 bleibt die schon
von Raschi gegebene, von Schlottmann vertretene,
dafe Hiob v. 13—23 den Freunden selbst als Warnung
entgegenhält. Durch ihr auf ganz eitlen, unwahren Grund-
lagen beruhendes Raisonniren (vgl. zu dem pbann 51
Schlottmann, auch c. 21, 34) versündigen sich die
Freunde wirklich und zieben so die Strafe des Freviers
auf ihr Haupt herab, die Hiob in v. 7 im Affekte seinen
Feinden angewünscht hat. Da indem Unrecht gegen Hiob
alles Reden der Freunde gipfelt und im Grunde davon
ausgeht, so kann dies Unrecht mit einem allgemeinen
des Biete E::: Ota
& xmdruck bezeichnet werden, der das ganze Verhalten der
GPreunde umfalst, umsomehr, da noch in v. 2-6 gerade
Wiese Unwahrheit zurückgewiesen wurde und das letzte
Wert der Freunde (c. 25, 4—6) dieselbe implicite enthielt.
A), Lüge hat Hiob ihre Reden auch sonst gekennzeichnet,
“ne in 13, 4'). 7 (wo dieselben Worte Thy und [Pp wie
21, 3 gebraucht werden). 9, vgl auch 21, 34: als sitt-
Wünes Vergeben beseichnet er ihr Verhalten such sonst,
Se 6, 15. 12, 5. 16, 20. 19, 2 £ 22: göttliche Strafe droht
“ur ihnen an 13, 9-11. 17, 4 5°, 19, 29, und dem in
BwWon von 27, 12 entspricht wirklich in Gottes Munde das
ey) Se Dre «> in 42,7. Somit ist diese Auffassung
much gegen Hengstenberg’s Kınwand gesichert, dafs
@s Hiob nie einfalle, die Freunde dem Freviern zuzuzählen.
Das Echo ihrer eigenen Worte in 27. 13—23 wird
also dadurch für die Freunde zu einer wirklichen Beleb-
besteht die Ironie Hiob's, nicht zur im v. 11, sondern auch
im Folgenden, dafs er die Gegner mit Jen genen Walien
schlägt. Uni das ist wieder sin pevcbologisch sehr feiner
anhefier* zu geben.
9) Soviel Init der schwinrige Text erkannan.
®) Auch hier ms Sessunhalten, des Gis alles mäglch Yale ti
der verliegenden Vaufnigt, bei der vergeschlagenen tombe cher
weit kleser herverzia.
916 Budde, die Capitel 37 und 28
keine Einschränkung ferner mit Rücksicht auf frühere Be
hauptungen ; daraus der Schwall von Worten und die
starken Ausdrücke, in denen er den Freunden ihre An-
griffe selbst der Form nach zurückgiebt (vgl. Aehnliches
in c. 12 und 26). Nur in dieser Gestalt konnte der Ab-
schnitt gegen die Freunde seine Dienste thuen; im Uebrigen
wurde er nackt neben die früheren Ausführungen (zuletst
ec. 21 und 24, aber schon ganz krals in 9, 22 ff. u. =. w.)
gestellt, und dem Zusammenhang die Lösung überlassen.
So erklärt sich der Schein, dafs Hiob bier „grundsätslich
mit Sack und Pack in Feindes Lager tibergehe* (Well-
hausen 8. 641). Der Ausspruch an sich verhält sich su
den gegentheiligen genau ebenso, wie die unvermittelt
nebeneinander stehenden Anschauungen, dals Gott Zeuge
seiner Unschuld und sein Rächer, und dafs er sein Feind
und der Räuber seines Rechtes sei; jener Widerspruch ist
nichts als die Kehrseite dazu. Nach allem Gesagten
brauche ich deshalb die Echtheit des. Stückes nicht mehr
zu vertheidigen, verweise nur zurück auf 8. 8 f. meiner
Beiträge).
1) Dagegen werde ich eben jene Stelle meiner Schrift gegen
Giesebrecht vertheidigen müssen. Auf 8.8 habe ich gesagt, „Hiob
habe sich niemals zu dem Unsinn verstiegen, dafs dem Gerechten stets
mit Unglück, dem Ungerechten mit Glück gelohnt werde”. Wenn
Giesebrecht daraus macht, „ich möchte die Aussagen Hiob’s dahin
abschwächen : Hiob stelle nur fest, nicht immer gehe es nach gött-
lioher Nchickung dem Gottlosen wohl, dem Frevier übel“, so Iäfst doch
wohl Giesebrecht sich eine Abschwächung meiner Aussagen zu
Schulden kommen, nicht ich derer Hiob’s. Nun scheint aber Giese-
brecht, wenn er im Gegensatze su mir „in c.21 und 24 geradezu die
Umkehrung der sittlichen Weltordnung behauptet“ findet, wirklich der
Meinung zu sein, Hiob sage das, was ich in der oben angeführten
Stelle als Unsinn bezeichnet hatte. Er mufs dann nur nicht glaubes
Merx auf seiner Seite zu haben, von dem er eine Stelle (aus 8. XII)
gegen meine Anführungen citirt. Denn in dieser Stelle sagt Merx
ausdrücklich und G. druckt es ab, dafs nach Hiob’s Aeufserungen
Gott zu dem Wesen des Menschen in keinem sittlichen Verhältnis
des Buches Hiob. 217
Zur besseren Uebersicht über das gewonnene Resultat
sihliefse ich die Behandlung von c. 27 mit einer kurs
whe (vgl. dafür =. B. 9, 22 ff), und dafs das ebensogut sei ale keinen
astt annehmen. Ganz richtig; verstehe ich aber G. recht, so ist nach
am Hiob's Gott allerdings vorhanden, er ist aber ein — Teufel, da
= alles Gute bestraft und alles Böse belohnt. Somit hat Giesebrecht .
Cerx mifsverstanden,. nicht ich, wie G. mir vorwirft; denn auf den
ma mir angeführten Seiten XXVIII und XIII sagt Merx wörtlich :
En seinem tiefsten Inneren ist Ijjob . . . nie völlig von seinen ersten
Ehilistischen Anschauungen überzeugt gewesen“ und „Oder sollte der
Iensch nicht die ihm innewohnende Idee von einer gerechten Welt-
rdnung . . . festhalten können trots des Widerspruchs der Sufseren
zfahrung?“ Ferner sagt G. ı „Beachten wir nur das Entsetzen,
reiches Hiob nach 21, 6 ergreift, wenn er an die Thatsachen denkt,
ber welche er zu den Freunden reden will; dafs es den Gottenfürch-
gen nicht immer wohl geht, war ihm doch keine so neue entsetsen-
rregende Sache“. Der Ausdruck könnte klarer sein. Boll es heilsen
dafs auch die Gottesfürchtigen schlimme Tage erleben“, so sagt os
ichts und trifft es meine Ausführungen nicht. Soll es heifsen, dafs
ı auch nur einen Gottesfürchtigen giebt, dem es endgültig schlecht
sht — und nur so trifft os, wie es soll, meine Ausführungen — 50
wis ich ganz anderer Meinung sein als G. Das Sprichwort „einmal
t keinmal* ist doch nirgends übler angebracht als Gott gegenüber.
th behaupte, dafs der erste völlig sichere, durch nichts zu bemän-
sinde oder abzuleugnende Fall, wo ein Gerechter im Elend unterging,
m folgerichtig denkenden alttestamentlichen Frommen an seinem Gott
re machen und eben zuder von Merx „nihilistisch“ genannten Welt-
schauung führen mufste. Genau so ist os Hiob ergangen, als er die
hatsache am eigenen Leibe spürte, die er bei Anderen anzuerkennen
eht geswungen war; die weiteren Beispiele fanden sich nachträglich
icht. Nur als unverwirklichtes Postulat konnte sich dann der Glaube
ı einen gerechten Gott noch halten. Aus dem Dilemma gab es keinen
ıderen Ausweg, als sich bescheiden und auf eine Lösung hoffen, und
w Ausweg schien versperrt durch die Hoffnungslosigkeit seines
sidens. — Zum Beleg meiner su Eingang dieser Anmerkung citirten
hese würde übrigens schon das Twp 21, 17 genügen, weitere Stellen,
Ugültig, weil auch das Gegentheil schon 9, 22 ff. zu finden ist, vgl.
9 meiner Schrift; auch das richtig verstandene cap. 24 kann dasu
snon. — Uebrigens kommt G. endlich auf dasselbe heraus wie ich
. 10), nur benutzt er als Ueberleitung das oben erwälnte fragwürdige
rständnifs von v. 8—10.
218 Budde, die Capitol 27 und 28
gefafsten Paraphrase des Capitels nach meiner Auslegung.
„(v. 2) Bet demselben Gott, der mir mein unverdienta
Leiden gesandt hat, (v. 3) schwöre ich mit vollem Bewuls-
sein, (v. 4) dafs ich mich nie su der Lüge verstehen werds,
(v. 5) Euch Recht su geben und die Behauptung meiner
Unschuld (v. 6) und Gerechtigkeit fahren su lassen; mein
Gewissen tritt gegen keinen Tag meines Lebens als Kläger
auf. (v. 8—10) Mich von des Gottlosen Treiben fern zu
halten, genügte schon die trostlose Unseligkeit, die des Frev-
lers sicheres Loos ist; (v.7) nur meinen Feinden könnte ich
solch ein Loos wünschen. — (v. 11) Lafst Ihr Euch von
mir belehren über Glottes Verfahren mit den Menschen,
(v. 12) über das Ihr so treffend su reden wilst, während
Ihr nicht seht, wie Ihr seine Vergeltung durch Eure Lügen
selbst auf Euch herabsieht. (v. 13 ff.) Bo mule ich Euch
sagen, dals Gott den Frevler unerbittlich bestraft.*
Wir wenden uns nun zu cap. 28. Gerade hier sind,
wie mir scheint, eine Reihe von Mifsverständnissen aus
dem Wege zu räumen, die zum Theil erst die jüngste Zeit
geschaffen hat. |
Wie heifst der Gegenstand des 28. Capitels? Die
Weisheit. Man glaubt, die Frage sei beantwortet; aber
nun erst hebt das Fragen an. Welcherlei Weisheit ist
hier gemeint? Ist die gemeinte moralischer oder intel-
lektueller Natur; ist sie die göttliche als Prinzip der Welt-
regierung, vielleicht auch blofs kosmologischen Inhalts, oder
die Kunst richtigen Denkens und Handelns für den Men-
schen, der Weg zum Glück? Das alles sind missige
Fragen. Weisheit ist die Fähigkeit richtiger Erkenntnis
sowohl des Vorhandenen als des zu Leistenden, der dasu
erforderlichen Mittel und ihrer Handhabung, also, wie
Wellhausen richtig sagt, „ein Wissen (und Können)*.
Ihr Gebiet ist ein unumschränktes, alle vorhandenen Gegen-
stände, seien sie körperlicher oder geistiger Natur, sind
auch Gegenstände der Weisheit. Die Weisheit als solche
des Buches Hiob. 219
rernnag alle Aufgaben zu lösen, wer sie besitzt, benutzt
sie waur verschieden zu seinen Zwecken, ohne dafs das
Wesen der Weisheit sich damit veränderte. Wer sich
Meübsermeugen will, welchen verschiedenen Zwecken dieselbe
Wreisheit nach hebräischer Anschauung dient, wie vielen
Mufgaben sie gewachsen ist, der braucht nur Prov. 8 nach-
zzulesen, wo doch gewifs nur von einer Weisheit die Rede
Sat!) Nun wird in unserem Capitel gefragt, wo die Weis-
eit zu finden ist; da der Fragende ein Mensch ist und sie
sich wünscht, würden wohl menschliche Zwecke der
eisheit, wenn sie gefunden werden sollte, gesetzt werden.
ber wenn nun nach langem Suchen die Weisheit endlich
=yur da gefunden wird, wo man sie stets gewulst, bei Gott,
“wenn von der Anwendung gesprochen wird, die er von ihr
‘macht : folgt dann daraus, dafs der Mensch die Weisheit
gerade gesucht habe, die dass geschickt ist oder dafs er
sie zu diesen selben Zwecken gewünscht hat? Oder wenn
das positive Resultat des Suchens für den Menschen end-
lich ein Gegenstand ist, der einen anderen Namen führt,
Furcht Gottes : folgt denn daraus, dals der Mensch gerade
diese oder doch ein specifisch moralisches Gut gesucht hat?
Weisheit ist Weisheit wie Gold Gold ist. Wenn der Al-
chymist vergangener Zeiten nach langen vergeblichen
Mühen zu der Ueberzeugung kam, dafs Gold eben nur
da zu suchen sei, wo es bisher gefunden wurde, im Erd-
reich und dem Sand der Flüsse : wurde er dadurch nach-
träglich zum Goldgräber und Goldwischer? Oder fand
er zwar nicht Gold, wohl aber, wie die Sage von Berthold
Schwarz erzählt, Schiefspulver : war dann durch dies Re-
sultat sein bisheriges Streben der Kriegswissenschaft oder
!) Dafs das Buch Hiob später ist als Prov. 1—9, dafs dieses Buch
im Buche Hiob benutzt wird, kann keinem Zweifel unterliegen.
Statt aller Bewoise diene hier der Vergleich von Hi. 15, 7 und Prov.
8, 35. 8. unten.
290 Budde, die Capitel 27 und 28
der Feuerwerkerei oder dem Bergbau gewidmet gewesen?
Ganz so verhilt es sich hier. Gesucht wird die Weisheit
als solche; ob der Suchende sie findet, ist wie bei allem
Suchen die Frage; findet er sie nicht, so fragt sich weiter,
ob das Suchen etwa ein anderes Resultat ergeben hat.
Auf diese Fragen giebt cap. 28 die denkbar klarste Ant
wort.
Die ersten 11 Verse besagen, dafs der Mensch «&
weit gebracht hat im Finden und Heben aller möglichen
Schitze').
v. 12—22 bezeugen im Gegensatze dazu, dafs die Weir
keit weder der Mensch?) noch irgend ein Wesen oder Gebiet
der weiten Welt besitzt noch zu finden weils, trotzdem
man um ihres unvergleichlichen Werthes willen alle Schätze _
der Welt für sie geben würde. Es wird auch hier nur |
weniger Erläuterungen bedürfen, um irrige Auslegungen
und Schlüsse zurückzuweiseu. Dillmann hebt hervor,
dafs die Weisheit hier als ein Gut dargestellt sei, dafs er-
örtert werde, ob und wie und wo es erworben werden
könne, dafs durch den Ausdruck Moon 3wy angedeutet
werde, dafs sie sich in Besits nehmen lasse, und will dar-
aus schliefsen : es könne nicht die göttliche Weisheit als
Prinzip der Weltregierung gemeint sein, sondern (etwas
dem Menschen Erreichbares) „das bekannte Ideal mensch-
lichen Strebens, das eine bekannte Hauptgut unter allen
Gütern“®). Diesen Schlüssen ist zwar Giesebrecht in
sehr ausführlicher Auseinandersetzung entgegengetreten,
') Der Protest Giese brecht’s gegen dieses Wort auf Grund des
Umstandes, dafs auch wnedle Metalle in v. 1—11 genannt würden
(3. 16, vgl. seine Argumentation daraus 8. 43), hat umsoweniger Ein-
druck auf mich machen können, als G. selbst wieder in diesen Fehler
verfällt (8. 27).
*) Dafs in v.13 mit LXX eto. #97 für. myy zu lesen ist, kenn
schwerlich bezweifelt werden.
*) Vgl. 8. 249 und 254.
des Buches Hiob. 931
er leider so, dafs damit nichts erreicht wird, weil er den
smtlichen Grundfehler der Schlufsfolgerung selbst nicht
unden hat. Seine langen Auseinandersetzungen tiber
Wiche und eigentliche Redeweise (8. 26—28) thuen nichts
> Sache, ebensowenig wie der Hinweis auf die Artikel-
igkeit von mar Wwe (v. 18), das er deshalb „rein hypo-
stisch, „ein Weisheitsbesitz? (wenn wir ihn uns als mög-
h denken wollen)* meint übersetzen su müssen (8.19) ?).
s wenn 19%) 729 hier nicht eben so hypothetiach sein
ude, als der artikellose Ausdruck. Ist denn etwas, was
nicht erlangen kann, darum weniger ein Gut, darf ich
um nicht von dem im Geiste vorgestellten Besitz des-
sen reden? Man setze in unserem Abschnitt zur Probe
rige Jugend“ überall an die Stelle der Weisheit und
ge sich, ab dieser Gegenstand „frommer Wünsche*
ht ganz dieselbe Behandlung vertrüge. Dies eine Bei-
a1 für viele. Es giebt viele unerreichbare Güter; ein
ıriftsteller aber kann, wenn es sich um ein solches han-
t, unmöglich deutlicher reden, als indem er dies mit
lichten Worten sagt, wie unser Dichter in v. 13 und
terhin. Dies unerreichbare Gut (für den Menschen und
ganze Schöpfung) ist aber hier die Weisheit und nicht
8 göttliche“ oder die menschliche. Deshalb spricht der
thter allerdings hier nicht den selbstverständlichen Satz
‚ „dals die göttliche Weisheit nur bei Gott, nicht bei
ım Geschöpf, zu finden sei* (so Dillmann’s Einwurf
264), wohl aber den nicht selbstverständlichen, dafs die
isheit, von der ein jeder weils, dafs Gott sie besitzt,
ihm gehört und gehören kann, nicht von einem Andern
erwerben ist*). — Aber „zwischen denen, die die Weis-
‘nicht erkennen und dem, der sie vollkommen erkannt
1) Uober G's Schlüsse aus der Artikellosigkeit s. weiter unten.
*) Jeder Sats wird selbstverständlich, wenn man sein Prädikat im
Subjekt aufnimmt,
999 Budde, die Capitel 37 und 38
hat“, findet G. (wie vor ihm s. B. Schlottmann) md
eine mittlere Stufe angeführt, eingenommen von den Todten,
zu welchen nach v. 22 wenigstens eine dunkle Kunde va
ihr gelangt wäre (8. 19 f.). Also selbst vom Hirensaga
kennt der Mensch u. s. w., somit auch Hiob (nach stag
eigenen Aussage), die Weisheit nicht : wie kann er dm
von ihr reden?! Wie kann er ihren Namen wissen, ihre
Werth preisen, sie Gott beilegen und bei ihm wita
lassen, wenn er nicht einmal vom Hörensagen von ik
weils? Und die gewaltige Stufe zwischen den übrige
Geschipfen und Gott, die durch ein Hörensagen im Ve
gleich mit völligem Nichtwissen bezeichnet wird! Abe
der Gedanke selbst, hier einen Uebergang zu erwarten, zeugt
nicht eben von hervorragender Empfänglichkeit fürästhetische
Wirkungen. Weder ein Mehrwissen noch ein Minderwina
(wie Andere wollen) wird 33 und mx zugeschrieben'),
sondern sie sagen dasselbe wie ihre Collegen om
und o in v. 14 : an m) oder “wy Im; aber sad
sie wählen wie I aus Gefälligkeit für den Dichter eine
anderen Ausdruck dafür. — Also kein Gebiet der Wet
noch dessen Bewohner besitzt die Weisheit oder weils ae
zu finden.
Gott kennt den Weg zu ihr und weils ihren Fundort
u. 8. w. (v. 23—27)*). Auch hier bleibt der Dichter ba
—
ı) Von den Todten, den Abgeschiedenen selbst ist hier nicht ds
Rede, der plur. Yyı geht auf Abgrund und Tod (vgl. 88, 16—18).
*) Eine exegetische Erörterung über v. 24—26 wird nicht zu um
gehen sein. Es gab eine Zeit, wo man sich darüber einig war, dai
v. 25 dem folgenden Verse genau parallel sei, einen neuen Sats be
ginne, das Pyiyyb nicht von v. 24 abhänge (so schon Schulter:
und Bouillier). Auch Ewald drang mit der Uebersetsung ‚u
dem Wind Gewicht zu geben u. s. w.“ nicht durch, bis Dillman:
ihr beitrat. Von ihm übernahm dieselbe mitsammt der Begründen
Zöckler; dann wurde sie von Hitsig und Hongstenberg vu
treten; Delitzsch, der früher anders urtheilte, verbindet in &
des Buches Hiob. 993
der bisher nothwendig gehandhabten Objektivirung der
Weisheit. Sie ist ein Etwas für sich, auch aulser Gott,
B. Auflage v. 25 mit v. 24 (wenn auch unter Beibehaltung der gerun-
pivischen Fassung); Giesebrecht verweist einfach auf Dillmaan’s
„sehlsgenden Nachweis“. Dieser Umschlag scheint mir sehr beklagens-
werth, weil die ganze Stelle durch diese Auslegung sohwer geschädigt
wird. Das yg in v. 27 nimmt nachdrücklich alle zeitlich Axirbaren Hand-
lungen des nächsten Zusammenhanges auf. Als die dadurch beseich-
nete Zeit ergiebt sich aus v. 36 nothwendig die der Weltschöpfung.
Auf diese surlicksugeben awingen nicht minder die Parallelstellen im
Buche der Sprüche. Mit v. 26 ist v. 36 dem Inhalte nach durchaus
parallel. Dafs auch die in v. 35 genannten Handlungen Gottes der
Zeit der Schöpfung angehören, bezeugt ausdrücklich für b cap. 88,
B—11, für a wird es durch den Zusammenhang von cap. 88, 24b (vgl.
v. 26 und 28, 26) aulser Zweifel gesetst. Wäre dagegen die Ewald-
Dillmann’sche Auslegung richtig, so beuöge sich v. 24 f. nicht auf
die Schöpfung, sondern auf die tägliche Regierung und Erbaltung der
Welt. Es würde dann ferner hier ausgesagt, dafs Gott die Weisheit
bei der Weltregierung täglich neu finde und erspähe, während unsere
Stelle die Weisheit als den unveräufßserlichen Besitz Gottes vom An-
beginn der Welt an darstellt. Boergäbe sich ein unerträglioher Wider-
streit des Sinnes. Dies die sachlichen Gründe, die durchschlagend
sind; in formeller Beziehung wird sich streiten lassen. Das perf. in b,
pa om bildet für die Ewald’sche Auslegung eine längst erkannte
Schwierigkeit. Erklären liefse es sich mit Hitzig und Ewald ($846b)
als von seinem 1} getrenntes perf. consec. Ein unsicherer Beleg dafür
ist aus dem Buche Hiob co. 5, 11 (von Allen angeführt); denn dort
liegt für a die gerundivische Fassung (aus dem Folgesatz heraus-
gebildet, Ewald § 280d) weit näher ; b bezeichnet dann das fertige Er-
gebnifs als selbständiger Sats. Anders dagegen die einzigen sicher
vergleichbaren Stellen, die ich in unserem Buche gefunden : c. 88, 17.
84, 28. 88, 88, wo von seinem } getrennt das einfache Imperfectum
steht, und 88,17, wo perf. cons. nicht eintritt, trotz der unmittelbaren
Verbindung des Verbum mit dem }. Aber will man 28, 25 so auf-
fassen, so mufs auch b in die Gegenwart, nicht in die Schöpfungsseit
verlegt werden, und das erscheint 88, 8—11 gegenüber sehr bedenk-
lich. Schon Ewald übersetzt deshalb, soweit ich sehen kann, im
Widerspruch mit seiner in der Grammatik niedergelegten Auffassung,
sonderbar : ,dafs das Meer er wog mit Male“, und erklärt das perf.
daraus, dafs das in 25b Gesagte schon seit der Schöpfung fortdauere;
Dillmann läfst ausdrücklich den Absichtasatz iu einen Folgesatz
994 Budde, die Capitel 27 und 28
der den Weg zu ibr und ihrem Fundort weifs, der sie ge
sehen und durchforscht hat. Aber da niemand anders su
ihr kommen kann, da Gott gerade bei der Schöpfung,
seinem Werke xat’ éSozny (vgl. c. 38), sie „fand“, so ist
es völlig klar, dafs sie, die Weisheit, sich als Gottes von
ihm untrennbarer Besitz, als ihm eigen, als Theil seines
Wesens entpuppt hat. Darum die schembar sich wider-
sprechenden Prädikate in v. 27, die chiastisch geordnet
einmal die Weisheit von Gott gesehen und ergründet, das
anderemal sie kundgethan') und festgestellt sein lassen.
„Denn“, so sagt Hitzig richtig, „seine Weisheit ist die
umschlagen, vou der Erhaltung zu der Schöpfung. Boll aber b ab-
hingig von dem präsentischen Satze v. 24 bleiben, wie dies von Dill
mann angenommen wird und werden muls, so ist ein Rtickechlag auf
die Schöpfung logisch unmöglich. — Andererseits wird man Dil] mana
sugeben müssen, dafs der yerundivische Infinitiv ein voraufgehendes
verb. finit. verlangt. Es wird daher wohl bei zeitlicher Fassung des 5
und der Berufung auf 2 Sam. 18, 29 bleiben müssen, die Dillmann
ohne Notk verwirft. Uebrigeus mufs darauf hingewiesen werden, wie
wenig auch v. 24 in den Zusammenhang pafet. Wenn bisher schon
jedes Gebiet der Welt versichert hat, dafs in ihm die Weisheit nicht
zu finden sei; wenn aus dem Folgenden sich ergiebt, dafs die Weisheit
aur bei und in Gott zu suchen ist, und zwar seit Beginn der Welt,
so kann ein Schauen bis zu den Enden der Erde und unter dem
gansen Himmel hin schwerlich zu ihrer Eutdeckung führen. Der Vers
leitet nur irre in der Auffassung des Folgenden. Ich wage deshalb
die Vermuthung, dafs er Glosse ist, aus falsch-sinnlichem Verst&ndnifs
des WwW und Diy in v. 23 hervorgegangen. Vielleicht ist dam
später auch das erste Wort von v. 25 umgestaltet, um dem einge
schobenen Verse eine Stütze zu geben, unter Mifsdeutung auch seines
Inhalts auf die Erhaltung statt auf die Schöpfung.
') Bo (im Ganzen mit Kamphausen, Hitsig u. s. w.) gegen
andere Uebersetzung. Die Dillmann’sche, der sich in der 2. Aufl.
auch Delitzsch fast ganz anschliofst, verwischt diesen Gegensats
und läfst nur die eine Reihe der völlig objektivirten Weisheit übrig.
Dagegen spricht schon Prov. 8, 22 ff. (vyl. besonders das m. 22),
die Stelle, auf die Dillmann selbst sich beruft (vgl. hier gegen Dill-
mann auch Giesebrecht 8. 21 f.).
des Buches Hiob. 29%
Weisheit selbst, sein apn reicht gleich weit“. Handlungen
aus dem grofsen Werke der Schöpfung werden angeführt,
weil sie die ersten sind, in denen sich die Weisheit kund-
gethan hat, und zugleich die grölsesten, von denen aus
der Schlufs a.majori ad minus sich ergiebt : wer das ge-
than und durchschaut, der weils und kann alles, der besitzt
die Weisheit als solche. Darum auch verlangt Gott von
dem weisen Hiob (38, 4) zum Beweise Antwort auf Fragen,
die die Schöpfung betreffen. Daraus also, dafs die Weis-
heit, die Gott nach v. 23 ff. besitzt, nothwendig dieselbe
sein muls, welche in und von der ganzen Welt nicht ge-
funden wird, wird rückwärts wiederum klar, dafs die ge-
suchte Weisheit auch jene Fragen über den Weltsusam-
menhang, ja die Regierung der Welt selbst, die zum aus-
schliefslichen Machtbereiche Gottes gehört, zu lösen und
zu leisten im Stande sein würde’). Gesucht ist also weder
die göttliche noch eine menschliche. Weisheit, sondern die
Weisheit als solche, und das Ergebnifs des Suchens ist,
dafs nur Gott dieselbe kennt und besitzt. Dafßs die ge-
suchte Weisheit zunächst und an sich intellektueller Natur
ist, nicht moralischer, ergiebt sich daraus mit Nothwen-
digkeit und ist besonders von Wellhausen (Bl. 8. 541)
gut hervorgehoben, von Giesebrecht eingehend be-
sprochen worden.
Aber darum ist die Weisheit kein reines, passives
Objekt, wie Delitzsch bei seiner Auffassung unserer
Verse darauf hinauszukommen scheint. Er meint unter
Vergleichung von Prov. 8,22—31 sagen zu dürfen (2. Aufl.
S. 373) : „Die warn ist die göttliche Idealwelt, die gött-
liche Imagination aller Dinge vor ihrer Schöpfung, der
9) Doch braucht man darum keineswegs aus dem kosmologischen
Charakter dieser Verse besondere Schlüsse zu sieben oder von Hiob
daraus auf ethische Verhältnisse schliefsen zu lassen, wosu besonders
Merx neigt.
Zeitsehrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1888. 15
996 Budde, die Capitel 27 und 36
einheitliche Complex aller der Ideen, welche die Wahrheit
der Creaturen und das Ziel ihrer Entwickelung sind. Sie
ist nicht geradezu eins mit dem Logos, aber der Logos ist
der Demiurg, durch welchen Gott nach jenem innergött-
lichen Urbilde die Welt ins Dasein gesetst hat. Die We»
heit ist das unpersönliche Modell, der Logos der persta-
liche Werkmeister nach jenem Modell.” Wenn im Vor
hergehenden die Weisheit als aller Schätze gröfßster ge
priesen wird, so mufs sie etwas nütze, so muls sie wirksam
sein : eine Idealwelt, ein blofs unpersönliches Modell ohne
den „persönlichen Werkmeister Logos“ dazu kann zu nichts
nützen; dafs es einer ferneren Ergänzung zur Weisheit
noch bedürfe, davon steht nichts zu lesen. Vergleicht
man aber vollends Prov. 8, 22 ff, so nennt sich dort m
v. 80 die Weisheit jinx, und Delitzsch übersetzt das
selbst mit , Werkmeister* (Comm. 1873, 8.147), ja er sagt
dort wörtlich : ,. . . sie (die Weisheit) war es, welche die
in Gottes Schöpferwillen urständenden und durch sein
Schöpfergeheils in Bewegung gesetzten Schöpfungsgedanken
aus ihrer idealen Wirklichkeit in reale umsetzte und gleich-
sam die Entwürfe der einzelnen Creaturen künstlerisch
ausführte; sie war die Mittelursache, die demiurgische
Macht, deren sich die göttliche Schöpferthätigkeit bediente,
wie 3, 19 gesagt wird u. s. w.“ Also was Delitzsch
dort als Objekt der wirkenden Weisheit nennt, das macht
er im B. Hiob zur Weisheit selbst; was ihm dort die
Weisheit selbst ist, macht er hier zum Logos. Streichen
wir die beiden Stellen fremde Vorstellung von der gött-
lichen Idealwelt, so kann kein Zweifel sein, dafs De-
litzsch sum Spruchbuche das Richtige anmerkt; gerne
möchte man dann darin die Berichtigung seiner Erklärung
von Hiob 28, 23—27 erkennen, wenn nicht die 2. Aufl.
des Hiob-Commentars vom Jahre 1876 die Stelle unver-
ändert wiederbrichte. Die beiden Stellen nebeneinander
zu begreifen, will mir bei dem besten Willen nicht ge
des Buches Hiob. 997
: ingen; die Bemerkung (schon in der 1. Aufl. des Hiob-
Comm.) : „Indefs sind die Begriffe weder hier noch in
dem verwandten jüngeren Schriftstück Spr. 8, 22—31
schon so geschieden, wie es nur die neutest. Gottesoften-
barung ermöglicht hat“, ist doch nicht im Stande die Ver-
wirrung zu beseitigen. Für unsere Stelle verfällt in den
Fehler Delitzsch’s auch Dillmann, wenn er das Aryı
deutet „er stellte sie zur Betrachtung hin, so wie ein
Künstler oder Baumeister die min“, wenn er von einem
gründlich erkannten Muster, von einem wirklichen Schaffen
nach ihren Ideen redet. Auch er beruft sich dabei neben
c. 15, 8 (wo ja nichts weiter steht, als dafs in Gottes Rath
Weisheit zu haben ist) auf Prov. 8, 22—31 als weitere
Ausfihrung'). Uebrigens scheint mir Giesebrechts
Tadel, dafs Dillmann den Versen 23-27 sowie ihrem
Verhältnis zum Vorhergehenden nicht gerecht werde
(8. 26, 27), allerdings begründet.
Es bleibt noch zu behandeln der Satz, in dem das
ganze Capitel gipfelt, v. 28. „Und er (Gott) sprach zum
Menschen : Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weis-
heit, und das Böse meiden ist Einsicht.* So eine ganz
ungefärbte wörtliche Uebersetzung, in welche noch keinerlei
Specialverständnifs des Zusammenhangs mit dem Vorher-
gehenden aufgenommen ist.
Zuerst wird man fragen müssen : warum, nachdem
bisher rein objektiv nach der Weisheit gefragt worden,
giebt hier Gott dem Menschen eine Antwort? Eintach
darum, weil der Mensch nach der Weisheit suchend das
Subjekt des ganzen Capitels ist, weil der in seinem Inter-
esse die ganze Frage aufgeworfen hat. Das steht nicht so
1) Richtig dagegen Ewald, der die Weisheit Dienerin und Bild-
nerin nennt, die in der Schöpfung bildend und erhaltend hervortreten
und sich offenbaren mufs.
15*
238 Budde, die Capitel 37 und 28
wörtlich zu lesen, ist aber aus dem Zusammenhang ki I
und sicher abzuleiten. Gold, Silber u. a w. werdag
sucht und gefunden, und wird auch der Mensch mit Nang
kein einziges Mal genannt, so mufs er doch das in Oi 4.
das Pronomen und des aktiven Verbs auftretende Sabjdt 5 4
sein, die ganze geschilderte Arbeit ist die des Bergmam,
In dem folgenden Satse v. 12 mufs deshalb das logie
Subjekt des apa Tan MOQ, der Suchende, ebense de
Mensch sein, wie denn v. 13 ihn sogleich einführt, alsda,
der den Weg zu ihr nicht weifs, sie auf der Erde nid
finden kann. Die anderen Geschöpfe suchen sie nicht fir
sich, sie antworten nur dem fragenden Sucher, dafs &
nickt im Besits der Weisheit seien, ihm also nicht des };
verhelfen könnten. Nun ist der gefunden, der dem Funde |,
der Weisheit nicht nur kennt, sondern der sie in Bests j,
und Gebrauch hat. An ihn also wendet sich gleichsam de |,
suchende Mensch mit Frage und Bitte, weil er der einzig |
ist, der ihm die ersehnte Weisheit geben kann, wenn «
will. Und nun thut sich des Besitzers, Gottes Mund au,
und der Mensch erhält nach langem vergeblichem Suche
und Hoffen seinen Bescheid.
Man könnte gegen diese Darlegung des Zusamme-
hangs einwenden, dals das spe in v. 28 doch unmittelbe
an die Verse anknüpft, die gleichsam den Erwerb de
Weisheit durch Gott bei der Schöpfung schildern, alo
nicht jetzt gesprochen werden, sondern längst gesprochen
und ein für alle Mal vorhanden sind. Das ist ganz richtig,
nichtsdestoweniger aber wird diese Antwort immer wieder |
von neuem dem Menschen gegeben, der die Weisheit suck,
und so ist sie, wenn schon uralt, doch immer neu, wel
mit jedem neuen Menschenleben auch Sehnsucht und
Suchen wieder erstehen kann. Es ist also sicher in v. 2
die Antwort enthalten, die dem nach Weisheit suchenden
Menschen wird, und zwar die einzige, die ihm werde
kann.
des Buches Hiob. 939
Diese Antwort besteht in einer Definition der Weisheit
tal der Einsicht'), für welche in einfachem Nominalsatse,
rer besonders nachdrücklich hinweisend (vgl. das fi und
Mi), gleichwerthige Begriffe gegeben werden : „Furcht
ws Herrn“ und „das Böse Meiden*. Grammatisch be-
schtet sind diese letsteren Begriffe nachdrücklich voran-
stelltes Subjekt, logisch betrachtet liegt in ihnen die
mpeage, d. i. das Prädikat. Sie sind das vom Menschen
ssuchte, die Weisheit. Nehmen wir das zunächst ein-
sh nach dem Wortlaut als vollkommen richtig an und
wen wir weiter, inwiefern damit das Suchen des Men-
hen, sein Verlangen nach dem Besitz der Weisheit, be-
edigt wird. Es wird das dann der Fall sein, wenn er
sh in den Besitz der für die Weisheit eingesetsten Werthe
| setzen vermag, also wenn es ihm gelingt, ein ‘se KT
id yo WW zu werden. Dafs dies möglich ist, beweist so-
eich der erste Vers des gansen Buches, wo Hiob selbst
ese Eigenschaften beigelegt werden, und c. 1, 8. 2, 3,
o Gott sogar ihm dieselben zugesteht; aus dem Ausdruck
ht dort zugleich hervor, was auch sonst ersichtlich, dafs,
»schon nicht in gleichem Grade wie Hiob, auch andere
'enschen sie besitzen. Dafs Hiob selbst sich diese Eigen-
thaften zuspricht, braucht nicht erst bewiesen su werden.
araus folgt, dafs jedenfalls Hiob nach dem von ihm an-
eführten Ausspruch Gottes weise ist, die in cap. 28 ge-
ıchte Weisheit besitzt und sie längst besessen hat, ehe
r in dieser Rede tiber sie sprach. Er mufs sich selbst
essen nicht bewulst gewesen sein, denn sonst könnte er
icht in v. 13 sagen, dafs kein Mensch den Weg zu ihr
isse, und ferner, dafs sie in der ganzen Schöpfung nicht
a finden sei. Weil sie nach einem bloisen Namen suchten,
sssen Inhalt sie nicht kannten, deshalb haben alle Ge-
*) ea, die stets im unserem Capitol mit Igyy} gekoppelt vor-
omm¢t, aufser in v. 18.
930 ‘Budde, die Capitel 27 und 28
schöpfe sie nicht finden können. Dafs Gottesfurcht und {'
Meiden des Bösen gleichwerthig mit der Weisheit seien, |'
ist demnach die neue, überraschende Erkenntnifs, mittel |
deren das Räthsel dieser Rede gelöst wird. Vor allew |
aber müssen die grofsen Räthsel des Lebens Hiob’s danı
gelöst sein. Er ist sich fortan bewulst, den gröfsten Schats
zu besitzen, den eın Mensch haben kann (vgl. v. 15—19):
was kann ihm zum höchsten Glücke, zum Ideal mensch-
licher Lebensgestaltung noch fehlen? Welche Frage,
welches Räthsel kann ihn fortan noch quälen, da er den
Schlüssel zu allen, die Weisheit selber, besitzt?!) Ich
brauche nicht fortzufabren; die Behandlung der folgenden
Capitel, 29—-31, wie sie im Anschluß an 27, 8—10 oben
gegeben wurde, reicht vollständig aus, um durch alle diese
Berechnungen einen Strich zu machen, und daraus folgt
mit Nothwendigkeit, dafs der Ansatz falsch war, dafs Furcht
Gottes und Meiden des Bösen eben nicht die Weisheit ist,
die mit den übrigen Menschen Hiob vergeblich gesucht
hat*). — Zu demselben Ergebnifs führt eine andere Er-
wägung. Setzen wir die Worte von v. 28 in die nächst
vorhergehenden vv. 23—27 ein, so fragt sich, ob die in
v. 2b. 26 genannten Werke auch Werke der Gottesfurcht
sind? Unmöglich. Und doch sind es Werke eben der
selben Weisheit, die von v. 12 an gemeint ist, wie denn
v. 23 blofs mit dem Suffix die Begriffe Mo»r und 93 aus
v. 20 anzieht, von denen inzwischen v. 21 f. noch ganz in
1) Getrost darf man alles hier einfügen, was in Prov. 8 von den
Früchten der Weisheit aufgezählt wird.
*) Die Berechtigung dieser Bohlüsse wird durch keine mögliche
oder unmögliche Beziehung der ganzen Rede umgostolsen. Möge auch
die Rede nur sur Erklärung des Geschickes der Frevier (27, 13 fi.)
da sein oder su Nutz und Frommen beliebiger Personen : immer gilt
ibr Ergebnifs für alle Menschen und kann daher auch auf Hiob An-
wendung finden. Palst sie auf ihn nicht, so ist das Räthsel eben nicht
gelöst,
des Buches Hiob. 981
der Weise von v. 13 f. versichert haben, dafs die Vögel,
alle Lebewesen, Abgrund und Tod ihre Stätte nicht
kennen’). In c. 38 ff. verlangt Gott von Hiob Antwort
auf eine Menge von Fragen, die er müsse geben können,
wenn er im Besitze von Erkenntnils sei (v. 43 NYT OR,
die stehende Parallele von "nom in cap. 28). Auch auf
diese Fragen giebt die Gottesfurcht keine Antwort, ja
Gott scheint hier sein eigenes Wort in 28, 28, das dem
Hiob Weisheit suspricht, Lügen zu strafen. — Demnach
Behauptet Hiob tn v. 28, dale Gott dem Menschen unter
dem Namen der Weisheit an ihrer Statt etwas Anderes ge-
geben habe, was sich nicht mit der Weisheit deckt.
Ehe wir zu näherer Beleuchtung dieses Ergebnisses
übergehen, werden noch andere Versuche zu besprechen
sein, die an einer so bedenklichen Auffassung vorbeizu-
kommen meinen.
In seiner Art sehr fein ist gewils der von Delitzsch
soweit ich sehen kann nicht nur vertretene, sondern auch
gefundene Erklärungsversuch. Hier wird klar, warum er
in der p>r1, wie oben besprochen, die göttliche Idealwelt
sehen will, den einheitlichen Complex (also auch die Summe)
aller der Ideen, welche die Wahrheit der Creaturen und
das Ziel ihrer Entwicklung sind. Denn danach ist die
Weisheit einem jeden Geschöpfe bei der Schöpfung bereits
angeboren, weil in ihm verwirklicht, aber derart, dafs die
ganze mögliche Weisheit, die ein Geschöpf erhalten kann,
eben nichts ist als seine eigene Idee aus jenem Complex
der Ideen heraus. Ist somit jene Deutung von mar richtig
und können die in v. 28 dafür gegebenen Werthe als die
„Idee“ des Menschen gelten, so stimmt v. 28 mit dem Vor-
hergehenden : der Mensch hat seine ganze Weisheit erhalten.
Nun hat überhaupt wohl die ganze platonisehe Ideenlehre
*) Dies gilt gegen alle diejenigen, die den Begriff der Weisheit
von v. 12-32 anders fasson möchten als in den folgenden Versen.
288 Budde, die Capitel 27 und 38
mit unserem Buche und Abschnitt wenig zu thun. Deals
es Delitzsch selbst nicht gelingt, in Uebereinstimmung
mit sich seine Theorie auf die verschiedenen Stellen anzu-
wenden, haben wir oben gesehen. Hier dürfte es sehr
schwer fallen, Furcht Gottes und Meiden des Bösen ge-
radesu als die in der Schöpfung durch den Demiurgos-
Logos verwirklichte Idee des Menschen zu begreifen, ds
sie doch jedenfalls nur Eigenschaften dieser Idee, wenn
auch die höchststehenden, darstellen könnten. Aber jeder
Versuch, diesen Begriff der marı anderwärts einzusetzen,
milslingt. Wie können DYM und DO! sagen „die Weisheit
ist nicht in oder bei mir“, wenn doch thre ganse Weoishett
in ihnen verkörpert sein mufs und unmöglich noch, wie
bei dem Menschen etwa, einer durch freie Willensthat sa
erringenden Ergänzung oder Verwirklichung bedarf? Wie
kann dann gesagt werden, dafs sie auf der ganzen Erde
nicht zu finden sei? Diese Beispiele sind abthuend. Mag
der Mensch nach etwas suchen auf den blofsen Namen
hin, ohne zu wissen, dafs er das Gesuchte in sich selbst
trägt : wenn unpersönliche Schöpfungsgebiete personificirt
werden und reden, so müssen sie damit ihr ganzes Wesen
kund thun, wie es wirklich ist, d. h. wie der es ansieht,
der sie reden heilst, hier also Hiob; und dieser selbst sagt
ja von der Lebewelt aus, dafs die Weisheit in ihr nicht
gefunden werde. Also hat er an eine solche Weisheit gar
nicht gedacht, auch ist sie aus keinem Verse herauszulesen,
nicht einmal bei der Delitzsch’schen Fassung der Verba
aus v. 27. Nicht passiv, sondern aktiv ist die vom Dichter
gemeinte Weisheit, sie schliefst sich nicht ab in den Grensen
des einzelnen Geschipfes, sondern ist selbst eine Fähigkeit
der Einwirkung auf andere Geschöpfe bis zur Regierung
der ganzen Welt hinauf.
Eine andere Auffassung, die ebenfalls den Schlufs zu
vermeiden sucht, dafs in dem Ausspruch Gottes etwas
Anderes an die Stelle der Weisheit gesetzt werde, erkennt
des Buches Hiob. 233
‘ in der Furcht des Herrn und dem Meiden des Bösen den
Weg, das Mittel, um zum Besitz der Weisheit zu gelangen.
Sie läfst sich weit zurück verfolgen, als wichtigste Ver-
treter in unserer Zeit mögen hier Ewald, Schlott-
mann, Hengstenberg, Dillmann, H. Schultz ge
nannt werden. Dafs sie stets viele Vertreter, besonders
auch in der sogenannten praktischen Exegese hatte, be-
greift sich leicht : sie ist einerseite die tröstlichste, weil
sie statt Verzicht Hoffnung gewährt, und andererseits läfst
sie sich am leichtesten mit anderen Schriftstellen, beson-
ders im Buche der Sprüche, in Einklang bringen. Ich
werde ihr an der Hand von Dillmann’s Auslegung nach-
gehen müssen, da er der Einzige ist, der ausführlicher für
dieselbe eintritt. Allerdings mufs ich gestehen, dafs ich
dies höchst ungern thue, weil es mir gerade hier nicht
gelingen will, eine geschlossene, klare und widerspruchs-
lose Auffassung bei ihm zu finden. Um sicher zu gehen,
werde ich stets seine eigenen Worte anführen und mufs
den Leser ausdrücklich noch auf das Buch selbst verweisen,
damit ich nicht des Mifsverständnisses beschuldigt werde.
Mein Recht, Dillmann’s Ansicht hier einzureihen,
leite ich aus felgenden Stellen ab. Er sagt S. 243 : Die
Weisheit im vollen und- höchsten Sinne . . . finde sich nur
in und bei Gott, „der Mensch könne ihrer und ihrer Güter
nicht anders theilhaftig werden als in der Einheit mit Gott,
durch Furcht Gottes und Meiden des Bösen.“ Aehniich
8. 249 : „die vom Menschen anzueignende Weisheit werde
als ein Gut beschrieben, das der Mensch nicht wie andere
Güter in der sinnlichen Welt, sondern nur von und bei
Gott, der im Alleinbesits der vollen Weisheit ist, erwerben
kann durch Gottesfurckt“. So endlich mit schlichten
Worten 8. 256 : „schon ale er (Gott) ursprünglich diese
Ordnung schuf, hat er nach ihrem (der Weisheit) Muster
geschaffen, und damals auch dem Menschen den Weg be-
234 Budde, die Capitel 37 und 28
stimmt, auf dem für thn die Weisheit zu finden ist, stulig ‚
die Furcht Gottes.*
Es wird also hier die Furcht Gottes nicht als mit de I,
Weisheit, des Menschen Weisheit, eins aufgefalst, send
von ihr unterschieden als der Weg zu ihr, das Mittel =
ihr zu gelangen. Und wenn nun Dillmann (ebenhh
auf 8. 254) die Weisheit als „die Fähigkeit des richtigm
Denkens und Handelns® und damit „die rechte Kunst ds
glückseligen Lebens“ bezeichnet, so ist nach v. 28 &
Gottesfurcht Weg und Mittel su dieser Fähigkeit, a
dieser Kunst. Es leuchtet ein, wie gut diese Auffassuy
zu den bekannten Stellen des Buches der Sprüche pik
(Prov. 9, 10. 1, 7. 3, 5 ff, vgl. Ps. 111, 10), wie dm
dort überall die Erwerbbarkeit der Weisheit mit den hid- |
sten Attributen und Prämien auf sittlich-religiösem Weg
behauptet wird. Aber da steht auch die Weisheit auf de
Gasse, predigt und bietet sich zum Kaufe an, da wil
auch von solchen geredet, die die Weisheit besitzen. Fer
ist dort der Glaube an gerechte und gleiche Vergeltung
der Frömmigkeit wie der Gottlosigkeit durchaus ungestört,
nicht der geringste Zweifel ist aufgestiegen, dals nict
der Gottesfürchtige unbedingtes Lebensglück zu gewir
tigen habe. Und ebendort wird mit klaren Worten ge
sagt, dals die Gottesfurcht eben der Anfang der Weich
(men, brn) sei. Von alledem ist hier gar nichts m
lesen. Wo will man im Texte finden, dafs die Gotte
furcht nur der Weg sur Weisheit, nicht die Weishat
selber sei? Hätte nieht gerade hier der Dichter möglichst
deutlich reden müssen, nachdem er in v. 12 ff. ganz anden,
als in jenen Spruchstellen geschieht, die Unfindbarkeit der
Weisheit für alle Geschöpfe aufs nachdrücklichste behauptet
hatte?!) Und nachdem in v. 23 gesagt war, dafs Gott
N) Dafs Sprüche und Hiob ganz auf einer Ntufe stehen, wird aller:
dings oft genug als selbstvorständlich betrachtet, so wenn Delitzsch
236 Budde, die Capitel 37 und 28
Mit diesen letsten Aussagen sind wir wieder bei dem
Ausgang angelangt, der schlichten Auffassung der Worte
des Verses, nach welcher eben in dem Beschetde Gottes un
den Menschen die Gottesfurcht für die Weisheit eingesetzt
wird : „Gott hat dem Menschen als sein Gesets bestimmt,
dafs für ihn Gottesfurcht Weisheit sei*. Liegt bei dieser
Fassung der Begriff „Gesets, Ordnung” deutlich in dem
own, das als Bescheid und Willensäufserung Gottes den-
selben allerdings in sich schliefst, so schliefst Giese-
brecht seine Untersuchung mit einer Formel, die zwar
inhaltlich ganz dasselbe sagt, aber su gleicher Zeit noch
bei Thoresschlufs das Zugeständnifs su vermeiden bestimmt
handelnd sein Lebensgltick begründen, aber nur indem er an der Gottes
furcht festhalt.© Der ven uns cursiv gedruckte Sats geht doch in das
Gebiet des Intelligiblen ein, ja er eröffnet dem Menschen sogar dit
Aussicht auf das Verständnifs des Weltsusammenhangs, auf die Be
antwortung von Fragen wie die des cap. 88. Das wird nach dea
Protesten auf 8. 249 und 254 Niemand aus Dillmann's Definition
„Prinzip oder Kunst des rechten Denkens und Handelns“ herausleses.
Wenn ferner Dillmann in der suletst im Texte angeführten Stelle
auch die Delitssch'sche Auffassung streift oder mithinsanimast, so
geht andererseits Delitssoh, nachdem er eben die Weisheit als die
göttliche Idealwelt bestimmt, nach deren Muster Gott darch den Logos
geschaffen hat, dasu über (8. 342), unseren Vers mit dem „die Furcht
Gottes ist der Weisheit Anfang" gleichsusetsen und demnach, soweit
ich seheu kann, eine ganz andere Auffassung su vertreten. Da mag
denn auch noch Smend genanut werden, der, nachdem er eben davon
gesprochen, wie Gott fürchten und seinem Willen gemäfs leben die
dem Menschen von Gott verordnete Weisheit sei, mich auf die von ihm
dargelegte, von Delitssch und Dillmann vertretene Auffassung
von ©. 27. 28 verweist, mit der ich mich hätte auseinandersetzen
müssen. Dafs Dillmann's und Delitssch's Ansichten nicht ohne
weiteres gleichzusetzen sind, glaube ich geseigt su haben; Smead
scheint sich dessen nicht bewufst sa sein, und doch stimmt wiederum
seine Auffassung von v. 28 nur mit den letstgenannten Btellen Dill
maan's überein. Ich bemerke übrigens ausdrücklich, dafs ich eine
so eingehende Analyse der Erklärungen von Delitssch und Dill-
mann gerne vermieden hätte, mich aber durch Bmend’s Verweisung
und Verweis dasu genöthigt sah.
an Dun Enh.
35
= den vr rere eed DE “> beer „Suhuesut", whe
mig penne Behäupmg" S ai) Em Ue
ang dus x. 38 würde demach etun bee - „Umä
ıch zum Meche : Furcht des Hare des mt Dem
wad des Bie wade Dee Bec”. De
dee Wen “eon m v. Bo andes seiko ab =
n Cappel, lene Giesebrecht ler ae 8S 33
lich ss der Artärllssigheit demselben ah, a ward
b za umussuchen sein, wie os mich dam vurkäß.
‚che mt, dete wir m v. 12 and 3D unseren Cops
| lemme. Auferden fader dee Wer sch mx dem
| 1 Km: 14, we der Artikel demesumtiv zuch
a we, 2 Coren 1, I2, we er eho rückwärts
und Keel <, 12 2 mal) 19, we der Arıkel sbem-
echt dameustratx aufzunehmen schol, womgesems
' Begriff ans mx dem der artikel "oon mv. 11
amd alle Seelen auchigft Im gave Buche der
ba, wo „ie Weishnit® so schsef gunsichmet persemi-
sufırıtt, findet sich der Artikel mickt cm emmigus
md dech angt sie, dal sie der Werkmssser Goto
r Schöpfung gewerrn. Aber Giesebdrecht stam
uf den Geizuuch dss Buches Hırb allem =a
zum allem die Weciemung des Artikel ae su wıch-
Dichters kermmeschnen soli : weshalb Emden wir m
das Wert chonialls chee Artikel, wo dech werkeciuem
'Uchrigeme def Giessbrocht dame Ing cheikh —_
we geht (vgi & DE;
238 Budde, die Capitel 27 und 28
v. 12 und 20 der unveränderte Begriff gesichert ist?
Giesebrecht belehrt uns 8. 19, dafs hier mit der Ar
tikellosigkeit der erste Begriff der Wortverbindung, dss
Wort 79/9, getroffen werde, weil nur hypothetisch voa
„einem Weisheitsbesitz® geredet werden solle. Wenn abe
der Verf. dies wollte und zugleich in v. 28 so grofses mit
der Artikellosigkeit von mar vor hatte, so hätte er aim |
Wortverbindung vermeiden müssen, die ihm nothwendig |
das eine oder das andere unmöglich machte. Dafs es aber
mit diesem hypothetischen Werth von 'n WW nichts ist,
haben wir bereits oben gesehen. Wie ferner mar in v. 18,
so steht der Parallelbegriff 32 überall, in v. 12, 20, 38
obne Artikel, und wollte man die jedesmal folgenden
Suffixe streng an das letzte Beziehungswort anknüpfen
lassen, so handelte es sich im folgenden immer um das
bedenkliche artikellose 92. Nun steht allerdings my3 in
12 und 28 abhängig von OWp, und so könnte Giese
brecht etwa auch hier den bei v. 18 gemachten Erkls-
rungsversuch wagen; aber dafs der Otpy nicht hypothetisch
ist, sondern wirklich existirt (wie ebendort ungenannt auch
der 'n we), beweist ja deutlich v. 23, eine Determination
des nomen regens brauchte also hier durchaus nicht ver-
mieden zu werden. Lassen sich also besondere Gründe
für das Fehlen des Artikels an keiner dieser Stellen aus-
findig machen, so ist das Ergebnifs einfach, dals "yon ab-
gesehen von v. 28 in unserem Capitel zweimal mit, einmal
ohne Artikel steht, der Parallelbegriff my3 zweimal nur
ohne Artikel, dafs also die Artikellosigkeit überwiegt. Und
das ist im B. Hiob wie in der ganzen hebräischen Poesie
überhaupt der Fall (vgl. jede Grammatik). Soll eines von
beiden erklärt werden, so bedarf die Artikelsetsung, nicht
das Fehlen desselben, hier einer Erklärung. In v. 12 trägt
'n den Artikel, weil es stark betont und, in entschiedenem
Gegensatz gegen einen ganzen Abschnitt, zu Anfang steht’).
4) Vgl. ähnlich EyRD I 26, 6.
240 Budde, die Capitel 27 und 38
schaft, durch deren Besitz er selbständig das Wesen der
Dinge und Erscheinungen erkennen und ihren Gang nach
seinem Willen lenken könnte; vielmehr soll der Mensch
in demüthiger Abhängigkeit von Gott und Gehorsam gegen
ihn aus seinem Munde alle Wahrheit, aus seiner Hand
alles Gute und Behütung vor dem Uebel erwarten. So
ist die Furcht des Herrn nicht der Weg, das Mittel sum
Erwerb der Weisheit, sondern statt der Weisheit das
Mittel zu Erkenntnils und Glück. Und das ist nıcht ar
mal im Ergebnils dasselbe. Denn könnten wir durch
Gottesfurcht in den Besitz der Weisheit gelangen, so wire
doch mit diesem Besitz und von diesem Augenblick aa
die Erwerbung von Erkenntnife und Glück ohne Angabe
von Schranken in unsere eigenen Hände gelegt : ist aber
die Furcht Gottes unmittelbares Werkzeug, so ist das
Mafs der zu erlangenden Güter einsig und allein in Gottes
Willen zu erkennen, der Mensch verhält sich blofs leidend.
Damit tritt das Buch Hiob allerdings in Gegensatz
gegen das Buch der Sprüche, insbesondere c. 1—¥Y. Denn
wohl wird auch dort die Weisheit nirgends von dem Ver-
halten des Menschen zu Gott losgelöst (cf. dagegen c. 3, 7):
aber, wenn die Gottesfurcht als Anfang der Weisheit uns
entgegentritt, so ist damit ebenso wie mit ihrem ganzen
selbstbewufsten Auftreten der Weisheit doch ein eigen-
thümlicher, überragender Werth zugeschrieben; sie wird
doch bewufst gehandhabtes Werkzeug des Menschen, die
Gottesfurcht ist wohl unumgängliche Bedingung, aber sie
umspannt keineswegs den Umfang und erschöpft nicht das
Können der Weisheit'). So werden denn auch immer
1) In dieser Ausführung stimme ich im allgemeinen mit Merz
überein (8. XLII ff.). Seiner Aufstellung aber, als wenn die Gotter
furcht in den Sprüchen als Erstlingsfrucht der Weisheit beseichact
würde, vermag ich mich nicht anzuschliefsen. Dagegen spricht sehon
deutlich das p5pym, das 9, 10 für mya gebraucht wird, sowie des
"
t
|
'
des Buches Hiob. 241
wieder dem Menschen die köstlichen Früchte der Weisheit
in ihrem ganzen Umfang verheifsen, von einem Wider-
spruch zwischen Saat und Ernte ist nirgends die Rede.
Gegen diese Lehre, die sich, natürlich nur in der Theorie,
mit der der Freunde und Hiob’s eigener in der Vergan-
genheit deckt, zieht Hiob zu Felde, und er thut dies vor
| allem, indem er den weit verbreiteten Elementarspruch ,die
Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang*') nach seiner ab-
weichenden Ansicht herrichtet. Unerbittlich schneidet er
hinter der Furcht Gottes alles weitere ab : wer über sie
hinaus noch weiteres sucht oder gar su besitzen glaubt,
der tappt ins Leere und wird früh genug enttäuscht werden,
weil er gegen Gottes Willen und Ordnung handelt. In
ähnlicher Weise erscheint auch der andere Schwesterspruch
c. 3, 7 in Hiob 28, 28 weitergebildet und verändert. Es
heifst dort :
„Halte dich nicht selbst für weise : (HPD OOM TRYR)
Rürchte Jahve und meide das Böse!“
Der ganze Zusammenhang zeigt dort, wie der eingebildeten
Weisheit aus eigenem Vermögen die im Anschlufs an Gott
zu erreichende und erreichte (v. 13) entgegengehalten wird;
parallele Glied 43:5 wi Ay, wo von Frucht gar nicht die Rede
ist. Halt man diesen Vers mit c. 2, 5 susammen, mit dem Merx
seine Auffassung begründet, so ergiebt sich eine genaue Uebereinstim-
mung in dem Aufsteigen von Y’ı pe zu ‘ON Dy"- Das Suchen nach
Weisheit (2, 2—4) wird allerdings sur Gottesfurcht als ihrem Anfang,
und dann im weiteren Verlauf sur Erkenntnifs Gottes als ihrem Wesen
führen ; nicht aber sagt der Text, dafs die Furcht Gottes Frucht der
bereits errangenen und bosessenen -Weisheit ist. — Ebensowenig kann
joh der Zeitbestimmung für beide Bücher beipflichten, die Merx ge-
winnt, indem er als sugestanden annimmt, dafs Jeremia 20 von Hiob 8
abhängig sei. Das Gegentheil ist richtig.
1) Boweit nar steht derselbe mit gans unwesentlichen Varianten
fost, das zweite Glied liegt in drei stark von einander abweichenden
Wendungen vor. Immerhin erscheint die von Prov. 9, 10 durch 2, 5
gestütst, und leicht möglich bleibt es, dafs Hiob auch dieses Glied in
28b in noch stärkerer Abschwächung bringt.
Zeitschrift f. d. alttest. Wise. Jahrgang 3. 1883. 16
249 Budde, die Capitel 37 und 28
das Mittel zu ihrer Erreichung aber ist Gottesfurcht. Bei
Hiob aber ist die Gottesfurcht die zu erreichende Weisheit
selbst : ein neuer Anfang, ein neues Werden, wird damit
geleugnet, das von Gott zu Erwartende ist schon erschöpft.
Der umgekehrte Fortschritt, von Hiob zu den Sprüchen, der
meistens als selbstverständlich angenommen wird, scheint
mir unvollsiehbar.
Noch zweierlei bleibt zu erörtern : in welcher Be
ziehung dieses Endergebnils zu dem Vorigen, speciell su
c. 27, steht, und welchen Werth es demgemiifs für Hiob
selbst und die Idee des Buches hat.
Soviel ist klar, dafs, wenn c. 38 so urplötslich vn
der Weisheit handelt, in dem Vorhergehenden irgend ein
Zweck gesetzt sein mufs, zu dessen Erreichung man der
Weisheit bedarf oder zu bedürfen glaubt'). Die erste
Frage lautet also : von wem und wozu sollte. die Weisheit,
falls sie gefunden wurde, in diesem Zusammenhang benutst
werden? Nur zwei Antworten stehen einander hier gegen-
über. Die eine von Delitzsch, Dillmann a. s. w,
wonach die Weisheit, falls sie zu finden wäre, dem Goti-
losen etwa das Mittel werden könnte, ohne und trots Gott
sein Leben glücklich zu gestalten. Die andere von allen
übrigeu Auslegern, wenn auch mehr oder weniger scharf
und umfassend : zur Lösung des Räthsels in Hiob’s Leben,
des Leidens des Gerechten.
Die erste der beiden Auffassungen empfiehlt sich
scheinbar durch eine sehr einfache äufsere Verknüpfung
des cap. 28 mit dem vorhergehenden ; das beginnende 3
führt den Grund für die letztausgesprochene Behauptung ein :
„(c.27, 13—23) der Gottlose mus untergehen (c. 28), weil er
. sich selbst des einzigen Weges zum Glück begeben hat.“ Das
1) Die Echtheit wird hier vorausgesetzt, and als erwiesen betrachtet,
wenn es gelingt, den Zusammenhang vollkommen zu begreifen.
des Buches Hiob. 243
leuchtet sehr ein, aber um den Inhalt von c. 28 in diesen
kürzesten Satz zu fassen, mufs man alles Grofse darin
klein und alles Kleine grofs machen. Zunächst fehlt es
für eine so individuelle Beziehung an allen nöthigen In-
dividualisirungen, da vielmehr alles so allgemein wie mög-
lich gehalten ist. Nichts deutet in dem Capitel an, dals
der Gottlose es ist, der Schätze erwirbt, der die Weisheit
sucht und nicht findet; nichts, dafs die Weisheit dienen
soll, Lebensglück zu erlangen oder das erlangte zu sichern !);
nichts, dafs das Endergebnifs den Gottlosen vernichtend
trifft. Man wird einwenden, dafs das ja im Vorhergehen-
dem gegeben ist, dafs man sich nur zu erinnern brauche,
wie das ganze cap. 28 nur der Begründung davon diene,
um sogleich überall das richtige Subjekt, den richtigen
Zweck, die richtige Schlufsfolge einzusetzen. Nun bietet
aber auch der vorhergehende Abschnitt gerade zu der
eigenartigen Fassung von c. 28 gar zu wenig Analogieen.
Eine solche will freilich Delitzsch aufweisen und glaubt
in ihr eine wesentliche Verstärkung seiner Auffassung zu
finden. Die Schätze, die nach c. 28, 1—11 der Mensch der
Erde abzuringen und abzutrotzen weils, sollen zurück-
weisen auf die von dem Gottlosen nach 27, 16 f. aufge-
häuften Reichthümer, und so soll dieser Abschnitt erklären,
wie.der Gottlose diese Schätze als irdische wohl zu er-
werben im Stande ist, die Weisheit aber u. s. w. Aber
diese Beriehung ist keineswegs sv leicht. Cap. 28, 1—11
schildern die Gewinnung von Schitzen durch Fleifs, Muth
und Anstrengung, wihrend der Reiche in 27, 13—23 schon
im ersten Verse als yoy, als Gewaltthitiger gekennzeichnet
wird und die nächsten Verse es noch deutlicher machen,
wie er keineswegs der Erde ihre Schätze raubt. In c. 28
1, Obgleich dafür die volksthümlichen Aussagen ebensogut aus
geprägt vorlagen (oder leicht zu finden waren), wie für die abstrakte
Kostbarkeit im Vergleich mit allerlei edien Metallen und Steinen.
1A%
(244 Budde, die Capitel 37 und 28
ist nur von Schitzen der Erde die Rede, im c. 27 tritt
neben dem Silber in demselben Verse der Reichthum an
kostbaren Gewändern auf. So ist denn auch hier unter
dem einzigen 90> baar Geld, nicht das Edelmetall als |
solches zu verstehen, während c. 28 die Schätze der Erde
möglichst erschöpfend aufsihlt. Der Reichthum an Hab
und Gut ist in c. 27 auch nur ein Theil von dem (Hücke
des Gottlosen : auch ihm sogar wird zugetraut, dafs ihm
das köstlichste Gut seine Kinder sind (vgl. v. 14), und
dieses Gut vermag er doch so wenig zu erwerben wie zn
bewahren, sodals der Abschnitt 0.28, 1—11 die Erwerbbarkeit
der irdischen Güter von Seiten des Frevlers durchaus nicht
zu begründen im Stande ist. Vielmehr gehört die Annahme
von Glück und Reichthum des Frevlers, von einem üppigen
Scheingedeihen, mit in die Schilderung hinein, um einen
desto jäheren und tieferen Sturs möglich zu machen (vgl
schon c. 5, 3 ff. 8, 11 ff.), und ist vollends, wie ich glaube
nachgewiesen zu haben, v. 13—23 eigens für den Gebrauch
der Freunde geschrieben, so darf man vielleicht in der
Schilderung des reich-behaglichen Lebens, dem Kinder-
besitz u. s. w. einen besonderen Seitenblick auf sie im
Vergleich mit dem seiner Habe und seiner Kinder beraubten
Hiob erkennen. Endlich liegt, worauf Giesebrecht
schon hingewiesen hat (S. 43), in 28, 1—11 der Nachdruck
neben der Kostbarkeit, welche das Suchen lohnt, vor allem
auf der Verborgenheit dieser Schätze, auf der Ueberwin-
dung der Schwierigkeit, der Enthüllung des Geheimnisses,
und dazu bietet c. 27 nicht den geringsten verwandten
Zug. — Bleibt so von diesem Bindeglied schwerlich etwas
Brauchbares übrig, so fehlt es an weiteren völlig. Vor
allem die Weisheit schwebt, auf c. 27 bezogen, ganz in
der Luft; nicht das mindeste in c. 27 weist auf die Ein-
führung dieses neuen Begriffes hin. Und doch wäre es
eine leichte Sache gewesen darauf vorzubereiten. Der
Gottlose, der seinen Gott weggeworfen, ist selbst gewils
des Buches Hiob. 945
überzeugt, weise genug zu sein und sein Lebensglück aus
eigener Kraft begründen zu können. Warum nun nicht
eine derartige Aeufserung, wie der Verfasser solche sonst so
geschickt anzubringen weils ?') Dann hätte man die Rich-
tung erkannt, in welcher die Weisheit Verwendung finden
sollte, und sehr schön hätte sich dann die klägliche Ent-
täuschung des Frevlers zeichnen lassen, wenn sich heraus-
stellte, dafs er dennoch die Weisheit nicht gefunden habe,
noch jemals finden kinne*). So fehlt für den Begriff der
Weisheit und ebenso für den des Verborgenen, des Suchens
und Suchenden in c. 27, 13 ff. jede Vorbereitung und Ver-
mittlung, wie umgekehrt jede Beziehung in c. 28 auf die
im Vorigen herrschenden Begriffe des Freviers und des
Lebensglückes. Cap. 28 ist nicht nach rückwärts ange
schlossen, sondern schliefst sich in seinem ganzen Aufbau
nach innen ab : mit einer selbständigen, nach innen ver-
weisenden Vorhalle, der Beschreibung des Bergbaues
v. 1-11; dem gewaltigen Hauptbau, der resignirenden
Lobpreisung der Weisheit v. 12-27; dem kurzen, ge
drückten Abschlufs in Gottes Ausspruch v. 28%). — Und
dieser gewaltige Bau endlich kann schon an sich nicht an
einen so kleinen Zweck verschwendet sein, wie dies die
Begründung für den Untergang des Frevlers immerhin
wäre. Man legt ja so grolses Gewicht darauf, dals beson-
ders in c. 28 das Versprechen Hiob’s die Freunde zu be-
lehren glänzend eingelöst werde. Ist es denn aber für die
Freunde eine so neue Erkenntnifs, dafs der Mensch kein
Mittel besitzt, sein Lebensglück abgelöst von Gott zu
1) Vgl. ähnliches 21, 14 f. 22, 17.
*) So würde es, wie mir scheint, der Darstellung des Frevlers als
eines „Faust, getrieben von unersättlichem Wissensdurste und kühn-
stem Erkenntnifsmuthe* (vgl. Wellhausen 8. 541) nicht einmal
bedürfen. Doch ist ja von dem allen hier gar nichts zu finden.
*) Vgl. hierzu auch Giesebrecht A 42 f.
946 Budde, die Capitel 37 und 28
schaffen? Und ist dies Capitel, so aufgefafst, wirklich
eine Begründung für den Sats vom Untergang des Frev.
lers, oder ist es nicht vielmehr nur eine neue Behauptung
auf Grund des alten Postulates eines allmächtigen und »
gleich gerechten Gottes, das sich Hiob trots aller gege-
theiligen Thatsachen immer wieder aufdrängt, den Frem |
den nie abhanden gekommen ist? Der ganze Inhalt von
c. 28 ist dann schon vorweggenommen durch c. 27, v. 8-10
in denen eben auf Grund jenes Postulates ein für allemal
geleugnet wird, dafs der Frevler sei es äufseres Glück!)
sei es inneres sich für die Dauer schaffen könne. Ene
weiteren Begründung für diese Aussage bedarf es nicht,
wie schon die Form von v. 8—10 anzeigt, eben weil sie
auf dem Postulate eines allmichtigen und gerechten Gotta
beruht*). Diese Verschwendung eines so grofsen und mit
so viel Sorgfalt -und Kunst gearbeiteten Abschnitts läßt
sich unmöglich verdecken oder ausgleichen durch Nebea-
zwecke, denen das Capitel in weiterer Verfolgung des Ge
gebenen dienen soll, wie sowohl Delitzsch (8. 354) ak
Dillmann (8. 249) behaupten. Delitzsch läfst Hiob
damit zugleich beweisen, dafs er, der inmitten seines Lei-
dens an der Gottesfurcht festhalte (mit Bezug auf 27,
8—10), kein 99 sein könne, Dillmann läfst ihn mit-
telbar aus demselben Grunde beweisen, dals er das Schicksal
des Frevlers nicht erleiden könne, vielmehr noch Grund
zur Hoffnung habe. Sofern beide Gedankenreihen auf der
eigenthümlichen, beiden gemeinschaftlichen Auffassung von
27, 8—10 beruhen, sind sie mit dieser vben widerlegt. Wie
künstlich und fein beide sind, geht schon aus der grofsen
Verschiedenheit ihrer Ergebnisse hervor : auf derselben
Grundlage baut sich derselbe Satz auf, und mit ihm m.
') Denn dafs auch dies ihm nicht bleibe, liegt deutlich in v. 8. 9
ausgesprochen.
*) Vgl. dazu Giesebrecht 8. 45.
des Buches Hiob. 247.
gleich ergiebt sich hier der eine, dort der andere Sats,
Beren jeder nach verschiedenen Seiten hin geeignet ist,
Mem ganzen Stücke eine entscheidende Bedeutung für den
Olang der Verhandlung erst zu sichern. Denn dafs in
Diesem mittelbaren Ergebnifse in Wirklichkeit die Haupt-
mache enthalten ist, giebt Delitzsch ausdrücklich zu,
‘wenn er sagt, dafs Hiob damit den eigentlichen Endeweck
seiner angekündigten Belehrung erreiche : wievielmehr gilt
das von dem Dillmann’schen Satze, nach welchem sich
Hiob hier sogar zur Hoffnung aufschwingt! Aber auch
Delitzsch verfolgt den dünnen Gedankenfaden noch viel
weiter, als dies in der oben angezogenen Stelle geschieht.
Er schliefst die Behandlung des ganzen Abschnittes mit
den Worten : „Der Abschnitt c. 28 hat zunächst den Zweck,
die Aussage tiber das Strafgeschick der Frevler 27, 13—23
zu begründen, die Begründung ist aber zugleich nach der
feinen Anlage dieses Dichterwerks ein Bekenntnifs, welches
die Antinomie, auf deren Enträthselung das Buch abzielt,
zwar unenträthselt läfst, aber doch ihre beunruhigenden
Wirkungen überwindet. Dieses Loblied auf die Weisheit
ist Job’s Darlegung seines obersten Grundsatzes, in welchem
These und Antithese zu vorläufiger Versöhnung gelangen.
Hat sein Leben eine solche Basis, so ist sein Leiden un-
möglich das Strafleiden des Gottlosen. Und ist Gottes-
farcht die dem Menschen angewiesene Weisheit, so giebt
er sich selbst damit die Lehre, dafs er, wenn auch unver-
mögend, das Geheimnils seines Leidens su durchschauen,
doch an der Gottesfurcht zu halten hat, und den Freunden,
dafs sie dasselbe thun und nicht, um das Geheimnifs auf-
zuheben, sich gegen thn, den Leidenden, ungerechtem Llieb-
losem Wahne hingeben. Das Schlufswort Jobs, welches
zunächst beweisen will, dafs den welcher Gott nicht fürchtet
das verdiente Geschick eines von Gottes sittlicher Welt-
ordnung abtrünnigen Thoren trifft, beweist so zugleich,
dals das Leidensgeschick des Gottesfiirchtigen wesentlich
248 Budde, die Capitel 37 und 28
anders beurtheilt werden muls, als das des Gottlosen, und
damit ist auch schon der Weg zur wahren Lösung der An-
tinomie eröffnet.“ — Man sieht hieraus vor allem nur, wie
wenig eine Begründung für den Untergang des Frevlers
an dieser Stelle den bescheidensten Erwartungen entspricht,
wie viel noch zu wünschen übrig bleibt : aber dafs dies
alles aus der Begründung eines von den Gegnern nie be
zweifelten, von Hiob durch Postulat wiedergewonnenen
Satzes stillschweigend sich ergeben und also vom Leser
herausgelesen werden soll, wird Niemand so leicht zugeben.
Der Satz, dafs den Gottlosen das Verderben erreichen
mufs, kann höchstens den andern als ergänzenden Gegen-
satz nach sich ziehen, dafs dem Gerechten Glück müsse
zu Theil werden : und damit ist die Frage, um die es sich
handelt, nur von neuem aufgeworfen, in keiner Weise aber
der Lösung näher gebracht.
Will man wirklich in diesem Stücke etwas finden, was
die Hauptfrage des ganzen Buches angeht — und dazu
berechtigt schon seine Stelle und der grofse Nachdruck,
der augenscheinlich darauf ruht, dies Bedürfnifs sprechen
ja auch die Vertreter der zuletzt besprochenen Ansicht
aus — so mufs man es aufgeben, dasselbe in so enge
Fesseln zu schliefsen und eine andere Beziehung dafür
suchen als die auf 27, 13—23.
Da mit der Myon in c. 28 ein ganz neuer Begriff
in den nächsten Zusammenhang eintritt, so darf man gewils
erwarten, dals wenigstens weiterhin Anknüpfungspunkte
für dessen Beziehung sich finden werden, und man wird
darum gut thun, Wort und Begriff durch das Buch hin
rückwärts zu verfolgen, um aus dem früheren Vorkommen
womöglich Aufschlufs zu erhalten'). Da finden wir nun
1) Ich lasse die Reden Elihu’. hier unberäcksichtigt, um nur allge-
mein als beweiskräftig anerkannte Stellen su bieten. Sie würden
übrigens das aus den übrigen Stellen gewonnene Ergebnifs nur be
stätigen.
j
!
des Buches Hiob. 249
in c. 11, 6 bei Zophar den Wunsch, Gott selbst möge
seinen Mund aufthun und Hiob die tiefste Weisheit ver-
künden über das Verhältnifs seines Leidens zu seiner
Schuld'). c. 12, 2 rühmt Hiob ironisch, dafs mit den
Freunden die Weisheit aussterben werde, wieder in Beant-
wortung der Frage seines Leidens, und der Versicherung
in v. 3, dafs er damit nichts neues erfahre, steht zur Seite
c. 13, 2 „soviel wie Ihr (Dy9my13) weils ich auch.“ In
c. 13, 5 sagt Hiob, wenn die Freunde nur schweigen
wollten (zu dem vorliegenden Räthsel), so könnte man
ihnen das als Weisheit anrechnen. In c. 15, 2 nennt Eliphas
Hiob’s Ausführungen (über des Menschen Geschick und
seinen eigenen hoffnungslosen Untergang) windiges Wissen
(m my), eines Weisen unwürdig oder beweisend, dafs er
kein Weiser sei. In c. 20,3 spricht Zophar von seiner Ein-
sicht (772), nicht minder als bisher den Fall Hiobs be-
treffend. In c. 21, 22 fragt Hiob : will man Gott Er-
kenntnils (my) lehren?“ d. h. „will man ihn lehren, wie
er die Welt regieren soll“, womit der Sache nach die ver-
meintliche Einsicht der Freunde in die Weltregierung ver-
höhnt wird. In c. 26, 3 bedankt sich Hiob ironisch bei
Bildad, dafs er ihm, dem aller Weisheit baren mit der
seinigen beigesprungen sei, wieder mit Bezug auf seinen
Fall. In c. 38, 4 spricht Gott dem Hiob ironisch Einsicht
zu, die er (natürlich in dem Streite tiber sein Leiden)
kundgethan und nun an weiteren Fragen bewähren soll;
in c. 39, 26 wird noch einmal auf Hiob’s (Schöpfer-) Einsicht
Bezug genommen; in c. 38, 2. 42, 3 nennt Gott Hiob’s
Reden unverständig (my 3). — An allen diesen Stellen
also steht My IN nebst seinen Synonymen rein tntellektuell,
da es sich um das Begreifen einer Thatsache, nicht um
Entschlüsse zum Zwecke irgend welcher Handlungen dreht,
!) Ich gebe absichtlich eine ganz farblose Fassung der in ihrer
Auffassung streitigen Stelle.
250 Bu dde, die Capitel 37 und 28
und zwar stets in unmittelbarer Beziehung auf die Frag, U;
um die es sich im Buche handelt. Nur sehr wenige Stelle
bleiben übrig. Von Gottes Weisheit, (bei der von See
derbesiehungen nicht die Rede sein kann), redet Hi
gelegentlich in c. 26, 12 (Hyıan), und Gott von der schaffen-
den und regierenden Weisheit und Einsicht in Frageform
c. 38, 36 f. Intellektuell zu fassen ist auch die Stele
c. 21, 14, wo Hiob die Frevler sagen läfst : „Zrkenntils
Deiner (Gottes) Wege begehren wir nicht.“ — Nicht das
selbe wage ich zu behaupten von den beiden letzten Stellen,
die in ihrer reinen Verpeinung eben neue, hier unverweni-
bare Begriffe, Unverstand und Dummheit, bilden. Es ist
das c. 4, 21, wo die Frevler sterben marıa w und c. 39, 11,
dafs Gott den Vogel Straufs der Weisheit habe vergessen
lassen und ihm keinen Antheil an der Einsicht gegeben
habe. Interessant ist hier jedenfalls der Bau des Satzes
und die Parallele moarı und 133, gerade wie in c. 28, 12.
20. 28; unmöglich ist es keineswegs, dafs hier in gran-
diosem Scherze des Straufsen sprichwörtliche Dummheit
mit der höchsten Weisheit zusammengehalten wird. Wollte
man ferner diese beiden Stellen als Belege für praktische
Beziehung der no3rı im B. Hiob anführen — was übrigens
bei Delitzsch, Dillmann, Zöckler nicht geschieht —
so wäre dies schwerlich zu widerlegen, für c.4, 21 aber auch
nicht zu beweisen. Und was für schwache Strohhalme man
damit ergriffen hätte, müfste ja jeder einsehen }).
Nur mit zwei Stellen von allen, die das Buch Hiob
bietet, habe ich bisher noch zurückgehalten, weil sie ge
eignet erscheinen, den Analogiebeweis, statt wie die bisher
aufgeführten Stellen für das Buch im allgemeinen, für
unsere Stellen im besonderen zu erbringen. In c. 15, 7f.
!) Vgl. noch den 15, 2. 18. 17, 10 mit Besug auf die Haupt
frage des Buches; 9, 4 von Gott; 5, 18 su 4, 21 zu stellen, von ein
gebildeter Weisheit.
des Buchos Hiob. | 251
kämpft Eliphas in gewohnter Weise gegen Hiob’s hier
besonders lange und wichtige Ausführungen, zeigt sich ent-
rüstet über seinen Anspruch auf höhere Einsicht in Gottes
Weltregierung und die vorliegende Frage und weist seinen
vermeintlichen Uebermuth zurück. Er fragt höhnisch :
7) „Wurdest Du als erster Mensch geboren,
Und bist Du vor den Hägeln sur Welt gebracht? (p55)
8) Hörtest Du etwa im Gottesrathe su
Und rafftest da Weisheit an Dich ?*
Vers 7b kann ich bei so wörtlicher Uebereinstimmung nur
als Citat aus Prov. 8, 25b ansehen, das Selbstzeugnifs der
personificirten Weisheit wird auf Hiob höhnisch übertragen.
Der ganze Vers besagt dann : Du bist wohl die personi-
ficirte Weisheit selbst, mufst demnach der erste Mensch,
ja das erste aller Geschöpfe sein (Prov. 8, 22), die Weis-
heit hat also bei der Schöpfung menschliche und zwar
Deine Gestalt getragen! Aus Prov. 8, 26—31 fliefst v. 8a,
und 8b giebt dann zu allen diesen höhnischen Fragen den
Schlüssel, der nothwendig von der Personifikation der
Weisheit zu dem Besitz derselben tiberleiten mufs'). Also
hier dieselbe innige Verwandtschaft mit jenen Stücken
der Sprüche, dieselbe Bezugnahme darauf, wie in cap. 28.
Und auch hier dient die höhnisch zugestandene Weisheit
keinem anderen Zwecke, als der Lösung des Räthsels, das
Hiob und die Freunde beschäftigt. — Noch beweiskräf-
tiger ist die Stelle c. 12, 12 f., wenngleich vollständige
Einigung über den Zusammenhang noch nicht erzielt ist.
Hiob verspottet da die angelernte Alltags- und Allerwelts-
weisheit der Freunde, insbesondere c. 11,7 ff. Der Zusammen-
hang vot 12, 7 an scheint mir der zu sein. „Dergleichen
(über Gottes Allmacht und Allweisheit) kann Dich jedes
1) Welcher Stelle die Priorität gebührt, kann natürlich bei einer
sw sekundären Wendung, wie unsere Stelle sie uimmt, gar nicht weiter
in Frage kommen.
252 Budde, die Capitel 27 und 28
unvernünftige Geschöpflehren ; sie wissen alle, dafs Jahve's
Hand dergleichen thut, weil ja ihr eigenes Leben in seiner
Hand liegt. Des Menschen Ohr dagegen soll die gehörten
Worte wohl prüfen und überlegen. Wenn Ihr aber meint
(vgl. 8, 8 ff. 5, 27):
12) „„Bei den Greisen ist Weisheit
Und Länge des Lebens ist Einsicht (M3\9M)** :
18) „Bei ihm ist Weisheit und Btärke,
Sein ist Rath und Einsicht |“
Dem Rechte und der Pflicht unbefangener Prüfung,
das er für sich in Anspruch nimmt, läfst Hiob die Freunde
entgegenhalten, dafs es dessen nicht mehr bedürfe, da ja
Greise, Erfahrene fertige Weisheit darböten, eben die von
ihnen gespendete. Nicht bei ihnen, erwidert Hiob, ist
Weisheit zu finden (so wenig, wie er selbst, der Prüfende,
das Räthsel zu lösen vermag), sondern bei Gott allein ist
nicht nur die Weisheit, sondern auch die Stärke (Wissen
und Können vgl. ganz ebenso c. 9, 4)'). Mag meine Auf-
fassung von v. 7—11 bezweifelt werden, so sind doch
v. 12 f. auf keine andere Weise befriedigend zu erklären;
und ist das nur zugestanden, so haben wir hier eine ge-
naue inhaltliche Parallele zu c. 28, 12—-27, und wiederum
ist hier die Weisheit in Beziehung gesetzt nur zu der Lö-
sung der Grundfrage des gansen Buches und dem Streite
über dieselbe.
Mit dieser Aufzählung ist, soweit ich sehen kann, alles
Mäterial erschöpft, welches aus dem übrigen Buche zu der
vorliegenden Einzelfrage herangezogen werden kann, und
1) Unter den Commentaren, auf die ich zur Prüfung dieser Auf-
fassung verweisen mule, hebe ich Hitzig hervor, mit dem ich in den
wichtigsten Punkten, besonders in der Auffassung von v. 12, überein-
stimme (vgl. auch Merx, Studer). Vor oder nach v. 12 eine Lücke
anzunehmen (Dillmann, Ewald) sehe ich keine Veranlassung; viel-
mehr ist der Zusammenhang, wenn man v. 13 als Selbsteinwarf im
Sinne der Freunde falst, sehr gut und echt hiobisch.
+’
r
we
des Buches Hiob. 953
daraus ergiebt sich ein starker Analogiebeweis dafür, dafs
aueh in c. 28 die Weisheit auf die Lösung der Frage ab-
zielt, der das ganze Buch dient. Ich zaudere keinen Augen-
blick zu behaupten, dafs, wie die Dinge liegen, der Dichter
es sicher ausdrücklich und besonders deutlich hervorgehoben
haben würde, wenn er der Weisheit hier ein anderes Ziel
hätte geben wollen, als dasjenige, was unverrückt in jedem
Augenblicke dem Leser vor den Augen stehen mulste!).
Somit führt uns auch die Vergleichung des übrigen
Buches zu der anderen Antwort auf die vorliegende Frage :
die Weisheit wird in c. 28 ersehnt zur Lösung des vor-
liegenden Räthsels, des Leidens Hiob’s, des Gerechten.
Weder die Freunde, noch Hiob werden die Frage lösen
können, weil Gott ihnen wie allen Menschen das Gut der
Weisheit, das dazu erforderlich wäre, nicht geschenkt, viel-
mehr an Stelle der Weisheit für sie die Gottesfurcht ge-
setzt hat:
Zur Erklärung des begründenden ‘9 zu Anfang des
Capitels genügt es nachzuweisen, dafs eben vorher das
Räthselhafte des ganzen Sachverhaltes von neuem zum Be-
wulstsein gekommen ist. Wie grell aber gerade in c. 27
die Widersprüche nebeneinanderstehen, ist oben nachge-
wiesen und braucht nur mit wenigen Worten hervorge-
hoben zu werden. Gott ist in v. 2 der Ehrenräuber und
Vergewaltiger Hiob’s, war (wie aus v. 8—10 sich ergicbt)
früher seine Zuflucht und seine Wonne und soll zugleich
(nach v. 11 ff.) das Unrecht, das Hiob von den Freunden
erleidet, mit seiner Strafe bedrohen. Hiob erkennt in Gott
den gerechten Vergelter an und schwört bei dem Gott, der
ihm Unrecht thut. Die Freunde nennen ihn einen Frevler
!) Doch bin ich weit entfernt diesen Analogiebeweis für noth-
wendig zu halten; vielmehr bestätigt er nur das Selbstverständliche,
das obendrein nach Widerlegung des anderen Versuches allein noch
übrig bleibt.
254 Budde, die Capitel 27 und 28
und Lügner, er giebt ihnen zu verstehen, dals sie Lügner
und damit Frevler sind. So ist der Zwiespalt in Hiob's
eigenem Herzen wie die Unmöglichkeit, dafs die streiten
den Parteien sich einigen, in c. 27 auf kleinem Raume s
rücksichtslos aufgedeckt wie nirgends zuvor, und in diesem
Brennpunkt sammeln sich zudem die Strahlen aus den
letztvorhergehenden Capiteln : die jämmerliche Hülf- und
Rathlosigkeit Bildad’s aus c. 26, mit der Lauge des bitter-
sten Spottes tibergossen von Hiob; dessen eigene grols-
artige Schilderung von Gottes Gewalt und Weisheit in
cap. 26, auslaufend in das unumwundene Zugeständnil,
dafs des Menschen Wissen nicht einmal dazu ausreiche,
Gottes Grifse staunend zu schildern, wie- sich’s gebühre.
So ist denn von beiden Seiten der Bankerott featgestellt '),
nur von der einen Seite durch Stammeln und Stillschweigen,
von der anderen Seite, von Hiob, durch absichtlich grelle
Hervorkehrung des Widerspruchs, nachdem dieser ihm selbst
zu klarem Bewulstsein gekommen ist?). Und so verschieden
“ulsert sich dieser Bankerott, weil in seiner Erklärung
für die Freunde die Niederlage, für Hiob der Triumph
liegt. Mit dem Geständnifs, dafs man Hiob’s Leiden nicht
erklären könne, hat man seine Gerechtigkeit zugegeben,
und das ist alles, was Hiob von den Freunden verlangt,
Alles weitere geht Gott an, und in ihm findet er nun auch
den Grund, weshalb sie Alle sein Leiden nicht erklären
können, und legt denselben in dem folgenden c. 28 dar.
| 1) Diese Bezeichnung behalte ich unter Rückbesiehung auf meine
Schrift bei; gegen Studer (Antikrit. 8. 544) bemerke ich, dals hier
die offene Erklärung des Bankerotts (c. 28) in der Begründung des
unvereinbaren Widerspruchs, d. i. des Bankerottes selbst (c. 27) be-
steht.
*) Wie dies in v. 8—10 geschieht, ist oben gezeigt. Zu beachten
ist die Steigerung von dem fast unbewufsten Geständnis in diesen
Versen, zu der entschlossenen Aussprache in v. 7 und der kecken Um-
drehung des Spiefses in v. 11 ff.
des Buches Hiob. 265
Es wird also mit dem ‘3 weder v. 12b, noch v. 11—12,
noch v. 13—23, noch v. 11--23 des vorhergehenden Ca-
pitels begründet, sondern dasselbe holt viel weiter aus, es
begründet die von Hiob während des ganzen Streites un-
erschütterlich behauptete, in c. 27 durch Darlegung seiner
eigenen zerrissenen Geistesverfassung kundgegebene Be-
hauptung, dafs sein Leiden, als von Gott herrührend, ein
für Menschen unlösbares Räthsel sei'). Bei solcher Be-
ziehung auf eine dauernde Geistesverfassung Hiob’s, die
allem Vorhergehenden zu Grunde liegt und symptomatisch
in cap. 27 ausgesprochen ist, ist die Forderung unberech-
tigt, dals, was begründet werden solle, in einem „in aus-
drückliche Worte gefalsten vorausgehenden Satee* (Studer
Antikr. 8. 544) nachgewiesen werden müssa Dagegen ist
der Forderung, wie sie Wellhausen formulirt (BI. 8. 541),
„eine begründende Beziehung, in der Cap. 28 nach dem er-
öffnenden ‘3 zu Cap. 27 stehen sollte”, durchaus Genüge
gethan. — Wenn das ‘3 fehlte, so würde, wie ich fest
: überzeugt bin, niemals jemand auf eine andere Beziehung
des c. 28 als die hier vertretene, verfallen sein ; da nun
aber thatsächlich das Capitel das ganze Ergebnils des
Streites für die betheiligten Kämpfer”) begründet, so muls
das ‘> eben auch darauf bezogen und daraus begriffen
werden.
Wir treten an die letzte Frage heran : welchen Werth
hat diese in c. 28 gegebene Begründung für Hiob selbst
_.
!) Diese Behauptung hat er nur in der Leidenschaft verlassen, wo
er in einseitiger Verfolgung seines durch keine Schuld veranlafsten
Leidens die andere Seite seines Selbstbewulstseins, den Gottesgedanken,
schädigte.
*) Wie weit Hiob sich im Leiden bewährt, wie weit der Kampf
sein Inneres beeinflufst hat, kommt für die Kämpfenden nicht in Be-
tracht.
966 Budde, die Capitel 37 und 36
und in Folge davon für den Aufbau des gansen Buche,
die Lösung der in ihm verhandelten Frage?
Und hier steht die in meiner Schrift ausgesprochene
Ansicht der fast aller anderen Exegeten, soweit sie cap. 8
für echt halten, gegentiber'). Sie alle sehen in v. 2
wirklichen Gewinn, errungene werthvolle Erkenntnils, sj
es für Hiob, oder für die Freunde, oder für beide Thak;
nur darin gehen sie auseinander, dafs die einen darin die
ganze, letzte Lösung des Buches finden, die andern nz
eine vorläufige Beruhigung, während die positive Lösung
anderwärts gesucht und gefunden wird. Eine besonders
klare Formulirung möge als Beispiel dienen. Hupfeld
sagt (Deutsche Zeitschr. u. s. w. 1850. 8. 285) : „Der
Dichter will die Streitfrage nicht theoretisch lösen, sonden
niederschlagen, der Speculation 'entreilsen, und so dem Streit,
als einem erfolglosen, für immer ein Ende macher....
Seine praktische Absicht, nämlich die Gemüther von der
unfruchtbaren Grübelei über die Wege Gottes aaf die
praktische Weisheit und Gottesfurcht hinzuweisen, ist bün-
dig ausgesprochen in dem Schlulssatz der Wechselrede
Hiobs mit den Gegnern 28, 28 : „(Gott) sprach zu dem
Menschen : siehe Furcht des Herrn das ist Weisheit, und
meiden das Böse das ist Einsicht“ d. h. das ist die einzige
ihm von Gott beschiedene Weisheit; im Gegensatz mit
der Erforschung der Rathschlüsse Gottes, die im vorher-
gehenden als ein Geheimnis Gottes und dem Menschen
versagt bezeichnet ist. Hierin ist dlso wohl der Haupt-
satz und Schlufsstein der Ansicht des Diehters zu suchen.‘
Nun ist jedenfalls fraglich und fürs erste bei Seite sa
lassen, ob wirklich der Dichter hier durch Hiob seine Leser
ı) Die einzige Ausnahme bildet, wie schon damals bemerkt, Ebrard,
der in c. 28 die Bankruterklärung Hiob’s sieht, freilich ohne von ds
aus weiter auf Hiob’s inneres Verhältnils zu Gott su schliefsen und
ohne die Bedeutung der nächstfolgenden Capitel ausreichend in Er
wägung zu siehen.
des Buches Hiob. 257
belehrt; vielmehr ist zunächst dabei stehen sa bleiben,
dafs Hiob spricht. Was er aber sagt, muls freilich nach
seiner eigenen Ansicht nicht nur für die Freunde gelten (wobei
ess. B. Hirzel bewenden läfst), sondern für die ganze
Menschheit und besonders für thn selbst. Was nun Gott dem
Menschen als Grundgesetz seines Wesens eingepflanzt hat
— von jener Ansicht aus — das wird für den Menschen
Gegenstand sittlicher Verpflichtung, und eine solche’ wird
in unserem Satze wohl auch (im Sinne des Dichters oder
Hiobs) von allen jenen Auslegern erkannt. Demüthiges,
glaubens- und vertrauensvolle Sichbescheiden bezeichnet
also Hiob als das allein richtige, von Gott gewollte Ver-
halten des Menschen bei allen Räthseln seiner Weltregie-
rung, so auch bei dem vorliegenden. Dieses Sichbescheiden
wird nothwendig zum Bestandtheil der Gottesfarcht selbst,
weil es eben Gottes Wille gewesen, dafs der Mensch die
sa anderem Verhalten, wenn es erfolgreich sein soll, erfor-
lerliche Weisheit nicht besitzt. Damit ist also jedes eigen-
mächtige Ueberschreiten dieser Schranke nicht nur un-
fruchtbares Grübeln, sondern zugleich eine Verletzung des
Grundgesetszes der Gottesfurcht, die Gottes Ahndung auf
desi Menschen herabziehen muls. Dafs das Hiobs Meinung
wirklich ist, läfst sich leicht beweisen. In c. 13,7 ff. tadelt
and bedroht er die Freunde, weil sie sich einfallen lassen,
ob auch zu Gottes Gunsten, mit menschlicher Trugweisheit
in die Frage seines Ergehens heranzutreten, und die
Stellen c. 7, 11 ff. 9, 21 f. 29. 10, 1. 2. 13, 13—15, aus
Mmmtlichen Reden Hiobs im ersten Gange, beweisen, wie
w sich mit seinen eigenmächtigen Aussagen über Gottes
Thun wohl bewulst ist, Gottes Zorn zu reisen, und dies
tur darum nicht scheut, weil er sich ohnehin verloren
glaubt. Somit leidet c. 28, 28 nicht auf die Freunde allein
Anwendung, sondern der Spruch verurtheilt sämmtliche
rörhergehenden Reden Hiobs in erster Linie. Ist nun,
wie fast alle Ausleger annehmen, dieser Satz ohne jeden
Zeitschrift f. d. alttest. Wies. Jahrgang 2. 1888. 17
$568 Budde, die Capitel 27 und 28
Nebengedanken ausgesprochen, reine, von allen Schlacken
gesäuberte Erkenntnifs — und das muls er sein, wenn de
Dichter darin seine Meinung ganz oder theilweise nieder
gelegt hat — so mufs Hiob hier, nachdem er Ruhe und
Besonnenheit wieder erlangt hat, seine Reden, sofern sie
die Spitze gegen Gott richten oder auch nur eigenes Ur-
theil über Gottes Thun an ihm äufsern, bereuen und
widerrufen und muls sich dann zurücksiehen auf den Stand-
punkt ruhiger Ergebung, die geduldig auf Gottes Lösung
wartet'). Reue und Widerruf aber finden wir in Wirklich
keit nicht hier, sondern erst nach Gottes Reden, und an
Stelle der ruhigen Ergebung finden wir gleich nach unsrer
Stelle eine wohlüberlegte, scharf gegliederte Rede, deren
eigentlicher Inhalt eine Anklage Gottes ist, die in c. 31,
85 ff. in eine kecke, siegesgewisse Herausforderung Gottes,
seines Gegners, ausliuft. Den Nachweis für diese Auf-
fassung der capp. 29—31 brauche ich hier nicht zu wieder-
holen, da er oben bereits gegeben wurde : wird dieselbe
als die richtige anerkannt, wie ich denn glaube, dafs kein
Abschnitt des Buches Hiob so dringend gröfsere Berticksich-
tigung verlangt wie dieser, so machen sie die Auffassung von
28, 28, mit der wir es hier zu thun haben, ptatterdings
unmöglich. Kein Mensch von gesundem Verstande kann
so sich selbst widersprechen, kein Dichter kann sein Bestes
so muthwillig wieder aus der Welt schaffen. Und dieser
grelle Widerspruch wird noch empfindlicher dadurch , dafs
28, 28, so aufgefafst, den Inhalt der: Reden Jahve’s vor-
wegaimmt. Ist es diese selbe Ueberlegung, aus Gottes
eigenem Munde, der Hiob endlich sich beugt, wie hat er
sio denn vorher so schmählich wieder verlassen können,
oder wie konnte der Dichter sich die Wirkung derselben
im voraus so verderben ? Und für die Thatsache, dai
c. 28, so aufgefalst, die Reden Jahve’s vorwegnimmt, darf
4) Vergl. dafür die Musterstellen o. 1,21. 2,10.
des Buches Hiob. | 259
Mich mich nicht nur auf Studer berufen, sondern nicht
minder auf Merx (S. XXIX), der das Bedenkliche durch
sehr künstliche Vermuthungen über spiitere, mildernde
Zinschaltungen aus dem Wege räumt, und auf Reufs’
effenes Eingeständnifs dieser höchst störenden Sachlage,
dic ihm die Echtheit von c. 28 zweifelhaft erscheinen lüfst.!)
‘Auch ich würde mich unbedenklich dem Urtheil van Stu-
der, Wellhausen und Reufs anschliefsen, wenn ich
diese Auffassung von 28, 28 für die richtige hielte.
In meinen „Beiträgen“ habe ich nun meine Auffassung
des Stückes ganz kurz und ohne Beweisführung für ihre
Möglichkeit, aber eben darum desto schärfer und unmiß-
verständlicher ausgesprochen. Danach sagt Hiob, dais
Gott, statt seinen kostbaren Besitz, die Weisheit, dem
Menschen, dem edelsten Geschöpfe, mitzutheilen, ihm an
Stelle des Besitzes nur schwere Forderungen gegeben, unter
dem Namen „Weisheit nur die Gottesfurcht und das Mei-
den der Sünde gereicht habe.“ Damit spreche Hiob einer-
seits aus, dafs er an der Lösung der Frage versweifie,
andererseits aber enthalte seine Ausführung eine schwere
Anklage gegen Gott, den eigennützigen und lieblosen
Schöpfer der Welt, der sich selbst das Beste vorbehalten
habe (und die Schuld trage, dafs hier sein Verstand zu
Ende sei). Seitdem ist nun festgestellt worden, dafs ich
diese Stelle in Fieberhitze niedergeschrieben habe (Unions-
fieber nennt Studer die neuentdeckte Krankheit)*), und
da ich niemandem sumuthen kann, einem Fieberkranken zu
glauben, so werde ich den Nachweis antreten müssen, dals
N) La Bible, t. VL p. 29: Job y fait !’dloge de la sagesse et ter-
mine de manitre & anticiper sur la conclusion pratique & tirer du dis-
cours de Jéhova, tout en continuant ensuite, par trois chapitres entiers,
b gerler de ses sentiments personnels, tels qu'ils lui étaient dicteds par
la aituation présente. I] faut convenir que cela est asses génant.
9) Antikr. 8. 544.
17*
960 Budde, die Capitel 37 und 28
ich jetzt einer ganz normalen Temperatur mich erfreu,
um dann hoffentlich für dieselbe Auffassung mehr Glauben
su finden. Ä Ä
Wir haben oben nachgewiesen, dafs die Weishet a
c. 28 eingeführt, das Suchen nach ihr in Betracht gezogen
wird, weil man ihrer bedürfen würde, um die Frage nach
'Hiob’s Leiden su beantworten. Dennoch hat die Wewheit |
selbst, wie wir ebenfalls feststellten, in c. 28 allgemeinste
Bedeutung ; die Suchenden in c. 28 sind die Menschen
überhaupt, nicht Hiob und seine Freunde, denen es nm
nicht besser geht als allen Anderen; der Bescheid, der ia
v. 28 gegeben wird, ist uralt, dem Menschen als solchem
schon bei der Schöpfung ertheilt. Umsoweniger soll, was
dort dem Menschen an Stelle der Weisheit gegeben ist,
geeignet sein die vorliegende Aufgabe zu lösen : das kann
„ur die Weisheit, nicht ihr Surrogat, die Furcht Gottes,
und eben deshalb verlangt dieser Vers jedenfalls Verzicht
auf alles Grübeln, mag dieser Verzicht nun gutwillig oder
murrend geleistet werden. Aber andererseits soll allerdings
die Furcht Gottes in weitem Umfange die allgemeine Auf-
gabe der Weisheit. übernehmen’). Die Weisheit, sofern
der Mensch sie wirklich besälse, würde von ihm benutzt
werden können und benutzt werden, selbständig sein Leben
zu gestalten, das Nützliche zu wählen und zu thun, das
Schädliche zu meiden und zu verhindern und so glücklich
su sein*), Gott hat ihm mit der Einsicht in die
Räthsel der Weltregierung auch das versagt und statt
dieses selbständigen Handelns dem Menschen gesetzt seinen
Geboten gehorsam zu sein und in steter, unbedingter Ab-
1) Hier kommt sur Gelturig, was an der Auffassung von Delitzsch
und Dillmann richtig ist : nicht beim Ansatz schon, sondern bei der
Lösung der Aufgabe.
*) Vgl. Gen. 8, 5, wie überhaupt die Stindenfallgeschichte höchst
beachtenswerthe Vergleichspunkte bietet.
des Buches Hiob. 261
kängigkeit von ihm zu leben. Kommt der Mensch damit
seiner Bestimmung nach, so übernimmt dann andererseits
Gott, des Menechen Geschick kraft der thm innewohnenden
Weisheit förderlich zu lenken, sodafs er seiner Bestimmung
gemäls sich entwickele und ohne gewaltsame Hindernisse,
die er selbst vermöge seiner Abhängigkeit nicht aus dem
Wege zu räumen im Stande ist, sein Leben hinausführen
könne. Dies das Verhältnifs der Gegenseitigkeit, wie es
uns in den Bundschliefaungen im ganzen Verlaufe der Ge-
schichte Israel’s unwiderleglich klar entgegentritt. — Hat
nun auf Grund dieses Verhältnisses Hiob Ursache sich zu-
frieden zu geben und auf dessen Bedingungen, sowie er
sie in 28, 28 fafst, nicht nur Andere zur Ruhe zu verweisen,
sondern auch selbst su Ruhe und Gottergebenbeit su ge-
langen, oder nicht? Eine einfache Ueberlegung wird das
seigen. Die von Gott gesetzten Bedingungen hat Hiob
gehalten, er war gottesfürchtig und mied das Böse, wie
Gott ihm in stärkster Fassung bezeugt hat, wie er selbst
von sich aussagt (vgl. nur 23, 10 ff. und das Zeugnifs des
Eliphas 4, 6). Aber trotz seiner Treue hat der Herr dem
Klienten nicht Wort gehalten; sein Lebenspfad ist völlig
verfinstert, der Tod wäre für ihn ersehnte Erlösung. Bis
dahin hat er die verlangte Gottergebung geübt und hat
sich still beschieden mit dem, was Gott ihm gab, ja wir
finden noch herrliche Aeufserungen dieser Stimmung bei
ihm im Leiden selbst, bis ihm die Freunde auch sein letztes
Gut, seine Gerechtigkeit, rauben wollen. Die nun in ihm
herrschende Stimmung schildert er in Beantwortung der
Vorwürfe des Eliphas am treffendsten in c. 6, 5 ff:
„Schreit auch ein Wildesel bei frischem Gras, brüllt auch
der Stier vor seinem Futter ?* Das heist, das, was Gott von
uns verlangt, können wir wohl erfüllen, so lange er seinen
Verheifsungen und gleichsam Verpflichtungen nachkommt.
Und in dem durch die Reden der Freunde nur noch ver-
stärkten Bewulstsein, dafs das Gegentheil der Fall ist,
262 Budde, die Capitel 37 und 28
schreitet er dann fort zu offenen, bewufsten Verletzungen
des Vertreges seinerseits, wie sie oben, mit 7, 11 ff. be
ginnend, aufgeführt sind. Wie diese Stimmung gegen Get
sich bis zuletzt erhält, ist bei Behandlung von c. 27 vollauf
bewiesen, dort ist auch gezeigt, wie 27, 8-10, zusammen-
gehalten mit 27, 2 und 31, 35 ff. (neben allen früheren
Stellen) die Aufstellung enthalten, dafs der Gottlose kraft
seiner Gottlosigkeit des eigentlichen inneren (und äufseren)
Glückes nothwendig entbehren mu/s; dafs der Gerechte,
Fromme desselben theilbaftig werden kann, während Hiobs
eigenes Beispiel beweist, dafs die Gottesfurcht noch keine
Bürgschaft für Glück gewährt. Das die Stimmung und Ar-
schauung, die auch dem c. 28 zu Grunde liegt. Gott hat
dem Menschen seine Selbständigkeit nicht gegeben, viel-
mehr völlige und unweigerliche Abhängigkeit von ihm
verlangt. Jedes Widerstreben straft er unerbittlich, wes
halb der Mensch um seines eigenen Besten willen sich
fügen muls; aber eine Gewähr für des Menschen Glück
hat er darum nicht tibernommen; nach Gutdünken und
Willkür trifft er ihn in unbegreiflicher Weise mit denselben
Leiden, die sonst des Gottlosen Theil sind. Ganz von
selbst ergänzt sich v. 28 aus Hiobs Gedanken folgender-
malsen : „Die einzige Weisheit des Menschen ist Gottes-
furcht; was diese aber gelegentlich nutzt, das seht Ihr an
meinem Beispiele? So ist thm diese Fassung allerdings
ganz ernst gemeint, und tn diesem Augenblick behauptet
er allerdings, dafs Gott dem Menschen dieses und kein
anderes Geschenk gegeben habe; aber er ist schon längst
‘nicht mehr gewohnt, was Gott dem Menschen bestimmt
hat, darum auch als gut anzusehen; die Gottesfurcht, die
früher seine Wonne war, empfindet er allerdings jetzt als
schwere Forderung eines lieblosen Schipfers. Dafs er
aber bei einer solchen Auffassung nicht ruhig, wird — wie
eben die folgenden Kapitel beweisen — begreift sich leicht.
Geht doch aus demselben Satze, womit er die Unbegreif-
des Buches Hiob 263
pickakett seines Leidens erklärt (weil dem Menschen eben
- dies Weisheit nicht gegeben sei), zugleich herver, dats er,
~ -Hzob, das Seinige vollauf gethan, Gott aber der selbst-
a wesrständlichen Gegenleistungen vergessen habe, also an
sänem Leiden schuld sei. Diese Anklage Gottes, nur
.S wmittelber in 28, 28 enthalten, wird nun ausdrücklich er-
„oben und in scheinbar unwiderleglichem Schlusse bewiesen
= Ic. 29—31'), ganz so wie ich dies in meinen „Beiträgen“
wy 8.4 f. kurs gefalst habe. „So stand es früher mit mir;
=: 0 gteht es jetst mit mir; ich habe keinerlei Schuld auf
. Wie} geladen und fordere kühn meinen Gegner zum Rechts-
rg; Ineraus.“ Oder anders gewendet und umschrieben :
le: tweder ich, der ich unter dem plötzlichen Wechsel
ae Hhabe ihn durch eigene Verschuldung mir zugezogen,
D fa- «ZSott, der ihn hervorgerufen, hat eben damit eine
Re-esar-eschtigkeit begangen. Ich bin mir keiner Schuld be-
ae, also —*
=. ist der Nachweis geliefert, dafs die von mir schon
Rinesw gegebene Auffassung von c. 28 und v. 28 insbe-
ch emcee sich in den Zusammenhang ebenso schön, ja noth-
ne Sey einfügt, wie die andere, welche Hiob mit jenem
oT GQeesesspruch sich einverstanden erklären läßt, den un-
iur Xeglichsten Thatsachen widerspricht und, falls sie
‚chat wäre, die Entfernung des Stückes als eines fremden
Km «mhubs heischen würde. Zugleich aber fällt der andere
yowrwwurf weg, dafs das Stück den Reden Jahve’s vor.
gree. Die Ergebung, die Gott in seinen Reden verlangt,
qenstet Hiob in c. 28 nicht; vielmehr hat der Dichter dem-
x
=
ba)
I
: N Die Wehmuth, die über c. 39 und 30 liegt, erklärt sich aus
dem Gegenstand, sie kann also nicht gegen meine Erklärung von
o 28, 28 angeführt werden, wie Giesebrecht 8. 40 thut. Schon in
g. 80 weicht diese Stimmung bedenklich, und der Schlufs von o. 81
„stecheidet. Einen gehaltenen Ton, etwas Ueberlegeames, Entschlos-
„ones haben diese abschlielsenden, susammonfassender Capitel der Natur
der Bache nach mit o. 28 gemein.
NT
964 Budde, die Capitel 27 und 28
jenigen, der ihn zu derselben bringen soll, sei dies om
Jahve allein oder vor und mit ihm Elihu, noch ein red
liches Stück Arbeit aufgespart.
_ Aber auch die Form, der Bau des cap. 28 selbst macht,
wie ich ebenfalls schon früher behauptet habe, diese Aci-
fassung nothwendig. Wie oben gezeigt wurde, tritt v. 2
auf als Beantwortung des suchenden Fragens nach der
Weisheit in v. .12 ff., gegensätzlich vorbereitet durch
v. 1—11. Subjekt des Suchens ist unbestimmt der Mensch
als solcher, die Stimmung bis v. 22 diejenige brennender
Sehnsucht, schmerzlicher Enttäuschung, bis mit v. 23 eine
neue Quelle der Hoffnung sich aufthut, da mit grofsartigen,
in ihrer Erhabenheit fast tröstlich klingenden Worten der
wahre Fundort der Weisheit genannt wird. In ängst
licher Erwartung scheint der Mensch nun fragend und
bittend vor Gottes Thron zu stehen. Je breiter sich aber
der Strom der Worte von v. 23—27 in dieser Schilderung
ergiefst, um so kürzer und schroffer lautet das für den
Menschen insbesondere bestimmte Endergebnifs, die ihm
ertheilte Antwort in v. 28. Nicht die Weisheit, auch nicht
Theil an der Weisheit, noch der Weg dazu, die Aussicht
ihrer ganz oder theilweise habhaft.zu werden! Aber wenn
das nur mit schlichten Worten ausgesprochen würde, dals
der Mensch die Weisheit nicht besitzen kann, und dann
mit ebenso schlichten Worten ihm seine Stellung ange
wiesen würde, etwa unter Hervorhebung des Trostes, der
darin liege, dafs die wahre Weisheit über ihm walte
und ihn beschirme. Statt dessen wird ihm, in dessen
Geiste doch eine Ahnung, ja Kenntnifs von dem Wesen,
dem Werthe, den Werken der wahren Weisheit liegt, etwas
anderes ausdrücklich unter dem Namen der Weisheit tiber-
reicht, was diese Werke eben nicht geschaffen hat, was
nicht gleichwerthig ist mit dem Gesuchten. Und diese
Antwort ist gegeben gleichzeitig mit der Erschaffung des
Menschen, sie gehört zu seinem Wesen und seiner Be
des Baches Hieb. 265
stimmung, obschon er zugleich eine Ahnung von der wahren
Weisheit hat, die ausreichend ist zu sehnsüchtigem, aber
ewig vergeblichem Suchen. Der schmerzliche Eindruck
dieser Worte wird nur verschärft durch den Umstand, dafs
sie eine scheinbar leise Umbildung und Umbeugung eines
bekannten, zugleich mahnenden und tröstenden Wortes
sind, von dessen Wahrheit auch Hiob früher gewifs über-
zeugt gewesen ist : dafs man durch Gottesfurcht zur Weis-
heit gelangen könne. Mich dünkt, hier hat jedes Wort
seinen Stachel; die Antwort des Gottes, der, selbst im Be-
sitse der Weisheit, dem Menschen sagen wollte : „sie ist
nicht für Dich, Du hast Dich nur mir unbedingt anzu-
vertrauen“, könnte nicht schroffer gefafst werden, als es
hier geschehen ist.
Mit Ausrufen und Verwahrungen gegen eine so aben-
teuerliche Bedeutung der Stelle (vgl. Studer Antikr.),
gegen diese Steigerung von Hiobs Vorwürfen „bis zum
Gräfslichen, gegen die titanischen, niedrigen und gemeinen,
ein solches Raffinement von Anklagen® (Giese-
brecht S. 40) ist hier gar nichts ausgerichtet; vielmehr
gilt es den Thatsachen in’s Gesicht zu sehen und ihnen
sich zu fügen. Mit hinkenden Vergleichen, Prometheus,
Titanen habe ich nichts zu schaffen; wer aber durchaus
meint, der Heranziehung des klassischen Alterthums hier
nicht entrathen zu können, der mag dann wohl zu solchen
Vergleichen greifen und hat ein gewisses Recht dazu, ohne
anerkennen zu müssen, dals dann auch Hiob, wie Prome-
theus, nicht zur Bufse kommen könne').
‚Allen solchen Widerlegungen ohne Gründe setze ich
nur einige andere Stellen des Buches Hiob zum Vergleiche
entgegen, um damit zu beweisen, wie wenig eine Aussage
wie c. 28, 28 in meiner Auffassung aufser dem Bereiche
N) 8. Giesebrecht. Doch hat Aeschylos bekanntlich auch einen
ontfesselten Prometheus geschrieben.
266 Budde, die Capitel 37 und 28
des im B. Hiob Möglichen liegt. Das so Unglaublich
an meiner Auffassung soll doch wohl darin liegen, deb
Hiob Gott beschuldige, dem Menschen schon bei seine
Schöpfung übel mitgespielt, ihn (nach Giese brecht) m
„neidischer, betrügender Willkür“ behandelt zu haben, a
dem „bitteren Sarkasmus (Smend), der sich in den Wer
ten ausspräche. Im Grunde reichte nun jede Stelle, in der
Hiob Gott der Ungerechtigkeit gegen seine Person s-
klagt, aus dergleichen zu erklären, weil es nur der folge
richtige Schlufs daraus ist. Aber dieser (oben angeführten)
Stellen bedarf ich hier nicht. — Als Grundlage möge
dienen c. 7, 1 und c. 14,1 ff. : „Hat der Mensch nich
Kriegsdienst auf Erden, verbringt or nicht wie ein Tage
löhner seine Tage™ „Der Mensch, der Werbesgeborne, is
arm an Tagen, doch satt von Unruhe u. 8. w.”, so möge
Gott denn wenigstens mild und nachsichtig mit ihm um-
gehen. Also des Menschen Loos, von Gott ihm gesetzt,
ist an sich ein trübes und trauriges, und wollte man dem
Gedanken nachgehen, so würde die Vorschrift der Gottes
furcht und des Meidens des Bösen mit in den Kriegsdienst,
die Tagelöhnerarbeit einzuschliefsen sein. Eine Lust Gottes
den Menschen grundlos zu quälen ist oft genug aus Hiob's
Worten herauszufühlen, vgl. besonders 9, 17 b. 16, 12—I1,
wo Hiob Gottes Zielscheibe ist, der blutdürstige Eifer, das
grausame Spiel besonders klar hervortritt. Aber allgemeine,
mehr principielle Aussagen sind erwünscht; nun, die stärkste
Aussage dieser Art ist allgemein, c. 9, 23 : „Wenn dis
Getlsel jählings tödtet, so spottet er über die Verzweiflung
der Unschuldigen“ (ay crpı pend). Die reine Willkür
Gottes ist Hiob gegenüber sehr oft hervorgehoben; in al
gemeiner Aussage an der letztgenannten Stelle c. 9, 22:
„Den Unsträflichen und den Frevler vernichtet er“, und weiter
besonders in c. 21 und 24. Nachdrücklich mufs endlich
hervorgehoben werden c. 10 : der Gegensatz des schöpfe-
rischen, sorgsamen Bildens, das gleichsam mit Liebe ge
des Buches Hiob. 967
schieht, zu dem schon damals in Gottes Sinne feststehenden
Rathschluls (v. 13 ff.), den Gegenstand so vieler Mühe
durch das Leben hin zu Tode zu heisen, ob er nun seinen
Geboten gehorsam sei oder nicht. —
Solchen Aussagen gegenüber ist c. 28, 28, wie ich
den Vers verstebe, unschuldig zu nennen, als der vor-
sichtige grundsätzliche Erklärungsversuch : dafs Gott nüm-
lich von Anbeginn den Menschen nur zu seinem Diener
geschaffen und ihm gegenüber sich zu nichts verpflichtet
habe; dafs er Ungehorsam strafe, dem Gehorsam gegenüber
eine Politik der freien Hand befolge.') An sich also ist
die Möglichkeit einer solchen Aussage innerhalb des B.
Hiob in keinem Falle zu bezweifeln. Wer behaupten will,
sie sei an dieser Stelle unmöglich, der muls den Nachweis
führen, dafs Hiob’s Stimmung und Ansichten bis hieher
sich geändert haben, und der Versuch dieses Nachweises
ist oben widerlegt. Selbst an den Stellen, wo Hiob Gott
als seinen Zeugen und Helfer anruft, hält er sein Schicksal
dennoch für besiegelt und erwartet von Gott nichts als
Anerkennung seiner Unschuld, die von den Freunden ge-
leugnet wird. Selbst damit ist unsere Auffassung von c. 28
durchaus zu vereinigen; um so mehr mufs es dabei sein
Bewenden haben.
Und nun die Antwort auf die oben aufgeworfene Frage :
„welchen Werth hat c. 28 für Hiob selbst und in Folge
davon für den Aufbau des ganzen Buches, die Lösung der
in ihm verhandelten Frage? — Gar keinen positiven :
Hiob bleibt nach wie vor vor dem ungelösten Räthsel
stehen und zwar ohne sich zu unterwerfen und ohne Ver-
zicht zu leisten auf die Lösung desselben, die er ungestüm
4) Dar ein entechlossener, äulserlich wenigstens ruhiger Rech-
nungsabschlufs nicht in einer „heftigen, von Schmerzensschreien unter-
brochenen Rede“ verlaufen kann — wie es Giescbrecht bei meiner
Auffassung natürlicher finden würde — versteht sich von selbst.
e
268 Budde, die Capitel 27 und 38
von Gott verlangt. Die positive Seite in dem Verhalten
Hiob’s ist in diesen Capiteln keine andere als in de
früheren. Trotz der schwersten Anklagen gegen Gott
hält er sich auf das zäheste an ihm fest, mag nichts mit
den Gottlosen nnd Freviern zu schaffen haben, erkennt die
Verpflichtung des Menschen zur Gottesfurcht oder besser
die wesenhafte, gleichsam physische Nothwendigkeit daran
festzuhalten an, selbst wo sie ihm übel vergolten wird, und
selbst da noch, wo er ein Unrecht darin zu erkenne
glaubt, da/s Gott den Menschen in so enge Grenzen ein-
gezwingt habe.
Den negativen Werth hat die Entschlossenheit, mit
der er in diesem und den folgenden Capiteln auftritt, dal
die Freunde besiegt sind und den Streit aufgeben, in dem
sie nichts neues vorzubringen, Hiob nicht zu überzeugen
vermögen. So sind die Capitel im Aufbau des gansen
Buches von höchster Wichtigkeit als Abschlufs des mitt
leren Haupttheils, der Streitreden zwischen Hiob und seinen
Freunden.
Mit diesem Ergebnifs wird also der, der nur des
Dichters Absichten und Ziele verfolgen will, rechnen, damit
das Vorhergehende und Nachfolgende verbinden und dann
versuchen, den Gedankeninhalt des Buches, die Lösung,
welche der aufgeworfenen Frage zu Theil wird, festzustellen.
Ich sehe dabei eine Anzahl von Möglichkeiten. 1) Man
erkennt die jetzige Gestalt des Buches als die ursprüng-
liche an und lälst sich von den Elihu-Reden die Lösung
bieten. 2) Erklärt man diese für unecht, so mag man
entweder mit der Widerlegung der Vergeltungslehre, wie
die Freunde sie vertreten, sich begnügen, etwa unter Hin-
zunahme dessen, was der Prolog bietet, oder man suche
eine positive Lösung in den Reden Gottes, zur Noth in
der Gotteserscheinung selbst. 3) Kann man sich bei keiner
des Buches Hiob. 269
dieser Möglichkeiten beruhigen'), so bleibt immer noch
das Dritte, daß die Reden Elihu’s überarbeitet oder an
die Stelle anderer echter Reden getreten sind, oder auch
dafs das übrige Buch Abünderungen erfahren hat *).
Alle diese Möglichkeiten lassen sich mit meiner Auf-
fassung der Capitel 27 und 28, die ich in allen Haupt-
sachen für die des Dichters selbst halten mufs, zu einer
Beihe von verschiedenen Ergebnissen über die Idee des
B. Hiob Vereinigen. Nur gegen eine vierte muls ich
Protest einlegen, gegen das emsige Bestreben, in den
letzten Kapiteln der Reden Hiob’s diese Lösung bereits
ganz oder der Hauptsache nach zu finden, gegen dieses
ängstliche Suchen nach Spuren seiner Bekehrung, um ihm
dann möglichst eilig die Absolution zu geben, alle bedenk-
lichen Aeufserungen mit dem Mantel christlicher Liebe zu
bedecken. Mich verwahren mufs ich gegen die gewaltsame
Auslegung einer Stelle wie c. 27, 8—10, gegen die wohl-
wollende. Auffassung von c. 28, 28, gegen die Beweis-
führung aus c. 17, 9, gegen die Vernachlässigung so wich-
tiger Stellen wie unter anderen c. 27, 2. 31, 35 ff. Sehr
wohl weifs ich, dafs alle jene Ausleger die Meinung des
Buches Hiob selbst und nicht ihre eigene geben wollten ;
dafs aber manche vorgefalste Meinung dabei mit im Spiel
ist, scheint mir durch so auffallende Verkennung des vom:
Dichter gewollten Zusammenbangs bewiesen, liefse sich
auch im einzelnen aus Aeufserungen wohl belegen*). Könnte
Hiob selbst reden, er. würde solche Versuche für ihn zu
1) Die Schwierigkeiten, die sich denselben in den Weg stellen,
habe ich in meinen „Beiträgen“ nachzuweisen gosucht.
*) Diese dritte Möglichkeit enthält keinen Widerruf meinerseits.
Schon in meinen „Beiträgen“ 9. 55 habe ich dieselbe aufgestellt für
den Fall, dafs sich die Reden Elihu’s als unecht erweisen.
®) Bo wenn Smend 8. 164 sagt : „Weils ein Hiob keine Ant-
wert auf die Frage, weshalb der Gerechte leide, so darf überhaupt
keia Mensch eine solche wissen, sie muls durch Gott geoffenbart
werden.
270 Budde, die Capitel 37 und 28
kämpfen zurückweisen und stolz darauf sein, dafs er ihrer
nicht bedarf. Seiner Gestalt die volle Beleuchtung wieder
zugeben, die der Dichter ihr hat geben wollen, ihn, de
Kämpfer für das Gewissen gegen Satan und Menschen
und vermeintlich auch gegen Gott seine Aufgabe kraftvoll,
wenn auch in schauerlicher Folgerichtigkeit bis zu Ende
durchführen zu lassen, das scheint mir nothwendig und
aller aufgewandten Mühe werth, und so wiederhole ich zu
Ende dieser Ausführungen mit voller Freudigkeit, was
ich schon vor fénf Jahren der Hauptsache nach auch
mit Beziehung auf die hier behandelten Capitel gesagt
habe : Ich bin kühn genug zu hoffen, dafs diese Auf-
fassung jener Reden und damit der Person Hiobs immer
mehr sich Bahn brechen wird.
Eine Schrift, von der ich erst während des Druckes
dieser Abhandlung durch Kautzsch’s Erwähnung in dem
„Wissenschaftlichen Jahresbericht über ‘die Morgenlandi-
schen Studien im Jahre 1879* erfuhr, zwingt mich su
einem Nachtrag. Es ist : Boelicke „Die Elihu-Reden (1.)
nach ihrem Zusammenhange mit dem übrigen Theil des
Buches Hiob und (2.) nach ihrem sprachlichen Charakter‘,
Gekrönte Preisschrift der theologischen und (umgearbeitet)
Doktor-Dissertation der philos. Fakultät zu Halle, 1879.
Die Art des Erscheinens entschuldigt wohl meine Unbe-
kanntschaft mit der Schrift; bei dem zugestandenen , sehr
genauen Anschlufs an meine „Beiträge wäre mir die Zu-
sendung derselben sehr erwünscht und gewils gerechtfertigt
gewesen. — Der zweite Theil der Schrift arbeitet nur mit
meinem Material — die Smend’sche Recension hätte
nicht übergangen werden sollen — der erste Theil bringt
in frischer, selbständiger Auseinandersetzung neben erfreu-
licher Uebereinstimmung manches Abweichende, was den
Gegenstand dieser Arbeit angeht.
des Baches Hiob. 971
c. 26, 5 ff. soll von Bildad ausgesagt sein, indem
EMReob ironisch „ihn mit Gott vergleicht und seine Weisheit
wamnmd Kraft der göttlichen gleichsetst.“ (8. 12.) Eine ganz
mpapee Ansicht. Dafür spricht nicht : 1) dafs Gott nicht
EEe@mannt ist, denn bei blofsem ,er* ist die Vermuthung
mets für Gott, besonders wo die Aussagen diese Beziehung
me<p klar an die Hand geben. Auch in c. 25, 2. 3 ist Gott
waächt genannt, und an das „er“ dieses Capitels knüpft Hiob
w. 5 ff. an, die aufgegebene Rede fortsetzend. Nur darum
Izsante v. 5 uns noch im Unklaren lassen, weil das „er“
Baier noch nicht auftritt. 2) Dafs die Worte, von Gott
anmsgesagt, keinen Sinn hätten. Hiob nimmt hier ebenso
‘wie in c. 9 den Freunden das Wort aus dem Munde und
stellt seine Uebereinstimmung mit ihren selbstverständlichen
Aussagen fest. Die Ueberleitung dazu übersieht Boe-
Licke, sie liegt in v. 4: „Wem hast du die Auskunft
gegeben, und wessen Eingebung spricht aus dir?* Die
direkte, scheinbar zugestehende Ironie der Verse 2 und 8
schlägt hier schon in das Gegentheil um : „Soll das etwa
für mich bestimmt sein, und hast du das von dir selber ?*
Die darin liegende Aussage, dafs Bildad ihm nichts Neues
sage, wird in v. 5 ff. von Hiob belegt, indem er ihn über-
bietet. — Gegen Boelicke’s Auffassung entscheidet
1) dafs eine so übertriebene, so wei: ausgesponnene nur
direkte Ironie ohne jede Andeutung der wirklichen Mei-
nung mifsverstanden werden mulste, 2) dais sich die Aus-
sagen des Stückes, auf Gott bezogen, als selbständig und
neu den zahlreichen Lobpreisungen Gottes im B. Hiob an-
schliefsen.
Ueber c. 27, v. 2—7 geht Boelicke sehr rasch hin-
weg. Das ist zu bedauern, denn bei scharfer Beachtung
von v. 7 als Ausspruch Hiob’s wäre es doch unmöglich
gewesen, v. 8—10 als von Hiob angeführten Einwurf der
Freunde zu fassen, wie Boelicke thut. Auf diesen Ein-
wurf läfst er Hiob von v. 11 an antworten, so aber, dafs
272 Budde, die Capitel 27 und 28
v. 13—23 sogleich wieder eine ironische Darstellung der
Lehre der Freunde geben (so nach Eichhorn, Bickel,
Hitzig, s. oben 8. 213 Anm.). Wenn dieser Sinn der
Stelle, wie doch verlangt werden muls, im Texte irgendwo
angedeutet sein soll, so mufs dies in v. 12b geschehen:
„warum redet ihr denn so eitel : etc.* Dann aber ist
v. 13—23 nicht „köstliche Ironie, sondern nüchterne Wie
dergabe der Rede der Freunde, und als solche in dieser
Ausdehnung unleidlich. Ferner feblt dann für 12a jede
Beziehung. Die auf v. 13—23, von uns festgehalten, ist
nun ausgeschlossen, weil 12b darauf geht. Die auf v. 11
ist unmöglich, weil der in c. 28 seine Ausführung findet,
und v. 12a davon nicht gelten kann. Ein Zugeständnils
der Freunde, dafs Gott häufig nach Willkür handle (vgl.
Boelicke 8. 12), ist nicht erfolgt und kann am wenigsten
in diesem Zusammenhang ausgebeutet werden. — Die
eigentliche, in v. 11 angekündigte Belehrung aber tritt dann
auf als Begründung eines Wortes in dem Fragesatze 12b.
„Warum redet Ihr so Eitles? (Was Ihr redet sst ested),
denn es giebt für den Menschen überhaupt keine andere
Weisheit, als die, fromm und gottesfürchtig zu leben.“ In
seiner Umschreibung legt Boelicke dem angeführten
Begründungssatze die Behauptung zu Grunde : „Nein, ihr
seid im Unrecht, nein, mit eurer Weisheit ist es nichts“,
aber die Frage ist aus 12 b eben nicht fortzuschaffen und
die Weisheit nicht hinein. Wie die Sache steht, ergiebt
sich bei Boelicke’s Auffassung ein mühsames Sichweiter-
-winden der Rede und eine ganz unnatürliche Folge der
Gedanken, wie beides am wenigsten in einer schlagenden,
abthuenden Schlufsrede erwartet werden kann. Gegen
seine Einwürfe werden meine Ausführungen oben genügen.
Auch in 21, 28 ff. zieht Buelicke den Einwurf der
Freunde falsch bis v. 31 incl., dagegen fafst er 12, 11 ff.
wie ich, 17, 8 f. in dem zuletzt von mir erwähnten und
nähegelegten Sinne. 8. 8. 102.
des Buches Ho. 93
Gans eigenthümlich ist Boelicke’s Erklärung von
31. 36-37 (S. 21 ff.). „O daß Einer mich hörte!“ ist
säne Aufforderung an irgend welchen Dritten aus den Zu-
hörern seine Sache ruhig anzuhören und eine unparteiische
Erklärung abzugeben. Die Unterschrift (1%) sind die letsten
Worte von Hiob’s Betheuerung in c. 31, also füglich dies
ganze Capitel seine Vertheidigungsschrift; aber auch die
Anklageschrift (‘n “0D) wird durch das y) als vorhanden
bezeichnet, sie besteht in oc. 29. 30. Der ‘3 we ist in der
Person gleich my, doch wird dieser in v. 35b angerufen,
die Richtigkeit der Unterschrift zu bestätigen. Die Suf-
fixe in v. 37 gehen nicht auf Gott als den Kläger, sondern
auf jenen unparteiischen Schiedsmann. Dagegen gilt Fol-
gendes : 1) Hiob’s eigene gerichtliche Schrift, unter welche
er soeben seine Unterschrift gesetst, umfalst nothwendig
c. 29-31, da nur sie zusammengenommen seine Sache
vollständig darstellen. Die c. c. 29. 30 können nicht die An-
klageschrift sein, weil sie die Angabe des Vergehens nicht
enthalten. Dafs Hiob danach vergeblich sucht, das ’n 80
also fehlt, beweist das ganze Buch, insbesondere 13, 23.
2) ‘297 sw kann nicht heißen „der Allmächtige beseuge
die Richtigkeit“, an sich nicht, am wenigsten aber wenn
der Allmächtige, wie Boelicke zugiebt, eben sein Gegner
ist. Vielmehr heifst es : „der Allmächtige antworte mir”,
d. i. auf meine Schrift, er reiche seine Gegenschrift ein |
Vgl. dafür die schlagenden Stellen 9, 3. 14. 15. 32; 13,
22; 23, 5, simmtlich auf den Rechtsstreit Hiob’s und
Gottes bezüglich, Und zwar ist an unserer Stelle Hiob der
Ankläger gegen Gott, wie dies sonnenklar auch in 13, 22b
und 23, 4 f. der Fall ist. Es bleibt bei der „Aktion gegen
Gott“ (Beiträge S. 4 f. 40.). Sind so die Antwort des
Allmächtigen und die Schrift des Widersachers ein und
dasselbe, so ist das ) vor “00 kaum entbehrlich, auch wenn
dies Glied zum Folgenden gezogen wird. 3) @ott, keinem
Anderen, will Hiob die Zahl seiner Schritte ansagen, shm
Zeitschrift f. & alttest Wiss. Jahrgang 8. 1982. 18
974 Budde, die Capitel 27 und 28 des Buches Hiob.
wie ein Fürst (nom.) nahen. Nicht nur ist 3" om das
nächste Beziehungswort für die Suffixe, sondern unsere
Stelle hat ihre genauen Parallelen in 9, 36; 13, 15a, 20b;
23, 4. 7, ist also in verschiedener Form stehender Bestand-
theil aller Stellen, die der unserigen entsprechen. 4) Der
Wunsch (nicht „Anrede“, so Boelicke) in 35a : „O, dals
jemand mich anhörte® kann sich auf Anwesende, auf Me-
schen nur so beziehen, dafs er einfach auffordert, auf die
folgenden Worte zu merken. So z.B. c. 13, 6. 17; 21,
2. f.; ähnlich 19, 23 f. Dann ist von einem Richter, der
die Entscheidung fillte, einem Schiedsmann, der eine un-
parteiische Erklärung abgäbe, hier nicht die Rede, sondern
nur von den beiden Gegnern, die ihren Streit ausfechten.
So auch 9, 14 f. 13, 18 ff. 23, 3 ff. Richter und Gegner
sind dabei in einer Person ununterschieden vereinigt. Ein
menschlicher Schiedsrichter, wie Boelicke will, st ın
einem Streit zwischen Gott und Mensch undenkbar, der
Gedanke daran wird von Hiob selbst abgewiesen 9, 33.
17, 3b. Bleibt jene Auffassung möglich, so legt doch das
vorausgesetzte schriftliche Verfahren sowie die stark indivi-
dualisirende Fassung 9 yow my den Gedanken an
einen Schiedsrichter, der seine dargereichte Anklageschrift
zur Verhandlung annehmen soll, jedenfalls näher. Die
Anklageschrift ist fertig, da steht die Unterschrift ; nun fehlt
nur noch ein Richter, der sie annimmt und den Wider-
sacher zu Gestellung und Vertheidigung nöthigt. Dann will
Hiob wohl mit dem fertig werden. Bei dieser Auffassung
ist der herbeigewtinschte Richter eine blofs gedachte, in der
Wirklichkeit nicht vorhandene Person, und dafür palst der
gewählte Ausdruck sehr gut. In der Entschiedenheit des
Auftretens gegen Gott, worauf es für mich ankommt, steht
keine dieser beiden Auffassungen der anderen nach.
cap. 28 falst Boelicke im wesentlichen ebenso wie
ich. Den sonstigen Inhalt seiner Schrift, worunter manches
Gute, mufs ich hier übergehen.
216
Deuterozacharja.
Eine kritische Studie.
Vom Herausgeber.
IIL Theil. Die Za. 9 ff. enthaltenen Beziehungen auf
die weltgeschichtliche Lage.
(Siche Jahrgang 1881, 8. 1 ff. 1882, 8. 151 ff.)
Nach drei Seiten hat in diesem Abschnitte die Unter-
suchung zu verlaufen. Wir ziehen 1) die Erwähnung der
griechischen Weltmonarchie 9, 13 in Betracht; wir unter-
suchen 2) das über Assur, Aegypten in c. 9. 10 Erwähnte
und suchen 3) zu bestimmen, in welche Zeitlage die 9, 1 ff.
11, 1 ff. geweissagten Kriegszüge passen.
a) Die Griechensöhne 9, 13.
Vollkommen entscheidend für die Bestimmung der
Abfassungszeit von Za. 9 ist schon die Erwähnung der
ma 9, 13 für sich allein. Denn an die Ueberwin-
dung dieser Javansöhne durch die Zionsöhne knüpft sich
der Eintritt des messianischen Reiches. m ist also die
Israel feindliche, den Anbruch des Gottesreiches verhin-
dernde, daher behufs seiner Heraufführung zu überwin-
dende Weltmacht. Eine Weltmacht, welche jr genannt
werden konnte, hat es erst seit Ueberwindung des Perser-
reiches durch Alexander den Macedonier gegeben. Und
wir wissen aus dem Buche Daniel, dafs man die griechische
Weltherrschaft als die der f1 bezeichnet hat. Der mit dem
grofken Horne versehene Ziegenbock, welcher den doppelt-
gehörnten Widder d.h. das medisch-persische Reich nieder-
stöfst, ist nach Dan. 8, 21 der 1% 759. Das macedonische
Reich heifst Dan. 11,2 mop und der Schutzengel des
mit Alexander zur Herrschaft gekommenen Hellenenvolkes
18*
276 Stade, Deuteroaachaxja.
10, 20 jy Wy. Dafs an unserer Stelle nicht von irgend einen
obscuren Volke it geredet werde, haben die Vertheidiger der
rabbinischen Tradition so gut erwiesen als sie gesehen
haben, dafs sich der Sprachgebrauch unserer Stelle au
Daniel erklärt, wiewohl ihre Lieblingsmeinung, dafs Za. 9, 13
auf Daniel’s Weltmonarchien Besug nehme, den Sachver
halt verkehrte. Im Uebrigen war bei der Ansicht der
Letsteren von der Prophetie keine Schwierigkeit vorhanden,
ein prophetisches Stück, welches das Bestehen der mace-
donischen Weltmonarchie voraussetzt, von Zacharja, dem
Zeitgenossen Josuas und Zerubbabels, herzuleiten.
Diesem Sachverhalte gegenüber haben diejenigen Kri-
tiker, welche den in Deutschland zuerst von Flügge ein-
geschlagenen Pfaden folgten, sich zu allerhand seltsamen
Ausflüchten gedrängt gesehen. Und zwar fällt auf, dab
die Empfindung der deutschen Kritiker für die Bedeut-
samkeit der Stelle 9, 18 im Allgemieinen immer schwächer
wird. Flügge ist sich derselben durchaus noch bewußt.
Denn er sieht sich zu dem fruchtlosen Versuche genöthigt
nachzuweisen, dals jr eben etwas anderes als }1' sei.
Ein Jahr vor Flügge’s anonymer Schrift erschien
J. Gottfr. Eichhorn’s Einleitung ins A.T. Eich-
horn waren Bedenken gegen die Herleitung von Za. 9—14
von Zacharja aufgestofsen, er hatte jedoch nach Erwägung
der Gründe für und wider geglaubt sich für die traditio-
nelle Ansicht aussprechen zu müssen. Inswischen erschien
1784 die anonyme Schrift Flugge’s. Durch Fligge’s
Widerspruch wurde Eichhorn in seiner Entscheidung
abermals wankend gemacht. Er behielt jedoch in der
2. Auflage seiner Einleitung (Bd.8. Lps. 1787 8. 321—326)
den Text des Paragraphen, welcher sich für die traditio-
nelle Ansicht aussprach, bei, versah denselben aber
8. 326 mit einer Anmerkung, worin er mit Rücksicht auf
Flügge’s Widerspruch bekennt, dafs er sich jetzt mehr
der andern Meinung suneige, die sie dem Zacharias ab-
a N U oe
Elchhorn’s Hypothese. 377
spricht : „jedoch obne ganz zu entscheiden, ohne den Verf.
dieser Capitel su bestimmen, oder su bebaupten, dafs alle
hinter dem achten Capitel befindlichon Stücke ewerley Ver-
fasser erkennen. Schreibart und Inhalt haben mich in
meiner Meinung wankend gemacht. Denn bey allen oben
angeführten Aehnlichkeiten bleibt doch immer noch die
Schreibart sehr verschieden : die ganse Composition ist
anders, das Colorit ist verschieden, und die Farben sind
auf eine andere Weise vermischt : in der Zusammenstimmung
des Ganzen (wobey es weniger auf einzelne Worte an-
kommt) finde ich den Geist des Zacharias nicht mehr so
deutlich. Besonders aber macht mir der Inhalt dieser
Stücke meine vorige Meinung verdächtig. Za. 9, 1—8
scheint die Siege Alexanders, insofern es dabey den Juden
wohl ging, zu besingen; kann das Orakel so alt wie Za-
charias seyn? Dagegen scheint Za. 9, 9 bis 10, 18, oder
das Orakel von den glücklichen Zeiten des Messias viel
älter, und zu einer Zeit verfertigt zu seyn, da es noch ein
Reich von Assyrien gab (10, 10—12), und die Staaten
Israel und Juda noch nebeneinander bestanden (9, 10. 18.
10, 6. 7). Weniger läßst sich über das Alter des Trauer-
gesangs auf eine schwere Niederlage, bey welcher Anführer
and die tapfersten Krieger geblieben waren (11, 1—3), und
der darauf folgenden Parabel oder Dichtung (11, 8—17)
bestimmen; und ebensowenig trägt die Schilderung von der
herrschenden wahren Religion und der Unbesiegbarkeit
des Staats (12, 1 bis 13, 6) deutliche Merkmale ihres Alters.
Dagegen scheinen die Hoffnungen eines Israeliten nach
dem Abzug Nebucadnezars, in Rücksicht auf das Schicksal
der Zurückgebliebenen und der künftigen Zeiten (13, 7. 14)
in die Zeit der Zerstörung des Staats selbst zu gehören,
wofern man nicht annehmen will, dafs ein späterer Dichter
sich in diese Lage mit seiner Phantasie versetzt habe.“
Diese Vermuthungen, welche Flügge’s Ausführungen
bei Eichhorn zunächst hervorriefen, habe ich fast in extenso
278 Stade, Deuterosacharja.
gegeben, denn sie zeigen, dafs auch Eichhorn trots ein-
zelner richtiger Erkenntnisse in den zwei Punkten irre
geführt worden ist, in welchen überhaupt die Kritik seit
Flügge’s Buch in Deutschland irre gegangen ist. Er ist
einmal dazu verleitet worden, in cc. 9—14 statt eines Schrift-
stückes ein Conglomerat verschiedener Orakel von zum
Theil unmöglicher Winzigkeit zu sehen, dann aber hat
ihn die Erwähnung von Ephraim, Joseph, Assur, Aegypten
verleitet, auf das Nochbestehen des Reiches Israel, der
Reiche Assyrien und Aegypten zu schliefsen. In beiden
Punkten hat Eichhorn später, wiewohl nicht überall be-
stimmt genug, das Irrige seiner Aufstellungen eingesehen.
Allerdings zerlegt er cc. 9—14 in seiner Uebersetzung der
„Hebräischen Propheten® (3. Bd. 1819) noch in verschiedene
Abschnitte, allein er hat sich bereits überzeugt, dafs 9, 9
bis 10, 12 so gut in die griechische Zeit gehört wie 9, 1-8
und zerlegt daher cc. 9—14 nur noch in die Abschnitte
9, 1 bis 10, 12. 11, 1—3. 11, 4—17. 12, 1 bis 13, 6. 13,7
bis 14,21, ferner weist er alle diese Abschnitte jetzt in die
nachexilische Zeit. Inzwischen waren (1818) J. B. Köster's
fleifsige „Meletemata critica et exegetica in Zachariae pro-
phetae partem posteriorem c. 9—14* erschienen, von denen
Eichhorn in der 4. Auflage seiner Einleitung (Bd. 4.
Göttingen 1824, § 444 Anm.) urtheilt : „Von § 27—92
sind sehr bündige Beweise dafür geführt, dafs von den
14 Capiteln des Zacharias keines in frühere Zeiten gehören
könne, sondern Sprache, Bilder, Vorstellungsweise auf späte
Zeit führen : bezweifeln kann man nur, ob späte Zeiten
für gleichbedeutend mit Zeitalter des Zacharias des Sohns
Berachias genommen werden müssen“. Und in derselben
4. Aufl. entscheidet sich Eichhorn wiewohl unter Aeulse-
rung eines Bedenkens in Bezug auf den Abschnitt 13, 7
bis 14, 21 für Ableitung der Capp. 9—14 von einem Verf.
Die Bedeutung von 9, 13 kommt bei ihm jetzt völliger zum
Ausdrucke, wiewohl aus diesem Verse wie überhaupt aus dem
Eichhorn'’s Hypothese. 979
ganzen Abschnitte noch manche unrichtige Schlüsse über
die zeitgeschichtliche Situation im Einzelnen gezogen werden.
„Der Dichter, sagt Eichhorn 8. 444, besingt die Herr
schaft der Griechen in Asien (v. 13)* oder 8.445: , Wenn
es nun wahr ist, dafs alle Weissagungen vom Gegenwär-
tigen ausgehen und die Propheten mit keinem Volke
drohn, und von keinem etwas verheilsen, als bis das Volk
selbst auf den Schauplatz und mit ihrer Nation in Verbin-
dung getreten ist; so kann der Dichter nicht wohl früher
von Alexanders Verhältnis zu den Juden gesprochen
haben, als nach der Schlacht bei Issus, wo er sie zuerst
bey der Besitznahme und Eroberung ihrer Nachbarschaft
berührt hat. Eichhorn geht nämlich von der Voraus-
setzung aus, dafs das Thema der Zukunft, welches der
„Dichter“ im Abschnitte 9, 1 bis 10, 12 bearbeitete, sei : „die
Jüdische Nation habe durch Alexanders Eroberungen nichts
gelitten, sondern sich vielmehr durch die Besetzung der
Beestädte von Philistäda mit jüdischen Colonisten ansehn-
lich ausgebreitet, dies könne zum Beweis dienen, dafs Je-
hova wieder die Regierung seines Volkes übernommen
habe, und Israel auf dem Weg zu seiner Grifse sei”. Er
schliefst die Erörterung über 9, 1 bis 10, 17 8. 449 mit
der Ausführung des Gedankens, dafs von ihm keine Er-
klärung möglich sei, wenn sie nicht aus der Geschichte
Alexanders des (irolsen geholt werde. Die Abschnitte
11, 1—17. 12, 1 bis 13, 6 sind nach Eichhorn von keinem
Inhalte, aus welchem sich ihr Zeitalter bestimmen liefse. Der
Ursprung des letzten Abschnittes aber 13, 7 bis 14, 21
leide entweder gar keine Bestimmung, oder er müsse für
einen Trostgesang angesehen werden, von der ersten Nach-
richt veranlafst, dafs Judas Makkabi in der Schlacht mit
Bacchides geblieben sei (8.460). Doch giebt er jener An-
sicht, welche c. 9—14 von einem Verfasser herleitet, im
Ganzen den Vorzug, so dals für ihn im Buche Zacharias
„zwei Dichter® vereint sind, vgl. § 606, S. 456 ff., 8 607 8.461.
Ls
280 Stade, Deuterosacharja.
Eichhorn’s Entdeckung hat, wenn wir von der Zustim-
mung Corrodi’s!) und dem Wiederhalle, welchen sie be
Geo. Lor. Bauer?) gefunden hat, absehen, wenig Glück
gehabt. Verhängnifsvoll hierfür ward, dafs sowohl die Kritik
als die Apologetik ihre feste Position gewann, ehe sich
Eichhorn zu einerklaren Anschauung hindurchgearbeitet
hatte. Es ward schädlich, daß Eichhorn nur allmählig und
nach vielem Schwanken zu einer leidlich richtigen Ansicht
gelangte. Schon dafs er den Nachdruck zunächst auf
9, 1—8 legte, hat, wie wir sehen werden, den Eindruck
seiner Argumentation geschwächt. Weiter war Eich-
horn vorübergehend für 9, 9 ff. durch Flügges Argı-
mente bethört worden. Die Argumente Flügges «x
seugten schon um dieses Schwankens willen einen stär-
keren Eindruck als die Eichhorn’s. Ueber diesem Ein-
drucke übersah man das auch in der unvollkommenen Form
der Eichhorn’schen Hypothese steckende Moment der
Wahrheit; man kam nicht dazu, die von Eichhorn auf-
gefundenen Spuren weiter zu verfolgen. Weiter aber
wurde durch R.C.Döderlein’s®) Recension über W.New-
komes Commentar die Stimmung für Flügge noc
günstiger.
So war es nur naturgemäls, dafs die Vertheidiger der
Tradition sich mit viel grifserer Energie gegen Flügge
und Newkome als gegen Eichhorn wandten. Mit
Eichhorn theilten sie ja zudem gewisse Theile der Po-
!) In der anonymen Schrift : Versuch einer Beleuchtung der Ge
schichte des jüd. u. christl. Bibelkanons. 1. Bändchen, 8. 107.
*) Entwurf einer hist. krit. Einleit. i. d. Schriften d. A. T. 8. Aufl
Nürnberg u. Altdorf 1806. 8. &11. In Joh. Chr. Frid. Schalsii
Scholia in Vet. Test. cont. a G. L. B. Vol. VIII, Norimb. 1794. 8. 74
registrirt B. sowohl Fligge’s als Eichhorn's Ausatzs, ohne ach für
einen derselben zu entscheiden. Nur dafs die CC. nicht von Zacharja
seien ist ihm gewiln.
8) Auserlesene theol. Bibl. Leipzg. 1787. Bd 4, (2. Stück; 8. 81 #
Die Schicksale der Eichborn'schen Hypothese. 281
‘sition, mit dem vermögen sie die Verse 9, 1—8 auf Alexander
su beziehen, sie schulden ihm ja auch noch dafür Dank, dafs
er ihnen mit seinen in den ersten Auflagen der Einleitung
für die Authentie geltend gemachten Argumenten die bei
ihrer Beweisführung einzuschlagenden Wege gezeigt hat.
So wendet sich denn schon M. J.H. Beckhaus'), welcher
seine Ausführungen sowohl gegen Newkome und Flügge
als gegen Eichhorn kehrt, doch hauptsächlich gegen
die ersteren. Eichhorn’s Beziehung von c. 9 giebt er su
ohne daraus einen Beweis zu entnehmen, mit Eichhorn
weils er sich in verschiedenen Punkten einig. Ebenso ist
Flügge für Joh. Jahn*) der eigentliche Gegner. Die
von diesem vorgebrachten Gründe werden einzeln aufge-
zählt und widerlegt, als für ein späteres Zeitalter vorge-
brachter Grund wird lediglich erwähnt, „dafs die voraus-
gesagten Begebenheiten von Sacharia zu weit entfernt
seien — und dieser in der Position der Gegner kaum
eine Rolle spielende Grund wird dann summarisch mit der
abweichenden Ansicht über die Prophetie widerlegt.
Weit mehr aber als diese Vertheidiger der Tradition
haben ee J. Ch. W. Augusti, Leonh. Bertholdt und
W. M. L. de Wette verschuldet, dafs die Untersuchung
über die Herkunft von Za. 9 ff. in falsches Fahrwasser
gerieth, Augusti®) erwähnt, hierin die Späteren vor-
bildend, nur die traditionelle Ansicht und die Flügg e’sche
Hypothese. Bertholdt, welcher ja auch durch seine po-
sitiven Aufstellungen über Za. 9 ff. die Meinungen der
Kritiker in entscheidender Weise beeinflufst hat, findet sich
*) Ueber die Integrität d. proph. Schriften des A. B. Halle 1796.
8. 840 ff.
*) Einleitung i. d. Göttl. Bücher d. A. B. 2. Aufl. 3. Th. 2. Abechn.
Wien 1808. 8. 675 ff.
*) Grundrifs einer hist. krit. Kinleit. ins A. T. Leipsig 1806.
8. 289 f. 2. Aufl. 1827. 8. 843 ff.
282 Stade, Deuterosacharjs.
allerdings noch mit Eichhorn’s Ansicht, wenngleich in
sehr oberflächlicher Weise ab"). Er hat gegen sie nichts
einzuwenden als die individuelle Empfindung, dafs der Pro-
phet aus einer zu fernen Zeit her spreche. Die Griechen
9, 13 sind für ihn entfernte Völker; daß auch die kriege
rischen Unternehmungen solcher vereitelt werden, ist ihm
Spitze der Weissagung. Sein Hauptargument ist die Er
wähnung Judas und Ephraims. Bei de Wette?) aber,
welcher im Uebrigen auch hier zu sehr in den Fufsstapfen
Bertholdt’s geht, vermifst man wie bei Augusti jede
Erwähnung der Ansicht Eichhorn’s gänzlich. Die von
ihm bekämpfte Position ist die der Apologeten. Der Vers
9, 13 kömmt für ihn nur in Betracht, sofern er nicht den
Bestand des israelitischen Reiches vorauszusetzen scheint.
Es ist allgemein bekannt, dafs de Wette die ganze Frage
niemals anders als unter der Alternative vorexilisch oder
zacharjanisch betrachtet hat. Durch den Beitritt dieser zu
Flügge’s Hypothese gewann dieselbe so allgemeine Ver.
breitung, dafs Köster, welcher sich noch in reinlicher
Weise mit Eichhorn’s Hypothese auseinanderzusetzen
sucht, sie bereits als zur Zeit herrschende empfindet und
von ihr die traditionelle einfach als die der älteren unter-
scheidet.
Dafs aber auch die 8. 278 f. erwähnte letzte Umgestal-
tung der Eichhorn’schen Hypothese hierin keinen Wandel
schaffte, verschuldete gleichfalls Eichhorn theilweis selbst.
Derselbe ging bei der Beurtheilung prophetischer Schrift-
stücke von der Voraussetzung aus, dieselben gäben eine
verschleierte historische Darlegung gegenwärtiger oder ver-
gangener Zustände oder Ereignisse. In der Verwerfung
dieses Begriffes von Prophetie stimmte aber bereits die
!) Histor. krit. Einl. in sämmtl. kanon. und apokr. Schriften des
s. u.n. T. Theil 4. Erlangen 1814. 8. 1714.
*) Lehrbuch d. hist. krit. Einleit. Berlin 1817. 8. 272 f.
Die Schicksale der Eichborn’schen Hypothese. 283
Mehrzahl der Kritiker mit den Apologeten überein. Weiter
ast Eichhorn niemals davon abgegangen, den Haupt-
machdruck in seiner Beweisführung auf 9, 1—8 zu legen.
Und niemals hat er den in 9, 13 enthaltenen Gegensatz
Won 3 9 und m ‘12 voll erfafst.
:So verlieren weder die Apologeten noch die Kritiker
die inzwischen einmal gewonnene Position. Das Gefühl
für die Bedeutung der Argumente Eichhorn’s — später
wohl auch die Kenntnifs derselben — geht allmählich ver-
loren. Noch Rosenmüller hatte in der ersten Auflage
der Scholia, in welcher er unter dem Eindrucke der Argu-
mente Bertholdt’s die Authentie Preis giebt, sich durch
9, 13, wiewohl er meint „@raecis vates per syncedochen
barbaras gentes in universum designat“, zu dem Schlusse
genöthigt gesehen : „Videntur tunc temporis Macedones
ita invalescere cepisse, ut Asiae Occidentalis civitatibus
metum injicerent*. Aber die Spiteren zeigen weniger
Ueberlegung. Es wird ihnen die Freiheit des Blickes immer
mehr durch die für die vorexilische Abfassungszeit vorge-
brachten Argumente benommen. In characteristischer Weise
zeigt sich dies schon bei Forberg?). Allerdings kehrt
dieser sich wieder wie gegen die Vertheidiger der Authentie
so gegen Eichhorn. Aber das Gewicht der von diesem
vorgebrachten Gründe empfindet er so wenig, dals er 3.15
meint : at ille, quum cur ad hanc potissimum opinionem
adductus sit, caussas nullas aperuerit, eas ut conjectura
adsequamur necesse est“. Zu 9, 13 kommen ihm die
Griechen nur als ferne Völker in. Betracht, er combinirt
die Stelle mit Am. 1, 9 ff., Joel 4, 4—7 (8. 22). Daneben
widerspricht er dieser Auffassung direct und schiefst in
sonderbarster Weise an dem beinahe berührten Ziele vor-
$) Scholis in Vet. Test. VII, 4, Lipsiae 1816. 8. 258.
*) Commentarii critici et exegetici in Zachariae vaticiniorum part.
poster. partic. J. Cobuargi 1824.
984 Stade, Douterosacharja.
über, wenn er 8. 27 den Inhalt von 9, 18 so formalirt:
„Ita mala vestra bonis compensabo, ut ii ipsi, quorum im-
perium adhuc ferebatis, Graeci aliique exteri populi nunc
vestri servi fiant“. Dieselbe Unklarheit zeigt sich darin,
dafs er den Versuch Fligge’s, umsudeuten, zurück
weist. Forberg’s Hauptgrund gegen den Ansats von
e. 9 in Alexanders Zeit ist eine vorgefalste Meinung :
„Libri prophetici omnes aetatem Darii Hystaspis et Arte
xerxis non exoedunt“. Das Stück würde andernfalls unter
den Hagiographen stehen.
Andere hinwiederum sahen tiber m klarer wie For
berg und versuchten daher, für die Hypothese vorexilische
Abfassung voreingenommen, Eichhorn’s Ansats durd
Mifedeutung von } zu beseitigen. Hierin war ja bereits
Flügge vorangegangen. Er hatte in der Erklärung vo
9, 18 seine Verwunderung darüber ausgesprochen !), dalı
auch die besten Ausleger in dieser Stelle Griechenland
finden, während es augenscheinlich das sei, was in de
Aufschrift Damascus und Hamath heifse, und in einen
eigenen Excurse?) nachzuweisen gesucht, dafs die rein
hebräischen Schriftsteller (er meint das A. T. aufser Daniel)
unter Javan nie Griechenland verstanden hätten. Schon
für Flügge ist die Veranlassung zu dieser monströsen
Behauptung eine Conjectur Bocharts su der verdorbenen
Stelle Es. 27, 19 und schon bei ihm spielt daneben die
Stelle Joel 4, 4—8 ihre Rolle. Der Ungrund dieser Ver
muthung und die weiteren Schicksale derselben habe ich
an cinem andern Orte auseinandergesetzt. Es genügt hier-
auf zu verweisen ?®).
So wird es denn bei den Apologeten allgemein üblich bei
Vertheidigung der Authentie die Waffen gegen den Ansats
) a. a. O. 8. 25.
%) a. a. O. 8. 86 ff.
*) De populo Javan parergon 8. 11 ff.
Die Behicksale der Eichhora'schen Hypothese. 285
in vorexilischer Zeit su richten und Eichhorn’s Ansatz
höchstens von oben herab mit einigen Worten zu streifen.
So besieht s.B. Hengstenberg!) 9, 13 auf die Kämpfe
der Juden mit den Seleuciden, wie das nach Hieronymus
die jüdische Ueberlierung that, und findet in 9, 1—10 eine
Beschreibung des Zuges Alexanders nach der Schlacht bei
Issos, „so deutlich, wie sie bei dam nie aufsuhebenden Unter-
schiede zwischen Weissagung und Geschichte nur immer
gegeben werden konnte”. Der Spott, mit welchem er
ebenda die Verlegenheiten der Kritik und die Widersprüche,
in welche sie zu ihren eigenen Principien hierbei tritt,
geilselt, ist wohlverdient, während Hengstenberg seiner-
seits hinwiederum die Schwäche der eigenen Position ver-
räth, wenn er Eichhorn’s Ansats „ein versweifeltes
Mittel“ nennt, aber in der Anmerkung 8. 888 darauf hin-
weist, dals in der Zeit des Propheten Zacharja schon ein
Anknüpfungspunkt vorhanden gewesen sei, da Darius’ Ab-
sichten auf Griechenland schon bald nach seiner Thron-
besteigung hervorgetreten seien. Viel leichter macht es
sich Hävernick®). Er glaubt die Annahme nachsachar-
janischer Abfassung mit der Phrase zu widerlegen : „sie
beruhte auf einer ebenso oberflächlichen als dogmatisch be-
fangenen exegetischen Auffassung des Abschnittes und
zeigte nur, wie wenig man sich in die allerdings sehr be-
deutenden Schwierigkeiten desselben su finden wulste“. Der
Wahrheit nahe kommt A. Köhler, wenn er?) urtheilt :
„Das ganse Volk Israel mufs von dem Propheten als unter
der Zwingherrschaft Javans leidend gedacht seyn. Dies
war in der vorexilischen Zeit niemals der Fall“. Aber
während noch hinzuzufügen war: „ebensowenig in der Za-
charjas®, fährt Köhler fort: „wollen wir nun nicht — wo-
!) Christologie 2. Aufl. III, 1 8. 828. 887 ff.
®) Handbuch der histor. krit. Einleitung ins Alte Testament 2, 2.
Frankfurt 1844, 8. 409.
®) Nachexil. Proph. Abth. 8. 8. 78.
286 Stade, Deuterosacharja.
gegen nach dem jetzigen allgemeinen Urtheil die entsche-
dendsten Griinde sprechen — unsern Propheten mit Eich
horn, Paulus, Gramberg') in die Zeit Alexanden
oder die makkabäische Zeit herabrücken, so können we
uns der Annahme nicht entziehen, dals er die Weissagunza
Daniels im Auge hatte“. Hier wird also der Succeis,
welchen Flügge’s Vermuthung hat, als Succurs gegen
Eichhorn verwandt. Nicht besser ist es, wenn Orten
berg 8. 29 sagt : „man verweist uns auf Za. 9, 13 und
die dortige Erwähnung Jaran’s als — „Repräsentanten der
der Theokratie feindlichen Weltmacht“. — Als ob die
Griechen zu der Zeit des nachexilischen Zacharja eine
solche Prophetie veranlafst haben könnten, und die rich
tige Erklärung des Einzelnen wie die Einsicht in den Ze
sammenhang nicht auf ein bestimmtes durch Joel (4, 6)
uns verbürgtes Ereignifs mit aller Gewalt hinwiese!* —
Ist nun unter jv 9, 13, wie die Vertheidiger der Au
thentie bis auf den jüngsten derselben, Bredenkamp,
richtig nachgewiesen haben ohne daraus die nothwendigen
Schlüsse zu folgern, die Israel bedrückende griechische
Weltmacht, die Nachfolgerin der persisch-medischen Wdt-
monarchie zu verstehen, so begreifen wir auch erst die Ver
anlassung der Abfassung des Stückes völlig. Wir sahen
8.160 ff., dafs das Unternehmen, die noch nicht erfüllten Weis-
!) Gramberg’s Stellung sur Frage ist hiermit nicht genau wie
dergegeben. Er wendet sich direct gegen Eichhorn, dessen Vor-
aussetzungen über die Prophetie er nicht theilt und hält Ze. 9-14
swar für nachexilisch aber mit Benutzung älterer prophetischer Sticke
gearbeitet. 8. Religionsideen II, 8. 520 ff. 655. 660. Falsch ist in
seiner Auffassung, dafs er den Verfasser von Za. 9—14 unter Xerxes
schreiben läfst, s. 8. 667. Aus Köhler’s Commentar ist der Irrthum in
Pressel’s Commentar über Haggai, Sacharja und Maleachi, Gotha
1870 8. 39, übergegangen, welcher auch Vatke den Abschnitt in die
Zeit Alexanders versetsen lälst, wäbrend derselbe vielmehr an die Zeit
der persisch-ägyptischen Kämpfe denkt. Hävernick a. a. O. 8. 409
und Ortenberg, a. a. O. 8. 7 £ haben das Richtige.
288 Stade, Deuterosacharja.
griffe erhielten sich. Die Religion der nachexilischen Ge-
meinde vertrag sich im (tanzen mit der persischen Fremdherr-
schaft recht wohl, dieselbe gewährte ihrer Entwickelung freien
Spielraum. Das änderte sich völlig durch das gigantische
Werk Alexanders. Jetzt wurde Juda Glied eines W eltreiches,
in welchem sich gegenseitig die mannichfaltigsten Sitten und
Gebräuche, die verschiedensten Culturen durchdrangen, n —
welchem aber doch je länger je mehr die Sitten und Vor |
stellungen der Eroberer, wiewohl vielfach ins Orientalische
umgebildet, sur Herrschaft kamen'). Aber diese Umbil-
dung des Hellenischen zum Orientalisch - Hellenistischen
machte die neuen Ideen und Lebensgewohnheiten dem
Volke Israel nicht erträglichee. Von Ideen der Religion
Israels war die neue Mischung kaum beeinflufst worden,
destomehr von babylonischen, persischen, ägyptischen Vor-
stellungen. Sowohl was in ihr althellenisch als was im ihr
halbasiatisch war trat als ausgesprochen heidnisch jüdischem
Fühlen und Denken entgegen. Hatte doch schon längst
alles Thun eines Juden seine Besiehung zur väterlichen
Religion gewonnen. Dies gab dem jüdischen Volksthume
eine erheblich gröfsere Widerstandskraft gegen Fremdes,
als sie andere orientalische Nationen besaßen. Und so
stiefs denn in dem jüdischen Volke der um die Weltherr-
schaft ringende Hellenismus auf den zühesten Gegner, den
er zu bekämpfen gehabt hat, denn er stiels in ihm auf die
unverwüstlichste Lebensmacht, welche sich inder Welt bisher
entwickelt hatte. Umgekehrt aber gewann der Kampf auch für
den Juden ein viel ernsteres Gesicht als der Kampf mit den
heidnischen Weltmächten jemals früher gehabt hatte. Im
%) Droysen, J. G., Geschichte des Hellenismus I, 3 (II) Goths
1877 8. 801 £. : „So darf man den Hellenismus mit Recht die erste
Welteinheit nennen, während das Achämenidenreich nichts als ein
Sufserliches Aggregat von Ländermassen war, deren Bevilkerangen nur
die gleiche Knechtschaft mit einander gemein hatten“.
_ Die Erwähnung der griechischen Weltmonarchie. 289
Lellenismus trat dem Judenthum nicht blofs die brutale Gewalt
mtgegen, welche auf das Recht des Siegers pocht, sondern
une geistige Macht, welche durch die Kraft und Wahrheit
hrer Ideen auf Eroberungen auszieht. So beginnt denn
jeme Auseinandersetzung zwischen jüdischem Monotheismus
amd hellenistischer Cultur, welche vielleicht in friedlichem
Processe durch einen Kampf der Geister verlaufen wäre,
wenn nicht Antiochus IV. Epiphanes’ unkluge, nicht nur
überhastende, sondern auch tiberspannende Malsregeln eine
energische Reaction des in seinem Heiligsten verletzten
Volksgeistes hervorgerufen hätten, eine Reaction, deren
Wogen nunmehr auch das mit hinwegrissen, was von guten
und schönen Besitzthümern der griechischen Cultur Werth
gewesen wäre vom jüdischen Volke erworben zu werden.
Sollte es überhaupt dem wirklichen Gange der Dinge ent-
sprechen, dafs wir aus diesen bewegtesten Zeiten, diesen
Zeiten, in welchen die Kraft des Heidenthums gebrochen und
die künftige Weltherrschaft der monotheistischen Gottes-
gedanken Israels angebahnt wurde, so wenig literarische
Denkmäler überliefert erhalten hätten, als die traditionelle
kritische Behandlung des A. T. uns glauben machen will? ')
Damit, dafs ja damals auch Israels Sprache immermehr
erloschen sei, kaun man dies nicht motiviren. Denn noch
am Ende unserer Periode schrieb und verstand wer in
Jarael geistige Interessen verfolgte die heilige Sprache der
Väter. Es wäre jene Annahme so unwahrscheinlich, dafs
man immer wieder nach Zeugnissen jener geistigen Be-
wegung suchen mülste, wenn sie sich nicht ungesucht
böten. Wie Daniel diese ganze Periode schlielst, so er-
öffnet sie Za. 9-14. So bewahrheitet sich auch von dieser
Seite, was wir S. 170 bereits sahen, dals wir in Za. 9—14
eine Reaction gegen die durch Alexanders Eroberung ge-
schaffenen Zustände haben. |
) Vgl. die Aeufserungen Ewald's, G.V.I. 4° 8. 289, welcher auch
hier in der Gesammtauffassung seinen Einzelerkenntnissen weit voraus ist.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 3. 1888. 19
390 Stade, Deuterosacharja.
Und so ist denn, was von den Aelteren allem Bott
cher!) völlig erkannt hat, die Erwähnung der „Griecken-
söhne* in v. 9, 13 allein ein swingender Grund für den
Ansatz von Za. 9—14 in hellenistischer Zeit und jeder
Vorschlag einer Aenderung dieses Ausdruckes ein Zuge
ständnifs dieses Sachverhalts.
b) Assur, Aegypten und die Diaspera.
Unter den Gründen derer, welche Za. 9 ff, in die vor-
exilische Zeit versetzen, spielt eine Hauptrolle, dafs As
syrien und Aegypten (10, 11), Damaskus, Tyrus und Phi-
listia als selbständige Staaten erwähnt würden®). Wir
sahen in der Analyse von o. 9, 1 ff., dafs die Belbständig-
keit der dort genannten Landschaften und Städte mit keinem
Worte vorausgesetzt ist. Wie aber steht es nun mit 10, 11:
„Dann wird gedemüthigt der Hochmuth Assyriens und von
Aegypten weicht das Königsscepter”? Gramberg *)
5) Neve exeget.-krit. Achrenlese sum A. T. 2. Abth. 8. 215 fi.
„Za. 9, 18 m Jonien, Griechenvolk*. Die Art wie dieses hier ganas
verschieden von Jo. 4, 6. Jes. 66, 19 als Hauptgegner Zions genannt
wird, seigt hauptsächlich, dafs die Stücke Za. 9 ff, die jeder sicheren
Unterbringung in vorexilischer und vormacedonischer Zeit widerstreben,
erst nach Alexanders Durchzug durch Palästina geschrieben sein können.
Und dazu stimmt das spätere Colorit, der levitische Geist, der com-
pilatorische an Nachbildungen reiche Stil, sowie die phantastisch-mes-
«ienische Huffaung. Letutere mulste nach dem Umsturs durch Alexander
bei den Juden neu belebt worden sein.
5) Flügge, a. a O0. 8. 8i £&. Bertholdt, aa O. 8. 1714 L.
de Wette, a. a. OÖ. 8. 372. Bleek, Studien u. Kritiken 1852, 8. 270
urtheilt, es setse 10, 11 deutlich eine Zeit voraus, wo Assyrien und
Aegypten beides mächtige und selbständige Reiche waren, die sich dea
Isracliten feindlich bewiesen hatten und von Seiten derer ihnen fort
während am meisten Gefahr drohte. Ortenberg a. a. O. B. 89
findet sogar, Assyrier und Aegypter würden nicht nur als selbetändig,
sondern auch als bisher unangefochten in ihrer Obmacht fiber andere
Völker genannt.
*) a. a. O. 8. 581.
292 Stade, Deuterozacharja.
fortsetzte, wie dieses das babylonische, letzteres das assy-
rische, dana insofera es die eben deshalb syrisch genannten
Küstenstriche mit umfafete. Beides läuft in dem einen zu
sammen, dals das Reich der Seleuciden den gröfsten Thal
der Territorien umspannte, welche einst dem Scepter des
Assyrerkönigs unterworfen gewesen waren.
Insofern das Reich des Seleukos von Babylonien aus
seinen Ursprung nahm, kann es Assur genannt werden,
denn das babylonische Reich selbst wird als Fortsetzung
des assyrischen mit diesem Namen belegt und das persische
Reich gab sich als Fortsetzung des babylonischen. So ist Jer.
2, 18. Thre. 5, 6. Mi. 7, 12 Assur, in allen drei Stellen neben
Aegypten genannt, Bezeichnung Babyloniens. Der weit 39
2K0.23, 29 ist Nabopolassar. Die Könige von Persien aber,
welche sich seit der Eroberung Babels als Könige von
Babel beseichnen, können eben deshalb auch Könige von
Asayrien genannt werden. So erscheint Esra 6, 22 nk yo
gleichbedeutend mit 523 759 Neb. 13, 6. Esra 5, 13. Das
seleucidische Reich aber war, seitdem die Verbindung mit
Macedonien gelöst war, die naturgemiifse Fortsetsung des
persischen Weltreiches, wie sich namentlich in seinen
Kämpfen mit Aegypten seigt'). Und so beseichnet @ 87, 4
Babel weil mit Aegypten verbunden wie nach dem ganzen
Zusammenhange nicht blofs Babylon oder Babylonien, son-
dern das ganze seleucidische Reich.
Dann aber beweist weiter sowohl der Ausdruck xt 209
als der aus Acovela verkürste Name voila, dafs die orien-
talische Bezeichnung “nwe dereinst auch an den von Ara-
mäern bewohnten Küstenländern des Mittelmeeres gehaftet
hat, welche gleichfalls zum Reiche der Seleuciden gehört
haben. Die griechische Bezeichnung ist nur daraus erklärlich,
= means
!) Aebnlich reflectirt sich nach Lassen Seleukos in der indischen
Ueberlieferung als König der Perser (Pärasika) s. Indische Alterthums-
kunde Il? Leipsig 1874 8. 216.
Die Erwähnung Assyriens und Aogyptens. 208
dafs jene Gegenden, als die Griechen mit ihnen näher be-
kannt wurden, einen Theil des assyrischen Weltreiches bil-
deten, dem sie ja von 734 bis zu seinem Untergange unter
worfen waren. Und die Bezeichnung MW 2517 beweist,
dafs dieser Sprachgebrauch bis weit über die Abfassungszeit
von Za. 9 ff. fortdauerte !).
So hat denn die Bezeichnung des Seleucidenreiches
durch wx ihr Analogon an den Bemerkungen der LXX
zu p 80, 1 uxte rot Aoovplov und zu py 76, 1 xed tor
Acovecoy, und wenn die Exulanten nach Za. 10, 11.
Jes. 24, 12. 13 aus Wit heimkehren sollen, so ent-
spricht es dem 3K }¥2m von 68, 23, wie das dort
stehende O° niygen dem mis O'9 1Qy entspricht und die
Heimkehr der ägyptischen Diaspora umschreibt.
Ist aber pax 10, 11 auf das seleucidische Reich zu
deuten, so ist damit zugleich eine Möglichkeit gegeben,
die Abfassungszeit noch genauer zu bestimmen. Die Sa-
trapie Babylonien kam durch die Theilang von Tripara-
deisos 321 an Seleukos. Aber von dieser Zeit an konnte
seine Herrschaft noch nicht als “wy bezeichnet werden.
Nicht nur, dafs die Fiction der Reichseinheit noch bestand,
vor allem folgten von 318 an jene Kämpfe um dieselbe,
im Verlaufe welcher Seleukos vorübergehend aus seiner
Satrapie verdrängt wurde. Schon 312 jedoch eroberte sich
Seleukos durch kühnen Ueberfall seine Satrapie zurück,
ja Medien, Persien und Susiana hinzu. Und wiewohl Se-
leukos im Frieden von 311 keine Anerkennung fand, auch
vorübergehend von Antigonos’ Sohn und Feldherrn De-
metrios wieder aus Babylon verdrängt wurde, so wulste er
dennoch sich in seinem Reiche zu erhalten, ea zu mehren
und zu festigen. Mit Recht datiren daher die Seleuciden
ihr Reich von 312. Und wie schon früher von den Bar-
baren, so liefsen sich Seleukos, Antigonos und Ptolemaios
') Weitere Belage für denselben s. bei Hitsig zu yp 88, 9.
904 Stade, Deuteronacharfe.
von 806 auch von den Hellenen als König begrüfßsen. Va
da an war erst die Situation geschaffen, in welcher 10, li
wurzelt. Führt uns 9, 18 über die Schlacht bei Iso
herab, so dieser Vers über das Jahr 306.
Eine Bestätigung dieses Resultates ergibt sich um
aus den in c. 9. 10 enthaltenen Hoffnungen, dafs die Diaspas
heimkehren, Gilead und’ Libanon besiedeln werde.
9, 11. 12 setzen voraus, dals eins grofse Diaspora a
den Griechenlindern verhanden ist. Dieselbe soll nad
Ueberwindung der Griechensöhne zurückkehren. 11,6—12
werden diese Verbannten dem Hause Joseph gleichgestellt,
sie sollen aus Assyrien und Aegypten d.h. wie wir sahe,
den Ländern der Seleusiden und Ptolemiäer heimkebre.
In beiden Ländern befand sich von Alters her eine sabl
reiche Diaspora. Diese war jedoch während der Kämpfs
der Diadochen noch erheblich vermehrt worden. Als Ptole
maios Lagu 320 die Satrapie des Laomedon besetzen liek,
wurden nach Joseph. Archaeol. 12, 1 sahlreiche Juden s-
wohl vom Gebirge Juda als aus der Umgebung Jerusalems
wie auch Samariter als Kriegsgefangene nach Aegyptea
abgeführt. Aufserdem soll er nicht wenige von ihnen in
Kriegsdienste genommen haben, in der Erkenntnilfs, dal
er sich auf ihren Eid verlassen könne. Weiter sollen unter
ihm nicht wenige Juden freiwillig eingewandert sein, az-
gelockt durch die Vortrefflichkeit des Landes und Piole-
maios’ Freigebigkeit. Soweit die Besiedelung Alexandrias
in Betracht kommt, ist letzteres ohne weiteres wahrschein-
lich. Die Anwerbung jüdischer Söldner ist möglich, in
späterer Zeit begegnen uns ja jüdische Soldaten in den
höchsten militärischen Stellungen des Reiches der Piole-
mäer. 9, 11. 12 wie auch c. 10 stellt sich die in den Griechen-
ländern befindliche Diaspora als Kriegsgefangene vor. Sie
mtissen ja befreit werden. Die bekannte Erzählung!) von
*) Aristeas ed. Schmidt 8. 15—18. Josephus Archaeol. 12, 2, 2. 8.
Die Heimkehr der Diaspora. 206
«lem Loskauf der jüdischen Gefangenen durch Ptolemaios
Whiladelphos mag wahr sein oder nicht, jedenfalls verbürgt
mie aber das Vorhandensein zahlreicher jüdischer Sclaven
in Aegypten während der Herrschaft der ersten Ptolemier.
Aber auch nach den Ländern der Seleuciden mögen durch
die Kriegswirren aufs neue Juden verschlagen worden sein.
Schon Alexander scheint Juden ausgehoben zu haben. Unter
den in Babylon zum Aufräumen des Belustempels ver-
wandten Soldaten werden auch Juden erwähnt ').
Die Befreiten und Heimgeführten aber sollen Gilead
und Libanon besiedeln. Schon allein durch diesen Zug ver-
räth sich unsere Weissagung als Wiederaufnahme einer
bereits in alter Zeit sum Umkreise der messianischen Idee
gehörigen Hoffnung. Das Reich Davids soll im alten Um-
fange wieder hergestellt werden. Doch hat das Wieder-
auftauchen dieser Hoffnung in der Zeit der Diadochen-
kämpfe seinen ganz besonderen Sinn. Denn infolge der
Städtegründungen des Seleukos wanderten in jene Land-
schaften, im hellenistischen Sprachgebrauche nach Coelesyrien
und der Dekapolis, zahlreiche jüdische Colonisten und eben
hierdurch schien die alte messianische Hoffnung sich zu
erfüllen. Josephus, Archaeol. 12,3 führt an der Spitze dieses
Abschnittes, in welchem er die den Juden von den Herr-
schern Asiens, in deren Kriegsdienst sie traten, erwiesenen
Wohlthaten aufzählt, an, dafs Seleukos Nicator in den von
ihm in Asien und Karo Zvpla gegründeten Städten, wie
auch in der Hauptstadt Antiochia Juden angesiedelt habe.
Dasselbe erwähnt er beiläufig Contr. Ap. 2, 4 vgl. auch
Bell. Jud. VII, 3, 3. Eusebius I, S. 118 ed. Schoene setzt
die Colonisirung der von Seleukos schon früher gegrün-
deten Städte mit Juden ins Jahr Ol. 122, 3 (290). Nach
ihm (vgl. ebenda 8. 116 f.) gründet er Ol. 118, 3 An-
1) Curt. IV, 6, 80. 81. Arrian III, 5, 1. Diodor 18, 12.
906 Stade, Deuteresacharja.
tiochia, Laodicea, Seleucia, Apamea, Edessa, Beron,
Pella ').
c) Der Zwingherr 9, 8 und die 9,1 @ 11, 1 © gowee
sagten Kriogezüge.
Einen weiteren Anhalt sur Bestimmung der Abfassung:
seit von Za. 9 ff. bietet 9, 8, jedoch lassen sich aus ihm, ds
sein Sinn streitig ist, nur allgemeine Schlüsse ziehen, welds
jedoch das aus 9, 18 und 10, 11 Erschlossene zu bestätigen
vollständig genügen. Nach Besiegung der 9, 1—7 aufge
sählten Reiche will sich Jahve als Schutzwache um sn
Haus lagern, so dafs kein Zwingherr fürder sa ima
kömmt. Aus dem Verse geht mit ‘Sicherheit hervor, dab
in letstverflossener Zeit ein Zwingherr oder deren mehren
in Jahves Haus eingedrungen sind. Die historische Au-
deutung dieses Verses aber wird sich danach richten, was
man unter dem Hause Jahves versteht. Zunächst ist das-
selbe der Tempel auf Zion. Diejenigen, su denen ken
Zwingherr mehr dringen soll, wären dann die Jerusalemer.
Ein Vorfall, auf welchen hiermit angespielt sein könnte,
1) Es möge gestattet sein, auf das 8. 172 über die Stellung Deo-
terosacharjas su Ephraim beiläufig Bemerkte nochmals zurücksukommen.
Die Hoffnung, dafs Juda und Ephraim gemeinsam gegen die Weltmacht
streiten werden, hat möglicherweise nicht nur daraus Nahrung gesogen,
dafs die im Norden surtickgebliebenen altisraelitischen Elemente sich
bereits an die Gemeinde angeschlossen hatten, sondern ist vielleicht
auch durch besondere Ereignisse dieser Zeit unterstützt worden. Wir
lesen Joseph. Contr. Ap. 2, 4 die Notis aus Hekataios, dafs Alexander
den Juden rev Fauapelriv yaoay noocéoyxev Eyery adqogadsynter.
In dieser Fassung ist sie zweifellos irrig. Ewald, a. a. O. 8. 298 f.
und Hitsig, Geschichte 2, 8. 837 nehmen als möglich an, dafs die
drei samarischen. Besirko Aphairema, Lydda und Ramathem, welche
später zu Juda gehören vgl. 1 Macc. 11, 28. 84 (10, 80), damals sa
Juda geschlagen wurden. Im Uebrigen gilt auch von dieser Erwar-
tung, dals es zu ihrer Wiederbelebung einer solchen Veranlassung
gar nicht bedurfte. Denn sie gehörte eben zum festen Bestande der
messianischen Hoffnungen.
Der Zwingherr 9, 8. 297
läfst sich noch aufweisen. Aulfser Betracht bleibt hierbei
selbstverstindlich, was Jos. Arch. 11, 8, 8, 4 über einen
von Alexander zu Jerusalem abgestatteten Besuch erzählt,
denn derselbe hat nach höchster Wahrscheinlichkeit nie
stattgefunden. Die Erzählung des Josephus verräth sich
schon durch ihr ganzes Colorit als einen geschmacklosen
Roman. Dagegen würde 9,6 auf die Ereignisse des Jahres
320 gedeutet werden können. Als Ptolemaios die Satrapie
Laomedons durch ein von Nikanor geführtes Heer besetsen
liefs, fiel auch Jerusalem in die Hände der Aegypter.
Josephus, Archaeol. 12, 1, 1 erzählt, Nikanor habe Jeru-
salem durch List genommen, indem er unter dem Vor-
wande opfern zu wollen, Einlaf& begehrt und erhalten habe.
Er beruft sich hierbei auf Agatharchides aus Knidos, welcher
jedoch nach Josephus’ eigenem Citate zu urtheilen nur er-
zählt, die Juden hätten wegen einer axaıpoo decordaruovla
nicht fechten wollen. Jerusalem ward also danach eines
Sabbats durch Handstreich genommen. Neben ihm käme
nur noch Ptolemaios Euergetes in Betracht, welcher nach
Joseph., contra Ap. 2, 5 gleichfalls in Jerusslem war.
Derselbe erscheint jedoch aus weiter unten zu erörternden
Gründen ausgeschlossen, das Schriftstück älter *).
Allein dafs der Verf. mit Jahves Haus hier den Tempel
meine, läfst sich nicht nachweisen. Er ist ein in dem
prophetischen Schriftthume wohl bewanderter und den
*) Nicht in Betracht kommt schon aus demselben Grunde die Er-
sählung über den angeblichen Versuch des Ptolemaios Philopator ins
Heiligthum einsudringen. Sie ist aufserdem durchaus unglaubwürdig.
Bie geht lediglich auf 8 Macc. zsuräck und Daniel schweigt dasu.
Wessen Name in Theos steckt, der nach Josephus, c. A. 2, 7, wie
Pompejas, Licinius Crassus, Titus Jerusalem erobert haben und in den
Tempel eingedrungen sein soll, läfst sich nicht sagen. Antiochos Theos
scheint durch das, was wir von ihm wissen, ausgeschlossen. Im
Uebrigen sprechen gegen die Beziehung von 9, 8 auf ihn dieselben
Gründe wie gegen die auf Ptolemaios Euergetes und Philopator,
298 Stade, Deuterosacharje.
_ Sprachgebrauch desselben durchgüngig wiedersufnehmendg
Schriftsteller. Als guter Kenner desselben knüpft er abe
gerade an significantere, weniger verbreitete Ausdrücke a
Hosea 8, 1. 9, 15 erscheint das ganze heilige Land nad
altisraelitischer Vorstellung als das Haus Jahves. En
diesem Sinne hier aufzufassen würde vollkommen in de
Zusammenhang der Weissagung passen. Jahre, welcher
sein Land in Besitz genommen hat, duldet nicht, dafs «
durch das Eindringen eines fremden Machthabers in dw
selbe gestört wird. Dann würde der Vers aber nur sa
sagen, dafs das heilige Land in jüngstverflossener Zeit von
einem Durchzuge fremder Heere betroffen worden ist.
Das gleiche ergibt sich nun auch überhaupt aus den
Abschnitte 9, 1—8 wie aus dem weiteren 11, 1—3. Wen
Eichhorn meinte 9, 1—8 sei eine Beschreibung des
Zuges Alexanders") nach der Schlacht von Issos durch
Palästina und Syrien, so war er mit dieser Annahme fre:
lich augenscheinlich im Irrthume. Nicht nur dafs die
!) Es ist sehr unglücklich, wenn die Apologeten Za. 9, 1—8 für
eine sacharjanische Weissagung auf den Zug Alexanders halten. Sie
gerathen dadurch in einige Verlegenheit. Am meisten Hongsten-
berg (Christol. III? 8. 828), welcher infolge seiner eigenthümlichen
Auffassung von der prophetischen Vision das Ganze eben auch wie
Eichhorn für eine Beschreibung des Zuges Alexanders hält und die
genaue Erfüllung dieser Weissaguug unter Verweis auf Arrian II, 15.
Cart. 3, 25. Plut. Alex. co. 24, sowie auf Stark’s Darstellung (Gaza
und die philistkische Küste. Jena 1852. 8. 237) nachzuweisen sich an-
strengt. Es macht ihm begreiflicher Weise grofse Noth, dafs die Ein-
nahme Hamaths und der neben Gasa genannten philistäischen Städte
von keinem der genannten Historiker berichtet wird, während sie nach
den Voraussetsungen seiner Theologie stattgehabt haben muls Br
hilft sich sunächst mit der Ausflucht, jene Schriftsteller folgten dem
Zuge Alexanders, während Hamath von Parmenio berührt worden kei,
was beides natürlich nicht su widerlegen ist, da man davon nichts
weils; dann mit der Vermuthung, philistäische Städte seien von jenen
nicht genannt worden, da sie nur das Wichtigste und dasjenige er-
wähnt hätten, was geeignet sei, Licht auf Alexanders Charakter su
werfen.
Die Kriegestige. 299
Beschreibung sur Wirklichkeit nicht stimmte — es war
Rberhaupt falsch, eine Weissagung für einen Bericht über
vergangene Dinge zu nehmen. Auch darin, dafs er in
seiner Beweisführung auf den Abschnitt 9, 1—8 einen
solchen Nachdruck legte, war er nicht gans glücklich.
Denn es mufs zugestanden werden, dafs keinerlei Noth-
wendigkeit vorliegen würde, die Weissagung 9, 1—8 in
die griechische Zeit zu versetzen, wenn sie uns allein über-
Hefert wäre und nicht schon aus ihrer Abhängigkeit von
älteren Weissagungen ihr junges Alter hervorginge. Der
Zug eines durch Syrien wider die Städte Phöniciens und
Philistäas heranziehenden Heeres würde sich auch aus den
Verhältnissen der assyrischen und chaldäischen Zeit er-
klären. Die Drohung gegen Tyros würde man auf Sal-
manassar oder Nebucadnezar deuten können, sie würde an
Jes. 28. Ez. 27 ihr Analogon haben, wie die Drohung
gegen die philistäischen Städte an Jes. 14, 28-32. 20.
Erst durch dis Verknüpfung mit dem Folgenden entsteht
die Nothwendigkeit bis in die griechische Zeit herabzu-
gehen. Aber ein Moment der Wahrheit war dennoch in
Eichhorn’s Meinung enthalten. 9, 1-8 wird, so ist
® priori zu vermuthen, in einer historischen Situation wurzeln,
in welcher Einbrüche eines von Nordosten her kommenden
Eroberers in Syrien und Palästina zu erwarten waren. In
dieser Voraussetzung werden wir dadurch bestärkt, dafs die
gleiche Eventualität auch 11, 1—3 ins Auge gefalst wird.
Einen solchen Einbruch in der Zukunft zu erwarten, lag aber
dann um so näher, wenn dergleichen kriegerische Züge
stwa bereits erfolgt waren, ohne dafs dabei das erstrebte
Ziel erreicht oder auch der Angreifer in seinen Kräften
schöpft worden war. Weiter aber konnten früher
rorgefallene Züge die Farben für die Beschreibung des
künftigen und geweissagten leihen. Ein Beispiel dieses
Sachverhaltes haben wir an dem von Jesaias geweissagten,
den Anbruch der messianischen Zeit vermittelnden, Assyrer-
300 tude, Deuterosscharja.
einfall Jes. 10,28 ff. Ohne Zweifel ist die Veranlassung dam,
dafs Jesaias einen solchen als die messianische Zeit vermittelnd
in Aussicht nimmt, dafs seit 734 wiederholte Einfälle amy.
rischer Heere ins heilige Land erfolgt waren. Und das
ktthne Vorgehen des sich Jerusalem nähernden Heeres ist
gleichfalls zweifellos nach bereits gemachten Erfahrungen ge-
schildert. So könnte denn nun Alexanders Zug nach de
Schlacht bei Issos in der That die W eissagung 9, 1—8 beeinflulst
haben. Dies ist das möglicherweise richtige in Eich
horn’s Vermuthung. Aber es ist hinzuzufügen : viel nähe
liegt es, die Vorbilder für 9, 1—8 in anderen von Nor-
osten kommenden Zügen zu suchen. Damit ist allerdings
nicht ausgeschlossen, dafs dem Verfasser nicht dennech bei
der oder jener Einzelheit Alexanders Zug vorgeschwebt hat.
Solche von Nordosten her kommende Kriegszüge hat
nun das heilige Land in griechischer Zeit wiederholt ge
sehen. Und wie einzelne von ihnen die Farben der Schil-
derung von 9, 1—8 und 11, 1—3 geliehen haben können,
so könnte auch einer von ihnen mit dieser Weissagung
in Aussicht genommen worden sein. Man würde sich
allerdings einer Täuschung hingeben, wenn man meinen
wollte, man vermöge den Zug noch nachzuweisen, auf
welchen sich 9, 1—8 beziehe. Nicht nur deshalb, weil wir
über viele der in Betracht kommenden Züge nur sehr dürf-
tige und lückenhafte Nachrichten haben, sondern vor allem,
weil 9, 1—8 eben eine Weissagung ist. Es würde zu sehr
schiefen Resultaten führen, wenn man versuchen würde,
alle Einzelheiten von 9, 1—8 in einem historischen Zuge
nachzuweisen. Die Einzelerwartungen knüpfen mög-
licherweise an ganz verschiedene Züge an. Der Zug, auf
welchen sich 9, 1—8 bezieht, kann wesentlich anders ver-
laufen sein, als der Verfasser in Aussicht genommen hat.
Ja es ist nicht einmal nöthig anzunehmen, dafs “ieser vor
ihm erwartete und geweissagte Zug überhaupt statige-
funden hat. An Jes. 10, 28 ff. haben wir ja auch für eine
|
|
)
Die Kriegustige. 301
solche Annahme ein Analogon. Es gentigt vielmehr, wenn
es nachzuweisen gelingt, dals der Verfasser in jener Zeit
einen seiner Beschreibung entsprechenden Zug von Nord-
osten her erwarten konnte. Dals seine Weissagung sich
möglicherweise in einem bestimmten Zuge erfüllt hat, ist
für die ganze Frage ohne Bedeutung.
Haben wir nun im vorigen Abschnitte mit Recht an-
genommen, dafs wir wegen 10, 11 bei Bestimmung der
Abfassungszeit über das Jahr 306 hinabgehen müssen,
so können aufser dem bekannten Zuge Alexanders die fol-
genden zwei Kriegszüge wohl dem Verfasser Farben zu
seiner Darstellung geliehen haben, nicht aber von ihm in
Aussicht genommen worden sein : 1) Der Zug des Kar-
dianers Eumenes vom Jahre 318, durch welchen Ptolemaios
das im Jahre 320 widerrechtlich occupirte Syrien und
Phönicien im Namen des Reichsverwesers und der Könige
wieder entrissen wurde. Nachdem Eumenes von Kilikien
her einfallend mit leichter Mühe das Land gewonnen hat,
sieht er sich jedoch durch den Uebergang seiner Flotte zu
Antigonos zu schleuniger Räumung desselben gezwungen ').
2) Der Einfall des Antigonos 315. 14. Das von dem La-
giden wieder in Besitz genommene Land wird diesem, der
infolge der Bemithungen des zu ihm geflohenen Seleukos
mit Kassandros und Lysimachos ein Bündnifs gegen Anti-
gonos geschlossen hat, abermals entrissen. Im Frühjahre
315 rückt Antigonos in Syrien ein. Die Truppen des
Ptolemaios räumen vor Antigonos Syrien. Von den phö-
ninischen Städten leisten nur Tyros und Joppe Wider-
stand, während die übrigen sich unterwerfen und für Anti-
gonos den Bau einer Flotte übernehmen. Von den phili-
stäischen Städten leistet auch diesmal Gaza Widerstand.
Es wird jedoch wie auch Joppe von Antigonos erobert.
Das kühne Unternehmen Alexanders, Tyros durch Auf-
ı) vgl. Droysen, II, 1°. 8. 256 f.
302 Stade, Deuterosacharja.
schüttung emes Dammes zu erobern, wagt jedoch Ant-
gomos nachsuahmen. Er cernirt Tyros und swing
es schliefslich 314 durch Aushungerung sur Capitulation
Syrien und Palästina bleiben im Besitze des Antigous
bis sur Schlacht von Gasa 312, nach deren Verluste sic
Demetrios zur Räumung des Landes genöthigt sieht. Mit
geringer Mühe gewinnt Ptolemaios dasselbe zurück, um «
jedoch schon im Herbste desselben Jahres wieder an De
metrios und Antigonos zu verlieren'). 311 verzichtet
Ptolemaios aufSyrien. Es bleibt im Besitze des Antigone
bis 892. In diesem Jahre läfst Ptolemaios, welcher aber-
mals mit Seleukos, Lysimachos und Kassandros gegen
Antigonos im Bunde ist, das Land wiederum besetzen. Bis
auf Tyros und Sidon fällt es in seine Hände. Die Schlacht
bei Ipsos raubt Antigonos Macht und Leben. Bei der Ver-
theilung der Beute aber erkennen die Sieger Syrien nicht,
wie ausbedungen worden war, dem Lagiden, sondern Se-
leukos zu, dessen Macht Antigonos bei Ipsos erlegen war,
während jener bei diesen Kämpfen sieh abseits gehalten
hatte *).
Dagegen sind nun auch nach der Schlacht bei Ipsos
ein ganze Anzahl feindlicher Einbrüche in Palästina und
Syrien erfolgt. Und unter diesen könnte einer die Weis-
sagung 9, 1—8 und 11, 1—3 veranlafst haben. Letzteren
jedoch nachzuweisen, gelingt bei der Unbestimmtheit der
Anspielungen und der Kirglichkeit der erhaltenen Nach-
richten nicht. Es können in Betracht gezogen werden
1) der Zug des Seleukos vom Jahre 301. Durch
diesen suchte Seleukos das ihm im Frieden suerkanate,
theils von Ptolemaios theils von Demetrios besetzt gehaltene
Land in seinen Besitz su bekommen. Dieser Versuch ver-
') Stark, Gasa, 8. 865 f.
*) Droysen a. a O. II, 2? 8.233. Flathe, Geschichte Mace
doniens Th. 2. Lypug. 1884 B. 14.
|
|
|
Die Kricgustige. 308
anlafst ein Bündnils des Seleukos und Demetrios einer-
seits, des Ptolemaios und Lysimachos andererseits. Se-
leukos scheint infolge dessen seine ursprüngliche Absicht
aufgegeben und Syrien nebst Phönicien Demetrios tiber-
lassen zu haben’).
2) Der Zug des Seleukos von 295, durch welchen der-
selbe Syrien und Phönicien in seine Gewalt brachte, wäh-
rend Demetrios in Griechenland su Felde lag. Ueber die
Einzelheiten des in Palästina stattgehabten Kampfes sind
wir ununterrichtet. Wir können überhaupt nur auf einen
solchen auf Grund der späteren Ereignisse schliefsen *).
Syrien und Phönicien blieben im Besitse des Seleukos bis
zu dessen Tode.
3) Der Zug des Antiochos gegen Damascus. Wir
kommen in die Zeit des fast ein Jahrhundert füllenden
Haders zwischen den Ptolemäern und den Seleuciden,
welcher mit der Ermordung des Seleukos durch Ptolemaios
Keraunos begann. Ueber diese Kämpfe, welche auf ihrem
Höhepunkte dem Hause und Reiche der Seleuciden beinahe
den Untergang brachten, schliefslich aber dennoch mit der
Wiedergewianung ganz Syriens und Palästmas durch die
Seleuciden endigten, sind wir jedoch so schlecht unterrichtet,
dafs sich nur Vermuthungen über das obengenannte für
Za. 9 ff. in Betracht kommende Ereignils äufsern lassen.
Die Ueberlieferung über diese für die Schicksale des helle-
nistischen Orients so wichtigen Kämpfe fliefst ungemein
dürftig. Aus gelegentlichen Notizen späterer Schriftsteller
sind einzelne Ereignisse zur Noth festzustellen, tber
anderes, worauf jene schliefsen lassen, fehlt jedwede Ueber-
lieferung. Während des siegreichen Krieges des Seleakos
gegen die asiatischen Besitzungen des Lysimachos, in
') Droysen, a. a. O. I, 2° 8. 285. 248, vgl. jedoch Flathe,
a. 2.0. 8. 18, Stark, a. a O. 8. 861 f. |
*) Droysen, a. a. O. 8. 255. 258. Stark, a a O. 8. 862 f.
304 Stade, Deuterozacharja.
welchem letzterer 282 in der Schlacht bei Korupedion Bad |!
und Leben verlor, scheint sich Seleukos Sohn und Nad-
folger Antiochos, der Sohn der Sogdianerin Apama, in da
oberen Satrapien befunden zu haben, tiber welche ihn Se
leukos mit dem Titel eines Königs gesetzt hatte. Bever
Seleukos sich 281 anschickte den Hellespont zu the
schreiten, übergab er Antiochos alle seine asiatischen Be
sitzungen. Aber schon bei Lysimacheia ermordet ihn Ptok-
maios Keraunos. Antiochos befand sich während dieser
Vorfälle im oberen Asien. Zwei gleichzeitig eintretende
Unglücksfälle scheinen ihn gehindert zu haben, sich selbst
nach Kleinasien zu begeben, so dafs er die Ordnung der
dortigen Angelegenheiten seinem Feldherrn Patrokles über-
lassen mulste. In der Seleukis bricht ein Aufruhr aus.
Ptolemaios Philadelphos aber scheint in Verfolgung alter
Pläne seines Vaters die Ermordung des Seleukos durch
seinen von der Erbfolge ausgeschlossenen und aus der
Heimath vertriebenen Halbbruder Ptolemaios Kerannos
sich zu Nutze gemacht, Syrien und Phönicien wieder be
setzt zu haben. Von Unternehmungen, welche Antiochos
behufs Wiedergewinnung dieser Länder unternahm, er-
fahren wir nur aus einer Notiz des Polyaen !), Nach dieser
hat Antiochos durch eine List den ägyptischen Strategen
Dion, welcher Damascus besetzt hielt, getäuscht und diese
Stadt genommen. Hier an einen schon früher im Auftrage
des Seleukos unternommenen Zug zu denken, räth nichts.
Diese beiden Züge des Seleukos und der Zug des
Antiochos sind es nun allein, welche die Veranlassung sur
Weissagung 9, 1—8. 11, 1—3 gegeben haben könnten, nicht
aber die folgenden 1) der des Selenkos II Kallinikos gegen
das ir den Besitz des Ptolemaios Euergetes gekommene Da-
maskus 242, 2) der verunglückte Zug des Antiochus II,
vom Jahre 221, 3) der Zug desselben vom Jahre 219 gegen
!) Strategikon 4, 15.
Die Kriegmüge. 806
Ptolemaies Philopator, 4) die Besitsuahme Palästinas durch
Antioches im Jahre 204 oder 208, 5) die definitive Unter-
werfung des Landes durch dengelben im Jahre 188.
Es ist nämlich wegen derjenigen Erwartungen, weiche
in c. 11 an den von Syrien her erfolgenden ‚Einfall ge-
knüpft werden, nicht wahrscheinlich, dafs wir uns bereits
innerhalb der Periode der Epigonenherrscher befinden.
Nach 11, 6 sollen auf der Erde Kriege ausbrechen, in
welchen sich die Völker der Erde für ihre Könige auf-
reiben, während Israel unter Gottes Schuts genommen
wird usd .infolge dessen diesen Kämpfen nicht mit ver-
fallt. Es handelt sich also nicht um einen blofsen Kampf
der Seleuciden und Ptolemäer, vielmehr um Kämpfe, welche
die ganze Welt erfüllen. Solche waren die Kämpfe der
Diadochen. Man kann sie gar nieht passender bezeichnen
denn als Kriege, in welchen die Völker der Erde in die Hand
ihrer Könige und Hirten gegeben sind. Mitdem 8. Jahrzehnte
des 3. Jahrh. v. Ch. beginnen jene Stürme, unter welchen
das Reich Alexanders in Trümmer ging, allmählich aus-
sutoben. Die Unmöglichkeit, ein Weltreieh im Sinne Alexsn-
ders aufzurichten, ist nach allen Seiten hin erprobt worden.
Lebensfähige Einzelreiche sind in Afrika und Asien aus
den Eroberungen Alexanders erwachsen. In Kleinasien
und Griechenland beginnen staatliche Neubildungen. Thes-
selien und Macedonien liegen durch die Kriege Alexanders
und der Diadochen erschöpft, durch die Kelten greulich
verwüstet, durch Bürgerkriege der letzten Kräfte beraubt,
ohnmächtig darnieder.
Sonach wäre etwa die Zeit von 306—278 die für Ab-
fassung unseres Orakels anzusetzende. Eine weitere Be-
stätigung bezw. genauere Fixirung dieses Ansatzes würde
sich ergeben, wenn man voraussetzen dürfte, dafs der Verf.
zu seiner Wiederaufnahme der ezechielischen Weissagungen
von Gog und Magog in c. 12—14 durch bestimmte ge-
schichtliche Vorfälle veranlafst worden sei, welche die
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jahrgang 8. 1888. 20
806: Stade, Deuterosacharja.
Erfüllung jener nahe erscheinen liefsen. Eine passende Ve.
anlassung zu dieser Erwartung boten die Einfälle ca
jener Kelten, welche in den Jahren 279 und 278 sich the
Macedonien, Thessalien und Hellas ergossen und dice
Länder mit Greueln aller Art füllten; deren Reste schlieh
lich nach Kleinasien übersetzten, durch Pitinderungen mi
Raubzüge Entsetzen in ganz Kleinasien verbreiteten ui
auch was sie nicht verwtisteten durch Tributerhebung
beandschatsten. Es hat die Vermuthung, dafs Za. 12 uni
14 nicht ohne eine solche bestimmte Veranlassung et-
. a
standen sind, die Analogie Joels für sich, welcher auch |
durch ein bestimmtes, von ihm als Vorbote des Gerichts
genommenes Ereignifs zur Wiederholung der ezechielischen
Weissagungen veranlaßst wird. Und es würde hiergegen
auch die Eventualität keinen Gegengrund abgeben, dals
etwa nachgewiesen werden könnte, jener Zug des Antiochos
sei schon vor 279 erfolgt. Denn wir sahen bereits, dals
nur soviel aus 9, 1—8. 11, 1—3 gefolgert werden darf,
dafs in jener Zeit kriegerische Einbrüche von Nordosten
her erwartet werden konnten. Aber freilich, eine Noth-
wendigkeit, die Weissagungen c. 12 und 14 auf so be
stimmte Veranlassung hin entstanden sein zu lassen, liegt
nach dem 8. 161 ff. über Zweck und Art der Arbeit Deu-
terozacharjas Bemerkten nicht vor.
Weist uns sonach 9, 13 hinter das Jahr 333, 10, 11
hinter das Jahr 306, erklärte sich 9, 1—8, 11, 1—6 aus
den Kämpfen der Diadochen, so der Inhalt von c. 12-14
am besten, wenn wir ihre Abfassungszeit um 280 v. Chr.
ansetzen. Vom ganzen Schriftstücke Za. 9—14 aber wird
man mit aller derjenigen Sicherheit, welche überhaupt bei
kritischen Untersuchungen dieser Art zu erreichen ist, be
haupten dürfen, es sei während der zweiten Hälfte de
Diadochenkämpfe verfafst und in seinem Inhalte durch
dieselben beeinflufst worden.
Za. 9—14 und das Buch Malachi. 807
Sehlafs. Nach dem was wir in den drei Gängen
unserer Untersuchung gefunden haben, ist ein Beweis da-
für, dafs Za. 9-14 von einem Verf. abstammen kann,
nicht mehr nöthig. Dieselbe Methode der Reproduction
älterer Weissagungen zeigte sich in allen Abschnitten, die-
selbe späte Sprache finden wir in allen’), dieselben Eigen-
heiten des Stiles und der Disposition. Sie alle warseln in
denselben Verhältnissen der nachexilischen Gemeinde und
keinerlei Beziehungen auf die Weltgeschichte sind zu finden,
welche uns veranlassen könnten, diese Capitel von ver-
schiedenen Verfassern oder gar aus verschiedener Zeit her-
zuleiten. Auch dafs 13, 7—9 und c. 12 sich entsprechen
wie Ez. 37 und 38. 39 s. Jahrgang 1881, S. 31 kany für
Herleitung von einem Verfasser geltend gemacht werden.
Mehr wird sich nicht behaupten lassen. Dals Za. 9—14.
von einem Verfasser stammen müssen, läfst sich selbst-
verständlich nicht erweisen. Aber dafs diese Annahme
recht wahrscheinlich sei, das glaubt der Verfasser dar-
gethan zu haben.
So bliebe nur die eine Frage noch zu beantworten,
wie es kommt, dafs diese Zusammenstellung der noch un-
erfüllten messianischen Weissagungen, oder, wenn man
will, dieses Compendium der Eschatologie, welches wir aus
den ersten Jahrzehnten des 3. Jahrh. v. Chr. herleiten
mufsten, sich am Schlusse des Weissagungsbuches des
Sacharja findet.
Diese Frage ist leicht zu beantworten. Freilich nur
so, dafs sofort eine andere Frage sich aufthut, was bei
dieser Art Antworten gewöhnlich der Fall ist. Za. 9—14
bilden ursprünglich gar nicht den Schlufs des Zacharja-
buches, sondern haben mit dem gleichfalls anonym über-
») Was Ortenberg 8. 61 f. über die in beiden Theilen sich sei-
gende Verschiedenheit des Sprachgebrauches zusammengestellt hat,
wird am besten mit Stillschweigen übergangen.
20*
808 Stade, Deuteresacharja.
lieferten Malachibuche einst enge zusammengehört, oder sind
doch mit Rücksicht auf dieses zwischen dasselbe und Se
charja eingeschoben worden. Sie an das Ende des Se
charjabuches zu stellen ist nicht beabsichtigt gewesen.
Bereits Ewald hat in Zusammenhang mit der Erkennt-
nifs, dafs das ‘>x5m 13 Mal. 1, 1 aus 3, 1 geflossen ist,
richtig gesehen !), dafs die Ueberschriften Za. 12, 1 und
Mal. 1, 1 von derselben Hand stammen und zwar der
Ueberschrift Za. 9, 1 nachgebildet worden sind. Welches
Mifsverständnifs dabei mit untergelaufen ist, haben wir
Jahrgang 1881, S. 14 gesehen. Man braucht diese drei
Ueberschriften nur nebeneinanderzustellen, um sich von der
Richtigkeit dieser Beobachtung Ewald’s su überzeugen :
za. 9, 1 "DT MWY
Za. 13, 1 Ten dp 37 NUD
Mal. 1,1 vord ra ben (1 by) Se) Oo wD
Es ist die Zusammenstellung von 95 KBD sonst uner-
hört und sie erklärt sich eben nur aus der berührten mils-
verständlichen Auffassung von Za. 9, 1. Za. 9—14 und
die nun einmal conventionell als die Malachis bezeichnete
Prophetie bildeten sonach einst eine kleine Sammlung.
Für die Nebeneinanderstellung beider Stücke könnte der
Gegensatz entscheidend gewesen sein, welcher zwischen
den zwei Stellen Za. 14, 9 und Mal. 1, 11 (8. 169 £.) be
steht. Doch wird sich eine solche Vermuthung nicht be
weisen lassen. Derjenige, welcher diese kleine Sammlung
mit den vorhergehenden prophetischen Stücken verband,
vollendete damit wahrscheinlich das Zwölfprophetenbuch,
vgl. das 8. 162 Bemerkte.
Die Gleichartigkeit der Ueberschriften Za. 12, 1 und
Mal. 1, 1 könnte als Instanz für die Trennung des Ab-
schnittes Za. 9—14 geltend gemacht werden. Man könnte
sie darauf deuten, dafs der spätere Sammler an ein ano-
') Propheten L*, 8. 81.
Kronkel, einige Emendationen zu den Büchern Samuelis. 309
nymes Stück Za. 9—11 zwei weitere anonyme dadurch
angefügt habe, dafs er ihnen aus 9, 1 gebildete Ueber-
schriften gab. Ebenso nahe aber liegt die Annahme, dals
er Za. 9—14 spaltete, veranlafst dadurch, dafs die Weis-
sagung von c. 12 mit Y'' ON) besonders einsetzt und sich
durch ihren Inhalt vom Vorhergehenden merklich abbebt.
Bei den Instanzen, welche für die Gleichartigkeit von Za.
9—11 und 12—14 sich uns ergaben und deren Gewicht
bei einem Vergleich von Za. 9-14 mit Malachi noch
steigt, dürfte man sich für das letztere zu entscheiden und
anzunehmen haben, dafs das wip von Za. 9, 1 einst die
Ueberschrift des ganzen Buches 9—14 gewesen ist. So
wäre schliefslich jener alte Redactor von der Schuld nicht
frei zu sprechen, die Irrgänge der ein apologetisches Fünd-
lein verwerthenden Kritik mit veranlafst zu haben.
Einige Emendationen zu den Büchern Samuels.
Von Max Krenkel.
1 Sam. 4, 13 ist zu lesen : 839 TIT „zur Seite
des Weges nach Mizpa*'), in dessen Nähe die für die
Israeliten so unglückliche Schlacht vorfiel, denn nach 7, 12
errichtet Samuel den Denkstein zwischen Mispa und wip
an dem Orte, wo nach 4, 1 das israelitische Lager ge-
standen hatte.
16, 12. Statt des unerträglichen MO“oy wird zu lesen
sein " ody, wie David 17, 56 genannt wird, oder Dy), was
von Personen auch 2 Sam. 1, 23 und H. L. 1, 16 vor-
1) Erst durch den Herausgeber erfahre ich, dafs auch Well-
hausen s. St. dies als Aussprache des Ketib annimmt. Meine Auf-
fassung der Stelle datirt aus dem Jahre 1864, wo dieselbe den Beifall
J. Fürst's fand.
310 Prätorius son und 51.
kommt. Im letsteren Falle wire die Textverderbnifs
durch die ungewöhnliche Scriptio defectsva veranlalst.
26, 8. Statt pres mm ist jedenfalls mit veränderter
Wortabtheilung zu lesen : ya YD „mit seinem Speer
in die Erde“, sumal da V. 7 win vorhergeht.
26, 23. In gtd steckt vermuthlich ‘ys, die chal-
daisirende Form für 3, die von den Abschreibern nicht
verstanden wurde, aber noch 1 Chron. 2, 13 vorkommt.
Somit dürfte vielleicht zu lesen sein : W727. 72 konnte,
namentlich, wenn es abgekürzt wurde ('3), wegen des vor.
angehenden 3 (in 2%') leicht ausfallen. Die emphatische
Selbstbezeichnung Davids würde hier ganz am Platze sein.
Zu 2 Sam. 22, 6 bemerkt Thenius : „Aug. Geseniu
(opintuncula de’y 'n 2 Sam. 22, 6 etc. 1747) wollte Swe 'n
cohortes Sault lesen“. Noch ohne von dieser opiniuncels
etwas zu wissen, war ich auf die Vermuthung gekommen,
dafs die Worte der Ueberschrift des Liedes x) ram von
einem Leser herrühren, welcher in V. 6 Sean las,
dies aber als ,Stricke Sauls* auffafste und hierbei an den
1 Sam. 19, 11 ff. berichteten Vorfall dachte, wo David
wirklich von „Fallstricken Sauls umringt* war.
son und in.
Von Franz Prätorius.
Die meisten Grammatiker nehmen bekanntlich an,
dafs zur Stammbildung und Flexion des hebr. Verbums für
gehen sich zwei Parallelwurzeln 457 und 95°, 751 metaplastisch
vereinigen. Müller nimmt $ 96 an, dafs 75m aus yn
durch Uebergang von w in h entstanden sei. Aber eine
alte Wurzel 95, 75) gehen findet sich sonst im Semitischen
nicht. Daher haben andere Grammatiker versucht, die-
jenigen Formen, welche der angeblichen Wurzel 45°, 4)
Prätorius, son und =. 811
anzugehören scheinen, gleichfalls auf 751 zurückzuführen,
so Ewald, hebr. Spr. ® 8117c, auch Gesenius ® 8 69
Anm. 8. Ich glaube, dafs die letsteren auf dem richtigen
Wege waren, nur sind sie noch nicht bis zu, dem Aus-
gangspunkt der Spaltung vorgedrungen.
Dieser Ausgangspunkt ist das Causativum. Es mulste
ursprünglich im Perf. lauten or, also h im An- und
Auslaut derselben Silbe. Der Dissimilationstrieb beseitigte
das h im Auslaut, wodurch die Verlängerung des vorher-
gebenden & in & und der demnächstige Wandel des letz-
teren in 6 nothwendig wurde. Dieses aus A entstandene 6
wurde nun von der Sprache als ein aus au entstandenes
angesehen und bildete auf diese Weise den Weg sur Bil-
dung neuer Formen nach Art der Verba prim. w.
Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, dafs
hier für 7 dieselbe Erscheinung der Dissimilation vorliegt,
welche für x von den Verbis xD her bekannt ist. Bei
diesen stehen bekanntlich erste Personen sing. Imperf.
Qal wie tit, Spie nicht auf der gleichen Stufe mit anaeren
Personen wie 1m, 59°. Bei ersteren Formen weist schon
die ausnahmslose Schreibung mit nur einem x darauf hin,
dafs bereits in früher Zeit das zweite, silbenschliefsende x
geschwunden ist (Nöldeke in ZDMG. XXXII 593;
Fleischer zu De Sacy I § 136).
Sollte etwa zur Abweisung dieser Erklärung des Themas
= die Frage aufgeworfen werden, warum dieses secundäre
Thema nicht auch in das Perfectum Qal eingedrungen sei,
so würde ich mit der Gegenfrage antworten, warum das
auf ähnliche Weise aus dem primären 3% entstandene
secundäre Thema 20 ebenfalls auf das Imperfectum im
Qal beschränkt geblieben ist.
Aufser br kommt im Hebräischen nur noch ern in
der Mitte starkes mit ™ anlautendes Verbum im Cau-
sativum vor, nämlich 101, welches Hi. 30, 15 im Perf.
Hofal 39m vorliegt. In dieser Form hat also das ety-
312 Nestle, wie alt war Salome
mologische Bewußstsein den Sieg über ein durch den Di-
similirungstrieb gefordertes pw davongetragen. Aber
dennoch scheint auch bei diesem Verbum die gleiche Lax
differensirung wie bei 75m stattgefunden zu haben : Geiger
sagt (Lehrbuch zur Sprache der Mischnah § 18, 2) : „wa
bildet zuweilen manche Formen von 349° im Hifil, so pr“.
Nach den Beispielen zu urtheilen, welche sowohl Geiger
a. a. O., wie Levy, Neahebr. und Chald. Wörterbuch
I 148 geben, ist das Hifil landwirthschaftlicher Terminus
technicus ,umackern®. Genz ohne Zweifel sind diese Bei-
spiele freilich nicht; denn nirgends tritt uns ein entschie-
denes Hifl wie yom, Imperf. TOT entgegen, sondern sar
Formen wie "Dr, DW die Jussive sein mülsten, als solche
aber im Zusammenhang nieht recht passen wollen. Levy
sieht auch wohl daher diese Formen zu der sonst unhebrii-
schen Wurzel 90x, von der sie als Imperfecta Qal nach
Weise der xD gebildet seien. Ich vermuthe, dafs die einem
Imperf. Qal x’ genau gleichende Form des Jussivs Hifil
ni‘ bei der Abwesenheit einer deutlich ausgeprägten äulfser-
lich causativen Bedeutung Verwirrung des Sprachgefihls
hervorgerufen hat.
Wie alt war Salomo als er zur Regierung kan?
Von E. Nestle.
Auf diese Frage geben die alttestamentlichen Geschichts-
bücher keine unmittelbare und bestimmte Antwort, daher
die Bearbeiter der israelitischen Geschichte und die Aus-
leger zu | Re. 3, 7 gar verschiedener Ansichtsind. Diestel
5. B. (Artikel Salomo in Hersog’s RE.) nennt ihn „kaum
20 jibrig*, die Calwor Bibelerklärung „mindestens 20 Jahre
als er sur Regierung kam? 818
alt* (S. 408, womit freilich nicht stimmt, dafs 8. 360 seine
Geburt ins dritte Jahrzehnt der Regierung Davids verlegt
wird), das jüdische Bibelwerk von Fürst ,20—30 Jahre
alt“. Der Artikel in Riehm’s Handwörterbuch macht
darauf aufmerksam, dafs nach dem Königsbuch selbst
I, 14, 21. 11, 42 Rehabeam zu diesem Zeitpunkt bereits
ein Jahr alt war, daher man sich hüten müsse MoP ry)
8, 7 von einer allsugrofsen Jugend des Königs zu verstehen.
Um so auffallender war es mir, trotzdem in einer sehr alten
Quelle ein ganz bestimmtes Lebensjahr und zwar das swölfte
für Salomo’s Regierungsantritt angegeben zu finden, nämlich
in den Apostolischen Constitutionen II, 1 (ed. Lagarde
14, 17). Dort heißt es : Zoloum» dadexastyg tot
Topand tBaslisvocy zal Imolas ty dixacoovry oxtm draw
&Baollevoev, önolos ds xal Tomas bata draw noge tod
Aaov. Diese drei Könige sind im Zusammenhang ange-
führt als Beispiele dafür, dafs im Fall der Noth und Wür-
digkeit auch ein noch junger Mann, der das kanonische
Alter von 50 Jahren noch nicht erreicht hat, zum Bischof
gemacht werden dürfe. Die Angaben für Josia und Joas
beruhen auf ganz bestimmten biblischen Daten, s. 2 Re. 22, 1.
11,4, aber worauf gründet sich die erstere für Salomo? — Bei
weiteren Erkundigungen habe ich gefunden, dafs sie nicht
so vereinzelt dasteht, wie es mir anfangs schien. Ein be-
nachbarter jüdischer Lehrer theilt mir mit, dafs ein hebr.
Commentar 1%0> nm» I Re. 2,2 wed nv erklärt : „Du
wirst ein Mann werden : Salomo war noch kein wx, noch
kein my» 2 (zu deutsch : noch kein Confirmand), er war
erst 12jährig“. Dieselbe Angabe findet sich auch beim
besten jüdischen Commentator Raschi (d. h. Rabbi Salomo
Isaaki von Trojes 1105), der sie mit folgender Berech-
nung begründet :
Salomos Geburt 2 Sa. 12, 24 und Amnons Schandthat
an Thamar c. 13 waren gleichzeitig (weil sie unmittelbar
nach einander erzählt werden’).
814 Bibliographte.
Bis sur Ermordung Amnons 13, 23 2 Jahre
Aufenthalt Absaloms in Gesur v. 38 3 „,
„ in Jerusalem (14, 28) bis zum
Aufruhr 2 „
Hungersnoth zur Zeit Davids 21, 1 3
Im 11. Jahr Salomo’s Zählung Israels, welche 24, 8)
9 Monate dauerte.
Im 12. gab David seine letzten Verordnungen.
Za dem Bild, das man sich nach den Königsbüchen
von Salomo bei seinem Regierungsantritt machen muls,
palst ein derartiges Alter jedenfalls nicht. Aber wie kamen
die Apostolischen Constitutionen zu ihrer Angabe? Findet
sie sich auch sonst? Jos. Archaeol. 8, 7. 8 hat : axzoßer
oxes 6 6 Zoloumw nén ynpatos av, BaoıLevoag iv oydo-
meovra ttn Cnoas db kvevixovra Teooepa.
Bibliographie:).
+ Benson, J., the Holy Bible, cont. the Old and New Testameats.
9th ed. Vol. 1. 2. 4. 5. London 1881. 8°.
t Geikie, C., Hours with the Bible, or the Scriptures in the Light
of Modern Discovery and Knowledge. Vol. 2. 8. London 1881. 520.
496 8. 8
+ Gray, J. sg the Biblical Museum. Old Testament. Vol. 10. London
1881. 82 |
+ Vigoureux, F., La Bible et Jes Découvertes modernes en Palestine,
en Egypte et en "Assyrie. 8. dd. 2 vol. t. 8. 5638. t 4 5768.
Paris 1881. 8°.
t Derselbe, Manuel biblique ou Cours d’Ecriture sainte. A.T. 2.4.
T. 2. Livres histor., sapient., prophét. Besancon 1881. 688 8. 8°.
Bloch, J. 8., Studien sur Geschichte der Sammlung d. althebräischea
Literatur. 2. Aufl. Wien 1883. 160 8. 8°.
t Bruston, C., Histoire critique de la littérature prophétique des
Hébreux depuis les origines jusqu’s la mort d'Isaie. Paris 1881.
VIII. 272 8. 8°.
+ Kaulen, F., Einleitung i. d heil. Schrift A. ua. N. T. 2. Hälfte
1. Abth. Besondere Einleit. i. d. A. T. Freiburg 1881. B.153—8370. 8°.
Reufs, Ed., die Geschichte der heiligen Schriften A. T. Braus
schwei 1881. 744 B. 8°.
+ Me Clintock, J. and Strong, J., A Cyolopaedia of Biblical, Theo-
!) Die Reihenfolge ist die aus Jahrgang 1881 bekannte. Schriftes,
welche ich nicht habe selbst einsehen können, sind mit + beseiehnet.
Bibliographie. 315
logical and Ecclesiastical Literature. With Maps and numerous Illu-
strations. New-York 1882. 16 vol. 8°.
Riehm, Ed., Handwörterbuch d. bibl. Alterthums f. gebildete Bibel-
leser. 15. Lief. Bielefeld 1881. 8. 1346-1440. 16. Lief. 1882.
8. 1441—1586. 8°.
+ Bibliorum sacroram Graecus codex Vaticanus cum prolegomenis,
comment. et tabulis Henrici Fabiani et J. Cossa editus. t. VI.
Roma 1881. XXXVI. 170 8. Fol. 4 tabb.
+ Cultrera, C., Mineralogia biblica. Palermo 1881. 254 8. 8°.
Lagarde, P. d., Ankündigung 6. neuen Ausgabe d. griech. Ueber-
setsung d. A. T. Göttingen 1882. 64 8: Lex. 8°.
+ Stebbins, R. C., Study of the Pentateuch for popular reading :
inguiry into the age of the so-called Books of Moses, with an in-
troductory examination of recent Dutch theories as represented by
Dr. Kuenens ,Religion of Israel“. Boston 1881. 238 8. 8°.
+ Dächsel, A., Bibelvaerk. De fem Moseboger. H.6.7. Bergen 1881.
f Fürst, Jul, Pentateuch. Illustr. Volksausg. d. 5 Bücher Mosis in
d. mas. Text, deutscher Uebers. u. m. erläut. Bemerkangg. Baft 6.
Prag 1881. 192 8. 4°.
+ “wo Swi. Notes et Commentaires sur le Pentateuque par Moise
Isaac b. Samuel Askenasi. Livourne 1881. XLVI. 2688. 8°.
+ Vuilleumier, H, la critique du Pentateuque dans sa phase actuelle
s. Revue de theol. et de philos. 1882, janv., 8. 5 ff.
Bruston, C., le document dlohiste ot son antiquité s. Revue theo-
logique de Montauban 1882, 8. 18 #.
+ Filachou, J. E., Commentaire philosophique du premier chapitre
de la Gentse. Paris 1883. 95 8. 8°.
ft Seifenberger, M., der biblische Schöpfungsbericht ausgelegt.
Freising 1881. IV. 98 8. 8°.
+ Chronologie, die, der Genesis im Einklange m. d. profanen. Nach
d. Quellen dargestellt von E. A. Regensburg 1881. VI. 258 8. 8°.
Jülicher, Ad., die Quellen von Ex. VII, 8 bis XXIV, 11 I. O
s. Jahrbb. f. protest. Theol. 1882, 8. 79 ff. 272 ff.
¢ Liwy, J., sur Erklärung des Wortes Ow > Gen. 86, 24 5. Jad.
Litbl 85, 8. 189 £.
Horst, L., Lev. XVII—XXVI und Hezekiel. Ein Beitrag zur Pents-
teuchkritik. Colmar 1881. 98 8. 8°. Ä
Kayser, der gegenwärtige Stand der Pentsteuchfrage III. s. Jahrbb.
. £. prot. Theol. 1881, 8. 630 ff.
ft Douglas, G. C. M., the book of Joshua. London 1882. 1228. 8°.
+ Lias, J. J., Joshua. With Homilies by Aldridge 1881. 4°.
+ Horvey, A.C, Judges and Ruth. London 1881. 8°.
+ Liwy, was ist ordi 1 Sa. 15, 4 8. Jüd. Litbl. 48, 8. 191.
Matthes, J. C., Het Richterenboek (De samenstelling) s. Theol.
Tijdschr. 1881, 8. 365 ff.
f Thomas, R. O., A key to the Books of Samuel and the correspon-
ding parts of Chronicles. London 1881. 96 8. 8°.
Smith, W. Robertson, the Chronology of the Books of Kings s. Journal
of Philology, Vol. X, 8 209 ff.
f Ewald, H. Commentary on the Prophets of the Old Test. Translat.
by F. Smith. Vol. 5. London 1881. 828 8. 8°.
ft Cobb, W. H., two Isaiahs or one s. Bibliotheca sacra April 1881.
Derselbe, ths language of Isaiah 40—66 s. Bibliothecs sacra Oct. 1881.
Knabenbauer, Jos., Erklärung d. Propheten Jesaias. Freiburg i. Br.
1881. IX. 718 8. 80.
816 Bibliographie.
+ Rodwell, J. M., the Prophecies of Isaiah. Transiated frem the
Hebrew. London 1881. 174 8. 8°.
+ Volf, R., Profeten Eeaias’ Bog, ndlest Ei Op for
IL. Halvdel Kap. 18—37. 1588. Kp 1881. 8°.
+ Kara, Josef ben Simeon, Commentaire sur Jéréanie. Publié peer
la premitre fois par Léon Schlosborg. Paris 1881. 58 8. ®.
+ Bible (Speaker's Commentary). Ed by F.C. Cook. Vol.6. Euckisl,
Daniel an the Minor Prophets. New ed. London 1881. 7448. 9.
Schneider, G., de carmine Chabaocuci commentatio. Halle 1881.
448. 8°. (Diss.).
Bickel], Gust, carmina v. t. metrice. Innsbruck 1883. IV. 296 8.
Die Palmen, N . d. Original übersetst von H. Gräts. Breslau 188!.
880 8. 8
+ Les Psaumes de David traduit en vers francais par L. F. Cliequet
Reims 1881. 521 8. 8°.
t Hirsch, 8. RB, die Psalmen übers. und erläutert. 1 Thi Buch
1 und 3. Frankfurt 1882. IX. 880 8. 8°.
+ Immanuel b. Salomo Romano, Comento sopra i Salmi, publié
par P. Perreau. fasc. 80 et 81.
Kohn, David, | Wir] Wet OD (Commentar su wp 68). 848. ©.
rt
Kopfstein, M., die Asaph-Psalmen, historisch-kritisch untersucht.
Marburg 1881. VI. 41 8. 8°.
+ Cornill, CA, Ein Wort über die yw 84, 85, 43, 48 s. Zteckr. £.
kirchl. Wiss. u. kirchl. Leb. 1881, 8. 887 ff.
+ Henry, M., Interpretation du livre de Job, suivie de —
observations 'pratiques. Trös librement traduit de 1’
H. Fargues. Paris 1882. 416 8. 8°.
Whedon, D D., Commentary on the O. T., vol. 6 : Job by J. K. Burr;
Proverbs by W. W. Hunter, Eoclesiastes and Salomons Bong by
A. B. Hyde. New-York 1881. 657 8. 8°.
Gessner, Theod., das hohe Lied Salomonis erklärt und fibersetst.
Omabrück 1881. 180 8. ‚8°.
Bruston, C., la prétendu Epicurisme de I’Ecolésiaste s. Revue thée-
logique de Monfeaben 1881. 8. 810 #.
Kohn, David, 15; nop "005 KIDD NIN WNT 2 ANP Apr Wo
Wilna 1881.
+ Plumptre, E H., Ecclesiastes or the Preacher. With Notes and
Introduction. London 1881. 8°.
t Renan, E. L’Ecclésiaste, étude sur l’äge et le caractére du livre
s. Revue de Deux-Mondes 1882. Nr. vom 16. Februar.
+ L’Histoire d’Esther, traduite de la sainte Bible par Lomaistre de
Bacy. Paris 1882. 42 8.
Horowits, üb. d. Peripetie im Buche Esther s. Monateschr. f. Gesch
u. Wise. d. Judenth. 1882, 8. 49 ff.
Ko bn, Das David, d, TOR nbind MID NYT NDR D7 WO. Warschsu
Reiss, ie our Textkritik des Targum scheni s. d. Buche Esther +.
Monatsschr. f. Gesch. u. Wise. d. Judenth. 1881, 8. 478 ff.
Schrader, E. die Sage vom Wahnsinn Nebucadnesars s. Jahrbb. L
prot. Theol. 1881, 8. 618 ff.
+ Bertin, G. Suggestions on the formation of the Semitic tenses
s. Journal of the B As. Soo. XIV, 1, 8. 105 ff.
Bibliographies. 817
Bacher, Wilh., Abraham Ibn Esra als Grammatiker. Ein Beitrag zur
Gesch. d. hebr. Sprachwissenschaft. Budapest 1881. 192 8. 8°.
+ B sell, C. J., The Merchant Taylors Hebrew Grammar. London 1882.
1 . 8°.
ft Ballin, A.8.and F.L., A Hebrew Grammar. London 1881. 5008. 8°.
Gréts, H, die u l. Aussprache des $-Lautes im Hebr. s. Mo-
natsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 511 fl.
+ Gansburg, Dav. de, Monsieur Bickell et la metrique hébraique.
aris 1881. 28 8. 8°.
t Hutcheson, the syntax of psy s. Bibliotheca sacra, April 1881.
+ Kapf, L. H., Hobräisches Vocabularium in alphabetischer Ordnung
mit Zusammenstell von Bynonymen u. 8. w., herausgegeben von
L. Ableiter. Leipalg 1881. 178 8. 8°.
Lagarde, P. de, über d. som. Namen d. Feigenbaumes u. der Feige
s. Nachrichten v. d. Ges. d. Wiss. u. d. Univ. zu Göttingen 1881,
Deruelbe, 1 ies, I Malsin, III. Chagrin, IV. Maal
orselbe, L . in, IH. IV. sjora, V. Noch
einmal u s. Nachrichten v. d. Ges. d. Wiss. u. d. Univ. s. Göt-
tiagen, 1882, Nr. 7, 8. 164 ff.
Dorseibe, die syr. Wörter 10) u. se) s. Gdttinger Nachr. 1881,
B. 400 ff.
Dorselbe, yy = us s. Götting. Nachr. 1881, 5. 404 ff.
t Tedeschi, M., Thesaurus synonymorum linguae Hebraicae. Padova
1883. 828 8. 8°.
Wickes, Will, VOR 9 ‘a treatise on the accentuation of the
Proverbs and Job. With aa adix containing the treatise.
ass. to RB. Johuda Ben-Bileam on the same subject in the original
Arabic. Oxford 1881. XII. 120 8. 8°.
+ Babelon, E., les Mendaltes, leur histoire et leurs doctrines reli-
gieuses. Paris 1883. 808. 8°. (Extrait des Annales de philosophie
).
Böhl, Ed. Christologie d. A. T. Wien 1882. VIIL 822 8. 8°.
Bredenkamp, C. J., Gesetz u. Propheten. Erlangen 1881. III, 2048. 8°.
t Danglar, E G., les Sémites ot le Sémitieme aux points de vue
éthnographique, religieux et politique. Paris 1882. 200 8. 8°.
t Delitsseh, F., old Toben of Redemption. Translat.
by 8. J. Oartiss. Edin 2981. 240 8. 8°.
Dillmann, A, über Baal mit dem weiblichen Artikel (4 Bdad) s.
~Momatsberichte der k. Acad. d. Wiss. su Berlin 1881 (16. Juni).
Hemwmel, Frits, die sem. Völker und Sprachen. Theil 1. Die Se-
miten u. ihre Bed. f.d. Kulturgeschichte. Leipsig 1881. VIIL 68 8.
Kloin, G., die Totaphot nach Bibel und Tradition s Jahrbb. f. prot.
Theol. 1881, 5. 666 fi.
184er: F. Herm., Essai sur la théol. d’Es. 40—66. Paris 1881.
e Lagarde, P., Astarte a. Gött. Nachrichten 1881, 8. 896 ff.
+ Lenormant, Fr, les Bétyles s. Revue de l’Histoire des Religions
1881 T. UL, No. 1.
Lhayer, Mi., Leoons sur l'histoire sainte. Paris 1881. XII. 528 8. 8°.
impel, der abstracte Einheitsbegriff Gottes u. d. Heiligencult im
Islam s. Theol. Quartalsschr. 64, 1. 8. 86 ff.
Oort, H, de dooden vereering bij de Israeliten s. Theol. Tijdschrift
1881, 8. 850 ff.
Derselbe, de godsdienst en de wording van den Stast (Naar aanlei-
oe |
818 Bibliographie.
ding ven Fustel de Coulanges, la cité antique) s. Theol. Tijdeske.
1881, 8. 1 ff.
+ Perrot, @., la religion égyptienne dans ses rapports avec l'art de
VEgypte s. Revue de l’Histoire des Religions 1881, t II, Ne 3
(Mars, April).
Ploss, B. das Kind in Brauch und Bitte d. Völker. 2. bed. verm
Auf. Berlin 1882. (Kap. 14 Traditionelle Operationen am Kinde-
Bet P. Le Page, Vorlesungen üb. Ursprung u. Entwickel 4
Religion an alten Aegypter. Autor. Uebers. Leipzig 1881. VIL
240
Bohultse, M., Handbuch d. ebräischen Mythologie. 8. (Titel-)Auf.
Leipzig 1882 (1875) X. 294 8. 8°.
+ Bevkovitsch, Gotsel, Le Schéol des Hébreux et le Best des
Egyptiens. Etude archéol. Bar-le-Duc 1881. 18 8. 6°. (Extrait
de l’Athénée oriental.)
rt Tiele, C. P., Histoire comparée des anciens ons de I'Egypte «
des peuples semitiques trad. par G. Collins. is 1883
+ Derselbe, History of the Egyptian Religion. Translat. with the
cooperation of the author by J. Ballingal. London 1882. 2468 8°.
+ Derselbe, la religion des Phéniciens, d'aprés les plus récents
travaux s. Rev. de l’Hist. des Rel. 1881 t. III, No. 2.
+ Van den Berg, petite histoire ancienne des peuples de l’Orieat.
2. ed. Paris 1881. XXVI. 426 8. 8°.
+ Ward, H, the serpent tempter in Oriental mythology s. Bibliotheca
sacra, April 1881.
+ Watts, R., The Newer Criticism and the Analogy of the Earth :
a Reply to Lectures by W. Robertson Smith on the Old Testament
in the Jewish Church. Edinburgh 1881. 820 8. 8°.
+ Caro, Davids Testament. Ein apologetischer Versuch s. Jad. Ltbl
1882, 8
+ Brill, W. G., De geschiedenie der volken in schetsen. (1. deel)
Inleiding. Schets der geschiedenis van het Israelitsche volk. ‘sGraven-
hage 1881. VIII on 217. 8°.
Dillmann, A., üb. das Kalenderwesen der Israeliten vor dem babyl
Exil s Berl. Monatsberichte 1881, 8. 914 ff.
+ Edom, Histoire sainte abrégée, précédée de analyse des Livres
saints, wivie de l'histoire des erate jusqu’s leur dispersion, de Vhi-
stoire de la Palestine jusqu’’ uos jours. Nouv. éd. Paris 1882.
290 8. 8°.
Floigl, V., Geschichte d. sem. Alterthums in Tabellen. Leipzig 1882.
III. 96 8. m. 5 Tab. 8°.
+ Gibson, J. M., the Mosaic Era : a Series of Lectures on Exodus,
Leviticus, Numbers and Deuteronomy. London 1881. 3708. 8°.
Gräts, H., Agrippa II u. d. Zustand Judäss nach dem Untergang
Jorusalems s. Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 481 f.
+ Lenormant, F., Histoire ancienne de YOrient jusqu'aux guorres
médiques. 9. ‘6d. t. 2. Les Egyptiens conten. 228 grav., 9 cartes
et 1 pl. en chromolith. Paris 1882. 466 8. 8°.
Madden, F. W., Coins of the Jews. With 279 Woodcuts and a Piste
of Alphabets. ‘London 1881. 4°.
t Rubin, 8, Berossos od. chald. Alterthümer. Als, durch die neulich
im Boden Assyriens ausgegrebenen Keilinschriften bestätigte, Beiten-
stücke zur Bibel. Wien 1882. 160 8. 8°. (Hebr.).
Bibliographie. 819
Bohogg, P., das Todesjabr d. Königs Herodes u. d. Todesjahr Jesu
Christi, Eine Streitschrift gegen Florian Riefs, P.d.G.J. München
1883. IV, 64 8.
Schick, C., Sauls Reise 1 Sa. 9 s. Z. D. P. V. 1881, 8. 247 ff.
Stade, B., ne des Volkes Israel. rief. 2. Berlin 188t.
8. 161—804 (Allgem. Gesch. in Einseldarstellungen herausgeg. von
W. Oncken. I, VL 40. Abth.).
Tt Vigouroux, F., Les Héthéens de la Bible s. Revue des questions
historiques 1882, 8. 58 ff.
Palestine Exp!. Fund. Quart. Stat. July 1881, the ancient Hebrew
Inscription discovered at the Pool of Biloam in Jerusalem I by
A. H. Bayce II Postscript. UL Taylor, J., the Date of the
Siloam Insor. 8. 141 ff. — Lieut. Conder's Reports 8. 158 % —
Trumbull, H. Cl, a Visit to‘Ain Qadis. 8. 208 ff. — Barclay,
Ch. Wr., Jacob’s Well 8. 212 #. — Conder, Cl. R., the collection
of M. Péretié 8. 214. — Boscawen, W. &t. C., the Hittites, 8. 218. —
Heath, D. J., Note on Above 8. 228 f. — Boscawen, W. &. C.,
the Assyrians in Eastern Palestine and Syria Deserta, 8. 224 ff. —
Heath, D. J., Egyptian View of the Exodus, 8. 229 f. — Birch,
W. F., Megiddo 8. 282 ff. Hiding Places in Cansan. II. Gideon's
Wine-press in Ophra 8. 285 f. — Emmaus 8. 237 f.
Octobre 1881. Lieut. Conder's Reports 8. 247 ff. The ancient Hebrew
Inscription in the Pool of Siloam. I (A. H. Sayce) II. III (C. B.
Conder) IV (J. Taylor) V (8. Beswick) VI (H. Sulley)
8. 282 ff. — Klein, F.A., Life, Habits and Customs of the Fellahin
‘in Palestine (From the „Zeitschrift“ of the Germ. Pal. Expl. Soc.). —
Greene, J. B., Some Remarks on the Interpretation of the Im-
pressions on the vase handles found at the font of the Temple wall.
8 804 f£ — Heath, D. J., Biblical Research. Jannes and Jambres
withstanding Moses 8. 811 ff. — Hanauer, J. E, the Place of
Stoning 8. 817 ff. — Bite of Megiddo 8. 819 f — Vaughan,
G. F. J. Stoockes, Remarks on the „Jam Suph“ 8&8. 822 f. — Birch,
W. F., Hiding Places in Canaan 8. 823 f. — The Natives in Pa-
lestine 8. 825 f. H. B. L. W., City of David 8. 827 f.
Jan. 1882 : Notes and News p. 1. — Lieut. Conder's Report Nr. IX,
p. 7. — Notes hy M. Clermont Ganneau Nos. IL III. IV. p. 16. —
Boscawen, W. St Chad., a Phoenician Funeral Tablet, p. 88. —
Tomkins, H. G., Kadesh on Orontes, p. 47. — Birch, W.F., the
Rock Rimmon, p. 50. — Derselbe, the Valley of Hinnom., p. 55. —-
Dorselbo, Varieties, p. 59. — Sayce, the Siloam Inscript., p. 62. —
Henderson, A., Kirjath Jearim, p. 63.
Baedeker, K., Palestine et Syrie. Manuel du voyageur. Avec 18 cartes,
43 pl. etc. Leipzig 1882. XIV, 631 8.
+ Beskow, G. E, Reseminnen frin Egypten, Sinaf och Palestina
1859—60. 9. ill. uppl. H. 2—5. Stockholm 1881. 8°.
tT Bléchy, A, Souvenirs de Palestine. Limoges 1882. 1448. 8°.
+ Busch, Mor., e. Wallfahrt n. Jerusalem. Bilder ohne Heiligen-
scheine. 3. Aufl. Leipzig 1881. 489 8. 8°.
+ Damas, P. de, En Orient (T. 2). Voyage en Judee. 8. dd. Paris
1882. 345 8. 8°.
Derenbourg, J., l'inscription hébr. du tunnel prés de la fontaine de
Sildah s. Acad. des inscript et belles lettres. Comptes rendus. 1881.
4. ser. t. 9.
820 Bibliographie.
Dersolbe, ! hébraique dn Bilcab prös de J6rusalem a Ber.
des dd. Juives Oct. Dec. 8. 161 #.
+ Dar de, i Voyage en Orient : Jerusalem et la Palestine. Paris
1881 .
+ Douglas, C. M. A, Palestina. Oudheid-, page zalkenkundig
beschrijving van het heil. Land. Met 29 grav. en 3 Kaarten. 3
Areen.
1881.
¢ Dulles, J. W., the Ride through Palestine in 1879, made by Berm
Presb Clergymen on Horseback. Philadelphia 1861.
+ Ellis, T. J. On a Raft through the Desert : the Narrative of a
are Journey through Northern Syria and Kurdistan. Illusti. by
Bi arehinge on Dipbor. London 1881. 2 vols. 240 8. 8°.
Ermsan, ee rap deutsche Pilgerschriften d. 15. Jabrh
s 2.D P. V. 1881
+ Guéria F Vek, le tombean des Rois & Jerusalem s. rendas
de l’Acad. des inser. ot belles lettres. 4 ser. t 9. 1881. wile Sop.
t Derselbe, le temple de Jerusalem s. Compt. rend. des l'Acad
insoript. et bell. lettr. 4. ser. t. 9. 1881. Juillet-Bept.
+ Derselbe, la Terre sainte, son histoire, ses souvenirs, ses mont-
ments. Paris 1881. ‘427 8. fol. Avec 22 pl. hors texte et 288 grav.
Gildemeister, J., Kogéac, Karäwä, Alexandrium s. Z. D. P. V. 1881,
246 ff.
Derselbe, der Name chin s. Z. D. P. V. 1881, 8. 194 £
Grats, H. sur Topographie Palästinas s. Monatsschr. f. Gesch. u.
Wiss. d. Judenth. 1882, 8. 14 ff.
Derselbe, die jüd. Steinsarkophage in Palästina s. Monataschr. [.
Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 529 ff.
Guthe, H., über die Siloahinschrift «. Z. D. P. V. 1881, 8. 250 ff.
Kautssch, E., die Siloahinschrift s. Z. D. P. V. 1881, 8. 260 £.
+ Leroux, A, trois mois en Orient; le Liban et la Mer : Beyrouth,
Balbek, Damas. Nantes 1881. 103 8. .
+ N Ershersog Lud Salvator), Caravan Route between Een wt and
Syria. Translated the German. With 23 Illustr.
Author. London. 648. 8°.
+ Mo Garvey: J. W., Lands of the Bible : a Geographical and Topo-
graph! cal Description ef Palestine. Philadelphia 1881.
+ Merrill, &, East of the Jordan : a Record of Travel and Obser
vation on the Countries of Moab, Gilead and Bashan. With an I»
troduction by Roswell D. Hitchcock. 70 Ilustr. and a Map
London 1881. 580 8. 8°.
+ Meyer, der Orient. 2. Bd. : Syrien, Palästina, Griechenland und
Türkei. M. 8 Karten, 20 Plänen und Grundrissen. Leipsig 1882.
XII. 628 8. 8°.
+ Morand, La Terre des patriarches, ou le Sud de la Palestine. T. 1.
Bothichem, Saint-Saba, Saint-Jean-du-Désert. Lyon 1882. XXV.
414 8. 8°.
+ Neil, J., Palestine Explored with a View to its Present Features etc.
London 1881. 880 8. 8°.
Neumann, W. A. Beiträge sur Bibliographie der Palästinaliteratur
s. 2. D. P. V. 1881, 8. 224 ff.
¢ Pierotti, E, La Bible et la Palestine au XIX. sidcle. Livr. 1% 12
Nimes 1881. 82. p. 1 & 887. 8°.
Prei us, H., Hebron Bits eines israelitischen Büdbupdes s. Zeitschr.
f. wise. Theol. 1882, 8. 858 fi.
Bibliographie. $21
Pruts, Hans, die Besitsungen d. Jobanniterordens in Palästina und
Syrien s. Z. D. P. V. 1881, 8. 157 ff.
+ Reise i det hellige land, Aegypten 08 en Deel af det sydlige Europa
(Efter A. Stols). Saertr. af Nord. Kirketidende). Kjébenbavn.
273 8. 8°.
+ Roberts, D., The Holy Land, after Litbographs by Louis Haghe,
from Original Drawings by D. R. With Historical Descriptions b
George Croly. Div. I: Jerusalem and Galilee London 1881. fol.
+ Saulcy, F de, Jerusalem. Paris 1881. 840 8. et grav. 8°.
Derselbe, Tombeau de lta Vallée de Hinnom s. Gasette arcbéol.
1880, Nov., 8. 189 #f.
Schick, C., Studien über die Einwohnerzahl des alten Jerusalem s.
2. D. P. V. 1881, 8. 211 ff.
+ Sepp, J. N. und Sepp, Bernh., d. Felsenkuppel, e. Justinianische
Sophienkirche, u. d. übr. Tempel Jerusalems. Verurtheilung d. alt-
arab. Ursprungs d. sogenannten Omarmoschee durch d. Architekten-
Schiedsgericht i. München m. e. Preisoffert v. 8000 Piastern f. d.
gegentheil. Beweis. München 1882. XXIV, 1768. m. 1 Holzschnitt-
tafel. 8°.
Bocin, A., Bericht üb. neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pa-
lästinaliteratur 1880 s. Z. D. P. V. 1881, 8. 127 #.
+ Stanley, A. P., Sinai and Palestine in connection with their Hi-
story. With Maps and Plans. New ed. London 1881. 596 8. 8°.
Steinschneider, M., tib. d. Schrift Schaare Jeruschalajim s. Z.D. P. V.
1881, 8. 207 &.
f Stirling, T., Bible Incidents arranged for Travellers in the Holy
Land. Greenwich 1881. 8°.
ft Straufs, Frdr. Ad. Sinai u. Golgatha. 11. Aufl. M. 8 Ansichten,
e. Karte d Morgen. u. Specialkarte d. Sinai, e. Plan v. Jerusalem.
Leipsig 1882. VI. 412 8. 8°.
Theodosius, de situ terrae sanctae, im Achten Text, u. d. Breviarius
de Hierosolyma, vervollständigt herausgeg. v. J. Gildemeister.
Bonn 1882. 87 8. 8°.
¢ Tristram, Pathways of Palestine. 1. series. London 1881. fol.
r Upton. R. D., Gleanings from the Desert of Arabia. London 1881.
894 8. 8°.
t Woernhart, Fr. L. M., Jerusalem z. Zeit Jesu Christi. Lith.
Freiburg i. Br. 1882. 1 Bl. gr. Fol.
Corpus Inscriptionum Semiticarum ab Academia Inscriptionum et Lite-
rarum humaniorum cond. et digest. Pars I, Inscriptiones Phoenicias
continens to 1. Fascic. 1 et tabb. 1—16. 2 vol. XVI. 1168. 4°.
Bruston, C., l’inscription d’Eshmoun-Azar traduite et annotée s. Revue
archéol. 1881, Sept., 8. 148 ff. Oct. 8. 216 ff.
Dillmann, A, üb. e. neuentdeckte pun. Inschrift s. Berl. Monats-
berichte 1881, 8. 429 ff.
Halévy, J., Les inscriptions peintes de Citium s. Rev. des dtudes
Juives. 1881. Oct.-Dec. 8. 173 ff.
t Derselbe, Inscriptions peintes trouvdes & Larnaca s. Compt. rend.
do l’Acad. des inscript. et bell. lettr. 4. sér. t.9. 1881. Juillet-Sept.
t @Hérisson, Relation d’une mission archéologique en Tunisie.
Paris 1881. Avec 9 pl. et 1 carte. 296 8. 8°.
Neubauer, A., La monnaie de Jéhu s. Revue des dtud. Juiv. Avr.
Juin. 1881, 8. 290.
Zeitschrift f. d. alttest. Wiss. Jabrgang 3. 1888. a1
822 Bibliographic.
¢ Benan, E., Inscriptions phdaiciennes trasdes A l’encre, trouvdes a
Larnaca s. Revue archéol. 1881, janvier
Bohröder, P., Phönicische Miscellen =. Z. D. M. G. Bd. 85, B.423 £.
6.
Jahrgang 1881, 8. 848 ff.
Bibliotheca rabbinica. Eine Sammlung alter Midraschim, zum ersten
Male ius Deutsche übertragen von A. Wünsche. Lief. 10-13.
Leipsig 1881.
Bacher, W., Bar He He, Bar Bag Bag s. Mag. f. d. Wiss. d. Judenth.
1881, 8. 117 £.
Derselbe, die Agada d. Tannaiten s. Menatsschr. f. Gesch. u. Wiss.
d. Judenth. 1882, 8. 97 ff.
Back, Sam., die Fabel in Talm. u. Midr. s. Monatsschr. f. Gesch. u.
Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 260 ff. 406 ff. 458 ff.
Cahen, Ab. et Derenbourg, J., La section de Mischpatim divisé
on deux pour la lecture de la Thora s. Rev. des dt. Juives 1881,
282 ff.
Derenbourg, Année de la composition du Tanna debé Eliahou «. Rev.
des ét. Juives 1881, Juill.-Sept., 8. 121 ff.
Derselbe, Les sections et les ‚traitds de la Mischnäh. Ebenda, Oct-
Dec. 8. 205 ff.
+ Gebhardt, Beiträge sur Erklärung d. griech. Wörter i. d. Mi-
draschim u. Talmuden s. Jüd. Litbl. 84. 42. 44.
Jastrow, M., Bemerkungen zu Gebhardt's Beiträgen zur Erklärung
griechischer Wörter i. d. Midraschim u. Talmuden se. Jad. Litbl 1882, 1.
Gräts, H., eine angesehene Proselytenfamilie Agathobulos zu Jern-
salem s. Monataschr. f. Gosch. u. Wise. d. Judenth. 1881, 8. 269 ff
Derselbe, Hillel, der Patriarchensohn. Ebenda 8. 433.
¢ Gronemann, "Weshalb siud in Talmud und Midrasch die hasmo-
näinchen Siegesthaten nur schwach und so obenhin erwähnt s. Jüd.
Litbl. 49. 50
+ Horshon, P. J., Treasures of the Talmud : being a Series of Classi-
fied Subjects in Alphabet. Order, from Ato L. London 1881. 3288. ®.
Hoffmann, D., Bemerkungen sur Kritik der Mischna s. Magasin
f. d. Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 121 ff. 8. 169 ff.
+t Krochmal, Abr., Scholien sum babyl. Talmud (hebr.). Lemberg
1881. 820 8. 8°.
+ Kronberg, N., Raschi als Exeget. Halle 1882. 508. 8°. (Diss).
Lerner, Anlage d. Bereschith Kabba a. s. Quell. (Forts.) s. Mag. f.d.
Wiss. d. Judenth. 1881,-8. 92 ff. 180 ff. 178 £.
Levy, J., neubebr. u. 'chald. Wörterbuch üb. d. Talmudim u, Mi-
drashim. Nebst Beiträgen von H. L. Fleischer. 14. Lief. Leipsig
1881. 8. 387 —448. 8°.
Midraseh Bereschit Rabba, s. 1. Mal, ins Deutsche übertr. von
A. Wünsche. M.e. Einl. v. 8. First Lei 1881. VIII. 5878.
Porles, J., Etudes talmudiques s. Revue des ét. Juives 1881, Juill-
Bept. 8. 10P ff.
t 533 nobn> Am OWN Scholien zum babylonischen Tel-
mud, von Abr. Krochmal. emberg 1881. 320 8. 8°.
fT Bosin, Dav., d. Pentateuch-Commentar d. R. Samuel b. Meir, nach
Handschr. u. Druckwerken berichtigt u.s.w. Breslau 1881. XLIIL
282 8. 8°.
Saadia’s Einleitung sus. Psalmencomment. fibers. v. J. Cohn (Forts)
s. Mag. f. d. Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 61 ff.
f Schefftel, J. B., Bemerkungen sur Massorah auf Onkelos s. Jil
Lithl. 1A8R1 KI
Bibliographie. . 823
Sekles, 8, sum jüd. Kalender =. Monatsschr. f. Gesch. n. Wise. d.
Judenth. 1881, 8. 429 f.
tT ODD ppt ‘p. Variae lectiones in Mischnam et in Talmud
Babylonicum auctore Raph. Rabbinovics. Pare XI. (Tr. Baba
Bathra). München 1881. 20. 468. 49 BB. 8°.
Simon, Jos., Les manuscrits hébreux de la bibliothöque de la ville
de Nimes s. Rev. des étud. Juives 1881, Oct.-Dec., 8. 225 ff.
t Talmud, le, de Jerusalem, traduit M. Schwab. T.4. Traités
Schabbath et Eroubin. VIII. 312 a t. V (Pes.-Jom. Scheq.) IV.
822 8. Paris 1881. 8°.
Theodor, J., zur Composition d. agadischen Homilien s. Monatsschr.
f. Gesch. u. Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 500 ff.
Weil, Is, Etudes talmudiques s. Rev. des ét. Juives 1881, 8. 276 £
Ziemlich, H, Handschriftl. aus München s. Monatsschr. f. Gesch. u.
Wiss. d. Judenth. 1881, 8. 805 ff.
+ Zuckermann, B., Materialien sur Entwickelung d. altjidischen
Zeitrechnung im Talmud s. Jahresbericht d. jüd. theol. Seminars su
1881. 68 8. 8°.
t Zuckermandel, M. 8., Supplement, enth. Uebersicht, Register u.
Glossar s. Tosefte. 1. Lief. Trier 1882. 48 8. 8°.
Bickell, G., Berichtigungen su Cyrillonas s 2. D. M. G. Bd. 85,
. 681 f.
Duval, Rub., traité de grammaire Syriaque. Paris 1881. XL. 448. 8°.
Perles, Bemerkungen su Bruns-Bachau „Syrisch -römisches Rechts-
buch aus dem 5. Jahrb.“ s. Z. D. M. G. Bd. 85, 8. 725 ff.
Prätorius, Fr. Aegyptisch-Aramäisches s. Z. D. M. G. Bd. 85, 8. 442 ff.
Dereelb e, sur dreisprachigen Inschrift von Zebed s. Z. D. M. G. Bd. 85,
580 f.
Sachau, Ed., eine dreisprachige Inschrift aus Zebed s. Berliner Mo-
natsberichte 1881, 8. 169 ff.
Derselbe, Palmyrenische Inschriften s. Z. D. M. G. Bd. 85, 8. 728 ff.
+ Badger, G. P., An English-Arabic Lexicon. London 1881. 4°.
T Blunt, „Lady A. A pilgrimage to Nejd. 2. ed. London 1881.
3 vol. 8°.
Fleischer, H. L., Beiträge zur arab. Sprachkunde (7.) s. Ber. üb. d.
Verhandl. d. k. 8. Ges. d. Wiss. 1881, 8. 89 &.
Derselbe, Studien über Dosy’s Supplément aux dictionnaires arabes
s. Ber. der philol. bist. Classe d. königl. Sachs. Ges. d. Wiss. 1881.
Kremer, Alf... üb. d. Gedichte d. Labyd. (Aus „Sitzungsber. d. k.
Akad. d. Wiss.“). Wien 1881. 51 8. 8°
Lane's Arabic-English Lexicon. Ed. by Stanley Lane Poole. London
1881. Vol. 9. fasc. 1. 4°.
Loth, O., Tabaris Korancommentar s. Z. D. M. G. Bd. 35, 8. 588 ff.
Mordtmann, J. H. su den himjarischen Inschriften s. Z. D. M. G.
Bd. 85, 8. 432 f.
Palmer, E. H., The Arabic Manual, compr. a Condensed Grammar,
Reading Lessons and Exercises. London 1881. 316 8. 8°.
Pertsch, Wilh., d. arab. Handschr. d. Bibl. s. Gotha. 3. Bd. Gotha
1881, VII. 488 8. 8°.
Prätorius, Fr., zur zweisprachigen Inschrift von Harrän ».2.D.M.G.
Bd. 35, 8. 79 f.
Renan, sur quelques Noms Arabes qui figurent dans des inscriptions
Grecques de l’Auranitide s. Jeurnal Asiatique 1882, 8. 1 #.
324 Bibliographie.
Kosen, Vict., notices sommaires des manuscrits arabes du musés
aviatiqne 1. liv. St. Pétersbourg 1881. IV, 256 B.
+ Sib awaihi, le Livre de, traité de grammaire Arabe s. Texte Arabe,
publié par H. Derenbourg. T. 1. Paris 1861. XLIV. 464 88.
Trumpp, der Bedingungssatz im Arabischen s. Sitsungsberichte d.
philos. philol. u. hist. Classe d. Akad. d. Wiss. zu München, 1881,
8. 237 ff.
+ Wherry, E.M, AComprehensive Commentary on te Quram. Vol. L
London 1882. 400 8. 8°.
Cornill, O. H., Noch eine Handschrift des ,Sapiens Sapientium
a. Z. D. M. G. Bd. 85, 8. 654 ff.
t Schodde, G.H., Specimens of Ethiopic literature s. Bibl. Sacra 1883,
Jan., 8. 74 ff.
Amiaud, Arth., Matérianx pour le Dictionnaire Assyrien s. Journal
Asiatique 1881, 8. 233 ff.
Bibliothek, assyriol., hreg. v. Frdr. Delitssch und P. Haupt
I, 4. Lief. 8. 183—220. Leipzig 1882. 4°.
Haupt, Paul, der keilinschriftl. Sintfluthbericht. Leipsig 1881. 8°.
VI. 308.
+ Heuzey, les Fouilles de Chaldée. Communication d'une lettre de
M. de Sarzei. Paris 1882. 18 8. et planche 8° (Extrait de la
Revue archéol., nov. 1881).
+ Oppert, Etudes sumériennes. Paris 1876 (1881). 111 8.
Schrader, E., Ladanum u. Palme auf den assyr. Monumenten s. Ber
liner Monatsberichte 1881, 8. 418 ff.
Derselbe, zur babyl.-assyr. Chronologie des Alexander Polyhistor =.
des Abydenus nebst Anhang u. Nachtrag s. Ber. üb. d. Verhandll. d.
k. 8. Ges. d. Wiss. 1881, 1 ff 88 ff. 190 ff.
Spiegel, Fr, d. altpers. Keilinschriften. 2. verm. Aufl. Leipsig
1882. VIII. 246 8. 8°.
Würdter, F., Kursgefafete Geschichte Babyloniens und Assyriens.
Stuttgart 1882. VIII, 279 8. 8°.
+ Adams, W. H. D.,.The Land of the Nile; or Egypt Past and Pre-
sent. London 1881. 340 8. 8°.
+ Ampere, J. J., Voyage en Egypte et en Nubie. Nouv. dd. Paris
1881. XX. 678 8. 8°.
+ Arnold, T. P., Palms and Temples, being Notes of a Four Month's
Voyage upon the Nile. London 1882. 376 8. 8°.
Brugech, H., die Götter des Nomos Arabia s. Z. f. &. Spr. u. A. 1881.
8. 16 ff.
Derselbe, das Osiris-Mysterium von Tentyra s. Z. f. & Spr. u. A.
1861, 8. 77 £.
Derselbe, üb. d. Lautwerth d. Zeichens yr s. Z. f. &. Spr. u. A.
1881. 8. 25 ff.
Derselbe, die nene Weltordnung nach Vernichtung des sündigen
Menschengeschlehts nach e. ägyptischen Ueberlieferung. M. e. Taf.
Berlin 1881. 41 8. 8°,
Geschlossen : 1. April 1882.
Aa ee ee”; a